Planlos mit Tom

December 2023 - February 2024
Mit dem Reisefahrrad ohne Plan und ohne Ziel- nur eine Richtung: Ab in die Wärme.
Mit im Gepäck: Neugierde, Abenteuerlust, Optimismus und sicherlich auch eine gewisse Portion Naivität.
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  • Day 28

    Wer nicht wagt…

    January 4 in Morocco ⋅ ☀️ 23 °C

    Momentan in Agadir- aber bleibe nicht lange. Habe für morgen einen Bus gebucht. Denn- nur mit dem Fahrrad ist mein Ziel bis Ende Januar nicht zu stemmen. Der Bus bringt mich in zwei Etappen nach Dakhla- mitten in die Wüste der Westsahara und an den südlichsten kontrollierten Punkt von Marokko. Von dort gehts in 4 Tagestouren mit dem Fahrrad an die Grenze, nach Mauretanien. Links sollen Minen liegen, rechts das Meer. Mauretanien (falls alles klappt an der Grenze) plane ich zügig zu durchqueren, um auf den längsten Eisenzug der Welt in eine Erzmine aufzuspringen (google: iron ore train mauritania) wird die Zeit wohl nicht reichen. Nach weiteren mehreren hundert Kilometern Wüste folgt der zweite berüchtige Grenzübertritt nach Senegal. Einmal in Senegal- werde ich entspannen. Der Flug ist am 26.01 ab Dakar, mit dem Fahrrad. Aber wer weiss- vielleicht lasse ich Daisy zurück & fliege nach Dakar zurück nach meinen Terminen.
    Ich habe das Gefühl, Afrika fängt gerade erst an und bin froh, Marokko nun zügig hinter mir zu lassen.
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  • Day 29

    Abseits vom Touristenpfad

    January 5 in Morocco ⋅ 🌬 21 °C

    Tan Tan- dich mag ich. Jedenfalls mehr als die anderen Kleinstädte. Denn du bist komplett unbedeutend. Du liegst mitten im Ödland, die nächste Stadt 2 h entfernt.
    Es gibt hier weder berühmte Steinhaufen noch besonders süsse Datteln, und entsprechend auch keine Touristen.
    Die Menschen sind freundlich, keine aufdringlichen Verkäufer, die Bettelei ist weniger aggressiv, keine Kinder, die mir hinterherschreien und Äste in die Speichen werfen.

    Ich wandere herum und warte auf den Bus nach Dakhla. Trinke einen Kaffee mit einem Kaffeeverkäufer- er erzählt mir, dass er vorher 32 Jahre bei der Armee gedient hat. Ich frage nach seiner Einteilung- er deutet gegen Süden, brummt „Frontière Mauritanie“ und macht mit seinem Zeigefinger eine Abschussbewegung. Worauf er genau geschossen hat, will ich nicht wissen.

    Ich war auch einkaufen- Spagetti, Sardinen, 4 Fertiggerichte, bouillon, Zahnpasta, 400g geröstetes Maispulver (keine Ahnung was man damit macht), Putzlappen, Kekse und eine Reihe Kinderschokolade für gesamt 6 EUR- etwas mehr als für eine Hauptmahlzeit mit Vorspeise.
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  • Day 31

    Vor der Stille

    January 7 in Western Sahara ⋅ 🌙 17 °C

    Dakhla ist eine hässliche Stadt- ziemlich verschmutzt. Weiter draussen solls ein Paradies für Kitesurfer sein- aber dafür habe ich keine Zeit.
    Ich habe in einem Hotel für 18 EUR eingecheckt, eine letzte Dusche bevor ich voraussichtlich 4 Tage in der Wüste verbringen werde.
    Was mich in den nächsten Tagen genau erwarten wird, weiss ich nicht.
    Die Drohne ist auch in Mauretanien illegal- und gemäss Berichten geht Mauretanien wenig zimperlich vor in dieser Angelegenheit- daher versuche ich die Drohne morgen bei der Post aufzugeben. Es hat gedauert, bis ich einen simplen Karton und Klebeband aufgetrieben hatte. Keine Ahnung ob das Paket wirklich in der Schweiz ankommen wird.

    Und dann gehts los- rund 370 km bis zur Grenze. Links der mit Minen gespickte Sandwall „Berm“ genannt, rechts das Meer. Ein Konflikt zwischen Marokko und der von Algerien unterstützten Frente Polisario, bis heute ungelöst.

    Die Strasse nach Mauretanien soll jedoch seit einigen Jahren komplett ausgebaut und sicher sein. Bis auf 4 km Niemandsland direkt nach der Grenze, das als Puffer fungiert: Dort empfiehlt es sich stark, auf der Piste zu bleiben.

    Seit Wochen bin ich meist mit meinen Gedanken alleine - aber 4 Tage nicht zu sprechen wird sicher eine neue, spezielle Erfahrung.

    Ich melde mich, sobald ich kann.
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  • Day 32

    Erste Etappe

    January 8 in Western Sahara ⋅ ☀️ 26 °C

    Ab Dakhla nimmt der touristische Verkehr massiv ab- und die Militärpräsenz stark zu. And der Küste lassen Suchscheinwerfer die Nacht punktuell zum Tag werden, im Landesinnern sind auf gesamter Linie strategisch Beobachtungsposten platziert. Ich realisiere, dass Marokko an allen Grenzen und der Küste geschlossen überwacht wird. Auch ich werde regelmässig kontrolliert und erfasst- die wissen genau wo ich bin, und was ich mache. Das Militär bleibt jedoch freundlich und lässt mich gewähren.

    Die erste Etappe à 120 km war zügig gemeistert. Bei einer stillgelegten Tanke wurde ich zu Tee und Datteln eingeladen, eine schöne Geste.
    Übernachtet habe ich versteckt an der Küste, ausser Sicht der Beobachtungsposten.
    Der Sternenhimmel ist hier draussen unglaublich schön- ich sehe so viele Sterne wie noch nie.
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  • Day 33

    Herzlichkeit & Honigglas mit Sonnenmilch

    January 9 in Western Sahara ⋅ ☁️ 23 °C

    In den nächsten Tagen treffe ich einen Marokkaner, der mit seinem Scooter am Reisen ist, lustiger Typ. Er erzählt mir, er sei 3 Jahre mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, zeigt mir seinen vollen Pass. Als Marokkaner stehen ihm jedoch nur Westafrikanische Länder offen. Und er lädt mich ein, zu Brot und Olivenöl. Ein Grundsatz im Islam, Reisenden zu helfen.

    Mich lassen solche Einladung und die Herzlichkeit einiger Marokkaner jeweils etwas beschämt zurück.

    Im Verlaufe des Nachmittags hält ein Geländewagen- ein fröhliches deutsches Paar hält an und füllt mir Sonnenmilch in ein leeres Honigglas, meine war nämlich fast aus. Wir verstehen uns auf Anhieb- sie bieten mir an, mich ein Stück mitzunehmen. Ich zögere- sage dann aber zu. Ich will Menschen kennenlernen und meinen Horizont erweitern, das Fahrrad ist nur Mittel zum Zweck.
    Wir enden auf dem identischen, vom Militär tolerierten Platz an der Küste. Es hat auch andere Reisende da, wir verbringen eine tollen Abend und ich kann mir den Schweiss im rauen Meer abwaschen.
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  • Day 34

    Sprite & Bouillon

    January 10 in Mauritania ⋅ ☀️ 26 °C

    Die letzten 100 km in der Wüste haben mir zugesetzt. Windstille, die Sonne knallt mir erbarmungslos auf den Deckel. Keinen Schatten, nirgends, kein Grund, um Pause zu machen- es würde nichts bringen. Nach 50 km habe ich das Gefühl, vom Rad zu kippen. Ich mische Sprite, Wasser und Bouillon. Wird wahrscheinlich kein Kultgetränk, tut aber seinen Zweck. Wie es hier im Sommer ist, will ich mir nicht ausmalen.
    Völlig hinüber erreiche ich die Grenze, für einen Übertritt ist es zu spät. Ich setze mich in ein Restaurant zu den Einheimischen und vertilge gegrillten Fisch in Rekordzeit wie ein Höhlenbewohner- mit gesenktem Haupt nahe dem Teller und mit den Händen. An diesem Punkt ist es mir auch egal, wenn ich unabsichtlich eine der vielen Fliegen in meinem Essen mitesse.
    Aber wisst ihr was- selten hat Essen so gut geschmeckt.

    Ich habe ein Zimmer gekriegt (für das ich wahrscheinlich den dreifachen Preis bezahlt habe, aber egal), hatte eine rudimentäre Dusche und mein Jogurt. Das Leben ist gut.

    Und morgen- morgen gehts nach Mauretanien. Der Grenzübertritt wird entweder super easy oder eine Katastrophe. Ich nehms easy.
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  • Day 35

    Minenwall & Bürokratie

    January 11 in Mauritania ⋅ ☁️ 24 °C

    Marokko ist schnell verlassen- Nach Stempel und Spürhund werde ich vom genervten Beamten ins Niemandsland geschickt und fahre zügig mit meinem Fahrrad durch die unbefestigte Piste, passiere den Minenwall. Sonderlich hoch ist er nicht. Und auch sonst ist hier nix spezielles- offenbar wurde in den letzten Jahren aufgeräumt, die im Voraus gelesenen Schauergeschichten von Autowracks, zwielichtigen Gestalten und Minenbergen kann ich nicht bestätigen, alles ganz easy.

    Auf Mauretanischer Seite habe ich Pech. Das Internet stürzt ab für die gesamte Region- 2h passiert gar nichts, ausser dass ich permanent von Geldwechslern, Schleusern und Simkartenverkäufern belagert werde, die alle plötzlich meine besten Freunde sein wollen.
    Dann stöpselt einer den kleinen Drucker aus und transportiert diesen zur Polizeistation (I have the Visa-machine!), denn die haben schliesslich Sattelittenverbindung. Der ganze Hühnerstall hinterher, ein Chaos. Eine weitere Stunde warten, dann alles wieder zurück zum ursprünglichen Gebäude, jetzt ist die Verbindung wieder da. Zum Glück ist mein Pass rot- auf dem Schreibtisch stapeln sich etliche Pässe.
    Alles dauert unglaublich lange. Das Prinzip vom Anstehen funktioniert hier nicht wirklich. Es wird eher der Lauteste zuerst bedient. Nach etwa 5 Stunden bin ich durch, fahre noch 50 km bis Nouadibou.
    Unterwegs holen mich die Deutschen wieder ein- erneut verbringen wir einen schönen Abend in einer Auberge ohne Wifi.
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  • Day 37

    Sklaverei & Gekaufte Ehe

    January 13 in Mauritania ⋅ ☁️ 32 °C

    Mauretanien macht einen sicheren Eindruck- aber rasch wird klar, dass das riesige Land, das grob aus nichts als Sand und zwei Städten besteht, wohl nicht ganz mit dem rasanten Wachstum der letzten Jahre mithalten konnte. Nouadhibou und Nouakchott sind ganz andere Kaliber als Marokko- hier beginnt das „richtige“ Afrika.
    Hier sollen 15% der Bevölkerung immer noch versklavt sein, und ganz klar gilt die Devise: Je heller die Haut, desto besser und mächtiger. Einige tragen lange Handschuhe, damit die Haut nicht gebräunt wird und je dreckiger das Handwerk, desto dunkler die Haut des Ausführenden.
    Auch die Frauen werden zur Heirat gekauft, wie mir bei Tee und Datteln von Einheimischen erklärt wird. 1‘000‘000 Ouguiya (rund 20’000 CHF) reichen gut aus, meinen diese. Ich nehme an, ein Mann verschuldet sich mit diesem Betrag für eine lange Zeit. Die Männer fragen mich, was denn eine Schweizer Frau kostet. Darauf habe ich nun wirklich keine Antwort- das von mir vorsichtig formulierte Prinzip der Liebe und Gleichberechtigung wollen die Männer nicht so recht begreifen.
    Die Frau hat auch hier eine untergeordnete Rolle, mir stinkt diese Ungleichheit immer mehr. Aber wer bin ich, um dies zu richten oder die Menschen hier eines besseren Belehren zu wollen? Das ist eine andere Welt.
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  • Day 38

    Überdruss

    January 14 in Mauritania ⋅ ☁️ 30 °C

    Sand in den Haaren
    Sand unter den Fingernägeln
    Sand im Schaltwerk von Daisy
    Sand im Zelt
    Sand im Schlafsack
    Sand im Kochtopf
    Sand zwischen meinen Zähnen
    Sand in meinem Kopf

    Noch 130 km bis Senegal

  • Day 39

    Pumba & Salzkristalle

    January 15 in Mauritania ⋅ ☀️ 32 °C

    Erneut über 100 km. Bei dieser Hitze zu viel, und ich weiss es. Aber wie eine Dampflok treibe ich mich an, denn ich habe ein Ziel: die Zebrabar im Senegal- das eiskalte Bier werde ich unter der Dusche trinken.
    Unterwegs helfe ich einer Gruppe Männer, die eine Panne haben. Per Zufall habe ich genau den Torx-Schraubendreher dabei (und ich habe nur einen einzigen), der ihnen fehlt.
    Keine 10 Minuten nach der Reparatur hält ein Auto und gibt mir Wasser und Kekse- ein Geben und Nehmen.

    Die Wüste weicht nun langsam der Vegetation, ganze Vogelschwärme und riesige Vögel (Hobby-Ornithologen hätten jetzt eine Beule in der Hose) ziehen über mir vorbei. Pumba das Wildschwein lässt auch grüssen.

    Mangels Alternativen zelte ich bei Pumba. Das mit Salzkristallen überzogene Tshirt ist nun endgültig bereit für die Wäsche.
    Und ich auch.
    Mehrmals höre ich Pumba in der Nacht ums Zelt schleichen, aber sonst lässt er mich in Ruhe.

    22 km bis zur Grenze.
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