traveled in 19 countries Read more Kiel, Deutschland
  • Day 199–201

    Karakalpakstans Hauptstadt Nukus

    January 31 in Uzbekistan ⋅ 🌬 0 °C

    Den Markt hier sollte man auf keinen Fall verpassen. Trotz Eiseskälte harren hier die Marktdamen und -herren aus. Doch was hilft dagegen neben fünf Kleiderschichten? Na ein Schnappi – und auf den laden die netten Damen von der „Theke“ mit dem besten eingelegten Gemüse der Welt Dörte auch ein.

    Und auf keinen Fall sollte man sich erwischen lassen, wenn man hier Fotos von den Regierungsgebäuden machen möchte. Doch man wäre nicht mit Jens unterwegs, wenn er nicht Wege finden würde und es einfach immer wieder trotzdem probieren würde. Diverse nette Soldaten und Sicherheitsmänner weisen uns allerdings jedes Mal sehr strikt auf das Verbot hin…

    Wirklich wunderbar ist auch das Kunstmuseum mit einer beeindruckenden russischen Avantgarde- Sammlung. Der russische Künstler Igor Sawitzkij hat hier mit dem Geld der sowjetischen Regierung ein Museum mit verbotenen Werken geschaffen. Es ist ein tolles Museum und definitiv eine Reise wert.

    Von Nukus aus kann man Touren zum Aralsee inklusive Übernachtung in der Jurte buchen. Kostet in der Nebensaison schlappe 400 Dollar. Das ist uns für drei Tage dann doch zu teuer und wir beschließen, es auf eigene Faust zu probieren.

    Das ist eins der Dinge, die ich auf der Reise gelernt habe: Wenn es heißt, es geht nicht, dann findet man mit Jens immer doch noch einen Weg.
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  • Day 198–199

    In der Tiefkühltruhe in Xivas

    January 30 in Uzbekistan ⋅ 🌬 -1 °C

    Dass wir wirklich so weit kommen würden trotz des Winters, hätten wir beide nicht gedacht. Doch hier haben wir das Gefühl an einem neuen Gefrierpunkt angelangt zu sein. Und das liegt nicht an der Zentimeter dicken Eisschicht auf den Straßen in der sehr gut erhaltenen Altstadt von Xivas, nicht am eisigen Wind, der uns um die Nase weht und auch nicht am immer wieder einsetzenden Schnee.

    Wirklich unangenehm ist nur, dass das Hotel seit Tagen nicht beheizt war und leider auch nach 8 Stunden volle Pulle Klimaanlage keine Besserung eintritt. Uns wird einfach nicht warm und als auch das Wasser in der Dusche nicht warm werden will, rufen wir den Besitzer an (wir sind wirklich die einzigen Menschen im Hotel). Er lässt sich zwar etwas bitten, doch irgendwann kommt er und erst da glaubt er uns, dass es einfach zu kalt ist.
    Und wie schön, dass dann alles unkompliziert geht. Kurzerhand packt er uns ein und wir dürfen bei ihm Zuhause übernachten!

    Ob das wohl in Deutschland so passiert wäre?

    Xiva verzaubert uns gleichzeitig auch mit seinem besonderen Charme als Oasenstadt an der Seidenstraße. Einzigartige bunte Minarette, kleine Gassen, alte Stadtmauer mit prachtvollen Eingangstoren, eine lebendiges Treiben mit Souvenir-Händlern, einer Hochzeitgesellschaft und usbekischen Touristen. Die glatten Gassen, der eisige Wind und Minustemperaturen vereinten uns alle an diesem besonderen Tag.
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  • Day 195–198

    Happy in Bukhara

    January 27 in Uzbekistan ⋅ ☁️ 9 °C

    Auf unserer Reise durch Usbekistan, fahren wir meist in tollen Zügen. Mal Schnellzug mit Eis und Obstsalat, mal Schlafwagen zu zweit, mal Schlafwagen im Großraum. Es ist wirklich ein Traumland für Zugliebhaber.
    Ich möchte unbedingt an den Aralsee oder das, was von ihm noch übrig ist, also geht es richtig weit in den Westen. Dabei machen wir in drei weiteren Orten Halt, die alle wunderschöne Moscheen, Medresen und Basare haben. Alle diese Städte liegen an der alten Seidenstraße und man kann ihren Glanz noch heute Erkennen.

    Im Restaurant, wo wir leckere Laghman essen (spezielle Nudeln mit Lamm und Tomate – also Spaghetti Bolognese auf Usbekisch), feiern am Nebentisch ein paar Männer Geburtstag. Und natürlich werden wir eingeladen, auf Wodka und fettiges Essen.

    Es stellt sich heraus, dass einer der Männer in Deutschland gearbeitet hat und professionell Marionetten herstellt. Seine Puppen sind wirklich beeindruckend schön.

    Der Inhaber von unserem Guesthouse ist so nett, dass er, als wir morgens um 3 Uhr zum Zug müssen, selbst mit aufsteht, uns das Taxi ruft und dafür sorgt, dass wir sicher ins Taxi einsteigen und uns liebevoll hinterherwinkt.

    Und auch der Taxifahrer, bei dem wir wie so oft Modern Talking‘s „Brother Louie“ hören, freut sich, dass er seine Deutschkenntnisse anwenden kann: Butterbrot, Bier, Peters Gasthaus – diese Wörter oder so ähnlich kennen viele der älteren Männer, die fast alle irgendwann in der DDR stationiert waren.

    Ein sympathisches kleines Städtchen, das auch in strömendem Regen glücklich macht.
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  • Day 191–195

    Der Brasilianer in Usbekistan

    January 23 in Uzbekistan ⋅ ☁️ 12 °C

    Es geht für uns eine ganz neue und unbekannte Welt in den Stan-Ländern auf, eine, die wir vor unserem Start der Reise für zu weit entfernt gehalten haben und vielleicht für zu eisig im Winter. Und dazu ein Abenteuer, auf das wir uns nicht vorbereitet haben. In unseren 17 Ländern zu vor, haben wir Reiseliteratur gelesen, Reiseblogs gegoogelt, Bewertungen oder Erfahrungen Reisender als Grundlage unserer Recherche genutzt.

    Diesmal haben wir nur Orte auf Google-Maps markiert, aus den Tipps unserer chinesischen Freunde im Iran. Zum ersten Mal lassen wir uns ganz fallen ins Ungewisse. Wir wollen ganz bewusst eine Reise ohne Bilder im Kopf, vor freudige Erwartungen und selbst gezeichnete Vorstellungen erleben. Wir werden es komplizierter haben und auf Unerwartetes stoßen, jedoch sind wir so frei und unbeschwert wie bisher noch nicht.

    Usbekistan zeichnet eine wunderschöne Seidenstraßen-Geschichte aus, ist bequem mit teilweise modernen Zügen und neuen Bahnhöfen zu bereisen, hat sehr gastfreundliche und offene Menschen und zeigt eine Lebenswelt auf, die sich zwischen Russland, China und dem Orient befindet und von all diesen Ländern bis heute geprägt wird. So gibt es überwiegende Muslime, die jedoch ihre Religion soft praktizieren. Guter Wodka, deftige Suppen und ausgezeichnet Eingelegtes sowie billige Souvenirs aus Fernost zeichnen unsere Perspektive.

    Auch ist Usbekistan seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion autokratisch und hart geführt und ist heute der drittgrößte Baumwollexporteur der Welt. Dies wird durch staatliche Zwangsarbeit gefördert und das Wasser aus den Zuflüsse zum Aralsee wird zur Bewässerung verwendet, was zu einer Naturkatastrophe führt, weil dieser fast ausgetrocknet ist.

    Schon der Grenzübertritt ist locker und witzig, eine Beamter fragt nach unseren Visas und grinst uns an, als wir überrascht reagieren und kurz verunsichert sind. Wir brauchen kein Visum und er heißt und herzlich Willkommen.

    Samarkand ist ein Prachtstück mit seinem Registan, Moscheen, Medresen und belebten Märkten und Handwerkskunst. Es ist Nebensaison und nur Fab aus Brasilien teilt sich mit uns unser Hostel, welches sich direkt am Registan in der Altstadt befindet. Selbst ein mehrtägiger Stromausfall im Hostel trübt das schöne Bild hier nicht.

    Wir erkunden die vielen Sehenswürdigkeiten, essen vorzüglich in einfachen usbekischen Restaurants und probieren uns durch die hunderte von Ständen auf den traditionellen Märkten und bestaunen viel Handwerkskunst.

    Es fängt an zu schneien und hört einfach nicht mehr auf. Das sehen wir als Chance eine usbekische Weinverkostung zu machen. Diese sagen wir dann wegen unverschämten Preisen vor Ort ab und gehen ins angrenzende Restaurant bestens essen. Nach viel Wein kommt Wodka und die Stimmung ist ausgelassen zwischen uns. Wir ziehen in eine Jazz-Bar weiter, es fließt weiterhin reichlich Alkohol. Wir unterhalten uns über das Leben und später telefonieren wir noch mit Fabs Frau und seiner Tochter nach Malaysia, bevor wir zu betrunken sind um weitere Erinnerungen zu beschreiben...
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  • Day 187–191

    Duschanbe – Olé

    January 19 in Tajikistan ⋅ ☁️ 3 °C

    Jens und ich laufen über die Brücke von Kunduz in Afghanistan nach Tadschikistan (die usbekische Grenze ist geschlossen). Es war eine wilde Fahrt über den Hindukusch von Kabul aus und die Grenzkontrolle auf der afghanischen Seite ist die bisher heftigste – zumindest, was das Durchsuchen angeht. Ich bin gerade richtig in Fahrt, mich über die unverschämte Zollbeamtin aufzuregen, da treffen wir auf der anderen Seite des Amudarja Flusses auf den ersten tadschikischen Grenzbeamten. Und auf meine Frage, ob ich in diesem Land noch mein Kopftuch tragen müsse (es ist schließlich auch ein muslimisches Land), sagt der Mann die wunderbaren Worte:

    „You can wear anything you want, Miss.“

    Ich kann anziehen, was ich will. Dafür würde ich ihn am liebsten umarmen und herzen. Doch das lass ich dann doch lieber. Denn auch hier ist die Grenzkontrolle strenger als bisher, was vor allem an der Angst vor Drogenschmuggel liegt.

    Mit uns versucht eine Familie mit drei Kindern auszureisen. Der Vater ist sichtlich ergriffen von dem Moment. Er hatte ein gut laufendes Unternehmen mit medizinischen Geräten in Afghanistan. Doch seit die Taliban an der Macht sind, geht nichts mehr. Und er will eine bessere Zukunft für seine Kinder. Sie stehen ganz am Anfang eines langen Weges…und obwohl wir direkt nach der Grenze über zwei Stunden auf die Abfahrt des Sammeltaxis warten, sehen wir die Familie nicht mehr.

    Gerne würde ich mehr erzählen über das kleine Land mit den knapp 10 Mio. Einwohnern, die seit 1994 von einem Präsidenten regiert werden, der heißt wie ein wütendes Pokémon. Rahmanov regiert hier mit harter Hand. Sein Konterfei thront in jedem Ort dieses Landes und seine Selbstverliebtheit und Größenwahn sind überall zu spüren. Seine Nachfolge ist auch bereits geklärt, es wird sein Sohn...

    Eine nur kleine Wirtschaft mit wenig kostbare Bodenschätze führt dazu, dass jeder Dritte (natürlich vorwiegend Männer) der Bevölkerung als Gastarbeiter in Russland oder einem der Arabischen Emirate tätig ist.
    Hier gibt es fruchtbare Ebenen, die Hälfte des Landes liegt über 3000m hoch, man kann wunderbar wandern und in der Hauptstadt Duschanbe hat der Präsident sich nicht nur den derzeit höchsten Flaggenmast errichten lassen, auch sonst protzt und prunkt es überall: Freitagsmoschee (bis vor Kurzem die größte in Mittelasien), Nationalbibliothek, Navruzpalast und der gigantische Unabhängigkeitsturm sind nur ein paar der monumentalen Gebäude, die hier in den letzten Jahren entstanden sind.

    Doch von all dem bekomme wir nicht viel mit. Die meiste Zeit verbringe ich damit, mich und alles zu waschen…und gemeinsam verarbeiten wir, was wir in den letzten Wochen erlebt haben.

    Ich kann das alles nicht fassen.
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  • Day 186–187

    Der König von Kabul

    January 18 in Afghanistan ⋅ ☀️ 11 °C

    Ali Reza: Noch so ein Mensch, der unsere Reise besser gemacht hat. Über die WhatsApp Gruppe "Travel through Afghanistan" kontaktieren wir Ali, der uns in Kabul die schönsten Ecken zeigt, Geduld mit uns hat, weil wir (ich auf jeden Fall) doch immer wieder überfordert sind, und uns wirklich zu jeder Tages- und Nachtzeit begleitet.

    Javeed begleitet uns am ersten Morgen, damit wir Ali Reza überhaupt finden. Denn das Ministerium für Kultur und Tourismus ist nicht da, wo Google es uns anzeigt. Und nach zig Kontrollen stellen wir fest: Der Minister ist leider gar nicht da. Doch dank Ali haben wir nach Passierscheinen 1-5 trotzdem die Bescheinigung, die wir benötigen. Und bekommen dazu noch ein Buch mit Widmung über den Hindukusch geschenkt.

    Also können wir in den nächsten Tagen den Vogel-Basar (hier sind wirklich Vögel aller Art zu bekommen), sehen wunderschöne Moscheen und Mausoleen, besuchen einen Karsai-Hutmacher, lernen den König der Straße kennen (so stellt der Straßenpolizist sich uns vor), besuchen das Nationalmuseum (das Land hat eine so lange und beeindruckende Geschichte), schlendern durch die Gartenanlage von Bagh-e-Babur samt Palast und Schrein, gehen zu Chicken-Street (hier gibt es keinerlei Vögel nur jede Menge Schnick-Schnack und Souvenirs) und essen bestes Kebab und Manti.

    Es ist eine vibrierende Stadt, laut und schmutzig, wild und gleichzeitig freundlich. Wir werden zu Tees und Fotos eingeladen (sowohl von Taliban als auch von anderen Menschen), neugierig bestaunt, freundlich angelächelt und manchmal suchen die Menschen bei uns auch Hilfe.
    Taxifahren läuft so ab: Ali verhandelt und ich (Dörte) steige ins Sammeltaxi ganz am Fenster ein und dann gleich Jens neben mich, damit nicht aus Versehen ein Mann neben mir als Frau sitzen muss. Hier sind mehr Frauen zu sehen als in Herat, doch es ist nach wie vor ein Bruchteil im ganzen Gewusel.

    Und wieder kann ich nicht fassen, dass wir wirklich hier sind.

    Danke Ali Reza für deine wunderbare Begleitung!
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  • Day 184–186

    Buddha never dies

    January 16 in Afghanistan ⋅ ⛅ 1 °C

    Wir entschließen uns, einen zweitägigen Ausflug nach Bamiyan auf eigene Faust zu unternehmen, was ne echte Herausforderung wird. Schon das Sammeltaxi in Kabul zu finden, welches uns in vier Stunden an die unglaublichen Buddha-Statuen (Buddha-Löcher) bringen soll, ist kompliziert.

    Zuerst fahren wir mit einem Kleintransporter von unserem Viertel aus einige Kilometer zu nächsten Knotenpunkt, dort in den nächsten Mini-Van und zum Abschluss noch mit einem Tuk-Tuk zum versteckten Hinterhof-Auto-Bahnhof. Nicht ein Schild an den Punkten, kein Hinweis in den Mini-Bussen und auch der Bahnhof wäre ohne fremde Hilfe nicht zu finden. Klappt aber alles, dank unseres Guides.

    In Bamiyan erwarten uns die wunderschönen Felsformationen, in dem ursprünglich gigantische Buddha-Statuen eingearbeitet waren und eine riesige Höhlensystem zum Leben von den buddhischte Mönchen geschaffen worden ist. Die zum Weltkulturerbe gehörenden Statuen sind jedoch von den Taliban im Jahr 2001 zum Teil zerstört wurden. Des Weiteren befindet sich in der näheren Umgebung (zwei Stunden sind in Afghanistan nah) der Band-e-Armir Seen Nationalpark am Hindukusch Gebirge mit mehreren natürlichen klarblauen Seen, die auf über 3000 Meter umgeben von Canyons und einer kahlen Landschaft liegen.

    Seit August 2023 haben die Taliban allen Frauen verboten den Nationalpark zu betreten, von dieser Regel blieb Dörte zum Glück verschont. Erst als wir bereits den Taliban-Kontrollpunkt passiert hatten und natürlich einen saftigen Eintrittspreis gezahlt hatten, sprach uns ein fremder Reiseführer an und berichtet von dem Verbot.

    Nach dem Einchecken im Hotel suchen wir das Ministerium für Tourismus und Kultur auf, um unsere Genehmigung einzuholen. Ein witziges Bild erwartet uns dort, vor dem Betreten des Gebäudes ist für uns nie erkennbar, dass es sich um das Ministerium handelt. Davor sitzt einsam ein Mann und ansonsten wirkt alles geschlossen und vor dem Gebäude ist eine Mischung aus Volleyballfeld und Parkplatz. Dort fährt nach kurzer Zeit ein weiterer Mann im Auto vor und fragt uns ob wir ein Genehmigung bräuchten. Nachdem wir bejahen, macht er sich auf dem Weg und holt den Minister ab und nach kurzer Zeit fährt auch dieser vor und stellt uns ein wenig später die nötige Genehmigung aus.

    Bamiyans Zentrum ist eine langgezogene Straße an einem Fluss gelegen und dort tobt das typisch wilde Leben Afghanistans. Straßenhändler mit Rollwagen verkleinern die brüchige Straße, dahinter befinden sich Kioske mit Lebensmitteln, Essenstände, Bäckereien und Geschäfte mit Waren aller Art. Handwerker und die frischen Lebensmittel befinden sich zum Teil dazwischen und in einer Nebenstraße, wird direkt auf dem staubigen und eisigen Weg geschlachtet.

    Wir erwandern die Felsformationen am ersten Tag und stoßen dabei auf einen schwerbewaffneten Taliban, der aus der Ferne uns erblickt und stramm auf uns zu kommt. Ansonsten sind hier überhaupt keine Touristen und abgesehen von zwei Jungen aus dem Dorf an der Felsformation (die uns Stolz ihre Steinschleuder präsentieren) klettern wir alleine zu dem Buddha-Höhlen und Statuen die kleinen Sandberge hoch. Der Taliban möchte unser Ticket sehen (zumindest denken wir, dass er das sagt...) und da fällt mir ein, dass wir dieses hätten irgendwo Kilometer entfernt in der Stadt im Voraus hätten kaufen müssen (unser Guide gab uns die Info).

    Nun stehen wir ratlos da und können uns nicht verständigen. Uns reicht es auch mit dem ganzen Kontrollen, wir haben es satt. Selbst mitten im Nirgendwo kommen irgendwelche ungebildeten Taliban mit Maschinengewehr und setzen uns (auch ständig das gesamte Land und alle Menschen) unter Druck und indirekte Gewalt.

    Dörte´s Fass ist übergelaufen und sie flucht und bricht in Tränen aus und ist völlig verzweifelt und der Taliban ist so berührt davon, dass er uns unbestraft ziehen lässt und schaut fragend hinterher. Eigentlich ist nichts passiert, jedoch verlieren wir völlig unsere Freiheit und fühlen uns dauerhaft angespannt, eine neue Erfahrung auf der Reise und generell im Leben.

    Am Abend gehen wir zusammen mit einem Mitarbeiter aus dem Hotel in einem ziemlich schmuddeligen Restaurant Reis mit Lammfleisch essen, schmeckt trotzdem. Gibt auch nichts Besseres um diese Uhrzeit am Abend (9 Uhr), wie uns Jam berichtet. Er erzählt uns, dass er Musiker ist und in der Nähe der Felsformationen vor der Übernahme der Taliban ihr Musikzentrum war und nach der Übernahme alle Musikinstrumente zerstört worden sind und Musizieren strengsten verboten ist. Jam hat das total den Boden unter den Füßen gezogen und ist in eine Depression gefallen. Nach vielen Monaten hat er die harte Botschaft akzeptiert und ist nun Guide hier.

    Am zweiten Tag geht es mit einem lokalen Taxi in den Nationalpark zu einem der schönsten Seen, den ich je gesehen haben. Die Landschaft war so unberührt und zig Quellen flossen in und aus dem See heraus. Hier gibt es an dem See auch einen kleinen Ort mit Hotels und am Eingang warteten zwei alte Damen aus dem Ort, um irgendwelche billigen China-Souvenirs zu verkaufen. Also normale Welt, wenn wir nicht mitten im armen, unter Schreckensherrschaft geführten Afghanistan und die einzigen ausländischen Touristen wären.

    Dieser Ausflug hat uns extrem gefordert, jedoch beim Anblick der Buddha-Statuen und dem magischen See ist alles verflogen - diesen Trip werden wir nie vergessen...
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  • Day 180–184

    Adam ba Adam mereza

    January 12 in Afghanistan ⋅ ☁️ 9 °C

    Mensch und Mensch kommen zusammen.

    Und bei all der Gastfreundschaft, die wir auf der Reise erfahren, ist das hier eine ganz besondere Erfahrung.

    Als sich im Iran langsam die Idee entwickelte, nach Afghanistan zu reisen, habe ich mal wieder einen meiner ehemaligen Schüler kontaktiert.

    Farid ist einer meiner ersten Schüler aus Afghanistan, ein toller Mensch, ein Jugendlicher ohne Begleitung, der meine Klasse damals sehr bereichert hat und auf jeden Fall eine Geschichte, die Mut macht. Ganz alleine ist er damals in Eitorf gelandet und es bleibt ein Wunder, wie er, wie so viele andere, diesen Weg gemeistert hat.

    Ich erinnere mich noch gut an seinen Ehrgeiz und unser Bemühen und das des Jugendamtes, damit er in Deutschland bleiben kann. Von wegen sicheres Herkunftsland...Erst nach dieser Reise ist mir im vollen Umfang klar, was das für ein Quark war (auch wenn es jedem klar denkenden Menschen wohl schon immer klar gewesen sein muss).

    Im Vorfeld hatten uns die meisten Afghanen auf dem Weg versichert, es sei derzeit sehr sicher in das Land zu reisen. Aber der Begriff der Sicherheit bedeutet eben etwas völlig anderes, wenn man von täglichen Bombenattentaten ausgeht. Dann fühlen sich zwei pro Woche eben sicher an.

    Schon nach der ersten Nachricht an Farid kam nach ein paar Minuten seine Antwort: Er habe seiner Familie in Kabul davon erzählt und wir seien herzlichst eingeladen, bei Ihnen zu bleiben. Wahnsinn.

    Nicht nur, weil die Familie in einem Viertel am Rande von Kabul lebt, das vor allem von Hazari bewohnt wird (die zu einer der unterdrückten Minderheiten gehören), sondern auch sonst ist die Aufnahme von westlichen Gästen durchaus eine Gefahr. Denn das ist es nicht, was die Taliban wollen: Dass man einen tiefen Einblick bekommt.

    Wir wollten die Familie nicht in Schwierigkeiten bringen - doch uns wurde mehrfach versichert, es sei kein Problem und sie wären traurig, würden wir nicht kommen. Also haben wir uns nach 17 Stunden fahrt (mit einem einzigen Stop, an dem Frauen auf die Toilette gehen konnten) mit dem Bus von Herat nach Kabul von einem sehr netten Taxifahrer in die Nähe bringen lassen. Und Farids Bruder nahm uns an einer Straßenecke in Empfang.

    Ich kann nicht beschreiben, was es für ein Gefühl war, die Familie zu treffen. Da steckt so viel Geschichte drin. Es ist eine überwältigende Herzlichkeit, Freude über unser Kommen, die mit allen Verwandten geteilt wurde. Alle kommen zu Besuch in den Raum, in dem alles passiert: Essen, Schlafen, Leben, manchmal mit, manchmal ohne Strom.

    Leider war Jens ziemlich krank in den Tagen und andere persönliche Schicksalsmomente haben diese Tage geprägt. Doch Hasan, der Vater und die ganze Familie (Soraya, die Mutter, Javeed, Hamed und Safi, die Brüder) verwöhnen uns. Hasan deckt Jens sogar sorgsam zu, weil er wirklich nicht mehr konnte.

    Wie werden behandelt wie König:innen, essen das bessere Essen, schlafen im einzigen Teil des Raumes, der mit einem Vorhang etwas Privatsphäre hergibt, Hamed flickt Jens Hose (er ist so ein guter Schneider!), Soraya kocht uns Wasser auf, damit wir uns im Hof waschen können und vor allem Javeed begleitet uns, wohin auch immer wir wollen. Und sie verteidigen uns vor den Taliban.

    Denn an einem Abend, an dem wir alleine ohne unseren Guide zurück zur Familie kommen, hat uns der Geheimdienst verfolgt. Es war ein aufgeregtes Durcheinander und leichte Panik kam in mir auf. Doch Hasan klärte alles und beruhigte uns mit den Worten: "Das sind Diebe - mit denen werden wir fertig!".

    Was für eine Realität. Das ganze Leben der Brüder ist geprägt von Bomben. Was die Eltern alles miterlebt haben, kann man nur erahnen. Zur Schule gehen ist oft schwierig. Jobs gibt es heute gar nicht mehr. Entweder man fährt Taxi oder man verkauft etwas. Sonst gibt es eigentlich nichts. Die Perspektivlosigkeit, der wir hier begegnen, ist maßlos.

    Jeden Abend ist der Strom weg und die Familie gehört zu den wenigen, die in dieser 11 Millionen Stadt eine Batterie für zumindest einen Raum haben. Damit nicht um 18 Uhr der Tag vorbei ist.

    Und Mitten in dieser dunklen Realität spielen Kinder über den Dächern mit Drachen aus Plastiktüten, haben wir einen warmen Platz am Ofen, wo uns Javeed seine Musik zeigt (die er heimlich, denn Musik ist verboten, mit seinen Freunden auf das Handy aufnimmt) und Farid bringt uns über Videoanrufe den wunderbaren Satz auf Dari bei:

    Kub a Kub namereza - adam ba adam mereza - Berg und Berg kommen nicht zusammen, aber Mensch und Mensch kommen zusammen.

    Wunderbar sind sie, diese Menschen.

    Und es gibt keine Worte, die aussagen könnten, wie dankbar wir sind.
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  • Day 178–181

    Grenzen als Spiegelbilder der Länder

    January 10 in Afghanistan ⋅ ☀️ 18 °C

    Alter wir fahren nach Afghanistan!

    Wir stehen um 4 Uhr morgens an der Straße mitten in Mahschhad. Da biegt Abbas um die Ecke. Er macht auch irgendwie Business und schmuggelt was über die Grenzen. Als wir an die letzte Stadt vor der Grenze kommen, werden seine Nummernschilder ausgetauscht und zwei Geschäfte angefahren und irgendwas eingeladen. Auch nach mehrmaligem Nachfragen, was sein Grund der Reise ist, bleibt er bedeckt und wir schließen diese Akte gedanklich.
    Noch mit an Bord ist Ismael, ein Truckfahrer aus der Türkei, der zwischendurch auch mal das Steuer übernimmt.

    Nach gut drei Stunden erreichen wir die iranische Grenze zum Ausreisen, es war nur trockene Wüstenlandschaft bis dahin. Hier an der Grenze spielen sich völlig wilde Dinge ab. Erst ne fette Gebühr für was-weiß-ich zahlen, dann servieren sie dir ein 5-Sterne Snack mit frischen Saft, Obst und Muffin. Dann kommt der erste Beamte, sammelt wortlos die Pässe ein und ist erstmal verschwunden. Nach einer Weile kommt er wieder und stellt zig Fragen. Anschließend holt er als Verstärkung seinen Vorgesetzten und der stellt nochmal die gleichen Fragen und ist dann auch mit unseren Pässen im Hinterzimmer verschwunden. Am Ende passt alles und wir reisen nach genau 30 Tagen aus dem Iran aus.

    Ein richtiges Abenteuer war der Iran, dieses Land mit so unfassbar sympathischen und gastfreundlichen Menschen. Das streng religiös geführt wird und die Todesstrafe nach wie vor mehrere hundertmal im Jahr vollzieht (auch gegen die 2022 Demonstrierenden für Frauen-Freiheit-Leben Bewegung)! Es herrscht eine totale Parallelwelt überall (Menschen reden/denken zu Hause anders als außerhalb). Der Iran ist wunderbar und erschreckend im gleichen Atemzug.

    Nun hieß es sich bereit zu machen für die zweite Runde der Grenzkontrolle. Erstmal findet man sich nicht mehr zurecht, kaum Schilder und Wege. Die afghanische Grenze ist total wild wie das Land selbst an sich auch. Alles durcheinander: Autos, LKWs, Fußgänger und viele Zäune ohne Eingänge und irgendwo doch ein Ausweg aus dem Durcheinander.

    Nach mehrmaligen Versuchen steuert Abbas uns zum richtigen Punkt. Dort ist alles easy und die Einreise schnell gemacht. Wir bekommen als Touristen einen kleinen Extra-Pass mit Bild für die hunderttausend Kontrollen, die uns in den nächsten 10 Tagen widerfahren werden.

    Afghanistan erschlägt uns emotional bereits an der Grenze. Auf einmal bist du in krasser Armut, umgeben von hunderten Kindern, die ums überleben kämpfen.
    Die Kontrollpunkte für das Gepäck sind ohne Elektronik und nur Bretter auf zusammengenagelten Tischbeinen. Viele Augen bestaunen uns. Dabei sind Afghanen respektvoll, interessiert und kennen doch keine Distanz. Wir springen alle wieder in Abbas Auto, was gesondert kontrolliert worden ist und los geht das Abenteuer.

    Wir befinden uns mitten in einer wüstenartigen Landschaft. Kleine Sandstürme kommen auf und nur ab und zu sind Häuser und Ortschaften aus sehr einfachen Lehmhäusern zu sehen. Auf dem Weg halten wir zum Pinkeln an einer Moschee. Nach bereits kurzer Zeit umzingelt uns das gesamte Dorf, bis auf Frauen, die nehmen eigentlich nicht am öffentlichen Leben teil. Unser Glück ist, dass wir jemanden treffen, der die letzten Jahre für eine deutsche Organisation übersetzt hat und uns auf Deutsch begrüßt. Das hätten wir hier mitten in der Wüste nicht erwartet.
    Wir schießen noch schnell ein gemeinsames Foto und fahren weiter.

    Wie zu erwarten erreichen wir den ersten Kontrollpunkt der Taliban. Es stehen ein paar schwerbewaffnete Männer direkt an der Straße, umgeben von zwei Betonklötzen und einer Schranke. Sie winken uns an die Seite und rufen über Funk ihre Vorgesetzten, weil unsere Reisepässe können sie nicht lesen. Es kommen drei ältere Männer in einem alten weißen Toyota Corolla um die Ecke gebogen. Sie strahlen uns an und sind ganz interessiert. Dann aber auch ernst und prüfen unsere Pässe und wollen unsere Fotos auf dem Handy sehen. Zu unser aller Glück prüfen sie nur Dörtes Handy, hier ist nichts zu finden und alles ok. Jedoch hatte Ismael eine Taliban-Festung mit Panzern davor fotografiert, was strengsten verboten ist. Da wir die Taliban gleich zum Foto einladen, ist die Kontrolle auch schnell vorbei und sie freuen sich wie Bolle über das Foto mit uns. Puhhh, nun aber weiter nach dem kurzen ersten Schock.

    Herat ist die zweitgrößte Stadt Afghanistans mit sechs Millionen Einwohnern und breitet sich gigantisch aus. Rechts und links zur Straße säumen sich seit Kilometern Werkstätten in Seecontainern, hunderte Stände mit Benzin in Plastikflaschen, Reifenhändler und noch vieles mehr. Alles ist primitiv und hier wird geflickt und recycelt was das Zeug hält. Not macht erfinderisch, das wird hier sehr deutlich.

    Angekommen in Herat empfängt uns unser Guide Erfan. Ein großer Mittzwanziger, der hier geboren ist. Eigentlich hatte er eine Werbeagentur, die musste er aber schließen. Den Taliban missfiel, dass er Frauen angestellt hatte und schlossen sein Geschäft daraufhin. Mit Maschinengewehren kamen sie und schossen alles kurz und klein. Glücklicherweise haben alle überlebt.

    Nun guidet er uns die nächsten drei Tage, was auch echt nötig ist. Seine erste Handlung ist, Dörte in einen Shop führen, um sie entsprechen der talibanischen Überzeugung gut zu verpacken. Ein Kopftuch wie im Iran reichte da nicht aus und es kam noch ein Ganzkörperkleid dazu.

    Herat lag auf der Seidenstraße und dadurch ist die Stadt übersät mit historischen Stätten. Eine wunderschöne riesige blaue Moschee, von ehemalig 20 noch vier übrige Minarette aus dem 14. Jahrhundert (von Russen zerstört), ein altes Fort (welches von Amerikanern und Deutschen zu Beginn der 2000er vollständig restauriert wurde). Weiterhin zig Mausoleen von bedeutenden Imanen und Königen. Das heutige Herat mit seinen traditionellen Märkten, die die gesamte Stadt versorgen, ist gesäumt mit andernorts längst ausgestorbenem Handwerk. Dazwischen unzählbar viele Menschen, Mopeds, Fahrräder, Stände, Geschäfte und ständig Stau und Lärm überall. Und nicht zu vergessen an jeder Ecke Taliban, die ständig Kontrollen durchführen.

    Hier noch drei Besonderheiten noch zu den ersten Eindrücken in Afghanistan:

    In jeder Stadt müssen wir uns beim Ministerium für Tourismus und Kultur extra registrieren und eine Genehmigung einholen. Das spielt sich wie folgt ab: Das Büro ist irgendwo versteckt, dann Handschlag mit den Taliban und erstmal einen Tee, danach aus dem Vorzimmer zum Minister. Der erklärt sofort, es herrsche ein völlig falsches Bild in den ausländischen Medien über die Taliban. Ok, das hätten wir nun geklärt… danach wird noch Small-Talk gehalten und ein schickes Foto mit uns geschossen.

    Es war wirklich immer angenehm und sehr freundlich, jedoch stimmt unser Bild über Afghanistan leider meistens doch.

    Dörte erzählt aus ihrem Blick, dass sie in der sechs Millionen Stadt nur ca. 10 Frauen auf den überfüllten Straßen gesehen hat. Das ist wirklich erschreckend und spiegelt leider die Welt für Frauen in Afghanistan wieder. Frauen sind aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen (Schulbildung bis nur zur 7. Klasse, dürfen keiner Arbeit nachgehen…)
    Auch müssen wir mehrfach am Tag bestätigen, dass wir verheiratet sind. Wir flunkern, was auch immer klappt, denn im Iran haben wir noch schnell Ringe gekauft.

    Wir sind Zwei von ca. 700 Touristen im Jahr in Herat. Dies hat auch viele und nachvollziehbare Gründe. Ja, die Taliban sind eine zu Recht umstrittene Organisation und führen das Land mit ganz eigenem Blick und Überzeugung. Das Bild im Ausland und hier Deutschland ist negativ und mit großer Skepsis behaftet. Unser Auswärtiges Amt hat zig Seiten an Reisewarnungen zu Afghanistan. Diesen Eindruck teilen viele Botschaften weltweit. Afghanistan ist und bleibt ein gefährliches und mit Sorgen zu bereisendes Land, jedoch hat sich unser Eindruck nicht gedeckt mit den beschriebenen Erfahrungen. Aber eine Reise dorthin ist wirklich nur für erfahrene und risikoaffine Traveller. Wir wurden überall total herzlich empfangen und Afghanen sind extrem gastfreundlich. Insgesamt fühlten wir uns sicher und waren dennoch immer in einer Grundanspannung.
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  • Day 176–178

    Der Taliban-Deal

    January 8 ⋅ ☀️ 13 °C

    Unser letzter Ort im Iran ist die Pilgerstadt Maschhad, die größte Stadt im Osten des Landes. Hier lehrte der 8. heilige Imam nach Mohamed, Imam Reza, die Lehren des Korans und hat hier seine Ruhestätte. Schon bei der Einfahrt in die Stadt wird deutlich, dass es viele schiitische Pilger hierher zieht. Hotels und Souvenir-Läden mit religiösen Artikeln dominieren das Stadtbild im Zentrum. Als ausländische Touristen bekommen wir eine offizielle Führung durch das gigantische Gelände, welches 598.657 m² groß ist und extrem beeindruckend. Auch wenn wir ehrlicherweise erstmal genug von religiösen Stätten haben, die hier im Iran zwar wunderschön sind, jedoch meist sehr streng und bedruckend wirken.

    Unser eigentliches Ziel hier ist die afghanische Botschaft. Nach vielen Abenden des Abwägens über eine Reise durch Afghanistan, haben wir uns für ein ungewöhnliches Abenteuer entschieden. Wir trafen viele Afghanen auf unserem bisherigen Weg, andere Reisende, die aus Afghanistan kamen und wurden in eine Whatsapp-Reisegruppe für afghanische Reisende eingeladen. Insgesamt sammelten wir viele Informationen, Meinungen und Einschätzungen zu der aktuellen Situation in einem zuletzt sehr bewegten Land. Reisen heißt auch Erkunden und ungewöhnliche Wege beschreiten, um dabei selbst hautnah einen Eindruck zu gewinnen. Immer unter der ersten Prämisse der eigenen Sicherheit.

    Insgesamt waren es zwei aufregende Tage in Maschhad. Denn zu erst brauchten wir ein Visa für Afghanistan und darüber gab es verschiedene Erfahrungen in unserer Chat-Gruppe. Nervosität macht sich bei uns breit, ob und wie wir das Visa bekommen. Wilde und chaotische Zustände beschreiben unseren ersten Blick auf die Botschaft am besten: Ein Kneul aus Menschen lungerte vor der Botschaft, ein paar Türen ohne klaren Weg und nur ein Schild (Islamische Republik Afghanistan) verriet, dass wir richtig waren. Nach mehreren Versuchen und Durchfragen gelangten wir in die richtige Tür.

    Am Eingang Fenster, die kaputt waren, Hängeschränke auf Halbmast, leere Schreibtische ohne auch nur einen Kugelschreiber, ein paar gammelige Stühle und irgendwo am Ende des Raums ein kleines Fenster zu einem besseren Büro. Wie eine Durchreiche in den in 70er Jahren von Küchen zum Wohnzimmer. Dort deutlich zu erkennen, saß ein Taliban. Es gab keine Hinweise, Schilder oder irgendwas das auf eine Botschaft hinwies, es sah eher aus wie nach einer Wohnungsauflösung.

    Durch unsere Whatsapp-Gruppe waren wir informiert, was wir einreichen sollten und bereits nach kurzer Zeit boten sich Wartende als Unterstützung an. Schnell wurde auch der Taliban auf uns aufmerksam und bat um eine Unterredung…so ungefähr ;-). Als wir ihm versicherten, dass wir wirklich ein Visa wollten, wies er uns an zu warten. Wir warteten und nichts passierte, nur das wilde Treiben von iranischen Händlern und Fahrern, die alle wissen wollten, was wir hier machten und uns für einen viel zu hohen Preis die Mitfahrt anboten. Nachdem uns das Warten zu lang ging, fanden wir ein einzelnes Papier auf einem Schreibtisch und glücklicherweise unser Fehlendes.

    Danach boxte ich mich zum Taliban durch (Dörte als Frau war komplett Luft) und überreichte ihm unsere Unterlagen und die nötigen Dollar, die er lose in seine Schublade warf. Er guckte nur und fragte seinen Chef gegenüber etwas. Daraufhin musste ich ein paar Fragen über uns beantworten und er machte mir dann klar, ich sollte nochmal ein paar Dollar drauflegen, sonst würde das nichts werden. Wat nun? Autorität bleibt Autorität, auch nach meiner Erklärungen und dem Versuch zu Verhandeln (mit Taliban wollte ich auch nicht zu lange verhandeln). Er gab mir ne Deadline bis wann ich nachlegen sollte und schloss die kleine Durchreiche.

    Ab ins Hotel, wo noch 100 Dollar in Reserve vorhanden waren. Jedoch brauchte ich weniger und ich wusste der Taliban wird mir im Leben nicht rausgeben und noch mehr Kohle wollte ich diesen Leuten nicht in den Rachen schmeißen. Es gibt keine offiziellen Wechselstuben in Maschhad, nur den Schwarzmarkt oder internationale Hotels. Auf zum nächstbesten Hotel, dort kein Chance zu wechseln, nur blöde Blicke. Dann in eine Bank, dort auch nicht möglich und mit einem Zettel von dort zum nächsten Hotel. Dieses hatte auch keine Lust meinen Schein zu verkleinern. Meine letzte Chance war der Schwarzmarkt, der viele fliegende Händler hat und die musste ich erstmal aufsuchen. 100$ waren zu groß für die ersten und dann fand ich einen kleinen Souvenir-Shop der unter seine Theke griff und dort ne Plastiktüte mit Dollar hatte und das Geld wechselte. Die Zeit lief natürlich gegen mich und es wurde sehr knapp, so dass ich zu Laufen begann. Verschwitzt doch rechtzeitig kam ich in der Botschaft an und drückte dem Taliban seine Kohle in die Hand.

    Bereits am späten Nachmittag waren unsere Visa völlig schief im Reisepass eingeklebt und während unseres Wartens im Botschaftsraum lernten wir Abas kennen, der uns anbot uns gleich am nächsten Morgen um 4 Uhr mit nach Afghanistan zu nehmen. Wir verhandelten einen fairen Preis mit ihm und verabredeten uns für den nächsten Tag.

    Das musste erstmal gebührend gefeiert werden mit einem traditionellen Essen, Lamm mit Gemüse im Mini-Tontopf geköchelt und vom Kellner am Tisch mit Zange und Handschuhen serviert.

    Afghanistan is calling…
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