Caminho Portugues

August 2023
Am 14.08. Staret mein erster Jakobsweg von Porto nach Santiago.
Ich möchte auf diesem Wege gerne meine Eindrücke und Erlebnisse mit euch teilen.
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  • Day 10

    Tag 10 Schmerzen und Freude.

    August 23, 2023 in Spain ⋅ ⛅ 32 °C

    Tag 10: Von Caldas de Reis nach Padron.

    Der gestrige Welness-Abend mit Pool ,ein Wein- und Gartenfest bei über 30 Grad, als würde die Sonne persönlich Party machen.
    Um Mitternacht traf ich Frodo im Zimmer der Herberge der anscheinend seinen Ring in die Lava werfen wollte. Ich bat um Entschuldigung für die Störung und flüchtete in den Garten der Herberge, um meine Hängematte aufzuhängen und darin ins Traumland zu verschwinden. Scheinbar weht nachts tatsächlich frische Luft, wer hätte das gedacht?

    Um 5:30 Uhr wagte ich den ersten Versuch, mich aus meiner Hängematte zu schälen, als wäre ich in einem Kokon erwacht. Und dann kam das Frühstücksbüffet – Kaffee in Hülle und Fülle! Trockenes Brot und Rührkuchen gesellten sich dazu, als ob sie auf der Suche nach einem besseren Leben wären.

    Die heutige Etappe war nur knapp 20 km lang, ein Spaziergang im Vergleich zu den vorherigen Tagesmärschen. Die Sonne, dieses gelbe Gasball-Monster, stieg langsam auf, und richtete seine feurigen Laserstrahlen auf mich während mein linkes Schienbein beschloss, eine eigene Revolte zu starten. Der Camino kann einem wirklich auf den Geist gehen, oder besser gesagt, auf das Schienbein.

    Ich will mich nicht beklagen – keine Blasen, keine Rückenschmerzen, ich fühle mich fast wie ein Superheld mit Rheuma.
    Gegen Mittag, so um 12:00 Uhr, erreichten wir das charmante Örtchen Padron.
    Pilger waren überall, als würden sie wie Pfifferlinge aus dem Boden sprießen. Ich machte im Schatten eines wundervollen Parks eine Pause, bevor ich mich auf das letzte Bett des Caminho vorbereitete – vorerst zumindest.

    Ein kurzer Besuch in der Apotheke und plötzlich wurde ich zum Physiotherapeuten in Videotelefonie. Mein Schienbein erhielt eine improvisierte Stretch-Tape-Behandlung. Wer braucht schon medizinische Zertifikate? Mal schauen, ob morgen meine Tape-Künste die heimlichen Helden sind.

    Padron, die Stadt der charmanten Gassen, als hätte sie sich direkt aus einem Film in unsere Realität geschlichen.
    Wundervolle kleine Restaurants und Lädchen reihen sich aneinander und laden gerade jetzt wo die Sonne etwas tiefer steht zum gemütlichen verweilen ein.
    Jetzt steht das finale Abendessen bevor, bevor sich morgen unsere Wege in Santiago trennen werden.
    Rückblickend kann ich sagen: Der Camino ist wie ein riesiger Basar des Lebens. Menschen kommen, Menschen gehen – als wären sie auf Schnäppchenjagd. Schmerz, Freude, Tränen – all das gibt es hier im Überfluss, wie eine Emotionsachterbahn. Und wenn du denkst, du hättest alles gesehen, pass auf, dass du gerade auf den letzten beiden Etappen deinem Vordermann nicht auf die Fersen trittst oder vom Hintermann geschubst wirst!
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  • Day 11

    Tag 11. Ende oder Anfang ?

    August 24, 2023 in Spain ⋅ ☀️ 27 °C

    "Von Delikaten Diners bis zu Ehrfürchtigen Entdeckungen: Meine Triumphale Ankunft in Santiago"

    Tag 11: Von Padron nach Santiago de Compostela.

    Ah, das Restaurante O Santiaguino – ein Ort, an dem Liebe und Sorgfalt von der Speisekarte verschwunden schienen und das Portemonnaie einen herzzerreißenden Abschiedsgruß gab. Doch um mich aufzumuntern, gab es zwei Flaschen himmlisch köstlichen Vinos in der Bar um die Ecke als nettes Betthüpferli.
    Ein letzter tröstender Tanz zwischen den Weingläsern, bevor der Wecker um 4:30 Uhr zur mittlerweile morgendlichen Routine rief.

    Mit 5:15 Uhr in den Knochen begann ich meinen 24-km-Marsch nach Santiago. Die Dunkelheit des Vor-Sonnenaufgangs hüllte den Jakobsweg in Ruhe. Ein Paradies für Gedankenspiele, in denen die vergangenen Tage Revue passieren und die Emotionen tanzen konnten wie ein Schwarm Vögel auf der Suche nach einem neuen Zuhause.

    Drei Espressi und fast vier Stunden später: Der erste flüchtige Blick auf Santiago aus der Ferne. Ein magischer Moment, als wäre ich einer wundersamen Oase in der Wüste begegnet. Eine Stunde später wanderte ich durch die "sooo" hübschen Vororte, die mehr nach Puppenhaus als nach echter Stadt aussahen. Links, dann wieder links, und schließlich geradeaus – und da war sie, die Kathedrale von Santiago. Ein architektonisches Meisterwerk, das sich meinem Verstand entzog wie ein Fisch, der durch die Maschen eines Gedankennetzes schlüpft.

    Bin ich gläubig? Naja, so mittelprächtig. War der Moment fassbar? Schwierig zu sagen. Aber was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass ich von einem Gefühl der Verwirrung und Ehrfurcht überwältigt war, als würde ich plötzlich ein Geheimnis entdecken, das die Welt bisher gut versteckt hatte.

    Und jetzt, Realtalk: Den Caminho zu gehen, ist wie eine emotionale Achterbahnfahrt. Ich verbeuge mich ehrfürchtig vor jedem, der sich auf dieses Abenteuer eingelassen hat. Für mich war es wie ein Buffet der Sinne – Blasen, Erschöpfung, Glücksmomente im Minutentakt. Es ist ein Privileg, diesen Weg zu gehen und seine Höhen und Tiefen zu erfahren.

    Lasst uns ehrlich sein, nicht jeder kann sich die Zeit nehmen oder hat die Möglichkeit, auf den Caminho zu gehen. Ob aus Verantwortung oder aus Mangel an wanderfreundlichen Schuhen – die Gründe sind vielfältig. Und ich verstehe jetzt diejenigen, die danach süchtig sind und schon ungeduldig darauf warten, wieder auf dem Caminho zu sein. Die Begegnungen, die Erkenntnisse, all das ist wie ein wertvolles Geschenk, das uns der Weg überreicht.

    Und an alle, die mitgelesen, kommentiert, geliked oder nur kurz die Stirn runzeln mussten: Danke für die Begleitung auf meinem virtuellen Caminho.

    Mit einem zufriedenen Lächeln,

    Rico
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  • Day 13

    Tag 12. Abschied und Wiedersehen

    August 26, 2023 in Portugal ⋅ 🌙 17 °C

    "Von Gemeinschaftsduschen zu Gin Tonic: Absurditäten und Erkenntnisse auf dem Heimweg"

    Tag 12: Von Santiago nach Porto

    Nach einer Nacht mit 30 Schlaf-Symphonien im Pilger-Musical "Hostel" startete ich früh in Richtung Stadtzentrum-Santiago. Frühstück gab's in einer Coffee-Soap-Opera. Santiago, diese Stadt der verzauberten Gässchen und kulturellen Schätze. Doch irgendwo auf dem Weg zwischen Tapas und Touristenfallen verlor sich das typisch spanische Flair. Und, Überraschung, die Spanier haben beschlossen, Englisch zu meiden wie die Sonnencreme im Regen.

    Herzlich willkommen fühlte man sich als Pilger oft genauso wenig wie eine Eintagsfliege im Spinnenetz. Nach dem Frühstück (welches übrigens eher wie ein unangenehmes Interview mit Kaffee war) wagte ich mich ins Pilgermuseum. Kulturklatsch inbegriffen. Das Museum schenkte mir eine völlig neue Perspektive auf die Pilgerschaft. Abseits von religiösem Gewicht rückte die Veränderung in den Fokus. Und Veränderung fand nicht nur in den Köpfen, sondern manchmal auch in den Hüften statt.

    Zurück auf dem Platz vor der Kathedrale traf ich auf italienische Freunde. Bier, Umarmungen und Smalltalk – die internationale Sprache der Pilger. Da für mich weder der weg mit dem Bus nach Finisterra noch der Flug auf einem Besen in Frage kamen, entschied ich mich, zurück nach Porto zu düsen.
    (Finisterra wir sehen uns nächstes Jahr !!!!)

    Vor der Abfahrt noch zwei Gin Tonic intus, ein Audible-Probeabo abgeschlossen und Harpe Kerkelings „ich bin dann mal weg“ runtergeladen. Der Flixbus, wie ein fliegender Teppich aus Metall, nahm mich auf eine Zeitreise zurück nach Porto mit. Unangenehm, wie einen Vollmarsch auf einer Rolltreppe rückwärts zu machen. Als ich schließlich die Unterkunft in Porto ansteuerte, war mein Bett die letzte Rettungsinsel in einem Meer aus Rückfahrkarten.

    Insgesamt war der Tag ein bisschen wie eine Seifenoper mit vielen Hauptdarstellern, dramatischen Wendungen und einem emotionalen Finale im Schlaf. Und so bleibt festzuhalten: Manchmal ist der Weg das Ziel, aber manchmal ist das Ziel auch ein verdammt gemütliches Bett.
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