80-Tage-Südamerika

January - March 2018
A 77-day adventure by Bert Read more
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  • Day 16

    Der Panamahut kommt aus Ecuador

    January 16, 2018 in Ecuador ⋅ 🌙 12 °C

    Es geht im Regen früh los (Banos) und endet nach 400 km im Regen (Cuenca). Ein langer, anstrengender, erlebnisreicher Fahrtag. Wir rollen den östlichen Anden-Gebirgszug hinab ins Amazonasbecken und folgen lange der Troncal Amazonica. Angenehme 20-28 Grad, sattes Dschungelgrün, strohgedeckte Holzhäuser. Schulklassen am Straßenrand, die in ein Stadion marschieren, aber nicht zum Sport. Wir erfahren, dass zwei Mitschüler verunglückt sind und alle zu einer Abschiedszeremonie gehen. Traurig.

    Dann steigen wir wieder hinauf in die Anden. Eine über 100 km lange Passstraße. Danach will man nie wieder im Bergischen Land Motorrad fahren. Aber es gilt aufzupassen; ein unter Lasten ausgerutschtes Pferd liegt plötzlich vor uns auf der Straße. Und eine Baustelle zwingt uns, eine schmierige Matschdurchfahrt zu bewältigen. Dann findet Marc eine Off-road-Abkürzung, die uns 30 km sparen würde. Die Straße endet nach ein paar anspruchsvollen Kilometern an einem Fluß, eine Brücke wäre schön, fehlt aber leider. Wir drehen reumütig und verdreckt um.

    Es ist schon dunkel, als wir das auf den ersten Blick etwas heruntergekommene Cuenca erreichen. Wenn Ihr einmal bei Günther Jauch die 1 Mio. Euro Frage beantworten müßt und nach der Herkunft des Panamahuts gefragt werdet, dann wisst Ihr ab sofort: Er stammt aus Ecuador bzw. aus Cuenca. Weil er aber im 19. Jahrhundert nicht direkt in die USA importiert werden durfte, musste Panama als Zwischenstation herhalten. Und als Roosevelt 1906 den Panamakanal besichtigte, trug er ebenfalls einen solchen handgeflochtenen, zumeist hellen Stohhut. Daher also sein Name, liebe Freunde. @Kirsten: Danke für Deinen freundlichen Kommentar, mein Wissensvorsprung beträgt allerdings nur 24 Stunden ...
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  • Day 17

    Via Antigua

    January 17, 2018 in Ecuador ⋅ 🌙 15 °C

    Ein GS-Offroad-Training wäre sicherlich hilfreich gewesen, aber es geht auch so. Wenn man das mäßig abenteuerliche Schreibtischleben eintauscht gegen eine ausdehnte Motorradreise durch Südamerika, dann muss vieles neu erlernt werden. Unter anderem das Motorradfahren selbst. Tatsächlich gewöhne ich mich daran, das Wetter schlichtweg als Faktor hinzunehmen und mich damit eher sachlich (wieviele Schichten?) als emotional auseinanderzusetzen - schließlich wird das Roadbook streng befolgt. Und ebenfalls muss ich mich daran gewöhnen und lernen, das Bike auf unbefestigten Strecken zu bewegen. Denn 40km vor unserem heutigen Tagesziel "Loja" verlassen wir die Panamericana und biegen in die Via Antigua ein. Mir wird erst durch die Übersetzungs-App klar, dass dies im besten Fall "alter Weg" bedeutet, im schlechteren Fall mit "ehemaliger Weg" übersetzt werden kann. Was wir vorfinden, erscheint mir zunächst in Richtung "ehemaliger Weg" zu tendieren, denn die teils sandige, teils ausgewaschene Fahrbahn ist doch arg ramponiert. Aber: auch entlang dieser Piste finden sich Hütten und Menschen. Und irgendwie wundert es dann auch nicht, dass uns selbst hier ein Bus entgegen kommt. Und wenn hier ein Bus fahren kann, dann sollte so etwas doch auch mit dem Motorrad möglich sein.

    Gelegentliche Pfützendurchfahrten bei gleichzeitig staubigem Untergrund sind ideal, um schichtweise eine Schmutzkruste aufzubauen. Mir scheint es sinnlos, größere Reinigungsarbeiten an Motorrad oder Ausrüstung vorzunehmen. Will jedoch, unser stets gut gelaunter thailändischer Pilot, versucht alles wieder sauber zu bekommen und erhält dafür das Prädikat "boutique rider".

    Unser Zielort Loja entpuppt sich als ungewöhnlich langweilig, selbst dem Lonely Planet fällt zu Loja kaum etwas ein außer "Kolonialstil", und der ist doch schon arg verblasst. Wir suchen das "El Tamal Lojano" auf, ein einfaches und günstiges Restaurant mit "all the Loja region's foodie classics", und es erweist sich als von Einheimischen gut frequentiert. Das Bild zeigt eine Art Maiskuchen gefüllt mit Frischkäse, tamales lojanos. Nach den vielen Fleischtagen (langjährige Beobachtung: die meisten Motorradfahrer ernähren sich fast ausschließlich von Steaks) sehe ich darin ein ernährungstechnisch angenehmes Gegengewicht.

    Etwas zusammenhanglos, aber weil ich noch nicht müde bin, zum Schluß noch eine Musikempfehlung: Gotan Project, Lunatico, daraus den Titel Arrabal. Moderne südamerikanische Musik, man muss sich etwas hineinhören. Ist ebenfalls eine Empfehlung aus dem lonely planet, gibt es auf Spotify und habe ich tatsächlich schon in zwei Kneipen gehört bzw. wiedererkannt. Was nicht so einfach ist, denn gerade in den Großstädten und Kneipenvierteln wird hier in Südamerika ordentlich und temperamentvoll beschallt. Und da geht dann schon einiges durcheinander.
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  • Day 18

    Endlich Panflöte

    January 18, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 27 °C

    Damit es nicht untergeht: Verhungern tut hier niemand. Nun haben wir circa 3000 km vom Start bis heute zurückgelegt. Vom ersten Tag an säumen Händler, Werkstätten, Obststände und alle Arten von Kneipen die Straßen. Es wäre überraschend, wenn dies nicht genauso weitergehen würde. Die meisten, ich auch, bevorzugen zum Lunch "Sopa", in der Regel gibt es Gemüsesuppe mit Huhn. Und wo wir gerade in der Abteilung food and beverage sind, jetzt noch zwei Getränketipps. Unbedingt meiden: Inka-Cola (süß, klebrig, giftig-gelb), unbedingt trinken: Pisco-Sour, auf der Basis von Traubenschnaps (?), wunderbar erfrischend.

    Einschub @Serge: Toll, dass Du der Musiksache nachgegangen bist, wusste ich auch nicht, was Du da herausgefunden hast.

    Wir verlassen heute Ecuador und überqueren die Grenze zu Peru. Anlass für einen kurzen Nachtrag: Simon Bolivar gilt im Norden Südamerikas als der große Befreier und ist tatsächlich 200 Jahre nach seinem Wirken sehr gegenwärtig. Er wirkte keineswegs nur in Bolivien,sondern vor allem in Kolumbien, Ecuador und Venezuela - die drei Länder waren im Grunde auf dem Weg zu einer Art Großkolumbien, dann ging man doch getrennter Wege. In Vorbereitung auf die Reise habe ich einen Film über Bolivar entdeckt (Bilder), der leider etwas flach ist, aber immerhin die Stimmung der Unabhängigkeitssbewegung einigermaßen wiedergibt ... @Familiy: Danke, dass Ihr Euch Weihnachten mit mir durch den Film gequält habt.

    So, Geschichtsbuch wieder zu und zurück zum Grenzübergang, der etwas improvisiert wirkt. Dieses Mal dauert es nur 2,5 Stunden. Da wir alle mittlerweile das deutsche Effizienzstreben hinter uns gelassen haben, entwickelt sich das Ganze zur lustigen Angelegenheit. Zwei wichtige Tipps unserer Edelweiss-Tourguides: Nur die Papiere vorlegen, die gefordert sind (alles andere verkompliziert die Angelegenheit) und niemals die Motornummer angeben (zu lang, zu unordentlich, exakte Eingabe deshalb ohnehin unmöglich). Wir kaufen uns für 30$ eine Haftpflichtversicherung für Peru beim einzigen Versicherungsbüro vor Ort, das aus einem Schreibtisch, einer Glühbirne und einem Mitarbeiter besteht. Und bei der Verzollung bzw. Einfuhr nach Peru treffen wir auf Juan, der uns irgendwann selbst an den PC bittet, damit wir unsere email Adressen selbst eingeben. Könnte man sich so etwas in einem deutschen Amt vorstellen?

    Der Fahrtag von Loja nach Piura ist lang. Wir starten im Grünen auf über 2000 m, sinken immer tiefer ab und verlassen die Anden in Richtung Pazifik. Parallel dazu entwickelt sich das Klima: Nach kühlem und nebligen Beginn steigen die Temperaturen auf 35 Grad, und wir fahren durch savannenartige Gebiete. Mit erschreckender Armut und ihren entsprechenden Begleiterscheinungen. Kilometerlang werden Felder abgebrannt und Müll säumt die Straßen (kein Bild), das Ganze erinnert stark an das ebenfalls bettelarme Bangladesh. Die sonst so wunderbare Unmittelbarkeit des Motorradfahrens bildet hier ihre Kehrseite aus, denn es gib kein Entkommen vom beißenden Gestank dieser Szenerie..

    Zwischendurch ein Schreckmoment. Phils Vorderrad trifft einen Stein, das Motorrad bebt bedenklich, aber stabilisiert sich wieder. Puh. Nicht, dass die Straßen schlecht wären, aber wie schon Gerhard beim Vorbereitungstreffen ankündigte: expect the unexpected. Viele Erdrutsche lassen Geröll auf der Straße zurück, gelegentlich fehlt auch einmal ein komplettes Stück der Fahrbahn und versprengte Maultiere, die zurück zu Ihrer Herde auf der anderen Straßenseite wollen, handeln nicht immer überlegt.

    Oliver serviert das Bootbier, und wir spülen damit den Staub der Piura-Stadtdurchfahrt hinunter. Abends beim Chinesen (sic!) dann endlich ein Alleinunterhalter mit Panflöte (Video!), so hatte ich mir Peru vorgestellt. Anders als in unseren Fußgängerzonen möchte er aber keine CD verkaufen, sondern direkt Geld. Davon möge er sich bitte einen Poncho zulegen, so wie seine Kumpel, die nach Deutschland ausgewandert sind.
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  • Day 19

    Warum ist das Kind nicht in der Schule?

    January 19, 2018 in Peru ⋅ ☁️ 23 °C

    "Wahrscheinlich wird unter Reisenden nirgendwo so schamlos übertrieben, beschönigt, erfunden und gelogen wie bei der Schilderung von Großtaten, die man in weiter Ferne unter unüberprüfbaren Bedingungen vollbracht hat." Das schreibt Matthias Politycki in seinem sehr klugen und gut lesbaren Buch "Schrecklich schön und weit und wild: Warum wir reisen und was wir dabei denken". Und natürlich kann man auch mit Bildern schwindeln. Denn zugegebenermaßen: so schön, wie auf den Bildern, war es heute gar nicht. Im Gegenteil: Hier in der Disierto de Sechura im Westen Perus schreit einen die Armut an, und das sichtbare Zeichen dafür ist - wie bereits gestern beschrieben - stinkender Unrat rechts und links der Routa 1N. Wohlgemerkt: Das betrifft die gesamten 200km von Piura nach Chiclayo. Auch fahrerisch vollbringen wir keine Großtaten - es geht immer geradeaus. Allenfalls der starke Wind muss ausgeglichen werden, er erfordert selbst bei kurvenloser Fahrt eine leichte Schräglage und erhöht den Benzinverbrauch von 3,5 auf 5,0 l pro 100km.

    Wenn man so ereignislos dahinfährt, hat man viel Zeit zum Grübeln. Wie zweifelhaft ist eigentlich unsere Dieseldiskussion, wenn hier alles in Dreck und Chaos versinkt? Wir befassen uns in D mit den falschen Dingen und vernichten dabei unseren Wohlstand. Und zugleich tun wir wenig, um auf globaler Ebene die Lebensqualität zu verbessern. Denn so, wie sich das hier darstellt, wird das nichts mit einem besseren Leben in Peru. Jedenfalls sieht es hier nicht gerade nach Aufbruch und Entwicklung aus.

    Zurück in den Motorradalltag, denn tatsächlich stellt sich mittlerweile so etwas wir Routine ein. Beginnt unsere Fahrt noch mit zumindest ein bisschen Grünzeug, verabschieden sich Baum und Strauch mit zunehmender Fahrtdauer. Wir halten am verlassensten Ort der Welt für einen Trinkstopp (Hauptbild und Bild 2), und dann noch einmal mitten auf der Straße bzw. mitten in der Wüste, um der Trostlosigkeit ein paar skurrile Fotos zu entreißen. In der Nähe von Chiclayo gibt es an der Küste Lunch. Der Fisch ist (hoffentlich) frisch, zumindest können wir beobachten, wie am Strand so einiges aus dem Meer gezogen und direkt vor Ort entschuppt und gesäubert wird. (Mein) Highlight des Tages ist ein äußerst ernsthaftes und geschäftstüchtiges Mädchen, das zu uns an den Tisch kommt und allerlei Spielzeug feilbietet. Unser Tourguide Marc läßt sich alles erklären, und wir kaufen ein paar Kleinigkeiten. Wie alt mag sie sein? Warum ist das Kind nicht in der Schule?
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  • Day 19

    Verkehrsteilnehmer in Südamerika

    January 19, 2018 in Peru ⋅ ☁️ 22 °C

    Sozusagen als Bonusfootprint und ohne großen Text, hier noch einige gesammelte Bilder, die zeigen, was sich so alles auf den Straßen Südamerikas tummelt. Aber ich möchte mich nicht mit fremden Federn schmücken, der Dank gilt allein Katrin, die all diese schönen Aufnahmen als Martins Sozia vom Bike aus geschossen hat. Großartig, Katrin!Read more

  • Day 20

    Der Papst - insgeheim ein Biker?

    January 20, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 19 °C

    Trujillo heißt unser heutiges Tagesziel, nach Lima die zweitwichtigste Stadt in Peru - von der ich allerdings noch nie gehört hatte. Sie ist mit 800 Tsd. Einwohnern beachtlich groß, und angeblich sollen sich heute hier sogar 1 Mio. Menschen versammelt haben. Das hat einen Grund: Papst Franziskus stattet im Rahmen seiner Südamerika-Reise Trujillo just am heutigen Tag einen Besuch ab. Ist der Papst insgeheim ein Biker? Wir kommen jedoch zu spät zur Audienz. Statt dessen begegnen wir in der Lobby zwei seiner Dienerinnen, die ihn - prächtig gekleidet - auf dem Rollfeld empfangen haben. Sie sehen entzückend aus und sind vom heiligen Vater noch so beseelt, dass Sie selbst mit der verschwitzten Edelweiss-Motorradgruppe posieren. Gott ist gütig.

    Zum Tagesbeginn hatten wir in unmittelbarer Nähe von Chiclayo Ausgrabungsstätten der Moche-Kultur besucht. Ihr folgten die Chimu-Kultur und dann erst die Inkas. Die pyramidenartigen Hügel bergen Grabkammern, und man gab den Toten üppige Beigaben mit. So wie ich das sehe, lebten davon auch noch einige, bevor sie zusammen mit den Toten verbuddelt wurden. Andere Zeiten, andere Sitten. Trotz allen damaligen Fortschritts hat vermutlich der Klimawandel (El Nino) dieser Entwicklung im 8. Jht. ein jähes Ende bereitet.

    Von dort weiter auf staubigem Feldweg. Da kommt das rollende Melonenfachgeschäft gerade recht. Das Fahrzeug könnte ohne weiteren Umbau direkt in der nächsten Mad Max Folge mitfahren, Fahrer natürlich auch, vielleicht müßte man die Melonen vorher ausräumen. Man beachte bitte den Lautsprecher, der vermutlich direkt aus der Requisite zum Fitzcaraldo-Dreh entnommen wurde.

    Da morgen Ruhetag ist, ziehen Oliver, Phil, Will und ich los, um Geld zu sparen. Der Laundry-Service im Hotel ist nämlich erstaunlich teuer (cost per piece) und wir suchen einen lokalen Anbieter (cost per kilo). Doch wir scheitern in der nahegelegenen Mall grandios, denn morgen ist Sonntag (Martin würde an dieser Stelle sagen: nein, für uns ist im Moment jeder Tag Sonntag), und so schnell klappt das dann nicht. Ich verbrauche reumütig eine ganze Rei-in-der-Tube-Tube und sprühe meine Motorradsachen mit Deo ein. Das Klima in Raum 721 des Casa Andina wird hierdurch eindeutig humid, denn das Fenster lässt sich nicht öffnen, und es riecht auch weiterhin streng, nur eben anders. Mal gewinnt man, mal verliert man.
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  • Day 21

    Heute Ruhetag #2

    January 21, 2018 in Peru ⋅ ☀️ 20 °C

    Morgen geht es wieder in die Anden, durch die Entenschlucht nach Huaraz auf 3000 m Höhe. Heute aber ist Ruhetag in Trujillo, Moped ist gecheckt und die Wäsche trocknet. Außerdem ruft der Pool. Deshalb nur ein paar weitere gesammelte Bildeindrücke und herzliche Grüße an Euch alle!Read more

  • Day 22

    Manchmal ist Fortschritt Mist

    January 22, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 23 °C

    Es steht ein spektakulärer Fahrtag an. Wir wollen uns von 0 m auf 3.000 m hinaufschrauben und dabei dem Rio Santa folgen, der sich durch den engen Canon de Pato bzw. die Entenschlucht seinen Weg bricht (im wahrsten Sinne des Wortes, der Fluss ist ungezähmt und führt braune Gesteinsmassen mit). Einspurig, mit ausgesetzten Stellen, nicht geteert und in jedem Reiseführer sowie in unserem Roadbook als abenteuerlichste Straße Perus gefeiert. Dabei sind die Voraussetzungen gar nicht gut, denn Manfred und Phil haben sich den Magen verdorben und kommen blass, aber fahrbereit zum Frühstück. Als ich Phil frage, ob er etwas aufgeregt sei, lerne ich ein schönes neues englisches Wort: Er wäre immer "a bit apprehensive". Wie übersetzt man das? In Alarmstimmung? Besorgt?

    Beim letzten Stopp vor Einfahrt in die Schlucht kaufe ich einmal wieder Bananen, weil ich denke, dass man damit magenmäßig nichts falsch macht. Gestern hatte ich allerdings Kochbananen erwischt, die gut aussahen, aber eben roh nicht genießbar waren. Man macht als Reisender unglaublich viel Unsinniges. Aber die heutigen Bananen erfüllen ihren Zweck, obwohl sie in Farbe und Krümmung nicht der EU-Norm entsprechen. Der Blick hinter die Obsttheke zeigt im Übrigen, dass auch einfache Pappkartons ein idealer Lauftstall-Ersatz sind.

    Und dann, nach gut 100 km Anfahrt, geht es endlich los. Der Auftakt ist vielversprechend, die Felsen hängen über, einige Flüsse suchen sich den Weg über die Fahrbahn und es geht eng zu. ALLERDINGS: Bis vor zwei Jahren war hier noch eine astreine gravel road, doch nun ist der Fortschritt eingezogen, alles geteert. Das ist durchaus auch schön, aber eben nicht so abenteuerlich wie vermutet. Eher auf dem Niveau korsischer Nebenstraßen, und das hatten wir ja schon (ich ahne Euer Aufstöhnen: verwöhnt, nichts kann man ihm recht machen usw.) Aber so ist es eben im Leben: Enttäuschung ist die Folge zu hoher Erwartungen ...

    Immerhin: Liebhaber unbeleuchteter Tunnel kommen auf der Strecke voll auf ihre Kosten. Phil, der bei BMW USA nach meiner Einschätzung die Sonderausstattung Fanfare XXXL gebucht hat, hupt uns durch alle Tunnel. Da er außerdem die mit Abstand hellsten Front- und Rücklichter der ganzen Gruppe hat, darf er vorne fahren und den (seltenen) Gegenverkehr einschüchtern. Morgen kleben wir ihm seine Lichter aber wieder zu (wie schon in den letzten Tagen), denn es ist unerträglich, ständig von seiner Weihnachtsbaumbeleuchtung geblendet zu werden.

    Weitere Enttäuschungen hält das Wetter für uns bereit, denn es fängt an zu regnen, und vor Huaraz sorgt LKW-Baustellenverkehr dafür, dass sich das Visier durch einen braunen Film verdunkelt. Meine Stimmung steigt auch im Hotel nicht, denn die 6.000er, die hier in der Cordillera Blanca dicht an dicht stehen und die ich doch sehr gerne gesehen hätte, sind vollständig in Nebel eingehüllt.

    Statt Heldentour also Reiseblues in den Anden. Ich bitte alle geneigten Leser um Aufheiterung,
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  • Day 23

    Best ride ever!

    January 23, 2018 in Peru ⋅ ☀️ 27 °C

    Wicked. Geil. Amazing. Unfassbar. Awesome. Hammer ... Für den heutigen Fahrtag greifen alle tief in die Kiste der Superlative. Denn - ganz anders als gestern - lacht uns die Sonne und eröffnet schon in den frühen Morgenstunden den Blick auf die schneegekrönten 6000er der Cordillera Blanca - herrlich abgesetzt gegen azurblauen Himmel. Liebe Freunde: ich führe das auf Eure guten Wünsche nach meinem gestrigen Regenblues zurück. Die Gruppe beschließt einstimmig den Umweg durch den Nationalpark "Puya Raimondi", und so tauschen wir einige Kilometer nach Huaraz die Teerstraße gegen einen Feldweg ein, der uns schnell nach oben führt. Auf 4100 m lösen wir die Tickets, und ab da wird es .... A-T-E-M-B-E-R-A-U-B-E-N-D. Unglaubliche Blicke auf Bergriesen wechseln mit Sichten auf die skurril anmutenden Riesenbromelien, die immer wieder am Straßenrand auftauchen. Die Außentemperatur sinkt auf 3 Grad, aber nicht die Kälte verursacht die Gänsehaut, sondern das Hochgefühl, durch diese göttliche (!) Landschaft fahren zu dürfen.

    Immer weiter steigen wir hinauf, die Schotter- und Pfützenstraße wird zunehmend weißer, und auf fast 4.900 m ziehen wir einige hundert Meter die erste Spur in komplett schneebedeckte Pisten. Ein kritischer Moment, denn Will und Phil testen die Sturzbügel und Will mahnt zur Umkehr. Doch wir setzen fort, vielleicht auch ein bißchen berauscht von der fühlbar dünnen Luft auf dieser Höhe, vor allem aber von der grandiosen, erhabenen Kulisse, die nur uns gehört - bis auf zwei entgegenkommende US-Boys auf leichten Crossmaschinen bleiben wir auf dem 60 km langen Schotterpass alleine. Weitere kritische Situationen müssen gemeinsam gelöst werden - Phil bleibt mit seiner megaschweren GS1200 in einem Schlammloch stecken, kippt seitlich weg und kriecht mit Mühe unter dem Bike hervor. Gemeinschaftlich richten wir das Moped wieder auf, aber es kostet unglaublich Kraft. Ganz klar, nicht nur Phil, sondern auch ich bin körperlich und fahrerisch an meiner Grenze, und vielleicht verschiebe ich sie auch ein bisschen. Einen solchen Motorradfahrtag hatte ich noch nicht. Best ride ever! Danke Marc, danke Oliver, danke Edelweiss-Bike-Team!

    Erleichterte Umarmungen am Ende der Schotterpiste. Aus der Zufallsgemeinschaft, die sich vor drei Wochen erstmals vollständig traf, ist ein Team geworden. Wir rollen noch 200 km lang von 4.800 m hinab auf Meereshöhe, in herrlich gewundenen Kurven auf glattem Asphalt. Das wäre an sich schon eine besondere Sache, doch heute ist es nur das Auslaufen ...
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  • Day 24

    Prima Klima in Lima?

    January 24, 2018 in Peru ⋅ ☀️ 23 °C

    Das etwas einfältige Wortspiel musste sein. Die Antwort darauf lautet natürlich: nein!

    Von Barranca nach Lima sind es nur knapp 200 km, und zunächst geht es an der pazifischen Küste entlang. Die Straße schlängelt sich 100 Meter über dem Meer an Riesendünen entlang, die nochmals weitere 100 Höhenmeter hochsteigen. Wir hält das eigentlich? Apropos Konstruktionfragen (Bomben-Überleitung): Foto drei zeigt German engineering by Bert - Felix' in die Jahre gekommene GoPro Hero2 hat mittlerweile ihren Platz unten am Windshield gefunden und sorgt etwa 1 Stunde lang für Bilder (alle 60 Sekunden, dann ist die Batterie alle). Morgen putze ich dann auch die Linse ... Bild 4 passt nicht ganz in die Reihe, es ist vom Vorabend, aber der Pazifik bildet die Klammer, und Katrin macht sich davor hervorragend. Aber jetzt kommt es: Ratet einmal, welcher wasserscheue Solinger da gestern gebadet hat ...

    Allerdings wird es bei diesem einem Mal bleiben, denn das Wasser sieht zwar warm aus, ist es jedoch nicht. Im Grunde hätte ich früher Verdacht schöpfen müssen, denn weit und breit ist außer ein paar Kormoranen niemand am Strand zu finden. Eine schöne, dunstige, aber eben auch trügerische Abendstimmung. Hätte ich vorher Wikipedia gelesen, wäre mir klar gewesen, dass der Humboldt-Strom für diese Kälte sorgt und hier insgesamt das Klima stark beeinflußt. Auch Lima gehört zwar in die Tropen, aber so richtig heiß wird es in der peruanischen Hauptstadt nicht. Dafür ist es ordentlich stickig, denn über 7 Mio. Einwohner sind schlichtweg zu viel für diesen Fleck, und sie leben auf engstem Raum: doppelt so viele Menschen pro qkm wie in Berlin. Und alle wollen irgendetwas fahren. Davon ein paar Impression in den Bildern, und das geht 40 km lang bis ins Zentrum so. Das komplette Gegenprogramm zum gestrigen Fahrtag, zu dem es noch zwei Bilder im Nachgang gibt: Das erste zeigt die gestern erwähnte kleine Unterredung zwischen Will und mir zu Beginn es Schneeteils (logischer Inhalt: weiter oder umdrehen?), im zweiten testet Bernd den etwas tieferen Schotter neben der Fahrbahn, seine Teneré verweigert aber ein positives Testergebnis.

    Damit Euch nicht langweilig wird, abschließend noch ein kleines Mitmachspiel: Mit Lima ist der Name Pizarro doppelt verbunden. Masterfrage: Welche beiden Pizarros meine ich, wie lauten ihre Vornamen und was waren/sind die beiden von Beruf?
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