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- 21 de set. de 2022
- ☀️ 26 °C
- Altitude: 262 m
- EspanhaGaliciaSantiago de CompostelaCathedral of Santiago de Compostela42°52’50” N 8°32’40” W
One more day in Santiago
21 de setembro de 2022, Espanha ⋅ ☀️ 26 °C
- Alleinereisen ~ eine Momentaufnahme -
Angst vor dem Alleine sein, obwohl man weiß, dass man es nicht ist. Ich rede mit anderen Alleinreisenden. Ihnen geht es ganz genauso, auch in Momenten, in denen wir zusammensitzen. Abschiede fallen noch schwerer. Ich weine alleine, ich weine mit anderen, ich weine in der Öffentlichkeit. Andere weinen in der Öffentlichkeit. Wir werden von fremden Menschen gefragt, wie weit wir gelaufen sind, sie nicken anerkennend und staunend. Ich rechne aus, am Tag durchschnittlich ca. 19 km - eigentlich gar nicht so viel. Tränen fließen, ohne dass ich den Grund kenne. Städte wirken einschüchternd und beängstigend. Ich will lieber wieder weiter laufen. Der vorgegebene Weg der letzten Tage hat verdammt viel Sicherheit gegeben - was ein Luxus. Aber der Weg, das Ankommen und das Weiterziehen zeigen, dass auch immer ein Teil ungewiss bleibt - herausfordernd. Ich merke mal wieder, wie viel Sicherheit andere Menschen einem selbst geben können. Sie bauen einen auf. Helfen. Machen alles leichter - zumindest manchmal. Und eigentlich wollte ich doch auf dem Weg lernen, “niemanden zu brauchen”, von keinem abhängig zu sein. Gefühlschaos. Obwohl ich genau weiß, dass ich alleine klar kommen kann. Wir unterhalten uns mit einem 70-jährigen Kölner. Er hat vor zwei Tagen seinen Weg auf Grund einiger Blutblasen abgebrochen. Für ihn war es nicht nur deswegen ein emotionaler Tag, er weinte auch einfach so viel, warum kann er nicht sagen. Er schenkt mir eine Umarmung und die kommt von Herzen, das merkt man, weil er die selbe Gefühlslage kennt.
Mit dem Realisieren, dass ich und auch, dass die anderen Santiago erreicht haben, dass wir angekommen sind, führt dazu, dass viele von uns gerne die Reise einfach jetzt beenden möchten - ich auch, den Rückflug einfach umbuchen. Weil es jetzt doch okay ist, weil es jetzt doch einfach reicht. Am Morgen lerne ich Malte kennen, er sitzt am Nachbartisch im Café, er kommt aus Basel. Er baut mich auf. Er kam heute morgen aus Finisterre zurück, erzählt davon. Das reicht schon, um einen Teil der Unsicherheit zu nehmen. Es geht halt gerade doch der eine Camiño, ein Abschnitt zu Ende, und der nächste Abschnitt, der nächste Camiño, beginnt. Es wird anders weitergehen aber es geht weiter und es wird bestimmt gut weiter gehen. So wie das im Leben, im Alltag, auch immer irgendwie ist.
Der heilige Jakobus
“Er hat viele Namen und ist als Patron der Kathedrale seit Jahrhunderten für viele Menschen ein wichtiger Gefährte des Glaubens. Er war einer der ersten Jünger, die Jesus berufen hatte. Er hat das Evangelium in Wort und Tat weitergetragen, hat dafür sein Leben eingesetzt und ist auf wunderbare Weise nach Galizien gekommen, wo man dann sein Grab entdeckt hat. In der Krypta sehen wir den silbernen Schrein, in dem die leiblichen Überreste des Apostels aufbewahrt werden, und über dem Hochaltar strahlt er, umgeben vom Glanz der himmlischen Herrlichkeit. Ein Zeuge des Glaubens, der ganz aus der unmittelbaren Nähe und Erfahrung Jesu kommt und dessen Leben für immer in der Treue Gottes gerettet und aufgehoben ist. Es berührt, wenn die Menschen zum Apostel hochsteigen und sich ihm von hinten her nähern, um ihn zu umarmen. Wie viele, die dabei spüren, dass man mit der ganzen Last seines Weges vom Apostel getragen wird. Und wenn sie dann hinabsteigen in die Krypta, zum Grab des Apostels, dann mögen alle eigenen Abstiege und Todeserfahrungen einem bewusst werden, aber auch, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Gerade unten am Grab bezeugen viele ihren Glauben an die Auferstehung und spüren dabei, dass dieses Bekenntnis das eigentliche Ziel ihrer Pilgerschaft ist.”
(Deutsche Pilgerseelsorge)
Zum Tag:
Heute Nacht schlief ich auf einer bereits sehr durchgelegenen Matratze richtig gut und vor allem schlief ich aus. Um kurz vor zehn machte ich mich gemeinsam mit Mandy auf den 2 km langen Weg von unserer Pilgerherberge (es ist die selbe, in der ich beim letzten Mal in Santiago auch war) auf zur Kathedrale, um in der Nähe in einem Café zu frühstücken. Wir kamen mit Malte aus Basel und mit einem Kölner vom Nachbartisch ins Gespräch, das tat gut, da wir den ganzen Morgen schon wieder nur am Weinen waren. Und dann standen nochmal Kerstin und Joachim neben uns. So ein Weg, das Ankommen und das Realisieren aller Eindrücke ist einfach zu viel auf einmal, zumal schon wieder Abschiede anstehen. Gestern und heute morgen dachte ich noch an Antoinette von meinem ersten Wandertag, daran, wo sie wohl gerade ist und daran, dass ich sie so gerne noch einmal sehen würde. Prompt läuft sie an unserem Café vorbei und wir fallen uns vor Freude in die Arme. Sie ist gerade angekommen und holt, weil gerade nicht so viel los ist, ihre Pilgerurkunde im Pilgerbüro ab. Nach dem Frühstück saßen Mandy und ich noch eine Weile auf dem Vorplatz der Kathedrale bis auch wir uns tränenreich verabschiedeten. Auf diesem riesigen Platz sind alle schmerzenden Füße und schlechten Nächte fast vergessen. Ich buchte noch schnell meine Mitfahrgelegenheit bei BlaBlaCar für kommenden Dienstag von Finisterre zurück nach Santiago und machte mich dann irgendwann auf zu einem Stadtspaziergang. Dabei schaue ich mir auch die Kathedrale von innen an, da war sie nämlich nicht überfüllt. Am Nachmittag sitze ich dann wieder in der Mittagssonne auf dem Kathedralenvorplatz und beobachte unter anderem eine spanische Jugendgruppe, die feierlich ihr Ziel erreicht - allen voran ein Junge, der ein riesiges bunt geschmücktes Kreuz trägt. Singend und jubelnd lassen sie sich dann auch erstmal nieder. Später kamen vier Deutsche auf dem Platz an. Joseph, 87 Jahre ist über 100 km nach Santiago gelaufen. Mit Tränen in den Augen erzählte er mir, dass er gerade eben seinen Lebenstraum erfüllt hat. Ich war natürlich neugierig und fragte, warum gerade Santiago sein letztes Lebensziel ist, wie er es nennt und er erzählt, dass er schon die Alpen auf dem E5 überquert und Österreich, Norwegen usw. zu Fuß durchquert hat und Santiago als Wunsch auf seiner Liste übrig blieb. Am Abend besuchte ich endlich die Pilgermesse - Beginn 19:30 Uhr, wer einen Sitzplatz haben will, der sollte mindesten 60 bis 90 Minuten früher da sein. Ich erwische einen richtig guten Platz, fast ganz vorne. Die Pilgermesse war wie immer sehr voll und auf spanisch, ich verstand also mal wieder kein Wort. Naja, vielleicht doch die wichtigsten während der Lesung und dem Evangelium. Herz, Frieden, Liebe, Jesus, Heiliger Geist - es braucht ja auch fast nicht mehr. Am Ende des Gottesdienstes dann einer der spannendsten Momente. Das 53 kg schwere, 1,50 Meter große Weihrauchfass (Botafumeiro) wird quer durch die gesamte Kathedrale geschwungen. Acht Männer, die Tiraboleiros, schwingen das Weihrauchfass, das im Schwung eine Geschwindigkeit von 68 km/h erreicht.
“Wie ein Rauchopfer steige mein Gebet vor dir auf.“ (Ps 141, 2)Leia mais
Viajante Das, was du schreibst, ist sehr ergreifend. Danke dafür an deinen Gedanken teilhaben zu dürfen.