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- 27 maj 2024, 08:00
- ☁️ 3 °C
- Wysokość: 4 939 m
- KolumbiaDepartamento de TolimaMurilloNevado Santa Isabel4°49’6” N 75°21’58” W
Nevado Santa Isabel
27 maja, Kolumbia ⋅ ☁️ 3 °C
Am Montag stehen wir um 1 Uhr morgens auf, essen ein wenig Müsli und trinken agua panela, setzen die Rucksäcke auf und machen uns auf den Weg. Kurz nach 2 Uhr beginnen wir im Dunkeln mit dem Aufstieg. Langsam, ganz langsam geht es im Licht der Stirnlampen vorwärts. Der Weg ist gut zu erkennen, was links und rechts vom Weg ist bleibt im Dunkeln. Ich habe leichte Kopfschmerzen, die schnell stärker werden und konzentriere mich ganz darauf, immer wieder einen Fuß vor den Anderen zu setzen. Ab und zu trinke ich einen Schluck Wasser, der Griff zur Wasserflasche kostet mich ein wenig Überwindung. Juanpa, einer der Guides, erinnert mich daran, tief zu atmen und befestigt meine Wasserflasche mit einem Karabiner am Schultergurt meines Rucksacks, damit ich leichter rankomme. In den Pausen zwinge ich mich dazu, etwas zu essen, danach geht es mir kurz besser.
Zwischendurch schaue ich manchmal hoch zum Mond und denke, dass es eigentlich ziemlich schön ist, so durch die Nacht zu wandern. Ein bisschen erinnert es mich an die Atlantiküberquerung: Da haben wir uns tagelang langsam Meile für Meile vorwärtstreiben lassen.
Es hat etwas stoisches, dieses Schritt für Schritt vorwärtsgehen, ohne an das Ziel zu denken. Dafür liegt es noch in viel zu weiter Ferne. Eigentlich mag ich das am Wandern, dieses stoische Voranarbeiten. Wenn bloß die Kopfschmerzen nicht wären!
Gegen 5:30 wird es langsam heller, das gibt neue Kraft. Es ist ein bisschen wie in einem Computerspiel, wo man unterwegs Energie sammelt: Pro Schluck Wasser ein Energiepunkt. Pro Salzcracker zwei. Und zum Tagesanbruch 5. Nur leider geht diese Energie viel zu schnell wieder verloren... Ob ich wohl bis zum Gipfel durchhalte? Vielleicht. Aber dann weiß ich nicht, wie ich den Rückweg schaffen soll. Diese Gedanken gehen mir kurz durch den Kopf, aber dann konzentriere ich mich schnell wieder darauf, einen Fuß vor den Anderen zu setzen.
"Ich bin auf 4600 Metern Höhe. Ich bin perfekt vorbereitet. Und ich setze jetzt einfach einen Fuß vor den Anderen." Diesen Spruch wiederhole ich innerlich bestimmt 20 mal.
(Das Folgende passiert etwa auf Höhe der Bewuchsgrenze)
Einer aus der Gruppe fängt an, sich zu übergeben und fällt ein bisschen zurück. Ich bin also nicht der Einzige, dem es schlecht geht. Kurze Zeit später dreht er mit Juanpa um. Ich überlege, mitzugehen, drehe mich aber doch um und laufe weiter. "Jetzt hast du dich entschieden, jetzt gehst du hoch. Das war die einzige Gelegenheit umzudrehen, eine weitere wird nicht kommen.", denke ich mir. Hoffentlich gehen wir nur auf den niedrigeren, mittleren Gipfel. Mehr schaffe ich nicht. Der Weg wird jetzt steiler und steiniger und die Kopfschmerzen immer doller. (Einmal bin ich schon getaumelt und wurde überrascht von Vivi, auch Guide, festgehalten.)
Nach einem sehr steilen Stück Weg öffnet sich vor uns eine leicht buckelige, steinige Einöde. Die Gruppe hat sich ein wenig in die Länge gezogen, die ersten bleiben stehen, jemand beginnt zu weinen, ich versuche einfach nur Schritt zu halten. Erst nach ein paar Momenten verstehe ich, dass das hier der mittlere Gipfel sein muss. Wir bleiben stehen und machen einige Bilder. Im Süden erhebt sich der Südgipfel, im Südwesten steht in einiger Entfernung der Nevado del Tolima, dessen Gipfel in den Wolken verschwindet. Wenn wir hier umdrehen, wenn irgend ein Teil der Gruppe hier kehrt macht, gehe ich mit. Aber es herrscht keine Gipfelstimmung, niemand jubelt, niemand macht Anstalten, sich auf den Rückweg zu machen. Stattdessen richten sich alle Blicke nach Norden: Dort erhebt sich, von einer harten, weißen Haube bedeckt, der Nordgipfel. Langsam setzt sich die Gruppe wieder in Bewegung. Ich frage, was der Plan ist, wir gehen an die Eisgrenze und suchen einen Ort, an dem wir aufsteigen können. Ok, allzu weit sieht es nicht mehr aus, ich möchte da schon gerne hoch. Aber mein Kopf, meine Beine, mein Körper sagen mir: Dreh um. Das schaffst du nicht mehr. Der Rückweg ist jetzt schon hart genug, du kannst nicht noch weiter aufsteigen. Aber ich sage nichts und gehe weiter. Solange alle anderen weitergehen, gehe ich mit.
An der Eisgrenze sind wir recht schnell, dort angekommen setze ich mich hin und beobachte die Anderen. Niemand sieht so aus, als ob das hier das Ziel ist. Niemand macht Anstalten, umzudrehen. Stattdessen machen alle ihre Rucksäcke auf, holen den Klettergurt und die Crampones raus, legen die Eishacke bereit und beginnen, sich umzuziehen. Ich sitze noch eine Weile still da, atme tief ein und aus, gehe dann ein paar Schritte von der Gruppe weg um Bilder zu machen. Mein Kopf fühlt sich an, als würde er zerbrechen, außerdem habe ich langsam das Gefühl mich übergeben zu müssen. Die Beiden übriggebliebenen Guides wissen, dass ich Kopfschmerzen habe, vielleicht wissen sie sogar, wie doll die sind. Wenn sie mir auch nur für einen Moment vorschlagen würden, umzudrehen, ich würde sofort zustimmen
Aber das tun sie nicht. Und meine Entscheidung bleibt: So lange alle Anderen weitergehen, gehe ich auch weiter. Langsam gehe ich zurück zu meinem Rucksack und beginne ebenfalls, mich umzuziehen. Der Klettergurt ist schnell angelegt, das habe ich in den letzten Jahren häufig genug gemacht. Die Crampones sind auch nicht besonders schwierig, dauern nur eine Zeit, weil ich mich nicht konzentrieren kann. Als ich mich versuchsweise hinstelle, fällt mir auf, dass ich sie nicht vernünftig festgeschnallt habe. Es kostet mich einige Überwindung, mich wieder hinzusetzen und den Gurt nochmal neu zu fädeln. Doch schließlich habe ich alles angezogen, die Eishacke in der Hand und meinen Rucksack wieder auf dem Rücken. Einatmen, ausatmen. Wir bilden zwei Gruppen, in denen wir uns jeweils mit einem Seil aneinanderbinden. So können wir, sollte eine Person abrutschen, sie gemeinsam sichern. Als wir alle miteinander verbunden sind, beginnen wir langsam mit dem Gletscheraufstieg. Eine Person zur Zeit setzt vorsichtig die spitzen Schuhe auf Eis und geht einfach die schräge Eiswand hoch. Als das Seil sich strafft, geht die nächste Person hinterher. Ich bin als Dritter in der zweiten Gruppe und lasse mich die ersten Meter ein wenig von den Beiden vor mir unterstützen, indem ich mich ganz leicht vom gespannten Seil ziehen lasse. Das Laufen auf dem Eis geht erstaunlich gut und nach wenigen Metern wird die Wand flacher und flacher. Wir laufen vorbei an Mulden, überfrorenen Pfützen und kleinen Gletscherspalten. Ich bin sehr froh, dass ich nur hinterherlaufen muss und die Guides einen sicheren Weg über das Eis aussuchen. Nach ein paar Minuten sind wir oben.
Oben. Ganz oben. Mir kommen sofort die Tränen. Ich bin tatsächlich oben auf dem Gletscher. Daran habe ich selbst nicht mehr geglaubt. Wir klinken uns aus dem Seil aus. Einige jubeln, einige machen Bilder und Videos. Ich gehe langsam um die Anderen rum und schaue mich um. Ich bin tatsächlich bis auf den Nordgipfel hochgeklettert. Ich kann es gar nicht fassen. Zum Freuen fehlt mir die Kraft, aber ich fühle mich auf eine seltsame Weise erleichtert. Und immer wieder kommen mir die Tränen. Ich möchte auf die Knie fallen, traue mich vor den Anderen aber nicht. Vielleicht hätte ich es gemacht wenn ich alleine wäre, es fällt mir schwer vor anderen Leuten meine Gefühle zu zeigen.
Ich mache auch ein paar Fotos, wir umarmen uns. Es ist arschkalt hier oben, der Wind weht uns um die Ohren und immer wieder fliegen Wolken durch uns durch und verschleiern die Aussicht.
Nach ein paar Minuten klinken wir uns wieder in das Seil ein und beginnen langsam mit dem Abstieg. In einem weiten Bogen gehen wir langsam wieder runter, es wirkt fast ein bisschen so als ob wir einen Umweg gehen um das Laufen auf dem Gletscher noch ein bisschen zu genießen. Zurück an der Eisgrenze machen wir eine Pause und ziehen uns um. Einige essen etwas, bieten mir Schokolade an, aber mir ist schlecht. Ich will keine Schokolade (und das passiert mkr äußerst selten). Ich ringe mich schließlich dazu durch, ein paar Erdnüsse zu essen. Mir wird noch schlechter. Der Rückweg führt uns erstmal zurück zum mittleren Gipfel, von dort aus geht es ein Stück steil bergab. Circa auf der Hälfte dieser steilen Strecke übergebe ich mich neben dem Pfad, es kommt alles wieder raus, was ich heute gegessen habe. Zwischen den Steinen liegt ein sehr flüssiger Brei (genug getrunken habe ich offensichtlich), gespickt mit Granadillakernen. Ein unwirklicher Anblick, hier oben, wo keine Pflanzen wachsen und wahrscheinlich auch nichts verrottet. Naja, der nächste Regen wird es wegspülen, mir geht es auf jeden Fall ein bisschen besser.
Der Rückweg ist echt hart. Mein Kopf tut jetzt ziemlich doll weh, ich fühle mich völlig fertig. Auf dem Hinweg hatte ich wenigstens ein Ziel vor Augen, jetzt geht es nur noch darum, die ganze Strecke zurückzulaufen. Und ich weiß die meiste Zeit nicht mal genau, wie weit es noch ist, weil ich den Weg zum ersten Mal richtig sehe. Auf dem Hinweg war es schließlich noch stockdunkel! Wir machen einige Pausen zusammen, in der Letzten schlafe ich einfach im Sitzen ein. Es wird ein Gruppenfoto gemacht, ich gucke sogar in die Kamera, kann mich aber im Nachhinein kaum noch daran erinnern. Der Weg ist immer noch weit, jetzt beginnt die Gruppe sich langsam auseinanderzuziehen, wer noch schneller laufen kann, läuft vorweg. Ich falle langsam immer weiter zurück und stolper schließlich hundert Meter hinter den Anderen hinterdrein. Irgendwo hinter mir ist noch ein Guide, der anscheinend eine längere Klopause gemacht hat. Ab und zu bleibe ich stehen und stütze mich auf den Wanderstock. Mein Kopf rauscht. Ich habe eine Ibu genommen und mir ist schlecht, ich möchte aber nicht kotzen bevor sie angefangen hat zu wirken. Wie weit es wohl noch ist? Ist das breite Stück Weg da vorne vielleicht schon die Straße? Es ist ein neues, ungewohntes Gefühl, den Weg schonmal gelaufen zu sein aber trotzdem nichts wiederzuerkennen.
Irgendwann komme auch ich unten an. Irgendwie habe ich noch auf Zwei aufgeholt, sodass wir zu Dritt aus dem Weg auf die Jeeps zustolpern. Uns wird zugejubelt, ich lasse mich auf den Boden fallen und bleibe dort sitzen. Esteban uns Luisa reichen mir Wasser, ein Guide nimmt mir die geliehene Ausrüstung ab. Ich sitze einfach nur da und bin glücklich, die Wanderung geschafft zu haben. Ich war auf dem Gletscher! Ich kann es immer noch nicht glauben. Während wir im Jeep sitzen und die ersten Meter bergab fahren um Mittag zu essen, lassen meine Kopfschmerzen langsam nach. Ich kann wieder essen und nach einer Stunde fühle ich mich zwar geschafft, aber gut. Während wir wieder in dickere Luftschichten fahren, ist es fast so als wolle mein Körper mir sagen: So schlimm war es doch gar nicht! Czytaj więcej
Podróżnik Oma darf ich das nicht erzählen...👍