Nuwara Eliya oder: High-Tea mit Heidi
January 5 in Sri Lanka ⋅ ☁️ 20 °C
Freitagmorgen, die Rucksäcke sind gepackt und Tetrismäßig im TukTuk verstaut, in das ich ausnahmsweise nicht einsteige. Wir sind ja eine Familie und da darf jede*r mal TukTuk fahren, deswegen nimmt Josie heute meinen Platz ein und ich fahr mit Paula Bus.
Wir mussten zuerst den Bus in die Stadt „Kandy” nehmen und da nochmal umsteigen. Komischerweise fährt irgendwie jeder Bus zu jeder Zeit immer genau dahin wo man hinmöchte - die Fahrt nach Kandy beträgt zwar gute zwei Stunden, aber alle zehn Minuten ist einer der klapperigen Local-Busse voll besetzt und fertig zur Abfahrt. Die Busse wären auch schon wieder ein Blogeintrag für sich wert. Zwar fallen sie nicht ganz so doll auseinander wie die Chicken Busses in Nicaragua, aber durch den TÜV würde keiner von ihnen kommen. Dazu bestechen sie durch schrill-bunt-trashigen Aufmachung (s. Foto 2) und donnern mit 100 Sachen die Straße entlang. Wer aussteigen will, darf auch gerne während der Fahrt aus den stets geöffneten Türen springen. Im Bus läuft Bollywood Musik und kleine Buddha-Statuen blinken und leuchten im Takt.
In Kandy angekommen, haben Paula und ich kurz probiert, mit dem Zug weiter zu fahren, aber mussten vor Ort erfahren, dass der nächste erst in vier Stunden geht. Naja, haben wir wenigstens den Bahnhof mal gesehen. Da Sri Lanka bis 1948 Teil von Großbritannien war, hat das Land ein ausgeprägt gutes Schienennetz. Hier mit dem Zug durch das Hochland zu fahren ist eigentlich eine Touristenattraktion für sich…wenn er denn fährt. Der Bahnhof der Fahrplan haben mir jedenfalls starke 9 3/4-Vibes gegeben (s. Foto 3).
So sind wir dann in den nächsten Bus nach „Nuwara Eliya“ gestiegen, der sich
knappe drei Stunden die Serpentinen auf 2000 Höhenmeter hoch gequält hat. Ich habe während der Fahrt sehr dolle gehofft, dass es unser TukTuk nach oben schafft, ich hätte es sehr schade gefunden, wenn die anderen wieder rückwärts bis nach Kandy gerollt wären.
Gegen 16 Uhr hatten wir es nach„Nuwara Eliya“ geschafft. Die Stadt ist mittelgroß, typisch asiatisch-wuselig und verhältnismäßig wohlhabend. Die meisten Menschen, inkl. uns, sind aber wegen der sehr besonderen Umgebung hier. Nuwara Eliya ist das größte Teeanbau-Gebiet des Landes und hat Naturmäßig einiges zu bieten. Hier machen auch sri-lankische Touristen Urlaub und es gibt eine seltsam hohe Dichte an 5-Sterne-Hotels (bei denen man für 200€/Nacht schon fast in Versuchung kommt). Wir haben uns natürlich ein kleines Hostel gebucht, das sehr durchschnittlich unspektakulär war („Vibe Way“, 10€ pP/Nacht).
Direkt nach unser Ankunft hat es in Strömen angefangen zu schütten - man kann hier nachmittags wohl die Uhr nach dem Regen stellen.
Nach einer kurzen Zwangsverschnaufspause sind wir dann noch richtig lecker essen gegangen. Die erste offizielle Restaurant-Empfehlung auf dieser Reise ist damit das „Themparadu“! Der Laden ist sehr hip, hat aber mit seiner sri-lankisch-westlichen Fusion kitchen richtig was drauf. Wir haben hier das erste mal das Nationalgericht „Kottu“ gegessen, very yummi! Zum Nachtisch gabs noch crazy Milchshakes, die unseren Kalorienbedarf bis Karneval gedeckt haben sollten.
Besonders schön war, dass Josie, die ein sehr großes Herz für Hunde hat, mit dem Besitzer des Restaurants ins Gespräch gekommen ist und er sie eingeladen hat, am nächsten Tag beim großen Kochen-für-Straßenhunde mitzumachen. Voll schön zu sehen, dass sich hier, ob Mensch oder Tier, umeinander gekümmert wird!
Den nächsten Tag haben wir demnach zu viert verbracht. Aber zunächst musste Paula ihren Führerschein nachholen. Hierzu kam ein Mitarbeiter von TukTuk Rental extra zum Hostel und nach einer Stunde kam die stolze Paula wieder. Wir haben jetzt eine ganz starke Doppelspitze in der Fahrerkabine!
Die frisch gebackene TukTuk-Fahrerin hat uns dann erstmal zu einem ayurvedischen Frühstückslokal gefahren. Wir hatten richtig Schmacht nach europäischem Frühstück (Curry und Roti in allen Ehren!) und hier gab es Pancakes und Rührei. 😍
Ich weiß zugegeben nicht, wofür „Ayurveda“ genau steht, aber nach dem Frühstück glaube ich, dass es „langsam“ bedeutet. Und nein, nicht das achtsame langsam, sondern das langsam langsam. Nach einer Dreiviertelstunde bekamen wir nach und nach die einzelnen Bestandteile unseres Essen und ganz zum Schluss das Besteck. Dafür war der Preis sehr ayurvedisch, nämlich sehr erleichternd für unsere Geldbeutel.
Das Motto des Tages war, wie zu erwarten, „Tee“. Die Chance ist sehr hoch, dass wenn ihr zuhause auf eure Schwarz- oder Grüntee-Packung schaut, dass dieser aus Sri Lanka kommt.
Nuwara Eliya liegt inmitten von hektarweiten Tee-Plantagen. Tee-Pflanzen sehen allerdings wahnsinnig unspektakulär aus, in etwa so wie kleine Buchsbäume.
Unser erster Stopp war die größte Teefabrik der Region: „Dumbro“. Obwohl groß hier relativ ist. Die Firma ist zwar der größte Teeproduzent, aber um die Pflanzen zu trocknen und fermentieren braucht es genau eine heruntergekommenen Fabrikhalle. 300 Mitarbeitende arbeiten hier im Schichtbetrieb, während 700 Frauen (-> kleinere Hände) die Blätter der Bäumchen auf den Plantagen pflücken. Was mich sehr schockiert hat: eine Teepflückerin erntet ca. 20kg am Tag und bekommt dafür umgerechnet etwa 2€. Dies zu wissen, sitzt spätestens seit Nuwara Eliya das Geld bei uns auch sehr locker. Wir geben immer großzügig Trinkgeld oder kaufen kleineren Händlern ihre Ware ab. Gleichzeitig lehnen aber ganz viele Menschen hier Geld ab, wenn sie einem zB den Weg erklären. Alle sind wahnsinnig zuvorkommend und bescheiden. Wir können fast gar nicht so viel Geld ausgeben, wie uns der Bankautomat ausspuckt, das fühlt sich schon oft sehr seltsam an. Zur Einordnung: der größte Schein, den es in Rupien gibt (5000) sind umgerechnet etwa 15€ und stürzt die Leute regelmäßig in eine Wechselgeld-Krise.
Aber zurück zum Tee: wir haben eine sehr nette Guide zur Seite gestellt bekommen, die uns durch die Fabrik geführt und alles ganz genau erklärt hat. Wusstet ihr zum Beispiel, dass grüner, schwarzer und weißer Tee dieselben Blätter sind und nur unterschiedlich behandelt werden? Ich auch nicht.
Die Tour sowie eine Tasse Tee am Ende waren mal wieder seltsamerweise umsonst - ich versteh dieses Land nicht. 😅
Nach der Fabrik wollten wir gerne noch auf die Plantagen und sind dafür ein Stück weiter gefahren zur „Bluefield“ Teefabrik. Hier konnten wir ohne Führung einen richtig schönen Spaziergang auf eigene Faust durch die Plantagen machen, das war richtig schön und tat gut, in der Natur zu sein.
Gegen 15 Uhr sind wir zurück in die Stadt gefahren, wir hatten nämlich noch eine Verabredung mit dem Grand Hotel.
Jeden Tag findet in diesem altehrwürdigen Hotel von 13 bis 18 Uhr „High Tea“ statt. Wer das nicht aus Filmen kennt: der High Tea ist eine britische Tradition, wo sich, primär Reiche und Adelige zum Tee treffen um Tee zu trinken und Häppchen zu essen. Die Häppchen (klassischerweise Scones, kleine Sandwiches und Törtchen) werden auf Étagèren gereicht.
Benedikt, Heidi und ich haben uns also etwas Hübsches angezogen und sind in den 5-Sterne-Bunker marschiert (Paula ist lieber zu Josie ins Themparadu gegangen). Wir haben einen schönen Platz auf der Terrasse bekommen und wurden bis zum Abend von dem extrem netten Servicepersonal umsorgt (Kosten: 15-20€ pP). Ich fand die Aktivität eine 10/10; Heidi nur 7/10, da sie die frittierten scharfen Kürbisbällchen auf der Étagère irritiert haben - man bekommt den High Tea vielleicht aus Sri Lanka raus, aber Sri Lanka nicht aus dem High Tea. 😂
Am Abend waren wir so erledigt und vollgefuttert, dass wir es uns im Hostel gemütlich und einen Spieleabend gemacht haben.
Am nächsten Morgen sind Josie und Paula sehr früh aufgebrochen, um den Zug zu unserem nächsten Stopp „Ella“ zu nehmen. Das soll eine fantastische Strecke sein. Wir anderen drei sind die 2h mit dem TukTuk hinterhergefahren.
Da wir keinen Zeitdruck hatten, waren wir zunächst noch am „Lake Gregory“ in Nuwara Eliya frühstücken. An dem sehr gepflegten See ist eine Fressmeile aus Plastikhütten mit Plastiktischen und Plastikstühlen aufgebaut, die im perfekten Kontrast zu unserer Aryuveda-Erfahrung von gestern stand.
Nachdem wir gestärkt waren, haben wir spontan entscheiden uns vor der Fahrt noch ein bisschen zu bewegen und sind zum sogenannten „Single Tree Hill“ hochgelaufen. Von dort oben hat man einen tollen Blick auf die Stadt. Der Single Tree hat ein bisschen enttäuscht, da er gar nicht so singelig war wie gedacht. Heidi war sehr traurig, da sie auf dem Berg der einzige Single war (s. Foto 9).
Danach sind wir Richtung Ella aufgebrochen. Das ist eine kleine Stadt, eher Dorf, in den Bergen und aufgrund seines Charmes ein Pflicht-Stopp auf jeder Backbacker-Route.
Dafür mussten wir eigentlich nur zwei Stunden den Berg runter rollen, aber irgendwie haben wir eine Abzweigung verpasst und mussten ab der Hälfte einen Umweg ab durch die Mitte nehmen. Die Straße, über die uns das Navi dann geleitet hat, hat sich innerhalb kürzester Zeit von einem einspurigen Miniweg zu einer Schotterpiste ohne Asphalt entwickelt. Mehrere Kilometer ging es so im Schneckentempo rauf und runter, vorbei an kleinen Hütten vor denen die Locals saßen und uns belustigt-irritiert zugesehen haben, wie Benedikt das TukTuk mit 10km/h durch die Berglandschaft gelenkt hat. Auch wenn es sehr abenteuerlich war, hatten wir nicht eine Sekunde Sorge, ganz im Gegenteil: diese Stunde im Outback war die schönste Strecke, die wir bis dato gefahren sind. Wir hatten den Spaß unseres Lebens und waren fast traurig als der Weg irgendwann wieder auf eine reguläre Straße führte.
Deutlich später als geplant und mit bedenklich wenig Benzin im Tank kamen wir gg 16 Uhr sehr happy in Ella an. 😌Read more
Traveler Aus dem Disco-Bus springende Fahrgäste und ein Tuk Tuk in den Serpentinen - danke für die vergnüglichen Bilder im Kopf!🙂
Traveler 🙋🏼♂️🙋🏼♂️🙋🏼♂️ … wusste ich, mit dem Tee
Traveler Und weißer Tee? Was ist mit dem?