France
Arrondissement de Montluçon

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Travelers at this place
    • Day 9

      Tag 8: Turbulenzen

      March 4 in France ⋅ ☁️ 12 °C

      Manchmal läufts einfach nicht so wie man denkt. Nach ner Stunde Schlamm mitm Rad auf die Straße gewechselt - um dann 3km von nem Aggro Schäferhund verfolgt zu werden. Puls war laut Radcomputer bei 185 😅 danach vergessen nachm telefonieren die Jackentasche zu schließen und zack - liegts handy im Fluss. Nach mehreren Elektrozaunschocks und nem 30 Minuten Eisbad mit aufgeschnittenen trotzdem aufgegeben das Handy zu finden und dann nach Montluçon gefahren um nen neues zu holen 🫣 nach dem finanziellen Desaster erstmal in nem Wohngebiet gezeltet - weil nen Sturm aufgezogen ist und ich den Geldbeutel schonen wollte - nicht die beste Idee 😂Read more

    • Day 4

      See bei Montluçon

      September 19, 2022 in France ⋅ ☀️ 18 °C

      Ein sehr schön gelegener See mit gepflegter Parkanlage. Rundgang um den See. Am nächsten Morgen kurz vor Start von Drohni kamen Bauarbeiter und baten uns weg zu fahren, weil der Zugang, wo wir standen, jetzt mit Felsblöcken versperrt werden soll. Schade.Read more

    • Day 82

      76. Etappe: Charenton-du-Cher

      September 22, 2018 in France ⋅ ☀️ 21 °C

      Eine abwechslungsreiche Tour erwartete mich heute, Straßen und Feldwege wechselten sich ab und es geht durch ein paar schöne Städtchen. Deutlich abgekühlt hats durch den Regen gestern und so ist es auch etwas herbstlich geworden. Heute verschont mich der Regen zum Glück und Dank der guten Wandertemperaturen gehen die 30 km heut schnell vorbei.Read more

    • Day 81

      75. Etappe: Lurcy-Levis

      September 21, 2018 in France ⋅ ⛅ 16 °C

      Zu Beginn muss ich erst einmal den gestrigen Abend aufarbeiten. Denn ich habe viel gelernt 🕸+👧=😱💥:
      1. Wenn ganz viele mittelgroße Achtbeiner jede Menge Netze gespannt haben und ganz entspannt in den Ecken (oder auch dazwischen) hängen, so gibt es immer auch einen Boss! Der hält sich meist tagsüber versteckt (sonst wird er vermutlich schleunigst an die frische Luft gesetzt), aber abends checkt er seine Hood, ob seine fleißigen Helferlein auch genug Futter rangeschafft haben.
      2. Um möglichst wenig Kontakt zu dem Monster zu bekommen sollte man:
      a. sich nirgends gemütlich anlehnen, um entspannt mit seinem Freund zu telefonieren UND
      b. möglichst wenig Bodenkontakt haben UND
      c. das Licht nach 20 Uhr ausschalten, maximal erlaubt ist ein Taschenlampenschein mit einem Radius von ca. 1m um sich herum
      Tjaaaa! 🤔 Das alles wusste ich bis kurz vor 8 noch nicht und so fand ich mich sehr schnell hockend auf dem Küchentisch wieder. An Zähneputzen oder Toilette war nicht mehr zu denken, da das Rieseviech seinen Rundgang im Bad fortsetzte. Nach einer verschwitzen ersten Nachthälfte im bis zur Oberkante zugezippten Schlafsack, sagte ich mir: "Was du nicht siehst, ist auch nicht da!" und gönnte mir ein bisschen Frischluft und eine entspannte zweite Hälfte. Den Wecker hatte ich extra spät gestellt, damit der Boss genug Zeit hat sich zu verkrümeln. Die Taktik ging voll auf und ich hatte zum Glück keine zweite Begegnung 😅🎉
      Demnach bin ich heute erst spät gestartet, aber die Tour war nicht so lang. Heute gab es mehr Schatten - aber leider auch ausgiebig Regen, so dass meine Sachen jetzt erst einmal trocknen müssen. Der Weg war gut ausgeschildert, so dass ich schnell mein Ziel erreichte. Die heutige von der Stadt betriebene Herberge beziehe ich wieder allein. Sie ist sehr neu und schick (hab sogar nen TV, den ich nicht brauche). Zu neu, denn ganz offensichtlich gab es hier noch nicht so viele Gäste, der Kühlschrank ist riesig, aber vollkommen leer. Also bin ich noch schnell einkaufen gewesen und werde mir nachher ein Festmahl zaubern 🍝🍷😋
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    • Day 83

      77. Etappe: Marcais

      September 23, 2018 in France ⋅ 🌧 19 °C

      Die heutige Etappe fiel leider etwas kleiner aus als erwartet, denn zum ersten Mal seit Beginn der Reise, habe ich keinen Schlafplatz in meinem "Wunschort" bekommen. 😱 Aber zum Glück habe ich gestern Abend nette Pilger in der Herberge getroffen und so hat Lucille, eine Französin, die sehr gut deutsch und englisch spricht, noch einen zweiten Schlafplatz für mich in Marcais, wo sie bereits vorreserviert hatte, etwas abseits der Route gebucht. 🎉
      Gestartet sind wir heute morgen alle nach und nach über eine Abkürzung entlang eines Kanals (und ich habe sogar einen Eisvogel gesehen 😳🎉), die laut Chantal, der netten Herbergsbesitzerin, viel schöner und kürzer als der offizielle Weg ist. Dank der unterschiedlichen Geschwindigkeiten und vergessener Wanderstöcke 😅, trafen wir (3 Brasilianer, 3 Franzosen und ich) aber alle wieder im Supermarkt in Saint-Amand-Montrond zusammen. Danach trennten sich die Wege, da wir alle in unterschiedlichen Orten übernachten.
      Lucille und ich kommen gerade rechtzeitig in unserer Herberge auf einem Bauernhof an, als es beginnt zu regnen. Der nette Bauer und Hospitaliero hat uns vom Wegesrand mit Auto abgeholt, sonst wären wir wohl in den Regen gekommen.
      Für morgen ist die Unterkunft schon vorgebucht. Es wird wieder ein Caravan in einem privaten Garten, den ich mir mit Lucille teile - ich bin sehr gespannt!
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    • Day 8

      Eichenscheiß

      April 28, 2019 in France ⋅ ☁️ 11 °C

      Trip 5, Tag 8, Wandertag 6: Isle-et-Bardais - Vallon-en-Sully, 25,20 km, Steigung 450 Meter, Gehzeit 6:00, Sonntag, 28.4.2019

      Nicole, unsere überaus zuvorkommende Gastgeberin der letzten Nacht vom „Le Matou Roux“, entpuppte sich im Nachhinein als liebenswerte Holländerin. Sie und ihr Mann Rob, den wir leider nicht kennenlernten, zogen ein beschauliches Leben in der Auvergne-, einem Hektischen im zu dicht besiedelten Holland, vor.
      Ihr Frühstück war grandios. Es verfügte über alles, was so ein rustikales deutsches Herz wie meins um diese Uhrzeit begehrte, inklusive Frühstückseier! Aber auch Marion, von Natur aus mit etwas feineren Geschmacksnerven ausgestattet, kam auf ihre Kosten. Nicoles Hilfsbereitschaft bescherte uns auch frisch frischgewaschene- und von ihr eigenhändig gebügelte Wäsche, welche Freude, vielen Dank Nicole!
      Das „Le Matou Roux“ bekam von uns eine glatte zwei. Gastgeberin hilfsbereit und nett, Zimmer mit Bad gemütlich, Frühstück grandios. Hätte das Mansardenzimmer anstelle des Dachfensters ohne Fernblick eines mit- gehabt, wäre es eine deutliche 2+ geworden.
      Die „D 411“ führte uns noch einmal schnaufend am Restaurant des gestrigen Abends vorbei. Gleich danach brachte uns die kleine Straße „La Salle“, auf der rechten Seite abzweigend, zum „Étang de Pirot“, ein stattlicher See, gut bewacht von einem gemischten Wald und intensivem Grün.
      Stolz präsentierte sie uns, ein wenig später, das äußerst gepflegte Camping-Areal „Camping Caravaning Des Ecossais“. Links der Straße posierte der Camping-Bereich direkt am Ufer des Sees, rechts davon, seine kleinen Holz-Bungalows in einem parkähnlichen Gelände.
      Der Campingplatz war das exakte Gegenteil der räudigen Bauernhöfen von gestern. Hier hätte hier schon ein Vogelschiss als Vorwand für Renovierungsarbeiten gereicht, so übergepflegt war es hier. Auch Gänseblümchen im Rasen haben hier sicherlich kein leichtes Leben.
      Aber wie fast immer in Frankreich war auch dieser See fast ausschließlich den Anglern vorbehalten. Sie müssen über eine gut funktionierende Lobby verfügen. Denn wie sonst wäre es zu erklären, dass so eine kleine Gruppe, der viel größeren, freizeitbedürftigen Masse, den Badespaß durch flächendeckende Badeverbote derart vorenthalten darf.
      Am See war das Schwimmvergnügen nur den Gästen des Campingplatzes gegönnt, und das auch nur in einem eng begrenzten- und streng markierten Bereich im See von vielleicht 10 x 5 Metern, winzig im Verhältnis zur Größe des Areals. Das normale Volk hatte am See nichts zu suchen, rein gar nichts.

      Ich hab mal nachgelesen, gegen diese Art von Egoismus geben auch die zehn Gebote nichts her. Vermutlich hat der Herr, mangels Gelegenheit, auch nie gebadet, denn ansonsten hätte er einem solchen Treiben sicherlich seinen „Gebotsriegel“ vorgeschoben.
      Wir wanderten hier im „Département Allier“, das zur „Auvergne-Rhône-Alpes“ Region gehört und genau im Herzen Frankreichs liegt.
      Ein letztes Mal blickten wir zurück zum entfernten Örtchen „Isle-et-Bardais“, das sich aus südlicher Richtung deutlich vorteilhafter präsentierte.
      Unser „Klimaerwartungsindex“ klebte heute Morgen weiterhin bei null Punkten. Es war immer noch ziemlich kalt und Wolkenverhangen, nur geregnet hat es bisher noch nicht.

      Gleich hinter dem Campingplatz begann der Wald, sehr viel Wald, ein Eichenwald, der „Foret de Troncais“.
      Der Abzweig zum Wanderweg „Ligne de Pirot“, eher eine perfekte Wanderhighway, führte uns nach den ersten beiden Wanderkilometern hinein in seinen unendlichen Schlund.
      Der „Foret de Troncais“ ist ein rund 11.000 Hektar großer, französischer Nationalwald und damit nicht nur der Größte-, sondern angeblich auch der schönste Eichenwald Europas. Einst war er in Besitz der Herzöge von Bourbone. Gepflanzt wurde er von „Colbert“, dem Handelsminister des 15. Ludwigs, den im Mai 1774 die Pocken holten. Die Schmach der französische Revolution, von 1789 bis 1799, blieb ihm damit erspart, Glück im Unglück also.
      „Colbert“ wollte mit dem Wald einst Holz für den Schiffsbau erzeugen. Nach der Revolution aber wurden aus dem Wald keine Schiffchen mehr gebaut, sondern vom gemeinen Volk Holzkohle produziert, welche Schmach.
      Heute müssen die Eichen dort mindestens 225 Jahre alt sein bis sie gefällt werden dürfen. Zentrum des Waldes, den man nur zu Fuß betreten darf, für uns natürlich das geringste Problem, ist die „Rond Gardien“, ein Kreuzungspunkt aller Forststraßen.

      Das mit dem Wald klingt alles sehr interessant, ist am Ende aber eben doch nur Wald. Ein etwas hellerer- und parkähnlicher Eichenwald zwar, aber für einen Fernwanderer am Ende eben doch langweiliger, Wald. Leser, die unsere Wanderung bis hier verfolgten, wissen um unsere „Waldschädigung“ die wir uns noch in Deutschland, bei tagelangen- und nicht enden wollenden Waldetappen, zugezogen haben.
      Selbstverständlich geht es bei unserer „Waldschädigung“ nicht um den Wald als solches, wir schätzen seinen Wert sehr, versteht sich von selbst. Nur, beim Wandern schätzen wir eben das vom Licht verwöhnte, offene Land.
      Über die nachfolgenden neun Kilometer gab es, wie nicht anders zu erwarten, über nichts anderes zu berichten als über menschenleeres-, unendlich ödes, und unterbelichtetes Eichengrün. Einzige Abwechslung bescherten uns zwei baumlose Lichtungen gigantischen Ausmaßes. Es waren „Treffpunkte“ der Forstwege die sich dort jeweils, aus allen Richtungen kommend, ein Stelldichein gaben.

      Der erste „Treffpunkt“, die „Rond de la Cave“, sorgte bereits nach zwei Kilometern für die Lichtmenge, die wir benötigten, damit unser Gemüt nicht noch mehr dem Klimaerwartungsindex des Tages folgte. Es reichte gerade noch so aus, um dem mentalen Abwärtstrend, kurz vor der Depressionsgrenze, Einhalt zu gebieten. Mehr gab der immer noch wolkenverhangene Himmel an Lichtmenge leider nicht her.
      Außer ein paar Schutzhütten und einer großen Hirschkäferskulptur, mühsam aus einem Baumstamm herausgeschnitzt, war hier nichts zu holen. Musste auch nicht, die riesige baumfreie Fläche und der geringfügig höhere „LUX“-Wert reichten uns als willkommene Abwechslung.
      Weitere drei Schattenkilometer auf dem Forstweg „Route Forestière de Placegrosse“, Nummer „D978A“, brachten uns zum zweiten „Treffpunkt“, der Lichtung „Rond Gardien“. Auch er diente keinem anderen Zweck als anderen Forstwegen, die ebenfalls kerzengerade aus allen Richtungen hierher strömten, eine „Heimat“ zu geben.
      Eine große Informationstafel gab der Öffentlichkeit ihr Wissen über die umgebende Region „Allier“ preis. Außerdem gab es noch ein paar „Marterpfähle“, sollte wohl Kunst sein, sowie eine Informative Schutzhütte zum Unterstellen.

      Eine kleine Sensation für uns aber war hier das kleine Hotel-Restaurant, „Auberge du Rond Gardien“. Wo gibt es in Frankreich schon eine mittags geöffnete Auberge mit Draußen-Sitzgelegenheiten im Wald.
      Wir gingen in „sicherer“ Distanz daran vorbei, um der Versuchung nicht zu erliegen. Für uns war die Zeit noch nicht reif für eine Rast, schade.

      Dort sah es, sehr zu unserem Leidwesen, auch noch ziemlich gemütlich aus, fast wie im Biergarten. Kein Wunder, stand ja auch auf dem Werbe-Schild.
      Einige hartgesottenen Franzosen kauerten sich dort, bei unter zehn Grad, im äußerst schattigen „Biergarten“, zusammen. Für uns, eh schon fröstelnd, kaum vorstellbar, das linderte unseren Sehnsuchtsschmerz ein wenig.
      Aber, wie die armen Würstchen da so saßen, erweckten sie dann doch das Mitleid meines tief bayerischen Herzens, denn "Biergarten" war ja wohl etwas geprahlt, oder?

      Ich empfehle euch biergartenverliebten Franzosen dringend einmal einen Urlaub am Chiemsee.
      Hier solltet ihr eure überaus hochnäsig geratenen Gaumen, wenigstens einmal im Leben, mit einem echtes 3-Gänge-Biergarten-Menü wieder erden, und danach, eure völlig außer Kontrolle geratenen Geschmacksnerven wieder neu sortieren.

      Als Entrée empfehle ich eine Leberknödelsuppe, als „Plat Principal“ eine ordentliche Schweinshaxe, und als Dessert einen noch ordentlicheren Kaiserschmarrn, das wäre doch mal was genaueres, oder? Kein Hungerleiden mehr auf dem langen Weg zum dritten Gang!
      Und ganz nebenbei werdet ihr feststellen, dass es beim Servieren der Gänge gar nicht so einfach ist die Beilagen der reichlich gefüllten Teller, unter den üppig im Dirndl des bayerischen Urweibs in Schach gehaltenen Möpsen, überhaupt noch zu erkennen, dass ist Bayern, „Viva La Bavière“!

      Nachdem der „Gaul“ wieder zur Besinnung kam, waren es immer noch gute vier Kilometer bis zum Licht der Welt. Fairer Weise muss aber erwähnt werden, dass wir schon deutlich dunkleren und erdrückenderen Wald erlebt haben. Der hier war sehr weitläufig, machte einen eher herrschaftlichen Eindruck und war ziemlich „aufgeräumt“. Die Wege waren wahre „Wanderautobahnen“.
      Ein kleinerer, nahe des Sees „Étang de Saloup“ abzweigender Weg, der „Cehmin Rural“, manchmal auch als „Les Chérons“ in Karten eingezeichnet, führte uns schließlich, nach gut elf gewanderten Kilometern, zum Licht der Welt. Endlich, vorbei mit dem Eichenscheiß, es werde Licht.
      Die von Viehwirtschaft geprägte „Freiheit“ präsentierte sich mit strotzend grünen Weiden, durchsetzt mit Bäumen und kleinen Wäldchen. Die kleinen bäuerlichen Betriebe waren auffallend gepflegter als die gestrigen, wobei man dazu sagen muss, dass vermutlich jedes Gebäude gepflegter gewesen wäre.
      Kurz vor dem dreizehnten Wanderkilometer mündete der Weg in das einsame Sträßlein „D 39“. Es war außer sich vor Freude über unsere illustre Gesellschaft. Immerhin brachten wir wenigstens etwas Abwechslung in ihr ansonsten einsames und tristes Leben.
      Ihr Vergnügen fand nach ein paar hundert Metern, leider ein jähes Ende. Fortan folgten wir rechts der nicht minder von uns entzückten „D 145“ in Richtung Westen, „Le Brethon“.
      Vor Einsamkeit befand auch sie sich bereits am depressiven Abgrund. Einmal mehr war hier nichts und niemand, nur wir und unser erheblicher Waldschaden im Kopf.
      Immer noch getrübsalt vom tristen Grau des Himmels gab uns „Estas Tonne“, über unsere am Rucksack hängende „JBL Clip3“-Box, eine Kostprobe seines gitarrenvirtuosen Könnens, das zu unserer Stimmung passte wie die Faust auf dem Auge.

      Vierhundert Metern weiter wurde die „D145“ zur „Route Forestière du Ris Sanglier“. Nach insgesamt drei waldfreien Kilometern mentaler Erholung, mutierte die traurige Straße damit erneut zu einem Forstweg, der mit dem vierzehnten Kilometer unweigerlich das nächste „Waldvergnügen“ einleitete. Nach weiteren vier Kilometern gehörte auch dieser Forst endlich der Vergangenheit an. Für heute war unser „Waldkonto“ kurz vor dem Bersten, weitere „Einzahlungen“ würden nicht mehr angenommen.
      Und wie so oft, kommt unverhofft oft, besonders beim Fernwandern.
      Es war unglaublich, mit dem Wanderkilometer 18,3 und dem Verlassen des letzten Waldes, kehrte sich alles gleichzeitig ins Gegenteil.
      Der trübselige Himmel hatte ein Erbarmen und gab auch der Sonne eine Chance. Der endlose Wald wurde nun von einer offenen- und fantastischen Landschaft abgelöst. Das monotone Grün des Eichenwaldes ließen uns die bunten Frühblüher am Wegesrand und in den naturbelassenen Wiesen, schnell vergessen. Zusätzlich verteilten sich gepflegte und altehrwürdige Häuser zurückhaltend entlang des Wegesrands und warteten auf unsere Entdeckung.
      Alles war perfekt herrlich und ließ uns den endlosen Eichenscheiß langsam vergessen. Hier war es wieder, unser unglaublich schönes Frankreich, WOW, vive la France!
      Die endlose- und leicht abfallende Landschaft führte kilometerweit hinunter ins „La Vallée de l´Aumance“, der Heimat des gleichnamigen Flüsschens.
      Gerne würde ich die Glücksgefühle beschreiben, die uns bei einem derart schönen und unerwarteten Landschaftswechsel durchströmen, aber mir fehlen einfach die Worte. Der Umstand aber, dass unsere selbst geplanten Touren, die in keinem Wanderführer zu finden sind, immer entlang der imaginären Luftlinie zum Endziel führen und dabei alle möglichen Landschaften „durchschneiden“, ist sicherlich ein Grund für deren Intensität.
      Vieles gab es hier zu entdecken, überall. So etwas wie ein steinaltes Kloster, irgendwo am Horizont, gepflegte Landwirtschaft und eine wunderschöne-, von Alleen gesäumte-, kleine Straße, deren Gäste wir waren.

      Kaum ging es uns mental besser, spukte auch der „Gaul“ schon wieder ordentlich in unserem Hirn rum und präsentierte uns in allen Details das „Château de Peufeilhoux“, dessen Gäste wir ab heute, für zwei Nächte sein würden. Er gab sich ordentlich Mühe uns den Vorfreude-Puls, auf ein ungesundes Niveau zu beschleunigen, denn immer noch vermochten wir nicht zu glauben, dass die traumhafte Abbildung im Internet, der Realität das Wasser reichen konnte.
      Besonders in meinem Hirn hackte er auf der vermeintlich luxuriösen Badewanne im uralten Gemäuer rum, wohl wissend, wie oft ich eine Solche nach den langen Wandertagen bisher vergeblich suchte. Einzig das „Hotel Du Parc“ in „Sancoins“, bildete hier eine Ausnahme.
      Wir erreichten mit dem zweiundzwanzigsten Kilometer das Tal und querten über eine kleine Brücke die „l´Aumance“. Sofort danach begann für einen Kilometer das zehnprozentige Leiden des Tages. Schon deutlich geschwächt von der bisherigen Strecke, hechelten wir nur so dem Sieg über den Berg entgegen. Auch die Sonne verabschiedete sich wieder, um den Regenwolken einmal mehr den Vorzug zu geben.

      Nach gut vierundzwanzig Kilometern landeten wir auf der „D2144“, der „Route de Paris“, einer stark befahrenen Bundesstraße unbeliebtester Art. Vom Schloss weit und breit immer noch keine Spur.

      Wie immer und mit Beginn des letzten Kilometers am Ende eines Wandertages, dröhnte „New York“ von „Frank Sinatra“ aus unserer kleinen Wanderbox.
      Gut gelaunt vor uns hin tänzelnd, war der letzte halbe Kilometer dieses unmenschlichen Molochs gerade noch ertragen. Gleichzeitig konnten wir es uns aber keine Sekunde leisten unaufmerksam zu werden, was unsere Tagesendeuphorie deutlich bremste. Nur gut, dass es neben der Straße einen komfortablen Grünstreifen mit etwas Platz für uns gab.
      Ein kleines rotes Hinweisschild markierte endlich die sehnsüchtig erwartete Auffahrt zum immer noch verborgenem Schloss. Es musste hier irgendwo links oben, auf der dicht bewaldeten Hügelkette zwischen dem „Cher“-Tal im Süden, in dem wir uns gerade befanden-, und dem „Aumance“-Tal im Norden, zu finden sein.
      Noch einmal quälten wir uns ein paar hundert Meter auf dem Privatweg hinauf zum Hügel ehe wir die ersten Teile des beeindruckenden- und hoch über uns thronenden Châteaus, erspähten. Zweihundert Meter weiter durchschritten wir ehrfürchtig das monomentale Eingangstor der Schlossmauer und standen völlig überwältigt im Innenhof des ehrwürdigen Gebäudes aus dem fünfzehnten Jahrhundert.
      WOW, unser Schloss, der Gaul hatte nicht zu viel versprochen. Nichts störte die komplett erhaltene, historische Szenerie des wunderschönen Gemäuers.

      „Antoine“, ein gutaussehender und überaus freundlicher Sohn des Inhabers „Claude Thévenin“, bereitete uns, ganz im Gegensatz zum Phantom von „Nevers“, einen fürstlichen Empfang. Hier war der Gast willkommen.
      Andächtig und deutlich eingeschüchtert folgten wir Antoine, der uns über enge Turm-Wendeltreppen und über hinter meterdicken Mauern versteckten Fluren die liebevoll im Stil der Zeit ausgeschmückt waren, zu unserem Zimmer führte.
      Wir waren zwar erschöpft, aber dennoch mehr als beeindruckt, als wir unser „zu Hause“ für die kommenden beiden Tage ehrfürchtig betraten. Wir hatten reichlich damit zu tun den „Gaul“ in Schach zu halten.
      Das schöne Zimmer war komplett saniert, behielt aber, wegen des antiquaren Mobiliars, dennoch seinen historischen Charakter ohne Stilbruch zum Schloss selbst. Das verbleite Fenster am äußeren Ende der meterdicken Mauer, eröffnete einen erhabenen Blick auf den zuführenden Weg und das schöne- und immer noch wolkenverhangene „Cher“-Tal. Von der Bundesstraße war hier oben nicht mehr zu hören, nur die Gespenster flüsterten ab und zu, oder war das der „Gaul“?
      À propos, seine versprochene Badewanne gab es leider nicht, dafür aber ein stylisches-, und modern ausgestattetes Duschbad.
      Nach reichlich warmen Wasser unter der Dusche gab es für den heutigen Tag nur noch eine einzige, letzte Herausforderung: Wo gibt es hier etwas zu essen?
      Einfache Antwort, nirgends.
      Es war ja Sonntag, und am Tag des Herren hat man eben nicht essen zu gehen, basta.
      Antoine, etwas beschämt, weil es sich in der Nebensaison nicht lohnte selbst den Gästen etwas anzubieten, strapazierte sein Handy nach allen Regeln der Kunst. Hartnäckig versuchte er, trotz des Sonntags und des fortgeschrittenen Abends, doch noch irgendwo einen Tisch- und ein uns dort hinbringendes Taxi, das mindestens genauso schwer zu finden ist, zu organisieren, mit Erfolg.
      Frisch und schick begrüßte uns der Chauffeur, um uns zu Antoines organisierten Tisch zu bringen. Es dauerte fast eine Stunde bis wir nach gefühlt mindestens fünfzig Kilometern, das vorgegebene Ziel erreichten. Es war irgendein Hotel-Restaurant, den Namen habe ich wegen Bedeutungslosigkeit vergessen.

      Hier machten sie ordentlich einen auf „dicke Hose“, obwohl der Stoff ganz dünn war. Die Gaststube glich mehr einem neonbeleuchteten Speisesaal, das Personal war pseudo-vornehm-hochnäsig und das drei-Gänge-Menü hat es gerade noch so geschafft die gröbsten Löcher in unseren Bäuchen zu stopfen, und das alles auch noch in der gehobenen Preiskategorie, ein klassischer Reinfall.
      Ich glaube die Madame war froh, als wir dem Speisesaal wieder seine „Würde“ zurückgaben und die Tür hinter uns schlossen.
      Draußen wartete immer noch unser Taxi, ein anderes hätten wir am Sonntag-, und so spät abends, nicht mehr gefunden. Wieder beim Château, nach weiteren gut fünfzig Kilometern Rückweg, wollte unser netter Chauffeur natürlich auch verdient fürstlich entlohnt werden.

      Für das mittelmäßige- und bescheidene drei-Gänge-Menü, inklusive Taxi-Service, berappten wir sage und scheibe rund dreihundert Euro, was für ein Reinfall.
      Unser schönes Zimmer aber entschädigte uns fürstlich für diese Dummheit.
      Es war schon etwas unheimlich, als einzige Hotelgäste um Mitternacht auf verschlungenen Wegen im Schloss unser Zimmer zu suchen.
      Rein vorsichtshalber verschlossen wir sorgfältig unsere Zimmertür bevor wir, kurz vor Mitternacht, dem „Gaul“ freies Geleit gaben.
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    • Day 9

      Einsam

      April 29, 2019 in France ⋅ ☁️ 10 °C

      Trip 5, Tag 9, Wandertag 7: Vallon-en-Sully - Archignat, 32,3 km, Steigung 500 Meter, Gehzeit 5:49, Montag, 29.4.2019

      Im alten Schloss aufzuwachen ohne nächtliches Generve von traumatisierten Seelen, war befreiend.
      Auch das Frühstück erfüllte unsere „strengen Vorgaben“ in jeder Hinsicht. Antoine kümmerte sich einfühlsam um uns croissant-verschmähende Fernwanderer mit den unfranzösischen Geschmacksnerven.

      Während ich Bissen um Bissen meine Muskeln stählte, um für die heutigen, rund zweiunddreißig Kilometer gut gerüstet zu sein, eröffnete mir Marion feierlich, dass sie heute nicht gedenke wieder den ganzen Tag auf den Beinen zu sein. Sie wollte heute einen freien Tag, Punkt.

      Schluck, das hat gesessen und gabs noch nie, außer wenn Marions Füße, vom vielen Gelatsche, allergische Reaktionen zeigten. Dann jedoch hatte sie sich stets irgendwo ein Fahrrad gemietet und die Etappe damit fußschonend geschlossen. Schließlich sollte ja jeder Kilometer bis nach Santiago de Compostela und weiter zum Ende der Welt, nach „Kap Finisterre“, zu Fuß erwandert werden.
      Die "Palast-Revolution" heute Morgen aber war anders.
      Seit unserem letzten freien Tag in Nevers sind wir in drei Tagen gut fünfundachtzig Kilometer marschiert. Das war zwar nicht unbedingt etwas Besonderes, aber seit unserem Start in „Vézelay“, vor acht Tagen, waren es rund einhundertfünfundziebzig Kilometer, ein Schnitt von fünfundzwanzig Kilometer am Tag. Dazwischen hatten wir nur einen Tag frei, ein straffes Programm.

      Marion war einfach müde, aber vor allem breitete sich in ihr das Gefühl aus, nur noch durch Frankreich zu hetzen und es nicht mehr richtig zu erleben. Zugegebenermaßen war sie damit nicht allein.

      Verstärkt wurde ihr Gefühl auch durch das wunderschöne Château, von dem wir, laut unserem Wanderplan, tagsüber kaum etwas haben würden.
      Wir logieren hier nur deshalb zwei Nächte, weil die menschen- und unterkunftsleere Zielgegend der heutigen Etappe, dies unbedingt erforderte.

      Am Endpunkt des Tages, "Archignat", habe ich ein Taxi für den Rücktransport organisiert. Morgen früh wird es uns dann dort wieder hinbringen.

      Marion wollte heute einfach frei haben und war der Meinung, dass „zu Fuß von Hamburg nach Santiago und weiter zum Ende der Welt“, trotz der dann heute fehlenden Tagesetappe, dennoch gilt.
      Was Marion anbelangt war das ihre Sache, was mich jedoch betraf, hinlänglich als monochromer Extremist bekannt, war das inakzeptabel. Denn das Bewusstsein, nicht wirklich auch jeden einzelnen Kilometer der insgesamt dreitausendzweihundert, zu Fuß gegangen zu sein, hätte mir schlichtweg den Spaß verdorben, auch wenn die dreißig Kilometer im Verhältnis zur Gesamtstrecke als völlig lächerlich erscheinen. So bin ich eben, ganz oder gar nicht, schwarz oder weiß, Null oder Hundert, dazwischen gibt es nichts, monochrom halt.

      Irgendwie fand ich Marions freien Tag auch gut. Mir war es wichtig, dass sie ihre gute Laune und Motivation behielt. Denn, was sie noch nicht realisierte war, dass der bisherige Tagesschnitt mit fünfundzwanzig Kilometer zwar schon recht ordentlich war, dass der aber mit den kommenden Tagen noch auf über Dreißig steigen würde.
      Außerdem waren Marions Füße auch schon wieder an der Grenze zur Allergie.
      Insofern war ich sehr einfühlsam mit meiner Frau, gleichzeitig aber hatte ich heute damit aber, einen langen und einsamen Wandertag vor mir.

      Das „Château de Peufeilhoux“ war übrigens ein geschichtsträchtiger Ort. Frühe Entwicklungsstufen aus Holz gab es bereits zur Römerzeit. Ab dem 12. Jahrhundert wurde daraus das erste Stein-Gemäuer, die Fundamente sind bis heute erhalten.

      Irgendwann im 16. Jahrhundert wechselte das kleine Renaissance-Schlösschen den Besitzer, der nach dessen Ausbau dafür das "Lehen ohne Recht" zugesprochen bekam.
      Danach würde es an den Knappen, Lord „Pierrebrune“, übergeben, und so weiter und so fort. Die weitere Geschichte über die Jahrhunderte war völlig verworren.

      Dann, 1822, ließ „Jean Antoine Villatte de Peufeilhoux“ das „Château de Fremnet“, wie es damals hieß, zum Jagdschloss umbauen. Mehrmals verlassen und schließlich vergessen, wurde das Château irgendwann aufgegeben und blieb bis 1920 eine romantischen Ruine.
      Der Retter, „Monsieur Michel Machart“ kaufte sie danach und ließ sie vom größten Architekten der damaligen Zeit, „Sappin des Raynaud“ und seinen etwa dreißig Bauarbeitern, fast sieben lange Jahre aufwendig restaurierten.
      Zu dieser Zeit umfasste der dazu gehörige Besitz fast 650 Hektar Land und ein Dutzend landwirtschaftliche Betriebe.

      Nach einem Englischen- und einem Holländischen Besitzer, landete das Schloss schließlich bei einem Belgier, der es, mittlerweile war es wieder eine Ruine, 2013 an unseren Gastgeber, „Claude Thévenin“, für 1,1 Millionen Euro, verkaufte. Der investierte noch einmal zweihunderttausend Euro, bevor er schließlich das Château als Bed & Brakfast in der heutigen Form anbieten konnte.

      Claude hat sein Vermögen mit einem Tierpark auf der französischen Atlantik-Insel, „Ile de Ré“, erwirtschaftet. Ursprünglich kommt er aber aus dem rund zwanzig Kilometer entfernten „Bourbon-l'Archambault“. Wer sich die Bilder dieses Ortes einmal genauer im Internet angesehen hat weiß, warum Claude „Château-süchtig" ist und unbedingt eins besitzen musste.

      In voller Regenmontur machte ich mich auf den langen Weg. Mein Klimaerwartungsindex lag bei null, es regnete und war kalt, grässlich.

      Mein Plan war, die heutigen, gut zweiunddreißig Kilometer, in Rekordzeit hinter mich zu bringen. Zum einen, weil mein Schritttempo alleine höher war, und zum anderen, weil ich von der Tagesstrecke mehr als die Hälfte auf viel befahrenen Bundesstraßen verbringen würde. Es war echt verrückt, nach meiner Planung gab es in dieser Gegend keine Alternative dazu.
      Völlig genervt von der Bundesstraße „D 2144“ erlöste mich nach drei Kilometern der Ort „Vallon-en-Sully“. Mit seinen 1.578 Einwohnern ist er das Zentrum des Départements Allier. Immer noch sind wir in der Auvergne-Rhône-Alpes Region. Weitere Zeilen über diese traurig-verkommene Gemeinde zu verlieren wäre reine Zeitverschwendung.

      Auf der Rue des „Trois frères pasquier“, die etwas später zur „D 40“ wurde, schlich ich mich schnellen Schrittes aus der dürsten Häuseransammlung.

      Die „D 40“ war zwar nicht ganz so schlimm wie die „D 2144“, nervte aber dennoch gewaltig. Mit meinem derzeitigen Speed von rund 6 Kilometern in der Stunde versuchte ich das Molloch möglichst schnell zu überwinden. Dass ich dabei immer höllisch auf den Verkehr achten musste versteht sich von selbst. Diese Bundesstraße war deutlich schmäler als die „D 2144“, bot aber kaum Platz zum Ausweichen, und war häufig von Leitplanken eingepfercht.
      Leitplanken sind das Gefährlichste, was man einem Fußgänger an einer vielbefahrenen Straße zumuten kann.
      Unmenschliche, dreizehn Kilometer war ich ihr Gefangener. Dreizehn Kilometer geradeaus, dreizehn Kilometer Langeweile. Nur der sich ab und zu durchsetzende, weißblaue Himmel und die davon neu eingefärbte Landschaft, boten zwischendurch etwas Abwechslung.

      Meinen schnellen Schritt ließ ich mir dabei von der Indie-Hip-Hop Band, „Astronautalis“, einpeitschen. Die mitreißende Musik trötete so laut aus meiner kleinen JBL-Box, dass sich selbst der Straßenlärm geschlagen geben musste.
      Nach insgesamt siebzehn zurückgelegten Kilometern schenkte mir ein kleiner unscheinbarer Wegweiser, abzweigend in Richtung „Les Franchises des Barrières“, meine Freiheit, endlich weg von diesem Molloch.

      Nachdem die Musik von „Astronautalis“ ihren Job erledigt hatte, war nun der Singer-Songwriter, „Jose Gonzalez“, an der Reihe, mir mit seiner schönen melancholischen Gitarrenmusik zu helfen die böse Straße zu vergessen.
      Meine Stimmung drehte sich innerhalb von Minuten, ganz im Einklang mit der beeindruckenden Kulturlandschaft und der freundlichen Sonne, die Welt war wieder in Ordnung.

      Müde vom bisher hohen Schritttempo legte ich mich, immer noch in Regenklamotten, unter einen Obstbaum am Rande der schönen kleinen Straße. Eigentlich war es mehr Versorgungsweg der hauptsächlich von der Landwirtschaft genutzt wurde. Nach einem Müsli-Riegel fielen mir sofort die Augen zu, Power Napping.

      Fünfzehn Minuten später war ich wieder zurück im Leben. Welche Befreiung, nunmehr in leichten Wanderklamotten vor mich dahin zu „schweben“, ohne das nervige Gewetze des Regenschutzes, den ich fürs Erste, voller Erwartung auf stabileres Wetter, wieder im Rucksack versenkte.

      Nach dem winzigen Ort „La Grange-Neuve“, eher eine kleine Ansammlung von alten Bauernhäuser, wurde die Landschaft durch ihre sanften Hügel noch lieblicher und mehr und mehr zum reinen „Augenschmaus“, unglaublich schön.

      Die kleine-, von Wildblumen gesäumte Straße, abwechslungsreich eingebettet in endlose- und von der Zivilisation unverdorbenen Hügel unter weißblauem Himmel, wirkte wie sorgfältig komponiert. Sie war eine wild geschlängelte Schönheit, ohne Menschen, ohne Autos, von weit entfernten Kühen aufmerksam beobachtet, und nur von den Stimmen der Vögel begleitet.

      Mit dem dreiundzwanzigsten Kilometer des Tages brachte mich meine Navi-App am kleinen Ort „La Vallas“ vorbei. Die üppig blühenden Büsche entlang des Weges verzauberten meine ohnehin schon beeindruckten Sinne noch mehr.
      Ein links abzweigender Feldweg führte mich nun weg vom Ort und mit zwölf Prozent Gefälle hinunter zum 360 Meter tiefer gelegenen “Meuzelle“-Tal. Die Vegetation der kaum berührten Natur links- und rechts des Weges erinnerte an einen undurchdringlichen, tropischen Dschungel.

      Das Bächlein etwas später auf einem kleinen Steg im wildromantischen Tal zu überqueren, war etwas ganz besonderes. Hier wäre ich gerne länger geblieben, um die Einsamkeit der wilden Schönheit zu inhalieren. Aber allein, ohne Marion, hatte ich dafür keine Muße.

      Was unmittelbar danach kam war die reinste Plagerei.
      Schon deutlich geschwächt von den bereits dreiundzwanzig zurückgelegten Kilometern, verfluchte ich das schöne Tal nach allen Regeln der Kunst. Ein ganzes Leben hätte sicher nicht ausgereicht, um einer später auferlegten Buse Genüge zu tun.

      Der missratene „Dschungelweg“ schlängelte sich nun in Serpentinen und einer unglaublichen Steigung von sage und schreibe sechzehn Prozent, einen endlos langen Kilometer wieder hinauf zum Berg auf der anderen Seite des Tals.
      Der Regen der letzten Tage verwandelte ihn dabei in eine steile, unberechenbare und tief zerfurchte Schlammrutsche, die mich an die Grenzen meiner Belastbarkeit brachte. Mit dem Rucksack auf dem Rücken kroch ich auf allen Vieren, Meter um Meter, dem Bergkamm entgegen. Dennoch rutschte ich immer wieder ab, was mich zusätzlich Kraft kostete.

      Das Problem waren meine Laufschuhe der Marke „Hoka One One“. Sie hatten eine sehr komfortable, weiche und gut gepolsterte Sohle, damit schwebte man förmlich auf der Straße. Zum Nachteil jedoch, dass ich das einstmals vorhandene Profil in kürzester Zeit komplett abgelaufen hatte.
      Damit wurde der Schlammweg für meine Schuhe zum reinsten Fiasko. Nur mit Hilfe der Vegetation am Wegesrand, an der ich mich Schritt für Schritt nach oben zog, konnte ich das Duell, Schlammpiste versus Günter, für mich entscheiden.
      Kriechend, triefendnass und am Ende meiner Kräfte, lag das steilste Stück nun hinter mir, markiert durch das Ende des dichten „Dschungels“. Völlig verdreckt ließ ich mich am Rande des Weges fallen und wartete, bis mein Puls einen nicht mehr „pathologisch“ auffälligen Wert erreichte.

      Nachdem ich meine vor Dreck triefenden Regenklamotten-, die ich in weiser Voraussicht noch im Tal übergezogen hatte, wieder im Rucksack verstaute, sah ich fast wieder aus wie ein Mensch. Nur meine verschlammten-, und klitschnassen Schuhe, bleiben unbestechliche Zeitzeugen.

      Das Gröbste lag nun hinter mir aber zu Ende war das Leiden noch nicht. Ein weiterer Kilometer, allerdings bei weitem nicht mehr so steil, forderte nun meine wirklich allerletzten Energiereserven, wo auch immer die noch herkamen.
      Wieder in offener Landschaft und hoch über dem verfluchten Tal, verbesserte sich die Beschaffenheit des Weges-, und damit auch meine Stimmung, kontinuierlich. Mein Freund, der weißblaue Himmel, hat es wieder einmal gerichtet. Nur gegen meine körperliche Erschöpfung konnte er leider nichts mehr ausrichten, ich hatte mich zu sehr verausgabt.

      Irgendwann begegnete mir etwas, dass ich bisher in ganz Frankreich so gut wie noch nie gesehen hatte, eine gemischte Wandergruppe mit größtenteils älteren Wanderern, alle mit Nordic-Walking Stöckern bewaffnet.
      Ich konnte erst gar nicht glauben was ich da sah, so ungewöhnlich war der Anblick für mich mittlerweile. Mir kamen wirklich Menschen entgegen die sich freiwillig in ihrer unglaublich schönen Natur bewegten, was in Frankreich nicht besonders populär zu sein scheint.
      Da erfreut sich die allabendliche "Wanderung", vom Parkplatz zum Restaurant-Eingang, schon deutlich größerer Beliebtheit.

      Als ich die behäbig mit ihren Stöckchen vor sich hin klappernden Senioren mit einem verhaltenen „Bonjour“ zackig passierte, konnte ich mir eine gewisse innere „Arroganz“ absolut nicht verkneifen.
      Immerhin war ich zu Fuß aus dem rund eintausendsechshundert Kilometer entfernten Hamburg hierher gewandert, oh Mann war ich stolz ...

      Es war wie im Kino, ich war die mit eitler Brust geschwellte Leinwand. Obwohl die Gruppe das mit Hamburg nicht wusste, schienen die "Klapper-Sportler" zu fühlen, dass mit mir einsamen Wanderer irgendetwas „nicht stimmte", entsprechend neugierig und durchdringend waren ihre Blicke.
      Man verzeihe mir an der Stelle meine etwas bissig ausgefallene- und nicht ganz ernst gemeinte Ironie.

      Fünfundzwanzig Kilometer lagen nun hinter mir. Immer noch waren es noch gute sieben bis zum Ziel, dem Rathaus von „Archignat“. Von dort sollte mich, wie eingangs erwähnt, ein reserviertes Taxi zum „Château de Peufeilhoux“ zurückbringen.

      Der heute mies begonnene Wandertag endete wie so oft, in einem großartigen Finale. Trotz meiner völligen Erschöpfung versuchte ich mein hohes Schritttempo einigermaßen beizubehalten.

      Das schöne Wetter schien sich endlich durchgesetzt zu haben. Bisher hatte ich meine Regenkluft wegen seiner Unbeständigkeit sicherlich mehr als fünfmal an- und ausgezogen. So verschlammt wie sie nun war hätte ich sie gewiss kein weiteres Mal in Anspruch genommen, so viel war klar.

      Nach den vielen Straßenkilometern und dem bisher meist grau verhangenen Himmel, konnte ich mich gar nicht mehr satt sehen. Alles war wunderschön, der Himmel, die von kleinen Hecken eingerahmte Kulturlandschaft, die kleinen und einsamen Bauerhöfe, die Einsamkeit, die Weite, einfach alles.

      Irgendwo am Horizont der sanft abfallenden Landschaft, erspähte ich das etwas tiefer gelegene, vielversprechende- und wunderschön in die Landschaft eingebettete „Archignat“, endlich.

      Der schöne, von Liegewiesen eingerahmte Dorfteich, war das Erste, was der Ort preisgab. Selbstverständlich war er den Anglern vorbehalten, wie sollte es auch anders sein, ich spare mir an der Stelle jeden Kommentar.

      Immer mehr eroberte ich den 365 Metern hoch gelegenen Ort, mit seinen 336 Einwohnern. Er gehörte immer noch zum Département Allier, im Nordwesten der Auvergne-Rhône-Alpes-Region und war so ganz anders als die meisten seiner Kollegen. Hier war es gepflegt und sauber, fast schon etwas bürgerlich, beinahe Deutsch.

      Die alte Bausubstanz wurde mit neuen Gebäuden behutsam gemischt. Blumen zierten die gepflegten Häuser mit ihren blühenden Vorgärten, sogar grüßenden Menschen begegnete ich.

      Viele Blickachsen gab es im Dorf zu entdecken, die meisten führten hinunter ins offene Tal.
      Nach einigen Schwierigkeiten fand ich auch das nicht beschriftete Rathaus, wo mich zehn Minuten später auch schon das Taxi erlöste.
      Auch der Rückweg zum Château führte auf kleinen und kurvigen Straßen durch die weiterhin verzaubernde- und permanent abfallende Landschaft.

      Die gut zweiunddreißig Kilometer bin ich in unter sechs Stunden gelaufen. Ohne das verfluchte Tal hätte ich es in gut fünf Stunden geschafft, sinnierte ich stolz, während die Landschaft nur so an mir in "Lichtgeschwindigkeit" vorbeiflog.

      Im Château bereitete mir Marion, guter Laune und gut erholt, einen köstlichen Empfang. Sie war zu Fuß in „Vallon-en-Sully“ einkaufen und zauberte damit ein köstlich-französisches Abendbrot mit allerlei Delikatessen in fürstlicher Ambiente für uns.
      Man merkte, dass ihr das Einkaufen Spaß machte.
      Welch ein Genuss nach der befreienden Dusche.

      Irgendwann danach ertönte gewaltige-, klassische Orgelmusik vom Schloss-Hof zu uns herauf. Es war Claude, der Schlossbesitzer, der hier virtuos einen aufspielte und so den Zuschauern jeden Tag ein imposantes OpenAir-Spektakel in passender Ambiente bot.
      Was für eine Persönlichkeit, wir waren tief von ihm und seinem Lebenswerk beeindruckt.
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    • Day 17

      Day 17: St-Amand-Montrond - Le Chatelet

      August 29, 2016 in France ⋅ ⛅ 21 °C

      Distance: 27.9 (371.8/1498.5)
      Weather: 23C, cloudy and a tiny bit of rain
      Mood: neutral pilgrim mode
      Blisters: 1

      All is good. Uneventful day with good mileage. Now it's time for dinner in my Chambre d'hote for the night 🙂Read more

    • Day 7

      Luigi

      April 27, 2019 in France ⋅ ☁️ 9 °C

      Trip 5, Tag 7, Wandertag 5: Sancoins - Isle-et-Bardais, 25,10 km, Steigung 120 Meter, Gehzeit 6:30, Samstag, 27.4.2019

      Selten war uns ein Ort so unangenehm wie „Sancoins“. Jeder unserer Schritte aber ließ das Unangenehme kleiner werden bis es am Horizont schließlich zur Bedeutungslosigkeit verkam. Irgendwo hier betraten wir die Region „Auvergne“, die Vierte nach „Lorraine“, „Champagne-Ardenne“ und „Bourgogne“.

      Der Unterkunft der letzten Nacht gaben wir die Schulnote 3-4. Personal bemüht, Zimmer scheußlich und ein süßes Frühstück, nur was für Franzosen. Es gab Croissants, garniert mit Bonbons.

      Ziemlich mies gelaunt, denn immer noch erschöpft von gestern, spulte unser „Autopilot“ das Programm des Tages ab. Nur eiserne Disziplin, ohne Chemie kaum möglich, brachte uns auf die kleine asphaltierte Straße, passend nur für ein Auto.

      Wir waren zwei winzige Punkten in einer dunkelgrünen Unendlichkeit, die sich nur durch ihren eigenen Horizont begrenzte. Ihre depressive Stimmung konnte durch nichts überboten werden. Kein Zweifel, wir betraten gerade den „Hades“ (Schattenwelt der griechischen Mythologie).

      Es war kalt in der Schattenwelt, sehr kalt. Der eiskalte Sturm hämmerte uns den Regen nur so ins Gesicht und machte aus den sieben Grad gefühlt minus sieben. Es erforderte unser gesamtes Repertoire der Abteilung „warme Sachen“ uns davor zu schützen. In voller Regenmontur, mit einem Regenhut über der Kapuze und einem wärmenden Schal um das Gesicht gewickelt, ergaben wir uns unserem Schicksal. Unsere nasskalten Turnschuhe bestraften wir mit aufgezwungener Missachtung.

      Unser „Klimaerwartungsindex“ war heute Morgen massiv-, auf den traurigen Wert von Null, gefallen.

      Die wenigen Bäume, die uns entlang der kleinen Straße noch einige Kilometer zögerlich begleiteten, zogen sich mit jedem unserer Schritte mehr und mehr zurück, einer nach dem anderen. Es schien, als ob sie sich davor hüten wollten die Unendlichkeit zu betreten. Nein, damit wollten sie nichts zu tun haben, ganz bestimmt nicht. Lieber würden sie im grausamen „Sancoins“ schmoren als in dieser unheimlichen Gegend.
      Ja, düster war sie in der Tat die Gegend die sich, zugleich aber auch eindrucksvoll, gerade vor uns ausbreitete.

      Ich kann mich nicht erinnern, dass wir uns jemals, während unserer Wanderungen, bei der Bewertung einer Gegend, derart uneinig waren wie hier.
      Während unser waffenfreier Rucksack Marion vor der einen oder anderen selbstverschuldeten Dummheit bewahrte, konnte Günter gar nicht genug kriegen vom Ausmaß der hier reichlich vorhandenen- und unendlichen Melancholie. Aus Marions Sicht war es eher eine unendliche Depression.

      Die Armee der dunkelgrauen Wolken, bis auf die Zähne mit Regentropfen bewaffnet, tauchten das Land in ein tiefes Olivgrün. Sie drohten damit die spärlich vorhandenen- und meist völlig verkommenen Bauernhöfe in ihre gierigen Bäuche zu verschlingen.
      Selbst mit größter Anstrengung vermochten wir beim Anblick der erbärmlichen Gebäude nicht an eine funktionierende Landwirtschaft zu glauben. Noch weniger daran, dass Franzosen hier lebten.

      Es war spannend alle paar Kilometer ein neues „Superlativ“ des Siechtums visuell erleben zu dürfen, genau genommen war es mehr deprimierend. Wir konnten gar nicht glauben, dass Menschen einen derart geringen ästhetischen Anspruch an ihr zu Hause haben. So ärmlich wie das hier aussah, konnten die Bauern gar nicht sein. Immerhin beackerten sie riesige Ackerflächen im Herzen der EU.

      Die Gehöfte unterteilten sich in unterschiedliche „Sektoren“, die Bandbreite reichte von längst dem Verfall preisgegeben historischen Gemäuern, über nicht minder verfallene Holzschuppen die augenscheinlich nur unter Lebensgefahr zu betreten waren und nichtidentifizierbaren Wellblech-Tennen. Dazwischen ein wilder Mix aus Müll, Holzstapeln, ungeschützten- und längst vom Regen durchweichten Strohballen, sowie Unmengen von Schrott und landwirtschaftlichen Geräten, wobei es schwer fiel letztere zu unterscheiden.
      Irgendwo dazwischen wohnte sicherlich der Eine- oder andere französische Bauer, von denen wir auf der gesamten Wanderung nur einen oder zwei, äußerlich passend zu den Bauerhöfen, zu Gesicht bekamen.
      Jeweils ein unbefestigter Naturweg, meist vom Regen zur Schlammpiste herabgestuft, war für die Höfe der Nabel zur Welt, dahinter gab es nichts mehr.

      Vielleicht waren die meisten Gehöfte mittlerweile unbewohnt, weil der eine oder andere Bauer ein Leben im Verkommen „Sancoins“-, dem der verkommenen Einöde, vorzog. Egal, eines war gewiss, hier wurde immer noch Landwirtschaft betrieben.

      Um nicht falsch verstanden zu werden, dass alles hier war für mich, in der Komposition und Menschenleere, maximal mystisch und spannend. Hier waren gefühlt sogar die Kühe auf der Weide irgendwie anders.

      Rückblickend nimmt dieser Tag in meinen Erinnerungen großen Raum ein, in Marions Gedanken reduziert sich dieser vermutlich auf die Größe eines Dixi-Klos, sie mochte es hier eben nicht.

      Wie auch immer, irgendwann bewachte eine unbeaufsichtigte Gang von vier Kötern zähnefletschend und bellend so ein abgrundtief verkommenes Ensemble. Sie waren gerade dabei auf der kleinen Straße ihren für heute gültigen Ranglistenplatz „auszudiskutieren“.
      Zu erwähnen wäre an der Stelle noch, dass die kleine Straße über weite Strecken von hüfthohen Hecken eingesäumt war die ihr, der Straße, kaum noch Luft zum „Atmen“ ließen. Insofern gab es für uns keine andere Möglichkeit als auf alles vorbereitet zu sein und uns hautnah an der Gang vorbei zu quetschen. Halbstark wie sie waren ließen sie keinen Zweifel daran, dass sie jeden Millimeter ihres Claims mit ihren spitzen- und ungepflegten Zähnen verteidigen würden.

      Mit meinem aufgeklappten Taschenmesser in der Hand, die ich, um keine Aggression zu provozieren, mit dem Messer in den Tiefen meiner Jackentasche verschwinden ließ, bewegten wir uns auf die bereits wartende Meute zu. Von der vierer Gang waren drei Tölen beängstigend groß, während der Vierte seinen nicht zu übersehenden Zwergenwuchs regelrecht niederkläffe. Als Schäferdackel wollten er den anderen „Senfhunden“, bei denen viele Hunde ihren Senf dazugaben, wenigstens in dieser Hinsicht imponieren.

      Während wir uns angespannt an der Meute Meter für Meter vorbeimogelten, wurde es bei den Senfhunden unerwartet ruhig, während der Schäferdackel weiter verbal protzte. Ein paar Meter weiter bestrafte uns die Gang nur noch mit unerwarteter Ignoranz.
      Der Kleine jedoch erkannte seine Chance, kündigte seine Mitgliedschaft in der Meute, hörte mit seinem Gekläffe auf, und beschloss ab sofort unserer Gang beizutreten.
      Die neue Gang hatte so seine Vorteile, denn die Ranglistenplätze des heutigen Tages und die der nächsten tausend Tage, waren längst geklärt. Das Gebelle konnte er sich auch sparen, denn so laut hätte er im Leben nicht bellen können, um seine Größe gegenüber unserer zu kompensieren.

      Der Kleine war renitent, jeder Versuch ihn zu verscheuchen oder zu ignorieren scheiterte kläglich an seiner unerträglich loyalen Toleranz.
      Längst hatten wir es aufgegeben seine Herkunft zu ergründen. Hier war weit und breit nichts wo so ein Hündchen hingehören könnte. Die drei anderen vom verkommenen Ensemble waren offensichtlich nur flüchtige Wegbekannte.
      Außerdem hatte die kleine Straße mittlerweile derart viele Windungen und Abzweige, dass es schon ein Superhirn bräuchte, um sich auch nur einen Kilometer des Weges zu merken.

      Nach ein paar Kilometern war der Kleine, mittlerweile auf „Luigi“ getauft, nicht mehr bereit die vielversprechende Mitgliedschaft in seiner neuen Gang zu kündigen. Guter Rat ihn loszuwerden war teuer, eine Lösung nicht in Sicht. Luigi nannten wir ihn weil er uns, klein und mutig wie er nun einmal war, irgendwie an einen italienischen Mini-Macho erinnerte. Der eine oder andere Italiener, der vielleicht einmal dieses Kapitel liest, möge uns bitte an der Stelle, solche, nicht böse gemeinten Vorurteile, verzeihen.

      Mehr und mehr versuchten wir uns vorzustellen wie das Wandern mit Luigi wohl funktionieren könnte. Ein entsprechender Tagesablauf wurde intensiv durchgespielt. Aber allein der Gedanke uns abends todmüde auch noch um das Habi für den Köter kümmern zu müssen, der dann nach einem regenreichen Tag streng müffelnd in unserem Zimmer schläft und dann vielleicht auch noch mitten in der Nacht kurz Gassi gehen muss, erstickte jeden positiv aufkeimenden Gedanken an den neuen Wandergefährten in Nullkommanix.

      Kein Zweifel, der Köter musste weg, und damit basta.

      Dem Gaul, der uns schon wieder im Hirn rumspukte, um dort Köter-Gedanken einzubrennen, haben wir sofortiges „Hausverbot“ erteilt, mit mäßigem Erfolg.
      Visuell und verbal ignorierten wir Luigi folglich, wobei uns, zugegebener Maßen, sein freundliches und loyales Gemüt, mehr und mehr einlullte, er war höllisch süß.
      Der Gaul grinste erhaben und zeigte uns seinen im Huf eingewachsenen Stinkefinger. Innerlich waren wir uns bereits einig, wenn es denn unbedingt ein Köter sein musste, dann so ein kleiner Italiener. Diesen Gedanken jedoch, auch nur ansatzweise, offiziell auszusprechen war verpönt und strikt verboten.

      Nach gut 13 Kilometern, man glaubt es kaum, ließ sich die Sonne blicken und verwandelte schlagartig den Hades in eine freundlichere Zwischenwelt. Und auch die Erbärmlichkeit der landwirtschaftlichen „Betriebsstätten“ verbesserte sich um ein paar Punkte auf ein „französisches Bauernhof-Mittelmaß“, was aber keinen gravierenden Unterschied ausmachte.
      Luigi schwärmte gerne aus und führte uns ebenso gerne an der Nase herum. Immer wenn wir dachten „Jetzt ist er endlich weg“ war er endlich wieder da, ein italienischer Schlawiner eben.

      Ein Abzweig beim vierzehnten Kilometer führte über einen ungewöhnlich gepflegten Privatweg zu einem in der Ferne gelegenen Anwesen. Es war das „Ferme Auberge des Pirodelles“, ein „Chambre d'hôte“ mit Landwirtschaft und Hofladen. In Deutschland so etwas wie „Ferien auf dem Bauernhof“. Für eine Besichtigung hat es dennoch nicht gereicht. Liegen am Wegesrand, bei endlich wieder wärmender Sonne, war deutlich entspannter.
      Die Räudigkeit der Gegend fand hier offensichtlich auch ihr Ende. Ein schöner Platz für unsere Rast garniert mit einem kleinen Teich, rechts des Weges, Balsam für unsere geschundenen Augen.

      Gleich am Abzweig legten wir uns, geschützt vor dem nassen Boden durch unsere wetzenden Regenklamotten, auf den Grünstreifen zwischen Privatweg und Weidenzaun. Autos oder Landmaschinen fuhren hier eh nicht. Es gab nichts als die Ruhe und ab und zu ein angenehm-nervendes-, unsere Ohren umkreisendes Insekt. Die Sonne und die lieblicher gewordene Landschaft waren Vitamine für unsere ausgezehrten Seelen.

      Jetzt hatte das letzte Stündchen unseres Baguettes, dass wir uns heute Morgen noch im „Hotel Du Parc“ in „Sancoins“ eilig belegten, geschlagen. Luigi brachte sich in sicherer Distanz in Stellung, offensichtlich hatte er ein riesen „Loch“ im Bauch. Sein Pech nur, dass wir mindestens genauso hungrig waren wie er und leider nur dieses Eine Baguette für uns zum Teilen hatten. Es würde bei weitem nicht einmal für uns beide ausreichen, um den Hunger mundtot zu kauen.

      Luigis Zähne tropften nur so vor sich hin. Er robbte auf seinen kleinen Beichen und den Bauch am Boden schleifend, Zentimeter um Zentimeter in Richtung Baguette. Und immer, wenn er gerade seine gierige Zunge aus seinem Schlund holte, um den Geschmack des mickrigen Baguettes darauf zu verewigen, verscheuchten wir ihn mit Nachdruck. Das Spiel wiederholte sich einige Male. Wir waren nicht bereit ihm etwas abzugeben, dass hätte seine Mitgliedschaft in unserer Gang nur noch weiter manifestiert.

      Und der Gaul? Na ja, der hat sich gewunden vor Lachen. Ich muss an der Stelle nicht erwähnen, dass wir unter unserer Härte genauso litten wir der kleine Italiener.

      Irgendwann, man mag es kaum glauben, näherte sich langsam ein Auto, um in unsere Allee abzubiegen und schleichend an uns vorbei-, in Richtung Anwesen, zu rollen. Sicherlich waren wir für die Fahrerin genauso exotisch wie ihr Auto für uns.
      Luigi aber stand auf und sah dem Auto hinterher. Man spürte förmlich wie es in seinem kleinen Hirn „ratterte“. Entweder der geizigen Gang, mit ungewissen Ausgang folgen, oder diese Chance nutzen.

      Er lief dem Auto hinterher und ließ uns, nach gut acht Kilometer gemeinsamen Weges und mit all unseren Gedanken, den der „Gaul“ bereits in unser Hirn gepflanzt hat, wieder alleine.
      Unserer Vernunft folgend waren wir froh. Unsere Herzen aber hatte er längst erobert, wir waren glücklich traurig.

      Der Hades gehörte der Vergangenheit an. Fortan zeigte sich „unser“ sonnenverwöhntes Frankreich von seiner schönen Seite. Eine leicht geschwungene Landschaft nur begrenzt vom Horizont, eingetaucht in sattem Grün, ohne jegliche visuelle Verschmutzung und garniert mit einem bayerischen, weiß-blauen Himmel, das war die neue Szenerie. Unsere Regenklamotten schmorten fortan im Rucksack.

      Mit dem zwanzigsten Kilometer querten wir auf der „D 564“, den „Étang de Goule“. Ein flacher See der einen Kilometer für etwas Abwechslung sorgte.
      Die nachfolgende und unbefahrene „D 14“ brachte uns nach dem einundzwanzigsten Kilometer nach „Valigny“, einem ungewohnt modernen und aufgeräumten Ort mit 376 Einwohnern. Eine neue Bank auf dem neu gestalteten Dorfplatz kam uns gerade recht für eine kurze Rast.

      Kurz vor dem Verlassen des Ortes fand Marion ein auf dem Boden liegendes-, relativ neues iPhone. Der Besitzer war nicht auszumachen. Wir nahmen es mit, um es später unseren Gastgebern zu übergeben, die es dann morgen zum Fundbüro bringen sollten. Im Moment war hier alles geschlossen.

      Wiederum zwei Kilometer später führte uns die kleine „D 111“ sanft hinunter ins circa dreißig Meter tiefer gelegene „La Marmande“ Tal, nach „Isle-et-Bardais“, unserem heutigen Ziel. Es war eigenartig, wir hatten das subjektive Empfinden wieder in der Zivilisation zu sein obwohl die 266 Einwohner nicht viel dazu beitragen konnten. Dennoch, etwas hier war gefühlt anders.

      Unsere heutige Unterkunft das „Le Matou Roux“, lag etwas außerhalb, am Rande einer riesigen- noch brachliegenden Ackerfläche. Vermutlich war es einmal ein altes Bauernhaus, liebevoll wieder zum Leben erweckt.
      Nicole, die nette und hilfsbereite Madame, erwartete uns schon. Gäste gab es hier, vermutlich wegen der Jahreszeit, schon länger nicht mehr. Ohnehin verfügte das Haupthaus nur über zwei Zimmer unter dem Dach, eines davon unseres. Ein weiteres gab es in einem kleinen Gästehaus, in Frankreich „Gite“ genannt, Franzosen lieben „Gites“.

      Hunderte Liter warmen Duschwassers waren nötig, um unserer Gänsehaut Einhalt zu gebieten.
      Einen Tipp der Madame folgend dinierten wir, deutlich erwärmt, im einzigen Restaurant des Ortes, dem „Le Relais de Pirot“.
      Es war herrlich hier dieses köstliche 3-Gänge-Menü, nach dem sonderbaren- und ereignisreichen Tag, zu genießen. Immer mehr Gäste füllten die kühl eingerichtete „Begegnungsstätte“, die sich in der umgebenden Einsamkeit offensichtlich einen Ruf als Gourmet Tempel erkocht hat.

      Heimlich schlich sich der Gaul wieder in unser Hirn, und strapazierte einmal mehr unser Gewissen.

      Wir lagen dabei todmüde im Bett und der vor sich hin müffelnde Luigi neben uns auf dem Bettvorleger. Verhalten-glücklich und vollgefressen lag er da, allerdings mit vorwurfsvollen-, auf uns gerichteten Blicken.
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    • Day 21

      Néris-les-Bains

      October 27, 2018 in France ⋅ ☁️ 6 °C

      Samedi, 27 octobre 2018
      La Creuse et son chef-lieu, Guéret, nous accueille à midi. Les vendeurs du marché sont en train de plier leurs étals, le vent glacial retient les chalands à la maison. Nous nous renseignons auprès d'une passante pour trouver un restaurant. Le centre-ville commerçant atteint, nous trouvons la crêperie fermée, un resto complet et enfin une table prête à nous accueillir. Le proprio des Saveurs du Terroir, unique maître à bord, propose un seul menu avec variante viande ou poisson. Une crème au chou-fleur à la fève tonka et un oeuf cuit à basse température, du lieu noir avec sauce écrevisses et épices d'orient ou fondu de camembert et pièce de boeuf et comme dessert: une poire pochée au sirop d'épices et une ganache de chocolat. Les deux vins au verre proposés étaient excellents et généreusement servis. L'addition de 50€ est plus que correcte, une adresse à garder! Comme lieu d'étape, nous optons pour Néris-les-Bains qui a une super place pour cc, adjointe au camping avec tous les services. La ville vit du thermalisme depuis le temps des Romains jusqu'à ces jours. Une source de 54° fournit le précieux liquide avec des vertus apaisantes et relaxantes. L'ancienne voie des chemin-de-fer est transformée depuis les années 70 en coulée verte, promenade à pied ou à vélo jusqu'à Montluçon (5km~). On jouit d'une vue splendide depuis les viaducs. Quel beau coin!Read more

    You might also know this place by the following names:

    Arrondissement de Montluçon, Arrondissement de Montlucon

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