PacificCrestTrail 2018

April - September 2018
Der PCT ist ein 4279km langer Fernwanderweg im Westen der USA. Der südliche Endpunkt liegt im Süden von Campo (Kalifornien) auf der Grenze zu Mexiko, und der nördliche Endpunkt auf der Grenze zu Kanada am Rande von Manning Park in British Columbia. Read more
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    Sonora Pass, California (Mile 816)

    July 25, 2018 in the United States ⋅ ⛅ 18 °C

    Der Norden des Yosemite Nationalparks ist mittlerweile fast menschenleer. Die meisten PCT-Hiker sind mir einige Wochen voraus und die JohnMuirTrai-Hiker haben die Wanderung im Yosemite Valley beendet.

    Gestern bin ich den ganzen Tag alleine durch den Park gelaufen, ohne dass ich einem Menschen begegnet bin. Abends am Campground habe ich Jenner (Santa Cruz, Sectionhikerin) als einzige Person an diesem Tag angetroffen .

    Die letzten zwei Tage bin ich ein wenig grantig und ich weiß selbst nicht warum. Gestern hätte ich am liebsten den nächsten Exit in die Zivilisation genommen und ab nach Hause. Manchmal habe ich keine Lust mehr auf PCT. Aber ich habe es mir selbst ausgesucht und jetzt muss ich das auch zu Ende bringen. Meine letzte Übernachtung in einem Bett liegt Wochen zurück und ich muss mir endlich einen Erholungstag mit Bett, Frühstück, gutem Essen, vielleicht einem Bier und den Annehmlichkeiten der Zivilisation gönnen. Einen Film im Kino schauen und dazu ein riesiges Schokoeis wären gerade meine Definition von Glückseligkeit :)

    Wir haben mittlerweile täglich Wärmegewitter in den Bergen. Morgens strahlt noch die Sonne und ab den Mittagsstunden zieht es sich oft zu. Es ist reine Glückssache, ob das Gewitter in dem Tal loslegt, in dem man sich gerade befindet. Hiker "Pumasalat" hatte den PCT bereits vor 2 Jahren gelaufen und gab mir den guten Rat: " ... nutze jede Sonnenstunde in der Sierra zum trocknen der Ausrüstung". Wenn die Sonne um 11 Uhr kräftig scheint, dann gibts die Mittagspause eben früher und alles wird zum trocknen aus dem Rucksack geholt.

    Der Rauch der Waldbrände ist seit Tagen unser Begleiter. Manchmal ist die Luft so dick, als wenn man am Lagerfeuer sitzt und der Wind einem den Rauch sanft ins Gesicht bläst. Die Feuer sind wahrscheinlich sehr viele Meilen entfernt, aber man sieht die Flammen im Geiste sich über den Bergkamm nähern. Letztlich ist die Windrichtung über die Stärke des Rauches der maßgebliche Faktor.
    Waldbrände sind im Westen der USA nichts ungewöhnliches und wiederholen sich jedes Jahr mehrfach. Die Ranger haben uns versichert, dass wir rechtzeitig evakuiert würden, wenn das Feuer gefährlich nahe käme. Als letzte Möglichkeit habe ich immer noch meinen SPOT-Notrufknopf. 30 Minuten nach Aktivierung würde der Rettungshubschrauber über mir kreisen ... beruhigt das Kopfkino ungemein.

    Die Moskitos rauben mir seit Wochen den letzten Nerv. In Scharen, nein zu Hunderten, fallen sie über mich her. Jeden Tag und ohne große Unterbrechungen. Ich schmiere mir mittlerweile das DEET 100% (stärkstes Moskitogift) auf die Arme und Beine. Das Zeug ist so stark, dass es nicht in Kontakt mit meiner Regenjacke oder Synthetik kommen darf. Es würde glatt ein Loch hinein brennen.
    Für das Gesicht nehme ich DEET 30%. Aus Sicherheitsgründe wegen der Augen und Lippen.

    Die Moskitos suchen sich permanent den schwächsten Punkt am Körper aus. Sind Arme und Beine eingeschmiert, dann greifen sie das Gesicht an. Wenn das Gesicht eingeschmiert ist, dann fliegen sie in Ohren und Nacken. Jeder enge Kontakt des Hemdes mit dem Körper (z.B. Schulterbereich) wird mit Stichen bestraft.

    Heute habe ich wirklich eine gute Strecke geschafft. Großteils bergauf und am Abend nochmal richtig "einen rausgehauen". Meinen angedachten Übernachtungsplatz "Wilmer Lake" habe ich gegen 19:00 Uhr erreicht. Sogar einen ebenen Platz zum Zelten hatte ich gefunden ... eigentlich perfektes Timing. Ich bin vom Laufen total durchgeschwitzt und ein Bad im See ist dringend notwendig.
    Sobald ich an das Seeufer getreten bin sind Wolken von Moskitos auf mich losgegangen. Auch mein abgestellter Rucksack war von Moskitos übersät. Als hätten die gesamten Moskitos der Umgebung eine Betriebsversammlung abgehalten. Nur darauf wartend, dass Scarecrow als Blutopfer endlich eintrifft und ... Attacke! Ich konnte nur noch meine Sachen schnappen und regelrecht vom See wegrennen. In einer Stunde wird es dunkel und der nächste eingezeichnete Campground ist nochmal 3 Meilen entfernt. In solchen Augenblicken hast du keine Lust mehr ...

    Auch die Berge strengen mich nach fast 4 Wochen Sierra Nevada an. Das permanente bergauf- oder bergab gehen geht an die Substanz. Nur noch eine Woche durchhalten. In South Lake Tahoe habe ich die High Sierra komplett durchlaufen und das Terrain solle flacher werden.

    Ich glaube, dass meine Lustlosigkeit nur eine "Schwächephase" ist. Die nächste Möglichkeit für einen Urlaubstag in Kennedy Meadows North werde ich zum Ausruhen nutzen und es mir gut gehen lassen. Urlaub vom Urlaub sozusagen ;-) Danach macht das hier bestimmt auch wieder mehr Spaß ...

    Update 24.07.2018 bis 26.07.2018
    Heute morgen habe ich mich wieder gequält. Ich fühlte mich, als hätte mir jemand den Energiehahn zugedreht. Die 6 Meilen zum nächsten See wollten einfach nicht zu Ende gehen. Viele Pausen, Energiegel und Elektrolyte eingeschmissen, aber die Luft war raus. Was mache ich hier eigentlich? Am See angekommen (es waren ausnahmsweise wenig Moskitos anwesend) habe ich eine laange Pause gemacht. Ich war im See baden, habe mir einen Nachmittgskaffee gekocht und mich auf der Wiese gesonnt. Ich sollte mir viel öfter die Zeit nehmen solche Dinge zu tun. Tatsächlich ging es mir danach deutlich besser und die Kraft kam langsam zurück.

    Ich sollte den Trail viel langsamer laufen. Es ist mein Weg und ich muss hier niemandem etwas beweisen. Jetzt sind es nur noch zwei Monate und ich sollte das hier eigentlich jeden Tag genießen. Meine (internen) Ambitionen die Grenze nach Washington State "Bridge of the gods" zu erreichen habe ich gestrichen. Ich werde ab sofort langsamer laufen und Ashland (Kalifornien/Oregon Grenze) ist von hier nochmal 700 Meilen entfernt. 100 Meilen danach würde ich Crater Lake N.P. erreichen und das wäre doch ein schöner Ort den PacificCrestTrail zu verlassen. Bis Crater Lake wäre es nochmal die gleiche Strecke, die ich seit Mexiko gelaufen bin. Nur das Gelände wird im Norden Kaliforniens einfacher.

    Des Weiteren habe ich heute beschlossen meine USA-Reise mit einem Highlight zu beenden. Als der Film "Jurassic Park" 1993 in die Kinos kam, ist mir eine Szene von Anfang an in Erinnerung geblieben. Mr. Hammond, der Eigentümer des Jurassic Park, lässt einige Wissenschaftler auf die Dinosaurierinsel einfliegen. Der Helikopter fliegt im Tiefflug über den Ozean auf diese unglaublich paradische Küste der Insel zu. Dort angekommen, sinkt der Hubschrauber vor einem großen Wasserfall, umgeben von dichtem Regenwald in einen riesigen Canyon hinab. Eine wunderschöne Aufnahme und ich dachte mir damals: das ist das Paradies. Dort möchte ich irgendwann auch mal hin ... und ich werde!

    Als Abschluss meiner Auszeit werde ich am 19.09.2018 von Seattle für 4 Tage nach Kauai Island/Hawaii fliegen. 6 Stunden Flugzeit von der Westküste der USA, inmitten des Pazifischen Ozeanes und zugehörig zu den Inseln Polynesiens. Die Kulisse ist traumhaft und Hollywood hat die kleine Insel schon öfters genutzt (z.B. die meisten Jurassic Park Filme, King Kong etc.). Kauai ist die nördlichste der Hawaii Inseln und es soll dort wunderschöne Wanderrouten geben. Ich wollte das eigentlich schon 2010 in meiner Kanadazeit machen. Die Flüge von der Westküste nach Hawaii sind vergleichsweise günstig (EUR 360,- NonStop-Flüge) und ich habe die Visa und den internationalen Führerschein dabei. Nur das Finden einer bezahlbare Unterkunft/Campground wird eine Herausforderung werden.

    Jetzt gibt es auch kein vorzeitiges Aufgeben am PCT mehr. Ich freue mich riesig auf die geplante Abschlusstour und starte mit neuer Energie Richtung South Lake Tahoe.
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  • Day 108

    South Lake Tahoe, CA/Nevada (Mile 892)

    July 31, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 22 °C

    Die letzten Tage laufe ich tatsächlich entspannter. Jeden Abend noch vor 18:00 Uhr habe ich meine Übernachtungsplätze erreicht und war regelmäßig im See schwimmen. Die Berge und Pässe werden so langsam kleiner und man spürt, dass man sich aus den Bergen hinaus bewegt. Sogar die Moskitos lassen mich seit zwei Tagen in Ruhe.

    Gestern verlief der Weg über eine große Kuhweide. Die grünen Berge rundherum und der ländliche Geruch der Kuhfladen haben an die Almen in Österreich und unsere schönen Wanderurlaube dort erinnert. Die Kühe haben sogar die typischen Glocken getragen und alles bimmelte munter vor sich hin.

    Heute habe ich mein Lager am Raymond Lake aufgeschlagen. Es war ein Geheimtip eines Hikers in Kennedy Meadows North und der Umweg von zwei Meilen hat sich wirklich gelohnt. Umgeben von einem schützenden Bergkessel, liegt der kleine See hoch oberhalb des PacificCrestTrail. Es ist unglaublich schön und friedlich hier. Nur vier "Locals" haben ebenfalls ihre Zelte am See aufgeschlagen und angeln.

    Ansonsten drehen sich meine Gedanken den halben Tag rund ums Essen. Bis ins kleinste Detail habe ich mir bereits ausgemalt, welches Frühstücksmenüs, Burger und literweise Dr.Pepper Cola ich in South Lake Tahoe bestellen werde. Die Stadt befindet sich zur Hälfte in Kalifornien und zur anderen in Nevada. Es gibt einige Spielcasinos und ein Sushi "Sato -"All you can eat" für UDS 25,-. Die Informationen über die besten Verpflegungsplätze und eine kostenfreie Pizza für PCTler werden unter den Hikern ausgetauscht.

    Ich werde drei Tage in South Lake Tahoe bleiben und es mir richtig gut gehen lassen. Sehr viel Essen, zwei Resupply Pakete nach Nordkalifornien versenden, ins Kino gehen und mich um Mietwagen und Campgrounds auf Hawaii kümmern.

    South Lake Tahoe ist die vorletzte große Stadt auf dem PCT. In 600 Meilen wartet noch Ashland/Oregon und sonst befinden sich nur kleinere Ortschaften entlang des Tails. Ich muss die Zeit hier nutzen, alles Wichtige zu organisieren und soviele Kalorien wie möglich zu Essen. Meine Hose wird mir immer größer und ich muss endlich wieder etwas auf die Rippen bekommen.

    Yosemite Valley wurde übrigens kurze Zeit nach meinem Besuch wegen dem Feuer vollständig geschlossen. Alle Touristen und Hotelgäste mussten das Valley verlassen und die Wiedereröffnung ist für Anfang August angedacht. Das Thema Waldbrände wird mich auch in Nordkalifornien begleiten. Die eigentlichen Feuer in der Shasta-Region liegen derzeit vom Trail entfernt, aber die Rauchbelastung ist teilweise hoch. Ein PCT-hiker hat heute alle Stateparks zwischen South Lake Tahoe und Oregon abtelefoniert. Noch ist es machbar, aber wir müssen uns darauf einstellen einige hundert Meilen nach Norden zu springen. Das Problem ist, dass es in Oregon nicht wirklich besser aussieht. Ich werde erst einmal in Richtung Chester (Meile 1.131) weiterlaufen. Dann die Situation erneut prüfen und schauen wie es weitergeht. Ein resupply-Paket muss ich trotzdem von South Lake Tahoe an Meile 1.173 Old Station versenden ... ein wenig Glücksspiel.

    Beim durchschauen der Bilder ist mir aufgefallen, dass ich die "101Millionen Dollar Story" noch garnicht erzählt habe. Da gibt es mal etwas Spannendes und ich vergesse zu posten.
    Die Geschichte hatte sich bereits in Reds Meadows (Mile 706) zugetragen. Am abendlichen Lagerfeuer komme ich mit "Two Pack", einem älteren Hiker, ins Gespräch und er erzählte mir aus seinem Leben.

    Seine Version:
    Two Pack hat sein ganzes Leben in den Wäldern gelebt und ist seit vielen Jahren ohne festen Wohnsitz. Er meidet die Zivilisation und lebt vom Frühjahr bis Herbst in den Wäldern. Two Pack ist mit unglaublich viel Gepäck unterwegs. Er hat Essen für 20 Tage dabei, um unabhängig zu sein und länger an schönen Plätzen zu bleiben.
    2006 ist er zufällig in ein Waldbrandgebiet geraten und hatte vor lauter Panik seinen Kumpel angerufen. Dieser hatte ihm gesagt, dass er aus dem Gebiet schnellstens verschwinden soll. Einige Monate später steht ein Fire-Inspector der Justiz vor der "obdachlosen Haustüre". Anhand der Mobilfunkoordinaten wurde er lokalisiert. Der Brand hatte riesige Ausmaße der Zerstörung und bei den Löscharbeiten wurde ein Helikopter zerstört.
    Gegen "Two Pack" wurde ermittelt und er wurde daraufhin beschuldigt den Waldbrand verursacht zu haben. Nach seiner Aussage hatte er mit der Sache nichts zu tun und ist unschuldig für 3 Jahre Gefängnis + 3 Jahre Erziehungsanstalt eingewandert.
    Die Medien haben ihn als Schizophren bezeichnet und er war für Tage auf den Titelseiten der Presse. Er hätte daraufhin Staat und Medien verklagt und eine Entschädigung über 101 Millionen USD erhalten. Er zeigte uns stolz ein Stück Papier von "US Department of Justice" über diese Summe, ausgestellt auf seinen Namen. Jetzt lebt er als Multimilionär weiter in den Wäldern und muss sich finanziell keine Sorgen mehr machen. Die Sache hätte sein Leben positiv verändert. Er ist weg von Drogen und Alkohol und hat seine Bestimmung gefunden, indem er bei seinen Wanderungen andere Hiker vor den Gefahren von offenen Lagerfeuern in der Wildnis warnt und Sicherheitsvorkehrungen empfiehlt. Seine Geschichte wäre nachprüfbar und ich würde im Internet alles unter "California Day Fire 2006" nachlesen können. Er wäre in seiner Heimatgemeinde bekannt wie ein bunter Hund und eine Legende in der Hikerszene, da er bodenständig weiter in der Natur lebt.

    https://www.google.de/amp/s/www.nbclosangeles.c…

    https://www.google.de/amp/s/www.bakersfield.com…

    Heute habe ich im Internet recherchiert und die Entschädigungszahlung über die 101 Millionen USD waren als Strafzahlung gegen ihn gerichtet. Two Pack lebt in dem Glauben ein Multimilionär zu sein und genießt sein Dasein in den Wäldern. Auch solche Begebenheiten findet man auf dem PacificCrestTrail ...
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  • Day 112

    Donner Pass, California (Mile 953)

    August 4, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 20 °C

    Ich habe beschlossen ein großes Stück (670 Meilen) auf dem PacificCrestTrail zu überspringen und bin auf dem Weg nach Sacramento.

    Am Tag meiner Abreise aus South Lake Tahoe habe ich eine Nachricht von Jean bekommen, dass die gesamte Crew vergangenen Mittwoch von Truckee (Donner Pass) nach Ashland/Oregon gesprungen ist. Von dort wollen sie den PCT weiter nach Norden folgen. Die Luft um Truckee wäre von Rauch erfüllt und es wird in Nordkalifornien und Süd-Oregon noch deutlich schlimmer. Durch die vielen Feuer in Nordkalifornien ist die gesamte Linie von Yosemite N.P./Kalifornien bis nördlich von Crater Lake N.P/ Oregon voller Smog und Rauch.

    Am Anfang dachte ich noch "... das ziehe ich durch". Aber die letzten zwei Tage war die Luft einfach nur "zum schneiden". Ich konnte die Berge auf der anderen Seite des Tales nicht mehr erkennen. Meine Ausrüstung riecht mittlerweile komplett nach Rauch und auf dem Zeltdach haben sich heute Morgen kleine Aschepartikel abgesetzt. Ich wollte auf dem PCT eigentlich mit dem Rauchen aufhören, aber bis Oregon würde ich praktisch zum Kettenraucher werden. Seit Tagen habe ich Halsschmerzen und lutsche dauerhaft Bonbons.

    Wir hatten die letzten zwei Tage sehr stürmisches Wetter. Der Trail folgt über längere Strecken entlang von Gipfelkämmen. Man musste seinen Körper voll in den Wind stellen und dagegen halten, damit es einen nicht hinunter bläst. Die Feuer sind derzeit noch weit entfernt. Aber bei dem Starkwind werden die Feuerherde mit Eiltempo nach vorne gedrückt. Die Windrichtung entscheidet wohin die Flammen wandern. Ich habe einfach Angst, dass ich irgendwann, Tage von der Zivilisation entfernt, mit Waldbränden konfrontiert werde. Auf diese Situation wäre ich nicht vorbereitet und ein Horrorszenario für mich.

    Es sind nur noch wenige PCT Hiker in meinem Abschnitt unterwegs und viele planen Teile zu überspringen oder den Trail ganz zu verlassen und zu Reisen (Alaska ist gerade schwer angesagt). Der Trail hat letztlich seine eigenen Gesetze. Da kann man planen soviel man möchte und am Ende kommt es doch ganz anders. Ich hatte mich vor allem auf Mount Shasta in Nordkalifornien gefreut, aber in diesem Jahr soll es wohl nicht sein ...
    Die geplanten Resupply-Pakete von South Lake Tahoe nach Nordkalifornien habe ich glücklicherweise nicht abgeschickt. Mehrere Hiker hatten mir davon abgeraten - Danke für die richtige Entscheidung :)

    Heute Mittag habe ich Michael auf dem PCT beim Wasserpunkt getroffen. Er ist Biologe, ein Outdoorverrückter und meistens in der Natur unterwegs. Michael ist den Appalachiantrail gewandert und hatte jahrelang als Ranger im Yosemite N.P. gearbeitet. Heute war er als Tageswanderer auf dem PCT unterwegs und hat angeboten, mich abends zurück nach Sacramento zu fahren. Alle Busse nach Ashland müssen ebenfalls Sacramento passieren. Ich habe die Greyhound-Verbindungen überprüft. Heute Abend geht nicht's mehr nach Norden und morgen früh eine Verbindung für USD 111,- ... superteuer. Habe für Montag den Bustransfer nach Ashland für USD 82,- gebucht und schaue mir für das gesparte Geld einen Tag die Hauptstadt Kaliforniens an.

    Heute Nacht darf ich im Gästezimmer bei Michael übernachten. Er wohnt in einem Haus nahe Sacramento und im Wohnzimmer sind Kajak und Mountainbike geparkt. Morgen früh fährt er mich zur regionalen Bahnstation und ich fahre ins Stadtzentrum und nehme mir ein Hostelzimmer. Am Montag fährt mich der Bus über 8 Stunden nach Ashland/ Oregon.

    Mit ein wenig Glück kann ich einen Tagesausflug in den Crater Lake N.P buchen und werde den PacificCrestTrail weiter nach Norden folgen.

    Der grobe Plan für die kommenden sechs Wochen:
    von Crater Lake N.P/ Oregon bis nach Snoqualmie Pass/ Washington sind es ca 570 Meilen. In Snoqualmie angekommen, wäre es lediglich eine Autostunde nach Seattle und der Flieger startet am 19.09.2018 in Richtung Hawaii.

    Sacramento: Hilfe, wo bin ich hier gelandet.
    Die Stadt ist eine einzige Ansammlung von Obdachlosen. Niemals auf den gesamten USA-Reisen habe ich mich so unsicher gefühlt wie hier. Michael wohnt seit 3 Jahren nur wenige Kilometer von Sacramento entfernt und war in all den Jahren nur 5x in Downtown. Ich verstehe jetzt auch warum. Heute ist ein Sonntag und Sacramento ist eine einzige Geisterstadt. Das Greyhound Busterminal liegt weit außerhalb und ich bin zum Busticket abholen zu Fuß gelaufen. Unterwegs habe ich jemanden (in Businesskleidung) gefragt, ob er mir mit dem Weg weiterhelfen kann. Die Reaktion, ohne nur eine Sekunde den Gang zu verlangsamen, "Nein, kann ich nicht". Ab sofort fahre ich nur noch Bus oder bleibe im Hostelnähe. Glücklicherweise haben die Bushaltestellen hier keinerlei Fahrpläne oder Richtungshinweise. Nichts wie raus hier ...

    Spätnachmittag: ich habe tatsächlich Leben in dieser Stadt gefunden. Die Riverfront Promenade, State Capitol Park und Old "Sac"ramento sind tatsächlich sehenswert. Vor dem Capitol hat abends sogar ein DJ aufgelegt. Downtown Sacramento fühlt sich sicher an und ich habe Vormittags anscheinend die schlimmsten Ecken der Stadt durchwandert.
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  • Day 115

    Ashland, Oregon

    August 7, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 23 °C

    Ich bin gestern in Ashland/ Oregon angekommen. Wir sind während der 8stündigen Busfahrt von Sacramento durchgehend durch "Rauchnebel" gefahren und haben die Brandgebiete (u.a. Redding) vom Highway gesehen. Die Smogsituation ist in Ashland eher noch schlimmer als in Sacramento. Die Einwohner laufen teilweise mit Atemschutz durch die Stadt.

    Ich möchte nicht dramatisieren und viele PCT-hiker laufen einfach weiter. Aber selbst nördlich von Brend (Zentral/Nordoregon) sind Feuer in Trailnähe. In Washington State ist der PCT an zwei Stellen wegen Feuer geschlossen.

    Ich bereue, dass ich die paar Tage Hawaii gebucht und Flug, Mietwagen und Camping bereits komplett bezahlt habe. Genau jetzt und heute wäre ich, ohne mit der Wimper zu zucken, mit dem nächsten Flieger zurück nach Deutschland geflogen. Es reicht und ich habe keine Lust und Motivation mehr, weitere sechs Wochen durch Rauch und Feuergebiete zu wandern. Die Luft ist ungesund, man sieht nichts und ich erkenne gerade keinen Sinn, den PCT einfach so weiter zu laufen.

    Nach Ankunft in Ashland waren alle Hostels ausgebucht. Ich habe einen Zeltplatz in Wells Springs (einige Kilometer außerhalb) bekommen. Der Zeltplatz hat einen Zugang zur Mineraltherme und es gibt viele Hippies auf dem Gelände. Alles ist gechillt und ich fühle mich dort wohl. Werde noch eine Nacht bleiben und die nächsten Schritte in Ruhe überlegen.

    Eine Möglichkeit wäre den "OregonCoastTrail", der Küstenlinie folgend, weiter nach Norden zu wandern. Ich wäre komplett raus aus Feuer- und Rauchgebieten. Der OCT ist 382 Meilen lang und kein wirklicher Trail in dem Sinne. 40% des Weges Straße laufen oder direkt am Strand. Die Küste ist wild, kühl und kann sehr regnerisch werden. Übernachtungen hauptsächlich auf offiziellen StateParkCampgrounds ... bedeutet jede Nacht sind über USD 20,- nur für den Zeltplatz futsch. Der Spaß würde nochmal richtig teuer werden. Die wenigen Hiker, die den OCT laufen starten im Norden Oregons und gehen southbound, um den Wind im Rücken zu haben. Ich laufe gegen den Wind. Es gibt Fluss- und Wasserabschnitte, für die ich Fähren benötige. Diese lassen sich nur im voraus telefonisch zu einem bestimmten Punkt reservieren. Ich habe aber keine US-Mobilfunkkarte und kann Skypetelefonie nur über öffentliches WiFi nutzen. Keine Ahnung wie ich das bewerkstelligen soll. Im schlimmsten Fall muss ich längere Umgehungen in Kauf nehmen.

    Dafür erwartet mich ein echtes kleines Abenteuer. Keine elektrischen Navigationshilfen. Spektakuläre Ausblicke und Küstenlandschaften. Kein Rauch mehr und die Chance auf einen blauen Himmel. Der Monat August ist einer der besten Reisezeiten für den OCT. Ich würde weiter meinen Trail in Richtung Norden weiterlaufen.

    Erst einmal benötige ich mehr Informationen, gutes Kartenmaterial und muss die Tide/Gezeiten kennen. Diese sind wichtig für manche Abschnitte. Werde jetzt in die Innenstadt zur Bücherei und Bibliothek gehen und soviel wie möglich an Infos sammeln.
    Wenn es an die Küste gehen sollte, dann benötige ich Regenhose, Regenschutz für den Rucksack und Badehose wäre auch nicht schlecht. Die Idee den OCT zu wandern klingt verlockend ...

    Nicki hat mir Bilder vom Astronauten Alexander Gerst gesendet. Diese zeigen die Feuer in Kalifornien aus Weltraumperspektive - Danke Nicki 😘

    https://twitter.com/Astro_Alex/status/102529132…

    07.08.2018 Nachmittag
    Ich habe keine wirkliche Ahnung, auf was genau ich mich einlasse. Aber ich ziehe das Ding jetzt durch. Habe Nägel mit Köpfen gemacht und morgen (Mittwoch, den 08.08.2018) fahre ich um 09.05 Uhr mit dem Greyhoundbus von Medford/Süd-Oregon nach Warrenton/ Nord-Oregon. Werde nach 12 Stunden Busfahrt um 20:48 Uhr ankommen. Ein Hotel kann ich mir sowieso nicht leisten und ich schaue, dass ich irgendwo in der Natur eine Ecke zum schlafen finde. Startpunkt des OregonCoastTrail ist "Fort Stevens State Park" nördlich von Warrenton. Das Wetter ist bis Freitag gut gemeldet und ich laufe jetzt einfach los in Richtung Süden. Jetzt kommt die Frage, warum ich den OregonCoastTrail nicht einfach von Ashland nach Norden laufe ...?
    Meine einzige Navigationshilfe in den nächsten Wochen ist ein Buch "Day Hiking Oregon Coast" (darin ist der OCT-thruhike genau beschrieben) und ein paar Kartenausschnitte aus dem Internet. Ich gehe davon aus, dass es regelmäßig kompliziert wird, den richtigen Weg zu finden. Das Buch ist von Norden nach Süden beschrieben ... z.B. gehe nach einer Meile links am Felsen entlang oder so ähnlich. Die Orientierung wird schwierig genug, auch mit dem Buch in richtiger Richtung. Bedeutet, dass ich in ca 3 Wochen erneut an der kalifornischen Grenze ankommen werde. Dann sind Rauchbelastung und Brände vielleicht weniger und ich könnte den PCT ab Crater Lake N.P. nochmal für 2 Wochen in Richtung Norden folgen.

    Jetzt wirds richtig abenteuerlich ... das Ding laufen nur sehr wenige. Muss mir heute noch das Regenzeug besorgen und dann ... see you in North Oregon 😉 Internet wird an der Küste Mangelware sein. Ihr könnt meine Bewegungen lediglich über mein SPOT-GPS verfolgen. Ich lasse die Positionsbestimmung aktiviert, d.h. alle 30min geht ein Positionssignal raus.

    http://share.findmespot.com/shared/faces/viewsp…
    Im Kartenausschnitt, oben links, kann zwischen Karte und Satellit gewählt werden.
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  • Day 117

    Fort Stevens/ OregonCoastTrail (Mile 4)

    August 9, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 19 °C

    Wer mit Greyhound eine Busreise bucht ... geht lieber gleich zu Fuß.
    Meine Fahrt an die Nordküste Oregons beginnt mit einer Busverspätung des Greyhoundbus über 2,5 Stunden. Ausreichend um meinen Anschlussbus am Abend in Portland zu verpassen. "Der nächste Bus geht morgen früh um 09.20 Uhr." Ein neues Busticket wurde ausgestellt und man kann anschließend selbst zusehen, wie man die 14 Stunden Wartezeit bis zur Abfahrt verbringt. Ich war so müde, dass ich ins nächste Hostel eingecheckt habe. Eine gute Entscheidung ... ich habe trotz 8-Bettzimmer geschlafen wie ein Baby. Wahrscheinlich hätte ich in meinem Übermüdungszustand auch auf dem Mittelstreifen der A5, zur Rushhour, gut schlafen können.

    Am nächsten Morgen ging's dann ausgeschlafen und viel besser gelaunt weiter nach Warrenton/ Nord-Oregon. Die Stadt empfängt mich mit sauberer Meeresluft (ich muss beim Schreiben gerade nochmal tief einatmen ... geil :) und sehr netten Küstenbewohnern. Ich komme überall schnell ins Gespräch und fühle mich komischerweise gleich "wie zu Hause". Alles ist entspannt hier und die Menschen scheinen "rustikal/ bodenständig" zu sein.

    Sogar die Sonne kommt nach meiner Ankunft hinter den Wolken hervor. Ich scheine auf dem richtigen Weg zu sein. Im "Fort Stevens State Park" gibt es einen Campingplatzabschnitt, exklusiv für Fahrradfahrer und Hiker, für USD 8,- die Nacht. Da lacht sogar mein Portemonaie und bei den Preisen muss ich nicht wild am Strand campen.

    Nach dem Zeltaufbau bin ich zur Nordspitze des State Parks gewandert. Dem "offiziellen Startpunkt" des OregonCoastTrail. Ich stehe an der Mündung des Columbia Rivers und auf der anderen Flussseite schaue ich auf die felsige Küste des Bundesstaates Washington.

    Die Küste ist diesig und ein dicker Sprühnebel liegt über dem Meer. Ich habe gelesen, dass dies Normalzustand für dieses Jahreszeit ist. Je nach Küstenabschnitt kann es aber schnell aufklaren.
    Kurzum, ich fühle mich hier sehr wohl.
    Auf dem Rückweg habe ich sogar meinen ersten Wal gesehen. Die Fontäne und der Walrücken waren mehrfach hintereinander zu erkennen. Leider schwimmen die Tiere vielleicht 250 Meter entfernt und detaillierte Beobachtungen gibt's wohl nur vom Boot aus.

    Morgen ist ein wenig Regen angekündigt. Werde versuchen, ob ich noch eine Nacht verlängern darf und möchte mir gerne Astoria anschauen. Habe viel Gutes über die Stadt gehört und möchte die Gelegenheit nutzen. Ich werde mich sehr langsam auf dem Trail in Richtung Süden bewegen und viel Zeit lassen. Vielleicht auch mal mehrere Tage am selben Ort bleiben und optimalerweise springe ich am Ende des OregonCoastTrail direkt nach Seattle.

    Jetzt gehe ich schlafen ... in der Ferne höre ich die Nebelhörner der Schiffe. Ich glaube der OregonCoastTrail war eine gute Entscheidung.
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  • Day 121

    Cannon Beach/ OregonCoastTrail (Mile 30)

    August 13, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 24 °C

    Der erste Tag auf dem OregonCoastTrail beginnt erneut mit einer dicken Nebelschicht über dem Meer. Der Strand auf den ersten Kilometern ist je nach Gezeiten und Meereshöhe vielleicht 250 Meter breit. Autofahren ist am Strand erlaubt und die Locals kommen mit Ihren großen Geländewagen bis direkt ans Meer gefahren.

    Das Wandern am Meer ist anstrengender als erwartet. Auch auf dem feuchten und vermeindlich festerem Sand tun sich meine Beine mindestens genauso schwer, als ein vergleichbarer Abschnitt in Wüste oder Berge. Dafür werden meine Tagesetappen sehr moderat ausfallen und ich laufe keine großen Distanzen mehr.

    Habe meine erste Nacht am Strand gut geschlafen. Mein Buch verzeichnet legales Camping an bestimmten Strandabschnitten. Mehrere Einheimische haben mir empfohlen, mein Zelt in die Dünen hinein aufzubauen. Besserer Schutz vor erhöhtem Meeresspiegel bei Flut oder "Sneaker Waves". Nachts aus dem Zelt zu kriechen war ein besonderes Erlebnis. Am Horizont konnte ich die Beleuchtung der Schiffe/ Fischerboote auf dem Ozean sehen und weit entfernt die Lichter von Ortschaften erkennen. Der Himmel über mir war sternenklar ... wow, ein magischer Moment.

    Am ersten Abend des Campingplatz gab es eine Informationsveranstaltung der US-CoastGuard über Gefahren an der Küste Oregons. Sneaker Waves (heimtückische Wellen) kommen eher im Winter vor und sind plötzlich auftretende Riesenwellen, die weit in die Strandabschnitte reinrauschen können. Auch das Baden im Meer ist mit Vorsicht zu geniessen. Es gibt sogenannte "Rip Currents". Das sind Meeresströmungen, die einen weit ins offene Meer hinaustreiben können. Niemals gegen anschwimmen und die wertvolle Kraft vergeuden. Sich mit der Strömung raustreiben lassen und dabei versuchen seitlich nach rechts oder links schwimmend die Strömung zu verlassen. Irgendwann ist man aus dem Sog draußen und man kann einige hunderte Meter weiter zurück an den Strand schwimmen. Alles reine Theorie, denn das Wasser hier ist eiskalt. Nach einer Minute mit den Füßen im Wasser fangen diese an, vor Kälte zu schmerzen. Die Badehose hätte ich mir für Oregon sparen können.
    Als letztes ist eine Gezeitentabelle für Wanderungen bei Ebbe unbedingt erforderlich. Je nach Küstenabschnitt kann einen die Flut innerhalb weniger Minuten, auf einem der außenstehenden Felsen, isolieren. Immer Handy dabei haben und die CoastGuard 911 holt einen mit Schiff oder Helikopter im schlimmsten Fall raus.

    Meine gesamte Ausrüstung ist bereits nach einem Tag am Meer feucht und klamm. Aufgrund des Dauernebels habe ich keine Möglichkeit die Sachen inkl. Schlafsack auszutrocknen. Es ist unangenehm am Morgen in feuchte Kleidung zu steigen und abends in den feuchten Schlafsack zu kriechen. Trotzdem muss ich nicht frieren und es ist gutes Wetter für die kommenden Tage gemeldet.

    Wasser ist auf dem Trail ein Problem. Mein Buch ist in diesem wichtigen Punkt unzureichend beschrieben. Man weiß nie genau, wo und wann es wieder Wasserstellen gibt. Ein Rucksack mit 3 Litern mehr oder weniger Wasser macht aber einen erheblichen Unterschied bei Wandergeschwindigkeit und Planung (z.B. zwei Nächte am selben Ort übernachten).

    Trotzdem ist es wunderschön am Meer und ich genieße meine Zeit hier. Es wird nie langweilig und die Stimmung am Strand kann sich durch die unterschiedlichen Lichtverhältnisse schnell verändern. Ich bin sehr glücklich, dass ich hier am Meer sein darf :)
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  • Day 125

    Pacific City/ OregonCoastTrail (Mile 92)

    August 17, 2018 in the United States ⋅ ☀️ 12 °C

    ... sorry, der Text hat sich verabschiedet.
    Nächstes Mal passe ich besser auf.

  • Day 128

    Lincoln City/OregonCoastTrail (Mile 112)

    August 20, 2018 in the United States ⋅ ⛅ 22 °C

    Jetzt sind wir seit über einer Woche auf dem OregonCoastTrail unterwegs und die Natur ist wunderschön bis spektakulär. Leider ist die Küste trotz Trockenzeit meistens bewölkt und diesig. Wir haben maximal 20% Sonnenschein und trotzdem ist es jede Minute wert an die Küste Oregons zu reisen. Dieser Teil der Reise wird zu meinen Highlights der gesamten Auszeit zählen. Sollte es allerdings irgendwann anfangen zu regnen, dann würde das hier schnell ungemütlich werden.

    Wir kommen regelmäßig an Küstenorte vorbei, um einkaufen zu können. Das ist ein enormer Vorteil gegenüber dem PCT und wir können unseren Rucksack deutlich leichter packen. Nach einem langen Tag laufen an einem kleinen Markt anzukommen und einen Kaffee und Eiscreme zu kaufen ist das Größte :)

    Ich habe ja bereits geschrieben, dass ich glücklicherweise nicht mehr alleine wandern muss. Chris aus Vancouver ist ebenfalls in südlicher Richtung auf dem OregonCoastTrail unterwegs und wir verstehen uns prima. Er ist Designer für Fertighausmodule und gerade dabei sich selbständig zu machen. Chris hat bis Anfang September Zeit und wir sind gerade dabei eine Route auszuarbeiten. Wir wandern derzeit die schönen Etappen des OregonCoastTrail. Wenn unsere Reiseführer lange Straßenabschnitte anzeigt , dann überspringen wir den Teil und nehmen den Bus. Aus diesem Grund sind die Meilenangaben in der Überschrift nicht unsere tatsächlich gelaufenen. Ich denke, dass wir cs 30% der Strecke mit dem Bus und per Anhalter springen.
    Vielleicht mieten wir am Ende des Trails ein Auto und fahren für ein paar Tage in den „Redwood N.P.“ in Nordkalifornien. Seine Freunde haben den Nationalpark als „Best of Westcoast USA“ bewertet.

    Seit gestern sind wir sogar zu dritt. Desiree aus Portland (Flugbegleiterin) wandert für zwei Tage mit uns, bevor es für Sie nach Hause geht. Das wars dann auch schon mit Wanderern hier. OregonCoastTrail-hiker sind eine seltene Spezies und wir treffen unterwegs viele Radfahrer.
    Übernachtet wird hauptsächlich auf Campingplätzen in State Parks. Es gibt spezielle Hiker/Biker Abschnitte und eine heiße Dusche. Abends findet in den Parks immer eine Informationsveranstaltung statt und ich kenne mich jetzt mit den Pflanzen und Eulen an der Westküste ein bisschen besser aus. Wir hatten auch einen Abend einen professionellen Geschichtenerzähler, der uns Stories und Märchen der American Native People (Ureinwohner/ Indianer) erzählt hat.

    Wir sind gerade in Lincoln City ankommen und ich bin überwältigt von der Gastfreundschaft der Menschen hier. Der Bus am frühen Morgen hat uns im Stich gelassen und ist nicht erschienen. Denise, eine Lehrerin im Ruhestand hat uns nach langem Warten immer noch an der Bushaltestelle entdeckt und die halbe Stunde nach Lincoln City reingefahren. Sie hat kein Geld angenommen und wollte alle Geschichten vom Trail von uns hören. Jetzt stehe ich gerade irgendwo in dieser ausgedehnten Stadt und habe in einem Geschäft nach dem Weg zur Post gefragt. Ich muss doch meinen neuen Rucksack bei der Post abholen und anschließend einen UPS-store finden, um den alten Rucksack zu REI zurück zu senden. Die Frau greift in Ihre private Handtasche und zieht vier Bustickets á USD 1,- Wert heraus. Zusätzlich schenkt Sie mir Ihren persönlichen Busfahrplan und zeigt mir die nächste Bushaltestelle. Wieder wird kein Geld angenommen, um wenigstens die Bustickets zu bezahlen. Ich bin gerade echt geplättet, von soviel Hilfsbereitschaft . Was auch immer noch auf dieser Reise passieren sollte, die Gastfreundschaft die ich in den letzten Monaten in den USA erleben durfte, werde ich diesen Menschen hier nicht vergessen. Ich habe in Südkalifornien sehr viele TrailMagics erleben dürfen. Unzählige Male wurde ich per Anhalter auf Straße und sogar zu Wasser mitgenommen. Ich habe im privaten Gästezimmer übernachtet und durfte vier Wochen bei Terrie in Casa de Luna meinen verstauchten Knöchel auskurieren. Die Bewohner an der Westküste leben große menschliche Werte vor - DANKE!
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  • Day 134

    Yacharts/ OregonCoastTrail (Mile 168)

    August 26, 2018 in the United States ⋅ ⛅ 17 °C

    22.08.2018
    Ich habe gestern einen Grauwal vielleicht 100 Meter entfernt beobachten können. Die Küste vor Depoe Bay muss unglaublich tief sein. Die Wale kommen sehr nahe an die felsige Küste geschwommen. Es werden viele Walewatching Touren angeboten, aber eigentlich kann man sich das Geld sparen.
    Die gesamte Küste zwischen Depoe Bay und Newport wimmelt von Grauwalen. Überall sieht man die Fontänen der Wale, die riesigen Walrücken beim Auftauchen und zum Schluss die finale Schwanzflosse, bevor der Wal wieder tief im Ozean verschwindet.

    25.08.2018
    Heute ist so einiges passiert. Beim Frühstück hat mir Chris eröffnet, dass er die letzten Tage auf dem Trail gerne alleine laufen möchte. Ich hatte ihn direkt an seinem ersten Tag auf dem OregonCoastTrail getroffen und er benötigt ein wenig Zeit für sich alleine.
    Kann ich gut nachvollziehen. Am Anfang des PacificCrestTrail habe ich ebenfalls Abstand gesucht und wollte erstmal wenig Ruhe zum Nachdenken haben. Wir beide hatten eine wirklich gute Zeit in den letzten Tagen/Wochen und sind Freunde geworden. Chris war dieses Jahr auf Italienreise und vielleicht sieht man sich in Deutschland bald wieder.

    Ich bin alleine weitergezogen und habe in der Bücherei ein paar Infos für den weiteren Trail benötigt. Der OregonCoastTrail wird ab Yacharts schwieriger. Es gibt keine lokale Buslinie mehr, um längere Straßenabschnitte zu überspringen. Die Tagesetappen werden länger, die Anzahl der State Parks zum Übernachten weniger und ich bin wieder alleine unterwegs.

    Plötzlich kommt eine Nachricht von Melanie aus Endingen rein. Sie war am letzten Wochenende auf den PCT-days in Cascade Locks (Oregon/Washington Grenze) und ist die letzten Tage südwärts bis Timberline Lodge auf dem PCT gewandert. Die Smogbelastung ist anscheinend weniger als erwartet. Ich habe anschließend nochmal die Smogkarte für Oregon gecheckt und für den nördlichen Teil des PCT in Oregon besteht Stufe gelb (moderat). Die gesendeten Bilder von Melanie aus dem Norden Oregons sehen super aus.

    Ich habe noch drei Wochen Zeit bis Abflug Seattle und eine Rückkehr auf den PCT wäre jetzt möglich.
    Meine Entscheidung habe ich bereits getroffen und die Bustickets nach Sisters/Nord-Oregon sind für Donnerstag ab Portland gebucht. Abfahrt 06:00 Uhr morgens und ich freue mich schon jetzt auf die lange Nacht im Greyhound Terminal in Portland ...

    Ich werde den PacificCrestTrail anschließend vom Santiam Pass nach Cascade Locks, in nördlicher Richtung, laufen. Eine Entfernung von 150 Meilen, um mich nochmals anständig vom Trail zu verabschieden. Auf der "Brücke der Götter", zwischen Oregon und Washington, werde ich den Trail dann endgültig verlassen. Für Cheryl Strayed ("Wild" Hollywoodfilm/ Bestsellerbuch) war die "Bridge of the gods" das Ziel ihrer Wanderung und gleichzeitig der Wendepunkt in eine gute Zukunft gewesen ... da sollte doch noch etwas von der guten Energie für mich übrig sein ;-)

    26.08.2018
    Ich treffe an der Küste viele interessante Menschen und möchte noch einen kleinen Abschnitt dafür reservieren. Die letzten Tage sind uns zwei Franzosen mit dem Fahrrad entgegen gekommen. Beide sind auf dem Weg von Alaska nach Ushuaia/ Feuerland und biken die "Panamericana". Die zwei Radler sind nur einen Tag von einander entfernt, kommen aus dem selben Land, haben die gemeinsame, riesige Strecke vor sich und sind sich bisher nicht persönlich begegnet. Luc kommt aus einem kleinen Ort in den Pyrenäen und hat die letzten 20 Jahre als Selbstversorger gelebt, Schafe gehalten, Obst, Gemüse und Käse produziert. Er ist ein Einzelgänger und hat als junger Bursche bereits in der Karibik und Französisch-Guayana gelebt.

    Die State Parks in Oregon beherbergen aufgrund der günstigen Übernachtungsmöglichkeiten auch viele Obdachlose. Wenn man zu Fuß oder Fahrrad einen StateParkCampground erreicht, darf man nicht abgewiesen werden. Maximal drei Nächte sind erlaubt und muss dann weiter ziehen. Nach 4 Tagen hat man erneut das Recht auf einen Hiker/Biker Campsite für USD 8,- die Nacht. Da die Parks nahe beieinander liegen, bewegen sich die Obdachlosen die gesamten Saison zwischen den Campingplätzen der State Parks. Ein sicherer, legaler Ort zum übernachten und sanitäre Einrichtungen zur Körperpflege.

    Ich sollte mir zu Hause in Deutschland viel öfter die Zeit nehmen, mit den Obdachlosen ins Gespräch zu kommen. Wenn Ihr glaubt, dass meine Reise hier ein Abenteuer ist, dann solltet Ihr die Geschichten dieser Menschen hören (bei Flüchtlingen wird es ähnlich sein). Steven ist Ende sechzig und sein rechtes Auge ist eine große Wunde. Aufgrund eines Unfalls hat er sich das halbe Auge ausgestochen. Wegen der fehlenden Krankenversicherung kann er die Wunde nicht fachmännisch behandeln lassen und so plagt er sich seit langer Zeit behelfsmäßig damit herum. Trotzdem strahlt dieser Mensch eine tiefe Zufriedenheit aus. Er rezitiert Shakespeare und seine Werte von Liebe und Mitgefühl kommen aus einer tieferen Quelle. Er ist ohne Geld durch viele Länder dieser Erde getrampt. Hat sich vor vielen Jahren durch Zeitungsverkauf ein Flugticket nach Paris gekauft und ist von Frankreich bis Indien gereist. Er übernachtete unter freiem Himmel, in Klöstern und Ashrams. Arbeitete in Israel und hat sich Ärger in Pakistan eingefangen ... irgend eine Frauengeschichte. Ich möchte die Begegnungen im Blog festhalten, damit ich zukünftig nicht vergesse auf diese Menschen zuzugehen. Sie können einem viel zurück geben.

    Chuck (ca 65 Jahre) war in den 70ern bei der US-Army in Hessen stationiert und spricht gutes Deutsch. Er fährt mit dem Fahrrad ebenfalls zwischen den StateParks umher. Zwischen Sonntag und Dienstag ist er immer in der Umgebung "Waldport" unterwegs. Dort gibt es an den drei Tagen das billige amerikanische Bier für USD 1,50 und er kann kräftig zugreifen. Er ist heute schon losgezogen und ich werde bei dem Preis auch mal auf ein Bierchen vorbei schauen. Chuck haben wir das erste Mal vor einer Woche auf einem anderen Campingplatz getroffen. Er ist super gebildet, weit gereist und die Unterhaltung ist immer bestens. Zum Beispiel hatte die amerikanische Armee während/nach dem Vietnamkrieg Deutschland als Zwischenstation Ihrer verhaltensauffälligen Soldaten genutzt. Die Jungs waren so voll Adrenalin aus den Kriegsgebieten, dass sie teilweise nicht direkt nach den USA zurückkehren durften. Die Armeeführung hatte Angst, dass diese in der Heimat bei der kleinsten Streitigkeit zu einer Waffe greifen. Und die waren immerhin geschulte Profis im Kampf. Also wurden diese Soldaten nach Kriegsende erstmal nach Deutschland versetzt. Friedliches Land, gutes Essen, gutes Bier und ein Ort zum "runter kommen". Chuck kann stundenlang solche Geschichten erzählen. Heute Morgen hatte er uns Frühstückskaffee gekocht und wir sollen nichts zum Abendessen kaufen. Er möchte Spaghetti machen ...
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  • Day 137

    Major League Soccer, Portland Timbers

    August 29, 2018 in the United States ⋅ 🌙 19 °C

    29.08.2019
    Auf dem Weg zum PacificCrestTrail musste ich eine Übernachtung in Portland einplanen. Wie es der Zufall so will, fand an genau diesem Abend ein Fußballspiel der Portland Timbers (Major League Soccer = erste Fußballiga in USA/Kanada) statt.
    Die Stimmung im 21.000 Besucher fassenden Stadion war fantastisch und der FC Toronto zu Gast. Die Fans der Portland Timbers Fans sind wohl die gay friendliest auf der Welt und gehen richtig mit. Das Stadion ist voll mit Regenbogenfahnen und ein schönes Vorbild, dass Profifußball und LGBT funktionieren können. Das Niveau des Fußballspieles lag wohl zwischen 2. und 3. Bundesliga in Deutschland.

    https://www.google.de/amp/s/www.outsports.com/p…

    Nach jedem Tor werden Pyro-Fontänen in den Vereinsfarben mit gelben und grünen Pulver in die Luft geschossen. Das Maskottchen ist ein Holzfäller und von einem vorbereiteten Baumstamm wird bei jedem Tor eine Holzscheibe abgesägt. Der hält das anschließend hoch, wie die Meisterschale bei uns und das Stadion flippt aus :) Die Portland Timbers haben an diesem Abend mit 2:0 gewonnen.

    31.08.2018
    Bei Ankunft in Sisters/ Oregon war die gesamte Umgebung wieder in dicken Smog gehüllt. Gerade vor ein paar Tagen sind Feuer in der Nähe ausgebrochen und der Rauch zieht in Richtung Stadt. Die Brände liegen glücklicherweise außerhalb des PacificCrestTrail und der Weg nach Norden ist offen. Heute hatten wir dann blauen Himmel und kein Rauch mehr in der Luft. Die Windrichtung wird in den nächsten Tagen über die Luftqualität entscheiden. Morgen früh werde ich von Trail Angel "Gretchen" zurück an den McKenzie Pass gefahren und es geht weiter auf dem PacificCrestTrail.
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