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- Feb 24, 2025, 9:30 AM
- ☁️ 14 °C
- Altitude: 11 m
VietnamXuân Sơn20°14’37” N 105°56’10” E
Kein Swing in Ninh Binh

Ninh Binh, so wurde uns gesagt, sei einer der schönsten Orte Vietnams. Eine Landschaft wie aus einem alten Gemälde: grüne Reisfelder, durchzogen von kleinen Flüssen, umrahmt von gewaltigen Karstbergen, die sich dramatisch aus der Ebene erheben. Man fährt mit traditionellen Ruderbooten durch versteckte Höhlensysteme, klettert auf Aussichtspunkte, von denen aus sich der Fluss wie eine Schlange durch das Tal windet, und besucht uralte Tempelanlagen, die von Vietnams Vergangenheit erzählen. Es klang nach einem Traumziel, ein Ort, an dem Natur, Ruhe und Geschichte aufeinandertreffen.
Und dann kamen wir an.
Um sieben Uhr morgens hielt unser Nachtbus in Ninh Binh, pünktlich, aber das war auch schon das Beste an der Fahrt. Der Busfahrer hatte die ganze Nacht durchgeraucht, die Lüftung war entweder defekt oder von Zigarettenrauch blockiert, und wirklich geschlafen hatten wir beide nicht. Als wir ausstiegen, empfing uns nicht die spektakuläre Karstlandschaft, sondern grauer Himmel und starker Regen. Mein Rucksack, der im Laderaum des Busses verstaut war, war komplett durchnässt. Perfekter Start.
Der nächste Rückschlag folgte sofort: Kein Grab-Fahrer in Sicht. Die Taxifahrer, die in solchen Momenten nur auf ahnungslose Reisende warteten, verlangten absurd hohe Preise. Also improvisierten wir und suchten uns erstmal ein Café, um in Ruhe zu frühstücken und zu überlegen, wie wir weiterkommen. Ich bestellte Pho, Suse nahm ein Banh Mi, und während wir unsere Suppen schlürften, kam uns die Erkenntnis, dass Ninh Binh vor allem eines sein würde: nass. Ein Grab-Fahrer ließ sich dann doch noch finden, und mit ihm die niederschmetternde Wetterprognose – Regen, die ganze Woche.
Unsere ursprünglich geplanten Erlebnisse klangen bei Sonnenschein deutlich verlockender. Die Bai Dinh Pagode, eine der größten buddhistischen Anlagen Vietnams, mit riesigen goldenen Statuen und einem Panorama über die Karstberge. Der Hoa Lu Tempel, einst die Hauptstadt Vietnams, heute eine ruhige, verwunschene Tempelanlage. Eine Bootstour durch Trang An, die einen durch geheimnisvolle Höhlen und entlang steiler Felswände führt, während sich der Fluss durch das grüne Tal schlängelt. Und dann die Mua-Höhle, deren steiler Aufstieg mit einem der schönsten Ausblicke Vietnams belohnt wird: Der Fluss, die Reisfelder, die Berge – eine Kulisse, die man normalerweise nur auf Postkarten sieht.
Doch die Realität war eine andere.
Unsere Unterkunft lag nicht direkt in Ninh Binh, sondern in Tam Coc, einer kleineren, malerischeren Alternative. Statt zwischen Straßenlärm und Verkehr standen wir hier mitten in der Natur, umgeben von Reisfeldern und kleinen Wasserwegen, mit Karstbergen, die wie schlafende Riesen in den Himmel ragten. Zumindest hätten wir das gesehen, wenn nicht der dichte Regenvorhang fast jede Sicht versperrt hätte. Im Hotel angekommen, stellte sich heraus, dass unser Zimmer mit schöner Aussicht doppelt belegt war. Ersatz gab es in Form eines Zimmers mit direktem Blick auf die Hauswand des Nachbargebäudes. Immerhin hatten wir zwei Kingsize-Betten, aber nur eine einzige Decke – also blieb es beim bewährten „ein Bett, eine Decke“-System.
Nach einer kurzen Erholungspause – nötig nach der Nachtbus-Hölle – nutzten wir das erste trockene Zeitfenster, um die Gegend ein wenig zu erkunden. Viel zu sehen gab es nicht, denn auch Tam Coc war in dichten, grauen Nebel gehüllt. Nach dem Abendessen kam dann der nächste Tiefschlag: Bauchkrämpfe. Während ich mich mit Magenproblemen quälte, wurde Suse über Nacht von einer Erkältung erwischt. Am nächsten Morgen war klar: Unsere Pläne für Ninh Binh waren gestrichen. Es regnete unaufhörlich, wir fühlten uns beide miserabel, also blieben wir im Zimmer und warteten darauf, dass es uns besser ging. Die einzigen Ausflüge bestanden aus kurzen Spaziergängen während der wenigen Regenpausen. Nicht der Vietnam-Moment, den wir uns vorgestellt hatten, aber es machte keinen Sinn, uns krank durch den Regen zu schleppen.
Als wir zwei Tage später nach Hanoi weiterreisten, hatten wir kaum Bilder aus Ninh Binh. Es gab einfach nicht viel zu fotografieren außer grauen Himmel und nasse Straßen. Zumindest in Hanoi konnten wir den Abend etwas angenehmer verbringen – mit einem kleinen Trost in Form von Che Chuoi, einem warmen Dessert aus Banane, Kokosmilch und Tapiokaperlen, serviert in einem winzigen, historischen Häuschen. Nach zwei durchwachsenen Tagen genau das Richtige. Ein Hoch auf die kleinen Dinge.Read more
Traveler
Guten Appetit