Einmal um die ganze Welt

February - March 2024
Von Deutschland nach Los Angeles, weiter in die Südsee an die Datumsgrenze. Von dort nach Australien und auf der anderen Halbkugel wieder heim. Read more
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  • Day 13

    Das Leben der anderen

    February 15 in Samoa ⋅ 🌧 28 °C

    Geschmeidig meistert Tamal die zahlreichen Kurven, die es auf schmaler Straße zu passieren gilt. Seine Fahrweise bildet einen gewissen Kontrast zu unserem ansonsten durch und durch klapprigen Gefährt, das schon viele Tausend Kilometer auf dem Buckel hat. Wir befinden uns auf Tour quer über die Insel. Das Auto stammt vom Hotel und Tamal ist unser Tourguide.

    Eigentlich fahren sie in Samoa falsch herum, also auf der linken Seite, der Fahrer sitzt rechts. Allein das hat uns abgehalten, uns selbst als Piloten zu versuchen. Warum aber fährt Tamal konsequent in der Mitte statt links? "Ach weißt du, links, rechts - was heißt das schon?", entgegnet Tamal mit fragendem Gesicht. Es sei doch deutlich zu sehen, dass uns fast kein Auto entgegenkommt. Und wenn doch, dann finde jeder seine Seite schon.
    In Samoa läuft das Leben anders, was beim Straßenverkehr beginnt und bei der Kindererziehung endet. "Die einzigen Ampeln, die es bei uns gibt, befinden sich in unserer Hauptstadt Apia", erzählt Tamal, und wir werden sie gleich zu Gesicht bekommen. Ansonsten findet jeder Autofahrer irgendwie seinen Weg, und das - unglaublich, aber wahr - ohne die Anwesenheit von Verkehrsschildern. Nach Tamals Worten fahren die Samoaner grundsätzlich rücksichtsvoll. "Wenn ich jemanden überhole, dann gehe ich vorher ganz, ganz kurz auf die Hupe, damit der Vordermann merkt, dass ich zu einem Manöver ansetze. Aber es ist ein anderes Hupen als bei euch. Wir hupen freundlich", meint er und zeigt es uns wenig später gleich praktisch. Dabei wird uns auch klar, warum es in Samoa keine Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt. Die Straßen sind in einem derartig schlechten Zustand, dass mehr als 70, 80 Stundenkilometer einem Harakiri gleichkommen würden.

    Die Schule ist gerade beendet, und am Straßenrand machen sich die Jungs und Mädels, bekleidet in farbenfrohen Schuluniformen, auf den Heimweg. Entweder Schulbus oder zu Fuß. Weit und breit keine Helikoptermutter, kein Helikoptervater zu sehen, die ihre Sprösslinge mit dem Auto abholen würden. Das geht allein schon deshalb nicht, da es dafür in Samoa zu wenig Autos gibt. Es würde aber erst recht nicht zur Auffassung der Samoaner von Kindererziehung passen.
    "Es gibt bei uns viele unterschiedliche Lehrer, fast alle sind kostenlos, aber nicht umsonst", so Tamal. Der erste Lehrer, das seien die Eltern, die ihren Kindern alles Lebensnotwendige beibrächten. Der zweite Lehrer sei der Priester, bei ihm würden die Kinder den Glauben erlernen. Samoa ist eine Nation mit tiefgläubigen Menschen überwiegend christlichen Glaubens. "Erst der dritte Lehrer ist der in der Schule", ergänzt Tamal. Von ihm erlernten die Mädchen und Jungen das Einmaleins. Und wenn sie den Heimweg antreten, sehen sie irgendwie glücklich aus. Wenn es doch bei uns zu Hause genauso wäre.

    Samoa ist ein armes Land. Es erzielt gerade mal 0,02 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Deutschland. Mit 2.800 Quadratkilomtern Fläche, im wesentlichen verteilt auf zwei Inseln, zudem ein Winzling unter den Staaten dieser Welt. Selbst Thüringen ist noch fünfmal größer. Doch die nur 200.000 Einwohner verteilen sich so, dass jedem mehr als genug Platz zum leben bleibt.
    Sind Arme glücklicher als Reiche? Es gibt nicht wenige soziologische Untersuchungen, die das nahelegen. Wir wissen das jedoch nicht so genau, zumal: Wann ist einer eigentlich arm, wann ist er reich? Wir wissen allerdings, was wir mit eigenen Augen sehen. Und das ist die Tatsache, dass die Samoaner in sich ruhen und immer ein Lächeln auf ihren Lippen tragen. Führen sie ein besseres oder ein schlechteres Leben als die Menschen im fernen, reichen Europa? Wahrscheinlich keins von beiden. Es ist vor allem ein anderes Leben. Und das kann, trotz aller Armut, so schlecht nicht sein.
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  • Day 15

    Die Schatzinsel

    February 17 in Samoa ⋅ 🌧 27 °C

    Robert Louis Stevenson war ein kranker Mann. Seit Kindesbeinen plagte ihn eine chronische Bronchitis. Dazu gesellte sich später Asthma. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, suchte ihn im Alter von 25 Jahren auch noch die Tuberkulose heim. Von der Erfindung Robert Kochs, der in Deutschland 1882 den Tuberkel-Bazillus entdeckt hatte, konnte Stevenson da noch nicht profitieren. Wer TBC bekam, stand zu dieser Zeit mit einem Bein im Grab.

    Es nimmt nicht Wunder, dass sich der in Schottland geborene und aufgewachsene Stevenson nach Heilmethoden umsah, die wenigstens die Symptome linderten. Und so kam es, dass er den König von Samoa, den er zufällig auf Hawaii kennengelernt hatte, fragte, ob dieser nicht einen Platz auf dieser Welt wüsste, der einem lungenkranken Menschen wie ihm schon wegen des Klimas helfen würde. Selbstverständlich wusste der König Rat: Samoa. Nur wenige wussten, dass es dieses Land überhaupt gibt. Wegen seiner Winzigkeit war es auf den gängigen Landkarten dieser Zeit noch nicht verzeichnet.

    Als Robert Louis Stevenson 1889 ein großes Grundstück auf Samoa kaufte und wenig später darauf ein Wohnhaus errichten ließ, hatte er seine bekanntesten Bücher, "Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde" sowie "Die Schatzinsel" bereits geschrieben. Vor allem wegen der Einnahmen von diesen beiden, aber auch von 26 weiteren Büchern verfügte Stevenson über ein ausreichendes Vermögen, um sich selbst nebst seiner kompletten Familie einschließlich seiner Mutter sowie einer erquicklichen Entourage von Angestellten umzuquartieren nach Samoa und fortan hier zu leben. Was Stevenson nicht wusste: Ihm blieben nur noch wenige Jahre auf Samoa, bis er 1894 im Alter von nur 44 Jahren starb. Trotzdem schrieb er hier vier weitere Bücher.

    Genau 100 Jahre später, am 5. Dezember 1994, wurde Stevensons einstiges Wohnhaus wiedereröffnet - als Museum. Wir stehen am originalen Schreibtisch Stevensons, am Kamin, den er in den Haus hatte einbauen lassen (wozu eigentlich?), an einem Regal alter und einem neu aufgelegter Stevenson-Bücher. Sogar ein deutsches Exemplar der Schatzinsel befindet sich darunter.
    Abenteuerromane waren Stevensons Spezialität. Besonders der böse holzbeinige Koch Long John Silver in der Kajüte der Hispaniola, die unter Captain Smollet auf Schatzsuche ging, sorgte bei uns als Kindern für Gänsehaut-Momente. In Wirklichkeit hatte Stevenson nichts mit derartigen Bösewichten und Spitzbuben gemein, die er gern in seinen Romanen schilderte. Der Romancier galt als zugänglich und wohlwollend - vor allem den Samoanern gegenüber, die ihn ihrerseits in ihr Herz schlossen. Heute gilt Stevenson als eine Art nationales Kulturgut auf Samoa. Jeder kennt ihn. Und jeder weiß, dass seine Gebeine hier, unweit seines Hauses, auf dem Berg Vailima, begraben sind. "Ihr könnt gern hinaufsteigen", sagt die Dame vom Museum, "abhängig von eurer Fitness." Es gebe zwei Wege, die hinauf zum Grab führten. Der lange: eine Stunde, der kurze: 45 Minuten. Wir sind sonst durchaus hart im Nehmen. Aber angesichts von Temperaturen jenseits der 30 Grad, die sich bei extremer Luftfeuchtigkeit anfühlen wie 45 Grad, verzichten wir ausnahmsweise.

    So haben wir das Grab von Robert Louis Stevenson nicht gesehen. Nahe gekommen sind wir dem Schriftsteller trotzdem. In seiner Schreibstube, in der auch sein kleines Nachtlager stand, oder in seinem Krankenzimmer, in dem er behandelt wurde, denn Krankenhäuser gab es nicht auf Samoa. Wir bestaunten seinen Tresor mit den dicken stählernen Türen, in dem er seine beträchtliche Barschaft wegschloss. Und wir wurden zahlreicher Truhen angesichtig: Hier mussten sie doch einstmals gelagert haben, die Schätze von der geheimen Insel. Aber nein, in Wahrheit handelt es sich um die Vorläufer von Koffern, in denen Stevensons Familie ihre Sachen für die Reise nach Samoa verstaut hatte.

    Im Gehen nehmen wir uns vor, die Schatzinsel mal wieder zu lesen. Das wäre doch eine Idee. Manchmal muss man eben um die halbe Welt reisen, um zu einer solchen Anregung zu gelangen.
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  • Day 17–21

    Regenzeit, goldene Zeit

    February 19 in Samoa ⋅ 🌧 29 °C

    Wir wollten in den Sommer fahren, nicht in den Winter. Das war nicht der einzige, aber ein wesentlicher Grund dafür, die Route so und nicht anders zu legen, als wir uns mit unserer Reise im Vorfeld beschäftigten. In Los Angeles hatten wir knappe zwei von vier Tagen Sonnenschein und die für Südkalifornien typischen milden Temperaturen. Dann fing es an zu regnen und hörte nicht mehr auf. Wir waren nicht unglücklich, uns von Hollywood direkt in die Südsee zu verabschieden.
    Für Samoa war es abgemachte Sache, dass dort, da auf der südlichen Halbkugel gelegen, im Februar Hochsommer sei. Vergleichbar mit dem August bei uns, nur viel heißer. Was wir nicht auf dem Schirm hatten: Der Sommer ist hier nicht nur erbarmungslos heiß, sondern er ist auch Regenzeit. So schauten wir etwas verdutzt, als uns bei der Ankunft wiederum Regen empfing.

    Und trotzdem haben wir irgendwie Glück gehabt. Denn wenn ein Tag mal ohne Regen bleibt, kann das sehr schnell zu einer Herausforderung werden. Dass das Quecksilber um die 30 Grad Celsius anzeigt, ist das eine. Das andere ist die so genannte gefühlte Temperatur. Unsere Wetterapp gibt sie regelmäßig mit 15 Grad Celsius höher an. Das bedeutet: Jeder Schritt kann schwerfallen. Was wiederum mit der hohen Luftfeuchtigkeit, ausgelöst durch den Regen, zusammenhängt. Wenn wir uns aus unserem Bungalow nach draußen begeben, dann kommt es uns vor, als würden wir ein einziges großes Gewächshaus betreten.

    Wir haben den Regen zu schätzen gelernt. Er sorgt für die Momente, in denen man mal Luft holen kann. Auch wenn er oft genauso schnell verschwindet wie er kam.

    Den Pelz verbrannt haben wir uns trotzdem, was hier übrigens auch im Schatten problemlos möglich ist. Und das, obwohl wir uns mit einer dicken Schicht Sonnenschutz versehen hatten. Böse Falle. Als Ausweg, so scheint es, bleibt da nur, auf den nächsten Regen zu warten.
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  • Day 19

    Hochzeit auf samoanisch

    February 21 in Samoa ⋅ ☁️ 29 °C

    Eine Drohne umschwirrt uns leise, während wir uns am Strand räkeln. Was geht da vor? Wenig später entsteht drüben am Steg ein merklich geschäftiges Treiben. Angestellte des Resorts beginnen mit Verschönerungsmaßnahmen. Ein ovales Gebinde, das von bunten Blumen geziert wird, formt einen Bogen am 20 Meter vor dem Strand liegenden kleinen Ruhe- und Aussichtspunkt, den sie hier auch Wedding Chapel nennen, also Hochzeitskapelle. Sollte dort heute tatsächlich eine Hochzeit stattfinden? Unsere Neugier ist geweckt.

    Als alle am Steg vorhandenen Elemente endlich mit Palmenzweigen drapiert sind, kehrt Ruhe ein. Das lockt uns an. Wir inspizieren den Ort. Es ist kurz vor 16 Uhr. Von einem Bungalow am Strand winkt ein junger Mann zu uns herüber. Aus der Tatsache, dass Foto-Equipment bei ihm steht, schließen wir: Es wird der Fotograf sein, der vorhin auch die Drohne am Himmel kreisen ließ, um später die Hochzeit zu filmen. Es scheint ihm gut zu gehen. Die Flasche Schampus, die auf dem Tisch steht, ist gerade leergetrunken. Warum auch nicht.

    Wir ziehen uns zunächst zur Happy Hour an die Bar neben dem Speiseraum zurück, um an nähere Informationen zu gelangen. Barkeeper wissen immer alles. "Was passiert da heute am Strand?", fragen wir, "etwa eine Hochzeit?" Die Kellnerin bejaht, und sie weiß natürlich auch die Anfangszeit: 18:00 Uhr, also in ein paar Minuten. Das passt uns gut ins Kalkül, denn wir haben gerade ausgetrunken. Und so lenken wir unsere Schritte zum Strand zurück.

    Hochzeiten auf Samoa können abgehalten werden: erstens in der Kirche, ganz klar. Das ist aber hier offensichtlich nicht der Fall. Zweitens im Heimatdorf, wobei der Stammesälteste die Trauung vornimmt. Das ist hier auch nicht der Fall. Drittens im Standesamt oder an einem Ort, den der Standesbeamte für geeignet erachtet. Das scheint dem heutigen Geschehen schon näher zu kommen.

    Als wir zurück am Strand sind, ist die Zeremonie bereits im Gange. Es sind nur einige Leute dort vorn in der Hochzeitskapelle, kein großer Auflauf. Darf man sich als interessierter Urlauber einfach so dazustellen? Wird schon gehen. Unauffällig bewegen wir uns an den Seilen des Stegs entlang. Und tun anschließend einfach so, als würden wir dazugehören. Ein Mann singt mit seiner Tochter auf samoanisch. Der Standesbeamte fordert die einander Versprochenen auf, sich die Ringe überzustreifen. Am Horizont beginnt der Sonnenuntergang. Es ist eine Szene wie aus einem Film nach Hedwig Courths-Mahler. Und auf einmal ist auch der gut gelaunte Fotograf von vorhin wieder da. Doch nein, der vermeintliche Kamera-Mann entpuppt sich als der Bräutigam höchstselbst. So kann man sich manchmal täuschen. Egal. Die Braut scheint er glücklich zu machen. Und das ist doch das Wichtigste.

    Am nächsten Morgen sitzen wir bei Kaffee und Toastbrot am Frühstückstisch. Es scheint wieder ein heißer Tag zu werden. 31 Grad, die sich in Wahrheit viel wärmer anfühlen, sind prognostiziert. Und da erscheint unvermittelt - das Brautpaar von gestern. Entspannt nehmen sie ihr Frühstück ein und schauen einander verliebt an. Jetzt hat es endgültig klick gemacht bei uns: Urlaub mit inklusiver Hochzeit, das ist es, was die beiden hier machen. Und wir dachten, so etwas gibt es nur in Las Vegas. Weit gefehlt.
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  • Day 21

    Tschüss, liebreizendes Samoa!

    February 23 in Samoa ⋅ ☁️ 29 °C

    Time to say goodbye - es ist Zeit, Abschied zu nehmen von Samoa. Es waren unvergessliche Tage. Weit weg von zu Hause bot sich auch die Gelegenheit, Einkehr zu halten. Was wird bleiben, wenn wir uns an die Zeit auf Samoa erinnern?

    Da war diese tropische Welt von Palmen und vielen anderen Pflanzen, von denen wir manche nur deshalb kannten, weil sie zu Hause ein eher kümmerliches Dasein auf der Fensterbank fristen. Hier waren die Prachtausgaben in natura zu bestaunen.
    Da war der blaue Pazifik, der schon am Strand damit begann, Korallen im Meeresboden verankern zu wollen, was wunderschön anzuschauen war, allerdings das Planschen und Schwimmen erschwerte. Das Wasser kühlte hier nicht mehr richtig ab; wir schätzten es auf mindestens 28 Grad.

    Da war unser wunderbar gepflegtes Resort, das zeigte, wie man einen Hotelbetrieb im Einklang mit Umwelt und Natur führen kann. Da war vor allem das üppige Grün allüberall, das das bestimmende Farbmoment von Samoa bleiben wird.
    Möge dieses Refugium noch lange so natürlich und authentisch existieren, ohne dass der Mensch es zerstört. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht: Im toten Winkel der großen Touristenströme gelegen, ist Samoa von allen denkbaren Einfallstoren so weit entfernt, dass es auf absehbare Zeit wohl nicht mit der feindlichen Ein- und Übernahme durch Horden von Ballermann-Verrückten rechnen muss, die bereits morgens um die besten Liegen an Pool und Strand kämpfen und abends "Tassen hoch!" machen, bis der hier ohnehin nicht vorhandene Arzt kommt. Welch sonnige Aussicht.

    Aber das alles ist noch nicht das Eigentliche. Da gibt es etwas, das unsichtbar und dennoch mit den Händen zu greifen war. Wir haben den Samoanern gern in ihre Gesichter geschaut. Von ihnen geht eine Magie aus, die nur schwer in Worte zu fassen ist. Friedfertigkeit, vielleicht trifft es das am ehesten. Ja, der Gedanke daran wird bleiben, wenn wir uns an Samoa erinnern. Hier leben friedfertige, glückliche Menschen. Bleibt so, wie ihr seid. Und macht's gut!
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  • Day 22

    Hello Australia!

    February 23 in Australia ⋅ ⛅ 34 °C

    Als der Flieger vor dem australischen Festland noch eine große Kurve dreht, haben wir wieder einen kleinen Flugmarathon hinter uns. Unsere Reise startete kurz nach Mitternacht. Mit dem Van des Hotels wurden wir zum Flughafen nach Apia, Samoas Hauptstadt, gebracht. Unser Flug startete um 5 Uhr morgens - allerdings nur bis Fidschi. Der Airport von Nadi ist eine Art Drehscheibe für die gesamte ozeanische Inselgruppe. Alle Wege nach irgendwohin führen hier über Fidschi.
    Entsprechend groß ist das Gedränge auf dem dortigen Flughafen, wo es auch erst - Achtung Zeitverschiebung - 6 Uhr morgens ist. Ein halbes Dutzend Gepäck- und anderweitige Kontrollen später sitzen wir in unserem Flugzeug nach Sydney. Der Flug dauert noch mal viereinhalb Stunden.

    Entschädigt werden wir mit - 37 Grad über Null. Interessant ist der Vergleich zu Samoa, wo es um die 30 Grad warm war. Doch heißer fühlt es sich in Sydney auch nicht an. Oder sind wir schon derart abgehärtet, dass wir das gar nicht mehr spüren?

    Australien empfängt uns nicht nur mit Bruthitze. Sondern auch mit einem herrlichen Blick auf die Südküste des Kontinents. Als wir uns aus der 5-Millionen-Metropole Sydney endlich herausgekämpft haben, biegen wir kurz links ab. Schon nach wenigen Metern erreichen wir den Suplime Point Lookout auf 415 Metern, was vor allem bedeutet, dass das gesamte felsige Massiv auf Höhe des Aussichtspunkts abrupt abbricht. Ein Blick auf den Pazifik sowie die 300.000-Einwohner-Stadt Wollongong tut sich auf. Die Geschichte der Stadt geht auf 1815 zurück, der Name allerdings ist älter und rührt von den Ureinwohnern, den Aboriginals her. In ihrer Sprache stand der Name als Synonym für "fünf Inseln".

    Wir sind gerührt von dem spektakulären Blick. Wir strecken den Arm aus und philosophieren. Wenn wir in dieser Richtung wegschwimmen, kommen wir in der Antarktis raus. Doch die steht, zumindest diesmal, nicht auf unserem Tourprogramm.
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  • Day 25

    Auf Pirsch im Regenwald

    February 26 in Australia ⋅ ⛅ 27 °C

    Unerbittlich winden sich dicke Lianen um den Baum. "In 500 Jahren sind sie der Baum", meint Rodney, "dann haben sie ihn quasi übernommen. Na ja, vielleicht auch schon in 100 Jahren." Der 50-Jährige ist hier aufgewachsen und kennt die Natur gut. Wir stehen mitten im Minnamurra Regenwald. Er umfasst rund 1000 Hektar Fläche und ist damit geradezu winzig im Vergleich zu den anderen Regenwäldern, die in Australien zu finden sind.
    Eine Gesamtfläche von 47.000 Quadratkilomtern ist auf dem fünften Kontinent von Regenwald bedeckt, meist subtropischer Art. Das ist wenig, wenn man es auf das gesamte Gebiet bezieht, aber immer noch mehr als beispielsweise die Fläche der Schweiz. Oder etwa dreimal Thüringen. Australiens Regenwälder leisten damit einen signifikanten Beitrag zur Stabilisierung von Klima und Wasserhaushalt. Und sie binden Kohlendioxid, was unter Klimagesichtspunkten immer mehr Bedeutung erlangt. Die australische Regierung hat sich verpflichtet, die Regenwaldfläche weiter zu vergrößern.
    Unser Weg durch den Rain Forest geht stramm bergauf. Gewaltige Zedernbäume säumen unseren Weg. 1000 Jahre alt können sie werden. Im Unterholz machen sich Farne und kriechende Pflanzen breit. Und ab und an begegnet uns sogar eine Palme, die es in das dichte Grün geschafft hat.
    Im Regenwald ist es dunkel. Das liegt in erster Linie daran, dass hier alles dicht bei dicht steht. So wird Wasser auf natürliche Weise gespeichert. Die in Australien sonst so unbarmherzige Sonne hat es schwer in diesem Wald. Ein Glück für uns. Kein Wunder, dass der Artenreichtum hier groß ist: Regenwälder beheimaten die Hälfte der auf dem Kontinent vorkommenden Pflanzenarten und ein Drittel der Arten von Säugetieren und Vögeln. Einer von den Letzteren macht unablässig auf sich aufmerksam. Es hört sich fast an wie menschliches Schreien.
    Als wir endlich am höchsten Punkt angelangt sind, werden wir belohnt. Von einem felsigen Vorsprung knallt unablässig feuchtes Nass herunter: ein Wasserfall. Die Fontäne ergießt sich lautstark ins Tal. Das abfließende Wasser hat in Jahrmillionen eine tiefe Furche in das Land gegraben.

    Als wir uns auf den Rückweg begeben, kommen wir ins Schwärmen über die Regenwälder. Kein Borkenkäfer, keine Monokulturen von Fichten, wie wir es aus dem Thüringer Wald kennen. Obwohl: "Monokulturen gibt es bei uns auch", erzählt Rodney und zeigt auf die weiter entfernt stehenden Eukalyptusbäume. Eine weit verbreitete Baumart in Australien. Der Unterschied: Eukalyptusbäume liefern nicht nur Öle, die gut riechen, sowie Holz zur Verarbeitung und wirtschaftlichen Nutzung. "Die Baumart hat sich über Millionen Jahre an die hiesigen Bedingungen angepasst', sagt Rodney. "Heiße Temperaturen und Dürreperioden machen ihnen nichts aus." Vielleicht gibt es eine Sorte, die auch bei uns zu Hause wachsen würde?
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  • Day 27

    Sydney. Die Metropole.

    February 28 in Australia ⋅ ⛅ 28 °C

    Kurz vor dem Bahnhof fällt uns auf, dass wir unsere Handys vergessen haben. Eiligst kurven wir zurück und wieder zum Bahnhof. Wir kommen vier Minuten zu spät - und haben Glück. Der Zug hat fünf Minuten Verspätung, was für australische Verhältnisse eine Ausnahme ist. Bei der Deutschen Bahn hätten wir darauf bauen können.

    Der Vorortzug bringt uns für lächerliche 9 Dollar - etwas mehr als 5 Euro - 70 Kilometer nach Sydney. Das verzweigte und gut ausgebaute öffentliche Transportsystem wird rege genutzt. Die Züge sind voll. Gut so. Wollongong, wo wir zugestiegen sind, zählt als Vorstadt von Sydney. Der Vorort hat 300.000 Einwohner, deutlich mehr als Erfurt.

    In diversen Rankings, die die besten und lebenswertesten Städte der Welt ermitteln, landet Sydney regelmäßig auf einem der Spitzenplätze, zuletzt auf Platz 4 der vom britischen "Eonomist" durchgeführten Erhebung. Dabei werden ganz bestimmte Kriterien verglichen, vom Kita- bis zum Kulturangebot, von den Jobmöglichkeiten bis zur örtlichen Infrastruktur. Schönheitspreise werden nicht vergeben. Aber genau einen solchen hätte Sydney verdient.

    Am Circular Quay küsst das Meer die 5-Millionen-Einwohner-Metropole. An einer unüberschaubaren Zahl von Anlegestellen kann man zu Bootsfahrten aufbrechen, um Sydney vom Meer aus zu genießen oder auch, um Wale im offenen Meer zu beobachten. Noch weniger zu überblicken ist die Zahl der Gaststätten, die die Uferpromenade säumen. Es wird getafelt, Eis gegessen und Kaffee getrunken, was das Zeug hält. Die Atmosphäre ist lässig und trotz der vielen Menschen nicht hektisch. Uns lädt das zum Verweilen ein.
    Gegenüber hat tatsächlich die Queen Mary 2 festgemacht, jener Ozeandampfer, der bei seiner Fertigstellung 2003 gern mit der Titanic verglichen wurde. 3.000 Menschen, die bei "All Inclusive" sonst eigentlich von der Welt nichts mitbekommen, sind vom Schiff herunter geströmt, um Landluft zu schnuppern. Auf die kommt es jetzt auch nicht mehr an.
    Wer will, kann seine Pause auch in einer großzügig angelegten Gartenlandschaft verbringen und so tun, als wäre er gar nicht in einer riesigen Stadt, sondern im Grünen. Von hier aus zeigt sich auf der einen Seite die imposante Skyline. Man sieht deutlich, dass es den Architekten nicht um Höhe wie zum Beispiel in New York gegangen ist, sondern um Linien und Formen, die zu einem einzigartigen Ganzen zusammengefügt sind. Und auf der anderen Seite grüßt die Oper herüber. An dem Bauwerk haben sie nach Plänen des dänischen Architekten Jorn Utzon in den 1960er/70er Jahren insgesamt 13 Jahre gebaut, bis die an eine riesige Muschel erinnernde Oper fertiggestellt war. Heute gehört das Kulturgebäude zu den Wahrzeichen Sydneys.

    Als wir unsere Schritte wieder zur Straßenbahn und dann zum Zug lenken, sind wir fix und alle. Einen Schaffner gibt es in unserem Zug nicht. Unsere Karte, die wir vorher aufgeladen haben und die selbstverständlich auch für die Straßenbahn gültig ist, stellt unseren Fahrausweis dar. Manche Dinge gehen in Sydney so einfach. Und auch sie, die Kleinigkeiten, bestimmen mit darüber, wie lebenswert eine Stadt ist.
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  • Day 29

    Wieder daheim

    March 1 in Germany ⋅ ☁️ 11 °C

    Als der Flieger der Quatar Airways sich sanft auf die Seite neigt, um in den Landekorridor des Münchner Rollfelds einzubiegen, schließt sich der Kreis. Es endet nicht nur unser letzter Flug, sondern auch diese Reise. Ziemlich genau 40.000 Kilometer liegen hinter uns - einmal um den Erdball. Und Erlebnisse, die eigentlich zu viel für eine einzelne Unternehmung sind.

    Was wird bleiben?

    Wir haben es gehalten wie eigentlich schon immer, wenn wir uns auf die Langstrecke begaben. Die wichtigsten Stationen waren vorher fest. Alles andere bestand nur in Umrissen. Den Rest ließen wir auf uns zukommen. So entstehen Abenteuer. Es hat den unschätzbaren Vorteil, dass man viel enger Bekanntschaft mit allem Neuen, Ungewohnten, Ungewissen macht. Machen muss. Und so tauchten wir tief ein in das Geschehen vor Ort. Wie in Hollywood, als wir tatsächlich einen originalen Oscar in der Hand hielten. Wie in Fidschi, als wir in einem Bus mit offenen Fenstern, Türen und Diskolicht durch die Hauptstadt Nadi bretterten. Wie auf Samoa, wo wir in einem Gemisch aus Neugier und Grusel die Gräber bestaunten, die die Menschen direkt vor ihren Häusern für ihre Angehörigen errichten. Jeden Tag ein Blick auf Oma und Opa. Und natürlich wie in Australien, wo wir die Kontraste erspürten zwischen Regenwald und der 5-Millionen-City Sydney.

    Das alles hat Spuren hinterlassen. Man gewinnt Abstand zu den oft kleinteilig und kleingeistig geführten Diskussionen zu Hause. Und bekommt einmal mehr ein Gefühl dafür, was es noch alles für uns Unentdecktes auf diesem Planeten gibt. Mit dem Verlassen der eigenen vier Wände verlässt man auch die Bequemlichkeit, die Behaglichkeit, die Gemütlichkeit. Und begibt sich in neue Welten.

    Das war es, worum es ging. Ziel erreicht.
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