Costa Brava

May - June 2022
A 13-day adventure by Jana Read more
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  • Day 2

    Vom Winde verweht...

    May 26, 2022 in Spain ⋅ 🌬 21 °C

    1 . Lauftag, Port-Bou - Cadaqués, 37 km, 1200 hm

    Man könnt ja meinen, ich wüsste langsam ganz gut, wie das geht mit dem Essen während dem Joggen/Wandern... Ja ja, ich wurde heut wieder eines Besseren belehrt. Aber von Anfang an:

    Heute Morgen startete ich um 7:30 Uhr. Während der ganzen Nacht tobte ein heftiger Sturm, der gefühlt das ganze Hotel auseinander nahm. Gestört hat mich das nicht gross, ich war nämlich von der Reise so müde, dass ich ziemlich sofort eingeschlafen bin. Am Morgen ass ich eine Banane und einen Riegel mit der Idee, dann im ersten Dorf nach ca. 10 km in einem Café zu frühstücken. So gings also los, erstmal direkt 200 Höhenmeter den Hügel rauf. Der Sturm hatte sich noch immer nicht gelegt, die Sonne schien zum Glück aber trotzdem.
    Die ersten Kilometer flogen nur so dahin. Also dann das erste Dorf kam, musste ich leider feststellen, dass die Sommersaison noch nicht gestartet ist und ich fand kein Café, das offen hatte. Nicht so schlimm, dachte ich mir, in 7 km kommt ja bereits das nächste Dorf, dort gibts dann was. Diese 7 km wurden plötzlich seeeehr lang und ich konnte irgendwann kaum noch joggen und musste aufs Wandern umsteigen. Meine Kohlenhydratspeicher waren komplett leer, ich hatte keine Energie mehr. 17 km hatte ich also schon in den Beinen, als es endlich was zu Essen gab. Ich bestellte mir ein Bocadillo (Sandwich) und stellte dazu gleich mal noch einen Liter Wasser hinter. Als ich dann nach dieser ausgedehnten Pause weiter wollte, merkte ich, dass mir richtig übel wurde. Das Sandwich und/oder Wasser war zu viel (obwohl ich das energietechnisch auf jeden Fall gebraucht hatte) und ich hatte Angst wieder alles rauslassen zu müssen. Ans Rennen war zu diesem Zeitpunkt gar nicht zu denken. Nach etwa einer Stunde hat sich das zum Glück dann ein wenig gesetzt, die Energie kam zurück, die Motivation ebenfalls und so dann auch der Laufschritt.

    Meine Beine machten sich heute schon relativ früh bemerkbar und ich bin überzeugt, dass das war, weil ich am Morgen nicht genug gegessen habe und darum das Energieloch hatte. Mein Körper hat dort schon fast mit dem Tag abgeschlossen. Morgen werde ich das definitiv anders angehen müssen.

    Landschaftlich war die Strecke heute ein Traum. Das Wasser war zum Teil schon fast kitschig blau. Der Abschnitt war ziemlich hügelig, immer ein bisschen auf und ab, aber nie allzu steil oder anstrengend. So brachte ich die 36 km dann irgendwie hinter mich und als ich in Cadaqués ankam, fühlte ich mich ziemlich gut. Bis ich im Hotel war. Dort wollte mein Kreislauf plötzlich nicht mehr und ich klappte an der Récéption beinahe zusammen. Ging dann nochmal alles gut, aber einmal im Bett angelangt, konnte ich mich zu nichts mehr motivieren. Ich wollte dann doch noch was zu Essen besorgen, meine Beine wollten aber nicht. Alles krampft und es hinkt. Den Wolf habe ich gekriegt (hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie) und eine Blase habe ich entdeckt. Das könnte noch interessant werden morgen. Im Hotel morgen soll es aber einen Pool haben. Das gibt mir hoffentlich die Motivation, etwas vorwärts zu machen, damit ich den auch noch ordentlich nutzen kann. Bis dahin noch ab auf die Blackroll und schön Beine hochlagern und jetzt ab ins Bett!
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  • Day 3

    Und es stürmt weiter...

    May 27, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 24 °C

    2. Lauftag, Cadaqués - Empuriabrava, 31 km, 670 d+

    Manchmal frage ich mich ja schon, wieso ich nicht Ferien wie normale Leute machen kann. Ein bisschen baden, ein bisschen sonnen... es wäre so einfach. Auf der Strecke heute habe ich mich manchmal auf einen Liegestuhl am Strand gewünscht.

    Heute Morgen hatte ich unglaublich Mühe, in die Gänge zu kommen. Grund dafür könnte der Muskelkater in den Beinen gewesen sein, ich konnte kaum mehr normal gehen. Irgendwie konnte ich mich dann doch aufraffen. Von Cadaqués aus ging es direkt den Hügel hoch, den ich sehr gemütlich nahm. Der Sturm war wieder zurück, gemäss Wetterbericht mit Böen bis zu 100 km/h, was reichte, um mich fast vom Weg zu winden. Stimmungstechnisch war ich mit diesem bedeckten Wetter und den schmerzenden Beinen nicht allzu motiviert. Das ging auch eine ganze Weile so, erst nach ca. 12 km besserte es plötzlich, als ich wunderschöne Singletrails direkt der Küste entlang laufen konnte. Von da an gings bergauf mit der Stimmung, bis ich nach 20 km in Roses ankam. Anstatt wieder den Fehler zu machen und zu viel zu essen, ging ich in den Spar und holte mir einfach das, was mich am meisten ansprach: Apfel, Chips und Fanta. Ein bisschen Salz, ein bisschen Zucker. Nach dieser Pause wollte ich wieder loslaufen und merkte, dass meine Beine blockierten. Da ging nichts mehr, die waren echt kaputt. Also wanderte ich für eine Weile, bis die Beine wieder warm waren, dann konnte ich irgendwann in einen Ömi-Laufstil wechseln und schliesslich nach ein paar Minuten endlich wieder normal laufen. Das lief von da an nach jeder Pause gleich ab.
    Was heute sehr spannend war: am Morgen als ich solche Mühe hatte, bin ich zwischendurch auch viel gewandert, wahrscheinlich etwa halb/halb Wandern/Joggen. Am Nachmittag wurde die Strecke aber komplett flach und lief gefühlt durch die Wüste. Es war so heiss. Und trotzdem schaffte ich es plötzlich wieder durchzulaufen. Keine Ahnung woher diese Energie kam, aber ich nahm sie dankbar an.
    Am Ziel angekommen hatte ich aber wieder das altbekannte Problem: mein Kreislauf verabschiedete sich. Ich musste mich vor das Hotel setzen und konnte nicht mehr aufstehen. Zum Glück hatte es direkt nebendran ein Aldi, wo ich mir ein Cola holte. Nach etwa einer halben Stunde schaffte ich es dann endlich ins Hotel, konnte mein Zimmer beziehen und es legte mich direkt erneut hin. Später ging ich nochmals was fürs Abendessen einkaufen: Brot und Trauben... Was anderes krieg ich im Moment nicht runter. Ich hätte nicht einmal ins Dorf was essen gehen können. Ich liege nur noch wie eine tote Fliege im Bett und kaum stehe ich auf, legt es mich wieder hin. Dabei wäre es so wichtig, genug zu essen, sonst wird das nichts mit den geplanten Distanzen der nächsten Tage. Na ja, mal schauen... Meine Beine fühlen sich heute Abend auf jeden Fall ziemlich gut an. Rein Beintechnisch sieht also alles gut aus :D
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  • Day 4

    Sand, überall Sand...

    May 28, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 26 °C

    3. Lauftag, Empuriabrava - L'Escala, 24 km, 40 d+

    Heutige Erkenntnisse:
    - Sand macht langsam
    - Sand macht Blasen
    - Sand ist plötzlich überall
    - Sand ist doof
    - FKK Strände sollten angeschrieben werden... Wenigstens so als Vorwarnung... 😂🙈

    Heute war ein guter Tag. Obwohl er ein wenig schwierig startete. Ich zwang mich heute Morgen 100 gr Brot zu essen, damit ich wenigstens etwas Energie für den Tag hatte. Ich brachte es kaum runter und brauchte eine ganze Stunde dafür. Danach durfte ich dann loslaufen. Heute eine Stunde später als gestern, weil heute war mit 24 km eine relativ kurze Etappe angesagt. Schon fast ein Ruhetag sozusagen (haaaa haaa).

    Trotz der Kürze der Strecke hatte ich ziemlich Respekt vor dieser Etappe, denn sie war komplett flach. Ausserdem hat sich der Sturm mittlerweile verzogen, die Wolken ebenfalls und die Sonne hatte freie Bahn, um so richtig zu knallen. Und trotz den Befürchtungen lief es mir heute richtig gut. Ich konnte einen grossen Teil der Strecke sogar joggen. Na ja, wenn man das noch so nennen kann, aber ich muss mich ja selbst nicht anschauen.

    Entgegen meinen Erwartungen heute den ganzen Tag durch die Wüste zu laufen, kam ich plötzlich in ein wunderschönes Naturschutzgebiet. Alles war grün, ich rannte um etliche Tümpel und überall kreuchte und fleuchte was, die Zeit flog nur so dahin. Irgendwann kam ich dann an den Strand , wo es leider keinen Weg mehr gab. Mir blieb die Möglichkeit entweder einen grösseren Umweg zu machen oder halt dem Strand entlang zu laufen. Ich entschied mich sofort für den Sand, irgendwie stellte ich mir das so schön vor. Na ja, ich wurde dann schnell eines Besseren belehrt (siehe oben). Und dieser Strand zog sich über mehrere Kilometer, der wollte nicht mehr aufhören. Den Berg rauf wäre ich wohl schneller gewesen... Irgendwann war aber auch das geschafft und ich erreichte das Ziel heute um halb drei.

    Kreislauftechnisch versuchte ich heute alles richtig zu machen. Bei meiner Ankunft ging ich gleich direkt in den Spar und holte ein gekühltes Fanta. Damit setzte ich mich auf eine Treppe und lagerte meine Beine hoch. Und siehe da, es ging mir gut. Ob das jetzt damit oder mit der kürzeren Strecke zu tun hatte, weiss ich noch nicht. Was ich aber weiss, ist, dass ich heute zum ersten Mal seit ich hier bin, Appetit habe, ja sogar richtig Kohldampf. Und das ist ein gutes Zeichen. Morgen gibts nämlich einen Marathon. 42 km mit 1000 Höhenmeter die sich leider sehr wahrscheinlich nicht abkürzen lassen. Die machen mir momentan noch etwas Sorgen. Ich werde morgen wahrscheinlich ultrafrüh starten. Aber eins nach dem anderen. Jetzt wird erst einmal dieser Abend genossen.
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  • Day 5

    Karten lesen müsste man können

    May 29, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 21 °C

    4. Lauftag, L'Escala - Tamariu, 35 km, 690 d+

    Was für ein Tag. Ich dachte, ich komme nicht mehr an. Das ganze Theater begann eigentlich schon gestern Abend. Als ich noch einmal kurz die Route für heute checken wollte, fiel mir auf, dass diese mich über eine Flussmündung führte, wo es aber keine Brücke gab. Die Etappe an sich hätte schon 42 km gehabt. Wäre ich zu dieser Flussmündung gegangen und hätte dort bemerkt, dass ich den Fluss nicht queren kann, hätte mir das einen Umweg von fast 20 km beschert, also eine Tagesetappe von 60 km. Bei allem was recht ist, das ist zu viel. Ich habe die Etappe also umgeplant, mehr durchs Inland, weniger Küste, 32 km lang.

    Heute Morgen lief erst einmal alles super. Meine Beine fühlten sich den Umständen entsprechend sehr fit an. Die ersten 10 km konnte ich durchlaufen. Einzig meine Kartenlesekünste liessen zu wünschen übrig, ständig musste ich wieder umkehren, weil ich den falschen Weg eingeschlagen habe oder weil der Weg plötzlich im Nirgendwo endete. Nach einer Pause im ersten Dorf fiel ich dann plötzlich in ein Motivationstief, das ziemlich lange andauerte. Die Wege, die ich nahm heute Nachmittag waren nicht besonders schön, waren nicht einmal als Wanderwege angeschrieben. Ich habe mich so oft verlaufen, dass ich irgendwann aufgehört habe zu zählen. Schlussendlich habe ich 3 km mehr gemacht als nötig. Schlimm waren die zusätzlichen 3 km nicht, schlimm war, dass sie vermeidbar gewesen wären.

    Als ich dann aber endlich in Tamariu angekommen bin, ging es mir gut, mein Kreislauf spielte heute mit. Allgemein habe ich das Gefühl, heute viel weniger geschwitzt zu haben als die restlichen Tage. Die übliche Salzkruste im Gesicht fehlte heute auch. Das lässt also hoffen, dass sich mein Körper an die Belastung und die Sonne gewöhnt. Auch ein normales Abendessen habe ich heute vertragen, es scheint also bergauf zu gehen.

    Als Belohnung für die Strapazen des Tages bin ich in einem super fancy Hotel gelandet direkt am Meer. Ich habe das Budgetzimmer für 60.- gekriegt (Budget weil die Sicht aufs Meer ein bisschen eingeschränkt ist). Hier würde ich eigentlich gerne auch noch ein bisschen länger bleiben. Sehr hübsch.

    Jetzt aber ab ins Bett, ich bin todmüde und meine Beine mussten heute auch einiges leisten. Die zucken unkontrollierbar in der Gegend rum 😂
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  • Day 6

    Völlig schwereheloooos...

    May 30, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 22 °C

    5. Lauftag, Tamariu - Sant Feliu de Guixols, 34 km, 830 m d+

    Heute war ein guter Tag. Punkt.
    Meine Beine liefen heute wie von selbst. Ich konnte fast die ganze Strecke durchjöggelen (mit Ausnahme von Steigungen und Sand; bei letzterem weigere ich mich strikt). Mittlerweile geht das Tempo sogar langsam vom Jöggelen zum Joggen über. Bei Kilometer 30 musste ich mir bewusst machen, dass ich immer noch am Laufen bin und mich immer noch gut fühlte. Sehr schönes Gefühl. Vielleicht lag es auch ein bisschen an der Strecke. Die heutige Etappe klapperte gefühlt 100 kleine Strände ab. Versteckte Schmuckstücke ohne einer Menschenseele. Der einzige Nachteil war, dass der Wanderweg immer runter zum Strand führte, man diesen queren musst, auf der anderen Seite wieder aufsteigen musste, um 5 Minuten später zum nächsten Strand abzusteigen. So kam ganz schön was an Höhenmetern zusammen. Egal, es lohnte sich auf jeden Fall.

    Kurz unterbrochen wurde das Laufglück, als ich plötzlich ausrutschte und auf die Schnauze flog (mit Betonung auf "flog" 🤦🏼‍♀️). Abgesehen von ein paar Schürfungen ist aber zum Glück nichts passiert. Nachdem der Schreck überwunden war, konnte es auch gleich wieder weitergehen.

    Manchmal frage ich mich ja wirklich, wieso ich mir das Ganze eigentlich antue. Heute wurde diese Frage beantwortet. Es sind die kleinen Momente beim Laufen. Sie kommen plötzlich und unerwartet, dauern wenige Minuten, vielleicht nur Sekunden. Ich fühle mich, als würde ich über die Trails fliegen, völlig schwerelos. Ich vergesse alles um mich herum und bin ganz bei mir. Dieser Runners Flow. Der auf den Trails halt auch nochmals was anderes ist als auf der Strasse. Und den ich beim Weitwandern so nie hatte.
    Solche Flow-Momente hatte ich heute viele. Und obwohl ich heute sehr lange unterwegs war (ich kam erst kurz vor 18 Uhr an), machte es mir heute nichts aus. Von den Vortagen weiss ich, dass es mir am Nachmittag meistens irgendwann ablöschte und ich möglichst schnell ankommen wollte. Heute war das nicht so. Heute habe ich mir alle Zeit genommen um zu geniessen, hab mir unterwegs mehrere Pausen gegönnt, unter den Palmen zu Mittag gegessen und später am Strand noch ein Eis geschleckt. Was für ein schöner Tag. Gerne mehr davon.
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  • Day 7

    Joker

    May 31, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 23 °C

    6. Lauftag, Sant Feliu de Guixols - Blanes, 24 km, 830 m d+

    Hätte ich diesen Text ein paar Stunden früher geschrieben, würde er wahrscheinlich ganz anders klingen. Mittlerweile hat sich die ganze Situation wieder ein bisschen relativiert und mir geht es gut.

    Ein bisschen Schuld am ganzen Debakel hatte wahrscheinlich die letzte Nacht. Ich konnte kaum schlafen, hatte immer wieder zu kalt und rauschte von einem Hypo ins nächste. Um 6 Uhr klingelte der Wecker und ich fühlte mich wie gerädert. Heute standen 39 km auf dem Plan, kaputt war ich schon bevor ich überhaupt angefangen habe.
    Da ein Morgen mit Motivationsproblemen aber nichts Ungewöhnliches ist, dachte ich mir nichts weiter dabei und startete wandernd die ersten Kilometer. Auf dem ersten Hügel oben angelangt fand ich mich umgeben von Bonzenvillen, da fiel einem wirklich die Kinnlade runter. Das gesamte Quartier war allerdings videoüberwacht und ich sah auch plötzlich kein Wanderzeichen mehr. Ein Blick auf die Karte verriet mir, dass ich falsch war. Also Hügel wieder runter und dieses Mal die richtige Abzweigung nehmen... diese existierte aber nicht, dort gab es gar keinen Weg. Also Hügel doch wieder hoch und eine andere Alternative suchen.
    So nahm das ganze Unglück seinen Anfang. Ich landete auf irgendwelchen schmalsten Singletrails und hatte für 10 m lang noch Freude daran, bis ich anfangen musste, mich durchs Dickicht zu kämpfen. Wieder und wieder verlor ich den Weg. Irgendwann begann ich unter den Strommasten zu gehen. Das war zwar kein offizieller Weg, aber dort wuchs wenigstens kein Gestrüpp. Allerdings ging dort das Gehen schnell in ein Kraxeln auf allen Vieren über, es war so steil. Und ich kam und kam einfach nichts vorwärts, war kurz vor dem Verzweifeln und stand den Tränen nahe. Ich hatte erst ein paar Kilometer geschafft, aber war bereits völlig am Ende. Wie soll ich heute 39 km schaffen? Irgendwann war ich an einem Punkt angelangt, als ich mir selbst eingestehen musste, dass das so keinen Wert mehr hat. Ich überlegte mir den gleichen Weg zurück ins Dorf zu gehen und dort den Bus zu nehmen. Wer mich kennt, weiss, dass mir die Entscheidung, den Bus zu nehmen und in diesem Sinne "aufzugeben" sehr schwer fällt. In diesem Fall war sie plötzlich sehr leicht. Es zeigte mir allerdings nur eine Busverbindung an, die vier Stunden brauchte. So konnte ich mich dann überwinden, wenigstens noch ins nächste Städtchen Tossa de Mar zu gehen, von wo aus es tip toppe Verbindungen zu meinem Zielort Blanes gab. Die Entscheidung war dann schnell gefällt. Das nächste Städtchen war allerdings immer noch 16 km von meinem dortigen Standort entfernt und es blieb dann auch nicht das letzte Mal, dass ich mich an diesem Tag verirrt habe. Auch meine Verpflegung (v.a. das Wasser!!) wurde irgendwann knapp, weil ich nicht damit gerechnet habe, so lang bis in den nächsten Ort zu brauchen. Irgendwann habe ich dann zurück in die Zivilisation gefunden, bin in den Bus eingestiegen und war noch in der gleichen Minute eingeschlafen. Nun kam alles gut.

    In meinem Hinterkopf hörte ich noch Davids Stimme, wie er mir vor den Ferien sagte, ich solle mich nicht kaputt machen, ich müsse ja niemandem etwas beweisen. Und das stimmt, ich muss wirklich niemandem etwas beweisen. Nicht einmal mir selbst. Denn ich weiss, ich hätte das schon noch irgendwie geschafft, ich hätte die 39 km schon machen können, auch wenn ich erst um 20 Uhr angekommen wäre. Ich weiss aber auch, wie ich mich dabei gefühlt hätte. Ich war heute 7 Stunden unterwegs und war davon etwa 6:55 Stunden im Loch. Da war keine Hoffnung mehr auf ein Motivationshoch, nicht heute. Deswegen belastet mich die Entscheidung, heute den Joker gezogen zu haben und den Bus genommen zu haben erstaunlich wenig. Ich war dann um 16 Uhr im Hotel und habe am Pool die Füsse hochgelegt. Morgen werde ich ausnahmsweise sogar einmal im Hotel frühstücken und etwas später als normal loslaufen. Ich bin zuversichtlich, dass morgen wieder ein guter Tag wird. Bis dahin, gute Nacht.
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  • Day 8

    Tsssch... Tsssch...

    June 1, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 23 °C

    7. Lauftag, Blanes - El Balis, 30 km, keine Höhenmeter

    Heute hats mich gegrillt. So richtig. Wie in der Coop Werbung: Tsssch... Tsssch... Von der Ostseite. Also von da wo die Sonne herkam. Lag vielleicht daran, dass die Etappe heute einfach nur in eine Richtung ging. Keine Kurven, keine Hügel, kein Schatten.

    Der Tag fing super an. Ich konnte ein wenig ausschlafen und habe noch im Hotel gefrühstückt. Für heute war eine Etappe vorgesehen, die 30 km lang flach und geradeaus dem Strand entlang führte. Da auf dieser Strecke wenig bis keine Verlaufgefahr bestand, traute ich mir zu, ein wenig später loszulaufen. Um 9 Uhr gings dann also los. Die erste Hälfte konnte ich dann auch (den Umständen entsprechend) in einem ordentlichen Tempo zurücklegen. Konnte kurzzeitig sogar mit einem normalen Jogger mithalten. Irgendwann am Nachmittag hat es plötzlich in der Hüfte gezwickt, wahrscheinlich habe ich mir irgendwie einen Nerv eingeklemmt. Leider wurde das dann auch nicht mehr besser und so bin ich die zweite Hälfte der Strecke halt noch gewandert. Fürs Wandern war die Strecke dann aber halt doch sehr eintönig und ich war ziemlich froh, als ich um 16 Uhr endlich in der Pension ankam.

    Irgendwann unterwegs bemerkte ich noch, wie meine eine Wade etwas rot wurde und schmiss noch etwas Sonnencreme drauf. Im Hotel angekommen wurde mein Bein dann immer röter. Die späteren Einkäufe erledigte ich dann in meiner langen Regenhose. Bei etwa 27 °C. Na ja selbst Schuld. Morgen wird dann bestimmt sehr lustig, da bin ich nochmals einen Tag lang komplett ostseitig der Sonne ausgesetzt.

    Morgen ist der letzte Lauftag. Vielleicht wird es auch ein Wandertag, je nachdem was meine Hüfte dazu meint. Aber das ist etwas, dass dann morgen entschieden wird. Gute Nacht.
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  • Day 9

    Industriegebiet

    June 2, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 24 °C

    8. Lauftag, El Balis - Badalona, 27 km, keine Höhenmeter

    Ich bin im Ziel! Halleluja!
    Den letzten Tag habe ich wandernd gemacht. Meine Hüfte wollte nicht mehr. Meine Beine eigentlich auch nicht mehr, aber die haben weniger rumgezickt.
    Um kurz nach 9 Uhr ging ich von der Pension los. Diesen Streckenabschnitt bis Badalona wollte ich einfach noch für mich machen, um die Reise nicht irgendwo im Nirgendwo beenden zu müssen. Wirklich schöne Küstenabschnitte geschweige denn Wanderwege gab es hier aber keine mehr. Und so nahm ich am Morgen einen kleinen Umweg auf mich, um nicht auf dem Pannenstreifen der Autostrasse gehen zu müssen. Ich ging und ging und musste aber immer wieder umkehren, weil ich am Ende eines Weges plötzlich wieder vor einem geschlossenen Tor stand. Man könnte ja wenigstens schon am Anfang der Strasse anschreiben, dass diese privat ist. Es lag also nicht nur an meinem fehlenden Orientierungsvermögen, dass ich 1.5 h nach Start wieder vor dem Hotel stand. Ich hätte heulen können. Ich sah keine Möglichkeit, diesen Abschnitt hinter mich zu bringen. Die Autostrasse kam nicht in Frage und Strand gab es dort auch keinen, das Meerwasser war direkt an den Zuggleisen. Zuggleise! Der Zug! Ich ging also an den nächsten Bahnhhof und fuhr eine Station, um von dort aus weiterzuwandern. Auf dem Satellitenbild sah ich, dass es dort einen Weg dem Meer entlang geben müsste. Als ich ankam sah ich: ebenfalls gesperrt. Immerhin gab es dort Strassen neben der Autostrasse. Durchs Industriegebiet, aber immerhin. Meine Motivation war echt im Loch. Ursprünglich machte ich Badalona zu meinem Endziel mit der Idee, nicht noch durch die Vorstadt von Barcelona laufen zu müssen. Dass diese Vorstadt schon 30 km vorher beginnt, hätte ich irgendwie nicht gedacht. Es war echt einfach ein wüster Abschnitt, man kanns nicht anders sagen. Und wandernd war das irgendwie noch schlimmer, als wenn ich hätte laufen können. Es zog sich eeeewigs.

    Ich hatte irgendwann die Idee, einen Podcast zu hören, den ich letztens entdeckt habe von einem Typ 1 Diabetiker. Der ist der Hammer. So habe ich dann die ganze Etappe durch verschiedenste Gespräche gehört mit Typ 1 Diabetikern, die mit einer Insulinpumpe den Everest bestiegen haben, die 250 km durch die Wüste rannten, die einmal Kanada quer durchrannten und über einen der an einer Ketoaszidose starb. Es war SO spannend. Und inspirierend. Und es zeigte mir einmal mehr, dass Diabetes kein Hindernis sein muss. Ich kam nicht umhin, bereits an nächsten möglichen Abenteuern rumzustudieren...

    So ging die Zeit dann irgendwie doch ganz angenehm rum und ich erreichte das Endziel meiner Reise in Badalona. Irgendwie habe ich mir den Schluss ein bisschen schöner vorgestellt, aber zu diesem Zeitpunkt wollte ich einfach nur noch ankommen und war dann doch ganz froh, dass es nun geschafft war. Nun freue ich mich noch auf ein paar gemütliche Tage. Ob ich diese in der Stadt oder auf dem Land verbringen werde, habe ich noch nicht entschieden.
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  • Day 11

    Montserrat

    June 4, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 24 °C

    Montserrat Gebirge, 20 km, 1600 m d+

    Was für ein Tag! Jetzt bin ich ferienreif! Und schockverliebt! Diese Berge!!! 😍😍😍

    Gestern habe ich den Tag in Barcelona verbracht. Ich finde, ich habe mich recht gut geschlagen. Ich war die Sagrada Familia anschauen und blieb sogar für etwa 1 Minute dort stehen. Dann lief ich noch an einem dieser Gaudi Häusern vorbei. Danach habe ich mir einen Bücherladen gesucht, etwa eine Stunde dort drin verbracht, mir ein Buch gekauft und mich van Bar zu Bar verschoben, um es zu lesen. So könnte ich mich sogar an Stadtbesichtigungen gewöhnen. Gegen Abend machte ich mich auf den Weg Richtung Monistrol de Montserrat, wo ich für die nächsten zwei Nächte gebucht hatte. Bereits vom Hotel aus sah ich an diese wunderschönen Berge hoch und konnte es kaum erwarten, diese heute zu erkunden.

    Heute Morgen nahm ich direkt die erste Bahn hoch um halb 9 Uhr. Kurz überlegte ich mir noch, den Aufstieg von ca. 1000 Höhenmetern zu Fuss zu machen. Im Nachhinein bin ich sehr froh, habe ich es nicht gemacht, es kam so schon genug zusammen. Bei der Bergstation befindet sich ein wunderschönes Kloster, das ich aber direkt links liegen liess, um danach nicht alle Touristen vor mir auf dem Weg zu haben. Die ersten paar Hundert Höhenmeter waren relativ steil und relativ treppenlastig. Schlimm war das aber nicht, denn ich musste sowieso alle paar Meter anhalten, um Fotos zu machen. Ich war von Sekunde 1 an fasziniert von diesen Bergen. Soooo schön!! Mir stellten sich heute regelmässig die Haare auf, wenn ich wieder um eine Kurve kam und einen neuen Gipfel/Gupf/Form/Landschaft sah. Das passiert mir sehr selten. Aber ich würde sogar behaupten, dass die Landschaft heute es unter meine All-Time Top 10 schafft (wenn nicht sogar Top 5).

    Diese Landschaft musste aber heute wieder echt verdient werden. Ich war wandernd unterwegs heute. Und ich habe mich natürlich wieder - wie könnte es auch anders sein - verlaufen. Eigentlich hatte ich mir eine gemütliche Runde von etwa 20 km und 800 Höhenmeter herausgesucht. Da das Gebiet (also vor allem der Umkreis von 100 m um das Kloster herum) sehr touristisch ist, sah ich am Anfang auch überall Leute. Ich weiss gar nicht, wie das schon wieder passieren konnte. Irgendwann dachte ich plötzlich, es hat ja gar keine Menschen mehr, hab auf der Karte nachgeschaut und bemerkt, ich bin schon wieder falsch. Ich bin dann weiter dem Weg gefolgt, da er wieder auf den ursprünglich vorgesehenen führen sollte. Phuuuu. Das war ein Krampf, ultra steil bergab und bergauf, ich bin teilweise auf allen Vieren gegangen und etwa 10 Mal hat es mich hingelegt (nicht übertrieben). Liegt vielleicht auch ein bisschen an meinen Schuhen, die sind wahrscheinlich langsam durch. Nichts Schlimmes passiert, aber war schade ums Wasser, das ich brauchte um die Wunden zu reinigen, von dem hatte ich nämlich so schon zu wenig dabei. Irgendwann kam ich dann wieder auf den richtigen Weg, viel besser war der aber auch nicht. Meine Energie schwand immer mehr, es wurde ein richtiger Kampf und ich wollte einfach nur noch zurück. Ich hatte ja auch echt nicht damit gerechnet, dass das eine Tagestour werden würde. Ich hatte einen Liter Wasser dabei, ein Twix und zwei Gels. Ich kam um 16 Uhr zurück.... Mit der Zunge am Boden. Mein Wasser musste ich so krass einteilen, ich hab mir selber irgendwann gesagt, ich darf pro 100 m Aufstieg einen Schluck Wasser nehmen. 100 Höhenmeter zogen sich plötzlich SO lang. Ich glaube, ich bin mental und körperlich langsam echt am Ende. Ich brauche eine Pause.
    Fazit: wahnsinnig schöne Landschaft, ich wollte diese auf keinen Fall missen. Ich habe es geschafft und bin jetzt aber auch froh, wenn ich die nächsten Tage nicht mehr wandern oder laufen muss.
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