Alpe-Solo

September 2020 - May 2024
Die Alpen sind das am Besten erschlossene Gebirge der Welt! Grund genug auf Berge zu steigen, wandern zu gehen, Geschichten zu sammeln...
Lasst uns gemeinsam neue Ziele erklimmen. Und die Alpen entdecken.
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  • La Salève

    September 17, 2021 in France ⋅ ⛅ 11 °C

    Der Nebel am Morgen ist viel leichter. Nichts wie hoch! Kurve für Kurve arbeite ich mich den Berg hinauf. Wolke für Wolke lasse ich hinter mir. 500m höher begrüßt mich dann ein genialer Sonnenaufgang über den Wolken. Die Welt liegt mir zu Füßen und ich stehe darauf. Dann kann ich auch wandern gehen.
    Zum Einwandern ist der Weg recht kurz zur ‚Grotte d’Orjobet‘. Mitten im Steilhang hat sich hier ein gewaltiges Loch aufgetan. Der regen spült es immer weiter fleißig aus. Auf steilen Stufen geht der Weg einmal quer durch die Grotte hindurch. Der erste Eindruck stimmt mich positiv auf das was mich hier in den nächsten Tagen erwartet. Doch ach je! Sobald ich vom Sonnenaufgang weg gehe kommen die Wolken wieder und alles hüllt sich in dicken Nebel. Vielleicht ist es manchmal auch leichter so zu wandern. Links geht es steil Berg ab, rechts bergauf. Der Weg ist direkt in den Fels gehauen. Nur der schöne Blick über den Genfer See bleibt bei Sicht unter 10m leider verwehrt. Es ist einwandern, keine Frage. Daher suche ich in der Regel eine Spaziergangs Tour. Die Herausforderung kommt dann von allein, so dass ich Orientierungstraining mit Kompass und Karte im Nebel auch gleich noch einmal üben kann denn der Weg verläuft sich plötzlich auf einer Kuhweide und der Nebel wird nochmal dichter.
    Kaum zu glauben, wie oft man hier am Tag Hunger bekommt. Dann ist bald schon Mittag. Über die Schlucht von Usses geht es ziemlich schwindelerregend in den Nachmittag. ...
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  • Einwandern (2) am Col de la Cochete

    September 17, 2021 in France ⋅ ⛅ 18 °C

    … Zum Einwandern fiel die Wahl heute außerdem noch auf den Azurblauen Lac d’Annency. Die Karibik schafft dieses Blau nicht viel besser. Auf dem Weg in das kleine Dorf Duingt herrscht ab Freitag um Eins bereits reger Feierabendverkehr. Meine Wanderung, die mit 7:30 Std veranschlagt ist beginnt so auch erst um 16 Uhr. Da kann ich wenigstens mein neues Nacht Equipment ausprobieren, oder besser noch - schneller sein als veranschlagt. Bei der Grotte zur heiligen Maria hole ich mir noch meinen Segen dazu und dann geht es hoch hinauf.
    Der See wirkt nicht mehr ganz so blau, vielleicht liegt das aber auch an der untergehenden Sonne. Wiederum bin ich froh den Col de la Cochette nicht bei 25°C im Schatten auf der Sonnenseite hinauf zu steigen. Am Gipfel werde ich jäh belohnt mit faszinierender Weitsicht und einem kleinen Spielzeugland mit See weit unter mir im Tal. Hiernach heißt es aber auch wieder 800m bergab und sieht es im Training ganz mies aus. Unterdessen besinne ich mich glücklicherweise das Trinkwasser in Frankreich scheinbar nichts kostet. Jedes Dorf hat mindestens einen öffentlichen Wasserspender. Es fehlen zum Wandern nur noch Magnesium und Vitamine. Die Apfelbäume hängen noch voll. Wen das erstaunt wie wenig man zum glücklich sein braucht der trage seinen Rucksack selbst. Meiner wird in den nächsten Tagen jedenfalls bedeutend leichter.
    Den Berg schaffe ich noch bei Tageslicht und komme auch ohne Lampe fast komplett wieder zurück. Für das Einwandern konnte es nicht besser laufen. Nun liegt es an mir dass ich das Programm morgen nur eben wiederhole! *Uff*
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  • (k)arstiger Parmelán – Steinernes Meer

    September 18, 2021 in France ⋅ ⛅ 16 °C

    Hinter mir liegt eine unruhige Nacht. Sobald der Morgen graut spule ich meine morgendliche Routine runter. Ich gehe im Dorf bummeln. An wandern mit kalten, verkaterten Muskeln nicht zu denken. Plötzlich ist es schon wieder zehn Uhr und ich habe keinen Plan was ich heute eigentlich machen will. Laut Wetter ist es wohl der letzte sonnige Tag vor einer großen Regenfront. Daher soll die Tour entsprechend ausgiebig sein. Doch alle Touren die ich mir zuvor erdacht hatte sind viel zu weit entfernt. Ich erinnere mich von einer Hochebene gelesen zu haben. Nicht weit weg und einzigartig für die Alpen. Mein erster Eindruck wenn ich so etwas lese = Touristen-Magnet.  Doch ich will dem heute eine Chance geben in dem ich einen anderen Startpunkt wähle als es alle anderen tun. Für so etwas bin ich ja bekannt. Die Tour hat voraussichtlich wieder mal mehr Stunden als der Tag lang ist, doch das habe ich am Vortag bereits wunderbar geübt.
    Beim ersten kleinen Anstieg zur ‚Grotte de la Diau‘ überhole ich eine junge Familie wo ausnahmsweise mal die Frau den Mann anstachelt „los, los! Kannst ihm gleich hinterher laufen.“ – und er erwiedert nur „Ne! Nicht in dem Tempo“. Dabei brauche auch ich gute zwei Stunden um den ersten kleinen Stich mit 800Hm mehr kriechend als stehend zu bewältigen. Oben erwartet mich ein herrenloser zotteliger Hund, guckt mich strahlend an und freut sich ebenso wie ich mich über die Gesellschafft. Bis zum nächsten Wasserloch eine Stunde später sind wir also zu zweit. Doch schon nach fünf Minuten Pause wird ihm die Sache zu langweilig und er zieht weiter. Vielleicht gibt es ja bei anderen Wanderern mehr zu holen. Zugegeben hatte er sein Fell bereits ordentlich für den drohenden Regen eingefettet und ich bin alsbald gar nicht böse wieder etwas anderes als Hund zu riechen.
    Die Landschaft wandelt sich über der Baumgrenze schlagartig in ein Steinernes Meer. Karst so weit das Auge reicht. Am Wegrand gibt es wunderschöne Grotten in die man sehr schön klettern könnte wenn das Seil nicht schon nach 8m zu Ende wäre und das schwarze Loch doch teils bodenlos ist. Über Reste vom Eis des letzten Winters geht es hinauf bis zur Hütte des Parmelán auf 1823m. Vom Tal wehen schon die ersten Nebelschwaden herauf. Fernsicht ist gleich Null. Doch das tut in diesem grandiosen Umfeld keinen Abbruch. Die Gebetsfahnen am Gipfel sind unverkennbar um zu erkennen dass ich oben angekommen bin. Im Abstieg merke ich jedoch wieder dass die über 1000 Höhenmeter sehr schmerzhaft werden könnten. Denn wenn die Aussicht auf das teils nebelfreie Plateau nicht so einzigartig wäre würde ich wohl einen anderen Abstieg empfehlen. Egal. Zu spät. Die Knie tun schon weh bevor der erste Teil im Abstieg überhaupt geschafft ist. Ein paar Gämsen auf der anderen Talseite schauen mich argwöhnisch an und lachen sich wahrscheinlich ins Fäustchen.
    Auf einer Alm schaue ich dann wieder auf die Uhr. Typisch deutsch – ständig die Zeit im Nacken! Das verheißt zudem nichts Gutes. In einer halben Stunde geht die Sonne unter und noch sind 700Hm zu meistern. Im Wald geht es auf weichem Boden flott voran. Bis ich die Heidelbeeren entdecke die zuvor noch keiner gesehen hat. Mann, Mann, Mann! So schnell kann mich die Landschaft und ein paar Heidelbeeren in ihren Bann ziehen. Unglaublich! An einer wirklich netten Schutzhütte ‚des Bücherans‘ wäre ich fast geneigt zu übernachten wenn der Schlafsack nicht noch im Auto läge! Am Ende bleibt mir nur im Stockdunkeln mit der Taschenlampe auf nassen Wegen den Hang steil abwärts zu leuchten wie ich zum Glück schon am Anfang herauf gekommen bin. Und dass war gut so. In der Nacht beginnt es zu regnen und hört bis Mittag nicht wieder auf.
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  • Annecy

    September 19, 2021 in France ⋅ 🌧 14 °C

    Regen! Zeit für Erholung der müden Knochen. Allein weil ich das Gefühl habe mein Eigengewicht verursacht im Liegen mehr Schmerzen auf das Atmen als jeder Wadenkrampf bin ich bereits zeitig wach. Ändern tut sich nichts. Es regnet und ich plädiere schon beim ersten Gang ums Eck heute auf Ruhetag! Die Überlegung ist bald, dass ich heute auf Schlössertour gehe. Ein weit gefehlter Reinfall. Die ersten zwei Schlösser sind Hotels. Dann suche ich mir was neues – Hmm.
    Wasserfälle. Liegt gerade am Weg, ist dem Wetter entsprechend tatsächlich tosend und berauschend. Doch die Kraxelei mag ich gar nicht. Noch dazu werde ich auf dem Rückweg wieder von Regen erwischt.
    Dann heute doch den Stadtbummel, den ich so lang schon vor mir her geschoben habe. Auf zum Sturm! Auf nach Annency! *humpel* *hutsch* *bummel* An einem der saubersten großen Seen in Frankreich gelegen besitzt Annecy eine sehr schöne Altstadt mit Kanälen, Inseln und Häusern wie sie nur in Frankreich stehen. Und hey, hier ist echt was los mit bald schon so vielen Menschen wie aktuell selbst in Venedig nicht. Die Tiere haben sich farbenfroh heraus geputzt. Doch als ich später lese dass die Kugel Eis ab 3 Euro kostet suche ich alsbald das Weite zurück in die unberührte Natur!
    In Agnon gibt es einen schönen Wasserfall das beeindruckt mich bald wieder mehr. Durch eine Schlucht führ nur ein Weg im oberen Drittel, der als halboffener Tunnel in den Fels gehauen ist. Das Wasser fräst sich durch den Fels. Die entstandenen Trichter sind gewaltig. Weiter geht es nach Alberville. Der Ort rühmt sich heute noch als Olympiastadt kann jedoch mit Annency kein bisschen mehr mithalten. Mitten im Olympiapark steht abgesperrt und ziemlich verlassen die Olympische Flamme und dem Museum für Olympiageschichte ist es wichtiger um 12 Uhr Mittag zu machen als kurz zuvor noch Gäste zu begrüßen. Der Olympiazirkus ist weiter gezogen und auch sein Glanz hat neue Ufer gefunden. Zum Glück liegen Annecy und Albertville nicht allzu weit auseinander. Unterdessen sitzt eine weiße Taube im Baum und gibt Hoffnung auf interessante, spannende kommende Tage.
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  • 947 Weingeister, Trolle und 1 Starrkopf

    September 20, 2021 in France ⋅ 🌧 10 °C

    Für heute wurde durchgängig nichts Gutes beschieden. Aber noch scheint die Sonne, selbst wenn es im Nachbartal vielleicht bereits aus Kannen schüttet. Ich plane den Tag lieber noch einmal mit halber Kraft. Vier Stunden in den „Cirque de les Cascades“ sollten reichen. Als ich endlich dort bin finde ich ausufernde Parkplätze vor und an der Straße ein Kassenhäuschen – alles verwaist. Später werde ich nachgezählt haben dass mir heute genau Acht Menschen begegnet sind wo sonst am Tag sicher 800++ vorbeikommen. An den Wasserfällen (les Cascades) bin ich gar der einzige.
    Der Fels ist nass, ein paar schwindelige Kletterpartien führen zu einer Grotte und natürlichen Felstunnels oberhalb des rauschenden Wasserfalls. Trotz der Gefahr dass mir hier heute niemand zu Hilfe kommt – ich will da jetzt hoch! Vielleicht ist es sogar besser dass ich die steilen Abgründe nicht sehe. So konzentriert man sich vielmehr auf sich selbst. Die Szenerie ist es allemal wert. Der herbstliche Nebel, die abgrundtiefen Felsen, an den Bäumen noch das saftige Grün des Sommers. Die Bilder sprechen jedenfalls für sich.
    Da ist es nachher nur all zu wichtig mir nachher in einem der hier bald 1000-jährigen Klöster meinen Segen zu holen. Aktuell leben hier im Chatreuse-Gebirge ca. 500 Kartheuser-Mönche auf 24 Klöster verteilt. Das imposanteste ist „La grande Chatreuse“ wo jeder Mönch scheinbar nicht allein sein Hab und Gut sondern gleich einen ganzen Hofstaat mit Schloss und Auto und allem mitbringt. (durch die Fenster einer äußerlich scheinbar nicht mehr genutzten Scheune entlang der äußeren Klostermauer machte ich einen Fuhrpark mit gut zwanzig Autos aus.) Das ganze Kloster gleicht einem Schloss in dass man beim Besten Willen nicht hinein kommt. Leider ist auch so alles im Nebel. Ein Glockenspiel läutet zum Gebet. Die heilige Jungfrau spielt unter den Kartheusern eine erstaunlich große Rolle für Männer die im Zölibat leben. Immerhin wird sie von 0.30-20.00 Uhr fast stündlich angebetet! Und das in der Regel bei Wasser und Brot wie ich im Kloster-Museum nebenan erfahre. Obst gibt es nur im Sommer, gemeinsames Essen nur Sonntags. Damit man sich sonst voll und ganz seiner Bestimmung widmet.
    Schlussendlich sehe ich nen Mönch. Sein Lächeln ist echt, aber den Zahnarzt lassen sie auch nicht oft herein. Uns Besucher sowieso nicht. Mit Einsetzen der Dämmerung stahl er sich vielleicht gerade aus der Pforte bis ins Nebenhaus. Bestimmt für Käse und Wein! So wie üblicherweise bei Gott in Frankreich.
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  • Auf Messers Schneide

    September 21, 2021 in France ⋅ ⛅ 5 °C

    Gut für die Franzosen ist dass sie bei gutem Essen und Wein auch mal einen Tag im Nebel abwettern können. Für mich steht im Kalender jedoch ein dickes fettes Kreuz. Ich muss ins Belledonne und hoffe dass das Wetter dort besser ist. Den Weg zum ‚Col du croix fer‘ schleiche ich langsam Bergan und stoppe ständig. Der guten Aussicht wegen. Kein Wunder dass auch die Tour de France auf über 2000m regelmäßig Station macht. Doch was packe ich jetzt alles in meinen Rucksack?
    Zelt, Schlafsack, Wechselsachen, doch kein Zelt, Stirnlampe, Essen, Trinken, dann los, dann wieder zurück auf Anfang, Sonnenbrille und dies und jenes noch vergessen… Nach einer Stunde bin ich startklar. Auto leer, Rucksack voll. Trotzdem ist das ‚Refuge de l’Etendart‘ und wenig später der Fuß des Gletschers am ‚Pic l’Etendart‘ schnell erreicht. Der Gletschersee ist bereits wieder fast vollständig zugefroren. Die Schwierigkeit besteht nun nicht etwa in der Kälte. Nein, auf der anderen Seite des Berges wartet als heutiges Tagesziel eine Hütte. Den Weg dorthin gibt es offiziell nicht auf der Karte. Der Berg ist Nebelverhangen und ich habe die Zeit im Nacken bevor es dunkel wird! Somit finde ich mich bald in einer matschigen Steilhanglage mit äußerst rutschigem Schiefer wieder. Ich entscheide mich lieber um den Berg herum zu gehen anstatt darüber, oder besser noch – abwettern – nachdem der Berg schon zwei Mal ins Rutschen kam. Irgendwie bin ich auch nicht mehr soo weit unterhalb vom Gipfel. Überall liegen Schneefelder. Rasiermesserscharf steht der Schiefer aus dem Fels senkrecht empor. Als es sich lichtet ist es schon nach 17 Uhr und ich muss auf der anderen Seite auch wieder herunter. Das Zelt habe ich ja ausgepackt. Wie aus dem Nichts wird aus schroffem Schiefersplit auf der anderen Seite des ‚Cime de la Valette‘ plötzlich eine weite Alm mit immergrünen Wiesen. Wenig später sehe ich auch meine Hütte und rufe ein lautes ‚Echo‘. Der Nebel verschluckt es einfach. Erst mit der Dunkelheit treffe ich in Angesicht der Hütte auf meine heutige Hüttenwirtin Paola. Sie ist eine Freundin die ich seit langem einmal besuchen möchte und in dieser Saison hütet sie hier Schafe auf 2400m. Einmal mehr ist Paola jemand der sich schon Sorgen macht als ich eintreffe. Womöglich könnte ich mich in dem schlechten Wetter total verlaufen haben oder ich bin in einer Schiefermoräne stecken geblieben. Was bei mir schließlich schon zur Gewohnheit wurde scheint alle ihre Gäste zu betreffen. Sie alle treffen erst spät abends ein. Bei Kaminfeuer und Erbseneintopf lassen wir den Tag urig ausklingen. Die Höhe und die Anstrengung sind Gift für jeden Halbstarken. So liegt jeder auch halb Zehn schon im Bett. Nach harter Arbeit kann hier oben keiner dem Sandmann wiederstehen. Morgen früh geht es durchaus wieder quirlig zu.
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  • Ruf der Freiheit

    September 22, 2021 in France ⋅ ☀️ 4 °C

    Paola wird immer auf Trab gehalten. Hunde, Katzen, Hühner irgendwann scharrt jeder in dieser Nacht an der Tür und muss mal für kleine Mädels. Und jedes Mal bin ich natürlich auch mit wach. Die Hühner meinen indes im Mais ihre Eier legen zu müssen und federn alles schön aus was eigentlich noch gegessen werden soll. Zum Brüten soll es ja möglichst angenehm warm bleiben. Nur nicht draußen bleiben! Schließlich hat es wieder gefroren auf 2400m. Die Hunde selbst stört das vielleicht am aller wenigsten nach einer ‚erholsamen‘ Nacht am warmen Ofen. Es wird Zeit endlich raus zu kommen und Frauchen soll gefälligst auch mit! Wenn sich die Menschen mit einem ausgedehnten Frühstück nur nicht so viel Zeit nehmen würden! In der Wildnis ist das aber etwas eigen. Es gibt Crepes, es gibt Spiegelei, Schokolade… und alles was sonst noch bis zum Ende der Woche alle werden muss. Dann ist die Saison zu Ende. Leben wie Gott in Frankreich. Währenddessen schauen wir mit dem Fernglas kurz nach ob der ‚Nachbar‘ schon bei seinen Schafen ist und weil die auch noch in ihrem Nachtlager sitzen brauchen wir kein schlechtes Gewissen zu haben. Ein ausgewachsener Wachhund passt gut auf sie auf. Halb Hund, halb Wolf kennt er im Zweifel kein Pardon. Appropos… dass sich hier in den Alpen Mönchsgeier, Bartgeier und Gänsegeier mittlerweile wieder lebhaft gute Nacht sagen ist mir ja noch geläufig. Doch dass hier in den Alpen bis in diese hohen Lagen auch der Wolf heimisch ist habe ich am wenigsten erwartet! Die Schafe machen sich in ihrem Nachtlager denkbar wenig Gedanken.
    Sobald wir zur Herde stoßen ist es zunächst an uns ein krankes Tier zu finden und zu verarzten. Man nehme dazu 1500 Schafe und suche das eine was drei Blaue Striche als Markierung hat. Schäfchen zählen ist einfacher! Doch dann geht es für alle endlich raus in die Freiheit. Gestern ist außerdem wieder mal ein Schaf verrückt geworden. Durch Würmer kommt das immer wieder vor. Als wir das Schaf am alten Nachtplatz suchen zieht die Herde munter ins etwas wärmere Tal. Jetzt ist Eile geboten. Die Schafe dürfen auf keinen Fall in das Revier der Kühe. Wenn sie so weit unten sind wird es schier unmöglich sie bis zum Abend wieder hinauf zu treiben. Aber die Schafe spüren auch dass es dort ein zwei Grad wärmer ist und die Sonnenstrahlen haben den Fels hier bereits schön angewärmt. Bis zum Mittag bleibt uns nichts übrig als tatenlos zuzuschauen und möglichst nicht noch tiefer abzusteigen.
    Für mich heißt das nachher mit vollem Rucksack alles wieder rauf! Paola hat gemeint meine Essensvorräte im Rucksack reichen locker noch eine Woche und ich könnte ruhig einmal ums Gebirgsmassiv herum wandern. Oh, wie schwer mir das jetzt fällt nachdem sie mich mit so vielen extra Leckereien versorgt hat. Der Weg zum Nachbarn ins ‚Valle du Ferrand‘ ist nicht weit. Die Hirten untereinander laufen auch mal eben in zwei Stunden quer über das halbe Vorgebirge wo unsereiner einen halben Tag braucht ums sich mit irgendetwas gegenseitig zu helfen. Jetzt ist gerade Verladezeit. Die ersten Schafe verlassen das Hochland wieder in Richtung Marseille für den Winter. So ist auch die Nachbaralm schon leer.
    Ein letzter Abschiedsgruß ins Tal der ‚Chalets de la Valette‘ verhallt in der Weite, dann geht es bergab. Nur um von 2400m über 1700m ab, auf 2000m wieder hoch, auf 1800m wieder ab und dann auf 2400m hoch zu wandern. Man könnte meinen ich hätte gleich oben bleiben sollen. Aber das war dann doch ein wenig komplizierter. Unterdessen gelange ich nach Alpe d’Huez, dem sagenhaften Ort für Tour-de-France-Zielankünfte. So von oben sieht er recht unspektakulär aus und hat für meinen Geschmack viel zu viele Hotelhochburgen. Wintersport wird hier noch größer geschrieben als Radfahren. (PS wandern kann schon lang nicht mehr mithalten.) Die Zahl der Lifte und Pisten übersteigt buchstäblich die der Einwohner. Bleiben will ich hier jedenfalls nicht! Ich will gern noch zu einer Schutzhütte dort irgendwo über mir im Berg.
    Da, plötzlich! Die Dunkelheit holt mich vollkommen unvorhergesehen schneller ein als mir lieb ist. Der einzig richtige Entschluss ist jetzt noch eine der Gaststätten entlang der Skipiste aufzusuchen. Dort kann ich auf der Freiterasse sicher meinen Schlafsack ausbreiten. Jedenfalls weitaus sicherer als im Geröllfeld bergauf Nachts einen Weg zu finden. Ich kann mich kaum erinnern wann ich zuletzt unter freiem Himmel geschlafen hätte. So ganz ohne alles, noch dazu auf über 2000m wo es letzte Nacht Frost gab. Egal, in den Berg zu steigen wäre allemal gefährlicher. Und wie es mir wirklich ergeht kann ich morgen ja davon berichten.
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  • Aller! Aller!

    September 23, 2021 in France ⋅ ⛅ 10 °C

    Eigentlich war es echt kuschelig warm in der Nacht. Nur irgendwann kam der Vollmond und dann war die Nacht vorbei. Nach einem ausgiebigen ersten Frühstück um warm zu werden gelang mir der Aufstieg zum Refugio. An ziemlich jeder Haarnadelkurve im Geröllfeld halte ich inne und überdenke wie dramatisch das gestern Abend in der Dunkelheit ausgegangen wäre. An der Schutzhütte herrscht bereits Winterruhe. Die Fenster verriegelt, die Türe zu, kein Mensch weit und breit. Nur die Dusche läuft noch. Ahh! Es geht doch nichts über eine eiskalte Dusche aus auf 2400m irgendwo aus einer Quelle abgezweigt, oder? Als kleines Schmankerl lies die Hüttenwirtin scheinbar zwei Eier und diverse andere Kleinigkeiten vor der Tür mit entsprechender Notiz zur freien Verfügung die sie so nicht wieder ins Tal tragen wollte.

    Weiter aufwärts am ‚Lac Fare‘ kommt der Berg einer grau-grünen Mondlandschaft gleich. Und hey! Um kurz nach zwölf treffe ich die ersten Menschen des Tages. Zwei Jäger. Das werden dann wohl gefühlt die einzigen bleiben in dieser außerirdischen Landschaft die dem steinernen Meer in nichts nachsteht. Von nun an geht es erst wieder bergab um später bekanntlich bergauf wieder auf selbe Höhe zu gelangen. Dabei geht es durch großartiges Murmeltierrevier. Jetzt in der Nebensaison turnen die Tiere überall auf der Wiese und kaum bewegt man sich mal drei Minuten nicht geht ja keine Gefahr aus, also kommen gleich nochmal so viele aus dem Bau.

    Hätte ich durch die Murmeltiere nicht einen Gang heruntergeschalten wäre mir das Schild im Gras gar nicht aufgefallen. Wegen diverser Felsstürze im Sommer ist der Weg der zum Auto führt bis auf weiteres von der Gemeinde offiziell gesperrt. Da sonst kein anderer als der Weg zurück dorthin führt nützt das aber nichts. Während ich nun so über den Weg und die Murmeltiere am Wegesrand sinniere kommt aus dem Nichts eine Wandrerin geschwind daher. Weil der Weg gesperrt ist muss das dann wohl mein Schutzengel sein. Ok, denke ich mir. Wenn der nur nicht so rennen würde dass man kaum hinterher kommt! Wir reden ein wenig über die Murmeltiere, Wege die im Nichts enden und über den Mont Blanc der von hier oben majestätisch in 3. Reihe aufragt. So gerne wäre sie einmal dort gewesen und die Tour du Mont Blanc gewandert. Bisher blieb ihr das verwehrt. Einmal mehr erkenne ich bei mir welchen Wert und welche Freiheiten ich am Leben habe. Das würde ich zu gern mit allen teilen.

    Am ‚Col du Sablon‘ ist die Gefahr wieder vorüber. Der Schutzengel macht eine Trinkpause, steigt ins Auto und ist weg. Der steinige Abstieg zum Stausee ‚Lac de Grand Maison‘ und nachher der Aufstieg zum ‚Col de croix du Fer‘ ziehen sich unendlich lang und sind mühsam. Egal ob mit dem Rad bei der Tour de France oder zu Fuß ist dieser Pass eine echte Tortur. Was interessanterweise enorm hilft sind immer wieder die auf die Straße gemalten Namen der Rennradfahrer. Wer selbst Fan ist weiß meine Begeisterung nur zu gut zu teilen. Aller! Aller! Aller! Weitergehen! Nur nicht aufgeben!

    Erst mit der Dunkelheit bin ich wieder am Auto. 3 Tage, 63 km, 2200hm und immerhin 7 Wanderer, 10 Radfahrer und 3000 Schafe später.
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  • Die Grenze zu einer anderen Welt

    September 24, 2021 in France ⋅ ☀️ 9 °C

    Das mit dem ganz früh aufstehen um den Sonnenaufgang zu erwischen kann ich glücklicherweise zu dieser Jahreszeit auf weit nach um Sieben verschieben. Herrlich bleibt es allemal und ein schöner letzter Gruß.

    Heute gilt es das Gebirge einmal zu wechseln. Vom Belledonne hinauf zum Mont Blanc. Der Weg ist das Ziel und so komme ich erst weit nach Mittag überhaupt dort an. Am Ende sorgt mein ‚Navi mit Schuss‘ dennoch für etliche Höhepunkte auf dem Weg während die eigentliche Straße wohl keine 100m links weit unter 1000m weiter unten im Tal verläuft. Auf meiner Straße hingegen passen garantiert keine zwei Autos aneinander vorbei. Gegenverkehr ist bei den Franzosen nur leider nie ausgeschlossen… Egal! Im Tal gibt es keinen Ausblick! Da ab morgen Regen vorhergesagt ist will ich den Nachmittag wenigstens nutzen um mir alles einmal ganz aus der Nähe anzuschauen.

    Von Champel geht es zu den Chalets de Miage. Der Weg ist steil und voller Wurzeln. Ich merke meine Fersen samt der Blasen gewaltig. Den Franzosen fällt nichts Besseres ein als diesen Weg auch noch mit dem Mountainbike herunter zu kommen. Nur ein paar wenige Wanderer sind mit mir auf dem Weg nach oben doch die keuchen gewaltig dass oben alsbald wiederbeleben nötig wird. Auf Nachfrage sagt einer ‚geht schon, geht schon. Ich muss ja heute nicht wieder runter‘ Ich lächle schmerzhaft und denke mir, tja ich schon – und ich hab die Runde schon wieder so getaktet dass ich erst mit der Dunkelheit wieder unten sein kann. Also geht es weiter. Die Chalets de Miage sind aus einer Bauernsiedlung entstanden denen hier vom damaligen Königreich Weideland zugesprochen wurde. Heute sind es eine Herberge und ein Café vom Feinsten. Nur zu Fuß zu erreichen! Ohne High-Society! Und mit dem wohl schönsten Blick den es auf den Mont Blanc wohl gibt!

    Ab hier wird der Weg einsamer. Bis auf den Pass brauche ich trotz andauernder Läsionen nur eine gute Stunde und habe ausreichend Zeit von oben das ganze Panorama zu genießen. Wenn, ja wenn morgen kein schlechtes Wetter käme und heute davon schon die Wolken am Mont Blanc turnen. Ich war noch nicht oben, da war Sonnenschein. Ich bin wieder unten scheint die Sonne auch wieder. Dazwischen – ist alles Nebelverhangen als gäbe es kein Morgen.
    Auf dem Pass haben sie ein Kreuz errichtet. Seltsam – nicht auf dem Gipfel? Ich entdecke alsbald ein Tor. Dadurch führt ein Weg der direkt ins Gebirge führt. Zwischen dem Land der Menschen und der Berggeister beginnt hier eine andere Welt. Der Weg ins Eis. Irgendwann will ich die auch mal entdecken. Schauen wir mal.

    Beim Abstieg treffe ich einen Franzosen der in seiner Hundehütte die Nacht im Angesicht des Gletschers verbringen möchte. Smartphone und Stativ sind mit dabei. Und sonst ist er Barfuß unterwegs. Dabei erzählt er mir dann Geschichten von wegen der Mont Blanc sei unberechenbar. Es ist ein gefährlicher Berg. Hm, Respekt sollte man haben. Doch so leichtsinnig wie der Franzose schätze ich mich eher nicht. Und noch leichtsinniger erscheinen mir beim Abstieg zwei Wanderer die nach halb sieben noch tatsächlich erst herauf kommen. Dabei wird es gleich finster und ab der Grasgrenze möchte ich niemandem zumuten im Dunkeln den Weg zur Hütte zu finden. Ein wenig auf Abwege bringt mich dann selbst eine Hängebrücke am Wegesrand. Ich bin eben doch irgendwo ein Kind geblieben. =)
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  • Der Bofrostmann

    September 25, 2021 in France ⋅ ☁️ 12 °C

    Die Wasservorräte frisch aufgefüllt soll es heute zeitiger losgehen. Naja, egal… jedenfalls mit einer kurzen Tour, so maximal 6-7 Stunden dass ich vor dem Regen zurück bin. Und dass Regen kommt merke ich spätestens an der schwül warmen Luft während der drei Stunden Aufstieg zum ‚Arrete de la besse‘. Mit den täglich 1000 und mehr Höhenmeter habe ich mich angefreundet. Aber heute ist es schweißtreibend.
    Immerhin folgt prompt eine Belohnung. In einem Talkessel auf über 2000m hat sich hier ein Hochmoor gebildet. Die Wolken hängen unweit am Mont Blanc doch ich habe eigentlich schönstes Wetter. Über Stock, Stein und Seile geht es wieder bergab. Frei nach dem Motto „Sag mir welche Tour du gehst und ich sage dir welchen Wanderführer du benutzt“ treffe ich einen Deutschen der ebenso meine Tour läuft. Leider sieht er das Ganze mehr als sportlich und kommt nicht so gemütlich daher. Ich treffe häufiger auf Wanderer als im Wanderführer beschrieben. Weit mehr Leute jedenfalls als in den letzten Tagen. Sie kommen wie aus dem Nichts alle im Hochmoor und geht man dann ihren Weg verliert der sich nach spätestens 200m an einer steilen Felskante ohne Abstieg. Die Leute selbst sind währenddessen bereits über den Pass gelaufen und weg. Mehr oder weniger Merkwürdig. Der Abstieg, mühsam! Unweit höre ich das Hämmern eines Hubschraubers direkt am Berg gegenüber. Als der Hubschrauber aufsteigt baumelt unter ihm eine Person am Seil. Wen sie dort geborgen haben oder ob alles nur eine Übung war? Da mache ich lieber nicht mit. So ein Flug ins Tal ist auch nicht gerade günstig. Eher nehme ich mir bald ein Vorbild an den Ziegen. Die haben heute Almabtrieb. Auf allen vier Hufen sind sie weitaus flotter.
    Ganz zum Schluss als hätte ich früh am Morgen den Bofrost-Mann nicht belächelt, der bis hier an die hinterletzte Hütte im Wald sein Auto quält um Leute zu versorgen, sehe ich, dass das eine Käserei ist. Und nichts geht bekanntlich über französischen Käse. Auf dem Berg ist das besser als jedes Eis um seine Wunden zu lecken. Leider haben Ziegen und Schafe nicht ganzjährig Milchsaison und daher gibt es kaum Käse. Aber es tut gut mit dem Bauern zu reden und scheinbar seiner Mutter zuzuschauen wie sie den Hof derweil füttert. Hier herrscht Ordnung. Da stehen die Kühe artig im Stall und die Weiße Wäsche hängt in der Sonne auf dem Balkon. Mir konnte indes noch niemand erzählen warum die Wäsche bei den dreckigsten Erd- und Stallarbeiten hinterher immer so sauber sein können.
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