Italia
Prato

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Viaggiatori in questo posto
    • Giorno 5

      #4 - Ankommen

      30 aprile, Italia ⋅ ☀️ 27 °C

      Die Blumen im Titelbild sind "echter Jasmin" (- danke Viki!) und in Prato riecht es überall ganz wundervoll danach!

      >> Everyday Life Nuggets <<
      • in jedem (privaten) Badezimmer gibt es ein Bidet
      • man unterhält sich gerne von der einen auf die andere Straßenseite lautstark darüber, wie es der Ehefrau und den Kindern geht
      • der Verkehr läuft nicht wie in Deutschland nach dem Motto: "Ist hier frei? Kann ich fahren?", sondern eher "Achtung, hier komm ich!" - also genau mein Stil!
      • Bambus wächst hier öfter am Wegrand
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      30. April
      Heute habe ich viel vor: mein Leben hier organisieren.
      Erste und allerwichtigste Amtshandlung: ein Fahrrad kaufen. Schon in Deutschland habe ich einen Gebrauchtfahrradladen entdeckt und gespeichert.
      Zweite Amtshandlung: Lebensmittel einkaufen. Natürlich im Bioladen. Und tatsächlich scheint es einen Biosupermarkt in Prato zu geben!

      > Ausflug nach Prato (Innenstadt)
      Das Wetter ist traumhaft sonnig und sehr warm (ca. 24°C), als ich gegen 10 Uhr loslaufe. Da ich ja noch kein Fahrrad habe, muss ich mein Lieblingstransportmittel -nicht!- benutzen: einen Bus. Na, gut.
      An der Bushaltestelle angekommen stelle ich fest, dass der nächste Bus erst in 25 Minuten kommt. Ich setze mich also direkt an die Haltestelle, damit ich ihn ja nicht verpassen kann. Auf dem Platz links von mir haben einige Chines:innen Stände aufgebaut, an denen sie Kleidung verkaufen. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass das meine Vorurteile bestätigt. Direkt gegenüber von mir ist ein kleines Café, wo buntes Treiben herrscht. Vielleicht hole ich mir dort einen Kaffee… und ein Croissant. Ich habe furchtbar Hunger und der Bus kommt ja erst in 25 Minuten. Gesagt, getan.

      Als der Eigentümer mir gerade den Kaffee fertig macht und das Croissant schon vor meiner Nase steht, sehe ich wie draußen ein Bus ankommt. Verdammte Axt!! So schnell kann ich weder den Kaffee trinken, noch das Croissant essen. Und bezahlen muss ich auch noch. Und bis ich ihm erklärt habe, dass ich schnell weg muss (wenn das überhaupt klappt), ist der Bus wahrscheinlich schon weg. Ok – piano, piano! Das ist nur ein anderer Bus, der zwar auch in die richtige Richtung fährt, aber nicht „mein“ Bus. Also erstmal entspannt meinen Cappuccino trinken!Ich setze mich raus auf die kleine Terrasse -mit Blick auf die Bushaltestelle!- und eine Italienerin macht mir Platz, obwohl genügend Platz da wäre. Sie redet irgendwas und ich sage ihr, dass ich nur ein bisschen Italienisch spreche. Sie: „Ah, bist du Ausländerin?“ – „Ja“ „Schön! Ich warte auf eine Freundin, aber sie ist noch nicht da“. Ich bin stolz, dass ich überhaupt etwas verstanden habe und adäquat antworten konnte! Schweigend trinke ich meinen Cappuccino, esse das Croissant und setze mich dann wieder an die Bushaltestelle.

      Der Bus kommt pünktlich, ich steige ein und los geht’s! Ich habe ein Wochenticket von Florenz nach Prato, weiß aber nicht, ob das auch für die Busse IN Prato gilt. Da hier aber keiner Englisch spricht, traue ich mich nicht, nachzufragen und sitze etwas angespannt im Bus. Glücklicherweise kommt kein Kontrolleur!

      Ich steige etwas früher aus, um das Risiko einer Kontrolle zu minimieren und laufe den letzten Kilometer zum Fahrradladen. Es ist so schön warm und sonnig und es richtig nach Blumen. Ich genieße die sommerliche Atmosphäre und atme die satte Luft ein. Hatschi! …und auch mein Heuschnupfen gehört zu dieser Atmosphäre.

      Am Fahrradladen angekommen wird es mal wieder spannend: der Eigentümer spricht 0 Englisch und ich erkläre ihm, dass ich ein Fahrrad für mich suche. Er sagt, er habe gerade keins, weil die Leute nur saisonal fahren und jetzt im Frühjahr alle ein Fahrrad gekauft haben. Nächste Woche würde evtl. eines in meiner Größe reinkommen. Ich bin sehr enttäuscht und traurig und nehme seine Visitenkarte mit, um ihn nächste Woche zu kontaktieren. So lange ohne Fahrrad! No way! Eventuell kann ich doch das von Marta flott machen und mir in Florenz im Juni ein anderes kaufen. Happy bin ich mit der Lösung aber gar nicht.

      Aber jetzt geht’s erstmal weiter zum Supermarkt – der tatsächlich ein >richtiger< Biosupermarkt ist, teilweise mit Produkten aus Deutschland, die ich sonst auch kaufe. Lustig! Allerdings ist es sogar teurer als bei uns, obwohl Italiener etwas weniger verdienen. Ich shoppe also in einem Luxusladen!
      Ich bin sehr angespannt, weil ich hoffe, dass mich keiner plötzlich anspricht oder irgendwas schief geht und ich einen Verkäufer bzw. Verkäuferin ansprechen muss. Leider ist mir das Glück nicht hold: die Rolle für die Preisetiketten im Drucker der Gemüse- und Obstwaage ist leer, als ich meine Kartoffeln wiegen möchte. Ich schaue dumm durch die Gegend, weil ich mich nicht traue, mich wieder als den Volldepp ohne Sprachkenntnisse zu outen. Die Kassiererin sieht mein Problem und redet irgendwas – also muss ich mich doch wieder outen und sage, dass ich kein Italienisch spreche aber bedeute ihr mit Körpersprache mein Problem. Sie versteht es zum Glück und holt einen Kollegen, der das Problem behebt. Oh man, is das anstrengend, wenn man sich nicht mitteilen kann!

      Anschießend bringe ich meine Einkäufe schnell nach Hause, ziehe mich um (mittlerweile hat es 28°C und ich will was Leichteres anziehen) und fahre nach Florenz. Ich bin schon sehr gespannt, einen ersten Blick auf die Stadt zu werfen!

      > Erster Besuch in Florenz
      1. Coworking-space auschecken
      2. Nico treffen
      3. Free treffen

      1. Coworking-spcae auschecken
      Ich lasse mir eine Führung durch den Coworking-space in Florenz geben. In Deutschland hatte ich bereits Kontakt mit einem Mitarbeiter, um die Rahmenbedingungen abzuklären. Der space ist sehr groß, modern und ist kombiniert mit einem Hotel für Studierende. Ich fühle mich wie in New York o.ä., weil ein deutlicher internationaler Flair zu spüren ist. Bei der Führung fällt mir die Kinnlade herunter: es gibt eine Küche, diverse Arbeitsplätze in verschiedenen Räumen, eine Bar, ein Restaurant, eine Außenterrasse mit Tischtennis, abends verschiedene Kurse (Vorträge, Yogakurse, etc.), ein Fitnessstudio – und einen Pool auf der Dachterrasse. WTF! Und jetzt rate mal, wieviel man dafür im Monat bezahlt? 140€. Ich kann es nicht fassen.Da am nächsten Tag der erste Mai ist, kann ich den Vertrag erst am Donnerstag starten.

      2. Treffen mit Nico
      Nico ist ein italienischer Touristenführer, den ich auf Couchsurfing kennen gelernt habe und mit dem ich seit Ende März ab und zu schreibe. Er hat mir schon viel geholfen und ich bin gespannt, ihn jetzt persönlich zu treffen. Nico spricht gutes Englisch (und diverse andere Sprachen), d.h. die Kommunikation ist in dem Fall gesichert!

      Ich schlendere zum Treffpunkt mit Nico in der Stadtmitte von Florenz. Da ich gerne Dinge spontan entdecke, habe ich mich sehr wenig mit der Stadt und ihren Sehenswürdigkeiten beschäftigt. Sonst rennt man mit einer Liste herum, die man abhakt, um dann alles ganz gewissenhaft erledigt zu haben. Als ich auf dem Platz ankomme, tut sich langsam der Blick auf der beeindruckende Dom auf. WOW! Mir verschlägt es wirklich den Atem beim Anblick auf den gigantischen weißen Dom.

      Ich bin beeindruckt vom Gebäude rechts... (und von den vielen Touristen :-O )
      ...und sehe dann erst den Dom links davon! Das Foto kann absolut nicht einfangen, welche Wirkung der Dom hat

      Da ich -mal wieder- Hunger habe, suchen wir nach einem geeigneten Platz, um erstmal ein Panino zu essen. Er zeigt mir eine wunderschöne Bibliothek, die mal ein Kloster war, und in der ich bei Bedarf auch Home Office machen könnte (oder auf die Toilette gehen, falls es mal dringend ist, sagt er).
      Leider hat das Café in der Bibliothek keine Paninis mehr, sodass wir woanders hingehen und dort ein phänomenales Brot mit Tomaten und Oliven essen. SOOOO lecker!!! (und Nico verdreht die Augen, als ich einen Cappuccino bestelle, da man nach 11.30h nur noch Espressi trinke, sagt er). Als wir an dem Tisch sitzen, reicht er mir eine Tüte, die er die ganze Zeit getragen hat und bedeutet mir, dass es ein Geschenk für mich sei. Ich bin sehr überrascht und freue mich wahnsinnig, dass er mir ein Willkommensgeschenk gebracht hat!
      Es ist ein zweisprachiges Buch „Wie wird man Italiener“, das von einem Deutschen geschrieben ist, der eine Italienerin geheiratet hat. Ich bin absolut begeistert und bedanke mich 1000x. Wie nett ist das denn !!

      Danach gehen wir mein erstes Gelato essen. Ich versuche auf Italienisch zu bestellen und der Bedienende ist extrem freundlich und geduldig mit mir. Ich bin absolut platt, wie sehr ich hier willkommen geheißen und nett behandelt werde. …bei all den Touristen, die hier täglich reinschneien, wäre ich glaube ich tierisch genervt und hätte sicher nicht die Geduld. Ist das eine italienische Eigenheit? Alles nicht so schwer nehmen und daher für gewisse Dinge mehr Geduld mitbringen? Stress fühle ich hier jedenfalls deutlich weniger – aber das kann natürlich auch daran liegen, dass ich nicht mehr in meinem Alltag bin.

      Wir laufen etwas durch die Gegend, wieder Richtung Stadtmitte. Auf einmal bleibt Nico an einem kleinen unscheinbaren Laden stehen, den ich gar nicht als solchen identifiziert hatte. Unscheinbar, dunkel und vielleicht 12m2 groß: ein Fahrradladen! Ich bekomme große Augen. Nico übersetzt dem Verkäufer / Fahrradschrauber, dass ich ein Fahrrad kaufen möchte. Er zeigt mir sein Angebot und ich entscheide mich für ein Rad mit Gepäckträger, Kettenschaltung (immerhin 6 Gänge) und einem Korb. Perfekt! 120€ bezahle ich für meine Unabhängigkeit, Freiheit und mein Glück. Ich strahle über beide Ohren. Jetzt bin ich zu Hause!

      Nico und ich verabschieden uns. Ich fahre wieder Richtung Bahnhof, denn dort in der Nähe arbeitet ein Freund in einer Bar/Café, den ich in Deutschland kennengelernt hab: Freemitive (ja, er heißt wirklich so).

      3. Free treffen
      Ich rufe in die Bar rein: „Ciao, Free!“ – das würde ich in Deutschland nie machen! Free kommt hinter der Bar hervor und begrüßt mich. Ah ist das schön, ein bekanntes Gesicht zu sehen!

      Wir quatschen lebhaft über das, was ich in Italien vorhabe, wo ich bleibe, wie es ihm so geht, etc. in einem Mix aus Italienisch, Englisch und Deutsch (Free ist Italiener, spricht aber sehr gut Englisch und gut Deutsch). Ich bin ultra happy, ihn zu sehen, obwohl wir uns nicht so gut kennen. Auf Reisen jemanden zu treffen, den man kennt, ist was ganz Besonderes!

      Nach ca. einer Stunde verabschiede ich mich auch von ihm, denn es wird langsam spät (ca. 20 Uhr) und ich muss ja noch mit dem Zug zurück nach Prato. Stolz wie Oskar schiebe ich mein Fahrrad durch den Bahnhof. Und frage am Schalter komplett auf Italienisch (!), ob ich für das Fahrrad eine Karte brauche und wo ich sie bekomme. Juhuu! Erstes sprachliches Erfolgserlebnis :-)

      In Prato angekommen fahre ich im Dunkeln auf dem Fahrrad nach Casale und bekomme das Grinsen nicht aus meinem Gesicht. Was für ein toller Tag!
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    • Giorno 4

      #3 - Ciao! Endlich da!

      29 aprile, Italia ⋅ ⛅ 24 °C

      >> Everyday Life Nuggets <<
      • Zugtoiletten (in ICEs) haben Lichtmarkierer, damit man weiß, wo man seine Hand hinhalten muss, um kontaktlos z.B. das Wasser oder die Seife zu aktivieren
      • In ICEs gibt es Snack- und Kaffeeautomaten
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      29. April
      Aus dem gemütlichen Zimmer von Edda und Gisbert, aus dem bekannten Kreis, geht es heute in ein neues Land. Gisbert fragt mich, ob ich aufgeregt bin, während er mir mit deren phänomenaler Kaffeemaschine einen geschmacklich absolut perfekten Cappuccino macht (…natürlich eine italienische Siebträgermaschine…). Ich antworte: Nein, noch nicht. Und so ist es auch. Es fühlt sich erstmal an wie jeder andere Tag auch. Ich habe etwas vor, tue einen Schritt nach dem anderen und die Gefühle ziehen dann nach.

      Erstmal sehe ich mich vor einer großen Herausforderung: einen Zug erwischen. Ich muss mehrere öffentliche Verkehrsmittel benutzen, um zum Bahnhof zu kommen – und jeder der mich kennt weiß, dass Pünktlichkeit nicht meine Stärke ist.

      Natürlich verpasse ich die erste Bahnverbindung, die Edda mir netterweise gestern noch herausgesucht hat und renne dann der nächsten Bahnverbindung hinterher. Eine kleine, schwarzhaarige Frau hält mir die Tür auf und lächelt. Ich bedanke mich keuchend und steige in den Bus.

      Als die Frau aussteigt und ich keine Anstalten mache auch auszusteigen, sagt sie: „Hier ist der Bahnhof!“ (ein Nebenbahnhof, bei dem ich umsteigen muss) Ich steige also mit aus und sie sagt: „Ich muss auch zum Hauptbahnhof“. Dann realisiere ich, dass sie aufgrund meines Trekkingrucksacks und dem Koffer logischerweise davon ausgeht, dass ich zum Bahnhof möchte – was ja auch stimmt.

      Ich laufe ihr hinterher in die nächste Bahn und freue mich eine so nette Unterstützung zu bekommen. Wir setzen uns in der Bahn nebeneinander und unterhalten uns etwas. Sie heißt Maria, ist Krankenschwester, kommt ursprünglich aus Peru und hat sich vor 20 Jahren in ihren Mann verliebt – der aus der Schweiz stammt. Sie spricht leider dialektal stark gefärbtes Deutsch (kein Schweizerdeutsch!), sodass es schwer ist, alle Details zu verstehen. Und sie erzählt mir, dass sie die Schweizer nicht mag, weil sie so distanziert seien. Sie tut mir Leid, weil sie traurig und verloren wirkt. Sie streite sich viel mit ihrem Mann und ihre Tochter hat keinen Kontakt mehr zu ihr (warum habe ich leider nicht verstanden). Maria hilft mir, zum richtigen Gleis zu kommen. Ich weiß nicht genau warum, aber sie hat mich sehr berührt und ich muss mich zusammenreißen als wir uns verabschieden (auf Reisen bin ich besonders dünnhäutig). Wir umarmen uns kurz und sagen Goodbye.Was für eine süße Begegnung!

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      Am Gleis mische ich mich unter die Leute. Höre die ersten Fetzen der italienischen Sprache und kann ein breites Lächeln nicht unterdrücken. Diese Sprache klingt einfach so schön – ich bekomme nicht genug davon. Und freue mich, dass ich sie bald jeden Tag hören darf.

      Der italienische (!) Zug kommt auf die Minute genau an (!!), alle steigen ein und finden sich auf ihren Plätzen ein. Der Zug ist sehr voll. Ich muss innerlich Grinsen bei der Vorstellung, dass hier die zwei wahrscheinlich gegensätzlichsten Kulturen verbunden werden: die ordentlichen Schweizer und die lebhaften Italiener. Eine Frau sitzt mir im Vierer gegenüber und fragt mich, ob wir unsere Füße auf eine bestimmte Weise stellen können, damit wir beide gemütlich sitzen können. Ich wundere mich etwas, aber stimme zu.

      Hier werde ich knapp 4,5h verbringen, mit fein säuberlich organisierter Fußposition und inmitten verschiedener Kulturen und Sprachen. Mir gefällt das und ich bin heilfroh, dass ich den Stress mit Flugzeugen/Flughäfen/etc. nicht hab! Irgendwie ist Reisen mit dem Zug aufregender und lebendiger für mich: es ist langsamer, man kommt Stück für Stück dem Ziel näher und sieht tolle Landschaften. Das lädt irgendwie mehr zum Träumen ein, als im Flugzeug (mglw. weil ich im Flieger fast sterbe vor Angst).

      Wir tuckern durch die atemberaubende (vor)alpine Landschaft. Diese Strecke mit dem Zug zu fahren, würde ich jedem empfehlen !! Impressionen siehe Bilder :)

      In Mailand muss ich umsteigen und habe ca. 40 Minuten Aufenthalt. Ich habe also Gelegenheit, einen ersten Schritt in Italien zu tun! Was macht man in Italien? Essen und Kaffee trinken! Allora – das mache ich also. An einer schäbigen Klitsche am Bahnhof hole ich mir eine Art Minipizza und einen Cappuccino – und es schmeckt fantastico! Ich setze mich in die Sonne und genieße mein erstes italienisches gustatorisches Erlebnis. Che bello!

      …dann geht’s weiter in einem italienischen ICE (auch pünktlich). Dort werde ich Zeugin eines kleinen Kulturclashs: Es gibt relativ wenig Platz für Gepäck. Also versucht ein Niederländer ein fremdes Gepäckstück aus dem oberen Gepäckfach anders unterzubringen. Ein italienischer Mann wird direkt laut und bedeutet ihm -auf Italienisch- das Gepäckstück gefälligst wieder an seinen Platz zu tun! Was ihm wohl einfalle… che cazzo! Der Niederländer versucht zu protestieren und sich zu erklären, sieht aber schnell ein, dass hier keine Diskussionsgrundlage besteht. Ups!

      In Florenz muss ich nochmal umsteigen, um zu meinem AirBnB zu kommen. Mein AirBnB ist in Prato, das ist ca. 20km westlich von Florenz ein kleines Städtchen (s. Exkurs zu Prato). In Prato wohne ich in einem kleinen Dorf namens Casale, ca. 7km von der Innenstadt entfernt – also ziemlich ab vom Schuss!

      Lorenzo (der erwachsene Sohn meiner Gastgeberin) gibt mir vorab die beste Busverbindung durch. Vorher sagte er mir „Manchmal holt Marta (die Gastgeberin) die Gäste ab“ – was auch immer das heißt. Da ich mich nicht darauf verlassen möchte, nehme ich also den Bus. Als ich umsteigen muss, schreibt mir Lorenzo „Wo bist du? Ich bin auf dem Weg nach Casale“. Also liest er mich mit dem Auto auf. Er ist sehr freundlich und unkompliziert, spricht akzentfreies Englisch. Als wir in Richtung Casale fahren (noch ca. 5km), wird mir klar, dass ich gerade ins Auto eines fremden Mannes gestiegen bin. Aber mein Bauchgefühl macht mir schnell klar, dass alles gut und sicher ist. Trotzdem bin ich froh, als wir tatsächlich in der Straße ankommen.

      Wir gehen rein und Marta kommt direkt. Sie ist eine kleine, dunkelhaarige Frau Ende 70 mit wachen Augen und einem lebhaften Wesen. Sie kommt auf mich zu und sagt „Che bella, la ragazza!“ (dt.: „Was für ein schönes Mädchen!“) und begrüßt mich mit zwei italienischen Küssen auf die Backen. Für manche mag das überschwänglich sein – ich fühle mich direkt wohl. Sie plappert fröhlich auf italienisch und ich verstehe nichts, nicke und lächle. Lorenzo ist ja da und könnte notfalls übersetzen.

      Lorenzo zeigt mir mein Zimmer, mein eigenes Bad, meine Küche, die sich in einem extra Häuschen befindet, das man über den kleinen Garten direkt am Haus erreichen kann. Als er mir deren Renovierungspläne für das kleine Häuschen erklärt, glaube ich, mich in Deutschland zu befinden: Es gibt eine Mindestdeckenhöhe, eine Mindesthöhe des Bodens für Neubauten (wegen Hochwasserschutz) und diverse andere Regeln, die das Planen etwas kompliziert machen. Als nächstes fällt mir fast die Kinnlade herunter. Er erklärt mir die Mülltrennung: Papier, Glas, Plastik, Bio- und Restmüll werden getrennt. Wo bin ich nochmal?!

      Danach fragt er mich, ob ich mit ihm in die Stadt (--> Prato) möchte. Wir vereinbaren, dass wir in ca. einer Stunde losfahren, damit ich dort etwas essen kann. Er möchte dort einen Aperitivo trinken (…was auch immer das genau bedeutet). Aber Essen klingt gut.

      Wir parken an einer der sehr alten Stadtmauern und laufen den Rest in die Stadtmitte. Er gibt mir eine 30-minütige Führung durch die sehr alte und schöne Innenstadt. Mittlerweile ist es 21 Uhr und ich habe groooßen Hunger. Wir laufen an einem kleinen Restaurant vorbei und sehen dort eine Gruppe Freunde von Lorenzo. Sie sind unterschiedlichen Alters (schätzungsweise 40-60 Jahre alt) und sehr freundlich. Lorenzo fragt, ob ich mich dazu setzen möchte. Ich sage natürlich ja: Was gibt es am ersten Abend Besseres, als unter vielen neuen Leuten zu sein – und mehr Italienisch zu hören? Ich bekomme eine Antipasti-Platte für den ersten Hunger und einen Weißwein. Lorenzo sagt mir: aber du bezahlst nicht! Ich fühle mich sehr willkommen.

      Nach ca. 1-2 Stunden verabschieden sich alle. Mit ein Paar aus der Gruppe hatte ich einzelne, kurze Gesprächsfetzen auf Italienisch – aber ich stoße sehr schnell an meine Grenzen. Verstehen kann ich schon etwas mehr und sorge mit meinen passenden Reaktionen sogar für ein paar Lacher.

      Lorenzo und ich schlendern noch etwas durch die Stadt, sehen im Fluss ein paar Otter und essen eine Pizza bei einem Griechen (lol). Lorenzo bestellt sich noch einen Espresso – es ist mittlerweile 23.30h. Ich lehne dankend ab, weil ich sonst nicht schlafen kann.

      Wir fahren nach Hause und ich falle ins Bett. Zufrieden in dem großen Bett, in dem gemütlichen Zimmer, in dem netten Haus, in dem freundlichen Land – schlafe ich endlich ein.

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    • Giorno 47

      39. (3.) Etappe-Pistoia-Prato

      16 agosto 2023, Italia ⋅ ☀️ 21 °C

      Der nette Jakobsbruder hat mir heute um sechs Uhr Kaffee gemacht. Ein großes Herz! Der Weg ging kurz aus der Stadt heraus und entlang des Flusses, so viel Wasser haben die nicht und sehr viele Reiher tummeln sich hier herum. Pistoia ist vor allem eins: führend in der Baumzucht, so dass die ersten Kilometer gesäumt waren von Baumschulen und verschiedenen Baumarten, die hier für den Verkauf herangezüchtet werden. Ja, die Flora, bekannt in der Toskana sind neben den Pinienbäumen die Zypressen und die Olivenbäume.
      Später ging es den Berg hinauf in den Wald, was zwar mit der Hitze anstrengend, aber sehr schön und ruhig war. Nur gerne hätte ich mich Mal ausgeruht, um Wasser zu trinken, was aber mit dem um den Kopf herum schwirrenden Fliegen und Mücken selten möglich war, da komme ich mit immer vor wie eine arme Kuh auf der Weide, die immerzu von allen Insekten nonstop belästigt wird
      Immer wieder ging es hoch und runter, aber nicht mehr so lange und so viele Anstiege wie gestern. Es ist mir bis auf die Füße, die einfach noch von gestern müde waren und weh taten, doch gut gegangen. Am Ende noch durch die Vororte von Prato, nochmal hoch in den Wald und runter nach Prato, am Fluss entlang. Ich konnte den ganzen Tag die Herberge nicht erreichen. Ich entschied erstmal in der Stadt was essen zu gehen und plötzlich war ich schon ab der Kathedrale, schaute kurz hinein und ging dann richtig essen, Pasta mit Ragout und gegrilltem Gemüse.
      Danach war ich im Dommuseum (ich musste meinen Rucksack aufbehalten) und habe mir die mittelalterlichen Fresken im Dom angeschaut. Es war so heiß und ich hatte keine Lust auf mehr Sightseeing. Ich wollte doch auch wissen, wohin ich muss und wo ich übernachten kann. Also setzte ich mich in eine Bar und versuchte irgendeine andere Herberge zu finden. Endlich nahm jemand das Telefon ab und ich hatte einen Platz, musste aber mit dem Bus hinfahren. Genau dann rief der Mann von der anderen Herberge, die viel näher war, an, ich wollte aber nicht so unhöflich sein und der gerade zugesagten Herberge wurde absagen. Das Ticket für den Bus wollte ich im Bus lösen, der Busfahrer sagte,es gäbe hier keine und ich stieg an der nächsten Bushaltestelle wieder aus, um mir dort ein Ticket für den nächsten Bus zu kaufen ..
      Die Herberge ist nur ein Dachboden und unten ist ein Abstellraum und Dusche und WC. Aber ich habe das beste draus gemacht, ein Sandwich geholt und warmes Bier und Körniger Frischkäse, ja den habe ich echt vermisst.
      Ich schwitze wie ein Schwein im Liegen, mal gucken ob ich schlafen kann, die Mücken haben sich auch sofort gemeldet.
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    • Giorno 48

      Tag 46 Albenga Italien

      18 maggio 2023, Italia ⋅ ☁️ 17 °C

      Albenga ein Küstenort in Ligurien. Wir blieben 2 Nächte auf einem Campingplatz dort. Hier merkt man sehr deutlich, daß noch keine Saison ist. Die meisten Lokale und Touristengeschäfte sind noch geschlossen, das Wetter ist eher kühl und durchwachsen, daher sieht es meist ein wenig trostlos aus. Die Altstadt ist bestimmt in der Sommersaison voller Menschen.Leggi altro

    • Giorno 9

      Auf der Straße nach Süden .... 30.08.21

      2 settembre 2021, Italia ⋅ 🌙 19 °C

      On the road again. In Volterra blicken wir von vielen Aussichtspunkten aus ins Tal und in die Vergangenheit, großes Theater, das übers Mittelalter bis hin zu den Römern und den Etruskern reicht. Wir essen Pizzaschnitten, eiern mit unseren E-Bikes über altes Pflaster in den überlaufenen Gässchen, trinken Cappuccino, filosofieren über die narbigen Hauswände, über die viele Jahrhunderte hinweg gegangen sind, essen Eis, kaufen toskanischen Gin (R), trinken Vino Santo.
      Spätnachmittags fahren wir gen Süden in die Maremma, Ziel Follonica, der nächstgrößere Ort zu unserer Unterkunft am Meer. Schon beim Reinfahren ahne ich Schreckliches. Mietskasernen, hässliche Kästen, sogar ein Hochhaus in unmittelbarer Strandnähe. Das ist kein ehrwürdiger Ort mit alten Steinen, die sucht man hier vergebens. Je näher wir der Strandpromenade kommen, desto klarer wird mir: Hier warst du schon mal. Mit Julian. Es ist noch nicht lange her, erst drei, nein vier Jahre: Nach einem Familienfest in Florenz sind wir für drei Tage gen Süden gereist, hatten Quartier in Massa Maritima und landeten auf der Suche nach dem Meer in Follonica. Wir hielten es einen Spätnachmittag lang dort aus, ehe wir uns, entsetzt von der Hässlichkeit des Orts, schüttelten und rasch wieder das Weite suchten.
      Die mächtigen Pinienhaine am Ortsrand haben wir damals nicht zu Gesicht bekommen.
      Die Ferienanlage im Mini-Örtchen Puntone, fünf Kilometer hinter Follonica, liegt unmittelbar an der vielbefahren Straße nach Scarlino. Unser Appartement hat einen berückenden Blick auf die Parkplätze. Es ist ebenerdig ohne Galerie, auf die wir abends klettern müssen, um zu schlafen. Es hat eine Terrasse und auf der Terrasse gibt es Licht, um abends zu lesen. Wir können die E-Bikes direkt über die Terrasse ins Zimmer schieben. Doch es fehlen Sträucher, Blumen, Olivenbäume, warmes Licht. Um Zikaden flöten zu hören, muss man um die Ecke und dann einen langen kleinen Weg bis zum Rand der Anlage gehen. Es ist hier ein wenig wie im Formule 1 Hotel bei Lyon, in dem wir früher immer für eine Nacht Station machten, um Tags darauf nach St. Cyprièn, unsere geliebte Ferienanlage in Südfrankreich, zu fahren - und den Zwischenstopp zu vergessen.
      Nun ja, wir werden uns hier einrichten. Man kann nicht alles haben - und hofft es doch immer wieder!
      "Follonica, der Lenz ist da", singe ich a Capella, während wir in das hässliche Städtchen zurückfahren, um ein Restaurant zu finden, "Follonica, der Lenz ist da, und alle Mädchen singen Trallala …" Ich muss mal wieder singen, denke ich, das hebt die Laune. Möchte mal wieder singen.
      Wir finden eine Pizzeria am Stadtrand von Follonica, in der man an der Theke bestellt und das Bestellte abholt. Ich wähle appetitlich aussehende Sardinchen mit Zwiebeln, gedünstete Verdura, Robert Pizza Diavolo ohne Salami, die sich ohne Wurst als Pizza Margherita ohne alles entpuppt. Überraschung bei der In-Empfang-Nahme der Speisen: Alles, wirklich alles - außer dem Essen und dem Wein in winzigen Glasflaschen - ist Einweg. Während des Essens mit Plastikbesteck auf Pappkarton-Tellern kommt der beleibte Chef mit Glatze vorbei und fragt, ob es schmeckt. Wir nicken, lächeln und schämen uns. Ja wirklich, es schmeckt und man schämt sich, dass es so gut schmeckt. Und schämt sich noch mehr, als man am Ende Teller, Becher und Besteck im Mülleimer versenkt, fein säuberlich nach Plastik, Karton und Glas sortiert. Da sage noch einer, die Italiener wären, was Mülltrennung angeht, nicht lernfähig.
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    • Giorno 9

      Toskana Tag 4, 28.08.21

      2 settembre 2021, Italia ⋅ 🌙 19 °C

      Regen. Beim Aufwachen regnet es Hunde und Katzen, und weil es sich bei Regen so gut schläft, schlafen wir bei offenem Fenster weiter bis 10.
      Beim Frühstück unten unter dem überhängenden Dach lässt der Regen nach. Ich sehe Romanfahnen durch. Schon bald hört der Regen wieder auf mit Nachlassen.
      Mittags weht der Wind die Sonne unter den Wolken hervor und fegt auch noch weiter, als es nichts mehr zu herbei - oder auch wegzufegen gibt. Am Pool suche ich im Internet nach unserer nächsten Unterkunft: Meer oder Zikaden? Es gibt noch ein paar andere Kriterien: Bitte ebenerdig ohne Galerie, auf die wir zum Schlafen klettern müssen, bitte mit Terrasse und die Terrasse bitte mit Licht, so dass wir abends draußen lesen können. Und: bitte die Landschaft nicht ganz so hügelig, so dass wir unsere E-Bikes benutzen können, ohne dass die Akkus nach 10 Kilometer leergefahren sind. Als wir uns endlich entschieden haben, ist der Akku vom PC leer und ich bin fix und fertig. Ich zieh mir was Schönes an, nehm den Samos mit an den Pool und verschwinde für den Rest des Nachmittags in Maxim Billers gebrauchtem Juden. Ich hab schließlich Urlaub.
      Nachdem die Sonne hinter dem Hügel untergegangen ist, obwohl sie noch da ist, fahren wir ihr hinterher. R zeigt mir eine Anhöhe, die er neulich entdeckt hat, auf der eine Geschwisterreihe von neun Zypressen im Halbkreis steht, noch von der Sonne beschienen. Leider leistet ihnen - und uns - auch der Wind Gesellschaft. Am viertletzten Augusttag stehen wir, in Daunenjacken eingemummelt, bei gefühlten 12 Grad auf dem Olymp der Toskana und blicken ringsum auf das liebliche gewellte Land unter einem gelben, später roten Himmel.
      Zum zweiten Mal in der Dorfkneipe in San Pancratio, die wir vorgestern entdeckt haben. Wie vor zwei Tagen ist sie voll besetzt; viele Gäste kommen erst nach 22 Uhr. Auf den Tischen stehen riesige Hackbretter, üppig mit Salami- und Schinken-Aufschnitt, verschiedenen Käsesorten, Oliven und getrockneten Tomaten beladen. Nennt sich Tagliere, finde ich heraus und man isst zu mehreren daran. Für uns gibt es wieder den tollen Carpaccio, dazu Wein, später Eis und dabei so wenig Wind, dass wir uns lange ungestört unterhalten können. Über die Mafia und ob sie hier wohl auch zu Gange ist. Über die toskanische Vegetation, Ölbäume, Pinien und Zypressen. Lange habe ich Pinien und Zypressen miteinander verwechselt. Ich dachte immer, ein Baum, in dessen Namen zwei Iiis stecken, könne nicht anders als lang und spitz sein.
      Auf der Heimfahrt keine Zikaden - haben bei der Kälte heute dienstfrei.
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    • Giorno 24

      Über den Apennin

      27 ottobre 2021, Italia ⋅ ☀️ 15 °C

      In meiner Begeisterung über die Bezwingung des Brennerpasses habe ich völlig vergessen, dass ja noch ein zweites Gebirge den Weg nach Rom versperrt: Der Apennin. Der ist zwar nominal viel niedriger als die Alpen, aber dafür ist auch meine Ausgangshöhe viel geringer.
      So zerfällt der heutige Tag in zwei fundamental unterschiedliche Teile. Zunächst folge ich 68 km weit einem Flusstal und arbeite mich dabei 840 m in die Höhe (nicht gerechnet das auf und ab zwischendurch). Schon bald spüre ich meine weichen Knie. Ich brauche mehr Energie! Ich berechne überschlägig, dass ich heute rund 10.000 Kalorien brauchen werde zur Umsetzung von Futter in potentielle Energie. Also den nächsten Supermarkt angesteuert und Energie getankt in Form von Kuchen, Salami, Milch, Joghurt und Schokolade. Das muss dem Körper zwischendurch bei den zahllosen Pausen immer wieder zugeführt werden.
      Der Weg steigt an, die Straße wird immer kleiner und führt am Ende durch einen schönen Herbstwald, der sehr nach Deutschland aussieht. Zwischendurch immer wieder sehr strapaziöse, lange und steile Steigungen. Manchmal hilft wieder nur schieben.
      Nachmittags ist irgendwann endlich der höchste Punkt erreicht, und der Weg stürzt sich in die Tiefe. In diesem zweiten Teil der heutigen Etappe fällt die Straße in unzähligen Serpentinen auf 10 km um 800 m ab. Die Bremsscheiben glühen.
      Der lange Tag findet noch ein gutes Ende, denn in diesem schönen Gutshaus habe ich ein Zimmer für mich reserviert.
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    • Giorno 9

      Beginn einer wunderbaren Freundschaft

      2 settembre 2021, Italia ⋅ ⛅ 28 °C

      Tag 6 ff unserer Suche nach dem Sommer. In der Maremma ist Strand angesagt, und wir finden Strand. Zuvor finden wir einen Weg dorthin, der es in sich hat. Motto: Zurück zur Natur! Oberhalb der Küste und an dieser entlang schlängelt er sich als Waldweg Richtung Punta Ala. Schön: Der Duft nach warmem Holz und Harz der Pinien. Wunderbar: Die überwältigenden Ausblicke auf blaugrünes Meer und grünes Land, die Bergrücken von Elba, die Landzunge samt Kap von Punta Ala, ja, und auch auf die Wohnsilos von Follonica in ihrer ganzen hässlichen Pracht. Das Allerbeste: Dieser Zurück-zur-Natur-Weg ist für Autos gesperrt. Mitnichten für Schlangen - ein opulentes Exemplar, sicher einen Meter lang, dick wie mein Handgelenk, kreuzt unseren Weg. Gelobt seien unsere Klapp-E-Bikes, die uns zu einer kleinen, nur wenig frequentierten Bucht bringen, auf deren steinigem Strand wir unsere Decke und Handtücher ausbreiten und den Sonnenschirm zwischen große Wackersteine klemmen. Vor uns das Meer mit seiner silbernen Haut und seinem mächtigen Atem. Mal wieder aufwärts Richtung Himmel schwimmen. Das Wasser und sogar der Wind ist warm. Und warm ist auch das Buch, das ich lese. Keine Romanfahnen mehr, obwohl die auch warm waren. Ab sofort ist es Urlaub. Die Zeit wird immer langsamer. Ein großer Schmetterling segelt zwischen mir und meinem Buch durch, das tut er mehrmals. Möwen kreisen auf dem Blau über uns, ein Tiefflieger stört. Irgendwo hier in der Nähe muss ein Militärstützpunkt sein, ich erinnere mich: Bei einem Familienurlaub 1999 - Julian war vier - hörten wir auf dem Campingplatz bei Marina di Maremma jeden Abend pünktlich um 20 Uhr die Militärmaschinen starten und ebenso pünktlich eine Stunde später, nachdem sie ihre Bombenfracht über dem Kosovo abgeworfen hatten, wieder landen. Für Momente übertönte der unheilvolle Gesang der Flugzeuge den Zikadenchor in den Pinien und erinnerte daran, dass Krieg war, etwas ganz Unglaubliches unglaublich nah. Krieg, ein Wort, bis dahin sorglos im Archiv der Geschichte gelagert, reif für die Urne, prallte mit der Wirklichkeit zusammen. Mit der Sommerhitze 1999, dem Abend, dem Urlaub.
      Unser Küstenpfad ist auf dem Rückweg im Abendsonnenlicht noch schöner als am Vormittag. Sogar das schreckliche Follonica, der Lenz ist da, in das wir am Abend wieder zum Essen fahren, ist zu ertragen und gar nicht mehr so schrecklich. Wir essen in einer Pizzeria unter Schirmpinien. Das Restaurant ist voll, aber nicht von Touristen, jedenfalls keinen Deutschen (außer uns). NUR Italiener speisen hier und scheinen sich alle zu kennen. Auch die Speisekarte ist NUR Italienisch, ebenso wie vielleicht der Brauch, dass auf allen Tischen, nachdem in einem extra Raum bezahlt worden ist, eine Flasche Limoncino landet, aus der man sich ausschenken darf, unentgeltlich, versteht sich. Das finden wir sympathisch. Überhaupt finden wir vieles in Follonica ab diesem Abend zusehends sympathischer. Verhungern kann man hier nicht. In unserer Pizzeria nehmen auch nach 23 Uhr noch Nachtschwärmer an neu aufgedeckten Tischen Platz. In einem kleinen Vergnügungspark skaten kleine Mädchen auf einer Inline-Fläche; Jugendliche spielen Billard und Tischfußball. Das Nachtleben scheint endlos. Eine kleine Theaterbühne, die wir abends darauf beim Essen in einem Wohngebiet entdecken, lädt erst um 22 Uhr zur Kasperle-Vorstellung. Und dann gibt es noch den Trenino di Levante, ein Spielzeugbähnchen, das bis nach Mitternacht seine Runden durch die Stadt dreht. Auch Erwachsene dürfen sich reinquetschen, der Parkplatzsuche ledig im Zentrum aussteigen, dort ein Eis essen, und sich anschließend wieder retour kutschieren lassen.
      Follonica, der Lenz ist da, beginnt uns allmählich zu gefallen.
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    • Giorno 9

      Toskana Tag 5, 29.08.2021

      2 settembre 2021, Italia ⋅ 🌙 19 °C

      Sonntag. Sonntagswetter. Das Tief hat sich verzogen. Trotzdem sitzen oder liegen alle interesselos um den blauen Pool rum wie um einen Tisch, auf dem Essen steht, aber nichts Verlockendes. Baden tut keiner, auf Tischen badet man nicht. Mir gegenüber liegt ein älteres Paar, ein Mann mit blauer Schildkappe und einem Buch und eine Frau ohne Buch aber mit unwahrscheinlich dickem weißem Bauch zwischen den Bikiniteilen. Ich bin um 7 aufgestanden und habe auf Nebel gehofft, der aus den Toskanatälern emporkriecht. Statt aufsteigendem Nebel gab es aufsteigende Heißluftballons zum Fotografieren und später Bäckerdüfte, die einem Lust machten, in den Tag reinzubeißen wie in ein knuspriges Brötchen. Ich korrigiere 100 Seiten Romanfahnen, später lese ich. In Deutschland regnet es Schnüre.
      Nachmittag: Der Himmel, morgens eine blanke blau grundierte Leinwand, ist jetzt mit dicker weißer und grauer Farbe bekleckst - ob der Maler das so wollte und wusste, was er tat? Ich lese jetzt Erich Kästner, im Wasser war ich immer noch nicht.
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    • Giorno 8

      Toskana Tag 2, 26.08.2021

      1 settembre 2021, Italia ⋅ 🌙 19 °C

      Am nächsten Morgen sitzen wir zum Frühstück vor toskanischer Kulisse an einer alten Nähmaschine und R meint, wenn wir jetzt nicht auch noch nähen müssen, ist es ja gut.
      Anders als man sollte und anders als die anderen verbringe ich den Tag nicht liegend auf der Liege sondern sitzend am Pool, sitzend auf einem der unbequemen verschnörkelten Metallstühle mit und ohne Polster, sitzend und schreibend, sitzend und lesend. Ich muss Romanfahnen korrigieren.
      Kleine Wanderung nach Fornacette. Nur abwärts. Wieder dieser sich ereifernde Wind. Alle Autofahrer, die auf der Straße entgegen kommen, sind Autofahrerinnen, fahren schnell und haben Handys am Ohr. Sie reden, aber nicht mit dem Wind. In einem winzigen Kramladen frage ich nach Spaghetti und Sugo di Pomodoro und kriege beides, dazu geriebenen Pecorino und Kekse mit Aprikosenmarmelade.
      Abends finden wir zum Essen eine Dorfkneipe in San Pancratio, auf deren Terrasse es sehr voll, sehr laut und sehr gemütlich ist. Ein Hauptgewinn - samt dem gewählten Carpaccio, den man an der Theke bestellen muss.
      Den Zikadenchor gibt's anschließend zum Eis gratis obendrauf. 24 Stunden Sommer.
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    Potresti conoscere questo luogo anche con i seguenti nomi:

    Prato, براتو, Pratu, پراتو, פראטו, プラート, პრატო, Прато, 프라토, Pratum, Pratas, پراٹو, 普拉托

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