- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Apr 26, 2024, 11:04am
- ☀️ 36 °C
- Altitude: 9 m
- ThailandBangkokBang KhenKhlong Phae Khiao13°51’50” N 100°35’59” E
Findet man im Thailand Diamanten?
April 26 in Thailand ⋅ ☀️ 36 °C
Was für eine rhetorische Frage! Natürlich findet man in Thailand Diamanten! Man muß nur in eines der Juweliergeschäfte gehen, die es überall in den Einkaufszentren der Hauptstadt gibt und sich erkundigen. Aber nein, das ist mit dem Thema dieses Eintrags in unserem Reisetagebuch nicht gemeint. Nein, es geht um natürliche Vorkommen, um Lagerstätten von Diamanten!
Gestern war erneut ein rotarisches Treffen mit Vortrag angesagt. Diesmal fand es wieder an bekanntem Ort nämlich im Hyatt Erawan-Hotel statt. Unsere Freundin Poms war vom Rotary Club Bangkok „Metropolis“ (bisher waren wir ja stets beim Club Bangkok „D-A-CH“ zu Gast) gebeten und eingeladen worden, einen Vortrag über „Diamanten in Thailand“ zu halten.
Der Song „Diamonds are forever“ von Shirley Bassey aus dem Bondfilm „Diamantenfieber“ und Marilyn Monroes Interpretation von „Diamonds are a girl’s best friends“ aus dem Broadway-Musical „Blondinen bevorzugt“ sind in der öffentlichen Wahrnehmung des härtesten Minerals der Erde allenthalben dauerhaft verankert. Diamanten – Stoff für die Ewigkeit, mineralogisch betrachtet nur eine von mehreren Modifikationen des Elements Kohlenstoff, werden als die wertvollsten Schmucksteine an eigenen Börsen gehandelt und treten global nur selten und nicht überall auf.
Südafrika galt lange Zeit das Diamantenfundgebiet par excellence, jedoch wurde es inzwischen längst von Rußland meilenweit überholt und steht - was die Fördermenge betrifft - nur mehr an siebter Stelle der Weltrangliste. Die Edelsteine werden auch noch beispielsweise in Kanada, Brasilien, Australien, Indien und im Kongo gefunden, wobei sie aus der letztgenannten Quelle als sogenannte Blutdiamanten längst einen zweifelhaften Ruf genießen.
Aber Diamanten in Thailand? Wie, was? Hier werden doch vor allem Saphire und Rubine gefördert, beides Varietäten des zweithärtesten Minerals Korund, also Aluminiumoxid (Al2O3 ). Aber ja, Diamanten!
Sehr verwunderlich und außergewöhnlich, zumal Diamanten besonderer Gesteine bedürfen, in denen sie ausschließlich auftreten, und derartige gibt es – jedenfalls bisher bekannt – hier keine derartigen. Diese beiden Gesteinstypen sind die sogenannten Kimberlite (vom Ort Kimberley in Australien) und Lamproite. Beide Gesteine sind außergewöhnlich und haben ihren Ursprung in großer Tiefe.
Erzählen wir etwas über die Grundlagen!
Also: Diamanten, die groß genug für die Schmuckproduktion sind, bilden sich nur unter hohem Druck und Temperaturen, typischerweise im Erdmantel in Tiefen zwischen 250 und 800 Kilometern und bei Temperaturen von 1.200 bis 1.400 °C. Man vermutet, dass Diamanten in der Natur in einer Schmelze kristallisieren.
Gasreiche vulkanische Magmen, kimberlitischer und im Einzelfall auch lamproitischer Zusammensetzung transportieren Bruchstücke des Erdmantels mit den darin enthaltenen Diamanten bei ihrer Eruption in relativ hoher Geschwindigkeit (ca. 70 km/h) an die Erdoberfläche, wo sie in den sogenannten Diatremen (engl. Pipes), den vulkanischen Eruptivschloten, gefunden werden.
Die kimberlitischen Pipes sind dabei eher konisch geformt, ungefähr wie eine kegelförmige Eiswaffeltüte, lamproitische Pipes bleiben dagegen schlauchförmig schmal und eng. Entsprechende Bedingungen, also das Vorhandensein von Kohlenstoff und entsprechender Druck und Temperatur sind meist nur im oberen Erdmantel aus extrem alten Partien aus der Frühzeit der Erde dem Archaikum und Hadaikum (2,5 bis 4,6 Milliarden Jahre) gegeben, weswegen sich die Suche meist auf die entsprechend alten und dicken Abschnitte der Erdkruste (sogenannte Kratone) beschränkt.
Die jeweilige Transportdauer aus der Tiefe wird auf wenige Stunden geschätzt, so dass aufgrund der Schnelligkeit keine Phasenumwandlung von Diamant zu Graphit stattfindet. Die letzte Phase der Eruption erfolgt mit Überschallgeschwindigkeit. Diamanten sind Fremdkristalle im Kimberlit und Lamproit und in diesen Magmen chemisch nicht stabil (metastabil).
So kann man an natürlichen Diamanten immer Auflösungserscheinungen beobachten. Von ihren Vorkommen in den sogenannten Pipes können die Diamantkristalle durch natürliche Verwitterungsprozesse, bei denen sie aufgrund ihrer Härte intakt bleiben, abtransportiert und in Sedimentgesteinen angereichert werden, die heute eine der Hauptquellen dieses Minerals darstellen. Solche Vorkommen nennt man alluvial. Insbesondere die besten, einschlussarmen Diamanten überstehen den Transport unbeschädigt, sodass alluviale Vorkommen besonders viele Diamanten von Edelsteinqualität enthalten.
Diamanten bestehen zwar überwiegend (zu über 99%) aus dem Element Kohlenstoff, jedoch können einzelne Stellen in ihrem Kristallgitter ebenso gut von Atomen anderer Elemente besetzt werden. Für den Kohlenstoff kommen dafür wegen der vergleichbaren Größe der Atome vor allem die benachbarten Elemente des Periodensystems in Frage. Dies sind einerseits Stickstoff, andererseits Bor.
Die ersten thailändischen Diamanten wurden in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts auf der Insel Phuket von Dr. Payome Aranyakanon gefunden, dem Chef des Department of Mineral Resources des thailändischen Ministeriums für Industrie. Ich lernte ihn 1980 kennen und schätzen, als ich zum ersten Mal nach hierher kam, um mich für meine Diplomarbeit mit einigen Zinnminen eben auf Phuket zu befassen. Bei dieser ging es seinerzeit nicht um Diamanten, sondern um Lithium-Minerale, deren Auftreten oder Fehlen in diesen Minen untersucht und nachgewiesen werden sollte.
Zinn bzw. das Hauptzinnmineral Zinnstein (Cassiterit , SnO2 also Zinnoxid) wurde seit Jahrhunderten im sogenannten Südostasiatischen Zinngürtel entlang des Westrandes der Malaienhalbinsel (Myanmar, Thailand, Malaysia, Singapur) gewonnen. Es kommt hier in speziellen Begleitgesteinen von Graniten vor, sogenannten Pegmatiten (Primärlagerstätten), kann aber auch nach Abtragung derselben in benachbarten (Meeres)Regionen abgelagert und dadurch angereichert werden (Sekundärlagerstätten).
Dr. Payome fand damals die Diamanten in Zinnminen des Kathutals auf Phuket eher zufällig, als er sich mit den sogenannten Tailings der Zinngewinnung beschäftigte. Diese Tailings bleiben als Schwerminalkonzentrate nach der Gewinnung des Cassiterits übrig. Schwerminerale sind durch eine hohe Dichte von mehr als 2,9 g/cm³ charakterisiert (Quarz hat eine solche von 2,65 g/cm³). Man fand in der Folge dann auch Diamanten im benachbarten Myanmar.
Nun gibt es – wie bereits erwähnt – in Südostasien basierend auf der Erdgeschichte der Region keinerlei alte Erdkrustenbereiche. Woher stammen also die hier gefundenen Diamanten? Unsere Freundin Poms war als ausgewiesene Edelsteinexpertin und Leiterin der erdwissenschaftlichen Fakultät der hiesigen Kasetsart-Universität gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Australien und Deutschland maßgeblich an der Klärung dieser Frage beteiligt.
Im Ergebnis ist festzuhalten, daß sich wohl im Erdaltertum zum Ende der Karbonzeit vor rund 300 Millionen Jahren randlich eine langgestreckte bandförmige Kontinentalplatte von dem Bereich des Superkontinents Gondwanaland abtrennte, der später einmal Australien werden sollte. Dieser etwa 2.500 km lange Streifen lagerte sich im weiteren Verlauf der Erdgeschichte und der Drift der Kontinente seitlich an das Gebiet an, das heute den überwiegenden Teil von Südostasien darstellt und verschmolz mit diesem.
Es wird als wahrscheinlich angenommen, daß die thailändischen Diamanten ihre Quelle in diesem Kontinentalstreifen haben, denn sie unterscheiden sich sowohl hinsichtlich des Gehaltes an Stickstoff in ihrem Kristallgitter, als auch in dem gefundenen Verhältnis der Kohlenstoff- zu den Stickstoffisotopen deutlich von den Steinen der anderen bekannten australischen Lagerstätten. Die Oberflächengestalt der hier gefundenen Edelsteine legt durch ihre natürliche Politur und die Rundung der Kristalle nahe, daß sie eher einem lamproitischen als einem kimberlitischen Magma entstammen.
Soweit das Fazit des interessanten Vortrags zu diesem etwas exotischen Thema. Es schloß sich noch eine lebhafte Diskussion an, die den Abend insgesamt gelungen abrundete.Read more