• Simon Stucki
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Mai 2023 – Sept. 2025

LATINOAMÉRICA

Ein Abenteuer von Simon mit offenem Ende Weiterlesen
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    Von Schmiergeld und Parkbekanntschaften

    26. November 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 21 °C

    Nach meinem Retreat in den Hügeln ausserhalb von Cuenca, kehre ich zurück in die hübsche Altstadt und quartiere mich in der „Perla Cuencana“ ein. Die Übernachtung kostet 7 Dollar, es hat eine Küche, viel Raum, eine Dachterrasse mit Sicht auf die Kathedrale und die Gassen. Die jungen Brüder, die es betreiben, sind freundlich und unkompliziert.
    Cuenca wird immer mehr zu meinem Zuhause. Ich kenne die Märkte, einige Restaurants, die Schleichwege, die Wandmalereien und die hübschen Cafés.
    Eckanard aka. José meldet sich bei mir und kündigt an, dass er für ein paar Tage nach Cuenca kommt. Er hat Arbeit in einem argentinischen Fleischrestaurant, als Vegetarier. Ich empfehle ihm mein Hotel.
    Wir streifen zusammen durch die Stadt, er zeigt mir vegetarische Restaurants und ich lade ihn und seine 4 Kinder (die mit der Mutter in Cuenca wohnen) ins Kino ein. Wir diskutieren über die Schweiz und die Arbeitsmöglichkeiten dort. Er würde sehr gerne in die Schweiz arbeiten kommen.

    An einem sonnigen Nachmittag packe ich spontan mein Buch und setze mich zum lesen in den lauschigen und gut besuchten„Parque Calderon“ (der zentrale Hauptplatz in Cuenca). Menschen der Hilfsorganisation Unicef sind auf der Jagd nach neuen Spender:innen, ältere Männer diskutieren neben mir über die schönen und weniger schönen Aspekte des Lebens, fliegende Händler verkaufen süsses und salziges, ein junges Mädchen bittet mich um Münz: a little mony pliiis!
    Ich lese.. beobachte das bunte Treiben und versuche, wie so oft, das gelesene aus meinem spirituellen Buch, hier draussen im Leben zu verstehen und zu spüren.. immer wieder berührende Momente.
    Ob ich spanisch spreche und verstehe fragt mich eine junge Frau der Hilfsorganisation Unicef plötzlich. Sie hatte mich davor von weitem gemustert. Wir kommen ins Gespräch. Schnell komme ich zu meinem zentralen Thema: meiner Passgeschichte. Sie hört mir aufmerksam zu und sagt dazu: es tue ihr leid dies zu hören, sie würde am liebsten den ganzen Nachmittag mit mir sprechen.. Ich spüre eine spannende Verbindung zwischen uns, wir tauschen Energien aus, als würden wir uns beschnüffeln ;). Sie müsse wieder arbeiten gehen, es sei ihr nicht erlaubt, sich zu lange mit Leuten auszutauschen, die nicht spenden wollen. Also frage ich sie für ihre Nummer. Sie speichert ihre Nummer in meinem Handy mit dem Namen: Vanessa Calle.
    Ich lese noch eine Weile weiter und beobachte Vanessa flüchtig aus der Ferne. Mein Herz klopft..

    Wir beginnen zu Schreiben. Wir verabreden uns ein paar Tage später im selben Park bei Einbruch der Nacht. Die unzähligen Weihnachtslichter in den Bäumen verzaubern alles und alle. Wir sprechen lange auf der Bank, gehen Pizza und Eis essen und lernen uns besser kennen. Wir fühlen uns sofort wohl beim Andern, alles was uns in dieser kurzen Zeit widerfährt fühlt sich „von einer höheren Macht“ gesteuert an.. Da sind sich zwei wohl gerade am verlieben..

    Die nächsten Tage habe ich vor allem eins im Kopf: Vanessa.

    Wir unternehmen Stadtbummel zusammen, ich besuche sie in ihrer Wohnung, helfe ihr beim Umzug aus dieser Wohnung zurück zu ihrer Mutter und ihrem Bruder, wir essen in verschiedenen Restaurants oder bestellen auch Mal Pizza zu ihr nach Hause oder in mein Hotel.
    Wir sprechen viel, haben von Anfang an tiefgründige Unterhaltungen und kommen uns emotional dadurch sehr schnell nah.

    Ich beschliesse eine Sammelaktion für José zu starten. Er würde so gerne wieder seine einzigartigen Popcorn (in verschiedenen Geschmäckern) in den Strassen von Cuenca verkaufen. Also gestalte ich einen Bettelbrief und verschicke ihn Freunden und Familie. Wir bitten darin um Spenden für den Popcorn Wagen und die Arbeitsgeräte. Innerhalb weniger Tage kommt viel Geld zusammen. Ich teile den Erfolg José mit. Freudig sagt er mir, er komme so schnell wie möglich nach Cuenca zurück.

    Kurz vor Weihnachten kann ich noch nach Guayaquil fahren (4.5 Std.), wo ich endlich, mit einem meiner Anwälte, meinen Pass bei der Gerichtspolizei abholen kann. Dieser „Deal“ mit der Staatsanwalt kostet mich weitere 400 Dollar und ist der Arbeit meiner Anwälte zu verdanken. Wer schlussendlich dieses Geld bekommt ist mir unklar. Wenn ich es nicht bezahlt hätte, hätte die Polizei meinen Pass zurück zur Grenze geschickt um weitere Inwestigationen zu machen und das ganze wäre noch Monate gegangen.
    Der Moment als die Polizei mir, in einem staubigen Lagerbüro, (wo haufenweise beschlagnahmte Gegenstände wie Pistolen, Handys und Geldbeutel in Plasticksäcken herumliegen) meinen roten Pass zurück gibt, fühlt sich sehr gut an, ich fühle mich siegreich! Nach einer monate andauernden „Behördenschlacht“ mit vielen schwierigen Momenten, viel Unsicherheit und dem „ausgesetzt sein“ der korrupten und undurchsichtigen Polizei Guayaquils.
    Zum Gerichtsfall ist es glücklicherweise gar nicht gekommen. Der Fall sei somit abgeschlossen erklärt mir mein Anwalt in seinem Autio im ermüdenden Stau Guayaquils.
    Glücklich, müde und hungrig fahre ich noch in der selben Nacht zurück nach Cuenca.
    Nun muss ich mich mit der Hilfe meines Anwalts noch bei der Migration um die rechtmässigen Stempel kümmern, damit ich wieder ausreisen kann.
    Ich hoffe sehr, dass dies problemlos und schnell gehen wird. So richtig entspannt bin ich in dieser Passgeschichte erst, wenn ich im Flugzeug in die Schweiz sitze. Nunca sabes..

    Zu Weihnachten bin ich bei ihrer Familie eingeladen. Wir essen ein Festmal um Mitternacht und packen danach im ecutorianischen Stil (das Geschenkpapier muss möglichst schnell und wild aufgerissen werden) die vielen Geschenke aus. Ihre Mutter und ihr jüngerer Bruder sind auch sehr herzlich und offen zu mir. Es ist schön, als Reisender, der auch oft alleine ist, dieses Fest der Liebe in einer Familie verbringen zu können.
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  • Somos todos hijos del Sol!

    18. November 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 18 °C

    Etwas ausserhalb von Cuenca gibt es ein spirituelles Retreatzentrum. Das Hauptaugenmerk liegt auf den „Plantas Sagradas“ Ayahuasca und San Pedro (ein Kaktus).
    Ich nehme hier an einem sieben tägigen Retreat teil.
    Mit mir sind Menschen aus der ganzen Welt dort. Neben den vielen Amerikanern und Kanadiern sind auch Menschen aus Schottland, Estland, Taiwan, Deutschland, Frankreich, Hawaii und Ecuador in unserer Gruppe.
    Wir sind eine Gruppe von 30 Menschen.

    Gleich nach dem ankommen gibt es eine Atemmeditation (Breathwork) in der grossen Halle. Wir atmen 40 Minuten sehr intensiv, aus dem Bauch in die Brust und beim Ausatmen gilt es laute Atemgeräusche zu erzeugen.
    Etwa in der Hälfte der Zeit beginnt sich mein Körper zu verändern: ich spüre wie sich meine Finger taub anfühlen, wie das Blut im Körper zirkuliert und ich immer Energie geladener werde.
    Als wir durch sind und der Leiter uns auffordert still zu sitzen und wieder normal zu atmen, empfinde ich ein tiefes Glücksgefühl. Ich fühle mich lebendig. Natural High! Zudem ist mein halbes Gesicht gelähmt, doch dies hindert mich nicht über das ganze Gesicht zu grinsen.
    Ich laufe mit einem natürlichen Hochgefühl zurück in mein Zimmer und nehme meine Umgebung viel bewusster und gedankenloser wahr.
    Ich schaue in den Spiegel und bin froh hier zu sein. Mein Gesicht löst sich allmälich von der Lähmung. Krass was intensives Atmen bewirken kann!

    Wir machen eine Ayahuascazeremonie mit dem brasilianischen Shamanen Titi. Was ich dabei erleben darf, berührt mich tief.
    Ich schreibe am nächsten Tag darüber in mein Tagebuch:

    Vergangene Nacht durfte ich eine kraftvolle Verbindung mit Ayahuasca eingehen. Ich durfte der Energie des Jungels beiwohnen. Alle Tiere des Jungels waren da, sie tauchten als sich verändernde Tiergestalten auf und teilten mit mir auf feinste Art ihre Liebe und Energie. Diese Welt dort ist farbig und feinfühlig, wild und lebendig. Es herrschte absolute Einheit unter den Tieren. Es tauchten dynamische, sich ständig verändernde Muster auf, die sich in strahlenden Farben vor meinen geschlossenen Augen abspielten.
    Als ich auf der Toilette sitze (Ayahuasca führt nicht nur zu Erbrechen ;), kommt mir vor meinem inneren Auge ein fliegender Tiger entgegen. Er schlägt seine grossen Flügel wie ein Adler und wird begleitet von wärmendem, weissen Licht. Ich nehme alles wahr ohne es mit dem Verstand zu beurteilen oder zu interpretieren. Dafür ist es viel zu schön. Und sowieso würde der analysierende Verstand nur die Visuals vertreiben.
    Draussen regnet, blitzt und donnert es, das Feuer züngelt kräftig in der Mitte der Maloca.
    Fernando und sein Freund spielen wunderschöne Lieder aus den Anden. Sie besingen die Stärke des Kondors, der Wille der Kriegerinnen - somos todos hijos del Sol!
    Ich bin berührt, ergriffen. Der Stamm ist spürbar. Die teilenden Gedanken des Ego-Geistes weichen dem Gefühl und der Energie der spirituellen Einheit - verbunden durch den Geist und unsere Herzen.
    Der Ego-Geist, der dauernd plappernde Verstand ist nicht verschwunden, nicht aufgelöst. Ich nehme ihn jedoch viel bewusster wahr und kann mich durch Hingabe wieder von ihm lösen, ihn beobachten und glasklar erkennen, dass er nicht meine Essenz ist. Im Gegenteil: oft besteht er aus meinen konditionierten Ängsten, meiner Scham und vor allem aus meinem mangelhaften Selbstwertgefühl, meinem fehlenden Selbstvertrauen.
    In der Meditation am Feuer, erinnere ich mich, wer ich wirklich bin. Ein Krieger! Ein Krieger der Liebe und des Friedens. Ich kämpfe mit Musik und der Ruhe der Erde. Ich bin immer verbunden mit den Wurzeln, meinem Ursprung.
    Das Schauspiel des Universums ist während meines Trips sehr berührend, es bringt mich zum Staunen und zu einem noch tieferen Vertrauen, dass ich nur loslassen muss und mich ganz in die Liebe und Fürsorge des lebendigen Universums hingeben kann.
    Diese Worte mögen hier vielleicht leer, abgedroschen oder pathetisch klingen.. Der Mensch muss eine solche Erfahrung mit eigenem Geist und Körper erfahren, erspüren und beobachten, um es zu verstehen.
    Wenn du dies erlebst, verstehst du, dass Worte dem heiligen Universum gar nicht gerecht werden können.
    Wer das lodernde Feuer in absoluter Stille sieht, der weiss!

    Die Woche ist unglaublich intensiv, anstrengend, herausfordernd und bewirkt eine schöne Veränderung in mir.

    Wir haben noch eine 12 Stündige San Pedro Zeremonie gemacht und eine sehr lange Schwitzhütten-Zeremonie (Temascal) mit San Pedro und Ayahuasca. Bei Interesse erzähle ich dir gerne persönlich von diesen berührenden und kraftvollen Erlebnissen.
    An den freien Tagen nach den Zeremonien haben wir immer eine Nachbesprechung durchgeführt und wir durften an den freiwilligen Angeboten wie Yoga, Tanz, Wechselbäder usw. teilnehmen.
    Das Essen war sehr fein und gesund, beim Abwaschen oder im Garten konnten wir Karma-Yoga machen.

    Die Gründerin des Zentrums (ein Hippiechic, so nennt sie sich selbst) zahlt sich selbst einen Monatslohn von 500 Dollar aus, dies entspricht dem Durchschnittslohn der Ecuadorianer). Ihre Mission sei es nicht, reich zu werden, sie wolle mit diesem Ort möglichst vielen Menschen zur spirituellen Weiterentwicklung und Heilung verhelfen. Schliesslich könne das Bewusstsein der Masse erst erwachen, wenn genügend Menschen ihre spirituellen Hausaufgaben machen würden. Christine ist eine charismathische Personlichkeit mit einem tiefen Glauben an die Utopie. Sie meinte einmal nebensächlich: dies sei ihr letztes Leben, dann komme sie nicht mehr zurück ;)

    Ich bin begeistert mit welcher Liebe und Hingabe die Menschen dort arbeiten. (Auch die Volontär*innen).
    Die Traditionen stehen bei den Zeremonien stets im Zentrum und werden mit sehr viel Respekt und Dankbarkeit ausgeführt und weitergegeben.
    Es war schön zu beobachten und miterleben, in welch kurzer Zeit wir alle zu einer Familie zusammenwuchsen.
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  • Olas grandes y mucha agua de coco

    3. November 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 26 °C

    Nach weiterem Ausharren in Guayaquil und (nicht zielführenden) Behördengängen und Treffen mit meinem Anwalt (ich verliere allmählich das Vertrauen in ihn), beschliesse ich wieder ans Meer zu fahren.

    In Ayampe treffe ich Katy. Sie lebt in Quito, wir haben uns über’s Internet kennengelernt. Wir mieten ein schönes Bambushaus und lernen uns über’s Wochenende näher kennen.
    Ayampe ist ein verträumtes Surferdorf mit vielen Angeboten für westliche Touristen. Dementsprechend teuer ist das Essen, Trinken und Wohnen.
    Wir sammeln schöne Steine am Strand (es hat wunderschöne Grüne) und geniessen das süsse Nichtstun.
    Ich finde es spannend (und anstrengend) einen Menschen, den man vorher noch nie gesehen hat, plötzlich an seiner Seite zu haben und kennenlernen zu dürfen. Katy und ich unterscheiden uns, von der Art, wie wir über das Leben denken und es leben sehr. Dennoch oder gerade desshalb führen wir spannende Gespräche und erleben lustige Momente.
    Am Sonntag Abend trennen sich unsere Wege wieder: Katy nimmt den Nachtbus zurück nach Quito (12h) und ich fahre in die gegengesetzte Richtung ins Nachbarsdorf Olón.

    Eigentlich will ich nur eine Nacht bleiben und zurück nach Guayaquil fahren. Aus einer Nacht wird schlussendlich eine Woche. Ich habe unterdessen neue Anwälte (Ein bekannter von Katy) und kann sowieso nichts anderes tun als Abwarten. Warum also nicht am wilden Meer bleiben?!

    Olón gefällt mir sehr gut. Es ist weniger Touristisch wie Ayampe, dennoch kann ich einen feinen Cappuccino (mit Mandelmilch) trinken gehen, mich im südindischen Restaurant kulinarisch verwöhnen lassen und mich in der Massage etwas vom mentalen Stress befreien.
    Das Surfen lasse ich jedoch sein, mich macht es schon zufrieden am Strand zu sitzen und den grossen Wellen zuzusehen, zu meditieren oder an meinen Songs zu schreiben.
    In den schönen Strassen von Olón (es hat überall farbige Wandmalereien) mache ich noch letzte Videoaufnahmen für das Musikvideo „Natural High“ und vollende mit letzten Schnitten das Kunstwerk.
    Falls du mal in Olón landest, empfehle ich dir das Hostel „La Española“. Es ist preiswert, schön, sauber und hat eine gut ausgerüstete Küche. Zudem ist Maria, die es führt sehr angenehm und freundlich.

    Dann breche ich doch noch auf. Ich fahre zurück in die Millionenstadt Guayaquil. Ich quertiere mich für eine Nacht wieder bei „Mama Maria“ ein (ich lande immer wieder bei den Marias ;)).
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  • im Behördenlabyrinth

    30. Oktober 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 27 °C

    Ich halte mich kurz.. seit 2 Wochen bin ich nun hier in Guayaquil und versuche den Fall zu klären. Es ist echt ein Behördenmarathon. Ich durchquere dafür X mal die ganze Millionenstadt (meist mit dem öffentlichen Bus, stundenlanges im Stau stehen inbegriffen) und versuche an meinen verschollenen Pass und die Unterlagen zu meinem Fall zu kommen. Hier läuft alles langsam und die Behörden geben die Verantwortung gerne weiter.. man schickt mich zu einer anderen Polizeistation, dort teilen sie mir mit, ich müsse auf die Migration usw..
    Es ist sehr anstrengend und ich muss mich echt in Geduld und Selbstfürsorge üben. Nun habe ich einen Anwalt dazugezogen.

    Damit ich nicht die Hoffnung verliere und mich nicht nur mit dieser, psychisch anstrengenden Sache beschäftige, besuche ich die schönen Orte der Stadt.
    So habe ich z.B eine Insel vor Guayaquil besucht, auf der Indigene in Häusern auf Stelzen wohnen und (sehr nahe der lauten Stadt) einen ruhigen Lebensstil führen. Dort konnte ich auch das erste Mal in meinem Leben Krokodile beobachten.

    Über das Wochenende bin ich raus aus der Stadt ans Meer gefahren. Ich habe die Fischerdörfer Guayas, San Pablo und Palmar besucht.
    Das Baden im Meer und das am Strand entlang spazieren sind bereichernde Aktivitäten, die mich auf andere Gedanken bringen.

    Nun bin ich zurück im Stadtjungel und treffe morgen um 9 Uhr meinen Anwalt in der Polizeistation im Zentrum.

    Wir haben nun endlich die ersten Unterlagen zu meinem Fall bekommen und versuchen damit den Prozess vor dem Staatsanwalt(der eigentlich sofort gemacht hätte werden müssen) einzufädeln.

    Schon paradox; ich muss mich darum kümmern, dass ein Prozess gegen mich gestartet wird.. die Dinge laufen hier definitiv anders als in der Schweiz.
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  • gestrandet in Guayaquil

    18. Oktober 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 34 °C

    Ein Freund hat mir einmal ein gutes Sprichwort gesagt: when you’re planing -god is laughing..

    Dieses passt gut zu meinen Erlebnissen hier.

    Was ist der Plan?

    Ich will am 18.10 mit dem Flugzeug nach Santo Domingo (Hauptstadt der Dominikanischen Republik) fliegen, wo ich nach zweit Tagen weiter Nach Kingston (Haupstadt von Jamaika) fliege. In Jamaika möchte ich den Wurzeln der Reggae Musik auf die Spur gehen und die Rastafari Kultur vor Ort kennenlernen.

    Was ist passiert?

    Als ich in Guayaquil am Flughafen durch die Passkontrolle gehe, wird mir mitgeteilt, dass ich nicht im ecuadorianischen Migrationssystem bin, das mein Stempel gefälscht sei und ich mit in ein Kontrollraum mitkommen müsse. Sofort ist mir klar, wesshalb sie mich nicht ausreisen lassen: Die Typen, die mir dazumal beim Ausreisen aus Kolumbien „geholfen“ haben, hatten mich total verarscht. Sie haben mir für teures Geld gefälschte Stempel verkauft ohne mich im Computersystem zu registrieren. 
Was darauf folgt ist wieder filmreif: Mein Gepäck wird sehr genau kontrolliert, die Frau schaut sich meine WhatsApp Chats und Fotos/Videos auf dem Laptop an und stellt mir zu allem Fragen. Darauf kommen drei weitere Polizisten, mein grosser Rucksack wird aus dem Flugzeug zurückgeholt und vor anderen Reisenden am Boden geöffnet und minuziös kontrolliert. Sie nehmen mir meinen geliebten Eukalyptusharz aus Marokko und mein Rapé aus Kolumbien/Peru weg - sie kennen es nicht und denken wohl, es könnten Drogen sein. Sie teilen mir mit: „No puedes viajar“! Du wirst nicht reisen.. Diese Worte sind hart zum nehmen. Ich habe mich sehr auf Jamaika gefreut und für die Flüge habe ich keine Reiseversicherung abgeschlossen..
    Dann bringen mich zwei Polizisten mit all meinem Gepäck auf den Polizeiposten Cuartel Modelo. Im Auto ist es unglaublich heiss, die Polizisten sprechen sehr schnell und für mich schwer verständlich. Ich habe ein ungutes Gefühl. Was wird jetzt mit mir passieren, was soll ich ihnen sagen? 
In diesen Momenten fühle ich eine intensive Lebendigkeit, jedoch auch eine Angst, die von der Ungewissheit kommt.
    Guayaquil ist im Moment die gefährlichste Stadt in Ecuador, Touristen meiden sie und die Gefängnisse hier sind für interne Bandenkriege bekannt und voll mit Mördern und Drogenhändlern.
    Ich denke mir: Simon, wo hast du dich hier wieder reingeritten..?!
    Auf dem Polizeiposten fragen die Polizisten mich, wie viel Geld ich dabei habe. In dem Moment habe ich tatsächlich kein Bargeld dabei und auf meiner Karte nur noch 50 Dollar. Sie fragen mich, ob ich nicht mehr Geld organisieren könne, worauf ich Ihnen antworte, dass mir Geld aus der Schweiz überwiesen werde, dies aber erst morgen auf meiner Karte sei. Ich verstehe, auf was sie herauswollen: Sie wollen mir den Pass für Geld zurückgeben. Sie teilen mir mit, dass ich normalerweise nun in Untersuchungshaft kommen würde und einem Staatsanwalt vorgeführt würde - da ich aber kein Geld -und viel zu viel Gepaäck dabei habe, können sie mich nicht einsperren, sie hätten keinen Platz für das Gepäck. Auch einen Anwalt könne ich ja nicht zahlen. Sie konfiszieren also meinen Pass und fahren mich zum nächsten Geldautomaten, wo sie mich laufen lassen mit den Worten: geh auf deine Botschaft und lasse dir einen neuen Pass ausstellen.. 
In diesem Moment bin ich zuerts einmal erleichtert, dass ich schon wieder frei bin. Was ich jedoch in dem Augenblick noch nicht realisiere: Die Polizei hat mich nicht Verfahrensgetreu behandelt, dies wird mich noch viel Zeit, Geduld und Geld kosten!

    Voller Adrenalin stehe ich nun mit meinem Gepäck und den letzten 50 Dollar auf der Strasse in der heissen Abendsonne von Guayaquil. Eine Strassenverkäuferin sieht mir wohl eine gewisse Verzweiflung an und organisiert mir ein Taxi (ihr Sohn). Dieser fährt mich zuerst zum Schweizer Generalkonsultat (das schon zu ist) und danach zu einem günstigen Hotel - dem Hotel Maria (das nun für längere Zeit mein Zuhause werden würde, davon ahnte ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nichts).

    Mit meinen letzten Dollars kaufe ich mir im Quartier bei einem Pizzaverkäufer auf dem Velo, eine Pizza und esse sie bei untergehender Sonne im Park in der Nähe meines Hotels.

    Zurück im Hotel rufe ich Clemens an und erzähle ihm per Videochat, was mir passiert ist.

    Voller Emotionen und intensivem Gedankendrehen gehe ich ins Bett und versuche zu schlafen. Ich denke mir nur noch: Erst mal eine Nacht darüber schlafen!
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  • Cuenca

    17. Oktober 2023 in Ecuador ⋅ ⛅ 17 °C

    Cuenca - La ciudad mas linda del Ecuador - das ist, was dir viele Menschen sagen, wenn du erzählst du gehst nach Cuenca.

    Und, kann ich es bestätigen? Ja, voll und ganz, zumindest ist es die schönste Stadt in Ecuador, die ich bis jetzt gesehen habe.

    Ecuador's Städte sind normalerweise laut, staubig, voller Verkehr und schon eher dreckig. Nicht so Cuenca. Es ist sauber und gepflegt hier, hat ein modernes Tram, wunderschöne Steinhäuser, moderne und (von den Spaniern erbaute) alte Architektur. Beim Planen von Ausflügen muss beachtet werden, dass es auch ein Cuenca in Spanien gibt.. nicht das man auf der falschen Stadtkarte sucht.

    An einem Morgen laufe ich ahnungslos durch die Stadt, als ich von weitem eine laute Menschenmasse höre. Ich folge den Rufen und der euphorischen Musik.
    Ich laufe mitten in die politische Wahlkampagne des Präsidentschaftskandidaten Daniel Noboa hinein. Es ist die letzte Möglichkeit für ihn, die Leute von sich zu überzeugen. Und das sind sie hier: die Strassen sind voll mit Menschen die violette Kleidung tragen (die Farben seiner Partei) und Kartonfiguren von Noboa mit sich tragen.
    Es ist eine ausgelassene Stimmung. Auch viel Polizei und Militär ist anwesend.
    Unter einem Balkon versammeln sich besonders viele Menschen - alle schauen gespannt zum Balkon hoch. Dort sind nur bewaffnete Militärs zu sehen. Genau in dem Moment, wo ich entscheide weiter zu gehen, beginnt die Masse zu kreischen. Daniel Noboa betritt den Balkon. Mit geballter Faust und siegessicherem Lachen zeigt er sich, in kugelsicherer Weste, dem Volk.
    Die Anhänger flippen aus. Sie scheinen viel Hoffnung in ihn zu legen.
    Auch wenn ich mich in der ecuadorianischen Politik nicht auskenne und keine klare Meinung zu den Präsidentschaftskandidaten habe, ergreift mich die euphorische und hoffnungsvolle Stimmung hier. Es fühlt sich historisch an..

    Am nächsten Tag wird Daniel Noboa zum neuen Präsidenten Ecuadors gewählt. Er ist mit seinen 35 Jahren der jüngste Präsident in der Geschichte Ecuadors.

    Ich erkunde die Stadt, finde meine Lieblingsorte zum Essen und Kaffee trinken und empfange, nach drei Tagen alleine, Pam. Sie kommt mich für zwei tage hier besuchen. Ihr Bruder wohnt in Cuenca und für Pam ist es jedesmal ein Highlight, diese Stadt zu besuchen.

    Wir spazieren zusammen einem schönen Fluss entlang, der Cuenca durchquert, ich filme und fotografiere die kreative Streetart, wir besuchen die imposante Kathedrale und den Aussichtspunkt "Turi", von dem wir eine schöne Sicht über das nächtliche Cuenca geniessen.

    Wie schon erwähnt wohnt Pam's älterer Bruder mit seiner Freundin und gemeinsamem Kind in Cuenca. Sie holen uns mit dem Auto in der Altstadt ab und wir gehen zusammen (ganz ecuadorianisch) zum Grillmeister Fleisch essen. Ihr Bruder erzählt mir, dass er in einer Klinik für Drogensüchtige arbeitet. Jeden Samstag Abend treffen sich die Klienten mit den Mitarbeitern ausserhalb der Klinik zum Fussball spielen. Wir fahren also mit fleischig schwerem Magen zur Klinik (die sehr schön gelegen, ausserhalb von Cuenca in ländlichem Gebiet liegt) und holen die Leute dort ab.

    Auf dem Fussballplatz sind wir um die 20 Leute, alle geben wir vollgas. Die Spielweise dieser Menschen mit Suchtproblemen ist jedoch eher egoistisch als das ein schönes, fliessendes Zusammenspiel entsteht. Ich habe daher etwas Mühe, meine Stärken (das schnelle Zusammenspiel) auszuspielen.
    Egal. Es macht Spass und ist schön die letzten Momente (sie reist an diesem Abend wieder ab) mit Pam auf dem Fussballplatz im selben Team zu verbringen.
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  • Riobamba & Chimborazo

    8. Oktober 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 19 °C

    In Ecuador reise ich lange Distanzen immer mit dem Bus. Ich möchte an dieser Stelle einmal erwähnen, dass ich mit den Bussgesellschaften, dem Personal und der Bequemlichkeit sehr zufrieden bin. Das reisen mit dem Bus ist unkompliziert, sehr billig und ich fühle mich immer sicher. Einziger Kritikpunkt: es laufen immer die brutalsten Filme, diese beschallen den ganzen Bus mit Bild und Ton.

    In Riobamba nehme ich ein Hotel gerade neben dem Busterminal. Das Hupen der Taxis (und die hupen sehr viel) ist stets meine Begleitung in den Schlaf.

    Ich erkunde Riobamba. Eine Stadt nahe der Anden mit grossen Strassen, einer schönen Kathedrale und umgeben von uralten Vulkanen.
    Ich besuche den grössten Vulkan der Welt, den Chimborazo. Einige nennen ihn sogar den grössten Berg der Welt. Denn: Steht man auf seinem Gipfel, hat man mit exakt 6.384,56 Kilometern die geozentrische Maximaldistanz erreicht. Weiter kann man sich vom Erdmittelpunkt auf der Erdoberfläche nicht entfernen. Das macht den Chimborazo zum höchsten Punkt der Welt ;)

    Der Aufstieg zum kleinen See (Condor Cocha 5100m) ist vom Ausgangspunkt zwar nur eine Stunde, doch die Höhenmeter sind in dieser Höhe (auch für mich) körperlich sofort spürbar. Schnaufend und stöhnend kommen die vielen (hauptsächlich einheimischen) Touristen dort an. Es ist neblig und kalt, eine mystische Stimmung. In diesem Moment beginnt zu schneien, sogar leichter Hagel. Vor einigen Tagen war ich noch im feucht heissen Jungel, nun steh ich unter dem Gipfel eines Vulkans und lasse mich von Schneehagel berieseln. Das macht mich glücklich.
    Ich beobachte Menschen, wie sie den Schneehagel in Flaschen abfüllen ;)

    Auf der Rückfahrt nimmt mich ein Ecuadorianer aus Baños mit dem Auto mit. Wir haben interessante Gespräche während er gekonnt den vielen Löchern in der Strasse ausweicht. Eine richtige Slalomfahrt durch die grüne Landschaft, vorbei an kleinen Dörfern, denen anzusehen ist, dass die Menschen hier bescheiden und einfach leben. Es wird hier neben Ackerbau auch viel Viehwirtschaft betrieben.
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  • Jungle Roots

    28. September 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 29 °C

    Die nächsten Tage verbringe ich in meinem Häuschen mit Hängematte im Jungle Roots, dass, wie der name es verrät, im Jungel ist.
    Diego, ein erfolgreicher Kayakfahrer und gelernter Schreiner hat sich hier seinen Traum, vom nachhaltigen, naturnahen Hostel erbaut.
    Die Stimmung ist familiär, die Preise niedrig (die sonstigen Junglelodges sind für mich hier nicht bezahlbar) und die unterschiedlichsten Tiere allgegenwärtig.
    Mit Meli (aus Chile) und Urku (ein Kitchwa) sind noch zwei Volontäre hier und schmeissen den Laden. Wir freunden uns an und machen zusammen verschiedene Ausflüge in die Natur.

    Am Ende der Woche fahre ich abends nach Ambato, hole um 5 Uhr morgens Pam beim Terminal ab und wir verbringen die nächste Woche zusammen.

    Dieses Mal bin ich ihr Reiseguide. Denn wir besuchen zusammen Baños, fahren zurück nach Tena und schlussendlich zurück ins Jungle Roots (wo ich meinen grossen Rucksack zurückgelassen habe), alles Orte die ich schon kenne und ihr desshalb meine Lieblingsplätze zeigen kann.

    An unsrem letzten gemeinsamen Tag besuchen wir das Dorf Misahualli. Es ist bekannt für seine Affen, die tagsüber teile des Dorfes beleben und sich mit den Besuchern ihre Spässchen erlauben. In der Nacht ziehen sie sich in den umliegenden Jungel zurück.
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  • Ayahuasca Mamacuna

    25. September 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 18 °C

    Tief im Jungel mache ich mit José, einem 82 jährigen Schamanen eine Ayahuasca Zeremonie.
    Ich habe einen Bericht über die Vorbereitungen, den Ort und José selbst geschrieben. Leider hat es mir diesen auf dumme weise wieder gelöscht. Und ich habe gerade die Nerven nicht, alles nochmals neu zu schreiben.
    Desshalb gebe ich bei Interesse gerne persönlich gerne über dieses einmalige Erlebnis bescheid.
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  • Río Napo

    24. September 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 30 °C

    Mit 2 Guides mache ich im Rio Napo eine 3 stündige "River Rafting" Tour. Der Fluss ist wild, die Steine verursachen grosse Wellen, diese schwappen in grossen Wassermengen ins unser "Duki". nach 2 Minuten bin ich schon pflotschnass ;)
    Es gibt auch ruhige Abschnitte, wir gleiten über das Wasser, um uns herum dichter Wald und Felsen.
    Immer wieder fahren wir an einheimischen vorbei, die am Flussufer geheimnisvoll um kleine Maschinen herum stehen, diese mit Flussgestein füttern, Teller drehen und den Boden absuchen.. Goldgräber!
    Wenn es regnet spült der Fluss grosse Mengen an Gold das Tal herunter. Das Ursprungsgebiet ist das Vulkangebirge von Riobamba.

    Das Gold zieht auch die Gierigen der Welt an. Weiter unten fahren wir an riesigen Baggern vorbei. Sie lassen Schaufel für Schaufel durch ihre Maschinen. Es sind die Chinesen. Sie haben sich bei der korrupten ecuadorianischen Regierung die Rechte erkauft und beuten nun das Flussufer aus. Es ist ein Bild der Zerstörung, am Flussufer türmen sich riesige Gesteinshügel.
    Es stimmt mich nachdenklich. Es ist auch sehr merkwürdig beides vor Augen zu haben: Die meisten Abschnitte sind noch unberührt (von den Goldkonzernen) und strahlen eine heilige Schönheit und einen riesigen Frieden aus, dann kommen wieder Abschnitte wo ich erleben kann was die Globalisierung mit unserem Planeten macht.
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  • Tena - Das Tor zum Amazonas

    22. September 2023 in Ecuador ⋅ ⛅ 29 °C

    Ich reise über Puyo (wo ich 2 Tage Halt mache) nach Tena. Die fahrt ist wunderschön, der Bus kurvt durch Jungellandschaften, vorbei an einfachen Häusern aus Holz, an kleinen Sportstadien aus Beton, denen meist ein kleines Dorf folgt.
    Wir fahren hier in das Land der Kichwa und einiger anderer Uhreinwohner.
    Wieder zeigt sich Ecuador von einer ganz anderen Seite: es ist merklich heisser hier, die Luft ist feucht und die Menschen haben dunklere Haut, andere Augen, sprechen Kichwa.. Ich bin also angekommen - im Amazonas Ecuadors!

    Tena hat ganz einen anderen Flow, eine andere Grundstimmung als andere Städte Ecuadors. Es liegt eine Ruhe in der Luft, Raum zum Atmen und keine westliche Hektik und Wettbewerbskampf.
    Ich sehe viele Kinder, auf dem Nachhauseweg von der Schule, sie schlendern zufrieden und unbeschwert in ihren gepflegten Schuluniformen durch die Stadt.
    Die Menschen scheinen sich hier zu kennen, man grüsst sich, es wird gewitzelt und gequatscht. Natürlich ist auch hier ein gewisser Alltags-Struggle spühr -und sichtbar. Dennoch nehme ich eine familiäre, friedliche Stimmung unter den Menschen war.

    In den folgenden Tagen besuche ich mehrmals den wunderschönen Stadtpark und den Aussichtsturm gleich daneben.
    Der Parkwächter sagt mir, der Park sei nur mit Guide begehbar. Weil es schon Nachmittag ist, lasse ich es sein und verbringe schöne Stunden im erfrischenden Wasser des Stadtflusses Napo.
    Vom Aussichtsturm habe ich eine wunderbare Aussicht über die (überschaubare) Stadt und den wilden, üppigen Urwald rings herum.
    Die Abendsonne streift mein Grinsen und ich fühle mich glücklich und frei.

    Am nächsten Tag schleiche ich mich in den Stadtpark. Es tut sich ein Urwald mitten in der Stadt auf. Die Bäume, Pflanzen, Blätter, Tiere und Geräusche dieses Parkes sind unvergleichbar mit jedem Stadtpark, den ich in meinem Leben besucht habe.
    Schnell wird mir auch klar, wesshalb der Park nur mit Guide besucht werden kann. Der Anfangsbereich des Parks ist liebevoll gepflegt und der Weg führt über einen intakten Steg, der einen Meter über den wilden Pflanzen und Tieren ist.
    Im hinteren Teil des Parks ist von diesem Steg nur noch das Betongerüst (auf dem die Holzlatten befestigt wären) sicht -und begehbar.
    Ich stosse auf Betonbauten - auch hier steht nur das Grundgerüst der Gebäude. Zudem ist alles überwachsen und voll mit Blättern. An einer Wand entdecke ich eine kräftig strahlende Wandmalerei einer Raubkatze. Mein Künstlerherz tanzt vor Freude. Dieser Ort ist eignet sich perfekt um das Musikvideo zu meinem Song "Natural High" zu drehen.
    Der Stadt ist beim Bau dieser Parkanlage wohl das Geld ausgegangen..

    In den nächsten Tagen versuche ich herauszufinden, wie ich von der Stadt tatsächlich in den Amazonas komme. Dies ist nämlich gar nicht so einfach.
    Ich besuche Agenturen, schreibe mit Menschen und lasse mir von meiner Ecuador Korrespondentin Gaby helfen.

    Ich besuche (auf eigene Faust) einen wunderschönen Wasserfall im Urwald und habe diesen magischen Ort beim ankommen ganz für mich alleine. Ich klettere das Flussbeet hoch und treffe auf unberührte Natur von seiner schönsten Seite. Grosse Steine, wildes Wasser, Sandbänke, exotische Vögel und rundherum das üppige und wilde Grün des Waldes.
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  • Baños

    14. September 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 21 °C

    Von Montañita fahre ich über Santa Elena (wo ich in einem niederschwelligen Hostel übernachte- es hat den Touch wie aus einem gefährlichen Drogenfilm) via Guayaquil, via Riobamba, via Ambato nach Baños.

    Es ist eine schöne und beeindruckende Busreise. In der ersten Stunde der Fahrt steigen etwa 7 fliegende Händler dazu und preisen ihre Ware (Ladekabel, Parfüm, Essen) in professioneller Weise mit Vortrag durch einen umgehängten Lautsprecher an.
    Die Landschaft ist wieder gebirgiger und die Luft deutlich kälter (erinnert mich an Peru), wir fahren am Berühmten Vulkan von Riobamba vorbei und kommen bei Dunkelheit in Baños an.

    Es wurde mir unterwegs immer wieder empfohlen, Baños besuchen zu gehen. Es ist ein "Kurort" in gebirgigen Hügeln mit heissen Thermen, eine riesige Vielfalt an Wasserfällen und einem grosses Outdoor-Action Angebot für Touristen.

    So bin ich durch die Zufälle des Reisens tatsächlich hier gelandet. Eigentlich wollte ich nach Cueñca, doch das Leben will es anders und ich passe mich diesen höheren Zeichen sehr gerne an. Ich finde es schön, manchmal nicht zu viel zu planen, um zu schauen wo das Leben mich hinbringt. Diesen Luxus habe ich beim alleine Reisen, da gibt es nur mich und die vielen Möglichkeiten - manchmal ist dies Freiheit, manchmal (wenn die Intuition nicht klar ist) ist es eine Überforderung.

    Baños gefällt mir auf Anhieb. Ich miete ein Fahrrad und besuche damit wunderschöne Wasserfälle in einer saftigen, blühenden Natur (die mich an die Schweiz erinnert), gleite wie Spiderman über das Tal (Touristenattraktion) und geniesse erholsame Momente im 40 Gradigen Quellwasser der "Termas de la Virgin" mit Sicht auf einen weiteren, plätschernden Wasserfall.
    Im lokalen Markt gehe ich meine Fruchtsäfte trinken (erinnert mich an Cusco) und gönne mir vor meiner Weiterreise noch eine stündige Massage. Wow tut das gut, sich wieder einmal entspannt und gelöst von allen blockierenden Energien zu fühlen.
    Mit diesem Glücksgefühl spaziere ich, mit meinen Lieblingssongs in den Ohren, durch das nächtliche Baños zum Terminal und verlasse diesen Kraftort nach 2 Übernachtungen Richtung Oriente (Amazonas Gebiet Ecuadors).
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  • Montañita

    11. September 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 26 °C

    Spanien hat Mallorca, Amerika hat Las Vegas, Indien hat Goa und Ecuador hat Montañita!

    Montañita ist der berühmt berüchtigte Partyort Ecuadors schlechthin. Ein Dorf am Meer voller Discos, Bars, Foodständen und wilden Partys.

    Pam und ich reisen spontan nach Monatañita, jedoch an einem regnerischen Montagabend. Ich bin diesem Ort gegenüber schon vor der Anreise ambivalent eingestellt. Ein Teil in mir möchte, dieses Mallorca von Ecuador erleben und einmal eine wilde Partynacht geniessen, ein anderer Teil in mir sträubt sich gegen solche Orte und möchte einen grossen Bogen darum machen.
    Desshalb bin ich schlussendlich froh, das an einem Montagabend die grosse Party schon vorbei ist und sich der Ort von seiner ruhigen, angenehmen Seite zeigt.
    Wir schlendern durch die Strassen, spazieren bei Nieselregen der Strandpromenade entlang und verpflegen uns mit "Comida Rapida" (Fastfood).
    Am Wochenende, wenn das Partyvolk kommt, seien die Strassen hier übervoll und die Stimmung verrückt.
    Jetzt ist es angenehm ruhig, ein paar Freaks rennen umher und wollen uns Marijuana verkaufen, die Locals sitzen in ihren Geschäften und Essensständen am Handy oder quatschen miteinander.
    Nach einem Bier gehen wir in unser Hostel (das Kiwi heisst) und ich bin einfach nur froh, dass Montag und nicht Freitag ist.
    Ich spüre das Pochen in meinem Ohr, bin etwas fiebrig und merke, wie mein Körper mit der Heileung der Piercingwunde auf Hochtouren beschäftig ist. Bei diesen Umständen wäre eine Party denkbar kontraproduktiv.

    Am nächsten Tag gehen wir für's Frühstück einkaufen und ich sehe noch den charmanteren Teile des Dorfes.
    Um 16 Uhr gehen wir in eine Bar und schauen uns das zweite Spiel der WM Qualifikation von Südamerika an. Ecuador empfängt in Quito Uruguay.
    Ich geniesse das Geschehen (fast alle tragen das gelbe Shirt von Ecuador und ich scheine der einzige Gringo in dieser Fussballbar zu sein) und amüsiere mich über die mitfiebernde Pam.. sie ist die grösste Expertin und der lauteste Fan von allen hier. Zum Glück gewinnt Ecuador mit 2:1.
    Wir müssen jedoch schon 15 Minuten vor dem Abpfiff los, denn Pam's Bus zurück nach Manta fährt um 18 Uhr. Wir springen zum Hotel, sie packt ihre Sachen, gibt mir einen Kuss und rennt auf den Bus..
    So schnell wie sie in mein Leben gekommen ist, ist sie daraus auch wieder verschwunden.
    Ich atme ein paar Mal durch, bin dankbar für all die gemeinsamen Momente und verlasse das Hotel mit all meinem Gepäck Richtung Bus.
    Als ich an die Strasse komme steht da schon mein Bus, der mich nach Santa Elena fährt.
    Beim einsteigen sehe ich etwa 20 Meter weiter hinten Pam am Strassenrand stehen. Ich muss jedoch mein Gepäck einladen und einsteigen.
    Sekunden später entferne ich mich von der Haltestelle ohne ihr noch zugerufen zu haben.
    Ein weiterer Abschied. Ich bin auch in dieser Hinsicht ambivalent. Es macht mich stets wehmütig, eine Person, die ich ins Herz geschlossen habe, zu verlassen. Anderseits spüre ich auch eine grosse Freiheit, Raum für mich und Dankbarkeit, wenn ich wieder alleine "on the road" bin.
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  • Puerto Lopez

    8. September 2023 in Ecuador ⋅ ⛅ 25 °C

    Unsere Zeit in Puerto Lopez ist sehr erlebnis -und abwechslungsreich.
    Gerade um diese Zeit, im August und September kommen Wale in die Küstennähe von Puerto Lopez, wo sie ihre eindrücklichen Paarungtänze abhalten.

    Pam und ich nehmen an einer Walbeobachtunstour teil.
    Wir brettern in grossem Tempo der Küste entlang, wobei wir am Ufer, Seelöwen zu sehen bekommen.
    Weiter im Meer tauchen die Wale auf: zuerst sehen wir die riesigen Gestalten an der Oberfläche des Wassers schwimmen und wieder eintauchen. Wir fahren an eine andere Stelle und plötzlich springt ein Wal ganz in unserer Nähe aus dem Wasser, dreht sich eindrücklich in der Luft und landet mit lautem Platschen wieder im Wasser. Wir sind alle gerührt und begeistert.
    Jedes Mal, wenn sich dieses Spektakel nun wiederhohlt, schreien alle auf dem Boot auf - wow! mira! woooah! Die Sprünge machen übrigens nur die Männchen um die Weibchen "rumzukriegen".

    Auf dem Rückweg halten wir bei einem Korallenriff und bekommen Taucherbrille und Schnorchel. Ich sehe blaue Fische und riesige Seesterne.
    Pam kann nicht schwimmen. Mit der Schwimmweste und an meiner Hand, wagt sie sich dennoch auf einen Tauchausflug. Sie ist, obwohl sie mit dem Schnorchel struggelt, begeistert. Als wir zurück zu unserem Boot schwimmen, tauchen wir beim falschen auf. Denn: wir sind nicht alleine - da im Moment "Walsaison" ist, sind um die 20 Boote unterwegs..

    Wir übernachten im "Casa Heidi" mit Terrasse und Sicht auf die Fischverarbeitungsstelle (wo der frische Fang für die Restaurants und Läden ausgenommen wird) und das Meer.

    An unserem zweiten Tag in Puerto Lopez mieten wir Fahrräder und fahren etwas mehr als eine Stunde zum naturbelassenen und sehr sauberen Strand "los Frailes".
    Fahrradfahren ist für Pam eine Herausforderung, sie ist das letzte Mal als Kind gefahren.. Desshalb fahren wir sehr langsam durch die Gegend. Obwohl es alles geradeaus, durch einen wunderschönen Wald geht, ist es für sie sehr anstrengend. Ich glaube, sie ist eswas hässig auf mich (ich fahre manchmal halt in meinem Tempo etwas davon). ;)

    Beim Eingang wird man kontrolliert und alles was Abfall verursachen könnte muss man im Schliessfach zurücklassen. Ein gutes Konzept, da leider auch in Ecuador littering sehr verbreitet ist und wie in anderen Ländern Südamerikas teil der modernen Kultur zu sein scheint.
    Um 16 Uhr kommt die Strandewache (eine Frau mit einer Pfeife) und befiehlt allen, den Strand wieder zu verlassen. Der Strand hat also Öffnungszeiten!

    Auf dem Rückweg möchte Pam am liebsten das Taxi nehmen. Sie stöhnt und klagt. Ich sage ihr, sie solle das Taxi nehmen und schon mal zurück ins Casa Heidi gehen. Alleine will sie jedoch nicht. Tapfer schliesst sie sich mir an und wir fahren los.
    Der Rückweg fällt ihr viel leichter (es ist auch kälter und bewölkt), ich staune wie schnell wir unterwegs sind und sie bekommt richtig Freude am fahren!
    Als wir happy im Dorf ankommen setzen wir uns bei Einbruch der Nacht an den Strand und verbringen schöne Augenblicke in heiterer Zweisamkeit.
    Nach dem Znacht (ich esse sehr feinen Fisch an Kokossauce) will Pamela nochmal's aufs Bike steigen und durch's dunkle Dorf kurven. Sie ist mittlerweile richtig angefressen, ja schon fast etwas süchtig nach Fahrradfahren.

    Nachdem sich Pam am ersten Abend, beim lokalen Piercer ein Septum stechen liess, bin heute ich dran. Ich lasse mir ein Pircing im Ohr stechen. Wir finden den Piercer etwas speziell und trotzdem liebeswert: er zeigt keine Emotionen, spricht nur das absolut nötigste, macht aber seine Arbeit sauber gut und sehr billig (ich bezahle 6 $ für mein Ohrenpiercing mit Stechen, zum Vergleich: in der Schweiz zahlt man dafür circa 70 Franken).

    An unserem letzen Tag in Puerto Lopez kehren wir nochmals zu den abgelegenen Stränden zurück. Dieses Mal mit dem Bus. Wir besuchen den Strand "Playa Prieta" - er ist noch wilder und hat schwarzen Sand. Da es heute bewölkt und Montag ist, haben wir den Strand fast für uns alleine.

    Auf dem Rückweg steigen wir noch hoch zum "Mirador", von wo wir alle drei Strände aus der Höhe sehen. Es gleiten Möwen und Greifvögel durch die Winde und das Meer tobt unter uns. Ich fühle mich sehr friedlich und zufrieden.
    Hier sehe ich auch zum ersten Mal in meinem Leben den "Palo Santo" Baum. Wenn man sich ihm annähert, riecht man den typischen Geschmack des Holzes. Es wird zur (spirituellen) Reinigung verwendet und hält ausserdem Moskitos fern.
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  • Manta

    2. September 2023 in Ecuador ⋅ ☀️ 30 °C

    Von Pedernales reise ich nun südlich die Küste runter und besuche die Orte, die mich ansprechen. Oft reise ich auch mit meiner Intuition; heisst ich informiere mich im Voraus nicht akribisch über die Gegend, die ich besuche und lasse mein Gefühl in die Entscheidungen miteinfliessen. Ich mag das so. So lerne ich einen Ort kennen, ohne zuvor schon alle Highlits im Internet gesehen zu haben.

    Mein erster Halt ist im Fischerdorf Canoa. Wie viele Strände hier, ist es wegen seinen grossen Wellen bei Surfern beliebt. Es gibt sehr viele Restaurants und Bars im ganzen Dorf, nur besucht sind sie nicht gut - ich sitze ganz alleine in der Pizzeria, also höre ich zum Essen einen Podcast um etwas Abwechslung von den eigenen Gedanken zu haben.

    Am nächsten Tag reise ich durch wunderschöne Landschaften nach Manta. Ecuador ist landschaftlich schon beeindruckend abwechslungsreich. Hier tauchen plötzlich Reisfelder (?) und wunderschöne Bäume, die ich als afrikanische Bäume bezeichnen würde, auf. Sie haben einen dicken Stamm uns strahlen viel Wissen und Stärke aus.
    Als ich Gabriela (meine ecuadorianische Freundin in der Schweiz) nach den Bäumen frage, klärt sie mich auf: Der Baum heisst "Ceiba" und produziert etwas ähnliches wie Baumwolle.

    In Manta treffe ich, an meinem zweiten Abend, Pam (wir haben uns über eine Datingapp kennengelernt). Ich hole sie beim grossen Shoppingzentrum "Pacifico" ab und wir verbringen die Zeit zusammen vor meinem Hotelzimmer und im Swimmingpool. Wir verstehen uns gut und die Energie stimmt.
    Sie übernachtet bei mir. Doch irgendwie können wir beide nicht schlafen, also entscheiden wir uns um 4 Uhr morgens runter an den Strand zu gehen, wo wir in der ruhigen Nacht dem Meer entlang spazieren.

    Am nächsten Tag besuchen wir eine beliebte Empanaderia (hat mir auch Gabriela, die hier in Manta aufgewachsen ist, empfohlen) und haben es lustig zusammen.

    Die folgenden Tage verbringe ich abwechselnd alleine und mit Pam in Manta.
    Wir gehen zusammen ins Kino, ich erkunde die Stadt, wir schauen uns auf der Grossleinwand am Malecon den Fussballmatch Ecuador gegen Argentinien an (Pam ist grosser Ecuador Fan), ich verbringe einen schönen Nachmittag am Strand.
    Pam studiert Englisch und Pädagogik an der Uni hier. Sie hat jeweils von Freitag Mittag bis Montag Abend frei. Ich frage sie, ob sie mit mir für diese Zeit nach Puerto Lopez reisen will. Sie ist dabei.

    Wir treffen uns am Freitag Abend vor dem Terminal und reisen zusammen über Jipijapa nach Puerto Lopez. Die Fahrt in die Nacht hinein ist für mich sehr berührend und wohltuend. Der Bus ist voll mit Schüler*innen und anderen Heimreisenden, Pam und ich hören zusammen Musik und geben uns die Hand. Ich fühle mich glücklich und angekommen.
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  • Pedernales

    30. August 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 28 °C

    Ich reise weiter durch's Land Richtung Westen an die Pazifikküste Ecuadors. Die Bussfahrt ist sehr kraftvoll und erfüllend für mich. Zum einen fühle ich mich nach der Ayahuasca Zeremonie körperlich und mental sehr gereinigt, was zu einem erhöhten Bewusstseinszustand führt und mich die Freude des Seins intensiver erleben lässt, zum anderen ist die hügelige, sehr grüne Landschaft einfach wunderschön zu Betrachten und an sich vorbeiziehen zu lassen.

    Auch die Ankunft in Pedernales ist magisch - ich steige auf ein Mototaxi um und sage dem Fahrer nur: a la playa por favor! Er fährt mich bei Sonnenuntergang durch die lebendige Kleinstadt und plötzlich: am Ende der Strasse kommt das Meer in seiner Weite und Tiefe zum Vorschein. Er lässt mich am Strand raus und dann stehe ich da, mit all meinem Gepäck, (grosser Rucksack, kleiner Rucksack, Ukulele) mitten im Meereswind, über mir Möwen und neben mir die grossen Wellen und ein riesiger Sandstrand. Ich bin glücklich! Solche Momente sind für mich die Essenz des Reisens.

    Zeffira, eine ehemalige Schulfreundin von mir, wohnt seit knappen 3 Wochen hier ganz in der Nähe mit ihrer Tochter Nina.
    Ich treffe sie im Nationalpark Lalo Loo.
    Dann zeigen sie mir ihr neues Zuhause und wir springen ins wilde Meer, das ganz in der Nähe ist. Es ist immer sspeziell und wohltuend Menschen, die man kennt, am anderen Ende der Welt zu treffen!

    Der Weg zurück nach Peternales wird noch zum kleinen Abenteuer. Als ich mich von Zeffira und Nina verabschiede ist es schon am dunkel werden. Ich laufe der Haupstrasse entlang und hoffe, den nächsten Bus anhalten zu können. Mittlerweile ist es dunkel und ein Bus ist noch keiner gekommen. Ich laufe weiter, die Autos rauschen an mir vorbei, mit dem Handylicht mache ich auf meine Anwesenheit in der dunklen Nacht aufmerksam. Plötzlich kommt ein Bus - bumm - fährt vorbei, hat mein Winkzeichen wohl zu spät oder gar nicht erkannt.
    Ich laufe eine gute Stunde weiter in die einsame Nacht, nur die lauten Lastwagen und schnellen Autos unterbrechen die Stille jeweils für ein paar Sekunden. Irgendwann erreiche ich einen Ort mit einer Bushaltestelle, einem kleinen Laden und wartenden Menschen. Dankbar und hungrig kaufe ich Kuchen, Chips und eine Cola und setze mich am Strassenrand hin.
    Wieder warte ich lange.. es will einfach kein Bus kommen. In der Bushaltestelle chillen drei junge Männer mit Bier. Sie rufen mich zu sich und bieten mir ein Bier an. Junge Bauarbeiter, die an der Bushaltestelle ihren Feierabend geniessen. "Suave" ist die Hauptantwort auf meine Fragen ;). Sie wollen wissen, was ich hier mache, woher ich komme und wie die Frauen denn in der Schweiz seien (das werde ich auch sonst gerne gefragt) - noch bevor ich eine ausführliche Antwort geben kann rast mein Bus an, die Jungs geben ihm Zeichen zu halten und ich springe auf!

    Hasta luego!
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  • KURUKSETRA

    21. August 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 16 °C

    Ich verlasse Quito mit dem Bus mit einem wohligen Gefühl an einem grauen Tag. Ich fahre nach Santo Domingo, wo ich ins Taxi wechsle und bis an die Pforten von Kuruksetra (), meinem neuen Wohn -und Arbeitsort gefahren werde.
    Unterwegs habe ich zwei angenehme Bekanntschaften gemacht. Felix, der in Santa Marta, Kolumbien lebt und mit seinen Brüdern in Santo Domingo ein öffentliches WC betreibt. Er zeigt er mir mit vollem Stolz die Videoüberwachungsbilder der Toilettenanlage auf seinem Handy - so eine saubere Toilette gebe es weit und breit keine Zweite!
    Er erzählt mir auch von seinen Erfahrungen mit Ayahuasca hier bei den indigenen Menschen (los Colores oder los Tsáchilas).
    Und Ugo, der Taxifahrer, ein Mensch mit einem strahlenden Herz. Er lebt mit seiner Tochter auf seiner Finca und verdient sein Lebensunterhalt mit Taxifahren und dem Anbau von den hier üblichen Kulturen (Mais, Kakao, Kaffee, Maniok, Fruchtbäumen).

    Im Kuruksetra begrüssen mich Christian (der Gastgeber/aus Ecuador) und Ekanard (ein etwas älterer Volontär aus Kolumbien/Ecuador). Oben in der Finca, inmitten der Jngel ähnlichen Natur, treffe ich noch auf Andro (Veganer Aktivist, ewig Reisender und wohl ein echter Hippie aus den 68ern aus Zürich), und Francois und Violette (junges Paar aus Nantes, Frankreich).
    Ich werde sehr liebevoll und offen in die Gruppe aufgenommen- wir essen, bei Kerzenschein und Feuer, Reis mit Gemüse und scharfem Papkrikaöl (Pimienta) und tauschen uns über das Reisen, die Sprachen, den Veganismus, Hare Krishna, und Musik aus.
    Ich verbringe hier an diesem magischen Ort mehr als eine Woche. Wir arbeiten intensiv am Morgen und ruhen uns dementsprechend aus am Nachmittag. Die Tage vergehen schnell, ich lerne viel über Kaffee, über Hare Krishna, über das Leben in Ecuador und über mich selbst.
    Spanisch ist hier die Hauptsprache, was mich auch in dieser Hinsicht weiterbringt.
    Die Höhepunkte sind für mich die beiden Zeremonien, die wir hier erleben dürfen: Schwitzhütte und Ayahuasca. Die Schwitzhütte am Samstag und Ayahuasca am Sonntag - ein Wochenende voller Reinigung und Selbsterkenntnis.
    Die Ayahuasca Zeremonie findet etwa 20 Autominuten in einem Dorf der Tsáchilas statt. Der Curandero ist ein kleiner Mann mit knallrot gefärbten und nach vorne gegelten Haaren. Dies irritiert mich zuerst etwas.. erst später dämmert es mir: diese spezifische Frisur ist die traditionelle Haarpracht der indigenen Tsáchilas Männer..
    Über meine Erfahrung mit der Liane der Geister (Aya Huasca) spreche ich gerne persönlich mit dir.
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  • Quito

    16. August 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 19 °C

    Quito ist eine laute Stadt mit viel Verkehr und wildem Treiben - wie jede Grossstadt, die ich in Südamerika kennengelernt habe. Grosse Teile der Altstadt sind jedoch autofrei und dadurch sehr angenehm und schön zum Erkunden. Ich verbringe einige Tage hier, übernachte im "Latino Brothers", ein Hostel mit einer grossen Dachterasse (mein Zimmer ist sogar auf der Dachterasse) mit Aussicht über grosse Teile der Stadt.

    Gerade in meiner Zeit hier sind in Ecuador die Präsidentschaftswahlen.
    Die Stadt ist im Ausnahmezustand. Für drei Tage gilt ein Alkoholverbot und die erhöhte Polizeipräsenz ist sichtbar. Auf der Hauptstrasse, unter meinem Hostel, fahren am Tag der Wahl auch mehrere Konvois mit lauter Polizeibegleitung vorbei. Vielleicht sitzt da unten, im Jeep mit getönter Scheibe, der neue Präsident / die neue Präsidentin (eine Frau ist auch im Rennen) von Ecuador. Ich habe mit vielen Menschen (vor allem Taxifahrern) über das Thema gesprochen. Es gibt einen gemeinsamen Nenner bei allen: Enttäuschung! Der aktuelle Präsident schaue nur für sich, sei tief in die Korruption mit den Mächtigen (Drogenbaronen und Konzernchefs) verwickelt und führe das Land damit in Armut und Gewalt. Ecuador hat sich in den letzen Jahren von einem sicheren und friedlichen Land in ein unsicheres und gewaltvolles Land gewandelt. Dafür gibt es neben dem Versagen des Staates auch eine andere Tatsache: Weil andere Länder (Mexiko, Kolumbien, Venezuela) härter gegen den Drogenanbau -und Handel vorgehen, verschiebt sich das Geschehen nach Ecuador. Es gibt immer mehr Kartelle und Gangs aus diesen Ländern, die sich hier Territorium erkämpfen und dieses danach mit tödlicher Gewalt verteidigen.
    Dies führt zu internationalen Schlagzeilen, welche wiederum dazu führen, dass immer weniger Touristen nach Ecuador reisen. So sehe ich in Quito sehr wenig Menschen aus Europa. Ich war mir diesen Tatsachen von Anfang an bewusst und berücksichtige sie beim Planen meiner Reiserouten.
    Ich fühle mich trotz all den Geschichten, die ich gehört habe, sicher und wohl hier in Ecuador.

    In Quito gefällt mir die riesige Kathedrale sehr gut. Ich besuche sie zwei Mal. Das Bauwerk sieht dem Berner Münster sehr ähnlich, nur alles noch grösser und protziger.

    Ich besuche auch die Mitte der Welt, "Midad del Mundo", (Breitengrad 0`- 0`- 0``) der sich tatsächlich hier, etwas ausserhalb der Stadt befindet.
    Ein indigener Schüler der Universität, den ich in der Strasse kennenlerne (ich gebe immer wieder Interviews an Studenten, die sie für ihr Englisch Diplom machen müssen), begleitet mich spontan dorthin. Er ist eine riesige Unterstützung, denn er kennt den Weg und die Busse.
    Wir führen spannende Gespräche über das Leben in Quito. Er meint, er wolle nicht nach Europa reisen gehen, er möge Europa nicht - die Menschen dort seien rassistisch. Ob da was dran ist?!

    Die Mitte der Welt ist, wer hätte es gedacht, touristisch! Um das Monument (ein begehbares Steinmonument mit integriertem Museum) ist ein Dorf aus Restaurants und Touristenshops entstanden.
    Ich laufe auf dem Equator, besuche den Steinturm , esse in einem Restaurant und schiesse ein paar Fotos. Wie ein Tourist halt!

    Insider Information: die exakte "Mitte der Welt" ist gar nicht dort wo das Monument steht und alle ihr Beweisfoto schiessen. Die exakte "Mitte der Welt" ist ausserhalb dieses Rummels, irgendwo in der staubigen Steinwüste. Wieso das Monument den nicht dort stehe, will ich von der liebenswürdigen Kaffeeverkäuferin wissen. Sie zeigt sich überrascht und etwas ertappt und fragt mich woher ich dies wisse..
    Woher ich dies weiss? Eben, Insider Information.
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  • Otavalo - im Herzen der Indigenen

    11. August 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 19 °C

    Schon die Einreise in die Stadt Otavalo hat mich berührt: überall sind wehende Regenbogenfahnen zu sehen, sie stehen für die politische Partei der Indigenen. Otavalo ist die Stadt Ecuador's mit der grössten indigenen Bevölkerung.
    Ich erlebe einen Frieden in dieser Stadt, wie ich ihn noch nie in einer Stadt erlebt habe. Die Frauen tragen wunderschöne traditionelle Kleider und goldenen Schmuck um den Hals. Die Männer haben lange Haare, die sie zum Rossschwanz zusammenbinden und tragen Hüte oder Baseball-Caps.
    Ich verbringe eine Woche hier im wunderschönen Hostel Chasqui (hat viele Terassen, die ich alle brauchen darf) wo mich Manuel, ein sehr liebevoller Mann, respektvoll und angenehm beherbergt.
    Ich erkunde die Stadt, mit ihrem berühmten "Mercado Artesanal", wandere in den "Parque Condor", mache einen Ausflug zu den Wasserfällen "Peguche", besuche den mystischen "Laguna de Cuicocha" (ein See mit zwei Inseln in einem Vulkankrater) und schlendere durch das Dorf "Cotacachi" (das für seine Handwerkskunst aus Leder bekannte ist).
    Im Hostel freunde ich mich mit den anderen Besuchern an: ein paar aus Italien, die in der Garage ihren Dodge zum Camping-Van umbauen, einem jungen Spanier und Steve - ein älterer Amerikaner, der in Ecuador leben möchte und sich desshalb mit den Ämtern hier herumquält. Vor allem mit Steve verbringe ich einige Stunden in der Küche - er erzählt gerne aus seinem "american life" und ich höre gerne seinen Abenteuergeschichten zu ;). Er hat auch Vorfahren aus der Schweiz und ist darauf sehr stolz. Er sagt mir immer wieder, wie privilegiert ich sei und wie dankbar ich für meinen Schweizerpass sein solle.

    Eines Nachmittags nimmt uns Manuel mit in ein Nachbardorf, wo ein Erntedankfest stattfindet. Wir werden Zeugen und Teilnehmer von einem wunderschönen indigenen Tanzfest mit Kostümen, lauter traditioneller Musik, Suppe und Bier. Es ist ein Dorffest, wie ich es noch nie gesehen habe. Alle sind stolz und glücklich. Alle sind da - von den Jüngsten bis zu den Ältesten. Auch der starke Regen, der plötzlich aufkommt, hindert die ausgelassenen Tänzer*innen nicht, mit riesiger Ausdauer in Bewegung zu bleiben.
    Es wird bis tief in die Nacht getanzt und gefeiert. Glücklich und dankbar machen wir uns auf den Heimweg. Da gerade kein Bus fährt, hält Manuel einen Geländewagen an und sie quetschen sich rein. Ich passe nicht mehr rein und steige unaufgefordert hinten auf die Pritsche. Zum Abschluss dieses einmaligen Erlebnisses, darf ich also eine Fahrt mit Blick auf den Sternenhimmel von Otavalo geniessen. Ich fühle mich lebendig.
    Zurück im Hostel kocht der Italiener noch für alle Pasta (muy al dente) und wir lassen das Erlebte bei einem Bier ausklingen.

    Die Menschen aus Otavalo gelten als sehr fleissig und ehrgeizig. Es sind auch viele von ihnen in die ganze Welt ausgewandert. Wenn du also in der Schweiz einen Südamerikaner Panflöte spielen siehst, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass er aus Otavalo stammt :)
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  • Vamos a Ecuador! problemas fronterizos..

    8. August 2023 in Kolumbien ⋅ ☁️ 16 °C

    Die Reise zur Grenzstadt Ipiales (Kolumbien) geht mehr als 24 Stunden und wird mit der Zeit etwas anstrengend. Mitten in der Nacht halten wir in Cali, ich steige aus und gehe ein paar Schritte, um vom erhöhten Bussbahnhof den Geist Cali's einatmen zu können. Als wir in Ipiales ankommen fühle ich mich erschöpft, müde und etwas erkältet (von der kalten Klimaanlage). Dennoch entscheide ich mich, die Grenze noch zu passieren, um die Nacht schon im lange ersehnten Ecuador (ich wollte schon 2022 nach Ecuador, war jedoch damals für mich wegen der Impfpflicht nicht möglich, also ging ich nach Peru) zu verbringen. Ich bin mir jedoch bewusst, dass ich mein 3 monatiges Touristenvisum um einige Tage überzogen habe (darüber gebe ich privat oder auf Anfrage gerne genauere Auskunft) und desshalb beim Ausreisen aus Kolumbien Probleme bekommen könnte. Und so ist es natürlich: der Grenzbeamte merkt, dass ich überzogen habe, bittet mich draussen zu warten.. Eine Stunde später wird mir mitgeteilt, ich müsse morgen wieder kommen, heute sei das Büro, das für solche Fälle verantwortlich ist, schon zu.
    Also checke ich im Hostel (100 Meter von Ecuador entfernt) an der Grenze ein und beschliesse, mich nicht aufzuregen und mich erstmals von der anstrengenden Reise zu erholen.
    Am nächsten morgen gehe ich früh wieder zur kolumbianischen Migration und versuche es einfach nochmals.. verlieren kann ich ja nicht's mehr. Natürlich merken sie es erneut (der Pass wird jeweils gescannt und Computer sind aufmerksam) und ich muss hoch ins Büro um mir anzuhören, was meine Optionen sind: entweder 2 Milionen Pesos (400 Franken) Strafe bezahlen oder mich nach Ecuador deportieren zu lassen (was zur Folge hätte, das ich mein ganzes Leben lang, Probleme bei der Einreise nach Kolumbien haben könnte). Was mir am meisten Probleme und Ärger bereitet, ist der Satz, den der Zollbeamte noch so nebensächlich anhängt: con ambas opciones hay que esperar hasta el próximo martes, tiempo de procesamiento.. (bei beiden Optionen müssen sie bis nächsten Dienstag warten, Bearbeitungszeit) Zu diesem Zeitpunkt ist es Donnerstag morgen!
    Genervt und etwas hilflos verlasse ich das Büro und sage dem Mann in meinem Hotel: "Otra Noche por favor". Der Grenzübergang ist ein lauter, geschäftiger Ort mit 3 Fastfood Restaurants, kein Ort an dem man sechs Tage verbringen will.
    Dann geht es plötzlich schnell und korrupt: als ich in einem Taxi sitze um in Ipiales (die Grenzstadt ist nicht direkt an der Grenze) Geld rauslassen zu gehen frage ich den Txifahrer ob er Kontakte zu Grenzbeamten habe, die mir zur schnelleren Einreise nach Ecuador verhelfen könnten. Er bejaht und fängt zu telefonieren an. Nun geht es wie im Film: wir warten irgendwo an der Strasse auf ein anderes Taxi, zwei weitere Männer steigen in unser Taxi und mir wird grob das Vorgehen erklährt: Sie haben Kontakte zu einem Grenzbeatmten, dieser könne mir noch heute den Ausreise -und Einreisestempel besorgen. Kostenpunkt 500 Dollar! Die ganze Aktion kommt mir merkwürdig und unangenehm vor, dennoch bejahe ich das "Geschäft, übergebe das Geld und wir fahren in mein Hotel um mein Pass zu holen. Nun fahren der Taxifahrer und ich wieder nach ipiales wo er mich bei einem Restaurant rauslässt um mich eine Stunde später wieder dort abzuholen. Wir fahren zum zweiten Taxi und mir wird mein Pass mit den beiden benötigten Stempeln übergeben: Ausreisestempel der Kolumbianer und Einreisestempel der Grenzbehörde Ecuador. Natürlich verlangt noch jeder Beteiligte sein Propina (Tinkgeld) für den Aufwand..
    Als ich zurück an der Grenze aus dem Taxi steige, habe ich noch 5 Dollar im Portemonnaie. Ich gehe in's Hotel, erleichtert, dass es geklappt hat und ich nicht ganz verarscht wurde und stelle fest: Da ich nun alle nötigen Stempel habe, um nach Ecuador einzureisen, will ich dies auch gleich tun (den ein Restzweifel nagt an mir, dass es bei der Einreise Probleme geben könnte).
    Also packe ich euphorisch und nervös meine Rucksäcke und verlasse das bezahlte Hotel Richtung Grenzbrücke.
    Am Ende der Brücke fragt mich eine Grenzbeamtin, ob ich Waffen oder Samen im Rucksack habe. Ich verneine und sie winkt mich mit einem lächeln durch. Da ich den Einreisestempel schon habe, muss ich dem ecuadorianischen Zoll kein Besuch mehr abstatten und kann mit einem innerlichen Lächeln ein neues Land, das lang ersehnte Ecuador betreten!
    Con Plata todo es posible.. Ich habe also Gebrauch gemacht von der Bestechlichkeit von Beamten und unterstütze damit ein systematisches Problem, das an so vielen Orten zu Ungleichheit und Armut führt: die Korruption! Ich bin nicht stolz darauf, ich habe aus meinen Fehlern gelernt und nehme Visa-Geschichten in Zukunft ernster.
    Auf ecuadorianischer Seite steige ich in ein Sammeltaxi und fahre mit meinen letzten Dollars in die ecuadorianische Grenzstadt Tulcan.
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  • Hasta luego Colombia !

    6. August 2023 in Kolumbien ⋅ ☁️ 29 °C

    Ich übernachte noch einmal in Medellin, in einem winzigen Zimmerchen direkt neben dem Terminal Sur. Noch am Abend gehe ich dort mein Busticket kaufen und unterhalte mich vor dem Terminal mit Ivan, einem Drogensüchtigen. Er lebt momentan auf den Strassen Medellin's, sagt er habe keine Freunde und kenne die Gegend hier wie kein anderer. Er erzählt mir Ausschnitte aus seiner Biografie und kommt ins Schwärmen als er mir erzählt, Busfahrer gewesen zu sein. Dann gesellt sich ein weiterer Obdachloser zu uns, Jeffry - er stammt aus einer Afro-Latino Familie und ist Musiker. Auch er wirkt ziemlich high und geprägt vom harten Alltag auf der Strasse. Als er mir sein neues Lied "Fragil" vorsingt kommt sein sensibles Herz zum Vorschein. Nach diesen Begegnungen gehe ich dankbar in mein Kämmerchen zurück und lasse die Zeit in Kolumbien noch einmal in meinen Gedanken hochkommen. Ein wunderschönes Land mit herzhaften Menschen, ich kann es nur weiterempfehlen.
    Am nächsten Mittag steige ich in den Bus der Gesellschaft "Bolivariano" und wir verlassen die Grossstadt bei Sonnenschein und kalter Luft der Klimaanlage.
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  • vom Kayam zum Alegria ;)

    30. Juli 2023 in Kolumbien ⋅ ⛅ 32 °C

    Ich reise zurück nach Guatapé. Die nächste Woche widme ich der Heilung und Schonung meiner Muskelzerrung. Das Tragen des schweren Rucksackes ist für die Genesung dieser Verletzung sehr kontraproduktiv, also verschreibe ich mir ein paar Tage Pause!
    Ich verbringe die Zeit in drei verschiedenen Orten:

    Casa Kayam: ein (Musiker) Backpacker Hostel wie man es sich vorstellt: billig vom Preis her (ein paar Franken), jeden Tag ein Kommen und Gehen von Tourist*innen, Schmuckverkäufer*innen (beherbergen ebenfalls das Hostel und bieten ihre Kunst an), laute Musik den ganzen Tag und bis tief in die Nacht hinein, Mehrbettzimmer mit acht Betten und wilde Wandmalereien überall. Nun kannst du dir wohl vorstellen wie gut ich mich dort erholen konnte: gar nicht! Im Gegenteil; nach 3 Nächten in diesem Tumult fühlte ich mich richtig unausgeglichen und "flüchtete" mich in ein Apartment mit eigener Küche, Balkon und viel Privatsphäre ;) Ich möchte das Casa Kayam nicht schlecht reden! Wenn du intensiven Austausch mit Reisenden Freaks, Künstler*innen und Partymenschen suchst ist dieses Hostel "the place to go"! Doch das war gerade überhaupt nicht was ich wollte. Trotzdem bin ich froh dort gewesen zu sein, ich durfte ein paar schöne Seelen kennenlernen und lernte von Nico (einem Lausanner Musiker) wie man den Reggae Off Beat auf der Gitarre spielt. Und: manchmal ist es beim Reisen auch gut, das zu erleben, was man in Zukunft nicht mehr erleben will.. so findet man immer mehr einen Reisestil, der für einen stimmt.
    Das Apartment war dagegen purer Luxus und ich wusste diesen zu schätzen! Als die Schmerzen nicht nachlassen, besuche ich das Spital von Guatapé. Ein alter, sehr netter Arzt untersucht mein Bein und gibt Entwarnung. Es sei eine Zerrung, kein Muskelfaserriss. Er verschreibt mir entzündungshemmende Tabletten und Voltaren forte. Als ich nach Krücken frage, winkt er ab: Das sei nicht nötig, ich solle einfach nur geradeaus gehen und schonen, sowieso gebe es in Guatapé keine Krücken, die nächsten seien in Medellin (3h entfernt) zu bekommen.
    Erleichtert entferne ich mich humpelnd vom Spital.
    Mein dritter Ort in Guatapé ist das Alegria Hostel. Auch ein Backpacker Hostel, dieses Mal aber ein ruhiges mit Anschluss an den wunderschönen See.
    Dort verbringe ich auch viel Zeit. Ich finde das Buch Lila Lila von Martin Suter im Hostel und verschlinge es in zwei Tagen. Ich spüre das mein Oberschenkel heilt. Als ich nach 2 Nächten auch diesen Ort wieder verlasse und mich auf den Rückweg nach Medellin mache, sind die Schmerzen schon fast verschwunden.
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  • Ritmo del Rio

    18. Juli 2023 in Kolumbien ⋅ ☀️ 30 °C

    Mit dem Bus fahre ich von Guatapé etwas mehr als eine Stunde nach San Rafael. Diese Umgebung ist heute friedlich. Dies war jedoch vor kurzem noch gar nicht so. Mir wurde erzählt, dass hier vor wenigen Jahren noch blutige Auseinandersetzungen stattgefunden haben, ja zum Teil sogar Bürgerkrieg ähnliche Zustände. Es war zu einer Zeit, als es in Kolumbien noch keine Friedensverträge gab und die Drogenkartelle mancherorts am meisten Macht und Einfluss hatten. Die brutalen Konflikte waren hauptsächlich auf das Kokaingeschäft zurückzuführen.
    Beim durchqueren dieser Landschaften, glaube ich zu meinen, diese blutige Vergangenheit noch spühren zu können. Es liegt ein Schmerz und eine Trauer in der Luft.. Dazu läuft im Bus ununterbrochen sehr melancholische Musik aus Kolumbien, eine ziemlich emotionale Busfahrt.
    Ritmo del Rio ist eine Ecolodge mit grossem Permakulturgarten und einem Wunderbaren Bergfluss, der das Grundstück durchquert.
    Es liegt etwas ausserhalb von San Rafael und ist für die nächste Woche mein Zuhause.
    Wir sind insgesamt 14 (!) Volontär*innen aus Europa. Ein ziemliches durcheinander der Sprachen also ;) Ich drehe als Volontäreinsatz einen Kurzfilm über den Ort, begleite also die anderen Volontär*innen im Garten mit der Kamera und fange Stimmungsbilder ein und schneide sie zu einem Impressionen Video zusammen. Ich bin froh, dieser, eher ruhigen Arbeit , nachgehen zu können. Das Gelände hier ist sehr steil und meine Muskelzerrung schmerzt bei jedem Schritt.
    Die Mahlzeiten bekommen wir im Restaurant serviert, es gibt immer sehr leckeres und gesundes Essen. Es ist speziell und anstrengend für mich, nach dem vielen alleine unterwegs sein, plötzlich in einer grossen Gruppen von Menschen zu leben. Ich verstehe mich jedoch gut mit allen und spiele am Abend gerne Ping-Pong matches gegen Franzosen, Engländer, Italiener und Ungaren ;) Ansonsten suche ich in meiner Freizeit täglich den malerischen Fluss auf und verbringe viel Zeit alleine im Rauschen des Wassers. Sehr heilsam für meinen Geist, weniger heilsam für meinen linken Oberschenkel.. Denn ich kann es einfach nicht lassen, in den grossen Steinen des Flussbeetes herumzuklettern.
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  • Guatapé

    17. Juli 2023 in Kolumbien ⋅ ☁️ 23 °C

    Guatapé ist ein grosses Dorf etwa 3 Stunden ausserhalb von Medellin. Es ist bekannt und beliebt, weil es in einer wunderschönen Landschaft aus Seen eingebettet ist. Ich komme also an mit meinen Rucksäcken (der grosse am Rücken, der kleine vor der Brust), spaziere dem Malecon (so heissen in Südamerika die (Strand)Promenaden) entlang und suche nach einem Hotel. Ich beginne zu realisieren, dass mein Oberschenkel beim gehen stark schmerzt und es wohl mehr sein muss als nur eine Prellung. Ich humple durch's Dorf und frage nach freien Zimmern. An den ersten 3 Orten wird mir mitgeteilt, dass das Hotel schon ausgebucht sei. Es ist gerade ein Blumenfest im Ort, desshalb sind sehr viele kolumbianische Besucher hier. Also lasse ich mich bei einem vegetarisch-veganem Restaurant nieder und stärke mich mit feinen Pitta-Tsaziki-Gemüse-Falafel Sandwiches.
    Im Zentrum, 20 Meter von der beliebtesten Disco (was ich erst realisiere, als ich mich für's Schlafen bereit mache) finde ich ein hübsches Hostel. Ich kann für umgerechnet ca. 5 Franken im Mehrbettzimmer übernachten, habe dieses aber ganz für mich alleine.
    Ich entscheide mich noch einen Abendspaziergang zu machen. Meine Stimmung ist etwas getrübt, ich spüre eine Trauer in mir und gebe dieser beim sitzen am Seeufer Raum. Als ich durch den Touristischen Teil (viele Souvenirläden, Bar's, Restaurants) von Guatapé laufe und einige Meter vor meinem Hotel bin, tippt mir ein schöner Kolumbianer auf die Schultern, lacht mich an und fragt mich in fehlerfreiem Hochdeutsch: "Magst du ein Bier mit uns trinken kommen". Ich bin etwas überrumpelt, bin in den ersten Sekunden misstrauisch. Ich kann die Situation nicht einordnen und denke kurz, das sei eine Masche, um westliche Touristen in die Bar's zu locken. Dann sagt er zu mir: "Wir haben dich nun schon 3 mal gesehen (anscheinend auch in Medellin), also dachten wir, jetzt ist es Zeit dich auf einen Drink einzuladen". Mittlerweile ist mein Misstrauen verflogen und hat einer Sympathie für Emmanuel (so heisst er) Platz gemacht.
    Auf dem Balkon einer Bar lerne ich bei einem kalten Bier auch noch Katharina (seine Freundin) kennen.
    Emmanuel lebt seit 8 Jahren in Deutschland und arbeitet in Berlin als Musiklehrer in einer Waldorfschule. Er erzählt mir, wie es zum Auswandern nach Deutschland kam, von einer schwierigen Kindheit in Armut in Kolumbien und von seiner Familie, die heute in Pereira eine Finca besitzt.
    Nach dieser schönen Begegnung gehe ich in's Hostel und schlafe mit Regenrauschen auf den Kopfhörern (um den lauten Reggaetonbeat aus der Disco nebenan zu übertönen) ein.
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  • Medellin

    6. Juli 2023 in Kolumbien ⋅ ☁️ 24 °C

    Die Reise nach Medellin ist ein Abenteuer. Als wir die Karibikküste verlassen wird es gerade Nacht. Wir fahren an unzähligen Häusern, Siedlungen und Dörfern vorbei. Ich kann jeweils für Sekunden in fremde Leben hineinschauen. Die Kolumbianer verbringen viel Zeit sitzend vor ihren Häusern.

    20 Stunden später fahren wir von der grünen Hochebene runter ins Tal wo sich die Millionenstadt Medellin auftut.
    Mit dem Taxi fahre ich ins Quartier Laureles, wo ich erschöpft ins Hotelbett liege und einfach nur froh bin endlich angekommen zu sein. In den ersten Tagen erkunde ich die Stadt, ich besuche die berühmte Comuna 13, die Altstadt, Second Hand Märkte und die Seilbahn, die einen in die ärmeren Barrios oben in den Hängen führt.

    Um mein Spanisch aufzubessern, besuche ich einen zwei wöchigen Sprachkurs im trendigen Viertel El Poblado. Ich nehme jeden Morgen die (überfüllte) Metro durch die halbe Stadt und muss noch 20 Minuten zur Schule hochlaufen. Durch diesen regelmässigen „Arbeitsweg“ tauche ich nochmals tiefer in das Leben der „Paisas“ (so nennen sich die Menschen aus Medellin) ein und komme dem Puls der Stadt näher. Die Schule ist sympathisch und engagiert. In meiner Klasse sind andere Touristen aus: Israel, Amerika, Frankreich, Kanada, Holland und Südafrika. Am Nachmittag gibt es jeweils ein freiwilliges Programm wie Ausflüge, Museumsbesuche, Tanzkurs, Kochen oder Fussball.

    Ich gehe zwei Mal Fussball spielen. Wir fahren mit dem Taxi zu einem riesigen Einkaufszentrum. Im 3.Stock sind vier mittelgrosse Fussballfelder mit Kunstrasen, Tribünen und einer „Sportbar“.
    Es ist 15 Uhr und unglaublich heiss. Nach 10 Minuten spielen bin ich schon so erschöpft, dass ich in’s Tor wechsle. Ich bin mir Sport bei dieser Hitze nicht gewöhnt.
    Das zweite Fussball Angebot findet glücklicherweise am Abend, wo es schon dunkel ist, statt. Meine Manschaft spielt gut, wir haben ein schönes Zusammenspiel und ich schiesse einige Tore. Einmal stosse ich mit einem Gegenspieler zusammen und falle auf den Boden. Es schmerzt im linken Oberschenkel und die Knie bluten (Kunstrasen ist eine ziemlich grobe Angelegenheit, wenn man hinfällt). Ich stehe wieder auf und spiele ohne Sorgen weiter. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht weiss oder realisiere: ich habe mir gerade den linken Oberschenkelmuskel gezerrt. Diese Verletzung wird mir im Verlauf der Reise noch viele Schmerzen und Sorgen bereiten.

    Medellin ist eine laute, pulsierende und verrückte Stadt. Es gibt viele Menschen die um’s überleben Kämpfen, das Bild des Struggles ist allgegenwärtig. Ich habe mich trotzdem immer wohl und angenommen gefühlt. Die Menschen waren sehr freundlich und offen zu mir. Ich durfte unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Lebenssituationen kennenlernen. So verbringe ich einmal eine Stunde mit einem Jungen, der in der Strasse lebt und dort von Banditen angeschossen wurde. Sie mussten eine Notoperation machen und ihm am Hals eine Kanüle zum Atmen installieren. Er spricht mich an im Park, fragt für Münz. Ich bin müde und gerade etwas genervt vom vielen angebettelt zu werden. Ich sage ihm, dass ich kein Geld gebe. Frage ihn aber, ob er meinen Jugo fertig trinken wolle. Dankend nimmt er ihn und wir kommen ins Gespräch. Nachdem wir uns etwas ausgetauscht haben fragt er mich, ob ich für sein Business den Startkredit zur Verfügung stellen könne. Ich willige ein und wir laufen zu einem Laden wo er mit meinem Geld zwei Säcke mit Lollipops und anderen Süssigkeiten kauft. Diese verkauft er dann auf der Strasse weiter. Er führt mich durch die Stadt zum „Plaza de la Luz“ und erzählt mir von den Menschen in Medellin und seiner Familie. Dabei wird er sehr traurig. Er kam nach Medellin um Geld zu verdienen und landete in den Drogen. Er vermisst seine Familie sehr, wird aber von dieser nicht mehr akzeptiert, weil er ein „Drogato“ geworden ist.
    Sein T-Shirt ist dreckig (auch vom Schleim seiner Kanüle) und sein Gesicht tätowiert. Ich beschliesse ihm ein neues T-Shirt zu kaufen. Er liest eines aus. Bei einem der unzähligen Baseballcap-Stände zahle ich ihm noch ein Cap. Er entscheidet sich für ein schwarzes mit der Aufschrift BMW. Er strahlt und bedankt sich bei mir mit den Worten: „nun sehe ich wieder anständig aus und kann in meinem Business (Bonbon verkaufen) erfolgreicher sein“. Er begleitet mich noch zur Metrostation, macht für mich die richtige Metro ausfindig und verschwindet danach, so schnell wie er aufgetauch ist, wieder in der Menschenmasse.
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