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- Feb 15, 2024
- 🌧 28 °C
- Altitude: 12 m
- SamoaUtulaelae14°2’30” S 171°35’45” W
Das Leben der anderen
February 15 in Samoa ⋅ 🌧 28 °C
Geschmeidig meistert Tamal die zahlreichen Kurven, die es auf schmaler Straße zu passieren gilt. Seine Fahrweise bildet einen gewissen Kontrast zu unserem ansonsten durch und durch klapprigen Gefährt, das schon viele Tausend Kilometer auf dem Buckel hat. Wir befinden uns auf Tour quer über die Insel. Das Auto stammt vom Hotel und Tamal ist unser Tourguide.
Eigentlich fahren sie in Samoa falsch herum, also auf der linken Seite, der Fahrer sitzt rechts. Allein das hat uns abgehalten, uns selbst als Piloten zu versuchen. Warum aber fährt Tamal konsequent in der Mitte statt links? "Ach weißt du, links, rechts - was heißt das schon?", entgegnet Tamal mit fragendem Gesicht. Es sei doch deutlich zu sehen, dass uns fast kein Auto entgegenkommt. Und wenn doch, dann finde jeder seine Seite schon.
In Samoa läuft das Leben anders, was beim Straßenverkehr beginnt und bei der Kindererziehung endet. "Die einzigen Ampeln, die es bei uns gibt, befinden sich in unserer Hauptstadt Apia", erzählt Tamal, und wir werden sie gleich zu Gesicht bekommen. Ansonsten findet jeder Autofahrer irgendwie seinen Weg, und das - unglaublich, aber wahr - ohne die Anwesenheit von Verkehrsschildern. Nach Tamals Worten fahren die Samoaner grundsätzlich rücksichtsvoll. "Wenn ich jemanden überhole, dann gehe ich vorher ganz, ganz kurz auf die Hupe, damit der Vordermann merkt, dass ich zu einem Manöver ansetze. Aber es ist ein anderes Hupen als bei euch. Wir hupen freundlich", meint er und zeigt es uns wenig später gleich praktisch. Dabei wird uns auch klar, warum es in Samoa keine Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt. Die Straßen sind in einem derartig schlechten Zustand, dass mehr als 70, 80 Stundenkilometer einem Harakiri gleichkommen würden.
Die Schule ist gerade beendet, und am Straßenrand machen sich die Jungs und Mädels, bekleidet in farbenfrohen Schuluniformen, auf den Heimweg. Entweder Schulbus oder zu Fuß. Weit und breit keine Helikoptermutter, kein Helikoptervater zu sehen, die ihre Sprösslinge mit dem Auto abholen würden. Das geht allein schon deshalb nicht, da es dafür in Samoa zu wenig Autos gibt. Es würde aber erst recht nicht zur Auffassung der Samoaner von Kindererziehung passen.
"Es gibt bei uns viele unterschiedliche Lehrer, fast alle sind kostenlos, aber nicht umsonst", so Tamal. Der erste Lehrer, das seien die Eltern, die ihren Kindern alles Lebensnotwendige beibrächten. Der zweite Lehrer sei der Priester, bei ihm würden die Kinder den Glauben erlernen. Samoa ist eine Nation mit tiefgläubigen Menschen überwiegend christlichen Glaubens. "Erst der dritte Lehrer ist der in der Schule", ergänzt Tamal. Von ihm erlernten die Mädchen und Jungen das Einmaleins. Und wenn sie den Heimweg antreten, sehen sie irgendwie glücklich aus. Wenn es doch bei uns zu Hause genauso wäre.
Samoa ist ein armes Land. Es erzielt gerade mal 0,02 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von Deutschland. Mit 2.800 Quadratkilomtern Fläche, im wesentlichen verteilt auf zwei Inseln, zudem ein Winzling unter den Staaten dieser Welt. Selbst Thüringen ist noch fünfmal größer. Doch die nur 200.000 Einwohner verteilen sich so, dass jedem mehr als genug Platz zum leben bleibt.
Sind Arme glücklicher als Reiche? Es gibt nicht wenige soziologische Untersuchungen, die das nahelegen. Wir wissen das jedoch nicht so genau, zumal: Wann ist einer eigentlich arm, wann ist er reich? Wir wissen allerdings, was wir mit eigenen Augen sehen. Und das ist die Tatsache, dass die Samoaner in sich ruhen und immer ein Lächeln auf ihren Lippen tragen. Führen sie ein besseres oder ein schlechteres Leben als die Menschen im fernen, reichen Europa? Wahrscheinlich keins von beiden. Es ist vor allem ein anderes Leben. Und das kann, trotz aller Armut, so schlecht nicht sein.Read more
Da möchte man gleich mittanzen und feiern 😁 [Martina]