Planlos mit Tom

December 2023 - February 2024
Mit dem Reisefahrrad ohne Plan und ohne Ziel- nur eine Richtung: Ab in die Wärme.
Mit im Gepäck: Neugierde, Abenteuerlust, Optimismus und sicherlich auch eine gewisse Portion Naivität.
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  • Day 76

    Heimwärts

    February 21 in Gambia ⋅ ⛅ 26 °C

    40 Grad C und mehr, kombiniert mit grottenschlechten Flugverbindungen und einem militärischen Putsch in Guinea, lassen mich 3 Wochen früher als geplant bereits ab Gambia heimfliegen.

    Nach rund 80 Tagen geht es heimwärts, und eine wohlige Wärme bereitet sich in meiner Brust aus. Es ist Zeit. Ich habe Heimweh, das erste Mal in meinem Leben.

    Am 26.02, in 5 Tagen, kurz vor vier Uhr Nachmittags habe ich in Genf wieder Schweizer Boden unter meinen Füssen.

    Diese Reise hat mir mehr abverlangt, als ich zugeben will, körperlich wie mental. Nie war ich so nahe an den Menschen, an ihrer Freude, Neugierde, ihrem Schmerz. All diese Eindrücke, die viel zu schnell an mir vorbeigezogen sind, werde ich erst in den nächsten Monaten verarbeiten und verdauen können.

    Reisen mit Fahrrad ist einfach, Reisen in Westafrika nicht.

    Afrika. Ein Kontinent, von dem ich bisher nur einen Hauch, nichts weiter, gesehen habe. Und den ich sicher wieder besuchen werde. Auch gerne wieder mit Fahrrad- aber vorzugsweise nicht mehr alleine. Und keine 40 Grad mehr.

    Aber jetzt freue ich mich auf Familie und Freunde- ihr habt mir gefehlt. Da wo ihr seid, da ist meine Heimat, da bin ich Zuhause. Dies ist die grösste Erkenntnis aus meiner Reise.

    Das ist mein letzter Beitrag. Danke für dein Interesse- ich hoffe ich konnte einen Einblick in einen etwas spezielleren Teil der Welt geben.

    Wies nun weitergeht? Von März bis und mit Juni darf ich in MSD arbeiten- gegenüber der TUAG. Darauf freue ich mich sehr.

    Ab Juli beginnen im Anschluss die Vorbereitungen fürs ewige Eis. Die medizinischen Checks sind abgeschlossen, ich gehe davon aus, das klappt.

    Die Medienarbeit wird über das Alfred-Wegener Institut gesteuert, daher werde ich keinen persönlichen Blog schreiben. Es gibt aber einen offiziellen Blog, der vom jeweiligen Überwintererteam gepflegt wird und den ich hier teilen kann:

    https://blogs.helmholtz.de/atkaxpress/

    Ich bin (voraussichtlich) Teil des 45igsten Teams, ihr könnt unsere Berichte ab Januar 25 erwarten.

    Auf die grossen und die kleinen, die schönen und die lehrreichen Abenteuer.

    Tüdelüüü
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  • Day 73

    Schweremut

    February 18 in Gambia ⋅ ☀️ 40 °C

    Nach einigen Tagen hier wage ich zu behaupten: Gambia ist definitiv eine weitere Sprosse hinab in die Dunkelheit von Afrika.

    Dieses Wechselbad an Emotionen erwischt mich unvorbereitet.

    Gemäss Unicef sollen 75% der Frauen zwischen 15 und 49 beschnitten sein, obwohl der Staat die Beschneidung 2015 verboten hat, wird es immer noch praktiziert.

    Der Staatsapparat funktioniert sehr schlecht, Korruption ist normal. Etliche Polizisten fragen offen nach Geschenken an Checkpoints, Leistungen werden vielfach nicht versteuert.

    Viele können sich die Schule, die 600 EUR pro Jahr kostet, nicht leisten. Englisch wird nur in den Städten gesprochen, der Rest ist Dialekt.

    Die Menschen leben von der Hand in den Mund, sogar auf offiziellen Campingplätzen muss vorher bezahlt werden, damit fürs Frühstück eingekauft werden kann.

    Verlasse ich die Hauptstrasse erreiche ich nach wenigen hundert Metern Dörfer, die aus einer Doku stammen könnten. Ein Brunnen, Lehmhütten, die Schlachtung der Tiere auf der Erde. Süssliche Gerüche in der Luft. Verdreckte und zerrissene Kinderkleider aus unserer Altkleidersammlung. Schiefe Zähne. Kinderaugen, die mich betrachten und Kinderhände, die neugierig Daisy abtasten.
    Welten kollidieren und in diesen Dörfern mache ich keine Fotos mehr. Mein Iphone ist hier so deplatziert, unangebracht, fremd, wie ich als Ganzes. Beim Weiterfahren fühle ich mich jeweils schrecklich. Während mir die ganze Welt offen steht, hatten diese Menschen nie eine Chance.

    Trotz aller Sympathie ist der Aufenthalt hier oft mit Frust verbunden. Als Weisser werden ständig neue Wege gesucht, Geld aus dir zu schöpfen. Taboub Taboub Taboub. Give me money.
    Alles wird doppelt verrechnet, kostet dreimal so viel. Versteckt wird das nicht, die offene Hand wird mit einem Lächeln unterstrichen. Manche Menschen drängen sich auf. Sind zu nahe. Sind schwer einzuschätzen.

    Und lachen trotzdem. Machen das beste aus ihrer Situation.

    Und lassen mich jeweils etwas hilflos zurück.
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  • Day 71

    Korruption & Hilfsorganisationen

    February 16 in Gambia ⋅ ☀️ 39 °C

    Auffallend in Gambia ist die schiere Menge an Schildern, die vor jedem Dorfeingang stehen.
    Projekt zur Bekämpfung von Mangelernährung und Armut, Projekt zur Förderung von Jobs und Ausbildung für Frauen und Jugendliche, Projekt zur Elektrifizierung abgeschiedener Orte, Projekt zur Erhaltung der Fauna- die Liste ist lang. Das Immigrationssystem ist von Japan gesponstert, ebenso etliche Brunnen, jeweils mit schöner Plakette.

    Die Sache ist nur… ich sehe wenig von den Projekten. Hinter so manchem Schild versteckt sich eine Anlage, die schon längst nicht mehr in Betrieb ist, oder ein Gebäude, das nie fertig gestellt wurde oder bereits wieder von der Natur zurückerobert wurde.
    Da ich jeweils den ganzen Nachmittag Zeit habe, frage ich bei der Lokalbevölkerung nach, was diese von den Projekten halten.

    Die Antworten überraschen nicht.
    Während es ganz viele tolle Projekte gibt (z.B Bildung für die Kinder, Unterstützung beim Wiederaufbau nach der Regenzeit ect) sind viele Projekte, insbesondere diejenigen, die von grossen Organisationen oder Ländern gestützt werden, an wirtschaftspolitische Bedingungen geknüpft, die Gambia langfristig schaden.
    Japan als Beispiel soll im Gegenzug zu einigen technologischen Verbesserungen die Meere vor der Küste mit hochmodernen Booten leer fischen- der Preis für Fisch soll sich innert Kürze verdreifacht haben. Korruption innerhalb der Regierung soll die Problematik weiter befeuern, Spendengelder verschwinden im Nichts.
    Auch China mischt hier mit- wie auch in allen anderen afrikanischen Ländern, die ich besucht habe.

    Es scheint mir, die Kolonialisierung hat nie aufgehört, sondern sich nur verändert. Von Gewalt und Verschleppung zu diplomatischen Verträgen, schönen Versprechungen und anderweitiger Ausbeutung.
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  • Day 70

    Herzhaftes Lachen & Afrika Englisch

    February 15 in Gambia ⋅ ☁️ 40 °C

    Der Start war holprig- die ersten Tage in Gambia dafür umso wertvoller. Die Menschen sind äusserst aufgeschlossen, sehr freundlich und aufrichtig interessiert (und ich frage jetzt brav, bevor ich Fotos mache).

    Da die Temperaturen über 40 Grad steigen bin ich gezwungen, von 12 bis 5 Uhr Nachmittags im Schatten zu liegen. Sonst habe ich das Gefühl, mein Kopf platzt vor Hitze. Viele Kilometer mache ich nicht mehr, und das ist ok so.

    Beim Halt in einem Dorf mache ich genau da Rast, wo die Dorfpolizisten später die Verkehrskontrolle machen.
    Ich werde eingeladen zu vergorener Milch mit Couscous und Zucker, später zu traditionellem Reis mit Fisch. Im Laufe des Nachmittags erlebe ich so manche skurrile Szene; und bei vielen Begrüssungen entdecke ich in den Handflächen versteckt eine Geldnote, die in den Hosensack der Polizisten wandert.

    Die Polizisten haben so Freude mich kennengelernt zu haben, der eine bietet mir seine Schwester zur Heirat an, wenn er dafür in die Schweiz kommen darf. Er meinte ich müsse ja nicht immer hier sein, sondern pendeln.

    Gambia ist klein. 1888 sind britische Kriegsschiffe den Fluss landeinwärts gefahren und haben alles Land, das mit ihren Kanonenkugeln beschossen werden kann, zu britischem Kolonialgebiet erklärt. Später entstand Gambia daraus.
    Darum lande ich am Ende des Tages wieder am gleichen Platz wie die Deutschen, morgen trennen sich unsere Wege wieder.
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  • Day 69

    Das war nicht so intelligent

    February 14 in Senegal ⋅ ☀️ 29 °C

    Natürlich wusste ich, dass man besser keine Fotos macht von Polizisten, Militärs oder Grenzbeamten in Westafrika.
    Trotzdem (so doof und risikoliebend ich halt bin) wollte ich die skurrile Szene einfangen- Alfred, der Deutsche, der sich mit einem Grenzbeamten in einer Hütte in desolatem Zustand eine hitzige Diskussion um den Preis vom Visum für Gambia liefert. Der Grenzbeamte, der die Preise googeln muss. Umgerechnet solls neu 100 Eur kosten. Korruption oder offiziell? Beides möglich. Ein Visa ist teilweise richtig teuer (Ghana z.b 175 $, melkt die Touris), und die Bestimmungen wechseln rasch.

    Ich lehne mich also zurück und schiesse versteckt ein Foto- dummerweise wird dies von einem anderen Beamten registriert.
    Die angeheizte Stimmung kippt augenblicklich. „You commited felony, you go to jail 3 days now and then back to Senegal“ sagte der Beamte wutentbrannt, bevor er mein Handy und Pass konfiszierte und uns stehen liess.

    Zweimal leer schlucken, Stossgebet zum Himmel, jetzt gehts los.

    Irgendwann werde ich vom Polizeichef befragt, ob ich ein Terrorist sei und Kontakt zu Rebellen habe (den Namen der Gruppierung habe ich vergessen). Auch er meinte, ich würde nun ins Hauptquartier abgeführt, Verdacht auf Spionage. Ein Glück steht das deutsche Paar für mich ein - wir würden gemeinsam reisen und müssen gemeinsam weiter. Sie hätten mich auch dort stehen lassen können, die Anschuldigungen galten nur mir.

    Rund zwei Stunden später lassen uns die Polizisten überraschend ziehen- mit Visum.
    Das Foto wird gelöscht.

    Aus einem nicht ersichtlichen Grund wurde ich wieder einmal laufen gelassen. Nicht das erste Mal löst sich eine wirklich unangenehme Situation überraschend einfach so auf - als ob jemand seine schützende Hand auf mich legen würde und meinen doofen Arsch regelmässig aus Situationen rettet, in die ich mich selber manövriert habe.
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  • Day 67

    Entschleunigt

    February 12 in Senegal ⋅ ☀️ 36 °C

    Wir befinden uns noch immer in diesem kleinen, für meinen Geschmack zu touristischen Dorf, nahe Gambia.
    Morgen gehts endlich weiter. Ich geniesse die Vorzüge des Kühlschranks aus dem Landcruiser des deutschen Paars (bei dieser Hitze löst sich alles auf), werde aber bald wieder alleine unterwegs sein.
    Reisen mit Fahrzeug ist komplett anders und weniger nahe an den Menschen. Wenn ich schon am reisen bin, dann bitte die volle Dröhnung.

    Nachmittags ist das Dorf ausgestorben- die Hitze ist nicht lange aushaltbar. Erst ab 5 Uhr abends blüht das Leben auf. Fussball, Boccia, Brettspiele, Lärm, Musik, Gebetsklänge in Dauerschleife bis in die frühen Morgenstunden.
    Die Welt ist hier einfach eine andere- das westliche Arbeitsmodell existiert hier nicht.

    Ein hässlicher Teil von Senegal ist der Sextourismus. Insbesondere ältere Frauen sollen sich hier um junge Senegalen scharren, mir fallen jedoch immer nur die alten Männer auf und lösen einen Würgereiz aus.
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  • Day 65

    Glühende Strasse & Testosteron

    February 10 in Senegal ⋅ ☀️ 35 °C

    Mit dem deutschen Paar und ihrem Land Rover Cruiser gings mit ein paar Zwischenstopps nach Toubacouta- das ist schon ziemlich nahe an Gambia.

    Es ist knapp 40 Grad im Schatten - die Strasse glüht. Einen Tag bin ich so Rad gefahren, und schön war das nicht. Sobald ich wieder mit dem Rad unterwegs bin, werde ich mir etwas überlegen müssen.

    Riesige Bäume (Baobab) werden jetzt häufiger, dagegen wirkt der Land Cruiser wie ein Spielzeug.

    In der Nacht ein Schauspiel: Lutte Afriquaine- eine Art Wrestling; ähnlich dem Schwingen. Viel Tradition, viel Herzblut, viele Emotionen.
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  • Day 64

    Rückkehr

    February 9 in Senegal ⋅ ☀️ 33 °C

    Klinisch saubere, schneeweisse Hotelbettlaken gegen sandigen Schlafsack, kalte Brise der Nordsee gegen brütende Hitze- knapp 12 h Reise mit Flugzeug, Bus und Boot war ich wieder mit Daisy vereint.

    Daisy hat gelitten. Die salzige Luft und Sand haben ihr zugesetzt- ich musste Daisy zuerst waschen, ölen, pflegen. Jetzt passt das Schaltwerk wieder plus/minus.

    Dann gings zügig los Richtung Süden- raus aus dieser Stadt. Es sind sowieso Wahlen und Tumulte zu erwarten, das muss ich nicht miterleben.
    Der Verkehr ist chaotisch und die Strassen völlig sinnfrei angeordnet- jeder fährt irgendwie.
    Fahrzeuge auf der falschen Spur sind keine Seltenheit und ich glaube, heute war ich ein paar Mal mit dem Fahrrad auf der Autobahn. Aber solange links von mir eine Kutsche fährt, alles halb so wild.

    Momentan bin ich in einer Lagune, nördlich von M‘bour. Das deutsche Paar ist hier aus der Westsahara- ich werde wohl 2-3 Tage mit Ihnen unterwegs sein :-)
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  • Day 50

    Bis später

    January 26 in Senegal ⋅ ☀️ 26 °C

    Der Rückflug ist gebucht- am 08.Februar gehts weiter.

    Bis dahin wartet Daisy hier auf mich.

    Tüdelüüü

  • Day 48

    Seeigel & Entscheidung

    January 24 in Senegal ⋅ ☀️ 26 °C

    Ich habe mit Westafrika noch nicht abgeschlossen.

    Daisy bleibt hier während den Tests in Norddeutschland und ich kehre zurück. Schluss ist jedoch in 1.5 bis maximal 2 Monaten (Mitte bis Ende März), und ich konzentriere mich auf die Länder Gambia, Guinea-Bissau, Guinea und Sierra Leone.

    Ich will mir Zeit nehmen, nicht mehr so viele km radeln am Tag (max 70 km) und mich auf die Menschen vor Ort einlassen.

    In der Annahme, dass für mich ab Juli die Vorbereitungen für die Antarktis beginnen, bin ich vorher noch gut 3 Monate in der Schweiz. Was genau ich mache, weiss ich noch nicht, Ideen sind da. Ich freue mich bereits jetzt auf einen geregelten Tagesablauf & Freunde und Familie, muss aber vorher noch ein wenig tiefer ins „richtige“ Afrika vordringen, es lässt mich nicht los.

    Momentan geniesse ich einige Tage in einem Surfcamp auf Ngor.
    Ich bin aber mehr Stacheln von Seeigeln (neues Hasstier) mit Nadeln aus Fuss und Hand am entfernen als Wellen zu erwischen. Ich bin wohl der schlechteste Surfer hier, die Gebiete sind anspruchsvoll. Ein Wipeout am falschen Ort ist ungünstig- die Wellen brechen oft über Steine & der Meeresboden ist mit Seeigeln übersät. Ein bisschen zu viel Nervenkitzel für mich.
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