- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 41
- Saturday, February 10, 2018 at 10:00 AM
- ☀️ 26 °C
- Altitude: 3,659 m
BoliviaColchani20°18’38” S 66°58’23” W
Motorcycle Diaries

Es kommt mir vor, als wäre das vor einer sehr langen Zeit passiert, aber es war erst vor 4 Monaten, als ich morgens auf dem Weg in die Firma auf WDR 5 ein Feature zum 50. Todestag von Che Guevara hörte. Wie Ihr vermutlich wisst, wurde der kultige Revolutionär in Argentinien geboren, auch wenn man ihn meistens - aufgrund seines dortigen Wirkens - mit Kuba verbindet. Doch am Ende seines nicht sehr langen Lebens, er wurde nicht einmal 40, versuchte er die Revolution noch nach Bolivien zu tragen, was aber nicht gelang. Er starb im Grunde jämmerlich am 9. Oktober 67 in La Higuera. Ich selbst konnte bislang hier in Bolivien kaum Spuren von ihm entdecken. Immerhin habe ich gestern einen Aufkleber mit seinem berühmten Konterfei gefunden, etwas stolz, etwas trotzig, etwas nachdenklich und irgendwie das Schlüsselbild der 70er. Es wird demnächst meinen rechten Motorradkoffer bereichern.
Dennoch ist Che eine interessante Figur. Vor allem sein Werdegang - vom Medizinstudenten aus gutbürgerlichem Haus zum Revolutionär - ist bemerkenswert und in einem großartigen Film nachgezeichnet: The Motorcycle Diaries. Darin reist er mit einem Freund am Ende seines Studiums auf einer alten, immer mehr auseinanderfallenden Norton durch Südamerika und lernt das Leid der ausgebeuteten Bauern und Minenarbeiter kennen. Anschauen lohnt sich!Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 41
- Saturday, February 10, 2018 at 5:21 PM
- 🌙 2 °C
- Altitude: 3,659 m
BoliviaColchani20°18’38” S 66°58’23” W
Salzige Perspektive

Der Salar de Uyuni ist mit über 10.000 qkm der größte Salzsee der Welt. Vielleicht ist er aber im Rahmen einer konzertierten Aktion der gesamten Fotoindustrie erdacht und - verborgen vor der Weltöffentlichkeit - heimlich umgesetzt worden. Denn was würde die Menschheit - vor allem die japanische, aber auch die lieben Motorradkollegen - eigentlich perspektivisch knipsen, wenn es dieses Naturschauspiel nicht gäbe?
Natürlich muss man das gesehen haben, es ist grandios, im Grunde sehr ruhig und vor allem skurril. Da wir in der Regenzeit unterwegs sind, steht auf der festen Salzkruste das Wasser. An ein Befahren mit den Bikes ist nicht zu denken, aber den Fahrkünsten von Miguel mit seinem Landcruiser kann man sich anvertrauen. Er beschallt uns auf dem Weg zum früheren Salzhotel, etwa 6 km vom Ufer entfernt, mitten auf dem See, mit Ramstein (Mutter! Bück dich!). Bizarrer könnte die Situation kaum sein.
Leider fehlt die deutsche Flagge auf der Fahneninsel (wer immer das liest und demnächst dort hinfährt: bitte mitnehmen, soviel Patriotismus muss sein). Aber das Klingenstadt-Entchen darf auf dem Salzsee schwimmen gehen.Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 42
- Sunday, February 11, 2018 at 10:51 PM
- ⛅ 16 °C
- Altitude: 2,287 m
ChileCalama22°27’47” S 68°54’39” W
Wenn man sich nicht satt sehen kann

450 km stehen auf dem Programm, von Colchani nach Calama. Es prasselt erneut die halbe Nacht auf das Wellblechdach des Hotels (wenn man es als solches bezeichnen mag). Internet ist weg, Dusche ist kalt, Frühstück um 6 Uhr nicht fertig, trotzdem Abfahrt um 7 Uhr. Selbst wenn wir eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 50 km/h erreichen, bedeutet das 9 Stunden reine Fahrzeit. Plus Grenzübergang von Bolivien nach Chile. Plus keine exakte Information darüber, wie die Anteiligkeiten "mud", "gravel" und "paved" sein werden.
Wir starten dick angezogen bei 6 Grad. Die ersten Pfützen sind tief, aber gut fahrbar. Doch schon nach zwanzig km wird die Piste zur seifigen Schlammfahrt. Marc erwischt es heftig, er dreht eine Pirouette, verbiegt sich Koffer und Seitenspiegel, tut sich aber zum Glück nicht weh. Zu viert richten wir sein Bike wieder auf, er ist hart im Nehmen, weiter geht es. Martins Schutzblech schüttelt sich los, ein entgegenkommender Jeep saut ihn tüchtig ein, aber seine stets gute Laune kann nichts erschüttern. Erst nach etwa 150 km trocknet die Piste ab, und nach weiteren 100 km erreichen wir die Grenze zu Chile mitten in einer Vulkanlandschaft, die in Europa mehrere Nationalparks und touristischen Hochbetrieb begründen würde. Doch hier sind wir stundenlang mehr oder weniger allein unterwegs. Und genießen es - genau ab der Grenze - die restlichen 200 km auf wunderbarem Asphalt (großartige Erfindung!) zu cruisen.
Ein paar Landschaftsbilder findet Ihr in diesem Footprint, aber sie sind nur eine ungenügende Wiedergabe des Liveerlebnisses. Denn man kann sich an dieser Landschaft einfach nicht satt sehen.Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 43
- Monday, February 12, 2018 at 6:35 PM
- ⛅ 28 °C
- Altitude: 2,431 m
ChileSan Pedro de Atacama22°54’47” S 68°11’55” W
Auf dem Mond und in der Hexenküche

Wie der Name schon sagt: Unser heutiges Ziel, San Pedro de Atacama, liegt in der Küstenwüste Atacama, in deren Zentrum es manchmal jahrelang nicht regnet. Wir nutzen die frühe Ankunft, um einen Nachmittagsausflug in das "Valle de la Luna" zu machen. Die Mischung aus Dünen, Dürre und Salzverkrustung vermittelt tatsächlich den Eindruck einer Mondlandschaft. Und auch wenn es sich auf den Fotos einsam darstellt: es beginnt hier in Chile - im Vergleich zu den bisher bereisten Ländern - etwas touristischer zu werden. Auch andere Dinge fallen auf: Es gibt Wifi, große Tankstellen und kaum mehr Straßenhändler. Das korrespondiert zu einem 4mal höheren BIP pro Kopf im Vergleich zu Bolivien.
Und übrigens: Warmes Wasser gibt es in Chile auch, in den Duschen und auf 4.400 m Höhe, denn vormittags fahren wir eine Schleife über ein Geysir-Gebiet names El Tatio. Es ist nicht gerade Yellowstone, schon gar nicht was die Besucherzahlen anbelangt, aber es sprudelt und dampft in der Hexenküche durchaus ordentlich. Vor allem aber gibt uns der "Umweg" (macht das Wort Umweg auf Reisen überhaupt Sinn?) erneut die Gelegenheit, weite Hochebenen und herrliche Vulkanlandschaften zu betrachten.
Beim Schreiben fällt mir auf, dass wir im Moment mehr Landschafts- als Menschenbegegnungen haben. Das könnte für den geneigten Leser langweilig werden, denn man verliert schnell die Geduld, wenn andere von Landschaften schwärmen, die man selbst nicht direkt erlebt. Deswegen erst einmal genug für heute und herzliche Grüße in die Heimat!Read more

TravelerDu wirst uns niemals langweilen. Die Fotos sind auch wieder der Hammer!! Wir hier in der Heimat bleiben am Ball.
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 44
- Tuesday, February 13, 2018 at 6:57 PM
- ☀️ 0 °C
- Altitude: 2,361 m
ArgentinaPurmamarca23°44’29” S 65°30’15” W
Geradeaus

Es ist nicht so, dass eine Tour durch Südamerika ausschließlich aus interessanten Streckenabschnitten bestehen würde. Während der heutigen 400 km Etappe von San Pedro de Atacama in Chile nach Purmamarca in Argentinien beispielsweise geht es ziemlich lange geradeaus. Was dazu führt, dass man auf dem Motorrad über allerlei nachdenken kann. Zum Beispiel darüber, ob man wirklich halten sollte, um den namenlosen Vulkan des ersten Bildes aufzunehmen, der vermutlich weit über 6.000 m hoch ist, was natürlich irgendwie sensationell ist. Wenn man allerdings schon 50 km in 4700 m Höhe bei 4 Grad gefahren ist, dann bedarf es minutenlanger Abwägungen um zu entscheiden, ob man tatsächlich die Hände von den beheizten Handgriffen nehmen sollte (ein dreifaches Hoch auf den Ingenieur, der diesen segensreichen Einfall hatte), ob man dann die Jacke öffnen sollte, um das IPhone herauszuzerbeln und ob man anschließend mit erhöhter Geschwindigkeit und damit einhergehend erhöhtem Chill-Faktor der Gruppe hinterher hecheln sollte. Ich bitte also um ein kleines Schulterklopfen für dieses erste Bild, auch wenn es sicher kein fotografisches Meisterwerk ist.
Ferner kann man auf endlos gerader Strecke trefflich darüber grübeln, wie schnell sich Menschen der Umgebung anpassen. Vor ein paar Wochen hatte die ganze Gruppe noch massive Kopfschmerzen, als wir erstmals in Höhen von knapp 4.000 m schliefen, mittlerweile hat niemand mehr Probleme mit noch größeren Höhen, und es nimmt auch keiner mehr Aspirin oder ähnliches. Erstaunlich.
Und schließlich sinniere ich über das gestern in Wikipedia Gelesene: Es gibt in Chile, das insgesamt sehr europäisch geprägt ist, immer noch etwa 35.000 deutschsprachige Einwohner, obwohl die größte deutsche Einwanderungswelle bereits 1850 stattfand. Gut 150 Jahre, und immer noch nicht integriert? Wieviel Generationen dauert es eigentlich, bis sich solche alten Identifikationen auflösen und in Neuem verschmelzen? Wann werden sich die Türken in Deutschland vollständig integriert haben, im Jahre 2200? Und wie lange wird uns der aktuelle Flüchtlingszuzug beschäftigen? Damit kein falscher Eindruck entsteht: Eine Abschottung nach osteuropäischem oder österreichischem Muster halte ich nicht für richtig, sie ist mit unserem christlichen Weltbild nicht vereinbar (auch wenn man sicher darüber sprechen muss, was ein aufnehmendes Volk zu leisten imstande ist und ab wann Überforderung entsteht). Aber eines wird durch den Quervergleich zu Chile klar: Integration dauert sehr, sehr, sehr lange.
Zurück aus meinen Langstreckengedanken widme ich die Bilder 2 und 3 unserem Startort San Pedro, dieser zunächst nur staubig wirkenden Kleinstadt, die sich jedoch abends als lebendiger Backpacker-Treffpunkt herausstellt. Ich ziehe gegen 19.30 Uhr alleine los, treffe später noch Marc und wir beobachten mit Freude im Open-Air Lokal zunächst ein schön geschminktes Tangopaar, das mitten im Lokal seine Tanzkünste aufführt und anschließend den Hut herumgehen lässt. Und auch auf der Straße vor dem Lokal herrscht dank eines (keineswegs besonders virtuosen) Straßengitarristen und einiger enthusiastisch mitsingender Punks gute Stimmung.
Das darauf folgende Bild zeigt das obligate Foto "Bike vor schöner Landschaft". Allerdings (wer hat es bemerkt?) mit einer kleinen Veränderung zu gestern ... genau, auf dem rechten Seitenkoffer prangt jetzt Che Guevaras Konterfei. Viva la Revolution!
Salzseen gibt es hier übrigens jede Menge, es wird fast langweilig mit ihnen, aber Katrin und Martin mit ihren gelben Regenjacken machen sich gut davor. Während des Lunchbreaks treffen wir auf eine Gruppe brasilianischer Biker, die gerne (mit Marc in der Mitte) für ein Foto posieren. Es handelt sich übrigens um eine 9000 km-Familienausfahrt (Vater, Sohn, Schwiegersohn ...) ... @Felix und Christoph: das steht noch auf unserer bucket list, ja?; @Amelie: Lust den Bike-Führerschein zu machen?
Zum Schluss dann doch noch Kurven, wir wedeln von 4.200 m auf 2.200 m hinab und enden in einer grünen Oase mit buntem Gestein um uns herum. Übrigens noch ohne argentinisches Geld, denn der Geldautomat in Purmamarca ist leer und wird heute -karnevalsbedingt- nicht mehr aufgefüllt. Alaaf!Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 45
- Wednesday, February 14, 2018 at 7:16 PM
- ⛅ 28 °C
- Altitude: 1,614 m
ArgentinaCafayate26°3’50” S 65°57’54” W
Große Pläne

Nach unserem Kurzaufenthalt in Chile sind wir nun also in Argentinien. Zwischen diesen beiden Ländern werden wir bis zum Ende unserer Reise hin und her pendeln. Und schon jetzt ist klar: Chile und Argentinien unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von den bisher bereisten Ländern Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien. Das beginnt bei den Ethnien: 80-90% der Bevölkerung in Chile und Argentinien sind europäischen Ursprungs, der indigene Einfluß verschwindet somit fast vollständig aus dem Straßenbild. Damit hat es auch ein Ende mit den so lieb gewonnenen Straßenhändlern aller Art, bunter Bekleidung und unerwarteter Verkehrsteilnehmer. Aber eines bleibt: Unfertige Bauten. Das scheint insofern ein für ganz Südamerika geltendes Phänomen zu sein: man hat große Pläne, aber viele werden nicht zu Ende gebracht. Vor diesem Hintergrund bekommt unser Lunchbreak-Restaurant heute den Ehrenplatz des ersten Bildes. Mit einer ersten Etage, deren Baufortschritt vor Jahren ins Stocken geriet. Außer der Toilette findet sich dort nichts als Rohbau.
Ebenfalls allen bisher bereisten Ländern gemein sind die streunenden Hunde. Für den Mischling in Bild 2 ist heute übrigens - wie für unsere Gruppe hier jeden Tag - Sonntag, denn er bekommt von mir Hamburger, Pommes und Kekse. Sollte ich auf meine alten Tage noch zum Hundefreund werden? Was ist mit mir los?
Schön übrigens, dass wir wieder tiefer sind. Nachdem wir gestern die Anden im Grunde von Westen nach Osten durchquert haben, sehen wir nach geraumer Zeit endlich wieder etwas mehr "grün". Und weiter begleiten uns mehr oder minder obskure Schilder mit christlichen Botschaften. Dass der "mächtige Herr" über alles richtet, ist ja klar, aber muss es so direkt ausgedrückt werden?
Natürlich ändert sich in Argentinien die Struktur des Fachhandels, schließlich sind wir im Land der Gauchos. Und Tabak wird angebaut. Und: Wein! Die Ruta del Vino führt uns nach Cafayate, und dort in ein sehr schönes "Weinhotel". Ich werde morgen berichten, ob der Weißwein hier mit dem vertrauten Nahewein (Gruß an alle Bad Kreuznacher!) mithalten oder ihn sogar übertreffen kann.Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 46
- Thursday, February 15, 2018 at 11:19 PM
- ⛅ 25 °C
- Altitude: 443 m
ArgentinaMate de Luna26°49’39” S 65°11’38” W
Hinunter nach San Miguel de Tucuman

Die versprochene Beurteilung des Weins aus Cafayate fällt eindeutig aus: an der Nahe wird besserer Wein gemacht. Vielleicht sind die fortwährende Trockenheit und die sandigen Böden doch nicht ideal. Argentinischer Wein kann jedenfalls nicht als Geheimtipp gelten.
Auf dem Weg hinunter (nur 300 Höhenmeter!) nach San Miguel de Tucuman, das uns später mit 33 Grad freundlich-warm willkommen heißt, beeindrucken uns Riesenkakteen, die zugleich die Ruinen de los Quilmes bewachsen. Unnötig zu sagen, dass die indigenen Bewohner der Ruinen von den Spaniern umgebracht und verschleppt wurden.
Danach wird es fast alpenländisch, wenn man einmal davon absieht, dass die Kuhhirten hier Gauchos heißen und - wie eh und je - auf Pferden sitzen, die sich wiederum mit eigentümlichen Trippelschritten (Tölt?) fortbewegen. Und da die Etappe kurz ist, bleibt Zeit, die Mopeds gründlich zu reinigen und insbesondere vom Salz der letzten Tage zu befreien.
Das letzte Bild ist als Dank für Eure freundliche Blogbegleitung und freundschaftlicher Gruß an Euch gemeint, liebe Gabi und lieber Norbert. Soll ich mich hier für Euch um eine gebrauchte Zugmaschine bemühen? Ich denke, ich könnte sie preisgünstig erwerben ...Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 47
- Friday, February 16, 2018 at 5:47 PM
- ⛅ 34 °C
- Altitude: 518 m
ArgentinaLa Rioja29°24’47” S 66°51’17” W
Crosscheck: BMW GS 800 Adventure

"This is siesta country, folks. Between noon and 5pm, pretty much everything shuts down ...". Der Lonely planet hat fast immer recht. Zumindest in Bezug auf unseren heutigen Zielort "La Rioja" stimmt die Beschreibung perfekt.
Wir sind schnell gefahren und bereits gegen 14 Uhr hier angekommen, bei 37 Grad. Zum Glück hatte gegenüber des Hotels noch eine kleine Bar auf, ein paar Empanadas stillen den Hunger. Doch ansonsten gibt es hier im Moment nichts zu tun, da die Hitze alles zum Stillstand gebracht hat.
Das nehme ich zum Anlaß, um Euch und allen Bikern heute - nach insgesamt etwas mehr als 10.000 km in Südamerika - die Vorzüge und Nachteile meines Fahrzeugs vorzustellen. Im Biker-Freundeskreis und auch hier auf der Tour genießt die große GS bzw. GSA 1200 mehr Ansehen und hat den Ruf des mehr oder minder perfekten Motorrads. Tut es also die GSA 800 auch? Hier ein paar Aspekte ...
Der Blick nach vorne ist prima. Das große Windshield in der Adventure Version hält viel ab, die im Vergleich zur Basisversion etwas breitere Verkleidung ebenfalls. Man sitzt gut im Bike und auch mit der Seriensitzbank bequem. Die Sitzposition für mich (185 cm) ist - wenn das Bike rollt - perfekt. Im Stehen zu fahren ist allerdings unbequem, hierfür müsste der Lenker 2-3 cm höher sein. Und durch die extreme Sitzhöhe von 89 cm komme ich gerade noch halbwegs sicher mit den Füßen zum Boden, dabei stören die Fußrasten etwas.
Die Seitenspiegel sind perfekt positioniert (bei meiner Harley kann ich in den Seitenspiegeln im wesentlichen meine Unterarme sehen, was schnell langweilig wird). Von allen Instrumenten sind im Grunde nur zwei wichtig: Das Navigationsgerät (hier: BMW Navigator 5 = Garmin) und der KM-Zähler. Letzterer, um die verbleibende Reichweite (selbst) zu berechnen. Denn anders als bei der großen GS 1200 gibt es weder eine Reichweitenangabe noch eine zuverlässige Tankanzeige noch wird der Reifendruck angezeigt. Dafür kann man eine sinnlose Stoppuhr bedienen. Wozu braucht man das auf einer Ausdauermaschine für die große Fahrt? Immerhin: Der Adventure-Tank fasst üppige 24 Liter, das macht das Bike zwar schwer, aber man ist im Grunde alle Tanksorgen los, denn bei einem Verbrauch von ziemlich konstant 4 l pro 100 km kommt man weit. Und man kann auch ohne elektronische Hilfsmittel per Dreisatz relativ präzise berechnen, wie weit man noch fahren könnte, bevor man im Van anrufen und um einen Kanister betteln müßte (so ein Edelweiss-Begleitfahrzeug ist ein tolles Backup!).
Nochmals zurück zum Navi: Für Südamerika ist das Kartenmaterial von Navitracks (35 Euro) sehr zu empfehlen, die Originalkarten von Garmin sind doppelt so teuer und so veraltet, dass sie im Grunde unbrauchbar sind.
Sehr gut bei der GSA 800 ist auch der seitlich freiliegende Tankeinfüllsutzen gelöst, bei der GS 1200 liegt er mittig und unter dem Tankrucksack, hier muss jedesmal gefummelt werden.
Der von Edelweiss BikeTravel empfohlene Reifen Heidenau Scout K60 ist für die lange Strecke und auf wechselndem Untergrund eine sehr gute Wahl. Ihr seht das Profil nach 10.000 km, er würde auch 15.000 km vertragen, trotzdem werden wir in ein paar Tagen alle aus Sicherheitsgründen neue Pneus aufziehen (BMW Werkstatt in Santiago). Natürlich gibt es auch den einen oder anderen Schrauber hier am Straßenrand, allerdings sind diese Werkstätten auf kleinere Mopeds eingestellt und wollen in der Regel an die BMWs nicht ran. Man muss sich also selbst sehr gut auskennen und massiv mitwirken, wenn das etwas werden soll. Die GSA 800 hat übrigens einen Schlauchreifen, was nachteilig ist gegenüber der GSA 1200, da deren schlauchloser Reifen geflickt werden kann, ohne das Rad ausbauen zu müssen. Zurück zum Heidenau: sehr robust, im Gelände gut, allerdings dafür auch sehr laut und in Schrägfahrten auf der Straße okay, aber nicht vollständig "trustworthy" im Vergleich zu einem Straßenreifen.
Der 2-Zylinder-Reihenmotor mit Kettenantrieb ist untypisch für BMW, die große GS hat den bekannten Boxer und Kardan. Trotzdem kommt man mit 85 PS Leistung gut hin. Allerdings nehmen die Vibrationen über 4000 Umdrehungen deutlich zu, schnelle Autobahnfahrten jenseits der 130 kmh machen auf der 800er wenig Freude. Die Kette muss alle drei Tage gesäubert und gefettet werden, vor allem angesichts der Staub- und Matschfahrten - darüber müssen sich die Kardanjungs keine Gedanken machen.
Das Fahrwerk finde ich sensationell, ich kenne kein Motorrad, das Unebenheiten - gerade auch in Kurven - so gut ausgleicht. Die Fahrmodi sind allerdings nicht so elegant abgestimmt wie bei der großen GS 1200 - während die 1200er-Fahrer in allen Lebenslagen auf Rain schalten (häufig auch im Gelände), komme ich bei Gravel und Mud viel besser mit dem Enduro-Mode zurecht (das System greift sonst einfach zu viel ein, dann lieber Schlupf auf dem Hinterrad und kein ABS). Allerdings, und das sehe ich als entschiedenen Vorteil der 800er an: nach meinen Beobachtungen ist die "kleine GS" in schwerem Gelände schlichtweg einfacher zu fahren als die "große GS". Sie ist etwas leichter und schmaler bereift (vorne 90, hinten 150), weshalb sie sich den Weg durch Schlamm, Schotter, Schnee und Sand besser bahnt. Leichter ist natürlich relativ. Bei einem Leergewicht von 230 kg wiegt das Biest getankt, beladen und mit mir sicherlich gut 350 kg ...
Ganz wichtig noch: die Koffer. Einer ist bei mir übrigens dicht, in den anderen läuft immer etwas Wasser. Links die Werkzeugkiste (inklusive Pinguin und Ente), rechts die Bekleidung und im Topcase Rucksack, Papiere, Raingear, Getränke. So hat es sich für mich jetzt bewährt. Ordnung ist ganz wichtig!
Zum Schluß allerdings noch zwei Minuspunkte: Der Auspuff ist für ein solches Motorrad eine Frechheit. Natürlich ist in der weichgespülten Mainstream-BMW-Welt keine "Screaming Eagle"-Anlage wie bei Harley zu erwarten, aber es wäre schön, irgendetwas Motorradartiges zu hören (die Sounddesigner haben sich offensichtlich von Rasenmähern und Motorsägen inspirieren lassen). Ist der Sound allerdings nur ein Nebenfeature, so muss der Seitenständer - als Hauptfeature - als echter Kritikpunkt gelten. Das Bike steht nicht gut darauf, und es bedarf einer fast ebenen Fläche, damit er überhaupt ausgeklappt und sicher genutzt werden kann. Doch wo hat man im Alltag solche Bedingungen? Ohne die bash plate, die die Fläche des Seitenständers vergrößert, wäre die Konstruktion sogar völlig unbrauchbar. Also Motorradfans: Unbedingt umbauen lassen, bevor Ihr Ähnliches unternehmt.
Fazit: Die GSA 800 ist bequem, zuverlässig und in schwierigem Gelände gut zu bewegen. Dafür klingt sie mies und lässt sich schlecht abstellen. Ich würde sie für diese Art von Fahrten allerdings weiterhin der GS 1200 vorziehen.Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 48
- Saturday, February 17, 2018 at 3:44 PM
- ⛅ 32 °C
- Altitude: 673 m
ArgentinaSan Juan31°32’20” S 68°33’11” W
Menschen am Rande der Straße

Wenn es Randnotizen gibt, dann müsste es doch auch Randbilder geben. Oder genauer: Bilder vom Straßenrand. Oder von Menschen am Rande der Straße ...
Katrin hat alle diese stimmungsvollen Schnappschüsse vom fahrenden Motorrad aus gemacht und mir geschickt. Muchas gracias, Katrin!!!
Wie schreibt Matthias Politycki so schön: "Ich bereiste nicht Landschaften oder Städte, ich bereiste Menschen." Denn sieht man einmal von Megahighlights wie Machu-Pichu o.ä. ab, dann muss man sich eingestehen: insgesamt macht man zu viele Bilder von Landschaften und Sehenswürdigkeiten und zu wenige von den Menschen, denen man begegnet. Doch sind sie nicht das Spannende? Samt der kleinen Episoden drumherum? Und nochmals aus Polityckis Buch über das Reisen (Titel: Schrecklich schön und weit und wild) : "So intensiv man Tops und Flops (einer Reise) tatsächlich erlebt haben mag, nun rutschen sie gleichermaßen in den Mittelgrund des Erinnerungsbildes. Ganz vorne übrig bleibt vor allem das, was man mit Staunen zur Kenntnis genommen hat ... das ganz Andere, das sprachlos macht vor Verwunderung."
Gefahren sind wir auch, von La Rioja nach San Juan. Natürlich habe ich auf dem Weg ein paar Landschaftsbilder gemacht, aber die kennt Ihr ja im Prinzip schon. Gut, dass Find Penguins dazu zwingt, maximal 10 Bilder auszuwählen ...Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 49
- Sunday, February 18, 2018 at 4:54 PM
- ☀️ 33 °C
- Altitude: 758 m
ArgentinaMendoza32°53’32” S 68°50’16” W
Doppelt gescheitert, viel Spaß gehabt

Das Hauptbild hat heute eindeutig Martins Bike verdient. Es zeigt: Ein Motorrad kann auch ohne Seiten- oder Hauptständer auskommen. Ist der Sand nur genügend tief, dann steht es bombenfest. Ein herrlicher Moment, wie sich das Hinterrad ohne jeglichen Vortriebswillen einfach in den weichen Sand wühlt und Martin lässig absteigt. Die Eingrabungsstätte seines Bikes befindet sich zwischen San Juan und Mendoza. Genauer gesagt auf der Routa 153. Die verheißungsvoll mit ein paar schönen Kurven auf Teer beginnt. Dann in stabilen Gravel übergeht. Dann den einen oder anderen Bachlauf kreuzt. Und sich schließlich in einem Flussbett verliert, so dass wir nicht mehr weiter kommen. Erkenntnis des Tages: Das Schild "Calzada in mal estado" muss man ernst nehmen. Doch noch ernster ist der Hinweis "Calzada erosione" einzustufen, denn er signalisiert, dass die Straße im Grunde aufgegeben wurde.
Das alles kam so: die eigentliche Fahrstrecke heute beträgt nur gut 150 km, schließlich soll genug Zeit in Argentiniens Weinparadies Mendoza sein. Phil, Will und Bernd wählen auch die Botega-Option, während Oliver, Manfred, Martin/Katrin und meine Wenigkeit (begleitet durch Marc im Van) beschließen, den Fahrtag durch einen kleinen Ausflug ins Gelände zu würzen. Wir scheitern allerdings mit dieser Idee grandios und zweifach. Nicht nur wegen des beschriebenen nahtlosen Übergangs der gewählten Straße in ein Flussbett, der unserem Tatendrang nach 40 km ein jämmerliches Ende setzt und uns zur Rückkehr auf gleichem Wege zwingt, was als schwere Männerniederlage gelten muss (Tipp übrigens an alle möglichen Nachahmer: niemals Einheimische fragen, ob die Straße befahrbar ist, die Antworten haben bestenfalls Unterhaltungs-, jedoch keinerlei Informationswert). Sondern auch, weil wir zuvor schon mit der Routa 5 eine fragwürdige Wahl getroffen hatten, die uns mit schwierigen Matschpassagen konfrontiert.
Vergleichsweise safe ist es, im Schritttempo am Pfützenrand durch die glitschige Brühe zu schlingern. Und natürlich ist das auch die ratsame Strategie, zumindest für Hobbyfahrer wie mich. Doch irgendwie flüstert mir vor einer dieser Durchfahrten ein kleines Teufelchen ein, ich möge es doch einmal mitten durch mit etwas Speed probieren ("don't be a pussy"), und wäre es nicht wirklich ein hübscher kleiner Triumph, wenn genau dies gelänge? Bereits im ersten Drittel des Schlammlochs dämmert mir allerdings, dass der schmierige Untergrund keine idealen Voraussetzungen für mein Unterfangen bietet. Im zweiten Drittel trennen sich dann die Wege meines Vorderrads, das gerne nach rechts möchte, und des Rests der Mopeds, das sich für links entschieden hat. Im dritten Teil schließlich sind sich alle Kräfte wieder einig, aber eben nur die, die nach unten zeigen, und schon trennen sich Fahrer und Motorrad. Ergebnis: Mensch und Maschine sehen aus wie nach einem gemeinsamen Moorbad. Reumütig fahren wir eine Querung zurück zur Hauptstraße ...
Doch ich bleibe mit meiner Bodenberührung heute nicht allein. Manfred verläßt das Sportgerät in Richtung Büsche, als er am Rande einer Pfütze aus dem Tritt kommt. Und Martin wirft später sein Moped im Sand weg, genau an der Stelle, wo er sich zuvor festgefahren hatte, nur eben auf dem Rückweg. Allein Oliver kommt unfallfrei durch, sorgt dafür aber beim abschließenden Tanken für den Lacher des Tages, als er sich an der Zapfsäule vergreift und sein Bike mit Diesel befüllt. Doch irgendwann ist auch dieses Problemchen durch Abpumpen gelöst, und wir tun das, was abends in Mendoza alle tun: Rotwein trinken und leicht blutiges Grillfleisch essen ("medium rare").
Footprint zusammengefaßt: Doppelt gescheitert, viel Spaß gehabt.Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 50
- Monday, February 19, 2018 at 10:13 PM
- ⛅ 16 °C
- Altitude: 670 m
ChileAeródromo Lo Castillo33°23’54” S 70°35’7” W
Zurück in der Spießigkeit

Er wirkt auf dem Bild klein. Doch folgt man mit dem Blick der argentinischen Flagge nach rechts, dann erkennt man den höchsten Berg der Anden und zugleich des gesamten amerikanischen Doppelkontinents, den Cerro Aconcagua. Er bringt es auf stattliche 6.960 m und wurde von einem Herrn Zurbriggen erstbestiegen (richtig: Herr Zurbriggen war kein gebürtiger Argentinier ...). Weltweit steht der Koloss dennoch nur auf Platz 188, denn in Asien gibt es 187 höhere Berge. Aber da es im Umkreis eben nicht so viele Erhebungen dieser Dimension gibt, ist er nach dem Mount Everest weltweit der Berg mit der zweitgrößten "Dominanz" (das ist, wie ich gerade herausgefunden habe, so eine Art relatives Größenkriterium im Vergleich zum Umfeld). Lange Rede, kurzer Sinn: Ein echter Klopper, der Aconcagua.
Und das Ganze bei stahlblauem Himmel. Zugegeben: Die IPhone-Zauberstabfunktion überzeichnet das Ganze nochmals ein wenig, aber auch ohne technische Tricks weist der Himmel ein tieferes und strahlenderes Azur auf, als wir das aus unseren Regionen kennen. Bis hin zu bläulich-dunstigen Verfärbungen entfernter Bergketten. Eine wunderbare Fahrt also, auf dem Weg von Mendoza nach Santiago de Chile. Erneut zeigen sich am Wegesrand die mittlerweile wiederholt beschriebenen Spuren hochfliegender Pläne, die letztlich nicht umgesetzt wurden oder erfolglos blieben. Eine Eisenbahnlinie, die schon vor Zeiten aufgegeben wurde und an deren Strecke man am liebsten stundenlang den atmosphärisch interessanten Verfall fotografieren möchte. Auch schön: Eine Reihe von Skiliften, die nicht den Eindruck machen, als hätten sie in den letzten Jahren irgendjemand transportiert ...
Der Grenzübergang nach Chile raubt uns - wie üblich - zwei Stunden. Learning of the day: Der Südamerikaner notiert gerne (mehrfach) Personen- und Fahrzeugdaten. Wozu er das macht? Unklar, denn es wird nur wenig digital und damit vernetzt erfaßt. Sowohl für Argentinien als auch für Chile gilt: Die aus Europa wohlbekannte Spießigkeit ist wieder da. Wurden wir im Norden Südamerikas regelmäßig von Polizeikontrollen freundlich und mit Daumen hoch durchgewunken und war es allgemein geduldet, dass sich Motorradfahrer an jeder Schlange nach ganz vorne durchdrängeln dürfen, zumal wenn sie eigentümliche Kennzeichen und dicke Seitenkoffer haben, so erhalten wir nun immer wieder Belehrungen (nicht so schnell, die Papiere bitte, hinten einreihen, nicht über durchgezogene Linien fahren ...). Da hilft nur, totale Sprachunkenntnis vorzugeben.
Darüber hinaus macht es nun auch wieder Sinn, an roten Ampeln zu halten. Außerdem sprengen in Santiago de Chile Menschen abends den Rasen und joggen mit Knöpfen im Ohr die überflüssigen Kalorien ab. Und schließlich gibt es in der von mir besuchten Einkaufsmall alle Mode- und Foodtempel, die uns bereits in Europa aufgrund ihrer Dauerwiederholung langweilen. Ich versuche mich kurz zu wehren, aber wo mich das Mädel von Dunkin Donuts so nett anlächelt ... warum ich allerdings die Sechser-Box erwerbe (6 zum Preis von 5, mieser Marketingtrick), kann ich mir selbst nicht recht erklären.
Last not least und um den Bezug zum letzten Bild herzustellen: Die Bikes bekommen bis morgen einen ordentlichen (und sicher sehr teuren) Service in der wirklich gigantischen BMW-Niederlassung, die in ihrer affektierten Gelecktheit in scharfem Kontrast zu unseren etwas mitgenommenen Bikes steht. Mitarbeiter und das gesamte Ambiente reihen sich nahtlos in die wunderbare Welt der BMW-Arroganz ein (da lobe ich mir doch meinen Mike Bike in der Schützenstraße in Solingen). Leider bauen die Münchner wirklich exzellente Motorräder, doch emotional ist die Markenauffassung von BMW an biedersten Klischees und Selbstverliebtheit nicht zu überbieten. Was wäre das für eine lohnende Aufgabe, Marketingansatz und Servicepersonal auf das technische Niveau der Bikes zu hieven?Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 50
- Monday, February 19, 2018 at 10:24 PM
- ⛅ 16 °C
- Altitude: 670 m
ChileAeródromo Lo Castillo33°23’54” S 70°35’7” W
Bonus-Footprint: Phil and Will ...

testing Oliver´s safety jacket ... no comment.
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 51
- Tuesday, February 20, 2018 at 12:54 PM
- ☀️ 23 °C
- Altitude: 669 m
ChileAeródromo Lo Castillo33°23’53” S 70°35’7” W
Ruhetag im längsten Land der Welt

Das muss auch einmal sein. Ein paar geschäftliche Dinge sind zu regeln, und so bleibe ich tagsüber im Hotel, obwohl Chiles Hauptstadt "Santiago" vieles zu bieten gehabt hätte. Und sich auch voller Selbstbewußtsein präsentiert. Das längste Land der Welt mit seiner wechselvollen Geschichte (spanische Eroberung, Militärregierung, ...) schreibt in einem ausliegenden Buch wunderbar euphemistisch über sich: "It has learnt from its different styles of government through history. The resulting experience and their contrasts have created awareness among the citizens that continually allows Chileans to adapt to the pace of the world and its constant changes." Was soll man da sagen? Klasse Texter. Like!
Und noch ein paar bunte Bilder aus den letzten Tagen und Wochen. Ich glaube, meine Gedanken kreisen gerade ums Essen ...Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 52
- Wednesday, February 21, 2018 at 5:47 PM
- ⛅ 31 °C
- Altitude: 96 m
ChileTalca35°25’18” S 71°39’43” W
Gut drauf - schlecht drauf

Gut drauf: Das Mädchen aus der Kaffeebar in Pichilemu! Sie sticht damit allerdings aus der Menge hervor, denn die Chilenen sind zwar besser organisiert, sauberer und wirtschaftlich stärker ... aber zugleich auch nüchterner, reservierter und desinteressierter als die weiter nördlich lebenden Südamerikaner. Kein Mensch dreht sich mehr nach uns um, niemand will mehr vor den Motorrädern posieren und es wird schwerer, ins Gespräch zu kommen. Gleich wie: Wir haben einen entspannten Fahrtag von Santiago de Chile nach Talca und fahren einen erfreulichen Umweg an der Küste entlang. Am Strand werden fies aussehende Meeresfrüchte angeboten, die mit scharfem Messer - wie Austern - aus Muscheln gepult werden. Marc kostet und befindet den glibberigen, orangefarbenen Inhalt für gut, der Rest der Gruppe beschränkt sich auf passive Beobachtung des Schauspiels.
Wie Ihr mittlerweile wisst, sind gelbe und vor allem weiße Straßen in den bisher bereisten Ländern Südamerikas nicht immer befahrbar. In Chile hingegen sind sie frisch asphaltiert und mit sanftem, erwartbarem Kurvenradius angelegt, was alle dankbar aufnehmen. Die Mitte Chiles ist im übrigen der Landesteil, in dem viel Obst, Gemüse und Wein angebaut wird, entsprechend folgen wir einige Zeit der Ruta de Fruta. Das warme Klima sorgt für gelblich schimmerndes, verdorrtes Gras und offensichtlich immer wieder für Waldbrände.
Doch dies sind nicht die einzigen Naturkatastrophen hier. In Talca und auch in unserem morgigen Zielort Concepcion haben Erdbeben immer wieder schwere Schäden angerichtet. Das letzte sehr große Beben in 2010 hat den zentralen Plätzen in Talca ziemlich zugesetzt. Mitten in der Stadt steht eine verfallende Markthalle und daneben ein baufälliges Schulgebäude. Die Botschaften der Graffitis an den Wänden zeugen nicht von übergroßem Optimismus in der Sprühergeneration. Schlecht drauf.
Was noch? Oliver nahm heute Morgen von uns Abschied, er fliegt in diesem Moment nach Miami, um sich privat ein paar Tage von der widerspenstigen Welttour-Gruppe zu erholen. Mach es gut Oliver, Deine souveräne und freundliche Art wird uns fehlen, sehr herzlichen Dank! An Olivers Stelle wird uns Domenico für die restlichen gut 3 Wochen guiden, natürlich zusammen mit Marc.Read more

TravelerApropos "schlecht drauf": HIer die Zufriedensheitsindizees des World Happiness Reports 2017 für "deine" Länder:

TravelerKolumbien 6,4 - Equador 6,0 - Peru 5,7 - Bolivien 5,8 - Chile 6,6 - Argentinien 6,6. Zum Vergl. Deutschland 7,0 - Norwegen (1. Platz) 7,5 - Afgahnistan 3,7
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 53
- Thursday, February 22, 2018 at 6:27 PM
- ⛅ 19 °C
- Altitude: 40 m
ChileCerro Caracol36°49’60” S 73°3’13” W
Ein Tag am Meer

Was Simon Bolivar für Kolumbien, Venezuela, Peru, Equador und Bolivien, das ist Bernardo O'Higgins für Chile: nämlich der bedeutendste Unabhängigkeitskämpfer. Zugleich wurde er zum ersten Führer des unabhängigen Chiles ernannt, unter dem Titel Director Supremo. Die Ausrufung der Unabhängigkeit wiederum geschah vor genau 200 Jahren in unserem heutigen Zielort "Concepcion", der eigentlich "La Concepcion de Maria Puririma del Nuevo Externo" heißt. Aber diese offizielle Namensversion ist nun wirklich etwas sperrig.
Die Fahrt von Talca nach Concepcion beginnt - man kann es nicht anders sagen - langweilig, da Landschaft und Straßenführung zwar nett sind, aber sich gegen all die Highlights der vergangenen Wochen nicht behaupten können. Zum Glück streut Marc - als Variante zum direkten Weg - eine knapp 40 km lange Schotterstraße ein, die allerdings nur Martin/Katrin, Marc und ich selbst fahren wollen, obwohl sie verheißungsvoll Ruta del Mar heißt (ich hoffe, Ihr habt das Wortspiel bemerkt, "streut Schotterstraße ein", hahaha).
Wo wir schon so schön dabei sind, verlängern wir unsere Küstenfahrt noch auf die Concepcion vorgelagerte Halbinsel und steuern dort das Fischerdorf "Calita Tumbes" an, das uns pittoreske Fotomotive und einen willkommenen Nachmittagskaffee bietet. Damit kein falscher Eindruck entsteht: das Mädel mit der Kochhaube stellt heißes Wasser, Plastikbecher und eine Dose Nescafe auf den Wackeltisch ... aber die Meeresfrüchte sind fangfrisch und der Blick auf die buntbemalten Boote großartig. Ein Tag am Meer! Wer summt da nicht den Fanta 4 Song mit?
https://youtu.be/uFX_ZQCPerkRead more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 54
- Friday, February 23, 2018 at 8:48 PM
- 🌙 21 °C
- Altitude: 237 m
ChilePucón Airport39°17’15” S 71°56’16” W
Kuchenladen

In einem früheren Footprint war ich schon kurz auf die (erste) deutsche Einwanderungswelle nach Chile um 1850 eingegangen. Später kamen dann vor den Nazis fliehende Juden hinzu, noch später suchten wiederum ehemalige Nazis in Chile Unterschlupf.
Laut Wikipedia stammen etwa 500.000 Chilenen von Deutschen ab. Hierdurch ist auch der eine oder andere deutsche Begriff in die Sprache eingewandert. Als Beispiel hierfür wird in einigen Quellen das Wort "Kuchen" angegeben, und tatsächlich: als wir heute durch Villarica fahren, das etwa 30 km vor unserem Zielort Pucon liegt, sticht mir das Schild "Kuchenladen" ins Auge. Wenige hundert Meter nach dem Schild stoppen wir zum Lunchbreak, was mir die Gelegenheit gibt, neugierig zurück zu wandern und den Kuchenladen genauer zu untersuchen. Und tatsächlich: herrliche Riesenkuchen und noch herrlichere Monstertorten sind im Angebot. Sie kosten ein kleines Vermögen: ein Stück Torte für 3.000 Pesos (nicht irritieren lassen, das Dollarzeichen bedeutet hier Pesos) rechnet sich in gut 4 Euro um. Trotzdem muss es natürlich probiert werden, und es wird das größte Stück Schokokuchen, das ich jemals gegessen habe (und garantiert schlägt es kalorienmäßig sogar den superfetten Schokokuchen von McDonalds).
Villarrica heißt übrigens nicht nur der Kuchenort, sondern auch der dem Ort vorgelagerte See (Lago Villarica) und der hinter dem See aufragende Vulkan (auf Bild 4 links neben dem Baum, leider teilweise von einer Wolke verdeckt). Interessant: Er gehört weltweit zu den zehn aktivsten Vulkanen (letzte Eruption 2015), und als sich die Wolke kurz einmal auflöst, sieht man eine kleine, feine Rauchsäule aufsteigen.
Ansonsten sind Villarica und Pucon Touristen-Hotspots mit allem, was man sich in Sachen Aktiv- und Trendsportarten nur vorstellen kann. Im Winter (also in unserem Sommer) verwandelt sich die Gegend hier übrigens in eine Skiregion. Das wiederum nehme ich zum Anlass, die Friends- and Family-Skitruppe, die sich in Kürze in Serfaus trifft, ganz herzlich zu grüßen! Viel Spaß und passt auf Euch auf!
Zum Schluß noch ein kleiner Bildernachtrag zum gestrigen Footprint ("Ein Tag am Meer"). Und das allerletzte Foto macht deutlich: Hier kreuzen jetzt keine Pullover mehr die Straße, sondern Steaks. So wie man das erwartet, wenn man immer weiter in den Süden Südamerikas vordringt.Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 55
- Saturday, February 24, 2018 at 8:00 PM
- ☀️ 25 °C
- Altitude: 239 m
ChilePucón Airport39°17’16” S 71°56’17” W
Samstagsausflug

Heute ist eigentlich Ruhetag. Doch Pucon bietet alle Arten von Outdoorvergnügungen, die man sich nur vorstellen kann. Katrin, Martin und ich fahren zunächst - so weit wie es erlaubt ist - die Vulkanstraße hinauf. Die Schotterpiste endet dort, wo die Skilifte beginnen - auf etwa 1.400 m. Weitere 1.400 Höhenmeter wären es zum Vulkankrater ... das nächste Mal, mit geeigneter Ausrüstung und zu früherer Stunde.
Da ich schon lange nicht mehr das Motiv "Berts Bike vor irgendetwas" gewählt habe (sorry, nur Vulkan ist auch langweilig, und etwas Rotes im Vordergrund macht sich immer gut), schafft es diese Standardkomposition einmal wieder auf Bildposition 1. Alternativ hätte ich das Monster-Wohnmobil von Bild 2 wählen können. Die Insassen kommen aus Ostholstein (!!!) und haben die 65 sicherlich überschritten. Nun gut, bis dahin sind es ja noch ein paar Jahre ... aber so ein Laster wird es niemals werden!
Katrin und Martin machen sich gut im Doppelsessel, auch wenn sich hier im Moment natürlich nichts bewegt. Schaut man in die andere Richtung, dann liegt der Villarrica See zu unseren Füßen (wieder hinter meinem Moped ;-) )
Doch damit nicht genug, eine weitere Schotterpiste bringt uns zum Nationalpark Herquehue. Er ist bevölkert mit jungen Campern und Backpackern, und auch wir machen eine 2 Stunden Wanderung zu einem Wasserfall. Alte Aurakienbestände gelten als Besonderheit des Parks, bin aber nicht so sicher, dass mein Bild wirklich diese Baumart zeigt ...
Die nächste Reise geht übrigens nach Hawaii, denn mit dem letzten Bild werde ich via WhatsApp im Rahmen der Bier-Promotion von Royal Guard die entsprechende Reise gewinnen? Ist für zwei Personen. Wer will mit?Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 56
- Sunday, February 25, 2018 at 6:16 PM
- 🌧 17 °C
- Altitude: 640 m
ArgentinaSan Martín de los Andes40°9’43” S 71°21’11” W
Wie das Leben sein kann

Von Pucon nach San Martin de los Andes sind es weniger als 200 km, und da uns der erneute Grenzübergang von Chile nach Argentinien kaum Zeit kostet, was wir so bislang noch nicht erlebt haben, sind wir schon am frühen Nachmittag am Zielort.
Das gibt mir Gelegenheit, mich ans Seeufer zu setzen und (endlich) in Daniel Kehlmanns "Tyll" hineinzulesen (danke, Rike!). Sein (Debüt-?)Roman "Die Vermessung der Welt" war vor ein paar Jahren ganz oben in den Bestsellerlisten, und er ist wirklich ein großer und wortgewaltiger Erzähler. "Tyll" nimmt den historischen Stoff des umherstreifenden Schalks Till Eulenspiegel auf, aber Kehlmann erzählt darum herum und mischt das Ganze mit sehr schönen, sehr grundsätzlichen Einsichten. Vermutlich reisebedingt spricht mich gleich im ersten Kapitel die folgende wunderbare Textstelle an: "... und wir alle, die wir (zu Tyll Ulenspiegel) hochsahen, begriffen mit einem Mal, was Leichtigkeit war. Wir begriffen, wie das Leben sein kann für einen, der wirklich tut, was er will, und nichts glaubt und keinem gehorcht; wie es wäre, so ein Mensch zu sein, begriffen wir, und wir begriffen, dass wir nie solche Menschen sein würden."
Neben diesem literarischen Ausflug drängt es mich, meine botanischen Ausführungen von gestern zu präzisieren, vor allem aber zu korrigieren. Erstens: Die Araukarie sieht so aus, wie auf den ersten drei Bildern (Nahaufnahme, junger Baum, alter Baum), vergesst also bitte das Bild, das ich Euch gestern als mögliche Araukarie angeboten habe. Zweitens wurde der Baum um 1800 in Europa unter dem Namen "Monkey Puzzle Tree" bekannt gemacht, denn sein englischer Entdecker meinte, dass selbst Affen diesen Baum mit seinen scharfen Blättern nicht erklimmen könnten. Was insofern interessant ist, da es in den Anden gar keine Affen gibt.
Schließlich möchte ich Euch Domenico vorstellen, der vor ein paar Tagen neu hinzugekommen, ein waschechter Neapolitaner und ein Freund cooler Sonnenbrillen ist. Ich habe zwar auch eine mit, aber immer wenn es darauf ankommt, also vor allem für Selfies, kann ich sie nicht finden. Das muss sich ändern.Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 57
- Monday, February 26, 2018 at 11:15 PM
- ⛅ 13 °C
- Altitude: 330 m
ArgentinaEl Bolsón Airport41°57’33” S 71°32’6” W
Posthume Versöhnung

Der Camino de los Siete Lagos führt uns - logisch! - an 7 Seen vorbei. Außerdem an Bariloche, dem bekanntesten Wintersportort Argentiniens, der etwa 70 Pistenkilometer zu bieten hat.
Wir fahren eine kleine Schleife und kehren etwas außerhalb des Ortes ein, mit Blick auf den Lago Huapi. Claudio, zusammen mit Katrin, Martin und mir auf Bild 2 zu sehen, hat das wirklich zauberhaft gelegene Lokal "Punta Panoramico" vor 8 Jahren in Betrieb genommen und ist begeisterter Motorradfahrer (er hat selbst eine GS 800), was uns eine angenehme Unterhaltung und einen 10-prozentigen Discount einbringt. Und eine sehr emotionale Geschichte: Sein erster Motorradgast sei ein älterer BMW-Fahrer gewesen, der auf einem quasi historischen Motorrad unterwegs gewesen sei. Er habe das Bike nach dem Ableben seines Vaters, mit dem er sich zerstritten und zwanzig Jahre kein Wort gewechselt hatte, in dessen Garage gefunden, zusammen mit einem handschriftlichen Reisetagebuch. Seine Art, sich posthum mit seinem Vater zu versöhnen, sei es gewesen, dessen ihm bis dahin unbekannte Reise nur mit diesen Notizen und dem alten Bike nochmals nachzufahren ...
Während der Kaffeepause am Vormittag interessieren sich zwei argentinische Bustouristen intensiv für unsere Reiseroute und verunsichern uns: angeblich ist eine für uns wichtige Verbindung bzw. ein vor uns liegendes Teilstück der Carretera Austral unbefahrbar. Das werden wir in den nächsten Tagen noch validieren müssen.
Angekommen in unserem Zielort El Bolson, werden wir mit einer bestechend einfachen Geschäftsidee konfrontiert. Ein improvisiertes Fotostudio, einige grüne Mützen und Leibchen und ein paar lange Ohren laden dazu ein, sich als Kobold zu verkleiden und fotografieren zu lassen, und der findige Fotograf hat gut zu tun.
Enttäuschung des Tages: Wir versuchen, beim Trekkinganbieter "Hielo y Avetura" ein Gletschertrekking (Perito Moreno) vorzubuchen. Es gelingt auch, eine vierstündige Minitrekking-Tour zu reservieren, bei der Ganztagestour jedoch hätte man mich ausgesondert: Nur Menschen unter 50 dürfen daran teilnehmen. Ein herber Schlag ...Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 58
- Tuesday, February 27, 2018 at 4:45 PM
- ⛅ -2 °C
- Altitude: 580 m
ArgentinaEsquel42°54’32” S 71°18’32” W
Gravel and Punk

Von El Bolson nach Esquel gibt es eine schöne Variante zur Ruta 40, die mitten durch den Nationalpark Alercen führt. Definition Nationalparks Argentinien: kosten Geld, viel Natur, kaum Besucher, gravel roads. Insgesamt also eine staubige Angelegenheit. Am Parkende findet sich ein (ebenfalls wenig frequentierter) Campingplatz, dessen Restaurant von Antonella aus Buenes Aires betrieben wird. Sie spricht bombig englisch, ist in der Welt herumgekommen, serviert frische Zitronenlimonade und gibt sich über ihr T-Shirt als Musikexpertin zu erkennen. Bislang dachte ich immer, die Sex Pistols hätten den Punk begründet, aber Antonella und Phil sind sich schnell einig, dass die (US-Band) Ramones die ersten wahren Punks waren. Was für herrlich unnütze Dinge man mittags auf argentinischen Campingplätzen lernen kann.Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 59
- Wednesday, February 28, 2018 at 5:30 PM
- ☀️ 23 °C
- Altitude: 11 m
ChilePuyuhuapi44°19’32” S 72°33’40” W
Hildegard aus Puyuhuapi

Trotz aller Bemühungen: Puyuhuapi mit seinen 525 Einwohnern wird kein touristischer Hotspot werden. Vielleicht liegt das daran, dass die Touristeninfo im Moment (oder für immer?) unbesetzt ist. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Dauernebel außer ein paar traurigen Backpackern, die hier gestrandet sind, und einigen wenigen Motorradfahrern (eigentlich nur uns) niemanden zum Bleiben einlädt.
Dabei ist Puyuhuapi fest in deutscher Hand. Hildegard betreibt die Hosteria Alemana in zweiter Generation. Ihre Brüder Helmut und Fritz wohnen um die Ecke, die Mutter ist 80 und schwerhörig, der Vater bereits tot. 1945 seien sie und einige weitere Familien aus dem Sudetenland hierher ausgewandert. Eine kleine Teppichfabrikation hielt die Familie über Wasser, vor 30 Jahren dann teilte man vom großen Wohnhaus ein Stück ab und begann, Zimmer an Gäste zu vermieten. Das Haus atmet diesen Charme früherer Zeiten, könnte allerdings in technischer Hinsicht ein wenig Fortschritt vertragen. Das Zeitfenster für warmes Wasser unter der Dusche ist knapp bemessen. Auch der Gasofen ist nicht leicht in Gang zu bringen.
Etwas Wärme schadet nämlich nicht, denn wir sind mittlerweile wieder in Chile, und was in Puyuhuapi zunächst aussieht wie ein See, entpuppt sich als Fjord (mit Schildern, die den Fluchtweg im Falle eines Tsunamis anzeigen). Eine Fahrstrecke von 250 km liegt hinter uns, davon etwa die Hälfte auf Schotter. Denn wir folgen nun der (berühmten?) Carretera Austral, Ruta 7, einem Nord-Süd-Straßenprojekt, das unter Pinochet in den 70ern begonnen wurde. Der Süden Chiles war zu diesem Zeitpunkt kaum erschlossen und nur zu Wasser oder Luft erreichtbar. Ein Ende der Bauarbeiten ist nicht in Sicht, weitere Abschnitte sollen in den nächsten 25-30 Jahren entstehen. Dann soll auch vieles asphaltiert sein. Aber bis dahin bleibt die Carretera Austral ein großer Enduro-Spielplatz.
http://lateinamerikareisen.info/teppichfabrik-p…Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 60
- Thursday, March 1, 2018 at 8:42 PM
- ⛅ 14 °C
- Altitude: 282 m
ChileCoihaique45°34’16” S 72°4’26” W
Generation Y auf Reisen

Sie machen es sich hinten auf dem Toyota Pickup bequem. Aus Hannover und aus Graz seien sie. Schon ziemlich lange unterwegs, vielleicht ein Jahr. Wie lange sie noch reisen wollten? Das könnten sie noch nicht sagen. Nach dem Studium hätten sie zwei Jahre gearbeitet, nein, nicht in einem Start-Up, was Soziales. Aber jetzt erst einmal Pause. Im Moment sei das Hitchhiken schwieriger, da sie aufgrund der chilenischen Sommerferien derzeit mit den Einheimischen konkurrierten. Aber irgendwie würde es immer weiter gehen ... Generation Y auf Reisen.
Die Backpacker und die Rentner (inklusive einiger halbwegs rüstiger Motorradfahrer) haben Südamerika touristisch unter sich aufgeteilt. Üblicherweise bleibt man dabei streng unter sich. Denn die einen zieht es in die Hostels, die anderen in die Hotels. Die einen fahren Bus oder Trampen, die anderen Mietautos oder Enduro. Lediglich auf der Straße und beim Essen gibt es Berührungspunkte, aber die Annäherung erfolgt eher einseitig und nur von alt nach jung. Was sollte Generation Y auch mit den graubärtigen Babyboomern zu besprechen haben?
Auf Bild 2 seht Ihr, warum die Carretera Austral immer wieder gesperrt ist. Denn wenn die Schotterstraße über viele Kilometer zwischen Berg und Wasser eingequetscht ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass ab und zu ein Erdrutsch ein Weiterkommen unmöglich macht. Fotografisch leider nicht festgehalten, aber dennoch wahr: Wir sehen an vielen Stellen die Spuren früherer "landslides".
Während wir uns alle mittlerweile recht gut mit Schotterpisten arrangiert haben, liegt in einer Kurve ein mit seiner Suzuki gestürzter Amerikaner. Aus Boston, circa Ende 60. Er ist unter seinem Bike eingeklemmt, hat sich aber nicht wirklich etwas getan. Domenicos Frage, ob er Hilfe benötige, entbehrt nicht ein gewissen Komik. Seine Brille ist ihm von der Nase gerutscht und hat nur noch einen Bügel, der Drehverschluß zum Motoröl fehlt, wie überhaupt das gesamte Motoröl. Fahrzeug und Fahrer geben insgesamt ein bemitleidenswertes Bild ab. Nichtsdestotrotz: Nachdem wir ihn und das Bike wieder aufgerichtet haben, bleibt er amerikanisch entspannt. Das fehlende Windshield hätte er bereits bei einem früheren Sturz verloren. Nein, weitere Hilfe benötige er nicht, er hätte noch irgendwo Motoröl und käme auch sonst gut klar. Er wäre nur die Kurve etwas "zu konservativ" angegangen und hätte vielleicht die falschen Reifen. Und außerdem hätte die Carretera Austral auf YouTube irgendwie einfacher ausgesehen. Tatsächlich sehen wir ihn 100 km weiter am Nachmittag wieder. Ein echtes Stehaufmännchen!
Irgendwann kommen wir doch wieder auf wunderbaren, fast neuen Asphalt, was vorteilhaft ist, weil man sich dann nicht nur auf das Fahren konzentrieren muss, sondern auch die herrlichen Landschaftsbilder genießen kann - mit bereits vielen vergletscherten Berggipfeln. Ein erster Vorgeschmack, denn die Berühmten liegen noch vor uns. Ich hoffe, Ihr erfreut Euch an den Bildern - ich melde mich morgen wieder, dann ist Ruhetag in Coyhayque.Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 61
- Friday, March 2, 2018 at 10:23 AM
- 🌬 15 °C
- Altitude: 282 m
ChileCoihaique45°34’15” S 72°4’26” W
No!

Mit Werbung die Welt verändern ... manchmal funktioniert es. Auf Domenicos Empfehlung hin habe ich mir gerade den Trailer von "No!" auf YouTube angesehen, und der ist vielversprechend. Es geht um den Volksentscheid in Chile 1988, der das Land von Pinochets Militärdiktatur befreite.
https://youtu.be/eb5E2_N1dWE
P.S.: Heute Ruhetag ...Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 62
- Saturday, March 3, 2018 at 6:23 PM
- ☀️ 25 °C
- Altitude: 232 m
ChileLago Negro46°53’45” S 72°47’20” W
Gauchos

Einsam reitet er durch endloses Weideland, von allen Fesseln befreit, doch grundehrlich, bescheiden, verwegen und wettergegerbt, sein Nachtlager schlägt er auf dem Boden auf, neben Pampasgras, und nur ein kümmerliches Lagerfeuer wärmt ihn. Alles Mythos und Folklore?
Nun, Phil sieht man an, dass er mit dem Gaucholeben nichts, aber auch rein gar nichts zu tun hat. Aber was hätte uns der Mann mit der blauen Mütze zu erzählen, wenn wir die gleiche Sprache sprechen würden? So muss es bei der freundlichen Selfiebegegnung bleiben und bei der Analyse des Goucho-Outfits. Die Stiefel sind aus Fohlenleder, dazu gehören weite Pumphosen (Bombachas) und natürlich Halstuch und Barret oder Strickmütze (Boina). Phil und ich probieren es ebenfalls mit einer entsprechenden Kopfbedeckung, aber zum Gaucho reicht es bei keinem von uns.
Immerhin: Bernd und Domenico sind wahre Männer und messen sich am Vorabend im Steakhouse beim Armdrücken. Am heutigen Morgen dann genießen wir zunächst ein paar schöne Kurven auf Asphalt, bis Bernds Bike umkippt, was ihn sein Windshield kostet. Bald danach geht die Carretera Austral wieder in Gravel über. Zunächst noch bei Sonnenschein, später dann bei 12 Grad und Regen. Da werden 150 km Schotterpiste lang, obwohl man tatsächlich im Grunde relativ problemlos mit 80 km/h über Schlaglöcher und Querrippen fliegen kann, es ab dieser Geschwindigkeit sogar wieder etwas bequemer auf dem Bike wird (Ihr erinnert Euch: "speed is your friend"). Man muss im Grunde nur zulassen, dass das Motorrad sich permanent eine eigene Spur sucht und dadurch immer etwas hin und her schwimmt. Kopfsache. Aber man gewöhnt sich daran.
Auch unseren Zielort, Puerto Bertrand, erreichen wir im Regen. Die Hozhäuser sind toll, Typ "game resort lodge", ein bisschen wie in Südafrika, nur ohne Rhinozeros und Antilope. Aber: Es ist kalt und alle Sachen sind nass. Da kommt der Holzofen gerade recht, die Zeltlagererfahrung aus Jugendtagen bewährt sich, er ist schnell in Gang gebracht (nur Will berichtet später von seinen Problemen, da er das erste Mal in seinem Leben selbst ein Feuer anzünden musste). Der Ofen wärmt auch wunderbar, allein: wie soll das nachts gehen? Jede Stunde nachlegen?
Plötzlich reißt der Himmel auf, von einer auf die andere Minute ist es spätsommerlich warm und es zeigt sich ein herrlicher See und dahinter erneut schneebedeckte Gipfel. Allerdings ist das warme und helle Zeitfenster kurz, es reicht nur für ein paar schöne Bilder. Schon während ich diesen Footprint einhacke, sinniere ich erneut darüber, wer heute Nacht Holz nachlegt. Hat jemand von Euch Zeit?Read more
- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 63
- Sunday, March 4, 2018 at 8:04 PM
- ☀️ 12 °C
- Altitude: 277 m
ArgentinaCerro León48°45’7” S 70°15’15” W
Es muss Selbstmord gewesen sein

Auf der Schotterpiste der Ruta 83 kommt alle zwei Stunden ein Auto. Einmal im Monat fährt vielleicht auch eine Motorradtruppe vorbei. Es ist also vollkommen unwahrscheinlich, überfahren zu werden, selbst wenn man nur über ein Hasenhirn verfügt. Ergo: Es muss Selbstmord gewesen sein. Vielleicht aus Liebeskummer. Oder aus Nahrungsmangel. Vermutlich aber aus Einsamkeit. Denn hier ist so viel Landschaft und Weite, dass man sich darin verlieren kann.
Wir starten um 8 Uhr bei 1,5 Grad in einen herausfordernden, sehr langen und besonders schönen Fahrtag. Über 220 km Schotter und 230 km Asphalt liegen vor uns. Lange sind wir vollkommen alleine unterwegs. Zum Grenzübergang nach Argentinien führt uns der Paso Roballos, es geht hügelig und staubig auf und ab, begleitet von gelblichem Pampasgras, Schneegipfeln, blauem Himmel und neugierig-scheuen Guanacos. An der chilenischen Grenze sind wir die einzigen, die Beamten sind so weit ab von allem, dass sie in 3 relativ neuen Häuschen direkt neben der Grenzstation wohnen. Ein altes zerfällt derweil.
Im 11 km langen Niemandsland zwischen Chile und Argentinien wird der Schotter weich und tief. Das wird leider Phil zum Verhängnis, er stürzt und verstaucht sich den Fuß. Sein Bike wird in den Van verladen und er selbst muss im Tourbus die Beifahrerrolle einnehmen, was ihn verständlicherweise tieftraurig stimmt. Auch der Rest der Gruppe kämpft die folgenden zwei Stunden ab der argentinischen Grenze mit den Bedingungen - immer wieder fahren wir unverhofft in weiche Sandpassagen und tiefe Kiesfurchen. Eine fette Pfützendurchfahrt ist auch dabei.
Um 15 Uhr erreichen wir endlich wieder Asphalt. Der geplante Tankstopp fällt aus - die Tanksäulen sind zwar bunt beklebt, aber leider leer. Manfreds "normale" 800er bekommt Benzin aus den Kanistern im Van, die Adventures und die Tenere schaffen dank ihrer großen Tanks auch die restlichen 200 km zu unserem Zielort Gobernador Gregores. Erstmals sorgt der erwartete patagonische Wind für verspannte Nackenmuskulatur und skurrile Schräglagen trotz Geradeausfahrt.Read more