• Daniel Meier

next stop nature

Cycling through the pristine landscape of New Zealand. Okumaya devam et
  • Buller Gorge

    18 Aralık 2023, Yeni Zelanda ⋅ ☁️ 21 °C

    Die Übernachtung in der Cabin im Murchison Motorcamp war mein persönlicher Lottosechser. In der Nacht begann es wieder heftig zu regnen und die starken Regenschauer hielten noch bis in den späten Nachmittag an. Bis auf meine Schuhe, welche ich dummerweise zum Auslüften nach draussen gestellt hatte, blieb alles trocken.

    Da sich mein nächster Rastplatz bei der ehemaligen Goldgräbersiedlung Lyell nur etwa 45 Kilometer entfernt war, setzte ich mich trotz Regen gut gelaunt aufs Rad und radelte los. Ich wollte unbedingt vor elf Uhr beim White Creek sein, um mir dort ein Ticket für eine rasante Jetboat-Fahrt durch die spektakuläre Buller Gorge zu ergattern. Wenn schon nass werden, dann richtig.

    Am Ticketschalter wurde nicht nur ich bitter enttäuscht. Bei solch schlechtem Wetter führt der Fluss zu viel Wasser und die Fahrt wäre ein zu grosses Risiko. Etwas geknickt zogen alle Touristen wieder von dannen. Der dazugehörende Goldgräber-Themenpark sorgt halt nicht garade für Nervenkitzel und Adrenalinschübe.

    Für mich blieben noch vermeintlich fünfzehn Kilometer bis zum heutigen Etappenziel. In Lyell angekommen, musste ich mir dann aber zuerst etwas die Augen reiben. Der Rasen stand teilweise fünf Zentimeter unter Wasser. Hier die Nacht zu verbringen, war keine Option. Ein anwesender Einheimischer versuchte mir zu helfen und erwähnte eine kleine Bar mit ein paar Zimmer, etwa 35 Kilometer entfernt.

    Ob diese noch existieren würde, wusste er leider nicht. Dafür konnte er mir exakt beschreiben, wo ich das nächste Mal Handy-Empfang haben werde und so radelte ich zuerst einmal die fünf Kilometer bis zum Wendeplatz beim Brückenpfeiler. Dort erschienen tatsächlich zwei Striche auf meinem Display und ich konnte die ominöse Bar ausfindig machen. Wenige Klicks später hatte ich auch ein Bett reserviert. Nun konnte ich beruhigt die letzten dreissig Kilometer zurücklegen und mich auf ein trockenes Bett und eine warme Mahlzeit freuen.

    Am nächsten Tag klarte das Wetter auf und ich machte mich frühmorgens erst einmal auf zur Veloinspektion. Die Gravelstrecken waren nicht gerade optimal. Zudem wurde ich mehrmals von herannahenden Lastwagen von der Strasse abgedrängt. Dabei erwischte ich einige tiefe Schlaglöcher. Die Acht im Hinterrad war nicht mehr zu übersehe, sie beinträchtigte auch die Schaltung. Zudem knirrschte irgendetwas im Wechsler und beim Fahren hörte ich ein verdächtiges Knacken. Velokollege Pirlo half mir via Whatsapp von der Schweiz aus mit ein paar guten Tipps auf die Sprünge. Ein paar Youtube-Tutorials später schien das Hinterrad wieder etwas besser in Form zu sein.

    Wenigstens bis ins vierzig Kilometer entfernte Westport musste mein Flickwerk halten. Dort konnte ich das Rad dem ansässigen Velohändler zeigen, was ich gegen Mittag auch tat. Dieser hatte leider weder Zeit noch Material, um mir zu helfen. Immerhin hatte er eine passende Kette an Lager. Diese muss nämlich auch zeitnah gewechselt werden. Unverrichteter Dinge setzte ich meine Fahrt fort und kontrollierte unterwegs zweimal alle Speichen.

    Als ich am späten Nachmittag in Charleston eintraf, war ich erleichtert. Zur Feier des Tages bestellte ich mir ein grosses Bier und eine Portion frittierte Tintenfischringe mit Aioli, Nervennahrung halt.
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  • Te Ananui Cave und Charleston

    19 Aralık 2023, Yeni Zelanda ⋅ ☀️ 18 °C

    In Charleston freute ich mich über das warme Wetter und die wunderschönen Sonnenuntergänge an der Constant Bay. Das Highlight meines zweitägigen Aufenthalts wae jedoch der Ausflug tief in die Erde des Paparoa National Park.

    Ausgestattet mit Neopren-Anzug, Helm und Stirnlampe machte ich mich zusammen mit meiner Reisegruppe auf, um unter fachkundiger Führung die Te Ananui Cave zu erkunden. Der knapp fünfstündige Ausflug beinhaltete eine kurzweilige Fahrt mit einem kleinen Zug durch den Regenwald und einen steilen Aufstieg zu Fuss zum Höhleneingang. Von dort aus stiegen wir mit unseren Tubes unter den Arm geklemmt immer tiefer in das weitläufige Höhlensystem hinab. Teilweise geduckt, kriechend und aufrecht gehend besuchten wir mehrere Kammern und bestaunten die über die Jahrtausende gewachsenen Stalaktiten und Stalagmiten.

    In der letzten Kammer befand sich ein unterirdischer Fluss. Hier kamen die mitgebrachten Tubes zum Einsatz. Hintereinander aufgereiht setzten wir uns auf die Lastwagenschläuche und liessen uns langsam den Fluss hinuntertreiben. Die Stirnlampen blieben für einmal aus und trotzdem war es nicht stockdunkel. Tausende von Glühwürmchen (Archnocampa) erhellten das Höhlengewölbe. Mit ihren klebrigen zehn bis zwanzig Zentimeter langen Fäden versuchten sie Insekten zu fangen, welche sie mit ihrem Leuchten anlockten. Ein unterirdischer Sternenhimmel breitete sich über unseren Köpfen aus, surreal und wie aus einem Märchenbuch. Staunend und mucksmäuschenstill genossen wir diesen atemberaubenden Moment.

    Bald schon zeigte sich eine weitere Lichtquelle und aus der Höhle wurde eine schmale Schlucht. Noch einmal klemmten wir unsere Tubes unter den Arm. Die letzten paar hundert Meter ging es rasant flussabwärts, ehe wir uns der Neoprenanzüge entledigen konnten. Wie faszinierend und voller Wunder unsere Welt doch ist!
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  • Pancake Rocks und Greymouth

    20 Aralık 2023, Yeni Zelanda ⋅ ☁️ 18 °C

    Beflügelt von den tollen Eindrücken des Vortages packte ich am frühen Morgen mein Material zusammen, um die etwas über 80 Kilometer bis Greymouth unter die Räder zu nehmen. Zwar blieben die Sorgen um das wacklige Hinterrad, aber davon wollte ich mir nicht die gute Laune verderben lassen.

    Die Strasse führte nun grösstenteils direkt der Küstenlinie entlang und ich genoss den Ausblick auf die schroffen Felsformationen, das wilde Meer und die weitläufigen Strände. Das Velo fuhr sich gut, einzig in den Kurven und bei steilen Anstiegen merkte ich das verbogene Hinterrad deutlich. Bei Punakaiki legte ich eine kurze Pause ein, um mir die bekannten Pancake Rocks anzusehen, Kalksteinformationen, welche wie übereinandergelegte Pfannkuchen aussehen.

    Am Nachmittag wurde ich mehrmals vom selben Campervan überholt. Nach dem gefühlt fünften Mal winkte mich der Fahrer zur Seite und gab sich als Velomechaniker zu erkennen. Was für ein Glückstag! Der Zufall wollte es, das Anon sogar aus der Schweiz stammt und bei Veloplus arbeitet. Seit Jahren bringe ich mein Velo zu Veloplus und liess vor meiner Abreise dort alles nochmals auf Vordermann bringen. Nun erhalte ich sogar in Neuseeland Unterstützung von einem Veloplus-Fachmann. Anon kontrollierte das Rad, notierte mir die Bezeichnungen und Spezifikationen der notwendigen Ersatzteile auf und gab mir seine Nummer für alle Notfälle.

    Bestens gerüstet und in Hochstimmung setzte ich meine Fahrt fort und suchte in Greymouth die Velowerkstatt auf. Die umsichtige Inhaberin bestellte sofort das benötigte Material und verschob alle anderen Reparaturen, damit mein Velo bis spätestens am nächsten Mittag wieder fahrtüchtig ist. So schnell kann sich das Blatt wenden und ich wurde mir einmal mehr bewusst, wie hilfsbereit und unterstützend wir Menschen doch sind.
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  • Lake Brunner

    22 Aralık 2023, Yeni Zelanda ⋅ 🌫 18 °C

    In Greymouth buchte ich mir ein Zimmer in der alten Herberge gleich gegenüber der Velowerkstatt. Der Morgenhimmel war grau, was zum Stadtnamen und irgendwie auch zum Stadtbild passte. Wirklich sehenswert ist Greymouth nicht.

    Der Radwechsel stand nun plötzlich doch noch auf Messers Schneide. Wegen der vorweihnächtlichen Paketflut funktioniert der Kurierdienst nämlich nicht ganz so zuverlässig, wie sonst und die Lieferung war bereits drei Stunden überfällig. Kurz vor Mittag traf das Paket dann doch noch ein und um halb zwei verliess ich Greymouth mit einem niegelnagelneuen Hinterrad.

    Das fühlte sich echt gut an und ich schien nun förmlich über die Landstrasse dem Arnold River entlang zu schweben. Jedenfalls war ich seit Beginn meiner Reise noch nie so rasant unterwegs. Hügel um Hügel überquerte ich in einem flotten Tempo, gönnte mir am Ufer des Lake Brunner ein kühles Getränk und traf schliesslich früher als erwartet auf dem Campingplatz ein. Drei Stunden und 18 Minuten benötigte ich für die 69 Kilometer und 620 Höhenmeter. Das entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20.9 kmh. Meine neue persönliche Bestleistung 😎
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  • West Coast Wilderness Trail

    24 Aralık 2023, Yeni Zelanda ⋅ 🌧 18 °C

    Wettertechnisch zählten die beiden Tage entlang des West Coast Wilderness Trails sicherlich nicht zu den besten meiner Reise. Die Übernachtung auf der idyllisch gelegenen Campsite am Lake Manihapua liess ich bleiben und flüchtete stattdessen vor dem Regen in ein Hotelzimmer in Hokitika.

    Trotzdem war die Fahrt von den Ausläufern der Südalpen zurück an die Küste und dem West Coast Wilderness Trail entlang in die alte Goldgräbersiedlung Ross sehr angenehm. So richtig verregnet wurde ich erst auf dem Highway zwischen Ross und Hari Hari, wo ich mir für den Weihnachtsabend ein schönes Zimmer in einem Landhaus reserviert hatte.

    Im Gegensatz zum weiter nördlich gelegenen Greymouth war Hokitika auf jeden Fall den Abstecher wert. Die Ortschaft war am Tag vor Weihnachten richtig belebt. Einheimische erledigten letzte Einkäufe, Touristen verpflegten sich in den Restaurants oder besuchten eine der zahlreichen Jade-Boutiquen. Ich nutzte die Gelegenheit und ergänzte ebenfalls meine Lebensmittelvorräte. Je weiter ich die Westküste runter radle, desto spärlicher werden nämlich die Einkaufsmöglichkeiten.

    Vom Hokitika aus verlief die Radstrecke auf dem Bahntrasse der in den 1920er-Jahren stillgelegten Eisenbahnstrecke nach Ross. Immer wieder entdeckte ich am Wegrand Überbleibsel aus dieser Pionierzeit. Alte Geleise, einen rostenden Dampfkessel, die vor über hundert Jahren entgleisten Güterwagen am Hang des Bahndamms oder die alte Totara Bridge. Mit etwas Fantasie konnte ich mir ausmalen, wie es sich angefühlt haben musste, mit der Dampflokomotive durch das dichtbewachsene Buschland zu rattern und dabei die verrusste Meeresluft einzuatmen.

    In der ehemaligen Goldgräbersiedlung Ross fühlte ich mich dann definitiv hundert Jahre zurückversetzt. Das alte Hotel mit dem Saloon im Parterre könnte prima als Schauplatz für einen Western herhalten, inklusive ein paar Gästen als passende Statisten. Auch andere Gebäude wurden seither wohl kaum verändert. In Ross war mein Hunger grösser als der Ekel vor der Saloonküche. Hier wurden offenbar noch immer die Hygienestandards aus der Jahrhundertwende hochgehalten. Aber da nur frittierte Speisen serviert wurden, schien sich das gefühlte Risiko für eine Lebensmittelvergiftung in Grenzen zu halten. Also bestellte ich mir eine Portion Fish & Chips und schob die Salatgarnitur und die Aiolisauce diskrekt an den Tellerrand.

    Mit vollem Bauch nahm ich die letzten 45 Kilometer bis nach Hari Hari unter die Räder. Inzwischen schien es nicht mehr nur senkrecht, sondern auch waagrecht zu regnen. Mir war es egal, wartete doch heute ein riesiges Zimmer mit Kaminfeuer auf mich. Bis zum nächsten Morgen würde alles wieder trocken sein.

    Im Bed & Breakfast wurde ich bereits sehnlichst erwartet und von der Gastgeberin mit einer Beige Frotteetücher eingedeckt. Neben mir waren noch weitere Gäste aus Dänemark und Finnland anwesend. So durfte ich den Weihnachtsabend im Trockenen und in einer geselligen Runde mit einem guten Glas Rotwein beschliessen🎄🎅🍷
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  • Fox Glacier Town und Lake Matheson

    26 Aralık 2023, Yeni Zelanda ⋅ ☁️ 17 °C

    Für den Weihnachtstag stand eine etwas längere und hinsichtlich der anstehenden Höhenmeter "knackigere" Etappe an. Fast 90 Kilometer und 1'100 Höhenmeter galt es zurückzulegen. Ich war deshalb froh um den reich gedeckten "Zmorge-Tisch" und genoss den ausgiebigen Brunch mit der Familie und den übrigen Gästen. Einzig auf den Sekt verzichtete ich. Der hätte sich wohl eher schlecht vertragen mit den Spiegeleiern und den Pancakes.

    In einer regenfreien Minute setzte ich mich aufs Velo und verabschiedete mich von meinen Weihnachtsgspändli. Doch leider hatte ich mich zu früh gefreut. Der Regen wurde intensiver und ich zog meine Regenkluft inklusive giftgrüner Schuhüberzieher an. Knapp eine halbe Stunde später war das gröbste vorüber und ich entledigte mich wieder meiner Regenkleider. Das ganze sollte sich nun weitere vier mal wiederholen bis es mir zu bunt wurde.

    Den Rest der Strecke bestritt ich deshalb in Badehose und dem ohnehin schon nassen Radtrikot. Das war wesentlich angenehmer als die auf der Haut klebende Regenkleidung. Bis nach Franz Josef Town war die Strecke mehrheitlich eben. Danach gab es drei Anstiege mit Steigungen von 13 bis 14 Prozent, welche mir etwas in die Wädli gingen. Immerhin feuerten mich dann und wann ein paar asiatische Touris an, welche mich in ihren Reisemobilen überholten.

    Beflügelt von den Zurufen meisterte ich auch den letzten Anstieg und die rasante Abfahrt nach Fox Glacier Town. Leicht unterkühlt erreichte ich am späten Nachmittag den Campingplatz und hüpfte nach einer ausgiebigen Dusche in den heissen Whirlpool. Bei diesem Regen das Zelt aufzustellen, wäre keine gute Idee gewesen.

    Tatsächlich liess der Regen gegen Abend nach und sogar die Sonne zeigte sich ganz kurz. In der Nacht regnete es nochmals kräftig und zu allem Übel ging morgens um zwei der Alarm los. Überall waren nun die Lichtkegel von Taschenlampen zusehen. Beim Sammelplatz gab es dann eine Entwarnung. Offenbar galt der Alarm nur der freiwilligen Feuerwehr. Anders als bei uns, wird diese über eine im ganzen Tal hörbare Sirene zu ihren Einsätzen aufgeboten. Einigen Touris steckte der Schrecken darob noch am morgen danach in den Knochen.

    Obschon der Wetterbericht eigentlich Sonne vermeldet hatte, war auch am nächsten Tag das Wetter wechselhaft. Davon liess ich mir die Laune nicht verderben und unternahm zuerst einen Ausflug zum Lake Matheson und anschliessend noch eine ausgeschilderte Rundwanderung durch den Wald. Den Rest des Tages verbrachte ich im Whirlpool und beim Lesen im Zelt. Andere Optionen gab es nicht. Aufgrund des Wetters waren die Heli-Base geschlossen und die Flüge zu den berühmten Gletschern eingestellt.

    Am Abreisetag zeigte sich Fox Glacier Town doch noch von seiner besten Seite. Der Mount Cook spiegelte sich im Lake Matheson und zu früher Stunde drängten sich auch noch keine Tourigruppen an den beliebtesten Fotospots. Diesen Erfolg feierte ich mit einem leckeren "Egg Benedict" und einem doppelten Espresso im Lake Matheson Cafe.
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  • Lake Paringa und Bruce Bay

    27 Aralık 2023, Yeni Zelanda ⋅ ☁️ 18 °C

    Wie wechselhaft das Wetter in Neuseeland sein kann, zeigte sich am Abreisetag in Fox Glacier Town. Am frühen Morgen leuchteten die weissen Schneegipfel in der Sonne und wenig später war der Himmel wieder in Wolken gehüllt. Dieses Wetter ist zwar zum Velofahren ideal, jedoch ist die Landschaft bei schönem Wetter ein ganzes Stück eindrücklicher und lieblicher.

    Zu meinem Glück blieb der Tag nicht grau. Die kräftige Meeresbise vermochte die Wolken im Nu wegzublasen, sodass ich doch noch ins Schwitzen kam. Von nun an führt die Strecke bis ins knapp 260 Kilometer entfernte Wanaka nur noch dem Highway 6 entlang. Der Verkehr nahm nach den Weihnachtstagen deutlich zu und ganze Horden von Wohnmobilen, Reisebussen und schweren Pickups mit Anhängern war unterwegs.

    Die Fahrt war für mich dennoch angenehm und das Verkehrsaufkommen noch immer deutlich geringer, als auf der Nordinsel. Einzig die vielen Roadkills entlang der Strecke trübten den Fahrspass. Auf gewissen Abschnitten lagen fast alle hundert Meter ein übel zugerichtetes Possum, ein Kaninchen oder ein Wiesel auf der Strasse.

    Sobald ich ein totes Tier entdeckte, trat ich doppelt so fest in die Pedale, um möglichst vor den herannahenden Fahrzeugen am leblosen Körper vorbeizuradeln. Dabei hielt ich jeweils den Atem an, da die Viecher bereits von weitem echt übel riechen. Die Vorstellung, vom Fahrtwind eines vorbeirasenden Autos einen Fellfetzen Possum oder noch schlimmer einen Teil der Eingeweide ins Gesicht zu kriegen, würde mich wohl definitiv zum Vegetarier machen.

    So war ich entsprechend schnell unterwegs und erreichte bereits kurz nach dem Mittag die Campsite am Lake Paringa. Bereits bei der Reservation wurde ich vor den aufdringlichen Keas gewarnt. Die knapp 50 Zentimeter grossen neuseeländischen Papageien machen sich einen Spass daraus, bei Autos Gummidichtungen herauszupicken. Offenbar fallen auch Velopneus und Plastiktaschen in ihr Beuteschema. Deshalb verstaute ich vorsorglich bis auf das Velo sämtliches Reisegepäck im Zelt.

    Bis zum Abend stand mir das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals. Fast drei Stunden lang lag ich mehr oder weniger regungslos im Lake Paringa. Einerseits mochte ich die Abkühlung und andererseits war dies die effektivste Methode, um mich vor den tausenden kleinen Kriebelmücken zu schützen. Ganz ohne Stiche kam ich leider nicht davon. Irgendwie hatten es ein paar dieser Biester in mein Zelt geschafft. Am rechte Fuss zählte ich am nächsten Morgen 42 (!) Stiche.
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  • Haast und Ship Creek Beach

    28 Aralık 2023, Yeni Zelanda ⋅ ⛅ 18 °C

    Die Fahrt von der Lake Paringa Campsite in den südlichsten mit einer Strasse erschlossenen Küstenort Haast war vom ersten Moment an ein Genuss. Über Kilometer hinweg führte die Strasse durch dichten Regenwald und über hohe Hügel mit einer prächtigen Aussicht auf die Tasmansee. Da es mit 52 Kilometer eine vergleichsweise kurze Etappe war, hielt ich bei mehreren ausgeschilderten Sehenswürdigkeiten an.

    Die Wanderung zum Monroe Beach fühlte sich wie ein Spaziergang im Märchenwald an. Mächtige moosbewachsene Urwaldriesen spendeten Schatten, während sich darunter zahlreiche Schlingpflanzen und Farne den Platz strittig machten. Hin und wieder durchdrang das Sonnenlicht das dichte Unterholz. Um die seltenen Fjordland Haubenpinguine am Strand zu beobachten, war es zu spät. Die schönen Tiere mit ihrem gelben Kopfschmuck sind nur während der Brutzeit hier anzutreffen. Trotzdem lohnte sich der Abstecher zu dieser abgelegenen Bucht.

    Ein längerer Anstieg führte mich zum Knights Point. Von der Aussichtsterrasse lassen sich die markanten aus der peitschenden See aufragenden Felsformationen bestaunen. Die Klippen erinnerten mich teilweise an die Felsen, welche ich in den Sommerferien zusammen mit Martina in Dalmatien gesehen habe.

    Den letzten Halt machte ich am Ship Creek Beach. Hier wurden 1870 Schiffsplanken gefunden. Diese stammten vom 1855 an der australischen Ship Wreck Coast gesunkenen Segelschiff "SS Schomberg". Die starke Strömung der Tasmansee hat einen Teil des Wracks 2'000 Kilometer in diese entlegene Ecke Neuseelands getragen.

    Eigentlich kann man am Ship Creek Beach oft Hector-Delfine beim Jagen beobachten. Beim entlangschlendern des weitläufigen Strands konnte ich leider keinen dieser kleinen Delfine erspähen. Dafür durfte ich mich ab dutzender kreischender Möwen amüsieren, welche einer Familie das Picknicken zum Albtraum machten.
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  • Haast Pass Road

    31 Aralık 2023, Yeni Zelanda ⋅ ⛅ 8 °C

    Die kleine Ortschaft Haast war meine südlichste Destination an der Westküste. Das Dorf ist erst seit den 1960er Jahren mit einer Strasse erschlossen und seither eine wichtige Durchgangsstation für Reisende nach Otago. Für mich war es in Haast an der Zeit, Abschied zu nehmen von der Tasmansee, den urtümlichen Regenwäldern und dem unbeständigen Wetter.

    Von Haast aus fuhr ich in zwei Etappen über den Haastpass. Der südlichste der drei Übergänge über die Südalpen ist nur gerade 564 Meter hoch, wartet aber dennoch mit ein paar steilen Passagen auf. Die Passstrasse führte lange Zeit direkt dem Haast-River entlang, welcher auch das Landschaftsbild prägt.

    Da beide Etappen mit eher kurz waren, nutzte ich die "Freizeit" für ein paar Wanderungen zwischendurch. Ich wollte unbedingt nochmals durch das dichte Unterholz der moosbewachsenen Farnwälder streifen und zudem die ausgeschilderten Wasserfälle besuchen.

    In Pleasant Flat schlug ich mein Zelt auf der DOC-Campsite auf. DOC-Campsites sind einfache staatliche Campingplätze, welche oft nur über eine Toilette verfügen. Den fehlenden Komfort kompensieren sie meistens mit einer einmaligen Lage inmitten der Natur. So auch Pleasant Flat. Direkt am Ufer des Haast-River gelegen, lädt ein schöner Strand zum Baden im eiskalten Fluss ein. Aufgrund des sonnigen Wetters kam mir diese Abkühlung gerade gelegen und den Rest des Nachmittags verbrachte ich mit einem Buch am Flussufer.

    Am späteren Abend zog ein Gewitter auf und bis zum Morgengrauen regnete es in Strömen. In einer regenfreien Minute packte ich meine sieben Sachen und fuhr mit zwei Getreideriegeln im Magen in Richtung Passhöhe. Glücklicherweise liess der Regen rasch nach und schon bald schien wieder die Sonne. Am Zielort konnte ich sogar alle nassen Kleider, mein Zelt und den Schlafsack an der Sonne trocknen lassen.

    In Makarora hatte ich zum Silvesterabend ein Bett in einer Herberge gebucht. Einen Campingplatz gab es nicht und das einzige Hotel war bereits ausgebucht. Sowieso war Makarora ein erzwungener Stopp. Gerne wäre ich noch bis nach Wanaka gefahren. Aber auch dort war alles bis zum letzten Platz resp. Bett ausgebucht. So blieb mir nichts anderes übrig, als im Mehrbettzimmer zu nächtigen.

    Das Restaurant schloss schon um acht Uhr abends und wenig später waren alle Gäste in ihren Zimmern und Bungalows verschwunden. Offenbar war ich der einzige Alleinreisende an diesem Abend und ich hatte das ganze Zimmer für mich alleine. So verschlief ich den Jahreswechsel und bestaunte dafür vor dem Zubettgehen den Sternenhimmel ohne jegliche Lichtverschmutzung.
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  • Hawea und Wanaka

    1 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ☀️ 17 °C

    Zum Neujahrstag zeigte sich das neuseeländische Wetter von seiner besten Seite. Die ersten zwanzig Kilometer waren mehrheitlich flach. Erst kurz vor dem Lake Wanaka erwartete mich ein knackiger Anstieg.

    Nun ging es rauf und runter. Zuerst am himmelblauen Lake Wanaka und nach einer weiteren steilen Passage am nicht minder schönen Lake Hawea entlang. Das Landschaftsbild hatte sich inzwischen komplett verändert. Die schneebedeckten Gipfel, Kieferwälder und grassenden Schafe auf sattgrünen Weiden waren verschwunden. Stattdessen trohnten nun ockerfarbene und grüne Gebirgsketten über den blauleuchtenden Seen.

    Auf mich wirkte die Landschaft zeitweilig wie ein nie endendes Gemälde von unglaublicher Schönheit. Ich konnte mich kaum sattsehen und hielt an jedem Aussichstpunkt an und bestaunte diese unglaublichen Farben.

    Ab Hawea radelte ich nicht mehr auf dem Highway, sondern einem tollen Rad- und Wanderweg dem Clutha-River entlang nach Wanaka. Die Verfügbarkeut von Übernachtungsmöglichkeiten hatte sich am Neujahrstag noch nicht wirklich entspannt, sodass ich letztlich für zwei Tage ein Zimmer bei einer asiatischen Familie anmietete.

    In Wanaka traf ich nochmals Janine und ihre Reisegspändli zum Abendessen an der Streetfoodmeile. Ansonsten war mir Wanaka zu laut, zu überfüllt und nach Tagen an der einsamen Westküste eine pure Reizüberflutung.
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  • Crowne Range Road und Queenstown

    3 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ⛅ 20 °C

    Um von Wanaka nach Queenstown zu gelangen, gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder die nervenaufreibende und für Velofahrer nicht ungefährliche Fahrt über Cromwell oder die höchstgelegene Hauptstrasse Neuseelands mit knapp 1'200 Höhenmeter bis Queenstown.

    Für mich war von Anfang an klar, dass ich über Cadrona und den 1'076 Meter über Meer gelegenen Crowne Range Summit nach Queenstown fahren würde. Von der Strecke via Cromwell hatte ich einerseits nichts gutes gelesen und andererseits hätte dies auch fast 40 zusätzliche Velokilometer bedeutet.

    So machte ich mich um sieben Uhr in der Früh auf, die Crowne Range Road zu befahren. Ich kam gut voran und war schon vor neun Uhr in Cadrona, wo ich mir im meistfotografierten Pub Neuseelands ein warmes Frühstück bestellte. Selbstverständlich besuchte ich vorher den nahegelegen, fast ebenso berühmen BH-Zaun.

    Diese Ansammlung von gegen 2'000 Büstenhalter führte dazu, dass Cadrona zuweilen auch als Bradrona bezeichnet wurde... Warum genau so viele Frauen ihren BH an diesen Zaun hängen, erschliesst sich mir nicht ganz. Die angrenzende Distillerie profitiert aber ganz bestimmt vom Touristenaufmarsch.

    Der Anstieg und vor allem der letzte Teil bis zum Summit ging in die Beine. Dafür wurde ich oben angekommen mit einem fantastischen Blick auf Queenstown und das Wakatipu Valley belohnt. Die anschliessende Abfahrt war rasant. Auf halber Höhe entschloss ich mich, nicht mehr der Passstrasse zu folgen. Stattdessen setzte ich die Abfahrt auf dem unbefestigten Tobins Track fort, welcher mich direkt zur alten Goldgräbersiedlung bei Arrowtown führte.

    Von dort aus fuhr ich weiter bis zum Shotover River, wo ich mir eine adrenalinreiche Fahrt mit dem Jetboat durch die enge Shotover Gorge gebucht hatte. Mit 95 Stundenkilometer schoss das Boot über dass Wasser, driftete über seichte Stellen hinweg und schnitt enge Kurven entlang der Felsen. Gerade einmal zwölf Zentimeter tiefes Wasser reicht, damit das Jetboat fahren kann. Der Veranstalter hielt, was er versprach. Ich war begeistert!

    Was nun als krönender Abschluss noch fehlte, war etwas leckeres zwischen die Zähne. Die Pizza im kleinen Bistro gehörte mitunter zum besten, was ich bisher in Neuseeland gegessen habe. Und anders als alle bisherigen Kiwi-Pizzen hatte sie den Namen Pizza auch verdient. Keine komische Barbecue-Sauce als Topping und Cheddar als Mozzarella-Ersatz. Happy me!

    Der abendliche Spaziergang durch Queenstown fühlte sich nicht viel anders an, als durch Wanaka. Es war laut, überfüllt und voller Reize. Einfach grösser und mondäner. Im Nachhinein bin ich froh, Silvester nicht in einem der beiden Orte verbracht zu haben.
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  • Milford Sound

    4 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ 🌧 11 °C

    Am selben Tag hin und zurück jeweils knapp 300 Kilometer zu fahren, nur um einen atemberaubenden Fjord zu bestaunen, ist schon ein wenig unsinnig. In Transferstunden umgerechnet entsprach dies in meinem Fall rund neun Stunden im Bus und knapp zwei Stunden Rundfahrt mit dem Katamaran. Verrückt, oder? Hinzu kamen kurze Pinkelpausen und Fotostops. Dennoch hat sich die Reise zum Milford Sound mit den mächtigen, aus dem Meer ragenden Felsen, den Steilhängen und zahlreichen Wasserfällen gelohnt.

    Einzig die arme Busfahrerin tat mir leid. Ihre langen Arbeitstage sind in meinen Augen ziemlich unmenschlich. Zudem hatte sie eine Doppelrolle inne und fungierte auch noch als Guide. Wie sie uns bei diesem hohen Verkehrsaufkommen auch noch gekonnt durch den Tag führte, ist wirklich bemerkenswert. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Gästeschar nicht ganz pflegeleicht war.

    Da ich zum ersten Abholpunkt "aufgeboten", musste ich bereits um sieben auf der Matte stehen. Erst um Viertel nach acht hatten wir dann alle Fahrgäste zusammen und konnten endlich Queenstown verlassen. Zunächst ging es dem Lake Wakatipu entlang, ehe wir kurz nach Kingston die Grenze zu Southland überquerten.

    Southland ist der südlichste und gleichzeitig grösste Distrikt der Südinsel. Mit 32'600 Quadratkilometer ist Southland etwa gleich gross wie die Schweiz ohne die Kantone Graubünden und Tessin. Im ganzen Distrikt leben nur gerade 33'000 Menschen. Gleichzeitig bevölkern aber 830'000 Milchkühe und Rinder, 160'000 in Gehegen gehaltene Hirsche sowie sage und schreibe 3.3 Millionen Schafe die weitläufigen Weiden.

    In Southland steuerte unsere Busfahrerin den regionalen Hauptort Te Anau an. Nach einer kurzen Kaffee- und Pinkelpause fuhren wir anschliessend über den Milford Highway bis zum gleichnamigen Hafen, wo der Katamaran bereits auf uns wartete. Je näher wir dem Milford Sound kamen, desto eindrücklicher wurde die Landschaft und spätestens nach der Fahrt aus dem Homer-Tunnel eröffnete sich uns ein spektakulärer Ausblick auf den Fjord.

    Die dunklen Felsen und moosbewachsenen Hänge mit den tobenden Wasserfällen wirkten bei Nebel und Regen mystisch und dramatisch zugleich. Obschon es kalt war und ich nach kurzer Zeit triefend nass war, genoss ich die Katamaranfahrt durch den Milford Sound. Auf der vierstündigen Rückfahrt hatte ich ja genügend Zeit zum trocknen😉
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  • Lindis Pass Road

    6 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ☀️ 19 °C

    Die Fahrt von Queenstown über die Crowne Range Road zurück nach Wanaka und von dort aus weiter über den Lindis Pass bereite mir mehrere Tage lang etwas Sorgen. Nachdem ich mich auf der Nordinsel mit dem Berufsverkehr und grossen Lastwagen herumschlagen musste, ist auf der Südinsel der Ferienverkehr bisweilen gefährlich für Velofahrer.

    Insbesondere um die beliebten Feriendestinationen herum ist viel los auf den Strassen: monströse Pickups mit Bootsanhängern im Schlepptau, Wohnmobile, SUVs mit Wohnwagen und Motorräder bevölkern die Strassen. Für Velofahrer bleibt da wenig Platz. Vor allem auf Passstrassen sind sie ein lästiges Hindernis, an welchem man sich auch dann noch vorbeizwängt, wenn der Gegenverkehr schon auf gleicher Höhe ist. Dies führt zu prekären Situationen auf den engen Strassen.

    In den Foren für Radreisende raten Einheimische deshalb davon ab, während den Hauptferienzeiten solche Strassen zu befahren. So suchte ich stundenlang auf Google Maps und Komoot ergebnislos nach möglichen Alternativrouten. Als beste Lösung schien mir ein früher Start, um so noch vor dem täglichem Peak die Passhöhe zu erreichen.

    Also begann ich bereits kurz nach fünf Uhr morgens mein Zelt abzubauen, damit ich um halb sieben losfahren konnte. In der Stadt herrschte schon reger Betrieb und auch auf dem Highway nach Cromwell war dichter Verkehr. Erst bei der Abzweigung zur Crowne Range Road wurde es merklich besser. Ich war froh, die steile Serpentinenstrasse heraufzuradeln, ohne ständig ein drängelndes Auto im Nacken zu wissen. Die ersten zweihundert Höhenmeter waren schnell geschafft und nach weiteren 500 Höhenmeter hatte ich die Passhöhe noch vor halb zehn erreicht. Genau so hatte ich mir dies vorgestellt.

    Im alten Pub von Cadrona bestellte ich mir wie schon zwei Tage zuvor ein warmes Frühstück und studierte die Strassenkarte. Nun galten meine Bedenken nicht mehr der Crowne Range Road, sondern der noch stärker befahrenen Strasse zum Lindis Pass. Diese wird auch für den Gütertransport zwischen Christchurch und der Region Otago genutzt.

    Wenn ich es wieder ähnlich anstellen wollte, musste ich möglichst nahe am Pass übernachten können. Die einzige Möglichkeit hierfür war die kleine Campsite bei einer Hotelruine, welche sich aber weitere achtzig Kilometer von Cadrona entfernt befand. Dies bedeutete eine Monsteretappe von 125 Kilometer. So viel fuhr ich bislang nur in der Schweiz an einem Stück und auch nur mir mit wesentlich weniger Gepäck.

    Tatsächlich traf ich am späteren Nachmittag nach siebeneinhalb Stunden im Sattel bei der besagten Campsite ein und gönnte mir sogleich ein erfrischendes Bad im kleinen Fluss. 125 Kilometer und etwas mehr als 1'550 Höhenmeter sind es letztlich geworden - neuer Streckenrekord! Körperlich wären wohl noch dreissig Kilometer mehr drin gelegen. Aber mental war ich erschöpft.

    Die Verkehrssituation am Lindis Pass resp. der Passtrasse ist wesentlich krasser, als auf der Crowne Range Road. Zeitweise fühlte ich mich wie auf einer Autobahn und einige waghalsige Fahrer schossen sprichwörtlich an mir vorbei. Ich fühlte mich bestätigt in meinem Entscheid und war froh, am nächsten Tag nur dreissig Kilometer bis zur Passhöhe fahren zu müssen.

    Der nächste Morgen startete gleich wie der Vortag. Kurz vor sieben sass ich auf dem Velo und verliess die Campsite. Die Temperatur lag nur wenig über dem Gefrierpunkt und ich musste nach ein paar Kilometern meine Langlaufhandschuhe hervorkramen. Der Aufstieg war landschaftlich reizvoll und relativ ruhig. Erst kurz vor der Passhöhe zog der Verkehr an und in einer steilen Kurve wurde ich beinahe von einem LKW an die Leitplanke gedrückt.

    Der Schreck sass mir noch immer in den Knochen, als ich die Passhöhe erreichte. Immerhin folgten auf der Abfahrt keine weiteren engen Kurven und mit meiner leuchtgelben Jacke, dem neonfarbenen Helm und dem roten Blinklicht sollte ich ja auch gut zu sehen sein. Erschöpft und erleichtert gab es in Oarama, dem Zielort des zweiten Tages dann zuerst mal ein Bier.
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  • Twizel and Clay Cliffs

    7 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ☁️ 26 °C

    Ab Omarama erwartete mich eine relativ kurze Etappe ins bereits im Mackenzie District gelegene Twizel. Vor der Abfahrt tauschte ich noch ein paar letzte Radreisenden-Weisheiten mit einem holländischen Paar aus, welches dieselbe Strecke in umgekehrter Richtung reist.

    Die beiden hatten auf den teilweise verblockten Wanderwegen auf dem Alps 2 Ocean Trail einige Probleme mit ihren weitaus weniger robusten Velos und den meiner Meinung nach falschen Reifen. Jedenfalls verbrachte der Mann den Vorabend damit, gleich drei kaputte Veloschläuche zu flicken, eine Notspeiche zu montieren und die Schaltung beim Rad seiner Frau wieder herzurichten. Mir blieben solche Arbeiten bisher glücklicherweise erspart🤞

    Wie schon am Vortag setzte mir die Hitze in dieser trockenen Gegend. Ich konnte förmlich spüren, wie mir die Sonne den letzten Tropfen Feuchtigkeit aus dem Körper sog - quasi ein Vorgeschmack auf die Bedingungen, welche mich ab dem 20. Januar in Vietnam erwarten werden. In solchen Situationen nutze ich jeweils jede Gelegenheit, um an ein kühlendes Getränk zu kommen. So kam mir der ausgeschilderte Kiosk gerade recht, auch wenn dieser einen fast acht Kilometer langen Umweg bedeutete. Der Gedanke an eine eiskalte Coke war einfach zu verlockend.

    Und wie so oft im Leben, eröffnen solche spontane Richtungswechsel oder Unwege plötzlich neue Möglichkeiten. In meinem Fall waren dies die Clay Cliffs, welche sich auf dem Grundstück eines Grossgrundbesitzers befinden. Das erste Hinweisschild an der Hauptstrasse hatte ich wohl übersehen und erst am Kiosk realisiert, dass sich die ikonischen und von tiefen Schluchten durchzogenen Felsnadeln ganz in der Nähe befinden.

    Also beschloss ich kurzerhand, weitere fünfzehn Kilometer Staubpiste auf mich zu nehmen und zu den Cliffs zu radeln. Ironischerweise schien ich mit meinem Velo besser für die ausgewaschene Kiesstrasse gerüstet zu sein, als die zahlreichen Touri-Camper. Jedenfalls kam ich flott voran und genoss den tollen Ausblick auf die weitläufige Ebene von Omarama.

    Die Cliffs waren jeden Schweisstropfen wert und boten nochmals ein ganz anderes Landschaftsbild. Irgendwie erinnerten mich die Felsformationen an ähnliche Landschaften, welche ich zwei Jahre zuvor mit Martina in der nordargentinischen Provinz Jujuy bestaunen durfte.

    Da ich auf dem Rückweg nochmals am Kiosk vorbeikam, gab es nach der Coke nun auch noch ein Glace. Schliesslich erwarteten mich noch knapp 40 Highway-Kilometer in dieser Gluthitze. Diese letzte Teiletappe hatte es in sich und nicht nur meine beiden Bidons, sondern auch die "Notflasche" waren schneller leer, als es mir lieb war. Durstig und hungrig schaffte ich es dann doch noch nach Twizel.

    Die leeren Flaschen waren mir definitiv eine Lehre für die anstehenden Etappen auf dem Alps 2 Ocean Trail. Einkaufsmöglichkeiten und Brunnen gibt es in dieser Einöde nämlich kaum. Ein ordentliches Wasser-Management ist deshalb Trumpf!
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  • Mount Cook und Mackenzie District

    8 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ☁️ 25 °C

    Die kleine Ortschaft Twizel ist Heimat der grössten "Dark Sky Reserve" der Südhalbkugel. In dieser abgelegenen und trockenen Gegend gibt es kaum Lichtverschmutzung und nur wenig Niederschlag. Deshalb verbrachte ich fast die ganze Nacht damit, die abertausenden von Sternen zu bewundern. Einen solch eindrücklichen Nachthimmel habe ich letztmals 2012 gesehen, als ich mit meinen Freunden Manuel und Stefan in einem Fiat Panda durch die mongolische Steppe reiste.

    Die kurze Nacht sollte sich später noch rächen. Wider Erwarten war die Etappe von Tekapo zum Lake Middleton wegen des starken Gegenwinds viel fordender als ich dachte. Stellenweise hatte ich das Gefühl rückwärts zu rollen, obwohl ich mit aller Kraft in die Pedalen trat.

    Auf dem ersten Abschnitt am Auslauf des Lake Tekapo kam ich gut voran. Bei der Querung der Ebene zwischen Lake Tekapo und Lake Pukaki erwischte mich der Gegenwind jedoch volle Kanne. Zwei besonders heftige Böen forderten mein ganzes Balancier-Vermögen. Den Sturz auf die spitzen Kiesel konnte ich gerade noch verhindern.

    Zwischenzeitlich stellte sich der Wind etwas ein. Meine Laune besserte sich schlagartig und ich konnte die Fahrt sowie die Aussicht auf die weissen Gipfel der Südalpen wieder geniessen. Mittendrin thronte der Mount Cook über allen anderen Gipfeln. Den höchsten Berg Ozeaniens durfte ich zwei Wochen zuvor bereits aus einer anderen Perspektive am Lake Matheson bewundern.

    Da ich mich entschieden hatte, den Alps 2 Ocean Trail in drei statt sieben Etappen zu fahren, durfte ich an diesem Tag noch einem dritten grossen See im Mackenzie Bassin entlangradeln. Der Lake Oahu schien mir wilder und urtümlicher zu sein, als seine beiden Nachbarn. Trotz heftigem Wind, war der Fahrspass auf dem Singletrail durch das dichte Buschwerk kaum mehr zu überbieten.

    Mein Nachtlager richtete ich am Ufer des kleinen Zwillingsbruders des Lake Oahu, dem Lake Middleton ein. Hinter einer Anhöhe versteckt, ist dieser etwas weniger dem Wind ausgesetzt. Ausserdem wollte ich vor Sonnenuntergang unbedingt ein erfrischendes Bad im See nehmen und das klebrige Gemisch aus Sonnencreme und Staub von meiner Haut waschen.
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  • Oahu Range und Lake Benmore

    10 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ☁️ 24 °C

    Auf der Campsite am Lake Middleton traf ich am frühen Morgen Antoine, einen französischen Arzt, der derzeit in Neukaledonien arbeitet und seine Ferien in Neuseeland verbringt. Antoine ist etwas leichter unterwegs, als ich. Dafür nimmt er sich längere Etappen mit mehr Höhenmeter vor. Am Vorabend erreichte er erst nach Einbruch der Dämmerung die Campsite.

    Wir beide waren froh über etwas Gesellschaft und beschlossen, fortan gemeinsam zu radeln, bis sich unsere Wege unterwegs dann wieder trennen würden. Ich konnte das Tempo gut mithalten, war aber nach etwa zehn Kilometer ebenso überrascht wie Antoine, als der Weg plötzlich in einen veritablen Wanderweg mit grossen Steinen überging. Das musste wohl die Stelle gewesen sein, von welcher mir das holländische Ehepaar in Omarama erzählt hatte.

    Höhenmeter um Höhenmeter kämpften wir uns die Oahu Range hoch. Plötzlich war ich mit meinem SPD-Klicksystem im Vorteil gegenüber Antoine, der mit doppeltem Kraftaufwand die Strecke meistern musste. Am höchsten Punkt erwartete uns eine fantastische Aussicht über das Mackenzie Basin mit seiner kargen Vegetation.

    Auf der anschliessenden Abfahrt übernahm wieder Antoine das Zepter. Ich wollte nicht noch mein zweites Hinterrad riskieren und holperte ihm hinterher. Wir beide wurden ordentlich durchgeschüttelt. Während Antoine mehrmals seinen Packsack wieder festzurren musste, kontrollierte ich das Aufhängesystem meiner Sacochen. Dreimal verlor ich unterwegs Material, welches ich wieder verstauen und festbinden musste. Die Strecke war halt doch eher für Mountainbikes ausgelegt.

    Eine Stunde nach dem Mittagsrast verabschiedeten wir uns an der Sailors Cutting Campsite voneinander. Antoine wollte sich noch etwas Ruhe gönnen. Er hatte sich vorgenommen, anderntags den Omarama Saddle mit dem Velo zu erklimmen. Das sind knapp 1'200 Höhenmeter mit steilen Passagen in unwegsamen Gelände.

    Ich hingegen war erst in der Halbzeit meiner Tagesetappe angelangt. 98 Kilometer und fast 1'000 Höhenmeter standen auf dem Programm. Mein Weg führte weiter dem Lake Benmore entlang. Der sandige, teilweise sehr enge und windige Singletrail kostete mich viel Energie. Insbesondere die stark exponierten Passagen forderten meine ganze Konzentration.

    Belohnt wurde ich dafür mit einem atemberaubenden Panorama und der bislang wohl eindrücklichsten Strecke in Neuseeland. Der letzte steile Anstieg führte mich zum Pumpkin Point mit Ausblich auf den Lake Aviemore und das Benmore-Kraftwerk. Anschliessend ging es im Zickzack-Kurs wieder den Berg runter. Bis zur Waitangi West Campsite am Ufer des Lake Aviemore gab es quasi als Dessert nochmals starken Gegenwind. Unterzuckert und mit dem grossen Bedürfnis, als erstes in den See zu hüpfen, erreichte ich kurz vor sechs Uhr mein Etappenziel.

    Die Fahrt war deutlich anstrengender als die 125-Kilometer-Etappe von Queenstown an den Lindispass. Als Learning nehme ich mir vor, bei der Planung in Zukunft nicht nur auf die Höhenmeter und die Distanz zu achten. Den von der Planungs-App Komoot ausgewiesenen Infos zur Strassenbeschaffenheit werde ich ab sofort mehr Beachtung schenken.

    Übrigens bin ich heute mehrfach an Känguru-Kadavern am Strassenrand vorbeigefahren. Offenbar hat Neuseeland nicht nur ein Problem mit eingeführten Kaninchen, Possums und Wiesel. Auch Kängurus bedrohen die einheimische Tier- und Pflanzenwelt und werden von der entsprechenden Behörde gejagt.
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  • Vanished World und Aviemore Dam

    10 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ☁️ 23 °C

    Für die Strecke von der Waitangi West Campsite in den schmucken Küstenort Oamaru hatte ich eigentlich zwei Etappen von je etwa 50 Kilometer eingeplant. Nach dem dritten Tag mit eher dürftigen Mahlzeiten, ohne Dusche und dem starken Verlangen mich und mein Equipment vom klebrig-staubigen Dreck zu befreien, beschloss ich, alles an einem Tag zu fahren.

    Die schneebedeckten Gipfel lagen einen Tag zurück und die letzten Ausläufer der Südalpen waren bereits in Sichtweite. Für heute Stand keine allzu spektakuläre Fahrt auf dem Programm. Die letzten Tage hatte ich jeweils ab dem frühen Nachmittag Gegenwind. Deshalb räumte ich bereits im Morgengrauen mein Camp. Die Campsite war ohnehin nicht sehr einladend und erinnerte eher an ein verlassenes Festivalgelände.

    Der erste Teil der Strecke führte der Asphaltstrasse entlang zum Aviemore Dam nach Kurow. Kurow ist bekannt für zahlreiche Fossilienfunde und beherbergt auch ein Museum, auf dessen Besuch ich aber verzichtete. Anschliessend folgte ein toller Graveltrail durch die Wetlands nach Duntroon. Duntroon ist der Ausgangspunkt zur "Vanished World", einer urtümlichen Fels- und Klippenlandschaft. Auch hier wurden Fossilien gefunden. Ausserdem gibt es Höhlen mit jahrhundertealten Maori-Malereien. Auf Sightseeing hatte ich jedoch keine Lust. Dafür stattete ich der Bäckerei mit angeschlossenem Cafe einen Besuch ab.

    Beim grössten Teil der in neuseeländischen Cafes angebotenen Backware dreht sich mein Magen nur schon beim Betrachten um. Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, wie mit Käse und Dosen-Spaghetti überbackene Toastscheiben oder Pizzaschnitten mit Chicken Nuggets und Barbecue-Sauce mit dem Berufstolz der Bäckermeister:innen vereinbart werden können 🤢🤮.

    Immerhin hatte das Cafe in Kurow eine ansehnliche Auswahl an Pies und frische Sandwiches in der Auslage. Ich entschied mich für die vegetarische Variante eines Hüttenkäse-Sandwiches. Bei allem Wehklagen muss ich den Kiwi-Cafes eines zugutehalten: Der Kaffee ist immer fantastisch und nicht vergleichbar mit dem wässrigen Gesöff, welches beispielsweise in Nordamerika serviert wird.

    Im Cafe vernahm ich am Tisch hinter mir plötzlich vertraute Begriffe wie "Schoggimilch" und "Rüeblichueche". Tatsächlich sass da eine junge Familie aus der Deutschweiz, welche ebenfalls auf zwei Rädern unterwegs ist. Mit zwei Kindern im Schlepptau hatte sie dieselbe Strecke wie ich zurückgelegt und war schon fünf Tage unterwegs. Die Kids im Alter von etwa sieben und neun Jahren sogar mit den eigenen Velos! Chapeau!

    Von Duntroon aus folgte ich der letzten offiziellen Etappe des "Alps 2 Ocean Trail" nach Oamaru. Die Strecke war kurzweilig und schlängelte sich durch die hügelige Landschaft und entlang einer stillgelegten Bahnstrecke. Am frühen Nachmittag kam ich an meinem Sehnsuchtsort an und stand wohl fast eine Viertelstunde unter der Dusche. Danach gab es ein Ribeye-Steak und zwei Gläser Pinot Noir im gemäss Campingplatz-Besitzerin besten Restaurant der Stadt.

    Den Abend liess ich im Hafen ausklingen und wartete im schönsten Abendrot auf die bei Einbruch der Dunkelheit zum Landgang einkehrenden blauen Zwergpinguine.
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  • Oamaru und Steampunk Culture

    11 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ⛅ 29 °C

    An meinem "freien Tag" ging es auf Entdeckungstour durch Oamaru. Die heute etwas mehr als 20'000 Menschen zählende Stadt war einst ein blühender Wirtschaftsstandort und ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für den Personen- und Güterverkehr zwischen Christchurch und Dunedin. Davon zeugen noch heute die vielen prächtigen viktorianischen Gebäude und Lagerhallen aus der Jahrhundertwende.

    Mit der Wirtschaftskrise und der Schliessung des Hafens musste sich die Stadt neu erfinden. Das alte Viertel mit den Kolonialbauten aus weissem Stein wurde neu belebt und für Touristen hergerichtet. Heute beherbergt es eine bunte Mischung aus Kleingewerbe, Ateliers, Kreativwirtschaft, Ökoläden und Gastrobetrieben.

    Dominiert wird Oamaru allerdings von der Steampunk-Bewegung, einer Szene, welche futuristische Elemente mit der viktorianische Zeit verknüpft. In Oamaru befindet sich das selbsternannte Headquarter mit angrenzendem Museum. Verschiedene Künsterinnen und Künstler haben altem Schrott, ausgemusterten Bahnwagen und vor sich hinrostenden Maschinen neues Leben eingehaucht und ein einzigartiges Universum erschaffen.

    Der Besuch des Headquarters war in der Tat ein einmaliges Erlebnis aller Sinne. Noch immer liegt in den alten Gemäuern der Geruch längst vergangener Eisenbahnertage. Beim Anblick einiger Monstrositäten wie der Lokomotive, dem Chopper-Motorrad oder der Rakete wähnte ich mich in einem Mad Max Film. Anderes, wie das Labor oder die Orgel könnten auch einem Buch Jules Vernes entstammen.

    In Oamaru hatte ich zudem Zeit, die verbleibenden Tage in Neuseeland zu organisieren und mein Material inklusive Fahrrad zu reinigen. Für die Strecke auf dem verkehrsreichen Highway 1 nach Christchurch kaufte ich mir ein Busticket. Ausserdem besorgte ich mir einen Wekstatttermin in einer Velobude. Ich möchte unbedingt noch alle Wartungsarbeiten in Neuseeland erledigen lassen, ehe meine Reise in Vietnam weitergeht.

    Zu guter letzt komme ich in Christchurch noch ein letztes Mal in den Genuss der grossartigen Gastfreundschaft der Kiwis. Von einer Campingbekanntschaft, welcher ich bei der Suche nach einem Zeltstandort aus der Patsche half, wurde ich vor einigen Wochen eingeladen im elterlichen Haus in Cristchurch zu wohnen. Nebst toller Gesellschaft und dem Einblick in das neuseeländische Familienleben, kann ich dank der Einladung in aller Ruhe mein Material sortieren. Das macht die Vorbereitung für Südostasien und das Zurücksenden meines Campingmaterials in die Schweiz wesentlich entspannter.
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  • New Brighton und Kite Day

    13 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ☀️ 22 °C

    Nach zwei Monaten auf dem Velo kam mir die Busfahrt von Oamaru nach Christchurch beinahe wie eine Raserei vor. Wie hätte ich gegen den Gegenwind gekämpft, in der Hitze gelitten, unvorsichtige Autofahrer verflucht und noch so jede kleine Steigung in jeder Muskelfaser meiner Beine gespürt. Nun aber sass ich in einem Bus, das Gepäck verstaut und fuhr mit hundert Sachen über den Highway. Drei Tagesetappen von jeweils knapp über 100 Kilometern wurden plötzlich eine viereinhalbstündige Busfahrt.

    Ein schlechtes Gewissen muss ich nicht haben. Der Bustransfer war wohlüberlegt, eine Risikoabwägung und letztlich auch der Entscheid für mehr Freizeit, um die Umgebung von Christchurch zu erkunden. Dies natürlich standesgemäss mit dem Drahtesel.

    Für die Überbrückung der zwei Tage bis ich bei meiner temporären Kiwi-Gastfamilie einziehen kann, buchte ich mir eine Parzelle auf dem Campingplatz der Agglo-Gemeinde New Brighton. Nach Tagen in der Steppe und den Südalpen hatte ich Durst nach dem süssen Nichtstun, Lust auf das Meeresrauschen und den warmen Sand zwischen den Zehen. New Brighton schien mir geradezu ideal für mein Vorhaben.

    Doch bei der Ankunft zeigte mir der Küstenort erst einmal seine hässliche Seite. Das baufällige Zentrum war menschenleer, zahlreiche Schaufenster in der Flaniermeile eingeschlagen. Als hätte New Bighton als Filmkulisse für eine Zombie-Apokalypse à la "The Walking Dead" herhalten müssen. Ich war enttäuscht und bereute, nicht in der Innenstadt von Christchurch geblieben zu sein oder mich zumindest besser informiert zu haben.

    Am anderen Tag belehrte mich New Brighton eines besseren. Auf der Fahrt zum Supermarkt entdeckte ich bereits viele bunten Drachen am Himmel. Und je näher ich dem Zentrum kam, desto bunter wurde das Treiben. Auf der tags zuvor menschenleeren Flaniermeile standen dicht aneinander gedrängte Marktstände, von den Foodtrucks duftete es herrlich und an mehreren Ecken musizierten Künstlerinnen und Künstler. Ich war begeistert!

    Das Hauptspektakel fand jedoch nicht im Zentrum, sondern am Strand rund um den gegenüberliegenden Pier statt. Hunderte von Menschen liessen grosse und kleine Drachen steigen. Menschen jeden Alters erfreuten sich an den flatternden Drachen in Form von Tieren, Fabelwesen, Flugzeugen und Schiffen. Das fröhliche Treiben und die entspannte Stimmung zogen mich in ihren Bann. Fast den ganzen Tag liess ich mich mitreissen, lief den Strand auf und ab, staunte und lauschte den Klängen der anwesenden Musikern. Wie toll, dass es mich unverhofft hierher verschlagen hat.
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  • Christchurch

    16 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ ⛅ 20 °C

    In Christchurch, der grössten Stadt und dem wirtschaftlichen Zentrum der Südinsel herrscht Aufbruchstimmung. An vielen Ecken wird gebaut und renoviert. Grosse Plakate kündigen weitere Bauvorhaben an und riesige Graffiti zieren ganze Fassaden, der von den verheerenden Erdbeben nach wie vor arg gebeutelten Stadt.

    Zwischen September 2010 und Februar 2011 wurde die Region von mehreren Erdbeben heimgesucht. Das Erdbeben vom 4. September 2011 gilt mit einem Wert von 7,1 auf der Richterskala als eines der stärksten jemals in Neuseeland gemessenen Erdbeben. Der entstandene Sachschaden wurde auf 2,5 bis 3 Milliarden Franken beziffert. Noch mehr Schaden richtete das Beben vom 22. Februar 2011 an. In weniger als einer halben Minute fielen rund 80 Prozent aller Gebäude in der Innenstand dem Erdbeben zum Opfer. Darunter das grösste Hotel der Stadt, die berühmte Basilika oder der Turm der Kathedrale. 185 Menschen verloren damals ihr Leben.

    Noch heute, fast dreizehn Jahre später, zeugen die leerstehenden Brachen, die Baufelder und abbruchreifen Ruinen von den schwerwiegenden Folgen dieses Naturereignisses. Das Beben hat das Stadtbild nachhaltig verändert und eine ganze Generation von Menschen geprägt. Den Schmerz haben die Einwohner:innen unter anderem in Form von Kunst verarbeitet. Hässliche Fassaden wurden mit farbigen Graffiti aufgehübscht und Lücken mit kreativen Zwischenlösungen und Pop up Ausstellungen aufgefüllt.

    Was gerettet werden konnte, wurde seither aufwändig restauriert. Inzwischen wird die vormals für ihre klassische englische Architektur bekannte Stadt aber von zahlreichen Neubauten dominiert. Futuristische Gebäude wie das Te Pae Convention Center sowie moderne Glasbauten säumen nun die Strassen. Einen starken Kontrast bilden die alten Stadttrams, welche seit den neunziger Jahren für touristische Zwecke wieder kreuz und quer durch die Stadt fahren. Sie verbinden gewissermassen die alte Zeit mit der modernen Welt.

    Während meinem Aufenthalt in Christchurch durfte ich in der WG von Ethan und Jennifer wohnen. Jennifer hatte ich einige Wochen zuvor auf einer Campsite an der Westküste kennengelernt. Sie kam damals erst spätabends auf dem Campingplatz an und fand keine freie Parzelle mehr. Da ich mit einem kleinen Zelt nur etwa einen Viertel der mir zugewiesenen Parzelle beanspruchte, überliess ich ihr die restliche Fläche. Jennifer bot mir daraufhin das erst gerade freigewordene Zimmer für meinen Aufenthalt in Christchurch an.

    Obschon sechs Kilometer ausserhalb des Stadtzentrums gelegen, war das Haus von Ethan und Jennifer ein idealer Ausgangspunkt für mich. Der Vorort war über einen Veloweg mit der Innenstadt verbunden und die Bushaltestelle befand sich quasi vor der Haustüre. Neben Sightseeing standen für mich vor allem auch ein paar logistische Aufgaben und administrative Arbeiten auf dem Programm.

    Einerseits liess ich in einer Werkstatt das Velo wieder auf Vordermann bringen, gewisse Verschleissteile austauschen und alles flugfertig verpacken. Andererseits schickte ich ein grosses Paket mit meinem Camping Equipment und allen warmen Kleidern zurück in die Schweiz. In Südostasien werde ich wesentlich leichter unterwegs sein. Daneben musste ich mich in Christchurch unbedingt mit der Reiseroute beschäftigen und ein paar Visa-Abklärungen treffen. Insbesondere letzteres bereitet mir noch immer etwas Kopfzerbrechen.

    Die übrige Zeit füllte ich mit ausgiebigen Streifzügen durch die weitläufige Stadt, Fahrten mit dem Tram und Spaziergängen in den Stadtparks. Fast ein Ritual wurde der tägliche Abstecher an den Riverside Market. Hier konnte ich kulinarisch betrachtet aus dem Vollen schöpfen. Vergessen waren all die Schauerlichkeiten neuseeländischer Bäckereien wie "Spaghetti on Toast" und Co. Ein Highlight war zudem der Besuch des Quake Museums.

    An einem Abend überraschte ich meine temporären WG-Gspändli mit einem improvisierten Racletteabend. Den Käse hatte ich tags zuvor in einem Spezialitätengeschäft im Riverside Market entdeckt und für die weiteren Zutaten die Supermärkte abgeklappert. Zu dritt verputzten wir fast 700 Gramm Käse und eineinhalb Kilo Kartoffeln. Ethan und Jennifer waren begeistert und ich darf mich fortan damit rühmen, einen "käsigen" Beitrag zum Kulturaustausch geleistet zu haben.
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  • Ngā mihi nui Aotearoa!

    19 Ocak 2024, Yeni Zelanda ⋅ 🌬 31 °C

    Einmal mit dem Velo und Zelt quer durch Neuseeland lautete mein Plan, als ich Mitte November in Auckland ankam. Um ein gewisses Gefühl für die Distanzen und die Landestopografie zu erhalten, hatte ich mir im Vorfeld mithilfe von Reiseforen und Reiseberichten anderer Bikepacker eine Strecke zusammengestellt. So bekam ich eine ungefähre Idee davon, was mich in etwa erwarten würde.

    Bekanntlich muss man beim Reisen immer auch flexibel bleiben, insbesondere wenn man wie in meinem Fall mit dem Velo unterwegs ist. Wettereskapaden, Reparaturen oder gesundheitliche Beschwerden können die Reiseroute gehörig durchschütteln. Bis auf das Wetter blieb ich glücklicherweise von allem verschont.

    Der viele Regen auf der Nordinsel führte dazu, dass ich gewisse Etappen auf der Coromandel Peninsula bleiben liess und den Taranaki-Loop komplett stricht. Stattdessen baute ich meine Strecke rund um die Schönwettertage herum, damit ich das Tongariro Crossing bei Sonnenschein und blauem Himmel absolvieren konnte. Die Rechnung ging auf und ich durfte einen unvergesslichen Wandertag erleben.

    Auch die frühere Fähre auf die Südinsel lohnte sich. Im Abel Tasman Nationalpark genoss ich das tropische Klima und das tolle Wetter, ehe ich an der Westküste nochmals ein paar Regentage "einzog". Alles in allem hatte ich jedoch Wetterglück auf der Südinsel. Auch der gefürchtete Gegenwind an der Westküste blieb aus (dafür hatte ich andernorts mit Gegenwind zu kämpfen).

    Auf der ganzen Reise hatte ich keinen einzigen platten Reifen. Die Schaltung liess ich zweimal kontrollieren und in Greymouth musste ich ein neues Hinterrad montieren lassen. Die Schlaglöcher und das viele Gepäck waren wohl zu viel des Guten.

    Glück im Unglück - denn der einzige Velomech im Ort hatte tatsächlich ein passendes Hinterrad griffbereit. Einen Tag vor Weihnachten konnte ich meine Fahrt praktisch ohne Verzögerung fortsetzen. Andernfalls wäre ich in Greymouth mindestens bis zum 28. Dezember festgesessen. Und bis ins mehr als 450 Kilometer entfernte Wanaka lag kein Bikeshop mehr an der Strecke...

    Ich durfte in Neuseeland durch atemberaubende Landschaften radeln, den Sternenhimmel bewundern und die Naturgewalten in allen Facetten erleben. Strömender Regen, bitterkalte Nächte, schweisstreibende Anstiege, staubtrockene Luft und Gluthitze, Windböen und Sandstürme. Es war intensiv, herausfordernd und bereichernd zugleich.

    Die einmalige Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Kiwis erleichterte mir das Reisen ungemein. Nirgends wird man stehen gelassen und für alles gibt es eine Lösung. Die Neuseeländer:innen scheinen nie um einen Spruch verlegen zu sein. Ein fröhliches Kia Ora, ein gut gemeinter Ratschlag oder ein herzliches 'how are ya going' versüssten mir so manchen Velotag.

    Knapp 3'000 Kilometer und 27'000 Höhenmeter sind es letztlich geworden. Die längste Etappe zählte etwas mehr als 125 Kilometer und an insgesamt vier Tagen standen mindestens 1'000 Höhenmeter auf dem Programm. Aufs Velo zwingen musste ich mich nie. Im Gegenteil: nach einem Ruhetag freute ich mich, wieder weiterzuziehen. Ausserdem spürte ich, wie ich täglich fitter wurde. Auch nach Monsteretappen hatte ich kaum Muskelbeschwerden und auf dem Sattel sass ich so bequem wie eh und je. So wie ich Neuseeland im Slow Motion Modus zu bereisen, kann ich wirklich nur empfehlen 😉

    Nun geht es auf dem zweiten Teil meiner Reise weiter nach Südostasien. In Vietnam, Kambodscha und Thailand erwarten mich ganz andere Herausforderungen. Ich bin gespannt und freue mich auf das Eintauchen in die asiatische Kultur und erneute Gaumenfreuden.

    Auch für Südostasien gibt es einen Reisebericht auf Find Penguins. Feel free to follow 😃🚴‍♀️🌏 https://findpenguins.com/9stuxy8jgeszt/trip/652…
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    Gezinin sonu
    19 Ocak 2024