Nahost-Abenteuer 2.0

mars - avril 2023
Une aventure de 41 jours par Lukas En savoir plus
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  • Jour 32

    Orient-"Express" - oder so ähnlich

    14 avril 2023, Turquie

    Den Orient Express aus den Büchern Agatha Christies findet man heute nicht mehr. Eine Zugverbindung zwischen Westeuropa und den Orient besteht aber dennoch, allerdings gibt es zumindest für den Personenverkehr eine Lücke. Die Zugverbindung zwischen dem Nord-Osten Irans und der Türkei besteht aktuell nicht, nach Corona wartet man immernoch auf die Wiedereröffnung. Kurz vor Corona wurde sogar wieder eine durchgehende Relation Ankara-Tehran etabliert, welche dann aus genanntem Grund ausgesetzt wurde.
    Heute kann man die Lücke Täbriz-Tatvan mit einem Bus vom Iran nach Van und einem weiteren nach Tatvan schließen.
    Dank übermäßiger Kontrollen, sowohl an der Grenze wie auch innerhalb der Türkei dauerte diese Odyssee fast 15 Stunden - für nicht einmal 500 km. Dementsprechend wenig Zeit blieb am Abend in Tatvan, zu Gast durfte ich bei Mehmet sein, bevor am nächsten Tag der Zug von Tatvan nach Ankara abfuhr.
    Die Reise einmal quer durch die Türkei ist durchaus sehenswert, von den schneebedeckten Gipfeln über dem weiten Grasland Ost-Anatoliens bis in die Weiten Zentral-Anatoliens. Das Wort Orient-Express ist aber vor allem wegen seines zweiten Wortteils unzutreffend. Für die 1.100 Kilometer bis Ankara benötigt der Zug fast 28 Stunden, eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von statten 39 km/h. Immerhin schaffe ich den Anschlusszug nach Istanbul noch, um sage und schreibe 10 Minuten, man darf wohl auch mal Glück haben. Dennoch die Zugfahrt war definitiv komfortabel, im Schlafabteil bekommt man ausreichend Ruhe im Bordrestaurant ausreichend Tee um lange wach zu bleiben um neben einem guten Buch die Landschaft genießen zu können.
    Für die rund 460 Kilometer von Ankara bis Istanbul benötigt man dank ICE-baugleicher Züge nur rund 4 Stunden, sodass ich dann nach 1.560 Kilometern, den größten Teil Türkei hinter mir habe. In Istanbul warten dann ein paar Tage Rast bevor es dann zum Endspurt Richtung Heimat nach Bulgarien weitergeht.
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  • Jour 35

    Zwei Wiedesehen auf zwei Kontinenten

    17 avril 2023, Turquie ⋅ 🌩️ 17 °C

    Um Istanbul kommt man einfach nicht herum, sollte man auch nicht! Am Ende des ehemaligen Orient-Express (letzte Fahrt Paris-München-Wien-Sofia-Istanbul 19.05.1977) verbindet es Europa und Asien. Nicht nur physisch schlägt die Stadt eine Brücke zwischen den Landmassen, auch zwischen den Kulturen. Wer, wie ich, vom Osten her reist, merkt ganz deutlich, dass er mit Istanbul endlich Europa erreicht hat. Ich kann nicht genau sagen woran man es fest machen kann aber man merkt es.
    Schon bei meinem ersten Besuch 2019 war mir klar, dass ich wiederkommen würde. Istanbul ist einfach beeindruckend, optisch, kulturell und historisch. Kein Reisender kann mir weis machen, er wäre unbeeindruckt von dem gigantischen Bosporus der sich mitten durch die Stadt zieht. Aber auch historische Bauwerke wie die alten Festungsmauern aus der Zeit Konstantinopels, die Bazare und was noch alles lädt zum staunen ein. Alleine schon die Hagia Sophia ist ein Bauwerk mit baulichen wie kulturellen Ausmaßen, welche man höchstens noch in Rom finden kann. Das Gotteshaus (537 n.Chr.) welches älter ist, als die Religion, welche in ihm praktiziert wird (Islam ca. frühes 7 Jh. n.Chr.).
    Die Stadt mit vielen Namen, Byzanz, Konstantinopel, Istanbul, warum sie heute keine Hauptstadt ist? Wahrscheinlich weil die Türkei für sie viel zu klein ist. Wer einmal Hauptstadt mehrerer Weltreiche (u.a. ost-römisches und osmanisches Reich) war, der begnügt sich doch heute nicht mehr mit einem mittelgroßen Nationalstaat. Dann lieber das historische Gesicht wahren und heute nicht mehr im politischen Mittelpunkt stehen, als eine solche Statistenrolle anzunehmen.
    Ein paar Tage Rast in Istanbul tun gut, nach vollen drei Tagen auf der Walz. Außerdem hat Istanbul noch ein anderes besonderes Wiedersehen für mich vorbereitet. Haroon, ein ehemaliger Kommilitone, verbringt hier sein Auslandssemester. Da fühlt man sich schon etwas kosmopolitisch, wenn man sich eben einmal schnell auf ein Abendessen in Istanbul verabredet. Zwei mehr als kurzweilige Stunden und ein paar Teller türkische Hausmannskost später, ein Handschlag und das Versprechen auf ein Wiedersehen, wer weiß wo.
    Gestern ging es dann noch ein, vorerst!, letztes Mal über das blaue Wasser des Bosporus mit der Fähre auf die europäische Seite und dort zum Bahnhof Halkali. Von hier aus dann mit dem nächsten Nachtzug nach Bulgarien, in die beschauliche alte Hauptstadt Veliko Tarnovo.
    Ein Ort mit viel Geschichte, aber deutlich kleiner und ruhiger als die heutige Hauptstadt Bulgariens. Am frühen Morgen rattert der alte Zug aus Sowiet-Zeiten durch die grünen Wälder bis er in der engen Schlucht unterhalb der Stadt den Bahnhof Veliko Tarnovos erreicht. Einen Tag schaue ich mir die Stadt und ihre alte Festung an, genieße das gute Essen und die ruhigen Gassen bevor es morgen weiter, über die Donau, nach Rumänien geht.
    Veliko Tarnovo ist einer dieser Orte, die man vermutlich nie bereisen würde, wenn man nicht mit dem Zug aus Istanbul Richtung Westeuropa daran vorbeikäme. Definitiv sehenswert und in eine wunderschöne grüne Landschaft aus Wäldern und Hügeln gebettet .
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  • Jour 38

    Was ein Theater

    20 avril 2023, Roumanie

    Ein deutsches Theater in der rumänischen Walachei? Gibt's!
    Zentral in Rumänien, an den Ausläufern der Karpaten, liegt Sibiu. Die 70.000 Einwohner Stadt trägt neben ihrem rumänischen Namen auch den Namen Hermannstadt. Klingt nicht nur sehr deutsch ist es auch. Im 12 Jahrhundert ließen sich dort deutsche Sachsen nieder, die in der Region Siebenbürgen einige Jahrhunderte die ethnische Mehrheit stellten. Noch heute zeugen die Namen an den Restaurants, Hotels und das allgemeine Bild der Altstadt von der Völkerwanderung vor rund 900 Jahren. Heute leben nur noch knapp 2.000 deutschsprachige Siebenbürgen in der Stadt aber die Kultur wird am Leben erhalten, unter anderem durch Theaterstücke.
    Die Komödie, welche ich mit Anca besuche, könnte man sicherlich auch ohne Deutschkenntnisse verstehen. Die Komödie ist reichlich einfach gestrickt, es geht um Sex , Betrug, ein altes Hotel und viel Schnaps - doroc! (Prost)
    Nicht nur das der Zufall es so will, dass an dem Tag an dem ich in Hermannstadt bin ein deutsches Stück gespielt wird, nein heute ist auch noch der 101 Geburtstag meines Opas Hermann - na darauf ein Schoppen - doroc!
    Im Anschluss gibt's noch ein typisch rumänsiches Abendessen mit reichlich Hausmacher Wurst und natürlich Schnaps, wenn man es nicht wüsste, könnte man meinen man wäre schon daheim.
    Allerdings liegen da noch läppische 1.500 km dazwischen, eigentlich kaum der Rede wert, bedenkt man das wohl schon rund 6.000 km seit Belutschistan hinter mir liegen. Am Freitag ging es dann mit dem Zug weiter rund 9 Stunden weg von den Karpaten in die ungarische Tiefebene bis Budapest, dem letzten Stop der Reise.
    Der Donaustadt kann man immer ein paar schöne Tage abgewinnen, ähnlich wie Istanbul, Wien oder Rom ist die Stadt voll von Geschichte und gut ausgestattet mit Bars und Restaurants à la couleur.
    An den neoklassischen Fassaden im historischen Zentrum Budas (links der Donau) zeigt sich noch heute die einstige Verbindung Österreich Ungarns zu Zeiten der k.u.k Monarchie. Auch die andere Seite der Donau (Pescht) hat mit den vielen Palästen und Kirchen enorm viel zu bieten, vor allem einen grandiosen Überblick vom Schlossberg über die gesamte Stadt und weit bis in die ungarische Tiefebene.
    Ein weniger bekanntes Highlight ist definitiv die jüdische Geschichte und heutige Kultur der Stadt. Es gibt Stadtführungen die sich fast ausschließlich damit befassen, äußerst empfehlenswert. Noch heute steht im ehemaligen jüdischen Ghetto die drittgrößte Synagoge der Welt. Zum Glück ist heute wieder die jüdische Kultur in die Stadt zurückgekehrt, nachdem es 1944 fast komplett ausgelöscht wurde. Am Donauufer stehen, aus Bronze gegossen, die Schuhe der Menschen die an der Kaimauer erschossen und in die Donau geworfen wurden, weil unsere Vorfahren solch eine Angst vor der intellektuellen Kultur dieser Menschen hatten damit sie alles (un)menschenmögliche taten um sie zu vernichten. Gott sei Dank ist es ihnen nicht gelungen und während die NS-Ideologie hoffentlich für immer auf dem Abfall der Geschichte gelandet ist, erlebt Budapests jüdische Kultur eine kleine Renaissance.
    Heute kann man die jüdische Kultur auch abseits einer Stadtführung, auf kulinarische Art entdecken. Neben der orthodoxen Synagoge haben sich mehrere erstklassige jüdische Restaurants niedergelassen. Meine Empfehlung für jeden der in Budapest ist, gutes Essen mag und ein paar Euro über hat, Macesz Bistro, Reservierung empfohlen. Ausgefeilte jüdische Küche mit einer guten Weinkarte, in hervorragendem Ambiente.
    Ansonsten war das auch schon der letzte Stop der Reise und es geht von Budapest mit dem Nachtzug nach München und von dort dann nach Aschaffenburg, die letzten beiden Zugfahrten.
    Nach rund 7.500 km Schiene gäbe es kaum einen schöneren Abfahrtsbahnhof als Budapest Keleti, erbaut um 1848, ein Palast für Reisende, definitiv der schönste Bahnhof auf dieser Reise, welch ein gelungener Abschied.

    Eine lange aber sehr interessante Heimfahrt von der äußerste Süd-Osten Irans bis heim nach Eichenbühl. Kilometer für Kilometer aus Persien durch den Orient über Süd-Ost Europa bis ins Abendland. Auf den Spuren des Orient-Express, während am Zugfenster die Landschaft vorbeizieht und sich alles wandelt, Architektur, Sprache, Küche. So unglaublich viele Menschen haben diese Reise so einmalig gemacht. Manche haben mir einfach weitergeholfen wenn ich Mal wieder ohne Sprachkenntnisse völlig aufgeschmissen nach dem Weg gesucht habe, andere haben mir etwas über ihr Land und ihre Kultur erzählt, mich ins Theater begleitet, viele haben mich auf eine Tasse heißen Tee eingeladen, alle haben mir etwas ihrer Zeit geschenkt ohne zu fragen was es kostet oder was es bringt, einfach der Gastfreundschaft wegen. Eine einmalige Reise geht zu Ende, hunderte einmalige Erinnerungen bleiben!

    Shukran!
    Kheyli Mam'noon!
    Teşekkürler!
    Blagodarya!
    Merci frumos!
    Köszönöm!
    Danke!
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