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- Jun 7, 2024, 7:41 PM
- ☁️ 9 °C
- Altitude: 749 m
- SwedenJämtlandÖstra Rödsjön62°21’19” N 12°21’3” E
7. Juni
June 7, 2024 in Sweden ⋅ ☁️ 9 °C
Was für eine gute Nacht. Einigermaßen kalt, aber irgendwann hat der Wind aufgehört. Als ich um zwei mal wach bin, ist es total windstill, für diese Berglage finde ich das fast surreal. Ich werde in nächster Zeit das Zelt häufiger verwenden, da die Saison in Kürze startet und die Hütten dann häufiger belegt sind, beziehungsweise ich die kostenpflichtigen nicht nehmen werde und es eine Reihe von anderen gibt, in denen es zumindest formell betrachtet nicht erlaubt ist zu übernachten. So auch einige der letzten, die mir so angenehm waren. Es ist herrlicher Sonnenschein am Morgen. Ich frühstücke und packe routiniert zusammen. Ab um neun geht es etwas niedriger durch waldartiges Land, das stark beplankt ist. Die Holzplanken gehen je nach Alter natürlich auch den Weg alles Irdischen und so sind etliche dabei, von denen nur noch ein schmaler, morsch-verfaulter Rest übrig ist, auf denen ich wie auf einem Schwebebalken dahintanze, mit weit ausgestreckten Armen und einem Lied auf den Lippen. (Fabian, 47, männlich, Hausfrau und Prima Ballerina)
Pünktlich zur ersten Pausenzeit steht mitten im Nichts völlig unerwartet eine Bank, ob mich hier jemand erwartet hat?
Es geht heute immer wieder wechselhaft durch große Blockfelder, die sich allerdings bei diesem Wetter gut durchlaufen, besser gesagt durchsteigen lassen und auch immer mal wieder über offene nass-sumpfige Landschaft, die aber hier meistenteils so geführt ist, dass ich nicht mit den Schuhen tief in den nassen Schwamm einsinke. Im Laufe des Tages türmen sich die Quellwolken immer weiter auf, entsprechend werden sie nach dem Mittag mehr und mehr dunkel von unten, aber ich rechne kaum mit ernstzunehmendem Regen.
Als es sich nach der Mittagspause lange hoch auf den Berg zieht, ist es mal wieder an der Zeit, eine Runde Erschrecken zu spielen. Ein Schneehuhn hat sich arglistig hinter einem großen Fels versteckt und just auf den Moment gewartet, als ich gerade mal einen Meter daneben bin, um laut gackernd oder lachend davonzufliegen. Ich mache auf meiner Lebenszeiterwartungsliste mal wieder einen Abstrich.
Gegen zwei erreiche ich die Spitze des Bergs Tandsjövålen auf 993m ü.M., der Weg ist extra hier hochgeführt, da es eine herrliche Aussicht über den See Rogen ist. An dessen nordwestlicher Flanke werde ich heute den Rest des Tages entlanglaufen. Da denke ich wieder an diesen wahren Satz von Jean Paul: „Man kann einen seligen, seligsten Tag haben, ohne etwas anders dazu zu gebrauchen als blauen Himmel und grüne Frühlingserde.“
Von hier oben aus mit diesem fantastischen Weitblick sehe ich einerseits hinter mir nun doch verschiedene Regenfelder heranziehen mit den grauen Schlieren, die sich bis zur Erde ziehen, ebenso sehe ich aber über dem Rogen in weiter Entfernung auch etwas, das ich womöglich so noch nie beobachtet habe: Das Aufsteigen des Wasserdampfs. Typischerweise sehen wir die Wolken ja eher ab einer gewissen Höhe. Das Aufsteigen selbst ist hier ähnlich wie die Schlieren des fallenden Regens, nur entsprechend in weiß und aufstrebend nach oben zu sehen.
Nachdem ich vom Berg runter auf Seehöhe bin, zieht es sich gute 10km in einiger Entfernung zum See durch Wald oder Sumpfland. Im Wald auf den Pfaden ebenso wie auf den Holzbohlen oder Brücken ist abgesehen von Wanderern immer mächtig Verkehr. Hauptsächlich Ameisen sind hier in großer Zahl anzutreffen, eine erregt aber mit ihrer Schlepperei da unten meine Aufmerksamkeit. Ich frage sie, was sie denn vorhat: Sie käme wohl da hinten aus dem Blockfeld von Libellas Flügelverleih (ausdrücklich keine Pianos) und bis zum See sind es nur noch dreihundert Meter. Sie ist zwar eine gelernte Ameise und die Eltern haben es strikt verboten, aber sie will jetzt Windsurfen lernen. Ich zeige mich beeindruckt und sage ihr, damit schafft sie es heute in meine TV-Show. Sie ist stolz wie Bolle und will jetzt richtig gut dastehen, deshalb klemmt sie sich am Ende unter den anderen Arm noch eins dieser hippen zweinadligen Surfboards. Damit ist sie jetzt vollständig ausgerüstet.
Wenn jemand wüsste, wie sehr ich das liebe, wenn sich am Wegesrand der kleine Vorhang öffnet und das Puppentheater beginnt ;)
Schmunzelnd ziehe ich weiter und stelle mir noch vor, wie sie später etwas wacklig über den See surft. Dieser Gedanke einer aufrecht stehenden Ameise kommt aber mal nicht von ungefähr: Am Morgen habe ich auf einer der Brücken beobachtet, dass sie da auch ihren ganzen Klump über‘n Bach schleppen. Als ich das fotografieren wollte, (ja, da muss ich gaaanz dicht rangehen) standen sie zu dritt unter dem Telefon und haben Männchen gemacht. Und da soll ich ernst bleiben…
Gegen halb sechs springt mir jemand anderes vor die Linse, es ist ein Grünschenkel. Mal wieder Federvieh, das ich schon wie oft gehört oder auch hab fliegen sehen, aber jetzt mal so nah und mit Bilderrahmen ist viel schöner.
Gegen sieben erreiche ich am nördlichen Ende des Sees den Shelter Rödvik, hier treffe ich Jürgen an, ein Deutscher, der mit einem Faltboot in dieser Gegend auf verschiedenen Seen auf Angeltour ist. Wir kochen jeder was, unterhalten uns ein wenig und bauen danach die Zelte auf. Um halb neun, ich bin gerade mit allem fertig, gibt es einen heftigen Graupelschauer, danach ist Friede…Read more
Traveler Ich sehe deutlich vor mir die kleine Ameise von Libellas Flügelverleih, wie sie mit Hingabe und leuchtenden Augen einen dicken Strich auf deine Lebenszeiterwartungsliste malt-selig lächelt, kurz überlegt-und dann noch einen hinzu fügt...
Traveler Überall öffnen sich Vorhänge für den schaulustigen Weltenbummler