Ghana 2023

February - March 2023
Um dem Rostocker Ekel-Januar, dem Unialltag und meiner Doktorarbeit zu entfliehen, reise ich für sechs Wochen nach Ghana, davon verbringe ich vier bei der Organisation You4Ghana mit einer Famulatur und zwei auf eigene Faust mit Urlaub. Read more
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  • Day 1

    Schlaflos vor dem Abenteuer

    February 12, 2023 in Germany ⋅ ☁️ 6 °C

    Die Gedanken kreisen. Hab ich alles eingepackt? Hätte ich das Taxi für morgen doch noch eine halbe Stunde früher bestellen sollen? Hab ich alles eingepackt? Werde ich in Accra meine Kontaktperson finden? Hab ich alles eingepackt? Hätte ich den Laptop doch in Itzehoe lassen sollen? Und habe ich eigentlich verdammt nochmal auch wirklich alles eingepackt?!?!?!?

    Naja, wenn ich schon nicht schlafen kann, schreibe ich halt den ersten Blogeintrag!

    Vor einem Monat hatte ich noch ganz andere Dinge im Kopf. Das Jahr hatte mit Klausurenstress, Doktorarbeit Sorgen, Fernbeziehung und blödem Nebenjob echt beschissen angefangen und der Rostocker Januar spiegelte meine Gefühlswelt hervorragend wider.
    Es war Nachmittag und ich klagte ungewaschen im Bademantel in Lottas Türrahmen stehend mein unermessliches Leid (nicht zum ersten Mal). Mein Blick fiel auf ihre Fotowand und ich erinnerte mich an ihre ganzen begeisterten Erzählungen von ihrem halben Jahr in Ghana. Ich wusste, dass man über dieselbe Organisation auch famulieren konnte.
    Wie spontan das möglich wäre? Na, eigentlich bräuchte ich nur ein Visum.

    Den Rest des Tages verbrachte ich damit, wie ein Besessener Visa-Fristen, Einreiseformalitäten und Flugpreise zu recherchieren und in Gedanken auf Giraffen in den Sonnenuntergang zu reiten (Spoiler: in Ghana gibt es keine Giraffen). Und dann stand der Plan, ich würde versuchen Mitte Februar nach Afrika zu fliegen!

    Die Zeit war knapp, aber mit einigen Bettelanrufen konnte ich den Rostocker Ämtern Termine für einen neuen Reisepass und eine Gelbfieberimpfung abringen, um das Visum beantragen zu können. Als das Einschreiben mit diesem dann eine Woche vor Abflug auf meinem Schreibtisch lag, viel mir ein gewaltiger Stein vom Herzen!

    Da ich die letzte Woche noch einige Klausuren schreiben musste, gab es Gestern und Heute doch noch einiges zu tun. Letztlich hatte ich aber mit tatkräftiger Unterstützung meiner Eltern alles erledigt und wir konnten noch rechtzeitig das Gepäck aufgeben, damit ich Morgen nicht ganz so früh zum Flughafen muss.
    Die Nacht verbringe ich bei Jan und Nina in Hamburg, die beiden haben leckere Burger gemacht und so hatte ich ein schönes Abschiedsessen mit ihnen und meinen Eltern. Von hier ist es nur noch ein Katzensprung zum Terminal.

    Morgen geht das Abenteuer endlich so richtig los - um diese Zeit werde ich dann mitten in Ghana liegen, in fucking Afrika! Bei dem Gedanken könnte ich vor Freude schreien!
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  • Day 2

    Flying through the air 🌍

    February 13, 2023 in Ghana ⋅ ⛅ 30 °C

    (Zu diesem Footprint bitte "Flying through the air" von Oliver Onions hören)

    Um 05:15 klingelte der Wecker. Hätte er sich auch sparen können, ich lag sowieso an die Decke starrend im Bett. Wäre im Unialltag auch mal eine nette Abwechslung…

    Das Taxi hatte ich schon am Vorabend bestellt und so kam ich überpünktlich am Hamburger Flughafen an. ‚Vorgang abgebrochen‘ – eigentlich wollte ich das Taxi mit meiner Kreditkarte bezahlen um nicht mit Kleingeld nach Ghana zu fliegen, aber die Karte hatte etwas anderes vor. Ich fing mir an Sorgen zu machen, denn so ganz ohne Kreditkarte nach Afrika zu reisen klang nicht gerade genial.
    Egal, erstmal durch die Sicherheitskontrolle und zum Gate, lag bestimmt am Taxi. Auf dem Weg hielt ich an einem ATM, um die Karte erneut zu testen und siehe da – Ne, fuck, ging auch nicht. Es war noch zu früh für die ApoBank-Hotline, also blieb mir nix anderes übrig, als in den Flieger nach Brüssel zu steigen und das Problem dort zu lösen.

    Ich hatte Glück und einen Fensterplatz erwischt, aber da die Wolkendecke geschlossen war und ich auf der rechten Seite saß, also von der aufgehenden Sonne wenig mitbekam, holte ich einfach meinen Schlaf nach.

    In Brüssel hatte ich dann fast drei Stunden Wartezeit auf den Flug nach Accra. Die Hotline war mittlerweile erreichbar und das Problem ließ sich schnell klären: Das Kartenlimit war einfach erreicht, genau genommen waren nur noch 2,43€ verfügbar. Das wollte ich natürlich zur Sicherheit überprüfen und verbrachte die nächste halbe Stunde damit, etwas zu finden, was ich mir für diesen Betrag kaufen könnte, an einem Flughafen beinahe eine Unmöglichkeit. Letztlich habe ich dann eine Rolle Minzbonbons gefunden, die nur einen Euro kostete und konnte sie zu meiner Beruhigung tatsächlich mit der Karte bezahlen. Sie schmecken zwar nicht, aber gehören wohl trotzdem zu den besten Bonbons, die ich mir je gekauft habe!

    Den Rest der Zeit lief ich ziellos umher und genoss den Ausblick auf das Flugfeld. Langsam füllte sich der Boardingbereich und dieses Mal war nicht zu leugnen, dass es nach Afrika ging, die wenigen hellhäutigen Personen konnte ich an einer Hand abzählen. Im Flugzeug selbst dann eine schöne Überraschung, wieder ein Fensterplatz! Aber den habe ich getauscht, damit zwei Französinnen nebeneinander sitzen konnten, im Nachhinein eine sehr gute Entscheidung. So saß ich nämlich zum einen am Gang und konnte meine Beine so gekonnt ausstrecken, dass mindestens ein halbes Dutzend Leute darüber gestolpert sind, zum anderen saß ich neben Eugène.

    Eugène war Togolese (der Flug landete in Accra nur zwischen und flog dann noch das letzte Stück nach Lomé, der Hauptstadt Togos, dem östlichen Nachbarland Ghanas), der nach seinem Medizinstudium in Togo nach Kanada gezogen ist und dort als Epidemiologe arbeitete. Im Gegensatz zu Ostghana wurde Togo nach der Zerschlagung der deutschen Kolonien nicht an England, sondern an Frankreich übergeben. Entsprechend unterschiedlich haben sich die beiden Länder entwickelt und vor allem ist die Amtssprache in Togo Französisch. Für Eugène und mich bedeutete das, dass wir uns in einem Kauderwelsch aus Französisch und Englisch über Deutschland, Kanada, Ghana und Togo unterhielten. Dabei grasten wir alle Themengebiete ab, die uns in den Sinn kamen: Gesundheitssysteme, Migrationspolitik, Geschichte, Kultur, unsere persönlichen Geschichten. Es war super interessant, weil er meinem frischen Wissen aus dem Reiseführer Leben einhauchen konnte, und es stimmte mich hervorragend auf meine Ankunft ein.
    Zwischendurch wurden wir immer wieder durch die freundlichen Flugbegleiter unterbrochen, das Essen schmeckte erstaunlich gut und es gab so viel Tee wie ich wollte. Die Zeit verging wie im Flug und nach acht Stunden setzten wir zur Landung in Accra an.

    Beim Betreten der Gangway schlugen mir unfassbar schwüle 32 Grad entgegen, schon nach ein paar Schritten lief mir das Wasser von der Stirn, aber der Flughafen selbst war zum Glück klimatisiert, eine kurze Galgenfrist. Die Grenzkontrolle war kein Problem, mein Gepäck sofort gefunden und die Zollkontrolle winkte mich einfach durch. Und dann war es so weit, ich verließ den Flughafen und setzte meinen Fuß auf ghanaischen Boden! Ein kleiner Schritt für mich und ein völlig irrelevanter für die Menschheit.
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  • Day 2

    Endlich angekommen

    February 13, 2023 in Ghana ⋅ 🌩️ 25 °C

    Man könnte meinen, mit meiner Ankunft in Accra wäre der größte Teil der Reise geschafft gewesen. Weit gefehlt! Zunächst musste ich vor dem Flughafen versuchen, in dem Gedränge aus Taxifahrern, die mich alle mitnehmen wollten, das You4Ghana-Schild auszumachen. Ich sollte von zwei anderen Freiwilligen, die das Wochenende in der Nähe von Accra mit Surfen verbracht hatten, eingesammelt werden, um dann mit ihnen und Portia, der Ehefrau von Torben, dem Chef der Organisation, nach Obomeng zu fahren.
    Henning und Bent standen winkend am Rand der Menge und ich wurde von ihnen herzlich empfangen. Die beiden erklärten mir, dass es völlig unklar sei, wann wir losfahren und erst recht, wann wir ankommen würden. In Ghana müsse man sich halt treiben lassen.

    Nach einer halben Stunde kam William, unser Taxifahrer, und wir fuhren zu einer Tankstelle in der Nähe, wo wir uns mit Portia treffen sollten. Diese lies sich aber ordentlich Zeit und nach einer weiteren Stunde, unser Fahrer war mittlerweile wer-weiß-wohin verschwunden, konnte ich meinem Hunger nicht mehr standhalten. Ich weiß, es ist einfach traurig, aber es gab keine andere Möglichkeit: Mein erstes Essen in Ghana waren Pommes bei Burger King.

    Dann tauchte Portia irgendwann auf, aber weil der Fahrer ja gerade nicht da war, kauften wir uns erst mal zwei Flaschen ghanaisches Bier und setzten uns auf den Kofferraum des Taxis. Die kalten Flaschen waren in der schwülen Hitze eine Wohltat und da ich auch kein Wasser mehr hatte, war die Flüssigkeit auch wichtig. Dann tauchte Wilson, der Fahrer, endlich auf, aber Portia hatte sich jetzt mit einem Bekannten verabredet, der ihr noch etwas vorbeibringen wollte. Also mussten wir weiterhin warten und konnten letztlich erst 20:00 Uhr in das Verkehrschaos starten.

    Die Fahrt war ein Abenteuer für sich. Theoretisch entspricht die ghanaische Straßenverkehrsordnung ziemlich genau der deutschen, praktisch wird allerding ALLES mit der Hupe geregelt und ansonsten ist alles erlaubt, was irgendwie passt. Ein Glück ist das Verkehrschaos in Accra so gewaltig, dass die Geschwindigkeiten selten über das Schritttempo gestiegen sind. Dies machten sich auch die unzähligen Verkäufer zu Nutzen, die zwischen den Autos alles anboten, was ein Mensch irgendwie auf dem Kopf balancieren kann. Egal ob Wasser, Snacks, Handtücher, Klopapier, Waschmittel, Brot, für jedes Produkt gab es den richtigen Verkäufer.
    Accra als Stadt scheint kein richtiges Zentrum zu haben, es herrscht absoluter Wildwuchs. Ein Zitat aus meinem Reiseführer kam mir auf der Fahrt in den Kopf: „Der Besucher Accras wird sich nie sicher sein, ob er sich jetzt schon in einem Slum befindet, oder ob es sich um ein ganz normales Viertel handelt.“ Lediglich die wenigen Apartment Blöcke, die zwischendurch hochragten, waren eindeutig der neueren ghanaischen Wohlstandsschicht zuzuordnen. Entlang der Hauptstraße, mal einige Meter besser ausgebaut als deutsche Autobahnen, dann wieder lediglich eine Sandpiste, reihten sich die halb fertigen Bauruinen aneinander und vor diesen Bauten herrschte reges Treiben an Garküchen und Verkaufsständen.

    Auf der Straße selbst fuhr alles, was einen Motor und genug Räder hatte, um noch irgendwie als Fahrzeug durchzugehen. Besonders die Trotros, eine Art Sammeltaxi in VW-Bus-Größe, vielen mit ihrem oft desaströsen Zustand auf. Da unser Taxi leider keine Klimaanlage hatte (ansonsten war es im Vergleich in hervorragendem Zustand, sogar mein Anschnallgurt funktionierte), mussten wir die Fenster offenlassen und bekamen die volle Ladung an Abgasen und Staub ab, die die Straße zu bieten hatte.

    Ab und zu fuhr unser Taxifahrer einfach rechts an die Häuser heran und stieg aus, um irgendwen zu grüßen. Mir ist es ein absolutes Rätsel, wie er es zustande gebracht hat, jemanden in diesem Chaos zu entdecken. Einen der Stopps nutzten wir, um etwas zu Essen und zu Trinken zu besorgen, wir waren schon eine gute Stunde unterwegs. Da ich noch keine Cedis (die ghanaische Währung) hatte, gab mir Portia an einem der Stände eine Portion gebratene Nudeln mit Ei und Fisch aus, scheinbar ein typisches Gericht am Wegesrand. Henning kaufte sich zwei Fleischspieße, die noch warm in gemahlenem Pfeffer gewälzt wurden und entsprechend scharf waren. Ehrlich gesagt hätte ich von mir aus NIEMALS dort etwas zu essen gekauft, aber Portia versicherte mir, dass ich mir keine Sorgen machen müsse und so ließ ich es mir schmecken. Es war super lecker!
    Die Fahrt ging weiter und allmählich überkam mich die Müdigkeit. Die Fahrt außerhalb Accras habe ich zu meiner Schande kaum mitbekommen, aber irgendwann hielt das Taxi vor einem Tor und wir waren angekommen. In der Dunkelheit konnte ich von der Umgebung kaum etwas ausmachen, es war mittlerweile kurz vor Zwölf.

    Im Innenhof erwarteten uns die drei Hunde, aber wir hielten uns nicht lange auf und betraten das flache Wohnhaus. Portia zeigte mir nur noch schnell mein Zimmer und die Toiletten, alles weitere verschoben wir auf den nächsten Tag.

    Todmüde spannte ich noch mehr schlecht als recht mein Moskitonetz auf und legte mich ohne Decke auf meine Matratze. Die Luft war schneidend schwül und warm, nichtsdestotrotz schlief ich schnell ein – ich war endlich am Ziel meiner Reise angelangt!
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  • Day 3

    Akwaaba! - Willkommen!

    February 14, 2023 in Ghana ⋅ 🌩️ 25 °C

    Akwaaba! So heißt „Willkommen!“ auf Twi, der gerade in Südghana am weitesten verbreiteten Sprache.

    Ich bin gegen 07:30 aufgewacht und traf im Essensraum direkt auf die vier anderen Famulantinnen, die gerade hier vor Ort sind: Isa und Amelie aus Deutschland und Alicia und Maria aus Spanien. Außerdem war Uwe (gesprochen Uwi) in der Küche am Rührei machen. Uwe arbeitet für Torben und Portia und ist der Mann für alles.

    Die vier erzählten mir ein wenig von den Kliniken, aber da ich in einer anderen eingeteilt war, konnten sie mir keine Details zu den Stationen und der Arbeit geben. Jedenfalls schien auch die Famulatur in Ghana ein sehr lockeres, entspanntes Konstrukt zu sein.

    Als nächstes lernte ich Mila kennen, die vierjährige Tochter von Torben und Portia, super süß! Torben begrüßte mich sehr herzlich und gab mir eine ghanaische SIM-Karte und meine ersten Cedis. Er würde mich später noch in Obomeng herumführen und mir den Markt in Mpraeso zeigen.

    Vorher wollte ich jedoch mein Zimmer und besonders mein Moskitonetz besser herrichten, als ich es am Abend zuvor schlaftrunken versucht hatte. Ich hatte ein Zimmer für mich allein bekommen, mit drei einzelnen Betten, einem Regal und einer Glühbirne. Sehr spartanisch, wie das ganze Haus, aber sauber und ruhig. Mit vier Nägeln stand das Moskitonetz ratz-fatz optimal, im Bett liegend wirkt es jetzt beinahe wie der Baldachin eines Himmelbetts.

    Dann ging es mit Torben los ins Dorf. Obomeng liegt auf einem Hügelrücken und besteht aus vielen einzelnen Häusern mit einer Menge Grün und Sandpisten dazwischen, umrahmt von weiteren bewaldeten Hängen. Hier vor Ort gibt es zwar ein paar kleine Lädchen und Stände für das nötigste, aber letztlich muss man für Einkäufe mindestens nach Mpraeso fahren, ungefähr fünf Minuten mit einem der unzähligen Taxis.

    Die Taxis sind hier das Hauptverkehrsmittel. Wenn man irgendwo hin möchte, beginnt man einfach in die entsprechende Richtung entlang der Straße zu laufen. Von hinten kommende Taxis hupen und wenn man darauf reagiert, werden sie so langsam, dass man dem Fahrer sein Ziel zurufen kann. Wenn das Ziel zu dem der anderen Mitfahrenden passt oder auf der Strecke liegt, steigt man einfach dazu, drei Kilometer kosten circa 5 Cedi (40ct), die Preise sind spottbillig. Für überregionale Fahrten nimmt man entweder ein Trotro (die Sammelbusse) oder mietet einfach als Gruppe ein ganzes Taxi.

    Der Markt in Mpraeso ist verwinkelt und besteht letztlich nur aus einem Dutzend verschiedener Shoparten, die sich immer wieder abwechseln. Torben wusste ziemlich genau was er wo kaufen wollte, entsprechend war nicht so viel Zeit zum Bummeln, aber das hole ich sicher noch nach.

    Am beeindruckendsten war das Schlachthaus bzw. die Metzgerei, auch wenn dieser Begriff hier nichts mit dem zu tun hat, was wir uns in Deutschland darunter vorstellen. Das Fleisch liegt einfach ungekühlt auf Fliesentischen und wird zerkleinert, es riecht sehr streng und wenn man nur lange genug sucht, findet man wirklich ALLES, was ein Tierkörper zu bieten hat. Tatsächlich kommt auch das Fleisch für unsere Mahlzeiten von dort, aber ich vertraue einfach darauf, dass Portia und Uwe wissen, wie sie es richtig zubereiten müssen. Da die anderen Volunteers auch nicht mit einer Lebensmittelvergiftung in der Ecke liege, wird es schon gehen. Und lecker ist das Essen auf jeden Fall!

    Leider ist es schwierig vom alltäglichen Leben hier Fotos zu machen, weil die Ghanaer dem oft skeptisch gegenüberstehen. Wenn man vorher fragt, haben sie dann meistens aber doch nichts dagegen, nur Schnappschüsse sind unangebracht. Deshalb werde ich wohl aktiv Nachmittags losziehen und mit genug Zeit versuchen müssen, einige Aspekte einzufangen, statt einfach immer alles abzulichten.

    Nachdem Torben alles gekauft hatte, was Portia ihm aufgetragen hatte, ging es wieder zurück zu unserem Haus. Mittlerweile waren es schwüle 36 °C und ich war ziemlich müde, also hing ich nur auf den Sofas herum, bis die Mädels von der Famulatur kamen und es Mittagessen gab.

    Den Nachmittag über lernte ich die anderen Volunteers langsam kennen, die Namen saßen immer sicherer und ich hatte das Gefühl, endlich richtig angekommen zu sein.

    Vor dem Abendessen, es war inzwischen dunkel und etwas kühler, überredeten Isa und Amelie mich noch zu einem Workout auf dem Hof. Die Bewegung tat gut, aber der Schweiß floss wirklich in Strömen an mir herunter, sodass ich direkt im Anschluss das erste Mal „duschen“ gehen musste. Die Dusche ist hier eine Badewanne ohne Wasseranschluss (es gibt im gesamten Haus kein fließendes Wasser) und ein Eimer mit einer großen Kelle. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber sauber wurde ich trotzdem.

    Zum Abschluss des Abends spielten wir noch etwas Karten und gingen dann recht früh ins Bett, die Hitze hatte zumindest bei mir wirklich ihren Tribut gefordert!
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  • Day 4

    Erster Tag im Krankenhaus

    February 15, 2023 in Ghana ⋅ ⛅ 34 °C

    Das ghanaische Gesundheitssystem. Ich habe wirklich wenig erwartet und habe auch wirklich wenig bekommen, also eigentlich alles gut. Mein Krankenhaus liegt in Atibie, zwei Dörfer von Obomeng entfernt, bzw. 10 Minuten/5 Cedi mit dem Taxi.

    Heute sollte ich Torbens Kontaktperson treffen, Dr. Jonas Ahiabor, nach eigener Aussage familiy doctor und Leitung der Ambulanz. Letztlich ist er Hausarzt, eine richtige Versorgung über Praxen, wie wir sie in Deutschland kennen, gibt es nämlich in Ghana nicht.

    Torben, Uwe und Mila begleiteten mich in das Krankenhaus und für ghanaische Verhältnisse waren wir sogar ziemlich pünktlich, nur eine halbe Stunde zu spät. Nichtsdestotrotz war Jonas nirgends zu finden und wir erfuhren, dass er noch beim Frühstück und in 15 Minuten hier sei. Eine Stunde später tauchte er dann auf, ein sehr freundlicher, gut verständliches Englisch sprechender Ghanaer. Die Formalitäten wie die Lehrgebühr und die Immatrikulationsbescheinigung wollte er irgendwann später klären (Spoiler: Hab wir nicht geklärt, war ihm egal) und nahm mich direkt mit auf die „Notaufnahme“.

    Zunächst muss gesagt werden, dass es in Ghana nicht am Fachpersonal mangelt. Von Krankenschwester bis zum Arzt bildeten Ghana seine Bevölkerung selbst aus, es gilt Schulpflicht, es gibt mehrere Universitäten und letztlich arbeiten sogar viele Ghanaer in den umliegenden Ländern. Der Pflegeschlüssel in Ghana ist offensichtlich deutlich besser als in Deutschland.
    Entsprechend viel war um den Patienten mit hämorrhagischem (für die Nicht-Mediziner: einblutend, also kontinuierlich schlimmer werdend) Schlaganfall los, als wir den Raum betraten. Er hatte keine Spontanatmung mehr, das Krankenhaus allerdings auch keine künstliche Beatmung, ergo musste die Beutelbeatmung reichen. Normalerweise würde jetzt ein CT (Bildgebung) gemacht werden, um anschließend eventuell zu operieren, aber das nächste CT wäre im Universitätsklinikum in Kumasi gewesen. Für die Fahrt über die schlechten Straßen in quasi nicht ausgestatteten Transportfahrzeugen war der Patient viel zu instabil. Fazit der Geschichte: Der Patient wurde manuell zu Tode beatmet und ich erlebte den ersten emotionalen Zusammenbruch einer afrikanischen Ehefrau.

    Als nächstes ging es auf die allgemeine Station, die Jonas betreute. Er erklärte mir alles und ich konnte wirklich etwas lernen. Die fehlenden technischen Möglichkeiten zwingen die Mediziner hier noch mehr dazu, wirklich gründlich zu untersuchen und die Zusammenhänge immer vor Augen zu haben, um dann auch ohne Bildgebung oder Laborwerte zu einer Diagnose zu kommen. Nur helfen können sie am Ende häufig nicht, auch weil die ghanaische Krankenversicherung nur das absolute (ghanaische) Minimum abdeckt und Patienten sich die Therapien meistens einfach nicht leisten können.

    Ab dem späten Vormittag hatte Jonas dann Sprechstunde in seinem zum Glück klimatisierten Arztzimmer in der Ambulanz und zusammen mit Gloria, einer sehr netten Krankenschwester, fingen wir an die Menge an Menschen abzuarbeiten, die draußen in der Hitze wartete. Auch hier durfte ich viel untersuchen, Jonas und Gloria hatten viel Humor und die Fälle waren vielfältig, sodass die Zeit wie im Flug verging.
    Ein besonderes Highlight und tolles Beispiel für die Qualität der Versorgung, war ein Sonografie-Befund einer 68-jährigen Frau, der eine absolute normale und gesunde Gebärmutter bescheinigt wurde - dabei hatte sie diese vor einigen Jahren entfernen lassen.

    Um 14:00 Uhr war dann schon Feierabend, nicht nur für mich, sondern auch für Jonas (wir hatten gegen 09:00 angefangen zu arbeiten) und wir verabschiedeten uns bis zum nächsten Montag, da ich Donnerstag bis Sonntag mit den anderen Volunteers nach Accra in ein Surfresort fahren wollte. War ihm natürlich völlig egal, zumal nächste Woche noch zwei Freiwillige in das Krankenhaus kommen würden und wir dann unsere Einteilung einfach zusammen machen könnten.

    Ich zog mich im Krankenhaus um, der weiße Kasack, den ich mir von der Uni „geliehen“ hatte, war doch sehr auffällig, und stand vor einer kleinen Challenge: Es galt mit dem Taxi zu fahren und dabei zum richtigen Ort zu kommen und den richtigen Betrag zu zahlen. Ersteres gelang, letzteres nicht, wie ich dann in unserer Unterkunft erfuhr als Torben mich auslachte, weil ich mehr als das doppelte des üblichen Preises bezahlt hatte (einen Euro statt 40ct, selbst wenn du abgezogen wirst, zahlst du in Ghana nix). Aber jetzt kannte ich den Preis, also würde mir das nicht nochmal passieren.

    Die Mädels waren aus ihren Kliniken auch schon zurück und bald gab es Mittagessen, einen scharfen Fischeintopf mit gekochter Yam-Wurzel. Den Nachmittag verbrachten die anderen mit einer Waschaktion, aber da ich noch fast nix dreckiges hatte, ließ ich mir von Uwe die Pflanzen im kleinen Garten neben dem Haus zeigen.

    Gerne würde ich den Garten als tropischen Kleinod unter Palmen beschreiben, aber es handelt sich lediglich um eine sandige Fläche auf der alle paar Tage der Plastikmüll der Bewohner des anderen Hauses verbrannt wird. Trotzdem gibt es einiges Interessantes zu sehen: Einen großen Avokadobaum, dessen Ernte ich wohl knapp verpassen werde, einen Orangenbaum mit den für Ghana typischen grünen, maximal leicht gelblichen Orangen, einer Papaya und zwei Ölpalmen in deren Schatten ein Kakaobaum wächst. In dem Gestrüpp und Müll liefen einiger Hühner samt Küken umher und auf jedem warmen Stein saß eine dicke, bunte Echse.

    Uwe zeigte mir, wie man eine Kakaofrucht öffnet und dass man die Kerne auch so frisch essen kann – das weiße Fruchtfleisch um den Kern ist auch süßlich-lecker, das Innere dagegen ziemlich bitter. Die Früchte der Ölpalmen konnte ich so nicht probieren, aber gegart sind sie hier ein typisches Gemüse.

    Abends ging es dann in eine Bar in Obomeng, da Lisa nach unserem Wochenende in Accra bleiben und den Flug zurück nach Deutschland antreten würde. Für mich kein Problem, denn am Samstag würde eine neue Lisa anreisen, also keine neuen Namen.

    Die Bar war direkt an der Hauptstraße, eine Containerkonstruktion wie fast alle Läden in Ghana. Es lief ordentlich Musik, das ghanaische Bier war schön günstig (0,625l für ca. 50ct) und kühl und wir ließen den Tag tanzend ausklingen.
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  • Day 5

    Big MILLY'S Backyard

    February 16, 2023 in Ghana

    Komm, wir fahren an den Strand!

    In Rostock eine Sache von zwanzig Minuten, in Ghana eine Tagesaktion. Zugegeben, es sind auch 170km statt nur elf, aber alleine die Zeit, die wir brauchten, um ein Trotro zu finden hätte in Deutschland für die Strecke gereicht.

    Unser Ziel war Krokobite, ein Küstenort westlich von Accra. Dort ist das „Big Milly´s Backyard“, ein unter Volunteers und Touristen sehr beliebtes kleines Strandresort. Eigentlich war es mir etwas zu früh, um Obomeng direkt wieder zu verlassen, immerhin war ich erst zwei Tage dort. Aber Henning und Bent waren schon in Krokobite gewesen und die Mädels wollten als geschlossene Gruppe dieses Wochenende gehen, also war es die beste Gelegenheit, die ich kriegen würde.

    Nach dem Frühstück, es gab Porridge mit Wasser, da Milch und Milchprodukte in Ghana praktisch nicht vorhanden sind, packten wir unsere Sachen zusammen und liefen zur Hauptstraße um zunächst in zwei Taxis (wir waren zu siebt) nach Nkawkaw zu fahren. Dort wollten wir uns mit Vilana und Uwe an der Trotro-Station treffen, die ghanaische Version eines Busbahnhofs.

    Fernreisen mit Trotros in Ghana sind eine unplanbare Sache. In ein Trotro passen je nach dem, wie stark gequetscht wird, 12 – 17 Personen. Eine feste Abfahrtszeit gibt es nicht wirklich, der Trotro-Fahrer wartet einfach so lange, bis möglichst viele Plätze belegt sind, die Fahrt soll sich ja auch lohnen. Das genau System, nach dem die Station organisiert ist, habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden, ohne Uwe hätten wir sicherlich größere Probleme bekommen, besonders weil unsere Gruppe so groß war. Zwischen all den Trotros und Autos liefen unzählige Verkäuferinnen herum, die ihre auf den Köpfen getragenen Waren feilboten: Bananenchips in süß oder deftig, Obst, Getränke, Eis, Teigbällchen, Eier, Tigernuts, Smartphonezubehör, alles lachhaft günstig.

    Irgendwann kam dann ein Ghanaer an das Trotro und sammelte unser Geld für die Tickets ein. So richtig hatten wir nicht verstanden, ob das seine Richtigkeit hatte, aber zum Glück machte er sich nicht aus dem Staub sondern schien tatsächlich dort zu arbeiten, zumindest kam er mit kleinen Zettelchen wieder, die unsere Tickets waren.

    Nachdem wir mehrmals um das Gebäude gefahren waren, entweder weil andere Trotros an uns vorbeimussten oder aus völlig unersichtlichen Gründen, war der Wagen voll und es ging endlich los. Die Sonne knallte auf das Auto, aber die Straßen waren ziemlich frei und mit offenem Fenster ließ es sich aushalten. Am Straßenrand wechselten sich einfachste Wellblechverschläge und lichte Wälder immer wieder ab, bis die Wälder irgendwann ausblieben und wir uns im Großraum Accras befanden.

    Accra selbst ist eigentlich nicht so groß, aber da immer mehr Menschen in die Stadt gezogen sind, gibt es mittlerweile keinen Unterschied mehr zwischen Accra und den umliegenden Gemeinden: Es handelt sich um eine Aneinanderreihung mehr oder minder baufälliger, maximal zweigeschossiger Betonhäuser mit vielen Hütten und Verschlägen rundherum. Grün gibt es kaum und eine Zonierung der Stadt im Sinne europäischer Großstädte in Stadtzentren, Wirtschaftsbereiche und Vorstädte gibt es nicht. Die auf Säulen errichtete, gut ausgebaute Schnellstraße bot einen tristen Ausblick auf ein Meer aus Wellblechdächern soweit das Auge in der von Staub und Luftfeuchtigkeit trüben Luft schauen konnte. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass in dieser Metropolregion fast fünf Millionen Menschen größtenteils in ärmsten Verhältnissen leben.

    Das Trotro hielt jetzt immer mal wieder an, um Fahrgäste aussteigen zu lassen, und an der Tuba Junction war es dann auch für uns so weit. Von hier war es noch ein gutes Stück zum Strand, also organisierten wir uns erneut zwei Taxis für die letzten sieben Kilometer. Der Weg führte jetzt wieder über die typischen Sandstraßen und die Bebauung um uns herum wurde zunehmend ärmlicher. Henning und Bent hatten uns schon darauf vorbereitet, dass das Resort regelrecht im Slum liegt und auch die umliegenden Strandbereiche besonders abends nicht für Touristen geeignet seien.

    Und so wurden wir direkt vor dem Tor zu „Big Milly´s“ abgesetzt, dem Ziel unserer Tour. Big Milly´s war für ghanaische Verhältnis sehr westlich und schon luxuriös, für den Europäischen Blick sympathisch und einfach. Es handelte sich um mehrere kleine, bunt verputzte Hütten mit Ziegel- oder Strohdächern, die sich um einen großen Pavillon und einen grünen, sauberen Garten mit bunt blühenden Sträuchern unter großen Palmen gruppierten. Um den sandigen Hauptplatz herum lagen die Bar, ein überdachter Bereich mit Billardtisch, ein Surfladen und Souvenirshops.
    Wir hatten zwei Zimmer gebucht, die in einem zweistöckigen Haus ganz hinten im Garten lagen. Leider waren keine Räume mit Klimaanlage mehr verfügbar gewesen, aber dafür gab es fließend Wasser und ein richtiges Bad mit Dusche.

    Von dem Platz aus ging es durch ein Tor in der Mauer direkt hinaus auf den feinen Sandstrand. Die Idylle unter Palmen wurde leider durch Müll, Baracken und Bauruinen zerstört, trotzdem freuten wir uns auf ein Bad. Die Atlantikwellen brachen kräftig an der flachen Küste und das Wasser selbst war im Gegensatz zum Strand müllfrei, vermutlich, weil die Gezeiten alles, was von der Küste aus im Wasser landete, wieder an Land spülten. Bei 27 °C Wassertemperatur machte es einen Heidenspaß sich in die hohen Wellen zu werfen. Ich war schon sehr lange nicht mehr im Atlantik baden gewesen und hatte ganz vergessen, wie salzig dieser war.

    Ich hielt es nicht all zu lange am Strand aus, weil die Sonne erbarmungslos auf uns herniederbrannte, mittlerweile waren es 35 Grad im Schatten.

    Zum Abendessen setzten wir uns in das Restaurant des Resorts, ein leicht erhöhter Pavillon mit direktem Blick auf die See. Die Mädels, allesamt schon einige Wochen in Ghana, freuten sich darauf, endlich mal wieder einen Cheeseburger zu essen, während ich natürlich viel mehr Lust auf den ghanaischen Teil der Speisekarte hatte. Letztlich entschied ich mich für Banku mit gebratenem Fisch, eine Art Knödel aus Mais- oder Maniokmehl mit saurer Milch, sehr lecker!

    Am Strand hatten wir eine Ghanaerin getroffen, die uns von einem Bandauftritt in einer Bar einige Meter den Strand runter, dem „Dizzy Lizzy´s“, erzählt hatte. Also rafften wir uns, eigentlich müde von der Anfahrt, auf, um noch etwas trinken zu gehen. Die Bar lag auch direkt am Strand und wir saßen, erneut mit direktem Blick auf die Brandung an einem großen Tisch und ließen es uns gut gehen. Die Band spielte African Pop-Lovesongs und machte ordentlich Stimmung in der fast leeren Bar, sodass wir irgendwann anfingen zu tanzen.
    Während einer Pause lernte ich Lizzy kennen, die Besitzerin und Namensgeberin. Lizzy war eine geschätzt 60/70-jährige Engländerin, die vor dreißig Jahren als Freiwillige nach Ghana gekommen war und sich in das Land verliebt hatte und irgendwann dieses Grundstück am Meer erwarb. Sie lud uns direkt ein, nächste Woche wiederzukommen, dann sei die Band, deren Managerin sie auch noch war, nämlich in voller Stärke da und noch viel besser.

    Es fühlte sich zwar schon viel später an, aber letztlich gingen wir gegen 22:00 Uhr zurück und schlafen. Ohne Bettdecke und mit dem Deckenventilator auf höchster Stufe war es beinahe angenehm und ich freute mich auf den nächsten Morgen, an dem ich seit langer Zeit mal wieder Surfen gehen wollte.
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  • Day 7

    Strandurlaub

    February 18, 2023 in Ghana

    Ein Grund in das „Big Milly´s“ zu fahren, ist die Möglichkeit zu Surfen. Zu viel darf man allerdings nicht erwarten: Auf einer Website zur Vorhersage für Surfbedingungen, bekommt der Strand in Krokrobite im Optimalfall zwei von zehn Sternen. Klingt wenig, ist wenig. Da ich noch blutiger Anfänger bin, war mir das aber egal, ich wollte eh nur Weißwasserwellen angehen.

    Direkt am Morgen um 08:00 Uhr hatte ich mich mit Isa bei „Joshua´s Surfschool“ verabredet, einem kleinen Schuppen direkt an unserem Strandzugang. Joshua war ein super netter, ghanaischer Surflehrer, aber wir waren geizig, deshalb mieteten wir lediglich zwei Boards (5€/h) und verzichteten auf eine Einführungsstunde. Von dort mussten wir etwa 15 Minuten den Strand entlanglaufen, um zum Surfspot zu kommen. Die Szenerie verändert sich nicht und so stürzten wir uns mit dem Slum im Rücken in die Wellen, ein komisches Gefühl.

    Die Brandung war ziemlich kräftig, mein Anfängerboard riesig und ich total ungeschickt, entsprechend viel wurde ich einfach nur herumgeworfen. Aber letztlich bekam ich doch zwei, drei Wellen und nach einer guten Stunde hatten wir genug Salzwasser geschluckt und traten den Rückweg an.
    Wieder im Resort angekommen, die Temperatur war mittlerweile deutlich gestiegen, hatten wir Lust auf etwas Frisches. Also zogen Isa und ich uns schnell um und machten einen Spaziergang in der umliegenden Gegend, auf der Suche nach Obst und anderen Leckereien. Letztlich bestand unser Frühstück aus Mango, Papaya, ghanaischen Orangen und Black Berries.

    Black Berries sind keine Heidelbeeren, sondern eine wirre Mischung aus Nuss und Beere. Unter der harten, dünnen Schale, die etwas an Bucheckern erinnert, ist eine pelzige, weiche Frucht mit einem kleinen, harten Kern. Sobald ich mich an die Konsistenz gewöhnt hatte, fand ich sie richtig gut! Die ghanaische Orange ist etwas anders als die klassischen europäischen Varianten. Sie ist grün und wird nicht geschält und gegessen, sondern nur gekappt und dann direkt in den Mund ausgequetscht.

    Den Rest des Tages passierte nicht viel, die Mädels genossen den Strand, aber ich hatte schon genug Sonne abbekommen und fläzte mich im Schatten des Pavillons. Wie ich schon vermutet hatte, handelte es sich um ein Erholungswochenende und da ich noch keine Erholung brauchte, langweilte ich mich etwas.

    Am Abend war „Cultural Night“ mit einem Auftritt einer Trommlergruppe und einer Gruppe Akrobaten. Die Tänzer erzählten mit ihren Bewegungen echt unterhaltsame Geschichte zum Rhythmus der Musiker, unter anderem die einer Gruppe Fischer auf Brautschau.

    Müde vom Nichtstun und zu faul für ausgiebigen Smalltalk mit den anderen Gästen ging ich nach der Vorstellung ziemlich direkt ins Bett, immerhin wollte ich am nächsten Morgen wieder Surfen gehen!
    Der zweite Tag im Big Milly´s lief genau so ab, wie der erste: Surfen, Frühstücken, Faulenzen. Mal lief ich etwas am Strand herum, mal schrieb ich Reisetagebuch und mal ergab sich ein nettes Gespräch mit den anderen Leuten im Hotel, aber etwas Spektakuläres erlebte ich nicht.

    Dafür sollte es am Abend wieder Programm geben: Reggea-Night! Tatsächlich füllte sich das Big Milly´s ab 18:00 langsam mit Abendgästen, größtenteils Ghanaer aus Accra, die hier ihr Wochenende verbringen wollten, bis es am Ende richtig voll wurde. Und dann, so ab 20:00 Uhr, fing die Band an zu spielen. Die Stimmung war super, viele waren auf der Tanzfläche und aus der Ecke mit dem Billiardtisch zogen dicke Schwaden Marihuana herüber. Es war keinen Grad abgekühlt und mein T-Shirt klebte mir am Körper, fast wie zuhause im LT-Club, herrlich.

    Ich hatte am Tag Emmanuel kennengelernt, er war Teil der Akrobatengruppe vom Vorabend. Auf der Tanzfläche traf ich ihn wieder und er machte es sich zur Aufgabe, einem Körperklaus wie mir ghanaische Dancemoves beizubringen. Das Ergebnis war – sehenswert. Jedenfalls hatte ich extrem viel Spaß und verließ die Tanzfläche erst gegen 00:30 Uhr.
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  • Day 8

    Zurück nach Obomeng

    February 19, 2023 in Ghana ⋅ ☀️ 31 °C

    Aufstehen, surfen, duschen, frühstücken mit Blick auf den Golf von Guinea - daran könnte ich mich gewöhnen.

    Ehrlicher Weise war ich aber trotzdem froh, dass heute die Rückfahrt anstand, denn ich hatte das Gefühl, meine Zeit in Ghana hier in Kokrobite zu verschwenden. Das Big Milly's war als Pause vom alltäglichen Leben konzipiert, aber genau das wollte ich ja erst entdecken.

    Also hieß es Sachen packen und die Rechnungen begleichen. Theoretisch einfach, praktisch war das IT-System des Hotel grottig und es dauerte eine halbe Stunde, bis ich endlich bezahlen konnte. Eine Mitarbeiterin erklärte uns noch die einzelnen Stationen, die wir mit Taxis und Trotros ansteuern mussten und dann ging es los.

    Zunächst mit zwei Taxis zur Hauptstraße, dann mit zwei Trotros zur Circle Station. Der Name ist irreführend und stammt von einem riesigen Kreisel, der vorher dort gestanden hatte und das Herzstück des Verkehrsinfarkts der Hauptstadt gewesen war. Deshalb wurde er vor einigen Jahren komplett abgerissen und durch eine aberwitzige Brückenkonstruktion ersetzt, unter der sich jetzt die größte Trotrostation Ghanas mit Verbindungen in alle Richtungen des Landes befindet.

    Mit viel Nachfragen und Herumgerufe suchten wir uns den Weg im Chaos und letztlich trafen wir die andere Hälfte unserer Gruppe tatsächlich an den Trotros Richtung Kumasi wieder.

    Diesmal hatten wir leider keinen Uwe, der uns bei der Auswahl eines Trotros behilflich war. Das Trotro auf der Hinfahrt war zwar schon eine neue Erfahrung gewesen, aber schlimmer geht bekanntlich immer!

    Wir wurden so eng zusammengestopft, dass wir uns kaum bewegen konnten und mit offenen Kofferraumtüren ging es los. Der Motor war offensichtlich in keinem guten Zustand, jeder Hügel musste mühsam erklommen werden und die Sonne heizte den Innenraum brutal auf. Als ob das nicht schon genug wäre, hatte ich am Morgen Verdauungsprobleme und Durchfall bekommen, litt also die gesamte Fahrt unter Darmkrämpfen. Immerhin musste ich in den fast vier Stunden nicht auf Toilette, das wäre nämlich schlicht nicht möglich gewesen.

    Endlich in Nkawkaw angekommen ging es dann noch mit zwei Taxis nach Obomeng und wir erreichten völlig fertig unsere Unterkunft und damit zu meiner großen Erleichterung auch endlich ein Klo. Außer viel Schweiß und Nerven kostete uns die Fahrt fast nix, insgesamt nur ca. 7€ pro Person.

    Wir waren so kaputt, dass wir kaum in der Lage waren, Luna und Tanja zu begrüßen, die am Wochenende angekommen waren. Die beiden waren auch Medizinstudentinnen und im gleichen Krankenhaus wie ich eingeteilt.

    Nach dem Abendbrot gab es noch eine nette Überraschung: Nach viel Verwirrung und mehrmaligem Nachrechnen waren wir uns letztlich sicher, dass das Hotel uns fast 400 Cedi zu wenig berechnet hatte, fast 35€! Das war ein schöner Ausgleich für die unorganisieete Abrechnung...

    Hundemüde gingen wir alle früh ins Bett um die Fahrt zu vergessen und uns von den Strapazen zu erholen.
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  • Day 10

    Krankenhausalltag mit Durchfall

    February 21, 2023 in Ghana ⋅ ☀️ 31 °C

    Jetzt hatte ich ihn zwei Tage lang, meinen ghanaische Alltag:
    Ab 04:00 Uhr kräht der Hahn jede halbe Stunde, um 07:00 Uhr gehorchen ich ihm und stehe auf. Die Mädels, die in Nkowkow im Krankenhaus eingeteilt sind, sitzen dann meist schon im Kasack am Frühstuckstisch, da sie früher los müssen als Tanja, Luna und ich.

    Ein Frühstück, wie wir es kennen, gibt es im ghanaischen Speiseplan nicht, es werden eigentlich die gleichen Gerichte gekocht, wie auch zu Mittag oder zu Abend, und Brot gibt es nur eine Sorte: großes, weiches Kastenweißbrot.
    In unserer Unterkunft ist das anders, hier gibt es Tee und Kaffee und immer abwechselnd Pfannkuchen, Rührei oder Porridge, dazu ein paar Marmeladen, die andere Freiwillige aus Deutschland mitgebracht haben.

    Gegen 08:15 Uhr nehmen wir drei dann ein Taxi nach Atipie und nach etwa zehn Minuten sind wir dann am Krankenhaus. Je nach dem, wie wir uns selbst eingeteilt haben, gehen wir dann in die unterschiedlichen Bereiche und versuchen irgendetwas zu lernen.

    Meinen ersten Eindruck muss ich leider korrigieren, ich habe die Hoffnung hier viel zu lernen mittlerweile aufgegeben. Außer Dr. Ahiabor habe ich noch keinen Arzt getroffen, der überhaupt Interesse gezeigt hat mich in die Visite oder Gedankengänge einzubinden. Konkret zu tun gibt es sowieso nichts, keine große Zahl an Blutentnahme oder Flexülen, die gelegt werden müssten, keine vernünftigen Patientenakten, die man studieren könnte.

    Spannend sind lediglich die Eindrücke, die man hier im Krankenhaus bekommt. Wie die OP-Säle ausgestattet sind, wie unorganisiert die Leichen"halle" ist, wie der Begriff "Sterilität" ordentlich gedehnt wird.

    Der Vorteil daran, nicht nur gefühlt, sondern tatsächlich völlig überflüssig zu sein, ist, dass allen egal ist, ob man überhaupt da ist. Eigentlich könnten wir jederzeit einfach Feierabend machen oder gleich ganze Tage frei nehmen.

    Davon musste ich auch gleich Gebrauch machen, dann leider sind meine Verdauungsprobleme schlimmer geworden. Ich hatte die letzten beiden Nächte wegen vieler Toilettengänge nicht durchschlafen können und spätestens, als ich heute beim Kaiserschnitt als Assistenz den Uterus in der Hand hielt und schon vor Bauchkrämpfen Schweißausbrüche bekam, beschloss ich, früher zu gehen und mir Morgen mal einen Tag Pause zu gönnen.

    Das beste Zeichen dafür, wie zäh Gestern und Heute waren, ist wohl, dass ich einfach gar keine Fotos gemacht habe - deshalb seht ihr einfach einige der letzten Woche!
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  • Day 11

    Ein Tisch für die Schule

    February 22, 2023 in Ghana ⋅ ⛅ 31 °C

    Dank Loperamid konnte ich die Nacht beinahe durchschlafen, trotzdem war es schön, am Morgen einfach liegen bleiben zu können.

    Theoretisch wollte ich mich den Tag über schonen und hoffentlich auskurieren, aber am Abend hatte Uwe mir erzählt, dass er in der Schule in Obomeng einen großen Tisch für die „Mensa“ bauen würde und ich konnte einfach nicht widerstehen, etwas Praktisches zu tun und ihm zu helfen. Das ganze Gebäude war ein Projekt von You4Ghana, es sollte den Schülern eine Sitzmöglichkeit zum Essen und den Verkäuferinnen einen Platz zum Kochen bieten.

    Eigentlich handelt es sich nicht um ein geschlossenes Gebäude, sondern um einen großen Unterstand mit hüfthohen Mauern auf einem richtigen Fundament. Die Bänke und Tische für die Schüler hatte Uwe bereits vor einiger Zeit fertiggestellt, aber dann war das Holz ausgegangen, weshalb die Türen und der Verkaufstresen noch fehlten. Letzterer sollte unser Tagesprojekt werden.

    Gegen 10:00 Uhr zogen wir mit Hammer, Nägeln und einer alten Handsäge los, elektrischen Werkzeug gab es nicht. Das Holz war am Vortag geliefert worden, wir mussten es allerdings erst noch quer über das Schulgelände tragen. Schon jetzt merkte ich, dass es extrem anstrengend werden würde, bei 35 Grad zu arbeiten, der Schweiß floss ordentlich.

    Uwe hatte 12 Jahre als Tischler in Ghana gearbeitet und hatte einen genauen Plan im Kopf. Er sägte die Bretter zu und ich nagelte sie zunächst zu den Fußstützen zusammen. Diese wurden durch lange Latten verbunden und über diese an der Wand befestigt. Wirklich stabil sollte das Ganze dann durch die breiten Bretter für die Arbeitsfläche werden.

    Über den Tag versenkte ich bestimmt ein-, zweihundert Nägel und unter Uwes Anleitung am Ende sogar wie ein Tischler mit zwei bis drei Schlägen! Wir kamen schnell voran und so stand schon die Grundkonstruktion, als Torben uns zum Mittag mit Gulasch und Bier versorgte, eine willkommene Abkühlung.

    Gegen 16:00 Uhr waren wir dann fast fertig, aber scheinbar war weniger Holz geliefert worden, als Uwe bestellt hatte, deshalb mussten wir unser Werk unvollendet zurücklassen. Trotzdem war ich einfach glücklich und zufrieden, wirklich etwas geschafft zu haben und etwas in Ghana zurückzulassen – und sei es nur ein unfertiger Tisch!
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