Dadurch, dass ich es am Freitag auf aufregende Weise bis an den Donaustrand geschafft hatte, saßen wir noch bis 3 Uhr nachts zusammen, denn durch die 120 geschafften Kilometer hatte ich dann nur noch 80 bis nach Belgrad. Und weil mein Zelt eingepackt blieb, dachte ich dann am Samstag Morgen noch nicht ganz wach, dass ich an dem Tag auch versuchen könnte wieder die 100km zu schaffen und so bis hinter Belgrad in die Natur zu kommen, denn dort wäre zur Absicherung noch ein Campingplatz in der Nähe gewesen. Aber auf halber Strecke gab es dann durch meine Beschwerde über die Hitze am Vortag mal wieder ein Unwetter, das kein Wetter mehr war.
Deshalb gibt's noch eine Erklärung zum Ethikrat (der nur durch mich besetzt ist) und im Vorfeld einige Challenges ausgearbeitet hat, damit ich es mir selbst nicht zu leicht mache unterwegs.
Beispiele für Challenges bzw. Verstöße, warum ein Ethikrat nötig ist und mein Verhalten nicht ausartet:
Wenn ich einen Zug nehmen würde, müsste ich den Preis des Tickets spenden - 0x
Das Fahrrad auf dem Weg schieben (weil ich es nicht liebe) 5€ - 3x
Es gibt dabei auch Grauzonen, wo es auf den Einzelfall ankommt bzw. gute Ausreden meinerseits gefragt sind, wie zum Beispiel Übernachtungen auf dem Campingplatz. Der einköpfige Ethikrat war aber auch entgegenkommend und erlaubt es nette Gesten anzunehmen, wie zum Beispiel, wenn mir jemand anbietet mich auf der Ladefläche mitzunehmen - 0x
Aber bei dem, was am Samstag in Belgrad zum Tragen kam, gab es keine Kompromisse.
Das Unwetter zwang mich zu einer Pause unter einem Vorsprung, wo ich aus Versehen auf einer Holzbank ca. 30 Minuten lang das Gewitter verschlafen habe. In Belgrad lagen wieder Bäume quer und Kreuzungen standen unter Wasser, dass von Autos die Reifen komplett versenkt waren. Nach dem Powernap wusste ich zumindest noch welches Jahr wir haben, war aber noch ziemlich weggetreten, das hat Zeit gekostet und der Sturm sollte zwar ruhiger werden, aber das Unwetter noch 2 Stunden anhalten. Darum wurde meine Hoffnung das Zelt irgendwo hinter Belgrad auszupacken genauso weggeschwemmt und es kam mein Regelbuch zum Einsatz, denn ich sündigte und buchte ein Hostel und bezahlte das erste Mal nach genau 4 Wochen für ein Dach über dem Kopf. Ich kam dann wieder erst im Dunkeln in Belgrad an, aber ich hätte mein Glück doch wieder erzwingen können, denn die letzten Meter umkurvte ich gemeinsam mit zwei anderen Bikepackern die umgestürzten Bäume. Die beiden starteten ihre Reise ebenfalls an der Donauquelle und hatten ein Sofa in ihrem Airbnb frei, aber ich konnte die Reservierung im Hostel nicht mehr stornieren. Ein Hostel ist aber auch für mein Gewissen vertretbar, denn dort komme ich mehr mit Leuten in den Austausch, auch über mein Projekt, als irgendwo alleine im Wald.
Dort angekommen und trocken auf dem Bett sitzend konnte mir nicht vorstellen, dass irgendjemand in einer Luxus Panorama Suite eines 5 Sterne Hotels in diesem Moment glücklicher war als ich in diesem Hochbett in einem Zimmer mit 11 anderen Typen. Nach all dem was ich die vier Wochen vorher gesehen und erfahren habe, vor allem bei den Hilfsorganisationen, war ich so glücklich einfach ohne Sorgen diese 20€ für einen sicheren Schlafplatz hinlegen zu können.
Und das isses.もっと詳しく