Argentinien/Chile 22/23 Teil 4

February - March 2023
A 34-day adventure by Martin & Regine Read more
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  • 9.3kkilometers
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  • Day 10

    Im „Whisky-Schiff“ zu zwei Gletschern

    March 1, 2023 in Chile ⋅ 🌬 6 °C

    Puerto Natales, Mittwoch, 1. März 2023

    Schon in El Calafate haben wir eine zwar teure (150 Euro pro Person), aber interessant erscheinende Tour per Katamaran zum Serrano- und Balmaceda-Gletscher gebucht.
    Um Punkt 7 Uhr müssen wir bei der 1,5 km entfernten Reiseagentur sein. Wir stehen also wie am Vortag wieder um 5:45 Uhr auf und marschieren um 6:30 Uhr los.
    Von dort geht es per Bus zum Hafen Puerto Bories, rund 7 km ausserhalb von Puerto Natales, wo wir mit weiteren 150 Gästen einen modernen Katamaran besteigen.
    Draussen ist es erneut bitterkalt und in der verregneten Nacht ist Schnee bis auf 200 m gefallen; aber das Schiff ist gut geheizt und bald gibt es heissen Kaffee und einen kleinen Schokoriegel:-)
    Als wir nach unseren Wünschen für das im Preis inbegriffene Menu gefragt werden (Dies war im Angebot nicht ersichtlich!), ist der Tag schon gerettet: Martin bestellt Lamm, Regine etwas Vegetarisches.
    Zudem werden an unserem Tisch zwei deutsche Urlauber unseres Alters zusammen mit ihrer deutschsprachigen (!) chilenischen privaten Reiseführerin platziert und wir kommen schnell ins Gespräch: Norbert und Irina aus Osnabrück sind gestern von Deutschland ins heisse Santiago geflogen (33 Grad) und von dort aus gleich hierher - ein gewaltiger Klimawechsel gleich zu Beginn ihrer Reise. Sie haben eine 46-tägige Tour mit vielen Highlights vor sich, mit eigenen deutschsprachigen Betreuern und Fahrern, schon in Deutschland bestellt. Nicht gerade zum Schnäppchenpreis, aber dafür bekommt man das, was man möchte…

    Der Himmel klart unerwartet auf und die meisten Gäste - wir auch - drängen aus der Wärme an die Reling, wo uns kalter Wind um die Ohren pfeift. Aber die Landschaft mit den frisch verschneiten Bergen, den grünbraunen Hügeln, den Estancias (den grossen Bauernhöfen) am Ufer und dem windgepeitschten Meer sind einfach wunderschön. Martin kann sich kaum sattsehen, Regine fängt unermüdlich alles mit der Kamera ein.
    Die Stimmung steigt erstmals, als sich der Katamaran bis auf 20 Meter einer Felswand voller Kormorane nähert, die uns ebenso begaffen wie wir sie. Was sie wohl über uns denken, fragt Martin.
    Später bekommen wir noch ein Pärchen Seelöwen zu sehen und gleich daneben riesige Wasserfälle, deren Wasser irgendeinem Gletscher des Campo Hielo Sur entstammt (dem südlichen Eisfeld).
    Das erste Top-Highlight ist dann der Parque Nacional O‘Higgins. Wir legen mit dem Katamaran unmittelbar am Parkeingang an und ein kurzer Marsch führt uns zum Serrano-Gletscher, der - zum Greifen nahe - immer noch imposant ist, obwohl er in den letzten 70 Jahren über einen km an Länge verloren hat.
    Bald geht es weiter zum weit oben hängenden und auch im wolkenverhangenen Zwielicht magisch hellblau scheinenden Balmaceda-Gletscher, den wir aber nur vom Schiff aus betrachten können. Vorher wird uns noch etwas dazu Passendes serviert: Whisky mit echtem Gletschereis! Das schmeckt zwar köstlich, aber bei der Ankündigung des Balmaceda-Gletschers lassen wir die noch fast vollen Gläser stehen - der Whisky muss warten…
    Dann geht es in erstaunlichem Tempo - der Katamaran schafft spielend 50 km/h - zum nächsten Höhepunkt, den die Reiseleitung mit viel Sachverstand an den Schluss gelegt hat: das Mittagessen auf der Estancia Las Perales (Birnbäume).
    Begrüsst werden wir im modernen und warmen Holzbau mit einer Art Chimichurri-Sauce auf frischem Brot. Dann folgen eine kräftige Gemüsebrühe und ein Salat und mit etwas Abstand der Hauptgang. Martin schlägt sich den Bauch mit Lammfleisch voll (Es gibt wesentlich mehr Fleisch als Kartoffeln!), Regine mundet der vegetarische Teller; zur Nachspeise wird eine Quarkcrème mit Waldfrüchten gereicht. Den Kaffee nehmen wir nach einem kurzen Spaziergang schon wieder auf dem Schiff ein.
    Um 16:30 Uhr sind wir kulturell und kulinarisch reichlich gesättigt zurück in Puerto Bories, wo wir per Bus zurück nach Puerto Natales fahren und nur noch nach Hause spazieren müssen, dieses Mal sogar bei Sonnenschein und wenig Wind!
    Auch diesen Tag werden wir nicht so schnell vergessen…
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  • Day 12

    Ruhetag und Reise nach Punta Arenas

    March 3, 2023 in Chile ⋅ 🌬 5 °C

    Puerto Natales, Donnerstag, 2. März 2023
    Punta Arenas, Freitag, 3. März 2023

    Am Dienstag (Torres del Paine) und am Mittwoch (Balmaceda- und Serrano-Gletscher) sind wir sehr früh aufgestanden und spät ins Bett gekommen: Es ist Zeit, heute (Donnerstag) wieder einmal einen Ruhetag einzulegen. Hinzu kommt, dass erneut einiges organisiert werden muss, z.B. ein Ausflug zu den Königspinguinen in der Nähe von Porvenir auf Feuerland oder der (bald) kommende Aufenthalt in Buenos Aires etc.
    Wir schlafen in unserer „Hundehütte“ bis 8 Uhr (!) aus und Regine arbeitet anschliessend mehrere Stunden an unserem Blog. Wir unterbrechen diesen Vorgang nur zweimal, am Morgen, um in einem grösseren Supermarkt (in dem wir viele unterbeschäftigte Verkäuferinnen und keinerlei Kunden sichten) die Lebensmittel für die kommenden Tage einzukaufen und am Nachmittag für einen Stadtspaziergang in Puerto Natales.
    Dabei werden wir erneut von kräftigsten Regenschauern und viel kaltem Wind erwischt und müssen uns eine ganze Weile unterstellen, um einigermassen trocken wieder nach Hause zu kommen.
    Es ist definitiv zu kalt für die Jahreszeit und sogar eingeschworene Patagonier geben zu, dass diese Kälte aussergewöhnlich ist. Trotzdem lassen sie sich das nicht wirklich anmerken: Wir sehen nur eine Person mit Regenschirm, viele schlagen nicht einmal die Kapuze hoch und alle marschieren in stoischer Ruhe durch den strömenden Niederschlag…
    Zum Abendessen kocht Martin Reis mit gebratenem Gemüse und Omelette-Streifen und wir lassen uns diese erste warme Mahlzeit seit längerem munden. Es hat sogar soviel davon, dass wir die Hälfte nach Punta Arenas mitnehmen können :-)
    Wir gehen früh zu Bett und stehen (am heutigen Freitag) erst um 8 Uhr auf, um zu packen und uns für die Reise an den vorletzten Ort im Süden, Punta Arenas, bereit zu machen.
    Auf dem Weg zum Busterminal überrascht uns eine erneute Sintflut und wir können uns und unser Gepäck im letzten Moment noch schützen, indem wir uns die Regenponchos überstreifen.
    Der Bus fährt - wie in Chile üblich - pünktlich um 11 Uhr los. Es ist kalt, hat nur 7 Grad und es regnet immer heftiger.
    Im Bus wird nicht geheizt und weil die Chilenen sich deswegen nicht aufregen, reklamieren auch wir nicht. Zum Aufwärmen essen wir ein paar übriggebliebene Käse-Sandwiches und eine Rolle Kekse und dösen dann vor uns hin; denn nach draussen kann man nicht blicken, weil die Scheiben angelaufen sind. Zudem gäbe es neben Grasbüscheln und Waldstücken in der Ferne auch nicht viel zu sehen.
    Als wir aufwachen, hat es zu schneien (!) begonnen (In Patagonien ist jetzt Hochsommer!!). Wir sind - gelinde gesagt - etwas erstaunt (entsetzt wäre der bessere Ausdruck), denn wir haben eher mit 15-20 Grad als mit 0-5 Grad gerechnet.
    Am Busbahnhof in Punta Arenas, den wir nach knapp drei Stunden Fahrt erreichen, schnappt Martin einem amerikanischen Touristen das erste Taxi vor der Nase weg und wir lassen uns zur Unterkunft etwas erhöht und ausserhalb des Zentrums chauffieren.
    Die von Regine gemietete Wohnung hat ein grosses Schlafzimmer mit Bad, gut ausgestatteter Küche und einem Ess-Wohnzimmer: Nach der „Gartenhütte“ in Puerto Natales ist dies durchaus ein Luxus! Dazu kommt, dass es in allen Räumen der Wohnung eine Zentralheizung hat!
    Diese ist auch absolut notwendig, denn es weht ein eisiger Wind und das Thermometer auf dem Smartphone meldet 5 Grad!!
    Als wir einkaufen und dann zum Meer hinunter bummeln, empfängt uns ein steifer und eiskalter Wind, der nur an windgeschützten Orten oder gut verpackt wie Regine :-) auszuhalten ist. Zum Trost kaufen wir uns ein paar chilenische süsse Stückchen (die dann später auch hervorragend schmecken).
    An der Uferpromenade entdecken wir zu unserem Erstaunen ein Denkmal zu Ehren von Sir Ernest Shackleton, dem tragischen Helden der britischen Antarktis-Forschung, der an vier gescheiterten Expeditionen teilgenommen hatte und dem es in der dritten - trotz widrigster Umstände und nur durch an Wunder grenzende Leistungen - gelang, alle Teilnehmer der Expedition heil nach England zurückzubringen.
    Aufgrund des eisigen Windes zieht es uns bald wieder nach Hause, wo wir den gebratenen Reis von gestern mit (dem üblichen) Tomaten-Zwiebel-Salat essen. Später zapfen wir noch die grosse Flasche chilenischen Süssweins an, der uns gehörig ins Blut schiesst.
    Dann müssen wir schnell ins Bett, damit wir für den morgigen Ausflug zu den Pinguinen fit sind.
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  • Day 13

    Zu den Königspinguinen auf Feuerland

    March 4, 2023 in Chile ⋅ ☁ 9 °C

    Punta Arenas, Samstag, 4. März 2023

    Noch an unserer letzten Station - in Puerto Natales - haben wir uns für einen Ganztagesausflug zu den weltweit einzigen auf dem Festland brütenden Königspinguinen entschieden und diesen nach eingehendem Studium der Wetterkarte für heute, Samstag, gebucht. Und tatsächlich ist - wie wir später feststellen werden - der Samstag der einzige wettermässig akzeptable Tag unseres Aufenthaltes in Punta Arenas.

    Wir haben bei der Agentur „Civitatis“ gebucht (wie schon in Mendoza für die Alta Montaña-Tour), weil wir mit dieser gute Erfahrungen gemacht haben: Sie informieren frühzeitig und bieten zudem einen Abhol-Service an, der uns am Morgen in unserer Unterkunft abholt und am Abend auch dorthin zurückbringt. Dieses Gesamtpaket entlastet uns von jeglicher Anstrengung der Organisation :-)
    Um 08:15 Uhr werden wir als eine der letzten Passagiere von einem Minibus direkt an der Haustüre aufgenommen, und nach einem Zickzack-Kurs durch Punta Arenas geht es zur Fähre nach Porvenir, der chilenischen „Hauptstadt“ Feuerlands. Porvenir ist mit 8000 Einwohnern allerdings auch die einzige chilenische Stadt auf Feuerland.
    Die Fähre legt heute eine Stunde später ab als geplant, was unserem Guide Jonathan etwas Zeit verschafft, zwei offenbar auf falsche Namen ausgestellte Tickets am Schalter umzutauschen.
    Nach genauer Kontrolle der Fahrkarten und unserer Pässe werden wir aufs Schiff gelassen und Jonathan ermahnt uns, vor dem Anlegen in gut eineinhalb Stunden rechtzeitig wieder im Bus zu sein: Passagiere ohne Fahrzeug müssen nämlich so lange mit dem Aussteigen warten, bis alle Autos von Bord sind, und dies kann auf der grossen Fähre schon einmal 40 Minuten dauern, womit wir unnötig Zeit verlieren würden…
    Der Besuch bei den Pinguinen ist mit dem Reservat zeitlich genau abgestimmt, weil immer nur wenige Besucher gleichzeitig eingelassen werden. Wir sind auf 14 Uhr bestellt. Aus diesem Grund haben wir nicht genug Zeit für Porvenir und den Besuch des dortigen Museums. Das ist zwar schade, aber die putzigen Tierchen haben natürlich absolute Priorität.
    Darum machen wir auf unserer Strecke nur kurz an verschiedenen Sehenswürdigkeiten Halt und fahren dann die 110 km von Porvenir zur Pinguin-Station, wo wir etwas zu früh ankommen und auf den Einlass warten müssen.
    Bevor es losgeht, folgen noch die Instruktionen: Die Tiere werden aus einem (bei uns aus Vogelschutzgebieten bekannten) Holzunterstand mit Ausguck aus einem Abstand von circa 50 m (internationale Norm) betrachtet. Man darf keine schnellen Bewegungen ausführen, keinen Lärm machen, Kinder dürfen nicht schreien und Blitzlicht darf beim Fotografieren auch nicht verwendet werden, denn all das stresst die Königspinguine, die zum Teil noch am Brüten sind, und das will niemand.
    Im Gegensatz zu den Magellan-Pinguinen auf der Isla Magdalena im Nordosten von Porvenir, die man sogar anfassen und mit ihnen umhergehen kann, sind diese hier bestens geschützt - was wir eindeutig unterstützen. Auch deshalb verzichten wir bewusst auf den Besuch der viel näher zu Punta Arenas gelegenen Isla Magdalena und nehmen eine ganze Tagesreise auf uns, um eine Handvoll der seltenen Königspinguine beobachten zu können. Die grösste Brutkolonie mit 400.000 Tieren lebt auf Südgeorgien in der Antarktis.
    Die Königspinguine sind wirklich beeindruckend, aber lediglich durch unser Fernglas können wir Details erkennen und die wenigen unbeholfen wirkenden Jungtiere mit ihrem braunen Flaum ausmachen, obwohl diese schon fast so gross sind wie ihre Eltern.
    Es sind insgesamt vielleicht 45 - 50 Exemplare versammelt, auf die man hier im Parque Pingüino Rey sehr stolz ist. Vor der Pandemie wurde die Kolonie durch den in den 50er Jahren angesiedelten Graufuchs stark dezimiert, ist aber dank entsprechender trickreicher Schutzmassnahmen seither wieder um 70% gewachsen.
    Der uns begleitende Pinguin-Guide hilft uns noch, über das parkeigene Fernrohr Video- und Fotoaufnahmen zu machen - uns selbst will das einfach nicht richtig gelingen.
    Dann ist aber auch schon wieder Schluss mit dem Besuch, denn am nächsten Ausguck gibt es nur dann etwas zu sehen, wenn die Pinguine ihre Nahrung aus dem Meer holen. Leider war dies schon am Morgen der Fall, so dass wir diesbezüglich leer ausgehen.
    Zudem warten schon die nächsten Besucher auf Einlass. (Wir haben sogar ein Allrad-Wohnmobil mit Zürcher Kennzeichen gesehen!)
    Während der gesamten Fahrt informiert uns Guide Jonathan unermüdlich über Geografie und Geschichte Patagoniens. Wir erfahren dank ihm vieles vor allem über die Selk-nam, die Ureinwohner, das wir nicht gewusst hatten, aber auch, wieso es auf Feuerland trotz der Nähe zum Pazifik bis auf die südlichsten Gebiete so trocken ist: Die vorgelagerten letzten Erhebungen der Anden auf unzähligen Inseln lassen die feuchte Luft frühzeitig abregnen und für die „Isla Grande de la Tierra del Fuego“ (Feuerland) bleibt nicht mehr viel übrig.
    Nun fahren wir weiter über die feuerländische Trockensteppe zum 90 km entfernten Ort Cerro Sombrero. Diese Ansiedlung wurde 1958 durch die nationale chilenische Erdölgesellschaft (ENAP) als Wohnort für die Arbeiterschaft im Stil amerikanischer Kleinstädte inklusive Kino, Hallenbad etc. aufgebaut, ist aber heute ein verlassenes Nest. Die Provinzregierung plant jedoch, die Gebäude für den Tourismus zu renovieren. Bis jetzt wurde das allerdings erst für das Cinema gemacht, das wir aber nur von aussen betrachten können.
    Weiter geht es zurück nach Punta Arenas über die Meerenge bei San Gregorio, wo Feuerland nur circa 7 km vom Festland entfernt ist. Wir haben doppeltes Glück: Als wir an der Stelle ankommen, fährt gerade eine Fähre ein; und überhaupt fährt ein Schiff, denn bei starkem Wind und Wellengang muss man offenbar stunden- bis tagelang auf eine Überfahrt warten! Wir hoffen insgeheim, dass uns dies bei der Fahrt nach Ushuaia (nächsten Mittwoch), welche über dieses Nadelöhr führt, nicht blüht!
    Uns wurde gesagt, man könne auf der kurzen Fahrt springende Delphine und tauchende Pinguine sehen! Leider bekommen wir keines von beidem zu Gesicht.
    Auf der anderen Seite am Festland angekommen, halten wir noch bei der dem Verfall preisgegebenen Estancia San Gregorio und bestaunen deren verrostende Kähne und die vielen baufälligen Gebäude aus der Zeit der grossen Schafzuchten, wobei San Gregorio mit 10.000 Quadratkilometern Fläche (!) die grösste in Chile war.
    Schon setzt der Regen ein, der das für Sonntag angesagte schlechte Wetter bestätigt und wir sind froh, dass wir direkt vor unsere gut geheizte Unterkunft chauffiert werden. Zum Abendessen gibt es noch Salami-Sandwichs und süsse Stückchen mit Kaffee. Dann legen wir uns nach einer heissen Dusche müde ins Bett: Es war ein langer, aber eindrucksvoller Tag.
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  • Day 15

    AbhÀngen in Punta Arenas

    March 6, 2023 in Chile ⋅ 🌬 9 °C

    Punta Arenas, Sonntag, 5. und Montag, 6. März

    Was macht man in einer Stadt an einem Sonntag, wenn das Wetter schlecht ist und alle Museen geschlossen sind??? Genau: Nichts! :-)
    Am Sonntagmorgen, als wir aufwachen, sehen wir draussen genau das, was wir erwartet haben: Es regnet in Strömen… und dies wird sich den ganzen Tag über nicht (oder nur unwesentlich) ändern.
    Das ist genau die Witterung, die wir als Vorwand brauchen, um (wieder) einmal gar nichts zu tun. Wir bleiben bis 9 Uhr liegen, denn Punkt 10 Uhr kommt der Vermieter, um das Geld abzuholen. Diese Unterkunft bezahlen wir nicht im Voraus, sondern in bar.
    Beim Kaffee besprechen wir die Weiterreise am Atlantik sowie eventuelle Ausflüge und Übernachtungsmöglichkeiten.
    An eine Outdoor-Aktivität ist immer noch nicht zu denken, auch nicht an einen noch so kleinen Spaziergang. So bleiben wir in der Wohnung und schauen lediglich ab und zu hinunter ans Meer, wo sich Wasser und Horizont aufgrund des Graus nicht mehr voneinander unterscheiden. Wie ein altes Ehepaar, dessen Tagesablauf sich auf eine kleine Welt konzentriert, beobachten wir aus dem Wohnzimmerfenster die Leute, die gegenüber im (auch sonntags geöffneten) Tante-Emma-Laden einkaufen….
    Es fehlt nur noch, dass wir das Fenster öffnen (Oh nein, es regnet rein!), ein Sofakissen auf den Sims legen und mit aufgelegten Ellbogen fasziniert nach „drüben“ schauen….:-)
    Martin, der in allem gut plant, denkt am frühen Nachmittag schon ans Abendessen und kocht die Nudeln vor.
    Während Regine später ein wenig am Blog arbeitet, liest Martin in seinem Buch und ist im gut geheizten Schlafzimmer bald wieder eingedöst.
    Das absolute Highlight des Tages sind dann die Rigatoni mit (chilenischer) Tomatensauce aus dem Beutel und (chilenischem) Parmesan. Zu Hause würden wir wohl etwas die Nase rümpfen, aber hier erscheint uns das einfache Mahl als Leckerbissen!
    Zur Nachspeise gibt es noch ein süsses Stückchen aus der Konditorei mit schwarzem Kaffee und der Abend ist gerettet.

    Am Montag scheint - ganz entgegen der Prognose - die Sonne von einem fast restlos blauen Himmel, aber ein Blick auf das Smartphone-Thermometer zeigt 4 (!) Grad. Auch nicht gerade die richtige Temperatur für ausgiebiges Flanieren in der Stadt.
    Dabei würde der alte Teil von Punta Arenas in punkto Jugendstil-Architektur einiges hergeben: Die reiche ( und „schmale“) lokale Elite liess vom Architekten bis hin zur Vase alles aus Europa einführen und schuf sich so wahre Paläste mit allem erdenklichen Schnickschnack, inklusive Badezimmer mit Bidet und goldenen Wasserhähnen, mit exklusivem Mobiliar und - ganz wichtig - mit Zentralheizung. Dies war für die damalige Zeit und ganz besonders für die Region eine extravagante Sensation!
    Gut eingepackt und ausgerüstet mit einer Liste von Museen (in der Reihenfolge ihrer Schlusszeiten, denn hier schliessen diese bereits ab 13 bzw. 14 Uhr wieder die Pforten) machen wir uns gegen 9.40 Uhr auf den Weg in Richtung Zentrum. Um 10 Uhr wollen wir vor Ort sein; das ist zu schaffen!
    Noch bevor wir zum ersten Museum kommen, klären wir ab, wie wir gegebenenfalls übrigbleibende chilenische Pesos in argentinische wechseln könnten. Die angefragte Bank macht das nicht, aber es gibt ja viele private „ Casas de Cambios“. In einer dieser Wechselstuben werden uns 240 argentinische für 1000 chilenische Pesos angeboten. Das ist eigentlich nicht schlecht bei einem Kurs von 1 : 0,25. Aber wechseln wollen wir erst morgen, an unserem letzten Tag in Chile.
    Jetzt aber flott zum Museo Naval y Maritimo (Schifffahrtsmuseum), das wir schnell finden… und das - trotz anders lautender Information an der Eingangstüre - geschlossen ist!
    Chile und Argentinien schenken sich bezüglich der Angaben zu den Museen also nichts!!!
    Dann ab zum nächsten, dem Palacio Sara Braun. Dabei handelt es sich weniger um ein Museum als um das ehemalige Wohnhaus (mit 22 Zimmern) der Witwe Braun, die mit ihren Eltern im Alter von 12 Jahren aus Lettland ausgewandert ist, mit 24 den lokalen Grossgrundbesitzer José Nogueira heiratete und diesen schon nach drei Monaten beerbte, da der Gatte an Tuberkulose verstarb.
    Ein Teil des Hauses - überwiegend die Schlafgemächer der Witwe - ist heute ein ganz nobles Hotel, so dass man nur einige Räumlichkeiten für 5 Euro pro Person besichtigen kann.
    Dafür erklärt uns das Faktotum an der Kasse, wir sollten unbedingt den gleich um die Ecke liegenden Palacio Braun Menendez besuchen: Er sei wesentlich interessanter und - da staatlich - auch kostenfrei.
    Dort angekommen, finden wir dann ein kunterbuntes Gemisch von historischen und geografischen Informationen zur Region Magallanes (Hauptstadt: Punta Arenas), Zimmer samt historischer Einrichtung der Familie und irgendwann tritt - nicht nur zu unserem Erstaunen - ein junger Mann an den Flügel im gedeckten Innenhof und spielt grandios unzählige klassische Stücke verschiedener Komponisten!
    Wir fragen nicht nach und geniessen (auf einer bequemen Bank sitzend!) das Konzert eine ganze Stunde lang. Beinahe vergessen wir, den Rest des Museums zu besichtigen. Es ist 13:45 Uhr, als wir höflich, aber bestimmt, hinausgebeten werden. Um 14 Uhr werde man schliessen.
    Nur Regine und ihrer Frage nach einer Toilette ist es zu verdanken, dass wir eher durch Zufall noch in den Keller gelangen, in dem sich neben den Räumlichkeiten des damaligen Personals auch die Wirtschaftsräume befinden sowie eine Ausstellung, die sich dem Einfluss der Antarktis auf das Weltklima widmet.
    Um 14 Uhr werden wir - genau so wie oben - freundlich, aber entschieden hinauskomplimentiert.
    Jetzt bleibt als Sehenswürdigkeit nur noch der Friedhof, der - laut lokalen Angaben - zu den 10 schönsten Grabesstätten weltweit zählen soll!!! Um es vorwegzunehmen: Wir sind vollkommen anderer Meinung!
    Er ist wie alle bisher gesehenen in Argentinien und Chile voll von protzigen Mausoleen, die mehr über den Reichtum der Familie als über deren Trauer aussagen und zum grossen Teil dem Zahn der Zeit überlassen sind.
    Wenigstens haben wir uns (rein zufällig) den happigen Eintrittspreis von 6 Euro pro Person gespart, weil wir - ohne es zu bemerken - durch den Ausgang in den Friedhof gelangt sind und ihn durch den Eingang verlassen :-)
    Das (laut Reiseführer) interessanteste Museum am Ort, das Museo Maggiorino Borgatello, welches sich der Geografie, Geschichte und Ethnografie der Region verschrieben hat, können wir erst morgen besuchen, weil es sowohl am Sonntag als auch am Montag geschlossen ist.
    Auf dem Heimweg kaufen wir in einer angesagten Bäckerei Brot, süsse Stückchen, Wurst und Käse zu einem so horrenden Preis ein, dass Regine (wieder einmal) die Krise bekommt. Ja, Schweizer Preise sind in Chile an der Tagesordnung; Patagonien setzt noch eines drauf… Dies gibt auch Martin unumwunden zu! Mit der baldigen Einreise nach Argentinien wird dieses Thema dann der Vergangenheit angehören:-)
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  • Day 16

    Neuer Tag, neues Museum, neues Geld

    March 7, 2023 in Chile ⋅ 🌬 10 °C

    Punta Arenas, Dienstag, 7. März 2023

    Eigentlich wäre dieser letzte Tag in Punta Arenas gar nicht notwendig gewesen, denn so viele Sehenswürdigkeiten gibt es hier nicht und das Wetter hat uns ja auch etwas „ausgebremst“.
    Da wir aber in Ushuaia schon vor längerer Zeit ab morgen eine Unterkunft gebucht haben, müssen wir hier den einen Tag noch „ausharren“.
    Aber irgendetwas gibt es immer zu sehen. Wir entscheiden uns für einen Rundgang am oberen Stadtrand, der uns zum angesagtesten Aussichtspunkt über Stadt und Hafen führen soll.
    Das erscheint uns umso interessanter, als heute Morgen gegen 11 Uhr das Kreuzfahrtschiff „Marina“ der Firma Oceania Cruises von Ushuaia her kommend hier angelegt hat, was wir mit Fernglas von unserem Wohnzimmer aus im Detail mitverfolgen konnten.
    Die „Marina“ ist zwar mit 1500 Passagieren ein eher kleiner Kahn - unser Schiff ab Rio de Janeiro dürfte dreimal so gross sein -, beherrscht aber den ganzen Tag das Panorama und wird den Ort erst gegen Abend Richtung Montevideo wieder verlassen.
    Schnell gelangen wir auf unserem Spaziergang an die höchste Stelle der Stadt und suchen einen nahen Weiher, der (laut Google Maps) im Winter zum Schlittschuhlaufen genutzt werden soll. Wir finden den Ort, aber der Weiher ist bis auf den letzten Tropfen ausgetrocknet und liegt zudem im mit Stacheldraht geschützten militärischen Sperrgebiet. Die seit längerer Zeit hier herrschende extreme Trockenheit (auf welche wir von verschiedener Seite schon hingewiesen wurden) macht auch vor dem See nicht halt. Und der Dauerregen am Sonntag nützt natürlich gar nichts!
    Beim Mirador setzen wir uns trotz des etwas steifen Windes auf eine Holzbank in die Sonne und betrachten Punta Arenas von oben. Eindrücklich ist die grosse Ausdehnung der Stadt, wo hier doch nur 12.600 Menschen leben.
    Bald gehen wir wieder hinunter ins Stadtzentrum, denn wir spüren ein dringendes physisches Bedürfnis, das in der Blase beginnt :-)
    Martin hat die geniale Idee, nochmals in das gestrige Museo Regional zu gehen, weil es dort einerseits Toiletten gibt und wir anderseits noch nicht die ganze Ausstellung im Untergeschoss gesehen haben. Also eilen wir dahin, stehen aber vor verschlossenen Türen. Ein Blick auf Google Maps belehrt uns, dass (nur) dieses Museum immer (nur) am Dienstag geschlossen hat. Pech gehabt!
    Dafür treffen wir dort einen Spanier aus Madrid, der ebenfalls vor verschlossener Museumstür steht und dem wir letztmals in Puerto Natales in unserer Unterkunft begegnet sind. Ja, viele Reisende sind auf der gleichen Route unterwegs und wir blicken oft erstaunt in ein bekanntes Gesicht (sei es am Busbahnhof, bei einem Ausflug oder in einem Hostal) und müssen uns dann immer ganz schnell überlegen, wie die Personen heissen und wo wir sie schon mal getroffen haben.
    Wir spazieren mit dem Spanier zum Hafen, um das Kreuzfahrtschiff aus der Nähe betrachten zu können. Dort stehen wir nun zwar näher am Schiff, allerdings am Zaun und sehen nicht viel mehr vom Schiff als zuvor und in den Hafen lässt man uns - ohne Zugangskärtchen - nicht rein. Ein Security-Mann tut gewissenhaft seinen Dienst!!!
    Darum wandern wir nach einer weiteren Sonnenpause auf einer Bank wieder Richtung Zentrum, wo sich das Museum befindet. Die Blase meldet sich jetzt immer fordernder und Martin hat die erneut geniale Idee, auf dem Weg dahin im Busterminal die „Baños“ aufzusuchen, was uns dann die dringend benötigte Erleichterung verschafft :-) Das sind halt so die Alltagsprobleme von Touristen…
    Jetzt können wir ohne Sorge zum „Museo Maggiorino Borgatello“ gehen, das als das beste am Platz gilt (Die letzten beiden Tage hatte es geschlossen!) und sich der Region“Magallanes“ aus verschiedenen Seiten nähert: Geografie, Geologie, Erforschung, Naturkunde, Ethnografie und Ausbeutung der Naturschätze. Dazu verfügt es über reichhaltige Fundstücke, welche die katholische Ordensgemeinschaft der Salesianer in über 150 Jahren zusammengetragen hat. Diese Objekte werden zum Teil etwas kunterbunt, aber didaktisch gut aufgebaut (und alles immer auch in englischer Sprache!) auf vier Stockwerken gezeigt. Wir sind beeindruckt von der Grösse des Museums, seiner Vielfalt und Qualität.
    Leider können wir aus Zeitgründen den letzten Teil (Rohstoffe) nicht mehr besuchen. Zu viele Exponate gilt es zu betrachten und noch mehr Texte zu lesen. Regine bedauert es sehr, dass wir den Museumsbesuch abbrechen müssen, braucht sie doch wesentlich länger zum Lesen der spanischen Texte als Martin.
    Ausserdem wollen wir noch dringend unsere chilenischen Pesos gegen argentinische umtauschen, was vor 17:45 Uhr zu geschehen hat: Dann schliessen die „Cambios“ hier. Für unsere verbleibenden 115.000 chilenischen Pesos wechseln wir 46.000 argentinische; das ist viel mehr als wir uns erhofft hatten und enthebt uns der Sorge, in Ushuaia dringend Geld wechseln zu müssen! Denn laut vielfältiger Informationen ist der Zugang zu Geld dort nicht nur schwierig, sondern bei Western Union auch ein Zufallstreffer. Sollte es Geld geben, dann pro Tag nur das Maximum von 100.000 Pesos.
    Auf dem Weg nach Hause kommen wir an der Kathedrale vorbei, die zufälligerweise gerade offen ist. Regine kann nicht umhin, einen Blick hineinzuwerfen. Ein Deckengemälde aus Mosaik, das sich im Altarbereich befindet, zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich: Die über zehntausend Mosaiksteine fallen erst bei näherem Betrachten auf.
    Schon fast am Ausgang bemerkt Regine etwas, das in ihren Augen nicht stimmig ist: Eine Heilige wird von zwei Fahnen umrahmt, der chilenischen und jener der Region Magellan-Antarktis. Nun ja, Staat und Kirche haben doch so manches gemeinsam!
    Die Fahne der Region fällt hier häufig auf: Nicht nur, dass jeder Guide eine auf seinem Anorak prangen hat, auch einen „Bouquinisten“-Wagen von gestern zierte die Flagge, und im Stadtbild ist sie ebenfalls oft präsent. Die Menschen sind stolz auf IHR Patagonien!
    In Chile gibt es drei offizielle Flaggen: die chilenische, jene der Mapuche-Indianer und die dritte der hiesigen “Región de Magallanes y de la Antártica Chilena“.
    Die Farbe Gelb symbolisiert die gelben Grasbüschel der Steppe, das Weiss zeichnet die Konturen der Berge ab, das Blau steht für das Wasser der Antarktis und die Sterne verdeutlichen das Kreuz des Südens. Jedes Schulkind kann einem die Symbolik erklären. Wir bezweifeln, ob dies bei uns der Fall wäre.
    Und mit Farben geht es weiter: Wir erblicken am Abend von unserem Esstisch aus einen riesengrossen Regenbogen, beginnend direkt am Heck des noch im Hafen liegenden Kreuzfahrtschiffes.
    Ein bleibender Eindruck von unserem letzten Tag in Chile!
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  • Day 17

    Nach Ushuaia, “unserem” SĂŒdpol

    March 8, 2023 in Argentina ⋅ ☁ 9 °C

    Ushuaia, Mittwoch, 8. März 2023

    Pünktlich um 7 Uhr holt uns das schon am Vortag bestellte Taxi „Fabiola“ in unserem Domizil ab und bringt uns zum Busterminal der Firma „Bus Sur“ in Punta Arenas. Man muss wissen, dass hier jede Gesellschaft ihr eigenes Terminal hat… Wer das nicht blickt, der hat schlechte Karten!
    Und genauso pünktlich geht es dann mit dem vollbesetzten Reisebus los: Um 8:05 Uhr starten wir unsere letzte Reise in Chile per Bus in den Süden, denn weiter als Ushuaia (Argentinien) geht es nicht mehr! So nahe am Südpol waren wir noch nie (… und werden es vermutlich auch nie mehr sein).
    Wobei sich Ushuaia eigentlich gar nicht so nahe am Südpol befindet; Newcastle oder Belfast sind - was den Breitengrad betrifft - genauso nahe am Nordpol wie Ushuaia am Südpol und dort würde ja auch niemand von arktischen Verhältnissen sprechen.
    Der Unterschied scheint darin zu bestehen, dass Ushuaia erstens tatsächlich nur noch 1100 km Luftlinie vom antarktischen Kontinent entfernt liegt und zweitens die Antarktis infolge ihrer riesigen Ausdehnung und Masse an Eis wohl (noch) grösseren Einfluss auf die klimatischen Verhältnisse hat als der Nordpol.
    Die Fahrt ab Punta Arenas Richtung Norden der Küste der Magellanstrasse entlang verläuft ruhig und das Wetter ist etwas besser als erwartet; das heisst konkret: Es regnet nicht :-)
    Die erste Unruhe entsteht beim (langen) Warten auf das Einschiffen des Busses auf die Fähre an der Meerenge bei San Gregorio (die wir vor 3 Tagen in entgegengesetzter Richtung schon einmal befahren haben).
    Viele LKWs und PKWs ziehen so lange an unserem in vorderster Position wartenden Gefährt vorbei, bis einem Mitreisenden offenbar der Kragen platzt und er nach einem Wortgefecht mit dem Beifahrer sogar handgreiflich wird! Wir wissen nicht genau, was vorgefallen ist, aber der Beifahrer droht ihm mit der „Policía“, wenn er sich nicht beruhigt - was in der Folge seine Wirkung tut.
    Auf der Fähre treffen wir den spanischen Touristen wieder, dem wir seit Puerto Natales immer wieder begegnet sind und der in einem späteren Bus (derselben Firma) nach Ushuaia unterwegs ist; wir werden ihm in Ushuaia sicherlich erneut begegnen.
    Der Himmel klart nun auf und während der Überfahrt ist es geradezu herbstlich warm. Da diese nur 20 Minuten dauert, müssen wir bald wieder in den Reisebus einsteigen und es geht weiter an Cerro Sombrero vorbei (Da waren wir vor 3 Tagen auch schon.) nach San Sebastian, dem Grenzkaff zu Argentinien.
    Auf der gesamten Fahrt sehen wir nichts als Trockensteppe und grünbraune Weideflächen, auf denen Schafe weiden und daneben Guanakoherden äsen. Die einzige Abwechslung bietet hie und da ein Blick auf den Atlantik.
    Am chilenischen Zoll erwartet uns überraschenderweise ein neues Prozedere: Unsere Pässe werden vom Busfahrer eingesammelt und nach einer knappen Stunde wieder ausgeteilt. Und irgendwie schafft er es, die 50 Dokumente in angemessener Zeit an die richtigen Adressaten zurückzugeben.
    Dann fahren wir weiter zum argentinischen Zoll, der (wie immer) ein paar Kilometer vom chilenischen entfernt liegt: Man lässt sich auf diese Weise offenbar gegenseitig spüren, dass man sich nicht besonders gut riechen kann! :-)
    Auch hier ist die Abfertigung anders, da man auf die Durchsuchung unseres Gepäcks komplett verzichtet und wir daher alsbald weiterfahren können. Jetzt umfahren wir Rio Grande, die erste grössere argentinische Siedlung auf Tierra del Fuego (Feuerland), die offenbar vom Erdöl und Erdgas lebt.
    Kurz vor der nächsten Stadt, Tolhuin, ändert sich die Szenerie schlagartig: Waren wir bislang noch in der flachen und trockenen Steppe mit nur Grasbüscheln, so tauchen fast schlagartig einzelne Bäume auf, die schnell in Wald übergehen und die umliegenden Hügel entwickeln sich zu Bergen. Zehn Kilometer nach Tolhuin, wo wir uns bei einem Zwischenstopp Getränke und Süssigkeiten gekauft haben, sieht es schon aus wie in den Schweizer Alpen: schneebedeckte Gipfel, stark bewaldete Hänge, rauschende Bergbäche und saftige Wiesen. Es fehlen nur die Kühe… und die Seilbahnen :-), wobei wir gerechterweise sagen müssen, dass wir einen Zweier-Sessellift gesehen haben - einen Skilift; jetzt natürlich ausser Betrieb!
    Nach einer weiteren Stunde und rasanter Fahrt durch die doch recht engen Kurven der Bergstrecke kommen wir fast pünktlich um 19:10 Uhr in Ushuaia an und wir haben endlich Sicht auf den Beagle-Kanal und die Ushuaia gegenüberliegende Isla Navarino (die wir aus geopolitischen Gründen nicht besuchen können: Die Grenze zwischen Chile und Argentinien ist hier komplett dicht!).
    Bei leichter Bewölkung und etwas abendlicher Sonne geht ein ziemlich kühler Wind, so dass wir froh sind, dass unser Gastgeber Dario nicht lange auf sich warten lässt. Wir haben ihn schon am Morgen um einen Taxidienst bis zu unserer Unterkunft gebeten.
    Diese liegt zwar weit ausserhalb des Zentrums, ist aber kuschelig warm (sehr wichtig!), sauber und wir haben offenbar das ganze Haus für uns allein.
    Zum Abendessen gibt es die noch in Punta Arenas vorbereiteten Sandwiches mit dem in Tolhuin gekauften Bier, zur Nachspeise Kaffee und Alfajores.
    Morgen stehen dann zuerst die Western Union-Bank und anschliessend Museumsbesuche auf dem Programm.
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  • Day 19

    Was tun in Ushuaia?

    March 10, 2023 in Argentina ⋅ ☁ 8 °C

    Ushuaia, Donnerstag, 9. März 2023

    Für den ersten Tag an „unserem Südpol“ haben wir noch keine konkreten Pläne für Unternehmungen und Ausflüge. Zuerst müssen wir uns ein wenig akklimatisieren (auch bezüglich der Temperaturen, denn es hat nur 5 Grad und ein kalter Wind weht uns um die Nase.), wollen uns in der Stadt umschauen und müssen vor allen Dingen unseren Bestand an argentinischen Pesos auffüllen.
    Wir sind wie immer wagemutig und nehmen - da wir weiter ausserhalb wohnen - den öffentlichen Verkehr ins 4 km entfernte Zentrum. Der Bus fährt eine grosse Runde weit oberhalb der Stadt und so verpassen wir es, rechtzeitig - und auf ungefährer Höhe des Zentrums - aus dem Bus auszusteigen.
    Diese Tatsache verschafft uns aber einen schönen Spaziergang hinunter in die Stadt durch den Parque Güemes (mit Aussichtsterrasse und eigenartiger Treppenkonstruktion) zurück zu Western Union.
    Wir geniessen diesen ersten Blick auf Ushuaia, auf die Hafenanlage, die grosse Bucht, die umgeben ist von schneebedeckten Bergen und Gletschern und schauen weit hinaus in den Beagle-Kanal in Richtung Kap Horn (was ja noch soooooo weit entfernt ist!)
    Ein grosses Containerschiff und ein Antarktis-Expeditionsschiff („National Geographic Explorer“) ankern neben vielen Ausflugs-Katamaranen und kleineren Segelschiffen im Hafen und auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht (nur 5 km entfernt) sehen wir die (chilenische) Isla Navarina, von der aus wir ursprünglich von Chile nach Argentinien hätten übersetzen wollen… nach 30-stündiger Fahrt ab Punta Arenas durch den Beagle-Kanal. Regine trauert dieser entgangenen Möglichkeit noch immer nach! Dennoch ist es ein überwältigender Anblick, am Ende des Kontinents zu stehen und die Antarktis gewissermassen in greifbarer Nähe zu wissen.
    Der erste Versuch, schon am Morgen Geld abzuheben, schlägt fehlt, weil der einzige Angestellte bei Western Union gerade keine Kunden bedienen kann, da er zuerst viele (sehr viele!) Daten vom Papier in den Computer übertragen muss! Martin ist als Informatiker entsetzt! Wir wünschen ihm viel Spass (!) und versprechen, um 16:00 Uhr, wenn der Laden wieder öffnet, wiederzukommen.
    In der Zwischenzeit besuchen wir das „Museo del Fin del Mundo“, das aber nichts anderes ist als ein Museum zur Stadtgeschichte mit Fokus auf den Untergang des aus Hamburg kommenden Dampfers „Monte Cervantes“, der am 22. Januar 1930 vor Ushuaia auf Grund lief, wobei die gesamte Besatzung und alle Passagiere gerettet wurden und nur der (deutsche) Kapitän aus bislang ungeklärten Umständen bei dem Versuch ums Leben kam, nach Rettung der Menschen noch einiges vom Schiff zu holen.
    In der Nähe des Museums durchqueren wir auf dem Weg zur Uferpromenade ein grösseres Areal mit Gedenktafeln und Fotos, das sich dem Thema der Falklandinseln widmet. Die „Islas Malvinas“ sind britisches Überseegebiet mit innerer Autonomie, wobei das britische Königreich die Verteidigung und Aussenpolitik übernimmt,
    Seit 1833 werden die Inseln von Argentinien beansprucht und 1982 führte die Auseinandersetzung zum Falklandkrieg zwischen England und Argentinien. Letztere waren chancenlos unterlegen und die Namen aller gefallenen argentinischen Soldaten (900 Tote auf beiden Seiten) sind auf einer grossen Steintafel eingraviert.
    Sowohl hier in Ushuaia als auch in anderen Regionen Argentiniens ist Folgendes auf Plakaten und vor allem auf Bussen zu lesen: „Las Malvinas son nuestras.“ (Die Malvineninseln gehören uns.). In der argentinischen Seele sitzt dieser Stachel tief und es ist immer wieder ein Thema, das Martin auch heute mit einem älteren Mann diskutiert, den wir bei den lebensgross modellierten Soldaten treffen, die mit Gewehr im Anschlag uns - völlig unerwartet - gegenüberstehen.
    Die Argentinier sind - wie wir schon oft bei Taxifahrten, an Haltestellen oder wie hier an Sehenswürdigkeiten festgestellt haben - sehr kommunikativ und freuen sich immer, dass Martin so gut Spanisch spricht und sie mit ihm als Ausländer so viel (und so lange!) plaudern können.
    Im Weitergehen sieht Regine, dass die Tourismus-Information gleich gegenüber liegt. Wir gehen hinein, um zu schauen, ob es für Ausflüge weitere Informationen gibt. Wir bemühen ja im Vorfeld unserer Planungen immer das Internet und den Reiseführer, aber wir könnten ja vor Ort zusätzlich noch etwas erfahren. Man händigt uns einen Stadtplan aus und die kompetente Dame erklärt uns die Möglichkeiten, im Nationalpark und ausserhalb Wanderungen auf eigene Faust unternehmen zu können.
    Zudem bestätigt sie uns, dass hier die Grenze zwischen der Isla Navarino (Chile) und Argentinien (Ushuaia) „wegen Chile“ geschlossen ist. Wir weisen sie darauf hin, dass die argentinische Regierung auf ihrer Homepage selber sagt, dass sie die Grenze geschlossen hat…
    Sei es, wie es wolle: Wir wissen nun, dass wir niemals vom chilenischen Puerto Williams hätten übersetzen können und dass wir vor der Pandemie hätten kommen sollen, denn damals war die Grenze zwischen den beiden Ländern noch offen.
    Bei der Tourismusinformation treffen wir auf den Spanier Manuel (aus Madrid), dem wir seit Puerto Natales immer wieder „zufällig“ begegnet sind und machen mit ihm aus, die nächsten zwei Tage gemeinsam Ausflüge zu organisieren: morgen in den „Parque Nacional Tierra del Fuego“ und übermorgen zur Laguna Margot, 850m oberhalb von Ushuaia.
    Wir verbleiben so, dass wir die Details am Abend per WhatsApp klären.
    Während sich Martin noch mit Manuel unterhält, macht sich Regine auf zu Western Union, damit sie um 16 Uhr, wenn der Laden öffnet, die erste Kundin ist.
    Als Martin um 15:45 Uhr dort eintrifft, ist Regine tatsächlich die Einzige, die vor dem windigen Eingang steht. Alle anderen „Interessenten“ haben wegen des stürmischen Windes bereits die Flucht ergriffen. Um 15:50 (!) erscheint der Angestellte und wir können fast 200.000 Pesos Argentinos ergattern! Damit sind unsere finanziellen Sorgen vorerst vom Tisch…
    Dann machen wir uns auf zum nächsten angesagten Museum, dem „Museo del Presidio“, das im ehemaligen Staatsgefängnis untergebracht ist. Der Eintritt ist mit 36 Euro pro Person sagenhaft teuer, aber dafür sind hier auch verschiedene Museen an einem einzigen Ort untergebracht: das antarktische, das Schifffahrtsmuseum, das der indigenen Bevölkerung, das das Gefängnisgebäude betreffende und noch ein Kunstmuseum. In den zwei Stunden, die uns verbleiben, können wir nur einen Bruchteil besichtigen, könnten jedoch theoretisch mit dem Ticket bis 48 Stunden später nochmals kommen (was uns allerdings nicht gelingen wird).
    Um 20 Uhr schliesst das Museum und wir gehen bei eisigem Wind und glücklicherweise nur wenig Regen zum nächstgelegenen Supermarkt. Für den Heimweg leisten wir uns ein Taxi, denn es ist wieder einmal spät geworden und wir sind ziemlich hungrig!
    Nach dem Essen kocht Martin für morgigen Abend vor - erneut Reis mit Gemüse und Omelette-Streifen - und wir vereinbaren mit Manuel die Details für den Ausflug in den „Parque Nacional Tierra del Fuego“.
    Wie in Punta Arenas freuen wir uns über unseren guten Ofen und die warme Stube!! Draussen sinken die Temperaturen auf 2 Grad ab und der Wind pfeift die gesamte Nacht durch alle Ritzen.
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  • Day 19

    Im „Parque Nacional Tierra del Fuego“

    March 10, 2023 in Argentina ⋅ 🌙 5 °C

    Ushuaia, Freitag, 10. März 2023

    Morgens um 7 Uhr fährt uns der Inhaber des Hostals, wo wir „residieren“, zuerst zu Manuel, den wir am anderen Ende der Stadt abholen und anschliessend weiter zum Nationalpark. Um den Eintritt von 20 Euro pro Person nicht entrichten zu müssen (Vorschlag unseres Vermieters), müssen wir noch vor 8 Uhr den Eingang passieren. Das schaffen wir und so fahren wir noch ein gutes Stück weiter hinein in den Park - bis genau zu jenem Punkt, von dem aus unsere geplanten Wanderungen beginnen sollen.
    Wir wollen zuerst den Sendero Hito (8 km) entlang des Lago Acigami bis zur (unbewachten) chilenischen Grenze und zurück machen und danach - dem Ufer des Beagle-Kanals folgend - zurück zum Eingang zum Park wandern, wo uns unser Gastgeber wieder abholen wird.
    Als wir aus dem Auto aussteigen, schlägt uns ein sehr kalter und steifer Wind über dem Lago Acigami entgegen, so dass Regine als Schutz gegen den Wind sofort ihre Regenhose überziehen muss.
    Aber wir geniessen trotz dieses unglaublichen Windes das herrliche Panorama über See und Berge. Martin fügt hinzu: „Wie der Vierwaldstättersee, nur ohne Zivilisation“.
    Der Weg ist gut gekennzeichnet und führt uns über 4 km bis zur (imaginären) chilenischen Grenze, wo uns statt eines (von Regine erwarteten!) Grenzpostens eine rostige Stele erwartet. Wir machen eine kleine Pause, in der sich Regine von der Enttäuschung erholen kann und dann geht es zurück denselben Weg zu unserem Ausgangspunkt. Dort treffen wir auf Horden von Touristen, die sich hierher karren lassen und nur ganz kurz in falscher Bekleidung aussteigen, um ein paar Fotos zu schiessen. Sie können dem eisigen Wind kaum standhalten und flüchten bald wieder in ihre warmen Fahrzeuge.
    Vorbei an den vielen Touristen beginnen wir nun mit dem längeren Abschnitt unserer Tageswanderung, dem „Sendero Costera“ (Küstenweg). Laut Plan ist er 8 km lang (… was wir jedoch bezweifeln), aber an seinem Ende müssen wir noch circa 5 km bis zum Parkeingang bewältigen - immer bergauf -, weil unser Chauffeur nicht kostenlos in den Park hineinfahren darf - auch nicht, um uns abzuholen.
    Es ist ein schöner und abwechslungsreicher Weg (immer auf und ab) mit unglaublich schönen Ausblicken auf den Beagle-Kanal, aber wir ermüden zusehends. Ein kleines „Highlight“ sind zwei junge Leute, ein Pärchen aus Frankreich, das sich kurzzeitig in die eiskalten Fluten wirft und danach dankbar Manuels Handtuch zum Abtrocknen nimmt.
    Ein weiterer Höhepunkt gesellt sich während einer Rast direkt am Wasser zu uns: Ein grösserer Vogel, dessen Namen wir nicht kennen, ist so zutraulich, dass er uns buchstäblich die Reste unserer Brote aus der Hand frisst. Wir füttern und beobachten ihn lange und nehmen etliche Videos auf.
    Erst gegen 17:30 Uhr sind wir am Ende des Küstenweges angelangt, aber noch lange nicht am Parkeingang. Niemand, den wir per Daumen anhalten wollen, hat Erbarmen mit uns, bis Regine bei einem Kleinbus voller Touristen endlich Glück hat: Für satte 1000 Pesos (6 Euro) pro Person bietet der Fahrer an, uns die noch verbleibenden 4 km bis zum Eingang mitzunehmen.
    Für 2000 Pesos hätte er uns bis ins Zentrum von Ushuaia gefahren (noch gute 12 Kilometer weiter), aber dorthin wollen wir ja nicht, da wir mit unserem Vermieter die (natürlich auch nicht kostenlose) Abholung am Park vereinbart haben.
    Manuel ist entsetzt über den Preis von 1000 Pesos für eine solch kurze Strecke, die nicht im Verhältnis steht zur Gesamtstrecke. Martin und Regine jedoch sind froh über den Deal, denn immerhin sind heute mehr als 20 Kilometer zusammengekommen. Am Eingang bestellen wir unser Taxi, erledigen ein paar Anrufe und fahren dann müde, aber zufrieden zurück nach Hause.
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  • Day 20

    Im Gegenwind hinauf zur Laguna Margot

    March 11, 2023 in Argentina ⋅ ☀ 12 °C

    Ushuaia, Samstag, 11. März 2023

    Unser letzter Tag in Ushuaia.
    Auf der einen Seite werden wir die schöne Landschaft, die Schneeberge und Gletscher, die vielen Seen und unberührten Wälder sicher vermissen. Anderseits haben wir in den letzten Tagen immer mal wieder auf die Temperatur in Buenos Aires (heute: 34 Grad!) geschaut und freuen uns, dem eisigen Wind, dem Regen und der herbstlichen Kühle im Süden Patagoniens (heute: 8 Grad) wieder entfliehen zu können.
    Immerhin trotzen wir dem unwirtlichen Wetter schon seit der Überfahrt von der Halbinsel Chiloé nach Quellón - mehr als vier Wochen!
    Aber heute wollen wir es nochmals wissen und machen mit Manuel aus, gemeinsam zur Laguna Margot unterhalb des Margot-Gletschers zu wandern.
    Martin findet auf Wikiloc auch entsprechende Routen und hat diese zudem in einer seiner Navigations-Apps auf dem Smartphone gespeichert, so dass wir jederzeit wissen, wo wir sind und was uns noch bevorsteht.
    Wir holen Manuel mit dem Taxi in seinem Hostal ab und lassen uns dann zum Beginn des Weges im höher gelegenen Aussenbezirk „Mirador del Beagle“ chauffieren. So wandert man hier! Immerhin haben wir auf diese Weise schon hundert Höhenmeter ohne jegliche Anstrengung überwunden:-)!
    Gleich zu Beginn - mit Verlassen der letzten Häuser - schliesst sich uns ein weisser Hirtenhund an; vermutlich, weil Manuel als Hundefreund ihn mit einem Würstchen füttert! Das Tier trägt kein Halsband, wirkt aber nicht verwahrlost, ist wohlgenährt und bringt uns als seine „Schafherde“ sicher ans Ziel und auch wieder zurück.
    Der Aufstieg führt zuerst mit sanfter Steigung durch einen lichten Wald von schlanken Lenga-Bäumen. Links und rechts erblicken wir einzelne zusammengezimmerte Holzhäuser, die hier nur stehen, weil in Argentinien (laut Manuel) jeder auf seinem Grundstück bauen darf, was er will. Die Häuser haben aber weder Anschluss an Wasser, Abwasser, Elektrizität oder Gas und wir wissen nicht, wie sich die Bewohner das Leben organisieren. Allerdings stellen wir fest, dass wir hier - mitten im Nirgendwo - Netz haben und WhatsApp-Nachrichten empfangen können!
    Der Weg steigt an und führt teilweise durch Bachbette und Sumpfgebiete. Es geht immer steiler bergauf und der Wald lichtet sich zusehends. Auf circa 600 m gelangen wir an die Baumgrenze und zu einem Aussichtspunkt hoch oben über Ushuaia, der uns bei klarer Sicht auch einen guten Blick über den Beagle-Kanal und hinüber zur (chilenischen) Insel Navarino ermöglicht.
    Noch ist aber weit und breit keine Lagune in Sicht und wir wandern einer Moräne entlang weiter hoch. Während es im Wald fast windstill war, empfängt uns hier eine steife Brise und die Sonne verschwindet immer wieder hinter den aufziehenden Wolken, die jetzt die nahen Berggipfel umhüllen.
    Bald treffen uns immer häufiger richtig heftige Windböen und wir müssen gehörig aufpassen, beim Gehen nicht umgeblasen zu werden. Vor allem Regine hat als „Leichtgewicht“ und kleine Person wesentlich mehr Mühe als Martin und Manuel.
    Je höher wir steigen, desto stärker wird der eiskalte Wind, der hier - nicht wie von uns angenommen aus Süden! - aus dem Norden bläst und sich im Campo de Hielo Sur (Südliches Eisfeld) in 500 km Entfernung bildet.
    Nach weiteren 45 Minuten erreichen wir mit Ach und Krach eine Anhöhe, von der wir die Lagune und den Gletscher erblicken, beides keine Augenweiden: Die Lagune ist klein, das Wasser dunkel und es schimmert nur bei Sonneneinstrahlung ein wenig grün. Zu unserer Enttäuschung ist der See nicht von Schnee umbgeben, sondern nur von einer Steinwüste, denn der Margot-Gletscher ist fast vollständig von Geröll überdeckt und das Eis darunter können wir nur erahnen. Schade!
    Und vor allem bläst es hier so stark, dass wir mitsamt dem Hund Schutz in einem aus Steinen gebauten Unterstand (ohne Dach) suchen. Dort packen wir unseren mageren Proviant aus - Manuel füttert erneut vor allem den Hund :-) - und versuchen niederkauernd vergeblich, uns einigermassen warm zu halten. Manuel macht sogar noch einen Abstecher zur nächsten Anhöhe; der Hund begleitet ihn. Zurück kommt er mit der erhellenden Nachricht, dass es dort nichts als Geröll zu sehen gibt, es noch kräftiger bläst und die Sicht auf Ushuaia, den Beagle-Kanal und die gegenüberliegende Isla Navarino genau die gleiche ist wie die von unserem Standort.
    Deshalb beschliessen wir, unverzüglich den Abstieg zu beginnen, um dem heftigen Wind so schnell wie möglich zu entkommen. Wir begegnen dabei einigen Unentwegten, die trotz mangelhafter Kleidung und unseren eindringlichen Warnungen weiter aufsteigen. Nur ein marokkanischer Tourist in Jogginghose und ohne Jacke (!) lässt sich von uns zur Umkehr bewegen…
    Hinunter geht es natürlich schneller als hinauf, aber auf dem ersten Kilometer müssen wir erneut gut aufpassen, dass uns der Rückenwind nicht vom schmalen Weg bläst. Wieder im Wald beruhigt sich die Situation schnell und wir sind - nach fast drei Stunden Aufstieg - in einer guten Stunde wieder unten.
    Jetzt heisst es noch, ein Taxi zu rufen und „unseren“ Hund, den wir alle mittlerweile ins Herz geschlossen haben, zurückzulassen. Manuel befragt dazu die Nachbarschaft und findet heraus, dass der Hund irgendjemandem in der Nähe gehört; er ist auf jeden Fall bekannt hier.
    Beruhigt steigen wir ins Taxi, das uns zurück in die Zivilisation bringt. An unserer Unterkunft verabschieden wir uns von Manuel, der im Taxi sitzen bleibt und zum anderen Ende der Stadt gebracht wird. Wir sind gespannt, ob wir ihn in Europa irgendwann einmal wiedersehen werden. Madrid ist ja - angesichts der Dimensionen in Argentinien - nur einen Katzensprung von uns entfernt.
    Zu Hause bereiten wir das Abendessen und die Sandwiches für die morgige Reise vor,
    Ursprünglich hatten wir geplant, über die Atlantikküste mit dem Bus in Richtung Norden zu fahren. Nach eingehender Recherche haben wir diese Möglichkeit jedoch verworfen, da es gute 2000 km nichts anderes hätte zu sehen gegeben als Steppe. Das müssen wir uns nicht antun!
    So fliegen wir nun morgen um 9:15 Uhr von Ushuaia nach Buenos Aires! Aus der Kälte in die Hitze! Die Porteños (Einwohner von Buenos Aires) machen es umgekehrt: Neue Mitbewohner in unserem Hostal sind heute der Hitze entflohen und suchen - nach mehreren Monaten hoher Temperaturen nun die Kühle Patagoniens.
    Alles ist - wie immer - eine Frage des Blickwinkels!
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  • Day 21

    Im Flug in die Hitze

    March 12, 2023 in Argentina ⋅ ⛅ 12 °C

    Ushuaia, Sonntag, 12. März 2023

    Wozu wir fast vier Monate gebraucht haben, nämlich die Reise von Buenos Aires nach Ushuaia, bewältigen wir im Umkehrschritt in knapp vier Stunden! Dies sind die Segnungen des modernen Luftverkehrs…
    Um 7 Uhr morgens bringt uns Dario, unser Gastgeber, an den Flughafen von Ushuaia. Obwohl der „Vogel“ erst um 9:15 Uhr abheben wird, stellt sich schon eine lange Schlange an Reisenden vor dem Check-In-Schalter an; wir ebenso. Die Abfertigung geht professionell und zügig vonstatten und auch das Boarding selbst ist ein kurzer Prozess. Noch vor 9 Uhr sitzen wir im Airbus-Flieger und starten auch recht pünktlich.
    Die Sicht aus dem Fenster nach dem Abheben hinunter zum Beagle-Kanal und hinüber zur Insel Navarino sowie über die schneebedeckten Gipfel Richtung patagonisches Eisfeld ist beeindruckend. Leider haben wir keinen Fensterplatz erwischt, so dass sich Regine für Fotos vor und hinter den Nebenmann „drücken“ muss, was sie mit viel Einsatz und Eleganz erledigt :-)
    Der Flug ist schnell vorbei und wir haben gerade noch Zeit, uns vor dem Aussteigen der Winterkleidung zu entledigen, denn in Buenos Aires herrscht sozusagen Hochsommer: Bei 34 Grad und 65% Luftfeuchtigkeit fühlt sich dies an wie 40 Grad am Schatten!
    Wir verzichten ausnahmsweise auf den öffentlichen Nahverkehr und nehmen ein Taxi zum Busbahnhof, weil wir dort schon die Tickets für die Fahrt nach Puerto Madryn - unserer nächsten Station - kaufen wollen. Gesagt, getan! Danach geht es gleich weiter; dieses Mal „comme il faut“ mit der Buslinie 28, die uns gemäss Google in 30 Minuten in die Nähe der Plaza Dorrego bringen soll, wo unsere nächste Unterkunft liegt.
    Der Busfahrer weist uns aber darauf hin, dass er dort nicht hinfahren kann, weil dieses Altstadtviertel wegen des sonntäglichen Künstler- und Flohmarktes für sämtlichen Verkehr gesperrt ist. Wir müssen frühzeitig aussteigen und erneut zum - hier glücklicherweise - günstigen Taxi greifen, das uns so nahe wie möglich an den gewünschten Ort bringt.
    Jetzt wollen wir noch einige Lebensmittel einkaufen, ein wenig durchs Viertel bummeln und ein Eis essen (Es ist lange her seit dem letzten!). Dann geht es zurück zu unserer Wohnung direkt an der Ecke zur Plaza Dorrego, welche in Buenos Aires DAS Tango-Zentrum (wenigstens für Touristen) darstellt.
    Dass dem so ist, merken wir spät(er) in der Nacht, weil die Musik-Beschallung erst weit nach Mitternacht aufhört!
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