Kurs Südost

aprile 2016 - maggio 2024
April 2016 - open end Leggi altro
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  • Mohn-Tag & Premium-Zeltplatz*****

    7 maggio, Turchia ⋅ ☀️ 17 °C

    Wie so häufig starten wir entspannt in den Tag. Fast elf Uhr ist es, als wir nach unserem Frühstück im Hotel unsere Fahrräder aus der Tiefgarage holen und beladen. Die Abfahrt verzögert sich dann noch einmal, weil der Hotelbesitzer auf uns zukommt und auf einen Kaffee einlädt. Für einen Moment setzt er sich zu uns, um zu erzählen und anhand von Fotos zu zeigen, an welchen Orten des Planeten Erde er bereits Marathonläufe absolviert hat. Als die Tassen leer sind folgt noch ein Halt am benachbarten provisorischen „Container-Supermarkt“, dann endlich steht dem Start der heutigen Etappe bei herrlichem Wetter nichts mehr im Wege. Wieder vorbei an den Neubaugebieten und den Weinfeldern navigieren wir uns als erstes zurück auf unsere geplante Route. Diese führt uns auf den nächsten Kilometern durch eine weite Ebene, die uns landschaftlich begeistert. Es radelt sich wunderbar vor einem Fototapeten-Bergpanorama, ein ganz besonderer Hingucker sind aber vor allem die Mohnblumen, welche in sattem Rot die Wiesen zieren. Ganze Mohn-Teppiche laden dazu ein, gefilmt und fotografiert zu werden. Die Fahrt bleibt entspannt, bis wir das Städtchen Ortaklı durchquert haben, ab jetzt wird es sportlich. Die nächsten Kilometer führen ausschließlich bergauf, und das bisweilen biestig steil. In 830m Höhe erreichen wir schließlich ein kleines Plateau und da passt es ganz hervorragend, dass die Bewohner des einzigen hier stehenden Hauses uns heraufschnaufen sehen und zum Kaffee einladen. Nach der willkommenen Verschnaufpause bündeln wir noch einmal unsere Kräfte und nehmen die nächsten gut 200 Höhenmeter in Angriff. Auf der Passhöhe angekommen, bietet sich ein sehr schöner Platz mit grandioser Aussicht für eine verdiente Pause an. Schnell ziehen wir in Betracht, die Pause deutlich auszudehnen, vielleicht sogar einfach bis morgen. Als dann noch ein Auto anhält und die Insassen uns auf eine etwas versteckte Wasserstelle in unmittelbarer Nähe aufmerksam machen, steht die Entscheidung fest. Wir bleiben! Und so wird dieser wunderbare Pausenplatz gleichzeitig der perfekte heutige Premium-Zeltplatz*****! Da es noch einigermaßen früh am Tag ist, haben wir viel Zeit für Dinge wir lesen, Drohne fliegen, Kaffee und Tee trinken, Kekse essen, den Moment genießen…, herrlich! Am Abend brutzelt Heiko das Gemüse, welches wir schon seit einigen Tagen spazieren fahren, da wir dank der verschiedenen Einladungen nicht in die Verlegenheit kamen, kochen zu müssen. Zum krönenden Abschluss des Tages dürfen wir noch in unseren gemütlichen Campingstühlen sitzend einen ziemlich hübschen Sonnenuntergang bestaunen. Und als es schließlich dunkel ist und am Himmel die ersten Sterne funkeln heißt es für uns: „Gute Nacht!“Leggi altro

  • Hotel Nikopolis

    6 maggio, Turchia ⋅ ☀️ 17 °C

    Als wir am Morgen aufstehen, ist der Familienvater bereits wieder bei der Arbeit und einige Kinder schon in der Schule, Zeynep und Betül verabschieden sich gerade und verlassen das Haus. Sultan verzichtet heute auf den Schulbesuch, weil wir da sind, wie sie uns erklärt. Ein wunderbares Frühstück genießen wir noch in diesem gastfreundlichen Haus, bevor die Zeit des Aufbruchs gekommen ist. Sultan zeigt uns noch kurz die zwei Kühe der Familie und wie üblich wird noch das eine oder andere Foto gemacht. Ein bisschen bereuen wir, nicht gestern schon ein gemeinsames Bild gemacht zu haben, wo am heutigen Morgen diverse Familienmitglieder leider nicht mehr da sind. Zum Abschied werden uns noch reichlich Geschenke überreicht: Neben Socken für uns beide gibt es zwei Gläser Oliven, ein Glas Sesampaste, Kuchen und reichlich Sesamkekse alles aus eigener Produktion…! Wir verstauen alles in den Packtaschen, verabschieden uns und radeln schließlich winkend vom Hof. Ein paar kleine Wattewölkchen zeigen sich am ansonsten blauen Himmel, als wir wieder über den Asphalt rollen. Nach etwa drei Kilometern erreichen wir den Ort Aktepe, wo wir unsere Wasservorräte auffüllen. Es ist ein sehr quirlig lebendiger Ort. Rechts und links der Straße herrscht emsiges Treiben, während auf dem Mittelstreifen viele Menschen auf kleinen Holzstühlen unter Palmen sitzen und Tee trinken. Nachdem Aktepe hinter uns liegt, werden wir doch etwas überrascht von der Landschaft die uns nun erwartet. Auf einmal befinden wir uns inmitten riesiger Lavafelder, die gespickt sind mit kleinen Olivenbäumchen. Eine Recherche zu dieser Gegend in der Provinz Hassa ergibt, dass wir hier in einer Ova („Landschaft, Ebene“) tektonischen Ursprungs unterwegs sind, die in seismisch aktiven Teilen der Türkei vorkommen. Der durch Hassa ziehende Antakya-Kahramanmaraş-Graben ist ein Gebiet, in dem verschiedene tektonische Strukturen nebeneinander existieren und die tektonische Aktivität sehr intensiv ist. Auf beiden Seiten des Grabenfeldes existieren Verwerfungslinien. Während die Verwerfungszone des Toten Meeres den östlichen Teil der Grabenlinie begrenzt, begrenzt die ostanatolische Verwerfungszone den westlichen Teil des Grabens. Fasziniert radeln wir durch die an Island erinnernde „Mondlandschaft“, durch die auch die eine oder andere Ziegenherde getrieben wird. Die heutige Etappe konfrontiert uns aber mit noch einer weiteren Besonderheit, nämlich der unmittelbaren Nähe zur syrischen Grenze. Diese Tatsache stimmt uns angesichts der Lage in diesem Land mal wieder nachdenklich und die Brisanz dieses Grenzgebietes wird durch folgende Begegnung verdeutlicht: Der Fahrer eines Traktor fährt hinter uns her und hält an, um uns davon abzuhalten, dieser Straße weiter zu folgen. In der Richtung würde es nach Syrien gehen und wir sollten unbedingt umkehren und einen anderen Weg einschlagen. Er gibt uns einen Tipp, wie wir am besten zu einer größeren Straße gelangen, der wir dann über die Stadt Kilis nach Gaziantep folgen können. Obwohl laut unseren Navis die von uns gewählte Strecke lediglich parallel zur Grenze verläuft und die empfohlene Route auf den Geräten gar nicht verzeichnet ist, vertrauen wir dem sehr eindringlich formulierten Rat des Traktorfahres und folgen einer kleinen Straße durch die Lava. Als wir ein kleines Dorf erreichen und in einem Laden Wasser kaufen wollen, werden wir direkt von drei Männern zum Tee eingeladen. Auch sie erwähnen, dass wir an dieser Stelle nur drei Kilometer von der syrischen Grenze entfernt sind und bestätigen die Empfehlung der Route über Kilis nach Gaziantep. Um uns auf den rechten Pfad zu bringen, begleitet uns einer der Männer auf seinem Moped ein Stück des Weges. Wieder zu zweit erreichen wir nach einer Weile eine Kreuzung, an der wir eine Entscheidung hinsichtlich der weiteren Fahrt treffen müssen. Biegen wir auf die Hauptstraße ab und radeln auf direktem Weg über Kilis weiter nach Gaziantep oder überqueren wir die Kreuzung, um wieder auf unsere ursprünglich geplante Route zu stoßen, um dieser zu folgen? Während wir diesbezügliche Überlegungen anstellen, kommen mehrere Menschen aus einem sich in Sichtweite befindlichen Zeltlager mit Eimern und anderen Gefäßen vorbei, um auf der gegenüberliegenden Straßenseite an einem Brunnen Wasser zu holen. Bei diesem Lager scheint es sich nicht um eine Unterkunft für Erdbebenopfer zu handeln, ohne es genau zu wissen vermuten wir eher ein syrisches Flüchtlingscamp. Wir entscheiden uns schließlich gegen die verkehrsreiche Hauptstraße und für die weitere, aber vermutlich ruhigere Nebenstrecke, die auf unseren Navis gespeichert ist. Mittlerweile ist die Zeit auch so weit fortgeschritten, dass die Suche nach einem Zeltplatz eingeläutet werden sollte. Die eine oder andere Option wird inspiziert, aber irgendwie kann Heiko sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, hier die Nacht zu verbringen. Manchmal ist es einfach so, dass man sich aus rational nicht erklärbaren Gründen in einer Umgebung nicht wohlfühlt, so geht es Heiko hier und heute. Obwohl die Landschaft total schön ist und faktisch eigentlich nichts anders ist als sonst, passt einfach das Gefühl nicht. Da es aber wichtig ist, dass wir uns stets beide wohlfühlen, beschließen wir, heute auf eine Übernachtung im Zelt zu verzichten und einen kleinen Umweg zu einem Hotel in Kauf zu nehmen. Das übliche Päuschen findet natürlich trotzdem statt, schließlich muss ja auch der geschenkte Kuchen verzehrt werden. Nicht weit vom Ziel entfernt durchqueren wir ein Weinanbaugebiet, wo wir einen deutschsprachigen Türken treffen. Er erzählt uns, dass er durch das Erdbeben sein Haus verloren hat und sich daraufhin eine Hütte auf seinem Weinfeld gebaut hat, was eigentlich nicht erlaubt ist. In der Ferne können wir bereits die gleichförmigen großen Häuser an unserem Zielort İslahiye ausmachen. Je näher wir kommen, desto deutlicher erkennen wir, dass hier riesige neue Wohngebiete gebaut werden und zu einem großen Teil bereits fertig sind. Das schicke, neu eröffnete Hotel Nikopolis befindet sich in unmittelbarer Nähe. Wir checken ein, beziehen unser geräumiges Zimmer und stellen einen Kontrast bei den verschiedenen Ausblicken aus den Fenstern des Hotels fest, der wahrlich bizarr ist: Schaut man aus dem Fenster des Speisesaals, blickt man auf den Hotelpool und die dazugehörigen Sonnenliegen. Zieht man hingegen die Gardine am Fenster unseres Zimmers zurück, schauen wir direkt auf das benachbarte Containerlager für Erdbebenopfer. Das Lager scheint nicht mehr vollständig bewohnt zu sein, aber vereinzelt hängen durchaus bestückte Wäscheleinen in den Gängen zwischen den Containern, spielen Kinder und parken Autos davor. Wir können uns nicht ganz frei machen von diesen Bildern, als wir am Ende eines langen Tages in die Hotelbetten fallen...Leggi altro

  • Kinderreiche Regenrettung

    5 maggio, Turchia ⋅ ☁️ 16 °C

    Wie mit unserer Gastfamilie verabredet stehen wir um 8 Uhr auf und bekommen als erstes einen türkischen Kaffee serviert. Es folgt ein reichhaltiges Frühstück und dann ist es an der Zeit, Abschied von Burak und seiner Familie zu nehmen. Die Räder, die wie wir in der Wohnung übernachtet haben, werden in den Vorgarten verfrachtet und beladen. Um das Erinnerungsfoto kümmert sich Beyzan, die angesichts einer allergisch bedingten "dicken Lippe" lieber hinter der Kamera bleiben möchte. Wir rollen winkend vom Hof und zurück auf die uns von gestern bereits bekannte Hauptstraße. Am Ortsende ändert sich die Größe der Straße ebenso wie der Untergrund drastisch. Fortan haben wir auf einer schmalen Piste Schotter unter den Reifen, hin und wieder abgelöst durch Wasser. An mehreren Stellen ist der Weg überflutet und wenn die Bodenbeschaffenheit oder die Wassertiefe kein vorsichtiges Durchfahren oder Durchschieben erlauben, ist Abladen und Einzelteile tragen angesagt. Für ein Teilstück wechseln wir kurzzeitig wieder auf die Hauptstraße, dort nervt aber der Verkehr. Also holpern wir doch auf Schotter weiter und kühlen zwischendurch beim Durchwaten der überschwemmten Abschnitte unsere Füße, wir haben ja Zeit...! Entlang des Weges kommen wir an vereinzelten kleinen Häusern vorbei, plötzlich rufen uns von zwei Grundstücken Menschen zu. Sowohl auf der rechten als auch auf der linken Wegseite winkt man uns heran und möchte uns zum Tee einladen. Die Entscheidung ist nicht leicht, wir wollen ja niemanden vor den Kopf stoßen. Ganz pragmatisch biegen wir auf das Grundstück ab, dass am dichtesten liegt. Während die Frau uns türkischen Kaffee vorbereitet, führt der Mann uns durch seinen Garten. Dieser dient der Selbstversorgung und es wächst dort tatsächlich von Obst bis Gemüse alles, was das Herz begehrt. Dazu wuseln noch ein Hund, eine Katze und viele Hühner auf dem Grundstück herum. Wir erfahren, dass die Familie durch das Erdbeben ihr Haus verloren hat und deshalb nun hier lebt. Eine Weile sitzen wir mit dem Ehepaar sowie einem etwas größeren und einem kleinen Mädchen am Tisch, trinken Kaffee und essen die ebenfalls servierten Süßigkeiten. Im Verlauf gesellt sich noch der Bruder unseres Gastgebers, der auf einem Traktor angeknattert kommt (und unbedingt fotografiert werden will) dazu. Als wir die Weiterfahrt antreten wollen, müssen wir feststellen, dass die Nachbarn des schräg gegenüberliegenden Hauses uns nicht vergessen haben. Erneut winken sie und rufen: „Çay, Çay!“ So nett und durchaus verlockend das natürlich ist, wir können einfach nicht alle paar Meter Tee trinken und türkische Köstlichkeiten futtern. So belassen wir es bei einem Gruß und radeln weiter. Der Himmel zeigt sich zunehmend bewölkt und es fallen zwischendurch immer mal wieder ein paar wenige Regentopfen. Am frühen Nachmittag nimmt die Anzahl der Tropfen dann aber leider in einem solchen Umfang zu, dass wir von echtem Regen sprechen müssen und der dunkelgraue Himmel verheißt für den Rest des Tages nichts Gutes. Wir sind schon reichlich nass, als wir eine überdachte hölzerne Sitzgruppe auf einem Schulhof erreichen und Schutz suchen. Abwarten und im wahrsten Sinne des Wortes Tee trinken, so lautet zunächst unserer Devise. Die Zeit verstreicht und es wird weder trockener noch gemütlicher, obendrein frieren wir inzwischen nicht zu wenig. Nun ist guter Rat teuer, zumal unser Zelt zwar bei gutem Wetter super ist, aber bei ausgeprägter Nässe von oben dezente Schwächen aufweist…! Idee Heiko: „Wir könnten zu einem Hotel fahren. Das nächste ist 38km entfernt, um acht könnten wir da sein.“ Claudia reagiert mittelbegeistert und formuliert eine halbherzige Gegenidee: „Ich gehe mit dem Regenschirm durch das Dorf und guck mal, ob ich eine überdachte Zeltoption sehe.“ Gesagt, getan, Claudia stapft in Flipflops mit Regenschirm durch die nassen Straßen. Nach wenigen Schritten ist die Sackgasse einer kleinen Straße erreicht, wo eine Frau auf Claudia aufmerksam wird und sie anspricht. Und da haben wir den Salat…, GUCKEN wollte Claudia nach einem möglichen Lagerplatz, SPRECHEN in türkischer Sprache ist dagegen ganz klar Heikos Fachgebiet. Der sitzt aber auf dem Schulhof und die Frau versteht natürlich kein Englisch. Okay, dann also die wenigen bekannten türkischen Vokabeln „turistler, Almanya, bisiklet, çadır, bir gece, eşim, okul“ aufsagen und mit mehr oder weniger gekonnter Mimik und Gestik zu einem Anliegen verbinden, das hoffentlich zumindest ansatzweise verstanden wird. Inzwischen hat sich auch eine Schar von Kindern unterschiedlichen Alters eingefunden und beteiligt sich rege an der Auflösung des Rätsels. Um dem Scharade-Spiel im Regen auf die Sprünge zu helfen, zückt die Frau ihr Telefon, ruft jemanden an und hält Claudia das Telefon hin. Bei der Stimme am anderen Ende handelt es sich um ihren Bruder, der ein Juweliergeschäft in Antalya betreibt und deutsch spricht, juhuuu! Alles kein Problem heißt es am Ende und dann werden wir (mal wieder) von einer riesigen Welle Gastfreundschaft überrollt. Die Kids wollen Claudia nicht mal mehr zurück zur Schule gehen lassen, sondern am liebsten Heiko und die Räder allein abholen. Der Kompromiss ist ein gemeinsamer Gang zur Schule, wo Heiko kurz darauf von einer Horde Menschen überrascht wird. Zurück am Haus wird uns eine große Garage geöffnet, wo wir unsere Räder parken können, dann werden wir in das sehr geräumige Wohnzimmer gebeten. Schon auf dem Weg zum Haus hat ein Junge Heiko als Fußballgesprächspartner auserkoren, nun schenkt er ihm ein Trikot seines Lieblingsvereins Fenerbahçe Istanbul, welches sofort angezogen wird. Wir werden auf dem Sofa platziert und alle Menschen, ob groß oder klein, sind um unser Wohlbefinden bemüht. Ein Heizstrahler wird eingeschaltet und direkt vor uns aufgestellt, wärmende Kleidung wird herangeschafft, die wir anziehen sollen (Widerstand zwecklos…) und in der Küche wird Tee und etwas zu essen vorbereitet. Innerhalb kürzester Zeit steht eine komplette Mahlzeit vor uns. Die Herzlichkeit dieser Menschen, bei denen sich uns die familiären Zusammenhänge nicht vollständig erschließen, ist kaum in Worte zu fassen. Wir verleben, vor allem auch dank der vielen Kinder, einen kurzweiligen Abend. Ob es der geschätzt dreijährige Junge ist, der mit uns herumtobt, die etwa zehnjährige Betül, die mit Heiko Bilder malt, die hinreißende zwölfjährige Sultan oder die etwas älteren Mädels (leider erinnern wird nur den Namen Zeynep…), die ihre Schulenglischkenntnisse zum Besten geben, sie alle machen den Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis. Uns beschleicht eine leise Vorahnung, als wir plötzlich wieder verdächtige Geräusche und Gerüche aus der Küche wahrnehmen, die Bestätigung lässt schließlich nicht lange auf sich warten. Noch satt von der üppigen Begrüßungsmahlzeit teilt man uns mit, dass das Abendessen nun fertig sei. Auch der Familienvater ist inzwischen eingetroffen und nun sitzen wir alle gemeinsam auf dem Fußboden um eine Decke herum, auf der immer mehr gefüllte Schüsseln und Teller abgestellt werden. Das Essen erweist sich als Hochgenuss, von der perfekt gewürzten Suppe und dem Hühnchengericht mit orientalisch angehauchtem Reis bis hin zu den vielen Beilagen sind wir restlos begeistert. Satt, satter, am sattesten – wir sind definitiv bei Stufe 3 angekommen. Im Hinterkopf schwirrt allerdings noch leise und bedrohlich die Frage, die Zeynep irgendwann zwischendurch gestellt hat: „Mögt ihr Pudding?“ Es ist kaum zu glauben, aber auch an dieser Stelle haben wir die Familie unterschätzt. Der nächste Gang wird hereingetragen, jeder erhält einen Teller mit zwei Stücken von in Sirup getränktem Kuchen und uns beiden wird ZUSÄTZLICH noch je eine rosa Schale mit selbstgemachtem Schokoladenpudding kredenzt, puh! Um zu verhindern, dass wir platzen, verschieben wir den Verzehr des Puddings auf das morgige Frühstück und lassen auch die Finger von den im Raum verteilten Nusstellern. Ein paar Gläser Tee schlürfen wir noch in Gesellschaft, bevor die allgemeine Nachtruhe eingeläutet wird. Mitten im großen Wohnzimmer richtet man uns ein Lager her. Müde und reichlich übersättigt, aber auch unfassbar dankbar für diese Begegnung machen wir die Augen für heute zu.Leggi altro

  • Überraschung in Kırıkhan

    4 maggio, Turchia ⋅ ☀️ 22 °C

    Nach dem einigermaßen faulen gestrigen Tag, klingelt uns der Wecker heute um sieben Uhr aus dem Bett. Wir machen uns wieder ein kleines Frühstück im Hotelzimmer, bevor wir packen, auschecken und um neun Uhr in die Pedale treten. Einen kurzen Stopp legen wir noch an einem Supermarkt ein, dann steht Frühsport auf dem Programm. Mit Verlassen der Stadt und Erreichen der Hauptstraße beginnt sofort der Anstieg, von Meeresniveau sollen wir uns auf 700m hinauf arbeiten. Nicht lange dauert es, bis wir beim Blick zurück İskenderun nur noch aus der Ferne/ Höhe sehen. Durch den hübsch anzusehenden Ort Belen, wo wir kurz abseits der Hauptstraße radeln, führt unser Weg weiter hinauf. Wie immer ist auch diese Bergauffahrt irgendwann geschafft und mit Erreichen des höchsten Punktes verlassen wir auch die Hauptstraße - perfekte Voraussetzungen für eine ausgedehnte Chips- und Teepause. Während wir hier sitzen, wird uns bewusst, wie nah wir uns nun an der syrischen Grenze befinden, möglicherweise gehört die am Horizont sichtbare Hügelkette schon nicht mehr zur Türkei. Wir machen uns Gedanken über die weltpolitische Lage, stellen uns Fragen über mögliche zukünftige Szenarien und sind uns einig in der Feststellung, dass das Radreisen und damit verbunden auch die Vorausplanung der gewünschten Fortsetzung unserer Tour deutlich an Unbeschwertheit eingebüßt hat. Im Gegenteil: Zunehmend mischen sich Sorgen in die Urlaubsgedankenspiele, die eine längerfristige Routenüberlegung kaum zulassen angesichts der gefühlt unberechenbaren Lage. Bleiben wir aber zunächst im Hier und Jetzt und folgender Regel: Wo es hinauf geht, geht's auch wieder hinunter! Unter strahlend blauem Himmel und umgeben von herrlicher Natur folgen wir einer Schotterpiste, die uns Meter um Meter an Höhe verlieren lässt. Eine ganze Weile betreiben wir "Genussradeln", bis wir geplantermaßen auf die Hauptstraße in Richtung Kırıkhan stoßen. Diesen Ort wollen wir für einen Einkauf nutzen und dann auch möglichst bald die Suche nach einem Lagerplatz für die Nacht starten. Bei extrem angenehmem und hilfreichem Rückenwind nähern wir uns Kırıkhan, mehr noch als in İskenderun gewinnen wir auf dieser Fahrt Eindrücke des vergangenen Erdbebens, die nicht spurlos an uns vorbeigehen: Große Schuttflächen, Container-Lager, zerstörte Gebäude. Am scheinbar provisorisch errichteten Supermarkt BIM halten wir an und Claudia, die in der Regel die "Einkaufsbeauftragte" der Reisegruppe ist, verschwindet im Laden. Als sie mit vollen Tüten wieder herauskommt, ist Heiko nicht mehr allein. Er stellt Claudia Burak vor, der ihn während des Wartens vor dem Supermarkt angesprochen und auch direkt eingeladen hat. Was für eine Überraschung! Wir nehmen die Einladung an und folgen Burak zu seinem Haus, welches zwei Kilometer entfernt in der Richtung liegt, aus welcher wir gerade gekommen sind. Nicht viel später parken unsere Fahrräder vor dem Haus und wir sitzen auf dem großzügigen Balkon der Hochparterre-Wohnung unter einem Maulbeerbaum. Buraks Vater ist ebenfalls vor Ort und per Video-Telefonat wird auch noch seine Schwester, die in New York lebt, zugeschaltet. Wir knabbern leckere Maulbeeren, bis auch Buraks Mutter sowie seine jüngere Schwester Beyza eintreffen, die uns zusätzlich mit Tee versorgen. Wir verbringen einen netten gemeinsamen Abend, essen zusammen im Wohnzimmer Baklava und Sesamgebäck bei türkischem Kaffee und nach einer Dusche reichlich Kebab mit Brot und Salat, was Buraks Mutter spontan hat liefern lassen. Burak erzählt sowohl von vielen Reisen innerhalb der Türkei sowie in Europa, die er unternommen hat, als auch von seiner Stationierung als Soldat auf Nordzypern. Das gold verzierte Geschirr, welches wir heute nutzen, habe Burak seiner Mutter aus dieser Zeit in Nordzypern mitgebracht, berichtet sie uns und erwähnt in diesem Zusammenhang, dass viele Teile davon leider während des Erdbebebens zu Bruch gegangen sind. Wir erfahren, dass die Familie vor dem Erdbeben eine Wohnung im 7. Stock bewohnt und dort auch die Katastrophe erlebt hat. Das Haus ist nicht mehr bewohnbar, weshalb sie nun hier leben und wohl auch eine Wohnung in einem Hochhaus keine Option mehr ist. Wir merken es inzwischen immer wieder: Das Erdbeben hat Spuren hinterlassen, in der Landschaft, den Städten und nicht zuletzt bei den Menschen.
    Beyzan stellt uns ihr Zimmer für die Nacht zur Verfügung und nachdem wir uns auf eine Frühstückszeit geeinigt haben, wünschen wir uns alle für heute: "İyi geceler!"
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  • İskender-Kebab in Iskenderun

    3 maggio, Turchia ⋅ ⛅ 20 °C

    Frühstück hat unser Hotel leider nicht im Angebot, so kommt der Gaskocher heute auch mal zu einem Indoor-Einsatz. In typischer Zeltmanier genießen wir spät und ausgiebig die erste Mahlzeit des Tages im Hotelzimmer. Die folgenden Stunden gestalten wir sehr entspannt. Sowohl den Fahrrädern als auch uns sei nämlich heute mal wieder ein "Ruhetag" gegönnt. Wie bereits in Adana gibt es auch in İskenderun keine Sehenswürdigkeiten in Hülle und Fülle, so dass wir tatsächlich einen sehr gemütlichen Tag verleben. Bei einem Spaziergang entlang der Uferpromenade lassen wir uns unter blauem Himmel den recht kräftigen Wind um die Nase wehen. Nachdem wir gestern Abend bereits den İskenderun Monument Square besucht haben, stehen heute weitere kleine Sehenswürdigkeiten auf dem Programm. Mit dem "Şehitler Abidesi" und dem "Şehitler Anıtı" besichtigen wir auf unserem Spaziergang zwei weitere Denkmäler der Stadt İskenderun, wobei wir den näheren Hintergrund leider nicht eruieren können. Weiter am Wasser entlang passieren wir die "Nihal Atakas Camii", die im Vergleich zu den meisten bislang gesehenen Moscheen durch eine außergewöhnliche Architektur besticht. Auf der Terasse eines Cafés kurz hinter der Moschee lassen wir uns die steife Brise um die Nase wehen und genießen köstlichen Zitronen-, bzw. Käsekuchen und schlürfen den einen oder anderen Tee. Wir schwenken etwas landeinwärts an, um natürlich noch einen Blick auf den nicht mehr in Betrieb befindlichen Leuchtturm zu werfen. Gewisse Bauwerke darf man als gute Tochter einfach nicht auslassen...! Damit der Ruhetag seinem Namen am Ende auch alles Ehre macht, begeben wir uns nach diesem absolvierten "Gewaltmarsch" von bestimmt drei Kilometern erstmals wieder in unser Hotelzimmer und machen Pause. Naja, und als wir das "Päuschen" für beendet erklären, ist es auch schon wieder Zeit für das Abendessen, was für ein Zufall...! Im Gegensatz zu gestern bleiben wir heute der türkischen Küche treu: Zum Abschluss des Tages gibt es passenderweise İskenderkebab in İskenderun.Leggi altro

  • Provinz Hatay und İskenderun

    2 maggio, Turchia ⋅ ☀️ 21 °C

    Claudia wird am Morgen davon wach, dass irgendetwas laut des Abhang zu unserem Zeltplatz hinunterpoltert. Der erste Verdacht, dass es sich um einen Traktor handeln könnte, bestätigt sich nicht und wäre bei etwas logischem Nachdenken auch gar nicht möglich gewesen. Der Blick aus dem Zelt offenbart, dass stattdessen eine Schafherde die kleine steile Rampe runtergetrieben wird. Schnell Heiko wecken, denn es dauert nicht lang, bis auch die bellenden Hunde und der freundliche Hirte unser Zelt erreichen. Letzterer möchte uns zum Frühstück zu seinem Haus einladen, was Heiko aber dankend ablehnt und den Kocher für die Zubereitung unserer morgendlichen Heißgetränke anwirft. Es dauert keine zehn Minuten, da steht der Hirte wieder vor unserem Zelt und informiert uns darüber, dass seine Mutter bereits das Frühstück vorbereitet. Also gut: Kocher wieder aus, Sachen packen, Zelt abbauen, Räder beladen...! Der Hirte sitzt etwas abseits im Gras und wartet geduldig, bis wir fertig sind. Im seinem und dem Geleit von einer Herde Schafen und zwei Hunden marschieren wir schließlich zum 400m entfernten Hof. Neben der mähenden Schafherde muhen auch Kühe und gackern Hühner auf dem Gelände, über unseren Köpfen schwirren und zwitschern reichlich Schwalben und Spatzen. Wir lernen die Mutter des Hirten kennen, die uns vor dem Haus ein herrliches Frühstück mit Brot, Schafskäse, eingelegten Oliven von eigenen Bäumen, gekochten Eiern und natürlich Tee serviert. Heiko hat in der Nacht neben bellenden Hunden auch ein Heulen gehört, jetzt erfahren wir, dass diese Laute wohl von Schakalen stammen. Außerdem berichtet der Hirte von etwa 60 Wildschweinen, die hier im Umkreis unterwegs sind. Da die Tiere das Getreide zerstören, werden sie geschossen und angesichts des Umstandes, dass Türken kein Schweinefleisch essen, an Chinesen verkauft, die in unmittelbarer Nähe ein Kraftwerk betreiben. Als wir dem Hirten auf Nachfrage unsere weitere Roure zeigen, empfiehlt er uns eine Änderung. Auf der von ihm empfohlenen Strecke sei weniger Verkehr und es sei insgesamt schöner als auf der von uns vorgesehenen Route, die wohl an einem Kraftwerk vorbeiführt und stark von LKW frequentiert wird. Wir folgen der Empfehlung, die sich auch als absolut richtig erweist. In der Ferne sehen wir deutlich die Rauschschwaden der Industrieanlagen, von denen wir auf der Nebenstraße (noch) verschont bleiben. In einem winzigen Dorf legen wir eine kleine Rast an einer Bushaltestelle ein. Inzwischen war unsere Entscheidung gefallen, durch die Region Hatay zu fahren. An der Beschriftung der Bushaltestellenbänke erkennen wir nun, dass die Provinz Adana hinter uns liegt und das Dorf bereits zu Hatay gehört, wo in der Nacht auf den 06. Februar 2023 die Erde bebte. Der Gedanke, dass durch dieses verheerende Erdbeben hier im letzten Jahr tausende Menschen ihr Leben und unzählige ihr Zuhause mit allem Hab und Gut verloren haben fährt fortan mit. Während wir hier noch so sitzen, kommt ein junger Mann vorbei und stellt interessierte Frage. Ein Viertelstündchen später taucht er erneut auf, um uns eine große Tüte voll mit Orangen zu schenken. Mit reichlich Vitamin C im Fahrradkörbchen radeln wir weiter und erreichen kurz darauf die Hauptstraße, der wir nun bis zum Zielort İskenderun nicht mehr entkommen können. Viel lauter Verkehr, vor allem LKW, braust an uns vorbei und der erste Mittelmeerblick (wir sind nur einen Steinwurf von der Küste entfernt...) wird durch mächtige Industrieanlagen in der Freihandelszone verhindert. Kurz vor Erreichen der Stadt können wir dann doch noch einen Blick auf das Mittelmeer erhaschen, wenn dieser auch bei weitem nicht so grandios und besonders ist wie der bei Erreichen des Schwarzen Meeres im letzten Jahr. Mit der Einfahrt in İskenderun sind dann auch für uns erstmals die durch das Erdbeben angerichteten Folgen nicht mehr zu übersehen: Lücken, wo einst Häuser standen, zerstörte Gebäude, nach wie vor Container- und Zeltunterkünfte in der Stadt. In zentraler Lage liegt das Diamond Palace Hotel, wo wir gegen 19 Uhr einchecken. Unser Zimmer ist sehr groß und geräumig, darüber hinaus aber eher "mittelmäßig". Im letzten Abendlicht zieht es uns nach einer Dusche noch einmal hinaus an die Promenade. Wir besuchen einen bedeutenden Platz der Stadt, den
    İskenderun Monument Square (İskenderun Anıt Meydanı), auf dem natürlich auch ein Mahnmal des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk nicht fehlen darf. Leider stehen das auf einem Marmorsockel montierte Bronzewerk von Atatürk im Militäranzug auf einem sich aufbäumenden Pferd sowie der größte Teil des Platzes unter Wasser, was wir zunächst auf Regenfälle in den letzten Tagen zurückführen. Später erfahren wir allerdings, dass der Küstenstreifen an dieser Stelle durch das Erdbeben um einen Meter abesackt ist. Das erklärt natürlich einiges...!
    Zum Abschluss des Tages wird es dann tatsächlich türkei-untypisch: In einer recht belebten Straße, man könnte fast "Partymeile" sagen, bestellen wir Burger und Pizza und sogar auf die geliebte türkische Nachspeise verzichten wir. Vielleicht morgen wieder...
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  • Catering-Day

    1 maggio, Turchia ⋅ ☁️ 23 °C

    Das flaue Gefühl, speziell in Claudias Magen, ist zwar noch nicht vollständig verflogen, aber ein kleines Frühstück im Hotel geht heute immerhin wieder.
    Wir entscheiden uns dafür, Adana zu verlassen und die Fahrt fortzusetzen.
    Viertel nach zehn ist es, als wir auf den Rädern sitzen und uns über einige Kilometer aus der Stadt herausnavigieren. Die Gegend wird nun dominiert von Kleininustrie und Landwirtschaft. Viele Menschen sind zur Kartoffel- und Zwiebelernte auf den Feldern, auf den weitläufigen Obstplantagen geben die Bewässerungsanlagen ihr Bestes. Die wenigen Häuser entlang der Straße, auf der wir parallel zu Hauptstraße rollen, wirken deutlich heruntergekommen, außerdem fällt in diesem Abschnitt wie schon das eine oder andere Mal zuvor ein hohes Maß an "Vermüllung" auf. An einem Feldrand lassen wir uns zu einer ersten Pause nieder, der Bauer blockiert extra einen der vielen kleinen Wassersprenger, um uns vor einer Dusche zu bewahren. Anlass zu Freude und Erleichterung gibt die Feststellung, dass Claudias Befinden sich im Tagesverlauf zunehmend bessert, es kann also weitergehen.
    Wir erreichen bald den etwas größeren Ort Ceyhan, wo wir uns mit Proviant eindecken wollen. Vor einem kleinen Markt treffen wir einen in Stuttgart lebenden Türken und kommen ins Gespräch. Unter anderem warnt er uns vor Starkregen, der für die nächsten drei Tage in dieser Region angekündigt sei. Auch das Erdbeben des letzten Jahres wird kurz thematisiert. Jetzt, wo wir uns inzwischen merklich dem Gebiet Hatay nähern, welches von der Katastrophe betroffen war, haben wir immer mal wieder überlegt, ob das Radeln durch diesen Bereich wirklich eine gute Idee ist. Wie stellt sich die Situation dort heute dar? Sind wir als Touristen willkommen oder könnte unser Besuch als pietätlos wahrgenommen werden? Viele Gedanken haben wir uns in den letzten Tagen gemacht und immer wieder abgewogen, ob wir das Gebiet lieber meiden und umfahren sollten oder nicht. Der Mann aus Stuttgart sieht überhaupt kein Problem darin, durch Hatay zu reisen: "Alles gut, die Straßen sind alle wieder befahrbar, der Schutt ist weggeräumt, die Menschen leben ihr Leben." Mit weiterhin eher gemischten Gefühlen radeln wir weiter. Kurz vor der Stadtausfahrt werden wir von einem Auto überholt, aus dem Beifahrerfenster grüßt uns eine Frau und winkt uns freundlich zu. Als wir an der folgenden Ampel das Auto erreichen und daneben zum Stehen kommen, reicht die Frau einen großen Teller voll mit Kuchen aus dem Fenster, von dem wir uns bedienen sollen. Was für eine Szene: Viel Verkehr, mehrspurige Straße, große Hauptstraßenkreuzung..., und wir suchen uns mittendrin leckere Brownies vom Kuchenteller aus. Die Ampel springt auf grün, wir winken der Frau zu, mampfen schon Kuchen und überqueren einhändig, weil Kuchen in der anderen Hand, die Kreuzung. Herrlich! Der weitere Streckenverlauf ist unspektakulär, unser Fokus liegt bald der Suche nach einem Schlafplatz. Eine ganze Weile halten wir vergeblich die Augen offen, nirgends bietet sich auch nur ansatzweise ein Platz für unser Zelt an. Als die Situation gerade etwas auf die Stimmung zu drücken droht, wird dies vom nächsten "Überraschungsauto" verhindert. Das Fahrzeug überholt uns und kommt dann zum Stehen. Zwei Männer steigen aus und fragen, ob wir Lahmacun essen möchten. Einer der Männer öffnet die hintere Wagentür und präsentiert uns die Köstlichkeit. Und so kommt es, dass wir zum zweiten Mal in diesem Urlaub am Straßenrand mit warmen Lahmacun verwöhnt werden und zum zweiten Mal an diesem Tag mit Leckereien aus dem Auto bedient werden. Die Männer fahren schließlich in die gleiche Richtung zurück aus der sie gekommen sind. Scheinbar haben sie uns vorher gesehen und sind extra hinter uns hergefahren. Irre! Ist denn heute Catering-Day? Auf jeden Fall ist die türkische Pizza ausgesprochen lecker und das Erlebnis stimmungsaufhellend, nun brauchen wir nur noch ein Nachtlager. Kurz vor Sonnenuntergang werden wir schließlich fündig. Einen kleinen Abhang rumpeln wir herunter, um eine Wiese unterhalb der Straße zu erreichen. Das Zelt wird aufgebaut und es gibt noch einen abendlichen Tee mit Keks, satt sind wir dank des Caterings ja bereits. Viele umherschwirrende Glühwürmchen leisten uns Gesellschaft, als wir auf unseren Campingstühlen den Tag ausklingen lassen.

    Glühwürmchen
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  • Ausgebremst...

    30 aprile, Turchia ⋅ ☁️ 30 °C

    Ob es der gestrige Adana-Kebab oder etwas anderes war - wir wissen es nicht...! Auf jeden Fall bremst uns heute ein reichlich irritierter Magen-Darm-Trakt aus. Heiko, den es im Gegensatz zu Claudia nur leicht erwischt hat, besucht im Tagesverlauf einmal einen nahegelegenen Supermarkt, um uns mit Getränken und Salzstangen zu versorgen, ansonsten bleiben wir dem Hotelbett treu. Auf dem kleinen Handybildschirm schauen wir den Tatort vom letzten Sonntag, am Abend zeigt ein türkischer Sender das Champions-League-Halbfinale zwischen Bayern München und Real Madrid. Ja, und damit sind die High- und Lowlights des Tages auch bereits erzählt. Gute Nacht!Leggi altro

  • Aller guten Dinge in Adana sind drei

    29 aprile, Turchia ⋅ ☀️ 32 °C

    Ausgeschlafen begeben wir uns an das Frühstücksbuffet des Hotels und dieses lässt keine Wünsche offen. Wir bedienen uns an den vielen Köstlichkeiten und schlagen uns die Bäuche so voll, dass wir im Anschluss nicht sofort in Aktionismus verfallen können. Stattdessen geben wir uns im Zimmer unserer Trägheit hin und verlassen erst am frühen Nachmittag das Hotel. Immerhin wussten wir durch unsere Recherche bereits, dass die Anzahl an Sehenswürdigkeiten im fußläufig erreichbaren Umkreis eher begrenzt ist. Als erstes steuern wir die Sabancı Zentralmoschee (Sabanci Merkez Camii) an, bei welcher es sich um die größte Moschee der Stadt Adana handelt. Baubeginn des im osmanischen Stil erbauten Gebäudekomplexes war 1988, die Eröffnung erfolgte zehn Jahre später. Oft wird die für 28.500 Betende ausgelegte Moschee mit der Selimiye Moschee in Edirne, die wir 2021 besucht haben, verglichen. Die Zentralmoschee liegt am Ufer des Flusses Seyhan im Zentrum der Stadt, in Sichtweite befindet sich bereits unser zweites Ziel. Die Taşköprü (Steinbrücke) in Adana ist das wichtigste Wahrzeichen von Adana und angeblich eine der ältesten noch in Betrieb befindlichen Brücken der Welt. Eher traurig anzusehen ist der Umstand, dass der Fluss Seyhan kaum Wasser führt, sondern sich vielmehr als fast trockenes Flussbett präsentiert. Die bunten Tretboote, die wie an einer Perlenkette aufgereiht im Gras liegen, wo sie eigentlich auf dem Wasser schaukeln sollten, bieten einen ziemlich skurrilen Anblick. Wir spazieren weiter zu einem historischen Turm in Adana, dem großen Uhrenturm (Büyük Saat Kulesi), der im Jahr 1882 fertiggestellt wurde. Der 32 Meter hohe Backsteinturm, für den ein spezielles Uhrwerk aus Deutschland erworben wurde, hat die Form eines quadratischen Prismas, die Fundamenttiefe soll 35 Meter betragen. Selbst einem schweren Erdbeben in Adana im Jahr 1998 konnte der Uhrenturm dank seiner soliden Bauweise standhalten.
    Nach diesen drei Wahnsinnsattraktionen erklären wir unser Touristenprogramm für beendet und schlendern noch ein wenig ziellos durch die Gegend. Tatsächlich sind wir ganz froh, dass Adana nicht sehr viele interessante Schauplätze bereithält. So ergibt sich für uns gar nicht erst die Situation, dass der "Ruhetag" in Stress ausarten könnte, weil wir unbedingt alles sehen möchten, sondern wird seinem Namen sehr gerecht. In der Nähe unseres Hotels finden wir schließlich ein nettes Lokal in einer kleinen Seitenstraße, vor welchem wir uns erneut Adana-Kebab gönnen, während unter den Tischen sehr niedliche Katzenkinder herumtoben. Satt und zufrieden sind nun nur noch wenige Schritte nötig, um im Hotel ins Bett zu fallen.
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  • Adana-Kebab in Adana

    28 aprile, Turchia ⋅ ☁️ 25 °C

    Erfreut stellen wir am Morgen fest, dass vom Gewitter nichts mehr übrig ist und im Zelt, dass bekanntermaßen bei Regen die eine oder andere kleine Schwachstelle aufweist, alles trocken geblieben ist. Nach dem Frühstück machen wir uns im wahrsten Sinne des Wortes vom Acker. Sehr entspannt geht es los, wir müssen eine ganze Weile lediglich auf dem Fahrrad sitzen und lenken. Aus 1300m Höhe geht es nämlich erst einmal hinab bis unter 500m. Ein bisschen ist es so, als würden wir mit der Abfahrt in eine neue Welt eintauchen. Wir lassen die felsige und eher karge Gebirgswelt hinter uns und finden uns inmitten völlig anderer Vegetation wieder. Oliven-, Feigen-, Granatapfel- und Zitrusfrüchtebäume sehen wir nun rechts und links der Straße, außerdem reichlich bunt blühende Blumen, Büsche und Kakteen sowie Palmen. Selbst die Luft ist irgendwie anders, ein erstes "Mittelmeer-Gefühl" kommt auf. Etwas weniger idyllisch gestaltet sich ein Abschnitt, den wir auf der Bundesstraße radeln, dafür kommen wir hier aber ziemlich flott voran. Wieder abseits des Autoverkehrs folgen wir einer Schotterpiste. Unterbrochen wird unsere Fahrt auf dieser Nebenstrecke kurz, weil eine Senke überflutet ist. Also: Räder abladen, mit den Taschen durch das Wasser waten und schließlich Fahrräder ans andere Ufer tragen. Weiter geht's durch eine überwiegend landwirtschaftliche Gegend, bis wir das Bedürfnis nach einem Päuschen verspüren. Kaum steigen wir vom Rad ab, wird ein Autofahrer auf uns aufmerksam, der gerade in die Einfahrt zu seinem Grundstücks abbiegen will. Er spricht uns an und fragt, ob er uns auf ein Getränk einladen darf. Wir nehmen das Angebot an und schieben unsere Fahrräder durch das große Eisentor auf das Grundstück. Von der Straße konnte man nicht erkennen, dass sich hier ein kleines Paradies verbirgt. Onur bietet uns Stühle im herrlichen Garten unter einem Maulbeerbaum an und serviert uns ein Glas Wasser. Kurz darauf gesellen sich seine Frau, seine Schwägerin und seine Schwiegereltern zu uns. Wir erfahren, dass Onur Sales Manager bei Audi ist und dadurch auch schon oft in Deutschland war. Seine Frau arbeitet als Englischlehrerin, was die Kommunikation sehr erleichtert. Die beiden wohnen eigentlich im Mersin und sind aktuell zu Besuch hier. Während wir gemeinsam im Garten sitzen, bringt man uns nacheinander frisch gepressten Saft von Grapefruits aus dem Garten, Kaffee, selbstgemachte Börek sowie diverse Früchte direkt vom Baum. Wir sind beeindruckt, was alles in diesem Garten wächst: Zitronen und Pfirsiche in rauen Mengen, die auch verkauft werden, daneben für den Eigenbedarf Grapefruits, Orangen, japanische Pflaumen in süßer und saurer Form, Maulbeeren, uns unbekannte Früchte sowie verschiedene Gemüsesorten. Mit Plastiktüten bewaffnet machen wir alle zusammen einen Rundgang durch diese herrliche Oase, es soll fruchtiges Proviant für die Fahrt gepflückt werden. Auch die Börekreste sollen wir uns einpacken, verhungern werden wir also heute definitiv nicht. Nach einem Abschiedsfoto verlassen wir dankbar diese supernette Familie und setzen unsere Etappe fort. Mit Rückenwind düsen wir in flotter Geschwindigkeit durch ebenes Terrain in Richtung Adana. Nach dem ständigen Wechsel von bergauf und bergab genießen wir es sehr, mal wieder durch eine "platte Gegend" zu fahren, ganz simpel Fahrradfahren, herrlich. Während wir auf einem Hauptstraßenabschnitt unterwegs sind, passiert es uns nicht zum ersten Mal, dass wir bei einer Polizeikontrolle herausgewunken werden. In der Regel scheint dies stets neugierig motiviert zu sein, die schwer bewaffneten Polizisten wirken zwar etwas befremdlich auf uns, sind aber immer sehr freundlich, heißen uns willkommen und zeigen sich interessiert an unserer Reise. An einer Kontrollen bekamen wir zwei Flaschen Wasser geschenkt, heute dient das Herauswinken dazu, uns beiden jeweils einen Pfirsich in die Hand zu drücken und uns eine gute Reise zu wünschen. Kurz vor Erreichen der Millionenstadt Adana wollen wir am Straßenrand noch eine kleine Rast mit Heißgetränk und etwas Obst einlegen. Es dauert allerdings nicht lange, bis ein Transporter hält und der Fahrer sowie sein kleiner Sohn aussteigen. Der Fahrer möchte uns in sein Haus zum Essen einladen. Das ist zwar total nett, aber wir können uns nicht von einer Einladung zur nächsten hangeln. Irgendwann würden unsere Mägen streiken und unser Ziel würden wir auch nicht erreichen. Heiko lehnt also auf türkisch dankend ab, was in diesem Fall aber nicht wirklich akzeptiert wird. Immer wieder redet der Mann auf uns ein, dass wir doch zum Essen kommen sollen, sein Sohn übersetzt uns das Anliegen auf seinem Handy. Er lässt nicht locker und als wir das Ganze irgendwann als etwas zu aufdringlich empfinden, brechen wir unsere Pause ab, verabschieden uns und radeln weiter. Nach etwas mehr als zehn Kilometern auf teilweise palmengesäumten Straßen erreichen wir Adana, wo wir das Hotel İbis ansteuern. Unsere Räder parken wir in der Tiefgarage und uns selbst in einem netten Zimmer in der vierten Etage. Nachdem wir uns einer Grundreinigung unterzogen haben, verlassen wir das Hotel, um in der Stadt essen zu gehen. Kaum aus der Tür heraus treffen wir auf einen Taxifahrer, der eine Empfehlung für uns parat hat. Das Elem-Restaurant ist schnell gefunden und der Tipp erweist sich als ausgezeichnet. Wir sitzen bei angenehmen Temperaturen draußen und genießen hervorragenden Adana-Kebab in Adana. Ein paar Straßen weiter genehmigen wir uns dann noch einen türkischen Kaffee und die hier typische Nachspeise Kadayif mit Sahne, köstlich! Was geht es uns doch gut! Auf dem Rückweg zum Hotel machen wir noch einen kleinen Umweg an der beleuchteten Sabancı-Moschee und dem Fluss Seyhan entlang. Morgen werden wir noch einmal bei Tageslicht wiederkommen, denn geplant ist ein Ruhe-, bzw. Sightseeingtag hier in Adana.Leggi altro