Camino Frances

July - September 2022
A 54-day adventure by Kike Read more
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  • Day 2

    Pyrene und Erron

    July 29, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 15 °C

    Der Regen hat nachgelassen. Der Weg ist abwechselungsreich, mal kurze Aufstiege, dann durch den dunklen Wald auf weichem
    Boden und viele abschüssige Strecken auf Felsen oder Stein-imitierenden Beton. Das ist anstrengend für meine Füße, besonders die Ballen hinten. Ich probiere eine andere Belastung, einen wippenden Gang - und vorallem versuche ich, mich nicht über den harten Boden zu ärgern. Ich könnte mich doch drauf einlassen und meine Füße so setzen, dass sie mit den Unwidrigkeiten umgehen können - wie beim danse sensible (danke Pilar). Und plötzlich gibt es noch Unterstützung von zwei Elementarwesen: Pyrene und Erron - zwei Gnome, die eine unermüdliche Arbeit tun und meine Füße stärken und pflegen. Sie sagen, ich soll sie euch vorstellen: also großen Dank an euch beide - Pyrene und Erron.Read more

  • Day 2

    2 Espinal – Zubiri

    July 29, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 23 °C

    Heute gab es einen steinigen Weg. Ich bin nach 6 Std. und 15 km hier in Zubiri angekommen. Es ist ein schöner alter Ort mit vielen Herbergen und einigen Bars. Um dort hin zu gelangen, musste ich einiges auf mich nehmen. Zuerst der Regen am Morgen, der dann aber schon nach einer halben Stunde vorbei war. Dann ging es über zwei Pässe mit steilen, langen Anstiegen - obwohl doch das Tal eigentlich nach Pamplona abfällt - aber na ja!
    Der Weg ging abwechselnd über Beton-, Schotter- und Asphaltpisten, durch schattige Wälder mit weichem Boden und schließlich ein ausgetrocknetes Flussbett runter. Ich musste aufpassen, dass ich nicht umknicke und mir die Knochen breche würde.
    Unterwegs gab es dann völlig überraschend einen Kaffeestand, wo ich auch meine Wasservorräte, die sich dem Ende zu neigten, wieder auffüllen konnte. Und dann endlich Zubiri. Ich nahm gleich die erste Albergue nach der Brücke über den Rio Arga, pflegte meine Füße, duschte und ruhte mich aus.
    Jetzt suche ich noch ein Pilgermenu. Und morgen geht es weiter nach Pamplona.
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  • Day 3

    Larasoaña

    July 30, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 27 °C

    Endlich in Pamplona. Ich musste über 20 km laufen. Unterwegs war ich in Larasoaña - da war ich vor 25 Jahren schon einmal mit den Berghaus-Jungs. Es war so schön - allein schon der Name - welch ein Klang - „Lara“ wie lind und „Soaña“ ein Traum. Diesmal war alles still dort, keine Menschen, kein Café. Nur ein schüchternes Mädchen, das mir einen Stempel in meinen Pilgerausweis gab. Dabei drückte sie gefühlte 30 Sekunden auf das Ding, wohl um es sehr korrekt zu machen.
    Dann zog sich der Weg an einer riesigen Magnesium-Fabrik vorbei das liebliche Tal runter - nicht ohne mit kurzen steilen Aufstiegen jedes Dorf am Hang mitzunehmen.
    Schließlich bin ich an Arre vorbei gelaufen, weil ein Schild am Weg die schattigere, zwar etwas längere, aber am Ende doch schnellere Variante am Fluss entlang und nicht über den Berg empfahl. Aber eben an Arre vorbei! So habe ich dann noch schlappe und zähe 5 km dran gehängt, um dann hier in Pamplona das letzte Bett in der Herberge zu bekommen.
    Meine Füße wage ich nicht anzuschauen.
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  • Day 4

    ANHALTEN!

    July 31, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 29 °C

    Ich hatte Ende letzten Jahres einen Traum. Es war irgendeine belanglose (?) Szene, die ich nicht mehr erinnere. Etwas erzählte sich so dahin. Plötzlich stand in fetten schwarzen Lettern das Wort „ANHALTEN!“ über dem Bild - wie bei einem Film, wo ein Titel oder eine Jahreszahl eingeblendet wird: ANHALTEN mit Ausrufezeichen.
    Seit dem beschäftigt mich das. Ich soll wohl anhalten, zur Ruhe kommen. Erst wenn ich aus dem Trott komme, nicht allen Ablenkungen folge, sondern meine Aufmerksamkeit auf das lege, was gerade passiert, komme ich zu dem, der ich wirklich bin und was ich wirklich will - so ist meine Vorstellung dazu.
    Aber: meine Reise war so geplant, dass ich mir überlegte, was mir alles an Widrigkeiten begegnen könnte, und danach habe ich meinen Rucksack gepackt - einen Schlafsack und als Reserve noch einen dünnen aus Seide zum Beispiel.
    Man kann ja nie wissen!
    Und dann 4 statt 3 T-Shirts, und gleich noch 2 Hemden dazu.
    Man kann ja nie wissen!
    Und eine Iso-Matte, weil die Herbergen könnten ja voll sein und ich müsste draußen schlafen. Aber bräuchte ich dann nicht auch noch ein Zelt?
    Man kann ja nie wissen!
    Und das ganze Equipment für iPhone und iPad und Hefte und Stifte zum Aufschreiben.
    Man kann ja nie wissen!
    Und dann gestern der Tag mit dem für meine armen Füße viel zu schweren Rucksack. Dann die Sonne, die immer heißer schien und das Ziel, die ersehnte Herberge, die aus unerfindlichen Gründen sich immer weiter entfernte.
    Dann heute morgen war es klar: Anhalten, so einfach. Ich bleibe 2 Tage in Pamplona. Morgen gehe ich zur Post und hole mir ein Paket, in das ich dann all das überflüssige Zeug reinpacke und nach Hause schicke. Ganz trennen kann ich mich noch nicht von dem Ballast - aber es ist ein Anfang und es fühlt sich gut an - es stimmt.
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  • Day 5

    Roland

    August 1, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 26 °C

    Da gibt es das Geheimnis um Roland - und um die Christen, die Mauren, um die Juden und schließlich die Basken.
    Das ganze Drama ereignet sich vor über 1.200 Jahren. Die Christen, Juden und Mauren hatten schon eine ganze Zeit friedlich und eine hochentwickelte Kultur hervorbringend zusammen gelebt. Karl der Große - er war übrigens nicht so groß - meinte Europa von den maurischen Eindrindlingen befreien zu müssen. So belagert er Zaragoza, kommt da aber nicht zu Zuge, beschließt sich abzuwenden und schleift auf dem Rückweg mal eben so Pamplona und gibt die Stadt zur Plünderung frei - irgendetwas muss ich ja meinen Rittern schon anbieten, dachte er wohl - oder war es dem altersmüden Herrscher einfach nur egal?
    Er zog weiter mit seinem Heer über die Pyrenäen. Als Nachhut setzte er Roland, seinen tapfersten Kämpfer mit dem Schwert Durendahl (Dauererzähler), sein Neffe (andere Quellen behaupten sein unehelicher Sohn) ein. Die Basken verfolgten die Nachhut und schlugen sie vernichtend bei Roncesvalles, da wo auf spanischen Boden der Jakobsweg beginnt. Im Todeskampf blies Roland auf seinem Horn Olifant, dass es in ganz Europa zu hören gewesen sein soll.
    Nun, so weit das Heldenepos. Es kann doch nicht sein, dass auf dieser Ränken- und Intrigenschmiede die europäische Kultur aufgebaut worden ist. Da wird eine hochentwickelte Kultur vernichtet, es wird als einigender Akt verkauft und ist doch nur trennend - bis heute. Auf dem ganzen Weg die Pyrenäen runter empfand ich diese untergedrückt aggressive/resignative Stimmung, die sich empfindbar bis in die Erde eingeprägt hatte.
    Auch in Pamplona ist das zu spüren. Viele dunkle Ecken, gold-überladene Kirchen. Das ist nicht mein Christentum.
    Ich würde gern den Weg so laufen: mich der Erde, dem Wind und Wetter, der Hitze aussetzen, mich nach innen kehren und den suchen, der im irischen Christentum als Herr der Elemente beschrieben wird. Und ich laufe, um zu verbinden, nicht um zu trennen.
    Also: ich bin auf dem Sternenweg, der von der alten Atlantis aus dem Meer kam und den Sternen nach Osten auf den Kontinent folgte. Ich bin wie die ersten Pilger auf dem Weg zum Meer, um die uralte Weißheit wieder zu finden.
    Mal sehen.
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  • Day 5

    Peluquería

    August 1, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 30 °C

    Da habe ich noch mehr zurück gelassen.
    …. und die vielen Fragen und die Suche nach Antworten werde ich vielleicht auch irgendwann loslassen.
    …. und Spanien liebe ich - nicht, dass wegen Roland und so ein falscher Eindruck entstanden wäre.Read more

  • Day 5

    Juan

    August 1, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 16 °C

    Da bleibt mir noch, bevor ich morgen früh Pamplona verlasse, um weiterzuziehen, eine andere Geschichte zu erzählen: die Geschichte von Juan.
    Auf der Hinfahrt zum Camino bin ich mit dem Bus früh am Morgen von Zaragoza nach Pamplona und dann weiter nach Roncesvalles gefahren. Unterwegs machten wir einen Zwischenstop in Tudela - die Sonne war gerade aufgegangen.
    Kurz darauf schrieb mir ein Freund: „Ah, da bist du also in den Pyrenäen, da, wo Juan lebte.“
    Juan de Tudela lebte im 12. Jahrhundert und er war als Kirchenmann verstrickt in die Geschichte um die Juden, die katholische Kirche, die Kreuzzüge ins Heilige Land und den gegen die Katharer - und er war fest im Glauben, das Richtige und Gute zu tun - selbst als es darum
    ging, als Inquisitor die „Ungläubigen“ auf den „rechten Weg“ zu führen und in Kauf nahm, dass sie eher in den Tod gingen, als abzuschwören und sich bekehren zu lassen.
    Juans Geschichte berührte mich tief, schon als ich sie zum ersten Mal hörte. Und nun fuhr ich eines frühen Morgens durch seinen Geburtsort - und bekam es nicht mit! Sollte ich nicht noch einmal zurück fahren, um der Stimmung dieses Ortes nachzuspüren?
    Nun ja, nein. Ich werde morgen weitergehen.
    Im Alter zweifelte Juan. Er begab sich noch einmal auf den Weg nach Jerusalem. Von zurückkehrenden marodierenden Kreuzzüglern wurde er schließlich überfallen und ausgeraubt. Muslime nahmen ihn auf und pflegten ihn gesund. Er schätzte ihre Gastfreundschaft und staunte über ihre Heilkünste. Die Menschen zuhause waren demgegenüber Babaren. Er lebte ein Zeit lang unter ihnen, trug ihre Kleider, als eines Tages wieder Kreuzritter kamen und das Dorf niedermetzelten - so wie er damals im Glauben, das Rechte zu tun.
    Er wollte sich ihnen entgegenstellen, sich als christlicher Pater zu erkennen geben und sie aufhalten. Da wurde ihm gewahr, dass er muslimische Gewänder trug und einen Turban auf dem Kopf. Sie hörten ihn nicht einmal, als sie ihn umbrachten.
    Welch Tragik.
    Dieser Juan erschien mir vor einiger Zeit im Traum als Kind. Es war einer dieser Träume, die sehr real erscheinen. Er war traurig. Ich nahm ihn zu mir und tröstete ihn. Trotz seines jungen Alters, trug er seine ganze Geschichte mit all seinen Taten bis hin zu seinem Tod schon in sich. Die Zeit verschwamm - seine Zukunft war schon im Kind anwesend und auch die ferne Zukunft, in der ich das träumte, war damals und jetzt zugleich.
    Da war nur noch ein tiefes Mitempfinden und große Ehrfurcht vor diesem Leben, ohne auch nur irgendetwas zu werten.
    Juan.
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