„Rouen & die Kunst der Sinne – unterwegs in der Normandie“ Read more
  • Mandy hady Schulte

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  • Gros Horloge - letzter Glockenschlag

    July 15 in France ⋅ ☁️ 23 °C

    Wir freuten uns nun auf den letzten Programmpunkt dieses dichten, sonnendurchtränkten Tages: die Gros Horloge, das Herz der Stadt, das seit Jahrhunderten über die Rue du Gros-Horloge wacht. Durch unser spätes Mittagessen im ehrwürdigen „La Couronne“ waren wir knapp dran – wie so oft an diesem Tag. Doch wir hatten Glück: wir waren die allerletzten Besucher, die man noch durch das alte Tor ließ. Fast ehrfürchtig schritten wir hinein – nur wir zwei und dieser Turm, der Geschichten flüstert, wenn man still genug ist, sie zu hören.

    Die Wendeltreppe schraubte sich eng und knarzend empor, und mit jedem Schritt wurde der Blick weiter, die Geschichte greifbarer. Auf jeder Etage blätterte sich eine neue Seite der Uhrmacherkunst auf: frühe Uhrwerke mit schweren Gewichten, kunstvoll verzahnt, tickend in der Stille. Werkzeuge, Zeichnungen, Alltagsgegenstände – wir sahen, wie über Jahrhunderte hinweg aus mechanischem Können fast etwas Spirituelles wurde. Diese Uhr war nicht nur Technik, sie war Taktgeberin des Lebens.

    Wir erfuhren, dass die Aufsicht über das Uhrwerk lange Zeit einem Uhrmacher oblag, der in einer kleinen Kammer im Turm wohnte. Er musste die Uhr täglich aufziehen, kontrollieren, dass sie schlug – und wehe, er vergaß es: dann zahlte er Strafe, in barer Münze. Margriet lachte bei der Vorstellung, wie ein verschlafener Uhrmacher über die Dächern von Rouen mit zerzausten Haaren aus dem Bett sprang, weil die Uhr nicht geläutet hatte.
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  • Gros Horloge - ein Rennen gegen die Zeit

    July 15 in France ⋅ ☁️ 22 °C

    Ich öffnete jedes Fenster, das sich öffnen ließ – sog die frische Abendluft ein, genoss die Aussicht über das mittelalterliche Rouen, das sich unter uns ausbreitete wie ein historischer Wandteppich in Pastell. Wir traten hinaus aufs Dach, liefen die Galerie entlang, als plötzlich eine sanfte Durchsage erklang: "Mesdames et Messieurs, le musée va bientôt fermer..."

    Der Turm schloss. Es war Zeit zu gehen.
    Wir beeilten uns und verabschiedeten uns noch von dem freundlichen Personal, das trotz Feierabend ein Lächeln für uns übrig hatte.

    Doch kaum traten wir auf die Rue du Gros-Horloge, fiel mir siedend heiß ein: die Audioguides! Wir mussten sie im Tourismusbüro zurückgeben – und es war genau 17:57 Uhr.

    Also rannten wir los. Zwei Menschen, vollgegessen, voller Eindrücke, voller Leichtigkeit – durch Rouens Altstadt im Abendlicht.
    Um Punkt 18 Uhr rissen wir die Tür des Tourismusbüros auf, übergaben die Geräte und ich bekam meine Gesundheitskarte zurück – die mich an diesem Tag vielleicht mehr als die Uhr selbst im Takt gehalten hatte.

    Danach fuhren wir zurück in unsere Unterkunft. Die Hitze des Tages lag noch immer wie eine Decke über der Stadt, obwohl die Schatten längst länger geworden waren. Es war dieser Moment zwischen Licht und Nacht, wenn das Leben draußen langsam verstummt und drinnen wieder hörbarer wird. Unsere Fenster standen offen – und mit ihnen die Geräusche von Rouen: ein letzter Kinderlacher in der Ferne, das metallische Klacken eines Fahrrads, das auf Kopfsteinpflaster verschwand.

    Margriet zog leise ihre Schuhe aus, während ich uns ein Glas Wasser einschenkte. Wir sagten kaum ein Wort – nicht aus Müdigkeit, sondern weil dieser Tag zu voll war, um ihn jetzt schon zu besprechen. Ein Tag, der nachwirkte.

    Wir ließen den Abend ruhig ausklingen. Kein Wein mehr, kein Spaziergang mehr. Nur noch das zufriedene Innehalten – ein letzter Blick auf die Stadt, bevor das Licht ganz erlosch. Denn morgen sollte der Wecker früh klingeln. Wir wollten früh los, Trouville-sur-mer wartete. Frühstück am Meer – so war der Plan. Und wenn Rouen uns eines gelehrt hatte, dann dies: dass Pläne voller Überraschungen stecken können.
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  • Regentag & Meeresduft am Morgen

    July 16 in France ⋅ 🌧 18 °C

    Am nächsten Morgen stand ich auf und blickte dem Regen ins Gesicht – es sollte den ganzen Tag so bleiben. Einerseits hatten wir uns Regen gewünscht, um dem Sommer ein anderes Gesicht zu geben. Andererseits: Wer will schon Regen im Urlaub? Margriet war bereits wach und voller Tatendrang – ab ins nächste Abenteuer!

    Gute 1,5 Stunden später erreichten wir Trouville-sur-Mer. Der Fischmarkt lag direkt an der Pier, wie ein lebendiges Herz des Ortes. Gegenüber gingen wir flink ins Café Central, das auch ein Hotel ist, da es in Strömen goß. Margriet beschloss heute „wie ein Spatz“ zu essen – Croissant und Cappuccino –, ich nahm einen Café Créma und bestellte das Frühstückstablett.

    Während wir frühstückten, erzählte ich ihr von der Maison Saiter, gegründet 1887 und berühmt für ihre Soupe de poisson façon Jeannette. Die Fischauswahl dort war legendär...

    Doch dann die Überraschung: Als der Kellner die Rechnung brachte, bat er um 36 € – obwohl Margriet wirklich nur einen Croissant und zwei Cappuccino hatte. Ihr Cappuccino kostete satte 7 € pro Tasse, während mein Kaffee mit 2,50 € geradezu günstig war. Touristenfalle mit bitterem Nachgeschmack!

    Unbeirrt gingen wir zum Marché aux poissons – zu Maison Saiter. Wir kauften die Fischsuppe to go, für morgenabend im Garten von Margriet. „Mit allen drum und dran?“, fragte uns Monsieur Saiter.
    „Ja, klar“, sagte ich.
    Er packte zur Suppe frisch geriebenen Käse, alte Brotscheiben und eine leicht pikante Rouille dazu.

    ⭐ Warum die Suppe so köstlich ist:
    Die Soupe façon Jeannette ist eine Familienkreation seit 1887. Sie wird aus den frischesten Zutaten der Region hergestellt: Atlantikfische, feine Köche- und Graugarnelen, Wein, Tomaten und eine Prise Gewürze. Gefiltert, abgeschmeckt, geköchelt – und das Ergebnis ist eine veloutée Textur, vollmundig, aber leicht, mit tiefem Meeresaroma.
    Die Auszeichnungen 1971 und 1976 bei der Société des Cuisiniers Français unterstreichen das handwerkliche Niveau und die Authentizität dieser Normandie-Suppe, die in ausgesetzten Gourmetkreisen bis heute Kultstatus hat.

    Dann wagten wir uns an die Austern. Margriet, nach jener Magenverstimmung in Südafrika, hatte sie diese lange gemieden. Nun holte sie tief Luft, nahm die Muschel und aß. Ihr Gesicht verzog sich: zu salzig, doch sie mochte den Nachgeschmack. Die Szene war so denkwürdig, dass ich sie mit der Kamera porträtierte – das Gesicht zur Faust geballt, während sie dachte: Ich schaff das ;0)...

    Wir zahlten, packten die Suppe ein und fuhren weiter – Richtung Pont-l’Évêque zur Calvador- und Käseroute, getrieben von Regen und Lust auf normannische Köstlichkeiten.
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  • Ein Tropfen zu früh? 10:30 Uhr – Santé!

    July 16 in France ⋅ 🌧 17 °C

    Kurz vor Pont-l’Évêque bogen wir rechts ab, hinein in eine kleine Allee, gesäumt von Apfelbäumen, deren Äste sich leicht im Wind wiegten – als würden sie uns zuwinken. Am Ende der Einfahrt lag das Anwesen von Christian Drouin, ein Ensemble aus normannischem Fachwerk, liebevoll restauriert und eingerahmt von sattgrünen Wiesen.

    Ein älterer Herr mit steifem Rücken und verschlossenem Blick trat aus einer Tür, musterte uns flüchtig und fragte, ob wir an der Führung teilnehmen wollten. Als wir uns noch kurz verständigten, meinte er knapp: „Dann melden Sie sich bitte im Hofladen,“ und verschwand wieder, die Tür fiel etwas zu energisch ins Schloss. Margriet schaute mich an, ich zuckte mit den Schultern – Gastfreundschaft geht anders.

    Im Hofladen aber wechselte die Stimmung schlagartig. Eine Dame mit einem Overall in Drouin-Blau, knallroter Brille und kurzen frechen Haaren trat uns mit einem offenen Lächeln entgegen. Freundlich fragte sie, ob wir noch zur Führung wollten – sie habe gerade erst begonnen. Oder ob wir lieber verkosten möchten. Margriet grinste. Ich nickte. Verkostung also.

    Es war 10:30 Uhr – in Frankreich kein Hindernis für ein kleines Gläschen. Oder zwei. Wir entschieden uns für einen 15 Jahre alten Calvados und gleich darauf für einen 20-jährigen. In kleinen, bauchigen Gläsern stand das flüssige Gold vor uns. Der Duft war intensiv – Äpfel, Birne, Eichenholz, ein Hauch Vanille und Tabak. Ich roch, Margriet roch – wir prosteten uns zu.

    Der erste Schluck brannte leicht, wärmte aber schön nach. Beim zweiten war klar: elegant, ja – aber nichts, worauf wir morgens Appetit hatten. Ich verzog leicht das Gesicht und schüttelte mich. „Das wäre eher was für meinen Vater gewesen“, murmelte ich. Sie lachte leise und stellte ihr Glas ab. Es war eine Erfahrung. Und immerhin – so begann unser Tag hochprozentig.

    Wir bedankten uns bei der Dame. Dann verließen wir das Gut und machten uns auf den Weg zur nächsten Verabredung: Château de Bréuil, wo uns eine Besichtigung durch ein weiteres Kapitel normannischer Genusskultur erwartete.
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  • Charme & Calvados im privaten Schloss

    July 16 in France ⋅ 🌧 18 °C

    Das Château du Breuil empfing uns majestätisch: zehn gestapelte Fässer und eine Destillatoranlage direkt neben dem Torbogen. Wir parkten am Vorplatz und holten unsere vorbestellten Tickets ab. Kaum hatte die Führung begonnen, empfing uns eine junge Dame, die mit fließendem Wechsel zwischen Französisch und Englisch durchs Schlossanwesen führte – charmant und lebhaft.

    Seit dem 16. Jahrhundert gehört das Anwesen wechselnden Adelsfamilien wie den Bouquetot, Montgomery oder Bence. Bis heute ist es Privatbesitz und klassifiziert als Monument Historique (seit 1933). 

    Wir bewunderten den grünen Garten – gepflegt, großzügig und ruhig. Das Herrenhaus durften wir nicht betreten – es wird immer noch bewohnt. Stattdessen gingen wir in das Destillierhaus, wo auf einem kleinen Bildschirm das doppelte Brennverfahren erklärt wurde: Wie der Calvados zweimal destilliert wird, um Urtümliches zu bewahren.

    Wir verließen die Destillerie und passierten das große Wasserschaufelrad, das heute idyllisch still stand – doch einst war es das Schlagende Herz einer Textilindustrie. Das Rad hatte Getreide gemahlen, Baumwolle gesponnen, Seide verarbeitet – ein wirtschaftlicher Vorläufer des heutigen Calvados-Reichs. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts wandelte sich der Ort zur Brennerei, heute bekannt unter La Spiriterie Française.

    Dann kam der Moment: „Wer hat Lust auf das Cognac‑Lager?“ - Natürlich wir ;0)... Auf ging’s...
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  • Unter dem Dach der Zeit

    July 16 in France ⋅ 🌧 18 °C

    Das Château du Breuil öffnete für uns das Tor zur letzten Etappe: den alten Calvadoskeller, auch bekannt als Ageing Cellars. Wir traten ein – das Licht war gedämpft, die Luft warm, schwer vom Duft alter Eichenfässer. Sonnenstrahlen fielen durch kleine Fenster und tauchten das Holz in bernsteinfarbene Töne.

    Wir gingen zwischen den Reihen antiker Fässer entlang, so uralt, dass das Holz Geschichten zu flüstern schien. Es herrschte eine Atmosphäre von jahrhundertealter Ruhe – als würden die Fässer atmen. Ich machte viele Bilder. Der Blick durch das Licht mahlte in mir die Erinnerung an diesen Ort ein: wärmend, lebendig, ehrwürdig.

    Dann begann die Musik-Lichtshow »La Part des Anges« („Der Anteil der Engel“). In der Stille flammten Projektionen auf die Fassreihen auf:
    von der Apfelblüte über die Ernte,
    die Pressung der Äpfel zum Cidre,
    die doppelte Destillation in kupfernen Brennblasen,
    die lange Lagerung in Eichenholz –
    bis zum letzten Schluck im Glas.

    Die Projektion wanderte über Holzrunden, Türen, Balken wie ein Tanz. Die Musik war minimalistisch, doch jede Note hing in der Luft wie ein flüchtiger Atem. Sanfte Klänge, die mit Bildern verschwammen: Orangenblüte, fallende Blätter, goldene Fässer, die Zeit. Ich halte den Atem an.

    Nach dem Finale – die Fässer verklangen, das Licht verglühte – lächelte unsere Führerin: „Ihr habt gesehen, wie man Cognac genießen soll – folgt mir nun in den Verkostungsraum.“ Wir folgten.

    Im hellen, luftigen Raum erwartete uns ein weiterer Calvados – doch erneut traf er nicht unseren Geschmack: scharf, zu herb. Ich runzelte die Stirn. Dann brachte sie etwas Anderes: Cœur du Breuil, ein Apfellikör à 24 % aus Calvados, Apfelsaft und einem Hauch Vanille. Strohfarben, fruchtig, mit Aromen von Bratapfel, Quitte und Dattel – samtig weich auf der Zunge und angenehm süß .

    Ein Schluck – mild, lebendig, Erinnerungen weckend an warme Apfelgärten. Margriet und ich sahen uns an: endlich etwas, das schmeckt. Wir kauften je eine Flasche – sorgfältig verpackt.

    Mit diesem flüssigen Souvenir setzten wir unseren Weg fort: weiter auf der Route de Fromage, Richtung Livarot – Käse wartete. Doch dieser Moment im Keller, mit Licht und Musik, dem Duft alten Holzes und süßer Wärme – er bleibt bei uns.
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  • Oldtimer & Fromagerie Livarot

    July 16 in France ⋅ ☁️ 20 °C

    Wir fuhren zur Fromagerie E. Graindorge und parkten direkt davor. Schon beim Aussteigen fiel uns ein blauer Oldtimer ins Auge, der vor Le Village Fromager stand – wie ein stummer Wächter der Region. Leider ließen sich Marke und Modell nicht herausfinden, doch offenbar dient er als Markenzeichen der Traditionsverbundenheit und erinnert an Livarots ruhmreiche Geschichte. Werbeholz und Farbe passen zum AOP-Siegel – ein historisches Statement, das stimmig wirkt.

    Drinnen begann unsere Tour im modernen Glasgang, der über die Produktion führt. Wir beobachteten den Livarot-Käse, wie er in seinen Formen stand, von Hand gesalzen, gebürstet und manuell gewickelt wurde. Die fünf Binsenbänder – sogenannte laîches – sind kein bloßes Zierdelement. Sie stabilisieren den Weichkäse beim Reifen und gaben ihm den Kosenamen „Le Colonel“ – wie fünf militärische Galons.

    Anschließend betraten wir den Verkostungsbereich, wo wir vier typische AOP-Käsesorten der Normandie probierten:

    Neufchâtel – Herzform, cremig und leicht säuerlich. Ideal als erster, um die Frische der Region zu spüren.
    Pont‑l’Évêque – quadratisch, mild, butterig-nussig, sanft in Struktur.
    Livarot – kräftig, orange, würzig, mit einer dichten Rindenmotte und leicht salziger Intensität.
    Camembert de Normandie – drei Reifegrade: jung‑weich, mittel‑würzig und kräftig‑erdig. Den mildsten zuerst, den kräftigsten zuletzt genießen.
    Dazu tranken wir Cidre und Apfelsaft, echtes normannisches Duo – und erinnerten uns wieder an die Normandie-Kühe mit ihren braunen Augenringen, die wir auf unserer Route überraschenderweise noch gar nicht gesehen hatten .

    Als wir die Fromagerie verließen, vollgepackt mit Käseeindrücken, Apfelsaftgeschmack und Cidreglück, stand der blaue Oldtimer noch immer da – als hätte er nur auf uns gewartet. Margriet und ich posierten davor, halb aus Spaß, halb weil wir wussten, dass dies ein Moment zum Festhalten war.

    Gerade als ich mein Handy zückte, trat ein älterer englischer Herr mit Strohhut und Fotoapparat an uns heran. „You two look like a postcard! May I?“ sagte er mit breitem Grinsen. Natürlich durften wir. Er stellte sich mit der geballten Routine eines Royal-Wedding-Fotografen in Szene, rückte uns zurecht – „A little more to the left, darling“ – und drückte im perfekten Moment ab.

    Wir bedankten uns herzlich, und Margriet kicherte, während wir das Bild betrachteten. „Na schau, wir und der Kleine...“, sagte sie und meinte natürlich den Camembert – den stillen Helden des Bildes: diesen herrlich nostalgiereifen Oldtimer, der uns nun als stummes Souvenir für immer begleiten würde.

    Nach dieser genussvollen Pause fuhren wir weiter – weiter Richtung Camembert, über die idyllischen Strecken der Käseroute.
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  • Camembert

    July 16 in France ⋅ ☁️ 21 °C

    Die Straße zog sich kurvig durch das sanft gewellte Land, das Licht des bewölkten, noch regnerischen Himmels malte satte Farben auf die eh schon grünen Hügel. Weiden breiteten sich aus wie Wolldecken in verschiedenen Farbtönen – von lindgrün bis moosdunkel. Apfelbäume, windschief und stolz, standen wie Wächter am Straßenrand, und aus der Ferne roch es nach feuchtem Gras und frischem Heu. Die Normandie. Ein Land, das schmeckt, riecht und klingt – als wäre jede Ecke dafür gemacht, innezuhalten und zu genießen.

    Und dann, endlich, entdeckten wir sie.
    Direkt neben der kleinen Landstraße, kaum eingezäunt, stand eine Herde normannischer Kühe auf einer saftig grünen Weide – wie gemalt. Wir hielten an. Natürlich.

    Sie hoben kaum den Kopf, als wir ausstiegen, aber dann begegneten uns diese warmen braunen Augen mit den typischen dunklen Ringen, als trügen sie einen natürlichen Kajal. Ihr Fell war weiß mit kastanienbraunen Flecken, jede einzigartig – wie Aquarelle auf Milchhaut. Diese Rasse hat Charakter.

    Die Vache Normande ist nicht nur hübsch, sie ist auch eine der traditionsreichsten und wertvollsten Rinderrassen Frankreichs. Man schätzt sie wegen ihrer besonders reichhaltigen, protein- und fetthaltigen Milch, die sich perfekt für die Herstellung von Käse eignet – Camembert, Livarot, Pont-l’Évêque. Ohne diese Kühe wäre die Region nur halb so genussvoll.

    Wir lächelten uns an.
    So lange hatten wir von ihnen gesprochen, hatten sie vermisst, wie heimliche Promis der Käseroute – und jetzt standen sie einfach da, ruhig, geduldig, kauend. Ein kleines Wunder in Braun und Weiß.

    Ein paar Fotos, ein Moment der Stille – dann fuhren wir weiter. Ein Stück kompletter fühlten wir uns schon.

    Wir kamen durch winzige Dörfer mit klangvollen Namen, in denen die Zeit nur gemächlich voranschreitet. Fachwerk, mit Efeu umrankt. Kirchtürme, die wie Zeigefinger in den Himmel stachen. Und dann, nach einer dieser typischen Kuppen, lag es plötzlich vor uns: Camembert. Der Ort. Nicht nur der Käse.

    Er ist winzig – eine Postkarte, kein Ort. Eine Handvoll Häuser, ein kleines Museum, ein paar Kühe, ein paar Menschen. Aber der Name klingt wie Musik – und er schmeckt wie Geschichte.

    Die Fromagerie Durand, zu der wir fuhren, lag malerisch am Hang, ein einfacher, ehrlicher Bauernhof mit Seele. Die Dame des Hauses, Mademoiselle Durand, erwartete uns mit einem Lächeln, das mehr sagte als jedes „Bienvenue“. Ihr Händedruck war kräftig, ihre Stimme weich. Auf dem Tresen: Gläser mit selbstgemachter Mirabellenkonfitüre, die nach Spätsommer aussah, und daneben eine Flasche Birnensaft mit feiner Kohlensäure, die wir natürlich sofort mitnahmen.

    Die Produktion war bereits vorbei für den Tag – das merkte man an der stillen Halle, in der noch der Duft von Milch und Salz hing. Durch die Fenster drang das Licht, das letzte des Tages, und färbte die weißen Kacheln goldgelb. Auf einem der Fotos, das ich machte, liegt ein Lächeln in der Luft – nicht unseres, sondern das der Leute, die hier arbeiten. Menschen, die Käse nicht herstellen, sondern erschaffen.

    Mademoiselle Durand bot uns noch eine Verkostung an – ein liebevoller Reflex, wie man ihn auf dem Land kennt. Doch wir hatten schon genascht, gerochen, geschmeckt – und fühlten uns ohnehin längst gesättigt von all der Herzlichkeit. Wir verabschiedeten uns, stiegen wieder ins Auto – und ließen den kleinen Ort Camembert im Rückspiegel kleiner werden. Doch sein Name blieb im Kopf. Und der Geschmack auf der Zunge.

    Zwei Stunden Fahrt noch nach Rouen. Die Landschaft wurde dunkler, breiter, beruhigender. Über allem lag der Duft des Tages: von Calvados, von Milch, von Freiheit. In Rouen angekommen, gönnten wir uns zum Abschluss noch einen Snack in „unserem“ englischen Pub an der Seine. Ein kühles Bier, ein kleiner Salat, ein bisschen Schweigen – und dann nichts mehr. Nur noch Bett, Müdigkeit und ein sattes, stilles Glück.

    Ein kulinarischer Roadtrip, wie er im Buche steht – in unserem ganz eigenen.
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  • Claude Monets Haus

    July 17 in France ⋅ ☁️ 21 °C

    Ich war wieder früh wach. Während draußen das erste Licht über die Dächer kroch, schnitt ich die Szenen des Vortags zusammen – der Duft der Produkte der Normandie schien aus dem Video zu steigen, mir lief das Wasser im Mund zusammen.

    Ich stand auf. Hunger. Routine.
    Wie ein routinierter Sternekoch ließ ich Teewasser kochen, schlug Eier auf, wärmte das Brötchen im Ofen. Kaffee dampfte, das Frühstück duftete. Kurz darauf erschien auch Margriet – heute wie frisch aus dem Ei gepellt. Frisiert, bereit für den Aufbruch. Es war unser letztes gemeinsames Frühstück in Rouen.

    Wir packten. Zogen die Betten ab. Kontrollierten, dass nichts liegen geblieben war. Müll raus, Schlüssel zurück – auf Wiedersehen Rouen, du Schöne.
    Und dann: Giverny.

    Nur eine Stunde Fahrt durch die Normandie und wir waren da – im Wohnhaus von Claude Monet.

    Bereits am Ticketschalter war klar: Wir waren nicht allein mit der Idee. Die Besucher strömten, doch das tat der Magie dieses Ortes keinen Abbruch - erstmal...

    Das Haus von Claude Monet in Giverny ist weit mehr als nur ein Wohnhaus – es ist ein direktes Spiegelbild seiner Kunst, seiner Persönlichkeit und seiner Liebe zu Farbe, Licht und Natur.

    🏡 Die Geschichte des Hauses in Giverny
    Claude Monet zog 1883 mit seiner Familie in das damals eher unscheinbare Bauernhaus in Giverny, einem kleinen Ort in der Normandie. Das Haus lag ideal – direkt neben einer Bahngleise, die ihm schnelle Verbindungen nach Paris ermöglichte, aber zugleich eingebettet in eine ländlich-idyllische Umgebung.

    Damals war das Haus relativ schlicht, ohne Garten oder besondere Merkmale. Doch Monet erkannte das Potenzial – und begann über die Jahre hinweg, es in ein Gesamtkunstwerk zu verwandeln:

    Er kaufte das Haus 1890 samt Grundstück.
    Ab da gestaltete er nicht nur das Haus, sondern auch die Gärten vollständig nach seinen Vorstellungen.
    Besonders der weltberühmte Wassergarten mit Seerosenteich und japanischer Brücke ist ein von ihm persönlich geplantes Meisterwerk – und wurde zur Vorlage für einige seiner bedeutendsten Gemälde.
    Das Haus blieb bis zu seinem Tod im Jahr 1926 sein Lebensmittelpunkt.

    🎨 Warum ist jedes Zimmer in einer anderen Farbe gestrichen?
    Die Farbgestaltung des Hauses ist absolut bewusst gewählt – und einzigartig.

    Monet war ein Maler des Lichts und der Farbe, und genau das spiegelt sich in seinem Wohnraum wider. Er glaubte an die Wirkung von Farben auf die Stimmung – und lebte das nicht nur in seiner Malerei, sondern auch im Alltag.

    Einige Beispiele:

    🟡 Esszimmer: Knalliges Sonnenblumengelb – Monet wollte hier einen warmen, geselligen Raum schaffen. Gelb regt den Appetit an, wirkt einladend und lebendig.
    🔵 Küche: Ein kräftiges Kobaltblau – sehr ungewöhnlich für Küchen zur damaligen Zeit. Aber Blau wirkt kühl und rein – fast schon erfrischend, und es passt herrlich zu dem glänzenden Kupfergeschirr.
    🟢 Salon: Hellgrün gestrichen, ruhig, sanft – als Ort der Erholung und Reflexion.
    💗 Schlafzimmer (und auch das von Alice, seiner zweiten Frau): Zartrosa Töne, sehr sanft, fast träumerisch.
    Diese Farbwahl war revolutionär – denn im späten 19. Jahrhundert waren Wohnräume meist gedämpft und gedeckt eingerichtet. Monet hingegen lebte in Farben. Sein Zuhause war so komponiert wie seine Gemälde: stimmungsvoll, lichtdurchflutet, farbgewaltig – aber harmonisch.

    🧠 Fun Fact:
    Monet verbot explizit schwarze Kleidung in seinem Haus. Selbst Gäste mussten auf dunkle Töne verzichten – er wollte keinen Kontrast zur hellen Umgebung, kein „visuelles Loch“, wie er es nannte.

    Margriet war hingerissen von Monets Sammlung japanischer Holzschnitte. Über hundert Drucke aus der Edo-Zeit hängen hier – Hokusai, Hiroshige – ein Beweis, wie sehr ihn fernöstliche Kunst inspirierte.

    Mich zog es in die Küche.
    Eine Wand aus kräftigem Kobaltblau. Ein alter, majestätischer Herd aus Guss, glänzendes Kupfergeschirr an Haken – alles harmonisch, liebevoll arrangiert. Kein Raum wirkte museal, sondern wie gerade eben verlassen. Als würde Monet jeden Moment hereinkommen, sein Sakko über den Stuhl werfen und sich an den Tisch setzen.

    Und dann der Garten...
    Ein Meer aus Farben, Formen, Düften.
    Doch das erzählen wir gleich weiter – denn dieser Garten, dieser Moment, verdient ein eigenes Kapitel.
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  • Claude Monets Garten

    July 17 in France ⋅ ☁️ 21 °C

    Draußen im Garten von Claude Monet zog es Margriet magisch zur kleinen Brücke – dem berühmten Pont Japonais mit den Seerosen darunter, wie man sie von seinen Gemälden kennt. Ich blieb zurück. Sie war ganz in ihrem Element. Fasziniert, fast verzückt. Sie blieb an jeder zweiten Blüte stehen, als würde sie sie einzeln begrüßen. Ich hätte schwören können, sie sprach mit einer lilafarbenen Iris.

    Man konnte meinen, sie wollte das gesamte Blütenmeer katalogisieren. Jedes Detail schien sie mit der Kamera und ihren Augen einzusammeln. Margriet schob sich durch das Blumenmeer wie ein Kind im Zuckerladen – zögernd, ehrfürchtig, aber auch mit offenem Herzen. Wer kann es ihr verdenken? Wann ist man schon einmal bei Monet zu Gast?

    Ich stellte mich an den Rand des Weges und betrachtete das Ganze als Kulisse. Und was für eine Kulisse das war.

    Der Garten – ein lebendes Gemälde
    Claude Monet hat diesen Garten nicht nur geliebt – er hat ihn komponiert. Er war sein zweites Atelier, draußen unter freiem Himmel. Ab 1890 begann er, das Grundstück in zwei Teile zu gliedern:

    Den Clos Normand – der formale Garten direkt vor dem Haus:
    Ein Farbenrausch aus Stauden, Sonnenblumen, Mohn, Iris, Lupinen, Dahlien, Rosen, Zinnien, Rittersporn, Astern, Tulpen...
    Und das alles so gepflanzt, dass Farbharmonien oder bewusst gesetzte Kontraste entstanden – wie in seinen Gemälden.
    Den Jardin d’Eau – der Wassergarten mit der Seerosen-Brücke:
    Mit Bambus, Weiden, Magnolien, Glyzinien und natürlich den weltberühmten Nymphéas – Monets Seerosen.
    Diese Anlage wurde inspiriert von japanischen Gärten, die Monet durch seine große Sammlung von japanischen Holzschnitten liebte.
    Wie hat Monet das im Alter nur geschafft?
    Ab einem gewissen Punkt war der Garten für Monet mehr Arbeit als Lust – aber auch größte Inspiration. Er beschäftigte mehrere Gärtner gleichzeitig (heute sind es rund 10–12 Vollzeitkräfte, die den Garten pflegen). Schon zu Monets Zeiten war das ein professionell geführtes „Grünlabor“:

    Ein Gärtner war nur für die Seerosen zuständig.
    Einer überwachte die Beete und dokumentierte, wann was blüht – um Monets Malzeiten optimal zu planen.
    Pflanzen wurden gezielt aus England und Belgien importiert.
    Im Ateliergarten wurden sogar Pflanzen vorgezogen, damit die Beete immer in voller Blüte standen.
    Und Monet selbst? Selbst als seine Sehkraft durch den Grauen Star nachließ, ging er täglich durch den Garten. Wenn er nicht mehr malen konnte, berührte er die Blumen – ging mit der Hand über die Blätter, roch an den Blüten, prüfte das Licht auf seiner Haut. Es war, als wollte er jedes Detail erfühlen.

    Heute...
    ...werden über 100.000 Pflanzen jährlich nachgepflanzt, in denselben Farben und Rhythmen wie zu Monets Lebzeiten. Es gibt ein eigenes Saatgutarchiv. Und die Gärtner müssen mit Farbe und Form denken – wie ein Maler. Denn dieser Garten ist keine reine Zierde. Er ist ein lebendiges Gemälde, das immer in Bewegung bleibt – und doch sein Original bewahrt.

    Ich schloss zu Margriet auf, die nun am anderen Ende des Teiches stand, den Blick nach unten, ganz versunken in die runden Blätter der Seerosen.

    „Ich wünschte, wir könnten hier wohnen“, sagte sie leise.

    Ich verstand, was sie meinte.
    Dieser Ort – er war nicht einfach nur schön. Er war monetisiert worden. In jedem Sinne.
    Und wir durften ihn für einen Moment erleben.

    Allerdings war es so voll geworden, dass man kaum noch treten konnte, ohne auf eine fremde Ferse zu steigen. Die Kameraobjektive klackten, Stimmengewirr lag über den zarten Düften der Glyzinien, und das leise Plätschern des Teichs ging unter im Getümmel.

    Margriet und ich schauten uns an – wortlos, aber einig. Wir hatten diesen magischen Ort gesehen, gespürt, beinahe geschmeckt. Wir waren bei Monet zu Gast gewesen, hatten seine Farbenwelt durchschritten und seine Stille geatmet, bevor sie von den Besuchermassen verschluckt wurde.

    Es war Zeit zu gehen.

    Der Wagen wartete. Sechs Stunden Fahrt lagen vor uns – zurück in die Realität, zurück in den Alltag. Aber irgendetwas war anders. Leichter. Vielleicht lag es an den Seerosen. Oder an Margriet, wie sie sich durch die Blumen bewegt hatte wie durch Kindheitserinnerungen.

    Nur unser Magen machte uns noch einen Strich durch die Rechnung. Es war Punkt zwölf. Kein vernünftiger Mensch fährt mit leerem Bauch. Also beschlossen wir, die Heimfahrt mit einer kleinen kulinarischen Umleitung zu beginnen. Keine Autobahn. Nur Landstraße. Und Margriet, die neben mir saß, lernte mit Google Maps ein Restaurant zu finden...

    „Warte… ich glaub, ich hab da was...“

    Und sie hatte recht.
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