• Bert Hentschel
  • Rike Hentschel
Apr – May 2022

Balkan im Bulli

A 38-day adventure by Bert & Rike Read more
  • Trip start
    April 22, 2022

    Schön, aber länger als gedacht

    April 22, 2022 in Germany ⋅ ☁️ 6 °C

    Endlich geht es los. Diesmal nicht mit den Motorrädern, sondern mit dem Bulli. Wir werden sehen, ob das in den sozialen Medien gefeierte Vanlife so schön ist wie das erprobte Bikerlife. Auf der A3 in Richtung Frankfurt kommen wir erst einmal in eine Vollsperrung. Die Motorradfahrer schlängeln sich durch die Rettungsgasse, was wir auch tun würden, doch sie werden ebenfalls vor der Unfallstelle gestoppt. Es steht also immer noch 0:0 unentschieden zwischen Bulli und Bike.
    Unser erster Stopp ist Ludwigsburg, dort gibt es noch etwas Geschäftliches zu erledigen und en passant treffen wir Amelie. Big hugs, Töchterchen. Nein, mit dem Riesenrad sind wir nicht gefahren, aber ein schönes Fotomotiv ist es gleichwohl.
    Am nächsten Abend noch ein Kinobesuch: Sönke Wortmanns „Eingeschlossene Gesellschaft“ spielt in einem Lehrerzimmer, in das ein verzweifelter Vater mit Pistole eindringt, um für seinen Sohn den entscheidenden Punkt zur Abizulassung zu erzwingen. Das Kollegium ist gespalten, die typischen Rollen werden messerscharf porträtiert und am Ende zeigt sich: egal, welcher Haltung die einzelnen zuneigen, niemand ist unbescholten. Wie kann man da über andere ein Urteil fällen, und sei es eine Note vergeben?
    Von Ludwigsburg geht es zur Alpe Kammeregg, dort möchten wir meinen (Berts) 60. Geburtstag feiern. Das Ganze ist für das letzte Juli-Wochenende geplant, und am Samstag würde eine Wanderung auf den Grünten naheliegen. Aber ist das eine gute Idee? Und welche Runde bietet sich an? Die, die wir laufen, könnte etwas überambitioniert sein. Sehr schön, aber länger als gedacht. Über die Grüntenhütte geht es zum Jägerdenkmal, auf den Grünten, dann zum Grüntenhaus und über Schwandalpe und Roßalpe zurück. 4,5 Stunden Gehzeit und 750 Höhenmeter ist für eine Geburtstagswanderung zu viel, das muss überdacht werden. Immerhin werden Ende Juli keine Schneefelder mehr da sein, so dass die kitzelige Stelle am Sendemast sicher begehbar sein sollte. Aber es wäre doch schön, es bis zum Grüntenhaus zu schaffen, denn dort hat Rike schon mehrfach als „Wwoof“-erin mitgearbeitet, und als wir Lutz dort oben treffen, gibt es ein herzliches Hallo und den berühmten Grünteneintopf.
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  • Hilft, Verlorenes wiederzufinden

    April 23, 2022 in Italy ⋅ 🌧 13 °C

    Eine den Stadtbewohnern von Rimini gehaltene Predigt fand kein Interesse, also sprach er zu den Fischen, die ihm andächtig zuhörten. Immerhin. Auch sonst ist der Heilige Antonius gefragt, u.a. als Schutzpatron der Bäcker, Schweinehirten, Sozialarbeiter und Reisenden. Er hilft gegen Unfruchtbarkeit, Pest, Fieber und Schiffbruch. Und er kann als Unterstützer zum Wiederauffinden verlorener Gegenstände angerufen werden, weshalb er laut Wikipedia in Bayern auch „Schlampertoni“ genannt wird. Ebenso soll er bei der Partnersuche helfen, wozu Single-Wallfahrten nach Padua angeboten werden. Tinder auf katholisch und analog, wenn man so will. Ganz schön geschäftstüchtig, der Vatikan. Auch in Sachen Devotionalien. Oder sollte man lieber Merchandising dazu sagen? Rike kauft jedenfalls ein Armbändchen mit Sankt Antonius, was allerdings nicht verhindert, dass ich mein Iphone-Ladekabel nicht mehr finde. Völlig verfrüht kommt das Ersatzkabel zum Einsatz, das war eigentlich erst in Woche zwei oder drei unserer Reise erwartet bzw. vorgesehen.
    Das Ganze spielt sich in Padua ab, denn dort findet sich die Antonius-Basilika (mit seinem Grab). In dieser Basilika sitzt ein Ordensbruder in einer Holzkabine, seine Mission ist die Vergabe von Pilgerstempeln. Er hat es auf Position 1 in der heutigen Bilderfolge geschafft, da er so regungslos und unwirklich in seiner Kemenate sitzt, dass man zunächst denkt, er wäre eine Wachsfigur. Hat er die vollständige innere Ruhe gefunden?
    Nach unserem Paduabesuch fahren wir in die Villa Goetzen nach Dolo. Nein, im Bulli wollten wir noch nicht übernachten, der Campingplatz inmitten des Hafengebiets und der aufziehende Regen scheinen uns für den Start ins Vanlife noch ungeeignet, also dann lieber in einer venezianischen Villa übernachten und von dort aus morgen auf die Fähre nach Griechenland.
    Der Tagesstart übrigens war in Imst. Ohne es wirklich erkären zu können, übernachten wir dort gerne im Gasthof Neuner, der direkt an der B 171 liegt (wirklich direkt an der Straße!), keinerlei Charme aufweist und dessen letzte Investitionen in Mobiliar und Ausstattung 30 Jahre zurückliegen. Das gesamt Marketingbudget fließt dafür in unglaublich große Wiener Schnitzel und beeindruckende Wursttürme am absolut veganerfeindlichen Frühstücksbuffet. Aber irgendwie verbinden wir auch schöne Anreiseerinnerungen (gemeinsam mit den Kindern zu fünft in einem Zimmer) auf dem Weg ins Ötztal mit dem Gasthof Neuner. Old habits die hard. Nor do good memories, luckily.
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  • Erst hektisch, dann wie in Zeitlupe

    April 24, 2022, Adriatisches Meer ⋅ ⛅ 15 °C

    Wir sind viel zu früh am Fähranleger in Fusina. Die Anfahrt führt durch ein verwirrendes und abweisendes Hafengelände. Zwei erfahrene Wiesbadener Mobilcamper (Typ Kastenwagen) werden uns später auf der Fähre berichten, dass sie direkt am Check-In der Fährgesellschaft die Nacht in ihrer rollenden Unterkunft verbracht haben. Aber warum? Ist es Ziel des Vanlifes, an möglichst hässlichen Plätzen zu übernachten? Da war unsere italienische Villa mit einem Frühstücksraum in den 4711-Farben türkis und gold ansprechender. Und die mit einer Creme überbordend gefüllten frischen Teilchen sowieso.
    Unser Plan, in der Schlange vor der Fähre alles Nötige für die Überfahrt von Venedig nach Igoumenitsa ordentlich neu zusammenzustellen und in eine Tasche zu packen, geht nicht auf. Wir werden unmittelbar nach Ankunft an allen vorbei gewunken, da ein Mitarbeiter der Reederei mit geschultem Blick erkennt, dass unser Bulli genau jetzt in eine wie für ihn geschaffene Lücke tief in den Bauch der Fähre muss. Hektik macht sich breit. Wo sind die Papiere? Die Pässe? Rike muss aussteigen und als Fußgängerin auf die Fähre. Warum? Werden wir uns wiedersehen, wenn ja, wo?
    Am Ende wird alles gut. Wiedervereinigung auf Deck 8. Die Außenkabine riecht streng (wie mögen erst die Kabinen duften, in denen Haustiere zugelassen sind?) und ist tiefgekühlt. Woran man nichts machen könne, in einer Stunde würde es besser. Was sich so als nicht richtig herausstellt, oder die griechische Stunde dauert viel länger. Wie überhaupt alles auf einem Schiff wie in Zeitlupe stattfindet. Die Langsamkeit der Fortbewegung scheint sich auf Schiffspersonal und alle Mitreisenden zu übertragen. Die wiederum sind entweder Rentner (viele) oder Trucker (auch viele, die sich häufig temperamentvoll unterhalten, vielleicht auch streiten, aber durchweg in unverständlichen Sprachen) oder Familien mit Kindern, die noch durch die Schule zu gebildeten Menschen gemacht werden müssen (wenige). Außerdem vier Biker (zweimal BMW, zweimal Harley, letztere mit dicken Bäuchen) und zwei allein reisende Rucksack-Touristinnen mit alternativem Touch, verklärtem Blick und Kindle-Reader.
    In diesem Slow-Motion-Setting bleibt viel Zeit. Zum Beispiel um den Lido vor Venedig zu bewundern sowie die gesamte zugehörige Lagunenlandschaft, die eine eigentümliche Melancholie ausstrahlt. Auch Felix Masterarbeit will ein letztes Mal gelesen werden, und Rike nutzt die geschenkte Entschleunigung, um in einem Zug einen Krimi zu verschlingen. Ich selbst tippe diesen und die zwei Vorgängerblogs ein und beginne ein sehr stimmungsvolles Buch, das die Geschichte einer Familie im Banat erzählt und den poetischen Titel „Die Unschärfe der Welt“ trägt. Das passt, denn auch auch die Fährfahrt macht alles unschärfer, verschwommener und unwirklicher … Ihr merkt: Es wird Zeit, dass die Schaukelei ein Ende hat und der Kopf wieder klar wird. Noch 3 Stunden bis Igoumenitsa …
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  • Ravioli alle

    April 25, 2022 in Greece ⋅ ⛅ 16 °C

    Und das kommt so: Die Fähre ist zu spät in Igoumenitsa. Wahrscheinlich ist sie das immer. Und dann fehlt der Fahrer des in erster Reihe stehenden LKWs. Überhaupt unglaublich, wie dieses Auto- und LKW-Gewirr sich wieder entknotet. Irgendwann rollen wir auch wieder vom Schiff und denken, dass wir es bis zum ausgesuchten Campingplatz Vassiliki Beach im Süden Lefkadas schaffen werden. Natürlich müssen wir zwischenzeitlich noch den Luftdruck prüfen, weil das Warnlämpchen Druckabfall anzeigt. Den wir aber nicht haben. Und irgendwie zieht sich somit alles etwas hin. Wir atmen auf, als wir den Campingplatz sehen und gratulieren uns gegenseitig, dass wir das gerade noch im Hellen geschafft haben. Der Camperneuling baut nämlich gerne noch vor Sonnenuntergang seine Wagenburg auf.
    Allerdings wäre es gut gewesen, doch noch einmal vorher anzurufen. Vassiliki Beach hat nämlich noch geschlossen. Immerhin: Eine halbe Stunde später finden wir einen offenen Platz in der Nähe von Nydri. Die Rezeption ist nicht mehr besetzt, aber wir interpretieren das als „freie Stellplatzwahl“ und stehen wenige Augenblicke später zwei Meter vor dem Ufer mit Blick auf eine wirklich sehr schöne kleine Bucht. Dies allerdings hungrig. Und um uns herum ist nicht viel los. Außer ein paar kläffenden Hunden und einem jungen deutschen Paar mit Kleinkind in Elternzeit (Campertyp: Kastenwagen mit individuellem Innenausbau) will sich zu dieser Jahreszeit noch niemand auf dem Desimi Beach Campingplatz aufhalten. Von offenen griechischen Tavernen und weinseligem Alexis-Sorbas-Leben jedenfalls keine Spur. Weshalb der Gaskocher erstmals in Betrieb genommen wird und die Notfalldose Ravioli ihre kurze Mitreise unerwartet schnell beendet.
    Erkenntnis des Tages: Quartiersuche über Booking.com auf Motorradfahrten funktioniert, Campingplatzsuche für den Bulli aufs Geratewohl nicht. Im Vergleich Bikerlife zu Vanlife steht es somit jetzt 1:0 für Bikerlife.
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  • Der schönste …

    April 26, 2022 in Greece ⋅ ☀️ 18 °C

    … Strand Griechenlands heißt Porto Katsiki. So steht es überall, im Lonely Planet, in den Hitlisten der schönsten Strände auf Pinterest und in unserem (übrigens empfehlenswerten) „Roadtrip-Handbuch“ (früher: Reiseführer) mit dem Titel „Balkan-Halbinsel“. Also los, da müssen wir hin. Schon die Anfahrt auf engen Küstenstraßen ist mit atemberaubenden Ausblicken gespickt, allerdings weder auf viel Verkehr noch auf große Campervans ausgelegt. In der Hochsaison kann das hier verkehrstechnisch bunt werden, aber noch ist der Andrang überschaubar, und unser kleiner Bulli bewährt sich bei der Anfahrt. Die Steilküste mit Badebucht sieht dann tatsächlich aus wie aus dem Bilderbuch. Wir lernen (und sehen es an einem unbegehbaren, in sich verschobenen Treppenpfad), dass es 2015 ein Erdbeben gab, das einige Strandzugänge an der steilen Westküste Lefkadas zerstörte. Aber zum Kiesstrand von Porto Katsiki sind es nur wenige Stufen, und die sichelförmige Bucht wird von der Sonne auch Ende April schon ordentlich aufgeheizt. Jedoch ist das türkis-blaue Wasser mit 15 Grad hinterhältig kalt (im September wird es 8-10 Grad wärmer sein), was nur hartgesottene Schwimmer oder adipöse Menschen gut aushalten können. Rike ist ungefähr 60 Sekunden im Wasser, mein Aufenthalt unterschreitet 30 Sekunden. Dass Pauline und Sam vor einigen Wochen auch hier waren und den einsamen Strand mit einer Hebefigur feierten, entdecke ich gerade hier in einem Find Penguins Footprint: herzliche Grüße an Euch beide!
    Zurück auf unserem Campingplatz „Desimi“ tauschen wir uns noch mit einem Schweizer Ehepaar aus (eigentlich Typ Luxuswohnmobil, aber unterwegs in einem fast bescheiden anmutenden Mercedes Marco Polo). Sie Holländerin, er Schweizer, auf dem Rückweg einer (fünfmonatigen) Reise, die sie teilweise in einer Wohnmobilgruppe unternommen haben. Sie waren in Jordanien und im Oman und sind nun zurück auf dem Weg nach Schaffhausen. Und sie haben sich im Internet zwischenzeitlich ein größeres Fahrzeug gekauft, mit dem es für die Mitsechziger bald nach Südamerika geht. Ein wackeres Völkchen, diese Vanmobilisten, zumindest die meisten, die man um diese Jahreszeit antrifft. Und allesamt sehr kommunikativ, vielleicht dürsten sie nach langer Zweisamkeit auf engem Raum auch nach alternativen Gesprächspartnern. Dies würde mit Sicherheit auch für zwei ältere Camping-Spezialisten aus Bad Tölz gelten, die seit nun 36 Stunden ihr Lager aufbauen. Typ KIA-SUV in (nicht zu kräftigem) rot-metallic mit Wohnwagen Fendt, großes Vorzelt, mobile Küchenzeile … und am Ende hissen sie die bayerische Fahne. Wir grüßen uns freundlich bei der Abfahrt, ein Gespräch galt es aber auf das Entschiedenste zu vermeiden. Kein Zweifel: sie haben jeden unserer kleinen und großen Anfängerfehler beobachtet und hätten uns sehr gerne gute Ratschläge gegeben.
    Unser Campingplatz-Gastgeber Dimitri ist im Übrigen ausnehmend freundlich sowie ein Freund der Gartenzwerge und des Bargelds. Wie auch immer: Der Platz liegt großartig, fünf von fünf Sternen.
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  • Wer hat den Größten?

    April 27, 2022 in Greece ⋅ ☀️ 23 °C

    Ein Fahrtag steht an. Etwa 250 km sind es bis Delphi. Das Orakel wartet auf uns, Ausgangspunkt soll der Campingplatz Delphi sein. Dessen erhöhte Südwest-Lage ermöglich einen herrlichen Blick auf eine Bucht des Golfes von Korinth, über Olivenhaine hinweg.
    Der Platz ist zu dieser Jahreszeit noch nicht stark frequentiert und wird vor allem von sehr großen und sehr teuren Campmobilen besucht. Einige springen ins Auge. Die niederländische Familie mit drei semmelblonden Kindern hat sich ein altes Feuerwehrauto umgebaut und will uns unter #durchfamilyadeventures auf Instagram an ihrer heilen Welt teilhaben lassen. Daneben der trutzig-trotzige Mercedes-LKW-Van mit deutscher Flagge und dem Schriftzug „Tourist“ über der Fahrerkabine. Neben uns das „Bimobil“ auf Sprinterbasis, dessen Augsburger Bewohner uns über ihr Nummernschild ihre Geburtsjahre 54 und 59 mitteilen. Und direkt neben uns erneut ein Paar in Elternzeit mit Kleinkind, das nur ausnahmsweise (zum Wäsche waschen) einen Campingplatz anfährt und ansonsten lieber mit ihrem Nissan-Pickup (mit Dachzelt) in Albanien in unwegsamen Gegenden unterwegs ist.
    Dagegen ist unser Bulli-Setup geradezu schlicht. Wir haben es trotzdem nett und stellen unseren California Beach mittags vor eine Palme, damit er seinem Namen Ehre macht. Und wir holen die Klappstühle heraus, weil man das als Camper so macht und es auch irgendwie praktisch ist.
    Keine Angst: Morgen enden die Betrachtungen über das Vanlife. Dann gibt es endlich alte Steine und griechische Götter.
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  • Zukunft ist Frauensache

    April 28, 2022 in Greece ⋅ ☀️ 22 °C

    Kassandra konnte in die Zukunft sehen. Geglaubt hat ihr allerdings niemand. Und Pythia, die geschäftsführende Priesterin des Orakels von Delphi, blieb in ihren futuristischen Aussagen regelmäßig uneindeutig. Was zu einigen herben Enttäuschungen in der Männerwelt führte. So wollte Krösus eigentlich nur wissen, ob er die Perser schlagen würde. Dass sich die Antwort, er würde „ein großes Reich zerstören“, letztlich auf seine eigenen Ländereien bezog, hatte er so nicht verstanden. Auf diese Weise verflüchtigte sich sein Reichtum wieder. Der Herr gibt´s, der Herr nimmt´s. Es ist also so eine Sache mit den weiblichen Prophezeiungen, wobei ich politisch korrekt hinzufügen möchte, dass ein Zusammenhang zwischen Geschlecht und Vorhersagequalität nicht erwiesen ist. Das Theater in Delphi ist jedenfalls großartig (5.000 Menschen passten da hinein), und das Stadion ebenso. Denn wie wir lernen, gab es im antiken Griechenland keineswegs nur die eine olympische Sportstätte, sondern die panhelenischen Wettkämpfe fanden an verschiedenen Orten statt. Die Kurzstrecke über 178 m war zu schaffen, allerdings mussten sie die Sportler nackt zurücklegen. Wo bleibt denn da das Schamgefühl? Vor der Arena beobachten wir einen Franzosen in einem T-Shirt mit DDR-Emblem (warum?), ihm mangelt es ebenfalls daran. Ein Apollon-Tempel rundet das Bild ab. Als der zuständige Gott für Musik, Kunst, Licht und Prophezeiung bietet sich das an. Zusammenfassung Delphi: Fünf von fünf Kultursternchen, wunderbare Steine und Geschichten … und eine großartige Lage.
    Weiter geht es zum Kanal von Korinth, der die Peloponnes strenggenommen von einer Halbinsel zu einer Insel macht und den Seeleuten 400 Kilometer Umweg erspart. Allerdings ist er zwar sehr tief (was sich findige Bunjee-Jumping-Anbieter zunutze machen), aber nicht besonders breit, so dass große Schiffe da nicht durchpassen. Was auch egal ist, da er seit 2021 nach einem Erdrutsch auf unbestimmte Zeit gesperrt ist. Unser Campingplatz bringt uns in Startposition für Epidaurus, davon morgen mehr. Er liegt mitten in einem Anbaugebiet für Orangen. Es duftet süßlich-aromatisch. Rike erwirbt von einem Straßenhändler einen Sack frischer Früchte. Das stellt sich als vorschnell heraus, eröffnet uns doch der Campingplatzbetreiber, wir könnten einfach seine Apfelsinen pflücken.
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  • Can’t Remember

    April 29, 2022 in Greece ⋅ ☁️ 21 °C

    Nachdem Rike ihre Yogaübungen abgeschlossen hat, fahren wir eine kurze Strecke zum Theater von Epidauros. Ein beeindruckendes Halbrund tut sich vor uns auf. Gebaut im 4. Jhdt. vor Chr. hielt es 14.000 Plätze (sic!) für seine Besucher aus Athen, Sparta und Korinth bereit und beeindruckt mit einer überraschend guten Akustik. Wir erhalten eine unverhoffte Hörprobe, denn eine stimmgewaltige und sangesgeschulte Besucherin gibt spontan eine kleine Arie zum Besten, was uns einen schönen, anrührenden Moment schenkt. Die gesamte Anlage ist eine Kultstätte für den Heilgott Asklepios, entsprechende Tempel- und Altaranlagen lassen sich begutachten, und erneut gehört ein (sehr schönes) Stadion zu Anlage.
    Weiter geht es nach Nafplio, einer hübsch anzusehenden Hafenstadt, in der man alles haben kann: touristischen Nepp, Luxusmarken, griechische Sandalen, Salatbesteck aus Olivenholz und „Xynomyzithra“. Das ist ein in Filoteig ausgebackener Molkekäse mit Sesam und Honig. Ich mag so etwas, muss allerdings konzidieren, dass er etwas schwer im Magen liegt.
    Außerdem kann man in Nafplio an diesem Wochenende - da Yachtmesse - ein Motorboot kaufen. Wenn man so etwas mag und ein wenig gespart hat. Das erste Schiff, das wir sehen, ist etwa 80 Meter lang. Es liegt einem auf der Zunge: Erstbesitzer wahrscheinlich ein russischer Oligarch. Daneben aber auch kleinere Boote, manche mit harmlosen Namen wie „Endless Summer“, manche für Bösewichte (z.B. die komplett schwarz lackierte „O’Pati“) und manche, die auf Steuerhinterzieher als Vorbesitzer hindeuten („Can´t Remember“).
    Unser Campingplatz „Semeli“ in der Nähe von Leonidi ist etwas schlicht und vor allem laut: erst singen griechische und österreichische Kletterer (es gibt einen Kletterfelsen in Leonidi) lange und falsch Zeltlagerlieder. Als sie endlich in ihre Kuppelzelte kriechen, beginnen Straßenhunde ausdauernd zu kläffen, und als das irgendwann endet, fangen bereits die griechischen Gockel an, um die Wette zu krähen. Nicht gut.
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  • Don’t Drink and Drive

    April 30, 2022 in Greece ⋅ ⛅ 20 °C

    Monemvasia ist ein kleines, in den Felsen geklebtes Örtchen, das nur durch einen schmalen Damm mit dem Festland verbunden ist. Die fast 200 m über dem Wasser aufragende Festungsanlage machte es sicherlich zu seinen Hochzeiten uneinnehmbar. Mit seinem Labyrinth aus Gassen, Treppen und Pfaden stellt es einen schönen Abenteuerspielplatz für ältere Touristen dar. Und es ist außerordentlich zugig, was Rike in einem Torbogen mit flatternder Hose austestet.
    Eine Stunde weiter sehen wir die Überreste eines missglückten Wendemanövers. Es ranken sich verschiedene Mythen um das Wrack der Dimitrios, ich tippe auf übermäßigen Ouzo-Genuß. Don’t Drink and Drive. Seit den 80er Jahren liegt das Schiff am Valtaki-Beach und bietet schaurig-schöne Einblicke in den Schiffsbauch. Bzw. was davon noch übrig ist.
    Zuvor fahren wir auf einer sich die Küste hinauf- und hinabwindenden Straßen durch schöne grüne Landschaften. Rike stellt mit botanisch geübtem Blick fest, dass alle Pflanzen hier sehr groß seien, der Riesenfenchel (Bild) gibt ihr recht. Zwischen den Olivenhainen sehen wir immer wieder Solaranlagen. Das sieht angesichts der Sonneneinstrahlung plausibel aus, lohnt hier ein Investment?
    Wir übernachten am Beach Mavrovouniou, in der Nähe von Gythio. In Kürze werden hier große Meeresschildkröten zur Eiablage an Land kommen. Wir gehen am späten Abend einmal schauen, ob eine evtl. etwas zu früh dran ist, aber die innere Uhr der „Caretta caretta“ scheint zu funktionieren, noch kein Tier da.
    Gythio selbst ist ein lebhafter kleiner Hafenort. Wir positionieren uns abends in einem Lokal direkt an der Straße (wobei ehrlich gesagt alle Tavernen an der Straße sind), essen gegrillten Red Snapper und hören uns den Klang alter 3er BMWs an, deren Auspuffanlagen jeweils den Wert des gesamten Fahrzeugs übersteigt.
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  • Schrill und klebrig

    May 1, 2022 in Greece ⋅ ☁️ 19 °C

    Schlechtes Wetter kündigt sich an. Dem wollen wir ausweichen. Athen lockt mit Geschichte und einem warmen Hotelzimmer. Campingpause.
    Unser abendlicher Rundgang durch Psyrri und Monastiraki zeigt uns die schrille Seite Athens. Höhepunkt ist das Little Kook, eine quietschebunte Mischung aus Alice im Wunderland und Weihnachten. Das Ganze gilt als Café, man kann dort wohl auch etwas zu sich nehmen, aber darum geht es nicht. Wer perfekten Süßkram sucht, also wir, ist im „Mona Lisa“ mit dem programmatischen Claim „L’Atelier del Gelato“ ohnehin besser aufgehoben. Wer könnte bei diesem „Visual Merchandising“ widerstehen? Wir nehmen eine frische Waffel mit Pistazien, die zum Schluss noch liebevoll mit flüssiger Schokolade übergossen wird. Unglaublich klebrig und in der sich durch die Gassen schiebenden Menschenmenge schwierig zu essen, aber herrlich.
    Da dieser Footprint ohnehin ausschließlich gastronomisch geprägt ist, noch ein letzter Tipp: Hoocut serviert alles Mögliche in Pitatschen, zum Beispiel Wildschweinwurst, schnell und günstig. Es ist so eine Art griechischer Fastfood-Betrieb, aber durchaus lecker und mit netter Atmosphäre. Last not least die finale Erkenntnis des Tages: das Nymphenbier hat das fantasievollste Dosendesign. Bisher unser griechischer Hopfenfavorit.
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  • Trostloser Feiertag in Athen

    May 2, 2022 in Greece ⋅ ☁️ 16 °C

    Nicht jeder Reisetag ist ein Höhepunkt. Das beweist der 2. Mai 2022 in Athen. Dass der 1. Mai im gewerkschaftsorganisierten Griechenland eine gewisse sozialrevolutionäre Bedeutung hat, kann man noch vermuten. Aber dass die Griechen heute, Montag, den 2. Mai zum Feiertag erklären, weil der 1. Mai auf einen Sonntag fällt, kommt für uns überraschend. Und noch überraschender ist die Akropolis deshalb geschlossen. Alle Bilder mit ihr sind insofern als Suchbilder angelegt, da wir sie nur aus der Ferne und von anderen Hügeln aus sehen können. Hmmm.
    Insgesamt ist der Tag grau. Tagsüber zeigt sich Athen keineswegs so schrill und bunt wie abends. Und das nicht nur, weil es regnet. Sondern auch weil die Nachwirkungen der Finanzkrise augenscheinlich werden. Verfallene Häuser, die von Junkies bewohnt werden, vermüllte öffentliche Plätze und viel Polizei in Schutzkleidung.
    Die kleine griechisch-orthodoxe Kapnikarea-Kirche fällt uns auf und zugleich eigenartig aus dem Rahmen. Sie liegt mitten in einer Fußgängerzone, zwischen Vergnügungsviertel, Touristennepp und (heute geschlossenen) Luxusläden.
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  • In tödlicher Mission

    May 3, 2022 in Greece ⋅ ⛅ 14 °C

    „Es war September in Athen. Der letzte Abend war so leer. Sie fragte ihn: Wann kommst du wieder? Da sagte er: Vielleicht nie mehr. Akropolis adieu! Ich muss geh'n. Die weißen Rosen sind verblüht. Was wird gescheh'n? Ich wär' so gern geblieben. Akropolis adieu.“
    Was für ein unglaublicher Schlagertext. Noch unglaublicher, dass er uns bei der Abfahrt aus Athen einfällt. Schließlich ist er 50 Jahre alt. Uff. Und die Schnulze (meine Studis würden dieses Wort kaum mehr kennen) wird gesungen von …. na, von wem? … richtig, von Mireille Mathieu. Französin singt griechischen Schlager auf Deutsch. Was soll so etwas? Da kann Vicky Leandros gleich über Polen singen. Ahh, das hat sie ja gemacht. Warum wollte sie eigentlich mit Theo nach Lodz?
    Ihr merkt, die Fahrt nach Meteora dauert etwas an und lässt meine Gedanken ziellos durch Dieter-Thomas Hecks Hitparade meandern. Aber Ihr habt Glück, zu Demis Roussos und Nana Mouskouri fällt mir nun wirklich nichts mehr ein.
    Am späten Nachmittag kommen wir schließlich in Kalampaka an, das den berühmten klosterbewehrten Felsnadeln Meteoras zu Füßen liegt. Wir gönnen uns erneut ein Guesthouse statt Vanlife, da es nachts kalt werden und regnen soll. Für eine kurze Erkundungsfahrt ist noch Zeit (morgen wollen wir Meteora erwandern), und so entstehen erste Bilder. Auf dem Introfoto seht Ihr das Kloster, das von Roger Moore alias James Bond erklettert wurde. Auch schon 40 Jahre her. Der Streifen hieß: In tödlicher Mission. Reiner Zufall, dass der heutige Footprint mit dem Bild eines Hochzeitspaares schließt, das vor der Meteorakulisse posiert und von einer surrenden Kameradrohne umkreist wird.
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  • Himmelserscheinungen

    May 4, 2022 in Greece ⋅ ⛅ 17 °C

    „In der Luft schwebend“ oder auch „Himmelserscheinungen“ … so oder so ähnlich wird der Name „Meteora“ gedeutet. Das wollen wir heute zu Fuß nachempfinden. Etwa 4 Stunden soll das Ganze dauern, 500 Höhenmeter und 12 km Fußmarsch stehen auf dem Programm. Dank Komoot finden wir den Weg auf Anhieb, allerdings ist das Areal auch schnell erfassbar.
    Der morgendliche Blick aus Fenster bestätigt unsere Vortags-Entscheidung „Guesthouse statt Campingplatz“, denn es schüttet aus Eimern. Das gleiche Bild nachmittags zeigt, dass es tagsüber von Stunde zu Stunde besser wird. Auf die griechische Sonne ist Verlass.
    Die Klöster selbst kosten jeweils 3 Euro Eintritt. Bei 7,5 Mio. Besuchern pro Jahr und zwei (von sechs noch bewohnten) Klöstern pro Besucher ist das ein sehr schöner säkularer Rohertrag für die noch verbliebene Handvoll Geistlicher. Frauen sind im Übrigen gehalten, Röcke zu tragen, was zu erheblichen modischen Kompromissen führt.
    Rike’s Highlight des Tages: eine frei herumlaufende Schildkröte. Nettes Tier.
    Am abendlichen Sunset-Point dürfen wir nicht fehlen. Das Licht ist kitschig-schön, wenngleich es gestern dramatischer war. Und alleine sind wir nicht, auch wenn es auf den Bildern so aussieht. Immer alles eine Frage der Perspektive.
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  • Tsipoura, Olymp, Ouzo

    May 5, 2022 in Greece ⋅ 🌙 17 °C

    Frischer gegrillter Fisch (heute: Tsipoura = Dorade) ist im Grunde immer eine gute Wahl in Griechenland. Er ist auch der Höhepunkt eines ansonsten recht ereignislosen Fahrtags, der uns in die unaussprechliche Region „Chalkidiki“ bringt und dort auf einen recht einfachen Campingplatz, eingerahmt von Holländern, Bulgaren und Ungarn, und der etwa 45 Minuten von Thessaloniki entfernt liegt. Vom Strand aus glauben wir, den Olymp auf der anderen Seite des „Thermaischen Golfs“ zu erahnen. Er ist schneebedeckt, was angesichts seiner stolzen Höhe von über 2.900 m auch so sein muss. Überhaupt sind viele Berggipfel hier noch weiß. Die Vorstellung, Griechenland würde nur aus Stränden mit feinem Sand und Sonnenschirmen bestehen, haben wir längst revidiert, und Wikipedia bringt uns bei, dass 60% der griechischen Landmasse aus Gebirgen besteht. Gleichwohl finden wir vor dem Campingplatz eine Strandbar, in der wir die einzigen Gäste sind. Es ist noch zu kühl für die Griechen, für uns eigentlich auch, Nordseewetter trifft es wohl am besten. Da wärmt auch der Ouzo nur bedingt, obwohl er in anspruchsvoller Menge (200 ml) verabreicht wird.Read more

  • Schweine, Lieferdienste, Ordnung

    May 6, 2022 in Greece ⋅ ⛅ 19 °C

    Rike ist unermüdlich in ihrem Entdeckungseifer. Thessaloniki steht auf dem Programm. Die auf meine liebe Frau wirkende Kraft, immer wieder Markthallen aufzusuchen, ist mir unbekannt. Meistens riecht ist darin streng, es ist dunkel und kühl und Menschen wollen einem Dinge verkaufen, die man nicht benötigt oder im Bulli ohne Einbauküche ohnehin nicht zubereiten kann. So stellt sich auch die Markthalle in der immerhin zweitgrößten griechischen Stadt dar. Und darüber hinaus ist das Angebot sehr schweinelastig. Klar, es gibt auch Fisch und Gemüse, aber der griechische Marketender zeigt vor allem gerne, welche Teile des Schweins man so alles essen kann. Vielleicht aber nicht muß.
    Thessalonikis Oberstadt namens Ano Poli wird in allen Führern zumeist mit dem heutigen Titelfoto angepriesen, ist aber wie ausgestorben. Unten am Hafen ist es viel belebter. Das nur als Hinweis für alle, die ebenso wenig wie ich leere Straßenzüge in griechischen Großstädten präferieren. Insgesamt spiegelt sich in den helenischen Großstädten der wirtschaftliche Niedergang doch recht deutlich. Wenn man das Straßenbild deutet, gewinnt man den Eindruck, dass allein die Lieferdienste noch für Arbeit sorgen – was wiederum mutige Rollerfahrer erfordert, die sich für Mindestlöhne ins Getümmel werfen. Insgesamt wie ein Aufruf an uns selbst, unsere Wirtschaftskraft (und damit unseren Wohlstand) so gut wie möglich zu erhalten und uns weiter anzustrengen! Erfrischend und inspirierend immerhin die großzügige Interpretation von Verkehrsregeln: Man parkt gerne zweireihig und hinterlässt eine Handynummer im Auto, falls eine Fahrzeugbewegung erforderlich sein sollte. Effizient erscheint das nicht, aber man lernt sich dadurch untereinander bestimmt gut kennen.
    Unsere Weiterfahrt nach Kavala bringt uns der Türkei und Bulgarien schon recht nahe. Das schlägt sich auf dem Campingplatz „Alexandros“ nieder. Morgen wird es hier eine türkische Hochzeit geben (vor der uns Maria, die Betreiberin warnt), und in einer Zone des (nicht sehr großen) Areals haben sich bulgarische Dauercamper häuslich eingerichtet. Hier wird das Vorübergehende und Vorläufige zum Dauerhaften. Das entspricht nicht unserem ästhetischen Wunsch nach Ordnung, Klarheit und Einfachheit. Aber was soll´s: Deswegen reisen wir ja.
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  • Carwash

    May 7, 2022 in Bulgaria ⋅ ⛅ 14 °C

    Bei der Stellplatzwahl ist vieles zu beachten. Der routinierte Camper weiß den Sonnenstand, den Stromanschluss, die Windrichtung, die Befestigungsmöglichkeiten für die Wäscheleine, die genau richtige (mittlere) Entfernung zu den sanitären Einrichtungen und den genau richtigen (maximalen) Abstand zu Holländern und Hardrockfans einzuschätzen und platziert sein Fahrzeug klug und weitsichtig an genau dem einen einzig richtigen Fleck. Wir werden diesbezüglich von Tag zu Tag besser, aber heute passiert uns einmal wieder ein tölpelhafter Anfängerfehler. Denn der gewählte Spot befindet sich in unmittelbarer Nähe einer Linde, vielleicht der einzigen im sonst olivenbaumdominierten Griechenland, und dieses arglistige Gewächs überzieht unseren Tisch, die Klappstühle und den Bulli mit einem fiesen klebrigen Tröpfchenregen. Der Tag muss somit mit einer ausgiebigen Fahrzeugreinigung beginnen (50 Cent für den Schaum, 50 Cent für den Hochdruckreiniger), mit immerhin sehr erfreulichem Ergebnis. Ein solcher Fauxpas würde Youtuber „Janima Family“ bestimmt nicht passieren. Sie sind bereits 1619 Tage unterwegs mit einem bemitleidenswerten Ford Transit, stehen im Hafen von Kavala an zentraler Stelle und bieten selbstgebastelten Schmuck an, der ihnen die Weiterreise ermöglichen soll. Ein in sich schlüssiger Ansatz, von dem wir allerdings weit entfernt sind.
    Kavala selbst ist ein fröhlicher kleiner Küstenort, mit allem, was man sich gerne ansieht: Es gibt ein Aquädukt, eine Ruine mit schöner Aussicht, einen Sandstrand mitten in der Stadt, türkisfarbenes Meer, Fensterläden und Türen, einen Yachthafen und ein osmanisches Hotel mit vielen Rundungen. Sowie eine Menge Jugendlicher, die sich zu einem Musikfestival eingefunden haben. Außerdem einen LKW von Manfred Weidner aus Bayern, der hier im Nordosten Griechenlands eine neue Heimat gefunden hat. Also der LKW allein, ohne Manfred.
    Im Anschluss fahren wir über die Grenze nach Bulgarien, mit uniformierten Menschen, richtiger Passkontrolle und abplatzendem Putz. Schließlich rollen wir am Pirin-Gebirge vorbei, das fast 3.000m aufragt. Die Gipfel sind immer noch schneebedeckt, und unser Kaffeestopp „Bansko“ präsentiert sich als typischer Wintersportort.
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  • Kloster Rila

    May 8, 2022 in Bulgaria ⋅ ⛅ 11 °C

    Ivan (Johannes) zog um 900 in eine Höhle im Rilagebrige. „Ein Felsen diente ihm als Lager, der Himmel als Decke“, so lesen wir auf einer Tafel, als wir morgens den Torbogen in den Innenhof des auf den Eremiten zurückgehenden Klosters Rila durchschreiten. Es besticht durch seine Größe und Farbenpracht, und auch durch seine Wehrhaftigkeit. Rund 500 Jahre befand sich Bulgarien unter islamischer „Fremdherrschaft“, das Kloster bot Schutz. In diesem Zusammenhang: in vielen Teilen Bulgariens wird heute türkisch gesprochen.
    Im Grunde ist der Eintritt zum Kloster frei, aber wir erwerben ein Kombiticket, mit dem wir verschiedenes zusätzlich besichtigen dürfen und von einer älteren Dame ein Art Privatführung erhalten. Hier der vollständige Text der Führung: „Tower“, „Old Kitchen“, „Icons“, Ethnographics“, „Wait here“. „Old Kitchen“ beeindruckt mit riesigen Töpfen und Löffeln, entweder es waren wirklich sehr viele Mönche hier oder sie hatten enormen Hunger.
    Eine kleine Wanderung (komoot hilft, die Wegweiser eher nicht) führt uns zu Ivans Eremitenhöhle und einer Quelle, aus der noch heute heiliges Wasser sprudelt. Viele füllen es in mitgebrachte Plastikflaschen ab, einige im Wanderoutfit (wir), andere in Calvin Klein (Steppweste) und Gucci (Jerseyeinteiler mit Mosaikmuster). Wieder andere hinterlassen kleine Wunschzettel oder posieren kühn für Instagram auf einem Felsen vor scheebedeckten Rilagipfeln.
    Schon auf dem Weg aus dem Klostertal heraus machen wir noch einen kleinen Abstecher zu einer hübschen Felsformation in Stob (Bryce-Canyon in klein), was weitere 150 Höhenmeter addiert und mit einer Cola am Stob-Kiosk endet. Es hätte auch Waschmittel gegeben.
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  • Good Bye Stalin (not Lenin)

    May 8, 2022 in Bulgaria ⋅ ⛅ 12 °C

    Natürlich ist Bulgarien EU-Mitglied und hat dem Ostblock schon lange den Rücken gekehrt. Nur manchmal blitzt es noch sozialistisch auf …
    Teils Oldtimer-, teils Antiquitätensammlung, teils Baustoffrecycling: der „Betrieb“, den wir per Zufall am Straßenrand entdecken, ist eine Fundgrube an Eindrücken. Die Bilder verdienen ausnahmsweise einen eigenen (und damit heute zweiten) Footprint. Allen voran das Titelbild. Stalins Büste in der Isetta: Der Schrottplatzunternehmer hat Humor.
    @Kirsten: Die Rechenmaschine haben wir nur für Dich fotografiert. 😀
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  • Esmee und Giel

    May 9, 2022 in North Macedonia ⋅ ⛅ 16 °C

    Esmee und Giel … wir treffen die beiden jungen Holländer in Ohrid, als sie ihre Bikes in den engen Altstadtgassen abstellen, sichtbar müde und eingestaubt, aber zugleich strahlend und voller Lebensfreude. Esmee und Rike fahren das gleiche Motorrad, es entwickelt sich ein fröhliches Gespräch und wir erfahren, dass sie schon seit 1.4. unterwegs sind und im Grunde nicht mehr in die Niederlande zurückkehren wollen, dort seien die Menschen unfreundlich. Stattdessen wolle man das Haus verkaufen und auf Welttour gehen. Ihre Video-Reiseberichte posten sie auf YouTube unter Traveling Wheels. Keep going, guys, and stay curious!
    Aber der Reihe nach. Schon nach wenigen Kilometern stehen wir morgens an der Grenze von Bulgarien nach Mazedonien. Der Grenzübertritt hat eher südamerikanischen als europäischen Charakter, es dauert minutenlang, bis alle Dokumente (hinter verschlossenem Fenster) gecheckt sind, und die Bulgaren filzen unseren Bulli gründlich. Solche Situationen sind immer irgendwie unbehaglich.
    Mazedonien, oder neuerdings Nordmazedonien, ist klein (2 Mio. Einwohner) und wirkt auf uns aufstrebend und ehrgeizig. Neue Autobahnen, große Installationen von Solaranlagen und ordentlich bestellte Felder (Reis!) wechseln sich ab … und alles in allem ist es deutlich sauberer als in Griechenland. Doch nicht alles gelingt. Unser Mittagsstopp in Prilep, inmitten einer ungewöhnlichen, felsübersäten Hochebenenlandschaft, soll uns zu einer Ruine namens „Markus Türme“ bringen. Es bedarf allerdings Kreuzworträtsel-Erfahrung, um die Wegweiser so zu ergänzen, dass wir den Weg zu „Markovi Kuli“ finden, denn dem Schild sind bereits einige Buchstaben abhandengekommen. Dort angelangt sind wir die einzigen Touristen. Und wahrscheinlich die ersten des Jahres. Das einst in Erwartung großer Besucherströme errichtete Kassenhäuschen verfällt, und der im Grunde schöne Fleck wurde zwar 2004 auf die Warteliste der Unesco für Weltnaturerbe gesetzt, aber es ging offensichtlich für Prilep nicht weiter. Nicht jedes Projekt führt zu einem Guten Ergebnis …
    Unser Tagesziel ist der Ohridsee. Das Quartier mit dem schönen Namen „My Grandparents House“ liegt sehr malerisch inmitten der Altstadt von Ohrid und erweist sich als liebe- und geschmackvoll modernisiert. Der Bulli ist für die engen und steilen Gassen etwas überdimensioniert, ein Yugo (es gibt sie noch!) passt hier besser, aber wir quetschen ihn am Ende durch alle Nadelöhre hindurch und werden von Eli und Naum herzlich begrüßt. Ihr werdet fragen: Was ist mit dem Vanlife? Sagen wir so: angesichts niedriger Nachttemperaturen und Quartieren in bester Lage für 30 Euro gewinnt im Moment Booking gegen Park4Night.
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  • Kirchentag

    May 10, 2022 in North Macedonia ⋅ ⛅ 19 °C

    Heute großer Kirchentag. Man glaubt es kaum, wieviele Gotteshäuser sich hier in Ohrid finden. Ein Schwabe kommentiert per patriotischem Aufkleber: „Nett hier. Aber waren Sie schon einmal in Baden-Württemberg?“ Die fotografierte Kapelle „St. John at Kaneo“ ist das beliebteste Knipsermotiv. Da reihen wir uns gerne ein.
    Und sonst? Viel See, viele Boote, viel blau, viel Essen. Aber wenig Touristen. Zur Ruhe muss nicht gemahnt werden.
    Erkenntnis des Tages: Schaschlik behindert das Tischgespräch.
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  • Albanien will in die EU

    May 11, 2022 in Albania ⋅ ⛅ 16 °C

    Albanien will in die EU. Das verkünden Tafeln und Installationen an jeder Ecke Tiranas. Und das Bekenntnis zum westlichen Lifestyle könnte nicht offensichtlicher sein. Am deutlichsten tritt es hervor, wenn man sich die Autos ansieht. Wer es kann, fährt ein großes SUV, manche setzen auf Audi und BMW, aber am liebsten sitzt man in einem Mercedes. Je neuer, größer und teuer, desto besser. Es rollen allerdings auch viele alte Daimler über die Straßen, für die es jede Menge Ersatzteile gibt, denn die Schrotthändler am Straßenrand spezialisieren sich auf Marken und Modelle aller Generationen.
    Wer will es den Albanern verdenken, sich neu zu orientieren? Enver Hoxha isolierte das kleine Land über Jahrzehnte. Die westliche Idee ablehnend, aber auch im kommunistischen Block eher ein Außenseiter, war die Abkopplung von der restlichen Welt perfekt. Das sichtbarste Zeichen dieser Verblendung stellen die fast 200.000 Bunker (für die 2,5 Mio. Albaner) dar, in die man sich vor dem Feind flüchten wollte. Man sieht sie zum Teil am Straßenrand. Und direkt in der Innenstadt Tiranas gibt es eine Art Bunkermuseum, das die Unterdrückung und Bespitzelung dokumentiert. Es erinnert alles an DDR. Nur noch extremer.
    Doch die Gegenbewegung ist spürbar. Auf den Straßen sehen wir viele junge Leute. Es wird gebaut und man versucht sich an ungewöhnlicher Architektur. Natürlich gibt es noch viel Heruntergekommenes (siehe Footprint Tiranas Häuserfassaden), aber es fühlt sich an, als wäre der Weg zum Wohlstand nur eine Frage der Zeit. Auf dem für den Sozialismus so typischen großen Paradeplatz findet ein buntes, graffitiumrahmtes Frühlingsfest statt. Die junge Generation spricht durchweg gutes Englisch, und die Kneipen sind witzig – wir finden abends eine besonders schöne in der Nähe unseres Art-Hotels, das sich als Glückstreffer erweist. Nicht nur von der Lage her, sondern auch weil es einen Innenhof hat, ohne den wir keinesfalls eine Parkmöglichkeit hätten finden können. Allerdings ist der Platz knapp bemessen, und es ist hilfreich, die Spiegel einzuklappen, um sich durch das Tor zu drücken.
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  • Perfekte Idylle

    May 12, 2022 in Montenegro ⋅ ☀️ 24 °C

    Dem Internet bleibt nichts verborgen. Ohne das WWW hätten wir Camp Podkray nicht gefunden. Und mit dem WWW wird es nicht lange Geheimtipp bleiben. Gleichwie: Für heute ist es unser Schlafplatz in perfekter Idylle.
    Nachtrag. Wenn Ihr auch einmal hierher fahrt, nehmt nicht die vermeintliche Abkürzung, es sei denn, Ihr habt ein Amphibienfahrzeug. Folgt auch nicht der gelegentlich angezeigten Google-Alternative mit gestricheltem Ende, es sei denn, Ihr seid geübte Kletterer. Und mit dem VW-Navi findet Ihr es sowieso nicht. 😀
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  • Pelikane in Montenegro

    May 13, 2022 in Montenegro ⋅ ⛅ 24 °C

    Ivona von „Eagle Tours“ will es nicht versprechen, aber wir haben Glück und sehen zwei Pelikane. Und Seerosen, Kormorane, Reiher. Blesshühner sowieso. Daniel schippert uns im Nebenberuf über den Skadar See, der fast so groß ist wie der Gardasee. Und er kann aus Seerosen hübsche Ketten und lustige Hütchen basteln. Ein wunderbares, stilles Naturerlebnis.Read more

  • Vrh

    May 14, 2022 in Montenegro ⋅ ☁️ 15 °C

    Wir tauschen erstmals auf dieser Reise Adressen aus: Hanka und André aus Dresden (leider kein Bild) sind supernett. Wir verbringen einen witzigen Abend mit dem Austausch von Reiseerlebnissen und Weltsichten miteinander. Ihr ebenfalls eher kleiner Van, ein Mercedes Marco Polo, trägt das nostalgisch-ironische Kennzeichen DD-R 110. Es wäre toll, die beiden einmal irgendwo wiederzutreffen.
    Die Fahrt heute geht in den Nationalpark Lovcen. Dort klettert unser Bulli auf kleiner weißer Straße auf 1.600m Höhe (gut, es hätte auch eine dicke neue Auffahrt gegeben, aber Google Maps sucht mit großer Hartnäckigkeit für uns Abenteuerrouten heraus, so dass wir uns mindestens einmal am Tag versichern, dass es gut ist, kein größeres Fahrzeug zu haben). Ziel ist der Jezerski Vrh (herrlich diese Wörter ohne Vokale), darauf wiederum thront das Mausoleum von Peter dem II., der nicht lange lebte, aber als Bischof, Poet und Steuerexperte (er führte ein von den Fürsten ungeliebtes System ein) in Montenegro zu Ruhm und Ehre kam. Gleichwie: Von dort oben hat man einen herrlichen Blick, und trotz des aufziehenden Gewitters erkennen wir vor allem die fjordartige Szenerie rund um Kotor, und in die andere Richtung die vielen dunklen, namensgebenden Berge („Montenegro“).
    Für die Abfahrt in Richtung Kotor wählen wir die alte Straße, deren endlose Serpentinen so ziemlich alles in den Schatten stellen, was man aus den Alpen kennt. In Hochsaisonzeiten angesichts der schmalen Fahrbahn nicht empfehlenswert, heute jedoch ein bemerkenswertes Erlebnis.
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