Nigeria 2024

March 2024
Mit Diamir unterwegs im Land der Yoruba am Unterlauf des Niger von der Megacity Lagos in das Brasilia Afrikas nach Abuja Read more
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  • Day 4

    Abeokuta - Villa eines Militärführers

    March 20 in Nigeria ⋅ ☁️ 35 °C

    Es gibt nicht die Anzahl an interessanten Orten wie anderswo. Also wird aus jedem halbwegs interessanten Platz eine Sehenswürdigkeit erschaffen und eine Geschichte drumherum gesponnen.
    Das stattliche Haus eines Militärführers aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bietet durchaus berechtigten Anlass dazu.
    Dabei ging es gar nicht so sehr um seine militärischen Leistungen, von denen wir auch nichts erfuhren, sondern um seine Familie. Er lebte nämlich mit 35 Ehefrauen in 90 Zimmern.
    Man aß grundsätzlich zusammen, damit kein Teil der Familie Angst haben musste, vom anderen Teil vergiftet zu werden.
    Dass er bei dieser stattlichen Anzahl von Frauen Vater von „nur“ 35 Kindern war, überraschte dann etwas. Es zeigte aber auch, dass nicht alle Frauen in einer solchen Gemeinschaft tatsächlich das Bett mit dem Ehemann teilten.
    So erfuhren wir, dass mancher, welcher seine Schulden nicht begleichen konnte, eine Tochter als Gegenwert für einen Schuldenerlass hinterließ oder grundsätzlich bestrebt war, eine Tochter dem Hochgestellten und Vermögenden in der Hoffnung zuzuschieben, dass sie dort besser aufgehoben und versorgt würde, um ihr ein gutes Leben zu ermöglichen.
    Bei der Gelegenheit erzählte mir der Sergeant, dass er vier Kinder in einem guten Verhältnis hätte: zwei Töchter und zwei Söhne. Ich verkniff mir die Frage nach der Anzahl der Frauen.

    Eine Lehrerin ließ sich mit mir und mich mit ihren Schülern fotografieren.
    Ich dachte an den Nigerianer, der in Deutschland die Vaterschaft für 24 Kinder in Nigeria anerkannt hat und nun über 20.000 € im Monat kassiert. Ich verwarf den Gedanken aber wieder 😄
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  • Day 4

    Abeokuta - Fetischmarkt

    March 20 in Nigeria ⋅ ☁️ 36 °C

    Der Fetischmarkt von Abeokuta ist durchaus nichts für schwache Nerven, Tierliebhaber oder -schützer.
    Tote Fledermäuse, Köpfe aller möglichen Kleintiere, Singvögel im Bund, getrocknete Chamäleons.
    In einem Käfig krabbelten Echsen, in einem anderen kleine Schildkröten. Die Federtiere waren auf engstem Raum sichtlich mitgenommen und apathisch.
    Eine (halb)tote Katze wurde uns angeboten, gleich danach eine junge Katze, die den Weg zum Halbtod noch vor sich hatte.
    Voodoo-Zauberer lassen hier kaufen, was man zum Voodoo eben braucht.
    Interessanterweise verschaffte ich mir mit Bakschisch die Fotografiererlaubnis für den Voodoo-Kram. Das Fotografieren der bunten Kleider dagegen war gänzlich untersagt, aus Angst, wir würden die Muster und Kreationen stehlen und Designern in Europa zuspielen, so dass diese dann die Stoffe auch produzieren könnten.
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  • Day 4

    Abeokuta - Egba Council

    March 20 in Nigeria ⋅ 🌙 31 °C

    Obgleich wir im Land der Yoruba sind, welche hier die große Mehrheit der Menschen ausmachen, leben auch andere Völker in der Region - allen voran die Egba, jene also, die den Ort seinerzeit vom Felsen herab verteidigten.
    Die Egba haben einen König mit eigener Residenz. Dieser hat im demokratisch organisierten Nigeria keine offizielle Funktion, gilt aber als Respektsperson, graue Eminenz und bisweilen Schlichter in Streitigkeiten, die man gerichtlich nicht klären möchte.
    Zur Residenz gehört ein Museum, in welchem vor allem Bildnisse bedeutender Egba und diverse Krönungsutensilien wie Schuhe und Kopfschmuck zu sehen sind.
    Bei unserem Eintreffen wurden wir, aber vor allem unsere nigerianischen Begleiter von einem Platzwart angeblafft, der es nicht ertragen konnte, dass die Touris einfach aus dem Bus rausstolperten und sofort begannen, wild um sich zu fotografieren. Ich übrigens nicht 😏
    Unser Sergeant regelte das aber und ließ sich nicht einschüchtern.
    Hier geschah es auch, dass ein Herr in traditioneller Kleidung fragte, ob ich nicht interessiert daran wäre, seine 18 jährige Tochter zu heiraten. Ich war versucht zu fragen, wie viele er denn davon hätte, unterließ es aber und verwies darauf, dass ich bereits eine Frau in Deutschland habe. Das ließ ihn aber nur geringschätzig feststellen „One?! Only one?!“
    Danach fuhr er unbeeindruckt fort, mir die Vorzüge seiner Tochter zu beschreiben, zu welcher er mich ständig führen wollte. Ich verwies darauf, dass es in Deutschland ohnehin nicht erlaubt sei, mehrere Frauen zu haben. Ungläubig, bemitleidend und wenig verständnisvoll wandte er sich schließlich von mir ab und zog kopfschüttelnd davon.
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  • Day 5

    Zwischen Abeokuta und Idanre

    March 21 in Nigeria ⋅ ⛅ 33 °C

    Wir machen Strecke. Insgesamt sollen wir heute 5-6 Stunden unterwegs sein. Unsere Kalaschnikow-bestückten sichtbar vorn sitzenden Begleiter sorgen dafür, dass wir an keiner der zahlreichen Straßenkontrollen angehalten werden.
    Die Autobahn ist vierspurig. Wir kommen gut voran. In Nigeria herrscht Rechtsverkehr. Das Verhalten auf der Autobahn ist aber durchaus gewöhnungsbedürftig. Wer kann, fährt links. Wer nicht kann auch. Dieser Brauch führt dazu, dass die schnelleren Fahrzeuge grundsätzlich rechts überholen. LKW-Kolonnen stauen sich auf der Überholspur und werden auf der Normalspur überholt. Einen Standstreifen gibt es auch. Den kann man aber aus verschiedenen Gründen nicht benutzen. Entweder stehen dort mit Sperren auf die anderen Fahrspuren ausgeweitete Polizeikontrollen oder Straßenhändler mit abgepackten Bananenchips in den Händen und Kübeln mit Getränkeflaschen oder Bananen auf dem Kopf nutzen den Standstreifen als Absprungbasis, um zwischen den Spuren hin und her zu hüpfen. Wenig später versammelt sich eine Moped-Gang auf dem Standstreifen, um zu parlavern, und in regelmäßigen Abständen folgt ein liegengebliebenes Fahrzeug, um das man sich entweder kümmert oder auch nicht. Dass der Standstreifen von langsam fahrenden Mopeds in Fahrtrichtung genutzt wird, überrascht mich nicht, dass allerdings ein Traktor entgegenkommt schon. Augen zu und durch.

    Und dann hat es uns erwischt. Panne.

    Panne.
    Da standen wir nun am Rande einer gut befahrenen Landstraße und kamen nicht weiter. Die Benzinpumpe tat nicht und brauchte fachkundige Behandlung. Schon gestern hatte sich Benzingeruch im Innenraum breit gemacht und ein Problem angedeutet. Dem Fahrer und unseren Begleitern sei Dank kamen wir nach etwa einer Stunde bangen Wartens weiter und erreichten gegen 14 Uhr Idanre.
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  • Day 5

    Idanre Hills

    March 21 in Nigeria ⋅ ⛅ 35 °C

    Der Aufstieg auf das Plateau der Idanre Hills war nicht ohne. Zwar bestand der Weg vornehmlich aus Betonstufen, doch zog es sich recht steil hinauf. Die Temperaturen und die Schwüle setzten auch den Einheimischen zu.
    Auf dem Plateau fanden wir ein verlassenes Dorf mit Palast, Gerichts- und Marktgebäude, Gefängnis von 1903 und Schule. Die Primary School bestand von 1896 bis 1933.
    Im Innenhof einer aus Lehm ummauerten heiligen Stätte fanden wir reichhaltige Schnitzereien. Auch das im Verfall begriffen und verhüllt.
    Dass dennoch regelmäßig ein König an diesem Platz zu zeremoniellen Anlässen weilt, sagt viel über die Mentalität und den gesellschaftlichen Zustand aus. Man kann es nicht (mehr) besser und lebt in und mit den Ruinen einer großen Vergangenheit.
    Die Felsformationen sind durchaus beeindruckend und erinnern an Ben Amira und Ben Aische in Mauretanien oder den Uluru in Australien. Ein uraltes Tiefengestein.
    Einer der Steinbrocken, dem man das Gewicht gar nicht ansah, diente früher und zum Teil noch heute als Jünglingsprüfung. Wer den Stein bis auf Brusthöhe anheben kann, ist kräftig genug zur Verteidigung und Versorgung einer Familie und darf heiraten. Ich hab es versucht. Mit dem Heiraten wird das bei mir nichts mehr.
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  • Day 6

    Oshogbo - Heiliger Hain - Skulpturen

    March 22 in Nigeria ⋅ 🌩️ 29 °C

    Oshogbo erreichten wir gestern Abend bei Dunkelheit. Der Karren hat zum Glück durchgehalten. Außer zur Abfahrt sorgten wir durch unser Dasein nicht mehr für Aufsehen. Ansonsten begleitet uns allerorten der Choral als vielen Mündern „Abibi Abibi“, mit ganz unterschiedlichen Intonationen. Gleichgültig, freudig erregt, missmutig, jubilierend, resigniert „Weiße. Weiße.“
    Gewöhnungsbedürftig ist auch das Fahren bei Nacht - alle Fahrzeuge fahren grundsätzlich mit Aufblendlicht. Als es dann auch noch regnete, schaute ich lieber gar nicht mehr hin und schloss die Augen.

    Ein neuer Tag. Ein neues Abenteuer. Heute stand wahrscheinlich der Höhepunkt auf dem Programm. Die Stadt Oshogbo - ca. 500.000 Einwohner - gehört zu den wenigen UEESCO-Weltkulturerbestätten Nigerias.
    Wir erkundeten den heiligen Hain von Osun, wo sich zahlreiche außergewöhnliche Skulpturen der Yoruba-Gottheiten befinden. De facto handelt es sich um mehrere Haine, die jeweils einer Gottheit gewidmet sind.
    Weltweit berühmt wurde der Ort vor allem durch die Arbeit der österreichischen Künstlerin Susanne Wenger, die den Hain mit lokalen Künstlern ab den 1960er Jahren revitalisierte.
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  • Day 6

    Oshogbo - Heiliger Hain - Mystik

    March 22 in Nigeria ⋅ 🌩️ 31 °C

    Der Heilige Hain führt auf eine Geschichte von vor etwa 600 Jahren zurück, als sich ein König und ein Elefantenjäger auf der Suche nach Wasser verirrten.
    Eines Tages fand der Jäger den Oshun-Fluss. Die Rettung und Verheißung für das Volk des Königs. Da der Fluss ganzjährig Wasser führte, beschloss er, seine Residenz an dessen Ufer zu verlegen. Als der erste Baum gefällt wurde und seine Krone ins Wasser fiel, ertönte eine weibliche Stimme, die das Zerschlagen ihrer Schalen zum Färben beklagte. Oshun, die Göttin des Flusses.
    Sie entschuldigten sich und waren bemüht, durch verschiedene Opfergaben und Zeremonien den Zorn der Göttin zu besänftigen.
    „Gut. Wenn Ihr diese Zeremonien und Darbietungen zu meinen Ehren alljährlich wiederholt, will ich Euch verzeihen und Euch für die Zukunft beschützen.“
    Seither findet jährlich ein Festival zu Ehren der Göttin und ihrer Färberschalen statt.
    Hierzu wird jährlich eine Frau - Aruba Osho genannt - ausgewählt, welche nach strengem Ritual die Zeremonie ausführt und die Opfergaben auf einem Weg, den nur sie beschreiten darf, zum Fluss bringt.
    Um zu einer solchen Ehre zu kommen, wählen Priester alljährlich eine Aruba Osho aus, die folgende Kriterien erfüllen muss:
    1. - sie muss aus königlicher Familie stammen
    2. - sie muss Jungfrau sein
    3. - sie muss durch eine Weissagung vorbestimmt sein.
    Inwieweit eine finanzielle Aufmerksamkeit an die zur Wahl berechtigten Priester Einfluss auf das dritte Kriterium hat und darauf wessen Tochter Aruba Osho wird, verkniff ich mir zu hinterfragen.
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  • Day 6

    Oshogbo - Heiliger Hain - Tanz und Magie

    March 22 in Nigeria ⋅ 🌩️ 33 °C

    Eine Gruppe Musiker und Tänzer trommelte und trampelte bei unserer Ankunft auf dem Zeremonienplatz. Das Gestampfe barfuß auf Beton sieht nicht gesund aus. Aber sie tanzten und musizierten aus Leidenschaft, so dass ihnen der unbequeme Untergrund vielleicht gar nicht so viel ausmacht hat, wie von mir befürchtet.
    Am Ende der Darbietung bzw in der zweiten Hälfte betrat ein spiritueller Mystiker die Bühne.
    Später wird er sagen, dass er in Trance mit den Göttern verbunden war, so dass er uns gar nicht gesehen hätte und durch die Kraft der Götter zu den gezeigten Leistungen befähigt worden wäre.
    Er machte den Eindruck aus der Mischung eines Derwishes und eines Gauklers mit seinen akrobatischen Künststückchen wie Rasierklingen kauen und schlucken, Zunge durchbohren und Feuerschlucken. Wieviel davon, Zaubertrick, Körperbeherrschung und Magie sind, wage ich nicht zu beurteilen. Ich spendete 5 € und hoffe, dass er die Klingen wiederverwenden kann und nicht neu kaufen muss.
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  • Day 6

    Oshogbo - Menschen - Abibis

    March 22 in Nigeria ⋅ 🌩️ 34 °C

    Was auch immer man als Abibi tut - man fällt auf.
    So ganz gleichgültig ist man niemandem, auch wenn der innere Stolz keine äußere Gefühlsregung zeigen lässt.
    Bisher sind wir zu keiner Zeit auf Feindseligkeiten gestoßen. Manche sind nahbarer, manche distanzierter, manche grüßen, manche grüßen zurück.
    Abibi hat eine Bedeutung wie Neger. Das eine bedeutet Weißer, das andere bedeutet Schwarzer. Es kommt darauf an, wie man es ausspricht und betont, wie man es meint und interpretiert.

    Die Interaktion zwischen dem Fremden, dem Reisenden und dem Einheimischen hat sich durch die weltweite Verfügbarkeit von Smartphones grundsätzlich geändert.
    Früher galt der Einheimische als begehrtes Fotomotiv, der sich meist gewollt oder nicht wehrlos seinem Schicksal fügte.
    Heute kann er sich zur Wehr setzen. Und in Anlehnung an Zitate wie „Ab heute wird zurückgeschossen.“ mutet es manchmal wie bei einem Duell eines Western an. Wer zuletzt zieht, hat verloren.
    Die Rollen Fotograf und Fotomotiv verschwimmen. Wir sind beides. Mal zur gleichen Zeit, mal nacheinander.
    Ich revanchiere mich gern für eine Fotoanfrage mit einer Gegenfrage. „Ein Foto? Gern. Darf ich auch?“
    Hier ein paar Schnappschüsse.
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  • Day 6

    Oshogbo -Färberei

    March 22 in Nigeria ⋅ 🌩️ 36 °C

    Zunächst fand ich diesen Programmpunkt gar nicht so spannend. Eine Färberei für die Stoffe der Nike-Gallery und Designer-Moden. Nike ist übrigens nicht der Sportartikel-Hersteller sondern der Name der nigerianischen Künstlerin und Kunstmäzenin, deren beeindruckende Ausstellung wir schon in Lagos bewundern durften.
    Ich änderte meine Meinung nachhaltig, als mir einerseits bewusst wurde, dass es sich durchweg um per Handarbeit gestaltete Unikate handelte und als ich sah, wie die Stoffe entstehen.
    Extra geweißte Textilbahnen - immer 5 yard - werden per Hand mit Wachs bemalt. Die Wachsstellen werden beim Färben nicht gefärbt.
    In mehreren sich wiederholenden Schritten aus Wachsauftragen, Färben, Auswaschen und wieder Aufmalen neuer Muster werden kleine Kunstwerke erstellt. Und alles wirklich per Hand.
    Das Aufmalen mit flüssigem Wachs. Das Färben in Bottichen. Ich schaute einem Mann zu, der eine Stoffbahn in Indigo wälzte und mit der Hand knetete. Mit Handschuhen. Danach werden die Bahnen in heißem Wasser gewälzt, wodurch der Wachs verflüssigt wird. Unter Zuhilfenahme eines Stockes. Von dort kommt die Bahn in einen Bottich mit kaltem Wasser, was den Wachs steif werden lässt, so dass er vom Tuch getrennt und wiederverwendet werden kann. Mit bloßen Händen. Männerarbeit. Zum Schluss kommt der Stoff in eine Wanne zur finalen Säuberung. Mit bloßen Händen. Frauenarbeit.
    Alles in allem dauert der Prozess inklusive zwischenzeitlichem Trocknen Tage.
    Ich fragte, was eine der 5 yard-Bahnen kostet und ob es möglich sei, hier in der Färberei eine zu erwerben.
    Es war möglich. Preis pro Bahn 25.000 Nira. Das sind ca. 17 €. Ich suchte mir eine Bahn aus und war noch ganz fasziniert, ein solches Unikat für einen solchen Preis zu bekommen. Da wurden auch noch Hemden ausgebreitet. Pro Stück 10.000 Nira. „Zwei Stück bitte.“ 🙂
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