Unser Besuch in Bethlehem

Heute stand für uns Bethlehem, der Ort an dem Jesus geboren ist, auf dem Programm. Schlechte Vorraussetzung, wenn einen Tag zuvor der liebe Herr Trump sein neues Nahostkonfliktlösungspaket veröffentlicht und daraufhin der IS zum Krieg gegen die Juden in Jerusalem aufruft. Wen das nicht überzeugt, der sollte wenigstens auf die Reisewarnungen vom Auswärtigen Amt für das Westjordanland hören - Wir, die sich dachten, "Hey Bethlehem ist vorwiegend christlich und es gibt dort weitaus weniger Israelis als in Jerusalem", machten uns also trotzdem auf den Weg - hmh und wie wir später herausfinden sollten, wurde zudem auch noch der "Tag des Zorns" ausgerufen als Antwort auf Trumps "Friedensplan"....
Im Bus dahin scherzten wir noch über unsere Panikmache, doch wir wurden eines besseren belehrt. Auf dem Weg ins Westjordanland passierten wir zum ersten Mal die Grenzmauern, die Israel zur Abgrenzung der Palästinenser erbaut hatte und die Berliner Mauer ist wirklich ein Witz dagegen - diese Mauern sind unüberwindbar! Als wir uns in Bethlehem angekommen im Star'B'Coffee, der arabischen Version von Starbucks, einen Kaffee gönnten, erkannten wir das Stromausfälle und das Kappen der Wasserzufuhr durch Israelis hier zum Alltag gehören - Dabei könnte man meinen, dass der Toilettengang doch eigentlich zu den menschlichen Grundrechten gehören sollte?! Nachdem wir uns die Geburtskirche Jesu angeschaut haben, entdecken wir beim schlendern entlang der sehr stark mit christlichem Prüll angefüllten Ladenzeilen eine Karte, die sehr gut die Aneignung palästinenschen Landes durch die Israelis illustrierte. Interessiert daran kamen wir mit dem Ladenbesitzer ins Gespräch. Als wir ihn fragten, ob es auch Werke von Banksy fußläufig zu bestaunen gäbe, verwies er uns auf ein Hotel, nicht unweit eines israelischen Checkpoints, welches zahlreiche Werke von ihm ausgestellt hat. Um dort hinzukommen sollten wir an dem Checkpoint vorbei. Er versicherte uns es wäre sicher, wenn wir vor Ort angekommen, Leute bitten uns an den steinewerfenden Jugendlichen vorbeizugeleiten, welche die israelischen Soldaten beschmeissen. Bei den Jugendlichen handelt es sich seinen Schilderungen zur Folge meist um Kinder aus ärmeren Familien, die von palästinensischen Führern dazu ermutigt werden dort auf die Straße zu gehen. Dies seien lediglich gewöhnliche Konflikte, die jeden Tag stattfinden und nachdem die Israelis keinen Bock mehr auf das Spielchen hätten, wird der Konflikt erst mit Tränengas und in letzter Instanz, nach dem Einsatz von Gummigeschossen wohl durch einen richtigen Schuss ins Bein beendet - Fragt jetzt bitte nicht wieso wir immer noch dachten, dass es doch eine gute Idee wäre?! Vielleicht weil wir uns sowas in unserer westlichen Naivität einfach nicht vorstellen konnten! Also stapften wir los, dass Hotel war schließlich nur 800m von unserer Abfahrtsbushaltestelle entfernt. Schon aus ca. 200m Entfernung sahen wir, dass eine kleine Gruppe aus etwa 15 Jugendlichen auf der Straße stand und Steine warf - Die palästinenschen Polizeibeamten regelten weiterhin unbekümmert den Verkehr und machten keine Anstalten den Jugendlichen Einhalt zu gebieten. Vor uns stand die Presse mit Gasmasken und kugelsicheren Westen ausgestattet, aber die Situation schien unter Kontrolle - Wir hatten jedoch keine Ahnung, wie schnell das kippen würde! Ein Hoch auf meinen Schwager - Als Kai meinte, er verspürt den wohlvertrauten Geruch von Tränengas aus seiner Jugend in der Luft, beschlossen wir einen anderen Weg zum Hotel einzuschlagen und drehten um. Plötzlich wurden Tränengasgranaten, aus einem gepanzerten Fahrzeug, abgefeuert und alle begannen panikartig, wie in Worldwar Z, zu fliehen! Anstatt wie alle weiter die Straße entlang zu laufen, suchten wir Schutz in einer Bank. Vorerst dachten wir, dass wäre es gewesen. Doch die Einheimischen in der Bank wiesen uns darauf hin, die Straße weiter entlang zu laufen - Also gingen wir wieder raus! Die ganze Straße war bis etwa 100m vor uns gefüllt mit Tränengas, doch da wir uns hinter den palästinenschenen Polizeibeamten befanden und relativ weit weg waren, dachten wir, dass war es jetzt. Irrtum - Die israelischen Einsatzkräfte drangen weiter vor und feuerten weitere Tränengasgranaten und selbst die Polizisten ergriffen die Flucht. Wir flüchteten in einen Liquorstore am Straßenrand, doch ehe wir uns versehen, sind wir alleine dort drinnen. Keine Spur mehr vom Besitzer und seinem Freund! Als eine Tränengasgranaten direkt vor der Tür landet, war auch das weiterlaufen ausgeschlossen... Mit sowas hatten wir nicht gerechnet - Ich dachte nur "Fuck deine Schwester ist nur wegen dir hier und hat drei kleine Jungs zu Hause!". Doch meine Lösungsorientierte Schwester kam auf die brilliante Idee für Ablenkung zu sorgen und meinte plötzlich "Hey, was kostet eigentlich das Bier in dem Schuppen hier?", instinktiv begann ich die Regale abzusuchen, doch in meiner Panik dachte ich nur "Fuck, Fuck, ich sehe nur Sojasauce!" und einen Hinterausgang gab es auch nicht. Vor der Tür war immer noch alles voller Nebel, doch nach ein paar Minuten kam der Kumpel des Ladenbesitzers mit vollkommen zugeschwollenen Augen und seinem Pullover als Mundschutz dienend zurück und sagte uns, es wäre jetzt sicher zu gehen. Trotz dem für unsere Gemüter bitter notwendig gewesenem Bier und aufgrund der Abwesenheit des Ladenbesitzers, beschlossen wir den Schutz des Ladens zu verlassen und traten die Flucht zum Bus nach Jerusalem an. In den Augen der Einheimischen sahen wir, dass das was für uns unvorstellbar war, hier nicht zum ersten Mal passierte und sie riefen uns zu "Welcome to our daily life!" Rückwirkend betrachtet, glauben wir zwar nicht ernsthaft in Gefahr gewesenen zu sein, aber so etwas ist deren Wirklichkeit und es kommt täglich zu solchen Ausschreitungen. Was wir als schrecklich und schockierend betrachten, prägt den Alltag der Menschen hier - Das Leben mit einem Konflikt der seit über 50 Jahren ohne Einigung andauert...Read more
Diese so "täglich üblichen" Ereignisse stimmen mich tief traurig :(
Ja das ging uns nicht anders -.-