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- Dec 23, 2019
- 🌧 8 °C
- Altitude: 148 m
- GermanyBaden-Württemberg RegionWeinheimBlauer Hut49°32’41” N 8°40’16” E
Die Iren sind los
December 23, 2019 in Germany ⋅ 🌧 8 °C
Die Iren sind los- vier Monate Irland
Wie beginne ich das Ganze hier? Das haben Antonia und ich uns vor ca. einem Jahr auch gefragt. Seitdem hat sich einiges verändert, nicht nur unsere Lebenssituationen, sondern auch unsere Erfahrungen und Erlebnisse, die wir gesammelt und bestritten haben. Manche von diesen haben wir sogar gemeinsam erlebt und über genau diese möchte ich hier berichten.
Anfang September, nach wöchentlichen Treffen bei denen wir über alles, wirklich ALLES gesprochen hatten, aber zumeist nicht über die Reiseplanung, setzten wir uns aufgeregt in den Flieger und zischten wenige Stunden später über die Landebahn Dublins. Das erste Mal alleine reisen, das erste Mal für so lange Zeit in einem fremden Land, wir konnten es kaum erwarten Irland, mit all seinem Regen und Schafen, zu sehen. Doch draußen war es bereits dunkel und wir noch nicht am Ziel – zu Anne und Mila sollte es gehen.
Irische Busstationen, irische Fahrer und irische Mitfahrer kündigten den Beginn unseres Abenteuers an. Und wenn das noch nicht ausreichte, dann womöglich der Linksverkehr, der uns besonders die kommenden Wochen immer wieder aufs Übelste traumatisieren würde.
Unsere Reise hatte begonnen.
Die Tage in Dublin vergingen recht schnell, machten uns aber klar, dass wir die nächsten Monate eine spezielle Abhängigkeit von Google Maps haben würden, sowie eine auffällig große Anzahl an Brücken, Rothaarigen und Kirchen (und natürlich viel Regen!). Darum fingen wir an, die Kirchen zu besichtigen (man muss ja wissen, ob die alle gleich aussehen), Rothaarige zu zählen und haben die Brücken-Challenge erfunden, die besagt, dass wir mit auf jeder von uns betretenen Brücke ein Foto von uns machen. Aber natürlich waren das nicht die einzigen Dinge die uns auffielen. Auch das anscheinend sehr geschätzte Statussymbol der Iren fiel uns sofort ins Auge: Türen. Denn wenn die Häuser neben einem gleich aussehen, muss man sich ja anders individualisieren. Und das gelingt den Iren durch ihre bunten, auffälligen Türen. Dass das Haus dennoch einen besonderen Status für die Iren hat, lernten wir durch Antonias Handtuch, dass das Haus kurzerhand beschämte, als es aus dem Fenster hing.
Bereits in der ersten Woche begannen wir unseren ersten Workawayjob bei einer beschäftigten jungen Dame namens Dani Murphys (ein sehr üblicher Nachname für eine irische Lady). Auf ihrem Hof lernten wir nicht nur das Streichen und Putzen lieben und hassen sowie das Kochen mit drei nicht abgelaufenen Lebensmitteln, nein, wir kamen auch den verschiedensten Tieren näher. Hunden und Katzen, Pferden und Hühnern. Und diesen schenkten wir mehr und mehr unser Vertrauen (abgesehen von den Hühnern…die kleinen Biester!). Besonders nennenswert war hier wohl Kater Leo, Hund Benny und die Pferde Luke und Leia, welche uns stets auf Trapp aber auch bei Laune hielten. Auch Chewy und seine Inkontinenz blieben uns (leider) im Gedächtnis.
Zudem bekamen wir den ersten Einblick auf die irische Arbeitsmoral und ihrer Balance zum privaten Leben. Der am prägnantesten und dadurch am besten im Gedächtnis gebliebene Satz ist hierbei vermutlich: „Arbeitet nicht so hart, keiner in dieser Gegend arbeitet so hart wie ihr“.
Am Ende dieser Zeit sahen wir nicht nur auf Film- und Vier-Bilder-ein-Wortabende zurück, die in frostigen Nächten endeten, sondern auch auf zufriedenstellende Arbeit (obwohl sie oftmals mit viel Scheiße zu tun hatte) und neuentdeckte Städte, wie Birr, Athlone und Galway. Letztere beeinflusste unsere Reise wie keine andere und hat wohl den stärksten Eindruck hinterlassen.
Auch der zweite Job in Roundstone bei Margaret O´Dowd war im September. Insbesondere die Stunden, die wir putzend in der kleinen Stadt am Meer verbracht haben, werden wir nicht so schnell vergessen. Genauso wenig die vier kleinen Kätzchen, die wir dort gefangen und versorgt haben und Katze Sammy (dagegen wird Daisy, der Border Collie, uns nicht großartig fehlen). Roundstone lehrte uns auch, dass die Iren furchtbar gerne in ihrem Auto sitzen, egal, ob sie nur warten oder 30 Meter fahren müssen. Das Auto bleibt an und stets warm.
Doch auch diese 10 Tage gingen vorüber und am Ende hatten wir nicht nur in bessere Putzfähigkeiten, sondern auch in Seetang- und Muschelfertigkeiten investiert (und uns wohl endlich mit unserem Schicksal vier Monate Chlorwasser trinken zu müssen abgefunden). Wenn das mal kein Gewinn ist!
Als der September endete hatten wir bereits zwei Workawayjobs hinter uns, bei denen wir (mehr oder weniger) bessere Englischkenntnisse erlangt und eine beträchtliche Abneigung gegenüber Toast entwickelt hatten.
Im September hatten wir uns eine Basis geschaffen für die Monate, die noch folgen würden. Wie den Oktober und der bestand vollends aus:
Reisen
In keinem anderen Monat sahen wir so viele Städte, Sackgassen (es enden viel mehr Straßen in Sackgassen als angenommen!) und Schafe wie in diesem und in keinem verdiente Buseireann mehr Geld mit uns. Oktober war unser Monat der Selbstständigkeit, der Hostels, B&Bs und Hotels, der Kirchen, Pubs und Burgen/Schlösser, der John und Marys. Oktober war unser Reisemonat und diesen haben wir auch genutzt.
Zunächst wurde Galway (nach einem wunderschönen und sonnigen Ausflug zu den Cliffs of Moher) erneut verlassen und Limerick angepeilt. Dort fiel uns die irische Affinität zu den Namen John und Mary ins Auge, welche nahezu jeden Grabstein zierten. Ebenso erfuhren wir das erste Mal Black und White Pudding am eigenen Leib, was gemischte Gefühle hinterließ. Die besondere Auffälligkeit zu Regenbögen blieb uns natürlich auch nicht fremd, einhergehend mit dem täglichen Regen, was uns aber beides bereits aus den Wochen zuvor bekannt war. Hierbei ist der Soft Rain erwähnenswert, der einen durch seine weichen, feinen Tropfen, unbemerkt bis zur Erkältung treiben kann.
Nach einem kurzen Abstecher in Tralee, wo wir erneut unsere meisterhaften Kochfähigkeiten als Sterneköche unter Beweis stellen konnten, ging es für uns weiter nach Dingle, wo das Foodfestival und viel Natur auf uns warteten. Einen geradezu schweren Eindruck hat hier der Crêpemeister hinterlassen, welchen wir auf ewig in unser Crêpeherz geschlossen haben.
Von Dingle aus ging es ab nach Killarney, einer jener Städtchen, die uns ebenfalls sehr ans Herz gewachsen ist. Die Fahrten wurden inzwischen mit Hörbüchern (wie Sherlock Holmes, die drei??? oder Säulen der Erde) überbrückt oder als Schlafmöglichkeit genutzt. Nach anfänglichen Transportschwierigkeiten durch die große Entfernung unseres B&Bs von dem eigentlichen Städtchen, schafften wir es dann doch unsere Ring of Kerry Tour zu machen und das noch dazu mit einem aufmerksamen und herzlichen Spanier namens Xabi, an den wir uns immer gerne erinnern werden. Auch der Nationalpark Killarney wird uns gut in Erinnerung bleiben. Des Weiteren begann hier auch Antonias Feuer der Leidenschaft für Baileys zu brennen, obwohl das natürlich keinen Einfluss auf ihre Liebe zu Guinness genommen hat, darüber hinaus wurde der Term „Essensschwanger“ einer unserer meist genutzten Ausdrücke.
Nach einem kurzen Abstecher in Kenmare und zurück nach Killarney ging es dann weiter in den Süden Irlands, nach Kinsale. Auch hier bestaunten wir Ruinen (zumindest ganz kurz), machten lange Spaziergänge und verfeinerten unsere Soßen mit Wein (und Zucker!). Trotz dem simplen und (im Nachhinein und auch währenddessen) doch recht unhygienischen Zimmer, dass wir uns mit bis zu fünf weiteren Frauen teilten, führten wir unsere Yoga- und Gymnastikübungen fort, genauso wie unsere Filmabende. Vielen Dank nochmal an Tons und das Mädchen uns gegenüber für die wundervolle Nacht, voller rhythmischen Schnarchen eurerseits, dies hat meine Ausdauer und Frustrationsgrenze wirklich verbessert und so meinen Geist gestählert…
Kurz vor Halloween (was den ganzen Oktober und September eigentlich nicht zu übersehen war) fuhren wir nach Cork, eine der fünf wirklich nennbaren Städte Irlands, wo unsere Hypothese(n), dass alle Jungs zwischen 12 bis 23 nur Jogginghosen tragen (und die Mädchen oftmals nicht genug Schminke sehen können), bestätigt wurde(n). Außerdem erinnerte uns Cork an die zahlreichen Barbershops(Friseurläden) und Beautysalons, die wir auf dieser Reise schon gesehen hatten. Auch Cashel einige Tage später war voller selbstgemachten Vorurteilen. Der Friedhof neben der Kathedralenruine war nicht nur voller John und Marys, nein, alle Fenster, Türen und Häuser waren auch durch und durch mit Halloweenkrams geschmückt. Dieses verbrachten wir bei Chips und Cookies in Kilkenny auf unserem Zimmer, während wir einen der am grundlosesten gehypten Filme der Filmgeschichte schauten (Ghostbuster). Immerhin ist die Musik gut und hat uns, wenigstens für eine kurze Zeit, unsere alltäglichen Ohrwürmer vom Coconut song und der Brooklyn Nine- Nine Version von I want it that way ausgetrieben. In Kilkenny aßen wir auch das beste Stück Fleisch in ganz Irland, besichtigten eines der schönsten Schlösser Irlands und fanden heraus, dass Mocha einer der genialsten Kaffees überhaupt ist (die Bewertungen entstanden natürlich gaaaanz objektiv…).
Und dann war der Oktober vorbei und mit ihm auch die Reisezeit. Der Monat ohne Job und längere Bleibe, hat uns sicher reifen lassen (klingt als wären wir Trauben) und viele Erfahrungen sowie Erlebnisse gebracht. Durch ihn konnten wir die wahre, herzliche und offene Natur der Iren besser verstehen (sowie ihre Kartoffelaffinität- dass die Iren Kartoffel mochten, wussten wir spätestens ab da, als man uns Lasagne und Pizza mit Pommes servierte. Ob ich sie wirklich verstehen kann, kann ich zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht bejahen). Doch das dauernde Reisen war nun vorbei, Zeit weitere Erfahrungen zu sammeln und diese machten wir im:
November
Zeit für Weihnachten! Das dachte sich nicht nur Antonia, die nun endlich auch meine Erlaubnis hatte laut Weihnachtslieder zu trällern, sondern auch ganz Irland. Kaum war das eine Fest vorbei, kam die Deko fürs nächste- und davon nicht zu wenig! Die wenigen Tage vor unserem nächsten geplanten Job verbrachten wir bei Anne in Dublin mit Einkaufen (wie immer...warum auch immer…), Mocha und Pizza, bevor es dann weiter nach Wicklow ging.
Der Wicklowfarmjob, bei Amelia Bailey und Mick, war der (für mich) wohl intensivste Workawayjob in diesen Monaten. Denn neben dauernden Scheiße schaufeln, Pferde striegeln und Ställe kehren, verlangte man bei diesem Job noch ständige Selbstkontrolle von uns, um den unterforderten Schäferhund Alfie und den dauernden Kartoffelbrei Kates zu bewältigen. Unterstützt wurden wir dabei von Marine und Nina, die sich tapfer diesen Aufgaben mit uns stellten. Für mich persönlich war dies dennoch die schönste Zeit, die ich beinahe genauso wieder antreten würde. Die Farm, die Tiere, aber vor allem die Menschen, mit denen ich die Zeit verbringen durfte (Tons, Marine und Nina), haben die Zeit unersetzlich gemacht und zu einem unvergesslichen Erlebnis meinerseits! Vielen Dank Leute für diese tolle und unterhaltsame Zeit! Und auch, wenn unsere Tage zumeist mit Scheiße anfingen (für mich einmal sogar mit Pipi…) und mit eben dieser auch wieder aufhörten, würde ich diese Zeit um nichts in der Welt eintauschen wollen.
Doch nicht nur die Menschen sind uns in Wicklow ans Herz gewachsen, nein, auch die Tiere. Watson, Bernie, Busco und Heidi, sowie Hercules, Elsa, Boo und Calypso- meine treue Seele!- (und viele mehr) haben einen Platz in unserem Herzen eingenommen, den sie nicht so schnell wieder verlieren werden. Nicht zu vergessen sind dabei natürlich auch die Welpen, die wir benennen durften, allen voran natürlich Nala (meine Liebe!), Pepsi und Frodo. Abends haben wir oft gemeinsam Filme oder Videos (zumeist von Foil, Arms und Hog) geschaut oder uns einen Abendsnack gegönnt (das ein oder andere Mal hab ich uns heiße Schoki gemacht und wir haben uns auf die Couch im Wohnzimmer plumpsen lassen). Die freien Tage verbrachten wir vor allem mit laufen, egal ob in Wicklow selbst, in der Nähe der Farm oder wie Tons in Glendalough zusammen mit Nina. Egal an welchem Tag, es gab immer etwas zum Lachen und ich spreche wohl für uns beide, wenn ich schreibe, dass diese Zeit nicht nur für unsere Englischkenntnisse prägend war.
Aber auch diese drei Wochen vergingen und mit ihnen auch unsere gemeinsame Zeit, denn von da an, ging es für mich alleine weiter. Tons und mein Weg trennten sich. Sie flog zurück und ich blieb noch vier weitere Wochen in Irland. Doch die Zeit mit ihr wird mir stets im Gedächtnis bleiben. Tons, wir haben viele lustige Dinge zusammen erlebt, haben gemeinsam Küchen- oder Stalltänze aufgeführt und schief gesungen, haben Fürze (natürlich nur tierische…Pferde pupsen so viel!) ertragen und uns durch Kot gekämpft- wir haben Insider geschaffen als Erinnerungen an diese Reise. Und ich habe jede einzelne kleine Reise in dieser großen mit dir genossen! Von Anfang bis Ende! Von Lampe in den Schrank sperren, weil wir zu dumm waren den Ausschalter zu finden, bis zu wahllosem Singen und willkürlichem Gerede. Von Sackgassen finden bis zu Tiere und deren Gedanken sprechen. Von morgendlichem Stretching bis zum abendlichen „Rollen“ und „Knacksen“. Ich hab jede einzelne Sekunde genossen und würde es genauso wieder machen. Mit dir war selbst Einkaufen erträglich!
Danke dir für diese schönen drei Monate, in denen wir das ein oder andere Bett und Toast geteilt haben, die wir Baileyskuchen genascht und Guinness mit Keksen verdrückt haben! Ich werde diese Zeit nie vergessen und für immer im meinem Herzen bewahren (kitsch, kitsch, kitsch…weiter im Text…).
Nach einer wundervollen Woche mit meinen Paten und meiner Cousine und einem atemberaubenden Ausflug nach Glendalough, begann mein letzter Job auf dieser Reise und im letzten Monat:
Dezember
Der Dezember brachte mir viel Gebell in Furbo Hill sowie viele Einträge mit Schokolade drin…Ebenfalls verdanke ich ihm ein gutes Dutzend Mordgedanken allein in der ersten Woche.
Denn Popeye, die kleine blinde Feldermausratte, brachte mich nachts beinahe zur Verzweiflung, weshalb er nicht selten aus dem Zimmer verbannt wurde. Dagegen war Emmy ein taubes Engelchen, allerdings mit sehr vielen Haaren! Auf die beiden aufzupassen war dennoch (oder sollte zumindest eine sein) eine leichtere und eigentlich weniger anstrengende Aufgabe (wenn auch nur am Tag und mit viel Geduld). Als nach einer Woche dann July zurückkam und ich mehr und mehr mit ihr und ihren Nachbarn zu tun hatte, machte das die vergangenen Horrornächte nach wenigen Stunden wett. Durch ihre offene, herzliche und interessierte Art fühlte ich mich sofort willkommen und war wirklich traurig, als ich mich nach zwei Wochen dann auf machte, um nach Donegal zu fahren.
Und von dort aus ging es dann auch für mich zurück nach Dublin, vier Wochen später als Tons. Die letzten drei Tage wurde ich Tourguide für meine Eltern und machte ihnen Dublin etwas schmackhaft, ebenfalls konnte ich ihnen erklären, dass Ampeln in Dublin nur ein Vorschlag sind auf grün zu warten, nicht eine ernstgemeinte Annahme, am Ende wurde dieses Prinzip auch immer beachtet...
Und dann verließ auch ich, dass regnerische, irige Irland.
Liebes Irland,
die Zeit mit dir war wirklich schön, sehr regnerisch und windig (!), aber wirklich schön, was sicherlich auch an deinen sehr offenen und freundlichen Bewohnern liegt. Deine Busfahrer haben uns nach und nach deinen zunächst merkwürden Linksverkehr schmackhaft gemacht und deine vielseitigen Landschaften haben uns verzaubert. Trotzdem muss ich auch kurz auf deine Schattenseiten aufmerksam machen, denn deine Flussufer sind zugemüllt, die Straßen verdreckt und die Menschen nicht interessiert an ihrem Müll. Deine Wiesen und Wälder, Klippen und Berge sind voll mit Plastik, die Städte voll mit laufenden Motoren, obwohl doch gerade niemand fährt. Und fangen wir gar nicht mit deinem Chlorwasser an…
Abgesehen davon, solltest du wirklich mal was an deiner Broteinstellung machen! Kartoffeln sind ja schön und gut, aber dunkles Brot wäre wirklich eine innovative Verbesserung für dich! Nur so als Tipp… ;)
So, und nun ist diese Reise vorbei. 12 bis 16 Wochen haben wir außerhalb Deutschlands, außerhalb unserer Komfortzone verbracht, haben Erfahrungen gesammelt und Abenteuer erlebt. Erfahrungen, an die wir uns stets erinnern werden, auf die wir zurückgreifen können. Was hat uns diese Zeit also gebracht? Sie brachte uns Selbstständigkeit, Selbstvertrauen und auch ein bisschen Freiheit. Wenn wir irgendwann auf diese Reise zurückblicken werden, werden wir uns vielleicht nicht an alles erinnern. Nicht an die Würstchenattrappen und Kartoffelvariationen (obwohl meine Abneigung gegen Kartoffeln weiterhin wächst und wächst), vielleicht auch nicht an unsere Titel als Mistmeister und Kehrlord (wenngleich ich das bezweifle!). Vielleicht auch nicht an die tausend Filme, die wir geguckt haben oder an unsere vielen Ohrwürmer. Vielleicht auch nicht an die These, dass Warnwesten eine besondere Bedeutung für Iren haben müssen(warum sonst sollten sie diese überall tragen?). Aber an unsere dadurch erarbeiteten Fähigkeiten werden wir uns erinnern können und unsere erlangten Erfahrungen werden sicherlich irgendwie, irgendwann mal nützlich sein (Scheiße von anderen wegschaufeln ist immerhin eine sehr alltägliche und sehr lebensrelevant Fertigkeit!).
Diese Reise erzählt also nicht nur von Aufgeben und Sein lassen, auch wenn es wehtut (die Rothaarigen gewannen die überhand und die Brücken waren zu zahlreich für meinen Speicherplatz) und Weitermachen, wenn man es für richtig ansieht (im Nachhinein, haben wir uns vermutlich dadurch überputzt!), sie handelt auch von vielen Sackgassen, die man zwar zurückgehen muss, um einen anderen Weg zu versuchen, die sich aber durch eine Prise Humor um einiges erträglicher herausstellten, auch wenn (oder vor allem dann, wenn) einem jemand mal ans Bein pisst oder man knietief in der Scheiße steht. Die Reise berichtet von (Guinness-)Entdeckungen und (Baileys-)Leidenschaften. Und von Chewys, Sherlocks und Alfies, die man bezwingen muss (oder seine Angst vor dem ein oder anderem überwinden muss…sucht euch was aus!). Von Vertrauen auf andere, aber auch in seine eigenen Fähigkeiten und davon, dass man Kartoffeln zu allem, wirklich allem essen kann, aber das wirklich nicht tun sollte! (Jap, der Text wurde gerade etwas zu überdramatisch und überspitzt, selbst für mich, aber ich konnte das Unheil noch in letzter Sekunde abwenden! Dankt mir später! Zum Beispiel jetzt…).
Außerdem berichtet diese Reise von unseren Talenten zu Katzenfängern und Pferdeflüsterern, von endlosen Cocunut-Song-Ohrwürmern und I want it that way Imitationen, von vielen toten Johns und Marys (die Anzahl der Gräber spricht für sich) neben vielen Kirchen, und davon, dass auch Chlorwasser trinkbar ist, aber niemals an reines Leitungswasser kommen wird. Oh, und, dass in eine gute Soße fast immer Wein und Zucker gehört (merke dir meine Worte Antonia…Weiheiheiiin und Zucker – und den bitte nicht fallen lassen! Außer du hast einen besseren Koch neben dir, dann vertrau auf den!).
Aber das ist vielleicht nicht unbedingt das Schlusswort, was ihr lesen wolltet, oder?
Bevor wir diese Reise physisch angetreten waren, hatten wir nicht wirklich einen Plan, wohin genau uns diese führen würde (und ich würde jetzt mal behaupten, dass diese Ahnungslosigkeit hin und wieder auch mal währenddessen fortbestand). Ich erinnere mich noch sehr gut an die Fragen, die nicht nur unsere Familien und Freunde, sondern vor allem auch wir an uns und diese Reise stellten. Würde alles gut gehen? Würden wir alleine auf uns gestellt klar kommen? Würden wir einen guten Job finden? Würde sich unser Englisch überhaupt verbessern? Oder würden wir nach wenigen Wochen wieder in die vertraute Heimat zurückkehren?
Würden wir uns überhaupt verstehen?
Jemand hatte mal zu uns gesagt, durch eine solche Reise kann das Band der Freundschaft aufs übelste gestärkt werden, sie kann aber auch daran vergehen und zerreißen. Nun, ich glaube nicht, dass sie letzteres bei uns bewirkt hat und das habe ich auch nie. Ich hatte keinerlei Zweifel, dass diese Reise uns vor allem gute Erfahrungen bringen wird, die wir gemeinsam teilen könnten und an denen wir wachsen könnten. Ist auf dieser Reise alles gut gegangen? Sicherlich nicht. Haben wir einen Job gefunden? Ja, aber es war anfangs echt schwierig für uns. Kamen wir alleine klar? Angesichts der Tatsache, dass wir beide noch leben würde ich das jetzt einfach mal bejahen. Hat sich unser Englisch verbessert? Vielleicht, vermutlich, ziemlich sicher sogar. Reden wir noch miteinander? Jap, das tun wir. Hat das unsere Freundschaft gestärkt? Aus meiner Sicht schon und dafür bin ich wirklich dankbar!
Hätten wir jemand damals gesagt, dass wir 25% der Zeit in Scheiße stehen würden und Pferdepupse dabei schnüffeln, hätten sie uns vermutlich den Vogel gezeigt und gemeint, dass wir komplett bescheuert wären, wenn wir das wirklich durchziehen wollen würden. Aber ich gehe dennoch davon aus, dass wir es gemacht hätten. Warum? Weil ich uns gut genug kenne! Wir sind eben einfach irre…
Die Iren sind los - 3 / 4 Monate Irland von Helena H. und Antonia R.
September – Dezember 2019
Vielen Dank für euer fortwährendes Interesse und die lieben Kommentare und Nachrichten.Read more