Jakobsweg 2022

September - October 2022
Dieser Weg ist für mich etwas Besonderes. Vor zwei Jahren machte mein Leben eine Vollbremsung. Ein Gehirntumor zwang mich mit 55 Jahren nochmals das geradeaus Laufen zu lernen. Heute ist fast alles wieder gut und es wird Zeit, Danke zu sagen. Read more
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  • Jakobsweg 2022

    July 24, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 23 °C

    Nun geht sie los, meine Reise nach Santiago de Compostela. Dort wartet der Jakobsweg bereits auf Liliana und mich. Mein lieber Mann musste leider zu Hause bleiben, aber er kommt am 4.10. nach. Ich freue mich jetzt schon darauf. Das Flughafengebäude in Frankfurt-Hahn ist völlig überfüllt. Hier kann niemand umfallen, so eng stehen die Menschen - die meisten ohne Maske - zusammen. Erst mit dem Betreten des Fliegers kommt die Schutzmaske bei den meisten Mitreisenden zum Einsatz. Dabei ist es hier im Flugzeug nicht annähernd so voll wie im Wartebereich. Nun ja, das muss jeder selber wissen. Lustig zu sehen, wer alles so nach Santiago fliegt. Ein junger Mann ohne Schuhe, eine Frau in lila und rosa Glitzer-Jogginganzug mit ganz viel bling-bling. Ein älterer Herr im Anzug und Wanderstiefeln, eine Dame mit Hut und viel zu viel Schminke. Zwei gut gelaunte Familien mit Plastiktüten und fröhlichen Kindern. Sie alle wollen nicht nur nach Santiago fliegen, sondern auch pilgern. Wie dies das Mädel im Disco-Outfit und Trolli machen möchte, ist mir schleierhaft. Aber vielleicht sehen wir sie ja auf dem Weg. Sie möchte auch morgen mit dem Zug nach Leon fahren und dann los wandern. Ich komme mir schon mit meiner Outdoor-Kleidung und Rucksack sehr exotisch vor. Ich glaube, es wird eine interessante Zeit. Diesmal scheint sich wirklich eine bunte Vielfalt auf den Weg zu machen. Lachen muss ich, als ein Mann (Macho, Macho…) sich zu einer Gruppe junger Frauen stellt und ihnen oberlehrerhaft erklärt, dass Frauen nicht gemeinsam pilgern können. Wenn Männer gemeinsam gehen, sei es ein Miteinander, bei Frauen immer nur ein Gezicke und ein Gegeneinander. Sie würden nicht als Freundinnen den Weg zu Ende gehen können. Deshalb bietet er ihnen an, sich ihm anzuschließen. So sei die Rangordnung klar geregelt. Er gebe den Ton an und es bliebe kein Raum für Streitigkeiten. Die Gruppe junger Frauen sehen ihn mit großen ungläubigen Augen an. Mir steht unter meiner Maske auch der Mund offen. Leider kann ich das Gespräch nicht weiter verfolgen, weil mich jemand anderes um Hilfe bittet. Schade, aber je nach dem, wo die Einzelnen starten, sehen wir bestimmt den einen oder anderen noch einmal wieder.Read more

  • Day 2

    Aus dem Nähkästchen

    September 25, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 16 °C

    Heute fahren wir gefühlt den ganzen Tag Zug. Die Fahrt führt uns über vier Stunden von Santiago nach Leon. Ich bin überrascht, wie traumhaft schön Galicien auch abseits der Pilgerpfade ist. Um die gesamte Region kennenzulernen setzt sich bei mir der Gedanke fest, diese Gegend losgelöst vom Jakobsweg als Ziel für einen gesonderten Wanderurlaub ins Auge zu fassen. In Leon nehmen wir ein Taxi zu unserer Unterkunft in Virgen del Camino. Dort startet morgen früh unsere eigentliche Pilgerreise. Wir lassen unsere Rucksäcke im Hotel und brechen zu Fuß zu einer Erkundungstour zurück ins sieben Kilometer entfernte Leon auf. Zunächst folgen wir einer sechsspurigen Schnellstraße - alles andere als prickelnd. Schön, dass mein Handy schon bald eine alternative Strecke über kleine Schotterwege durch Felder und Gärten anzeigt. Diese Wegvariante stößt bei Liliana allerdings auf wenig Gegenliebe. Sie ist verunsichert und fragt jeden, der uns entgegen kommt, nochmals nach dem "richtigen" Weg. Zumeist erhält sie den Rat, zurück zur Schnellstraße zu gehen. Ich stelle mich stur und bleibe den Schotterwegen treu. Liliana folgt mir und ich höre sie schimpfen "Was soll ich in dieser Walachei? Da hätte ich auch in Valviano wandern können!" Dazu muss man wissen, dass Valviano eine sehr ländlich geprägte Region in den Abruzzen und ihre italienische Heimat ist.
    Zum Glück erreichen wir dann doch Leon. Liliana ist von der Stadt begeistert und möchte gleich 1-2 Tage dort bleiben. Als erstes steht der Besuch der zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert erbauten Kathedrale an. Hierfür wird ein Eintritt von 7,00 Euro fällig. Ein stolzer Preis, aber es lohnt ein Rundgang durch dieses frühgotische Bauwerk. Neben dem Eintritt investiert Liliana noch zwei Euro für eine ganze Batterie von elektrischen Kerzen für alle engen Freunde und Verwandten. Wat mut, dat mut.
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  • Day 3

    Der Weg sorgt für dich

    September 26, 2022 in Spain ⋅ 🌙 11 °C

    Die Entfernung von Virgen del Camino nach Hospital de Orbigo entlang einer Schnellstraße beträgt 21 KM. Ich entscheide mich für eine alternative Route durch das Hügelland, dem Camino Paramico. Dieser ist landschaftlich sehr reizvoll und ursprünglich, aber 10 KM länger. Wir treffen freundliche und gesprächige Landwirte. Gesprächsbarrieren werden durch Gestik und Improvisation überwunden. Man fühlt sich wie in einem Pantominen-Theater. Die Einheimischen warnen uns vor imaginären Bahnübergängen, gefährlichen Tieren und Sümpfen sowie vor morschen und nicht nutzbaren Sitzbänken.
    Außer den tollen Menschen, die wir treffen, erfreuen wir uns an Früchten am Wegesrand. So essen wir süße Feigen, Brombeeren, Trauben, Äpfel und Birnen.
    Hospital de Orbigo ist ein kleines Dorf. Es entstand um das 12. Jahrhundert und wurde von Rittern des Johanniterordens als Pilgerhospiz gegründet. Älter als das Dorf selbst ist eine ab dem 10./11. Jahrhundert auf römischen Fundamenten errichtete 20-bogige Brücke über den Rio Orbigo. Berühmt wurde die Brücke durch den Lanzenkampf des Ritters Suero de Quinones. Im Heiligen Jahr 1434 gelobte der Edelmann, 15 Tage vor und nach dem 25. Juli, also dem Tag Santiagos, mit neun Genossen gegen jeden über die Brücke kommenden Ritter zu kämpfen. Durch die edle Tat wollte er sich von einer Halsfessel befreien, die er jeden Donnerstag als Zeichen seiner unglücklichen Liebe für eine Edeldame anlegte. Don Suero und seine wackeren Freunde besiegten der Legende nach 166 Ritter. So konnte er sich von seiner Liebesfessel befreien.
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  • Day 4

    Hospita Orbigo nach Astorga

    September 27, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 7 °C

    Nach einer guten Nacht geht es heute weiter bis nach Astorga. Im Vergleich zu gestern stehen allerdings nicht 31 KM, sondern lediglich 18 KM mit rund 250 Höhenmetern auf dem Programm. Wir wählen wieder den Weg fernab der Autostraße. Wir treffen zahlreiche Pilger aus vielen Ländern und Kontinenten. Es ist ein fröhliches Hallo verbunden mit dem Wunsch "Buen Camino". Auch auf dieser Etappe können wir uns wieder mit Früchten vom Wegesrand stärken. Überrascht werden wir von einem von Pilgern für Pilger organisierten Picknick. Es gibt Früchte, Wurst, Käse, Getränke, Kuchen, Eier und noch vieles mehr. Gegen eine kleine Spende kann sich hier jeder bedienen. Die Atmosphäre ist herzlich und es bahnen sich interessante Gespräche zwischen den Pilgern an. Das letzte Stück nach Astorga gesellt sich ein Holländer zu uns. Wir gehen dieses Teilstück gemeinsam, tauschen unserer bisherigen Erfahrungen sowie Erwartungen an den Weg aus. Ich schätze diese - wenn auch nur kurzen - Begegnungen mit anderen Pilgern sehr.

    Astorga ist eine kleine sehenswerte Stadt am Rande der Berge von León. Sie ist eine der ältesten Städte der Region, die während der Herrschaft der Römer auf der iberischen Halbinsel als Asturica Augusta bekannt war. Zu dieser Zeit war Astorga der nördlichste Endpunkt der römischen Straße Via de la Plata, die von Mérida im Süden nach Astorga führte und deren gesamte Wegstrecke von 470 KM gepflastert war. Auch wir nutzen auf unserem heutigen Weg ein Teilstück dieser alten Römerstraße und spüren so ein bisschen den Hauch der Geschichte. Unsere Straßenbauer sollten sich einmal ein Beispiel nehmen an der Nachhaltigkeit des damaligen Straßenbaus.

    Unser Hotel liegt in Sichtweite zum Palacio Episcopal (Bischofspalast). Er wurde nach den Plänen des Katalanen Antoni Gaudi errichtet und beherbergt heute das Museo de los Caminos mit Ausstellungsstücken zur Geschichte des Jakobswegs. Morgen geht es weiter nach Foncebadón. Mal sehen, was uns auf diesem Weg erwartet.
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  • Day 5

    Astorga - Foncebadón

    September 28, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 13 °C

    Die Strecke von Astorga nach Foncebadón ist unspektakulär. Der Wanderweg führt entlang einer wenig befahrenen Straße.

    Im Vergleich zu unserer Pilgertour im Jahr 2008 hat sich Foncebadón sehr verändert. Der frühere Charme ist nach meinem Gefühl verloren gegangen. Damals war zu spüren, wie einige Wenige aus idealistischen Motiven heraus versuchten, das vergessene Bergdorf erneut aufzubauen und die verfallenen Häuser wieder durch viel Handarbeit instand zu setzen. Obwohl fließendes Wasser und Elektrizität teilweise noch fehlten, wurde Gastfreundschaft groß geschrieben. Heute gibt es eine Betonstraße sowie viele neu gebaute Herbergen. Foncebadón ist eine Beispiel für die Kommerzialisierung des Jakobsweges.Read more

  • Day 6

    Foncebadón - Molinaseca

    September 29, 2022 in Spain ⋅ ☁️ 15 °C

    Auf dieser Etappe überqueren wir den höchsten Punkt des Camino francés und können am Cruz de Ferro, symbolosiert durch einen Stein, eine Seelenlast ablegen. Danach geht es hinab nach Molinaseca und morgen geht es weiter in den Templerort Ponferrada.

    Heute steigt der Weg an bis zum höchsten Punkt des Caminos (1.515 m). Wir wandern bei starkem Regen und Windböen von 75 h/KM . Die Temperatur liegt bei 8 Grad. Dabei passieren wir das legendäre Cruz de Ferro, das einer der symbolträchtigsten Orte des Jakobsweges ist.
    Das eiserne Gipfelkreuz erhebt sich über einem gewaltigen Steinhaufen, zu dem seit Jahrhunderten Pilger Steine hinzufügen, die sie von zu Hause mitgebracht haben. Das Ablegen der Steine soll das Ablegen seelischer Lasten symbolisieren. Danach folgt ein langer und nicht ganz einfacher Abstieg nach Molinaseca. Viele glatt gelaufene Felsplatten und rutschige Steine pflastern den sehr steil verlaufenden Weg. Heute bei Regen ist er noch rutschiger und die Pilger helfen sich mit Menschenketten gegenseitig, die schwierigen Passagen zu überwinden. Liliana und ich verlassen auf einem Teilstück den markierten Weg und nutzen stattdessen die Straße. Uns kommt der eigentliche Weg auch vor dem Hintergrund der Wetterverhältnisse zu steil, rutschig und gefährlich vor.
    Trotz dieser vorsichtigen Herangehensweise kommt Liliana auf dem nassen Asphalt zu Fall. Sie stürzt böse und hat Schmerzen im Brustkorb. Sie glaubt, sich eine Rippe gebrochen zu haben. Sollte es ihr morgen nicht besser gehen, wird sie sich mit einem Taxi zu dem nächstgelegenen Pilgerkrankenhaus bringen lassen. Hoffen wir das Beste!
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  • Day 7

    Ponferrada

    September 30, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 9 °C

    Der heutige Morgen beginnt hektisch. Wir haben verschlafen. Ein Blick auf mein Handy sagt mir, dass wir bereits Viertel vor neun haben. Grundsätzlich kein Problem, aber unsere Rucksackabholung ist für 8:00 h vereinbart. Ich stürze noch im Schlafanzug mit sehr eilig in den Rucksack geworfenen Klamotten zwei Etage abwärts zur Rezeption. Dort ist jedoch niemand. Auch die Außentür ist verschlossen. Der Rucksack-Transportservice ist offensichtlich noch nicht hier gewesen. Schnell hole ich auch Lilianas Rucksack nach unten. Ich höre ein Auto vorfahren, den an der Eingangstür klopfenden Fahrer und sodann ein sich wieder entfernendes Auto. Hm, alles etwas seltsam. Als ich oben aus dem Fenster schaue, sehe ich den Wagen zurückkommen. Ich renne abermals die Treppe herunter und schließe die Tür auf. Und richtig, es ist unser Transportservice. Unsere Rucksäcke können also wie geplant zu unserer neuen Unterkunft auf den Weg gehen. Glück gehabt!
    Dennoch bleiben Fragen. Wo ist das Hotelpersonal? Wie sieht es mit dem von uns gebuchten Frühstück aus? Ich stoße auf einen Zettel an der Wand. Danach werden wir gebeten, uns in der Küche ein Frühstück selbst zusammenzustellen. Wenn das so gewollt ist, dann ans Werk!
    Das Frühstück bringt uns auf die Beine. Dennoch klagt Liliana, die eine unruhige Nacht hatte, über Schmerzen im Bereich des Oberbauchs. Zudem ist ihr Knie angeschwollen. Sie möchte aber unbedingt weiterlaufen. Tapfer, tapfer.
    Mir macht die Kälte heute morgen wenig aus. Ich freue mich, dass die Sonne scheint und dass der Regen von gestern sich verzogen hat. Meine Gedanken kreisen um vergangene Zeiten, insbesonderer um die letzten zwei bis drei Jahre, in denen ich einen unglaublichen Wandel durchgemacht habe. Einen Wandel, um den ich sehr froh bin. Die diesjährige Pilgerreise ist für mich kein Weg, um mich selbst zu finden. Er ist ein Weg, weil ich mich selbst gefunden habe! Mit dem Weg möchte ich alte Dinge entgültig loslassen. Frieden schließen mit dem, was sich nicht mehr ändern lässt. Loslassen von Dingen, die schwer gewogen haben, um die ich heute aber dankbar bin, sie erlebt zu haben. Alles, alles war sinnvoll. Ich wäre ohne das Erlebte nicht das oder die, die ich heute bin. Ich habe heute viele gute Momente. Jeden Tag treffe ich Gesichter, die mir schon etliche Male zugelächelt haben. Jeden Tag sehe ich in strahlende Augen. Wir haben alle das selbe Ziel. Wir gehen alle jeden Tag die selben Schritte, auf dem selben Weg. Wir schauen alle in die selbe Richtung und haben dieses unglaubliche Gemeinschaftsgefühl. #camino.
    In Ponferrada suchen wir nach dem Einchecken im Hotel zunächst einmal das städtische Gesundheitszentrum auf. Liliana lässt sich dort untersuchen. Alle sind sehr freundlich und sehr bemüht, ihr zu helfen. Sie geben ihr grünes Licht, den Weg fortzusetzen. Ihre Rippen sind zum Glück nur geprellt. Sie soll sich allerdings schonen 🙈🤷🏻‍♀️ Wir entscheiden deshalb, dass sie morgen einen Tag mit dem Wandern aussetzt und mit dem Bus zum nächsten Etappenziel fährt. Ich selbst werde alleine losziehen und freue mich auf 24 KM in Richtung Berge. Heute aber genießen wir erst einmal Ponferrada, den alten Templer-Stützpunkt auf dem Jakobsweg.
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  • Day 7

    Ponferrada

    September 30, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 19 °C

    Die Burg des Templerordens in Ponferrada ist ein erhabener Bau. Dort ist die Templer-Bibliothek mit dem Zentrum für historische Forschungen und Studien von Ponferrada mit knapp 1400 Bänden untergebracht, zu denen auch Faksimile-Bücher der Werke Leonardo Da Vincis zählen.
    Zunächst gab es eine iberische Burg und später eine römische Zitadelle. Zu Beginn des 12. Jh. nahmen die Templer die Festung ein und verstärkten und erweiterten sie, so dass sie als bewohnbarer Palast und zum Schutz der Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela diente. Der Bau hat einen unregelmäßig viereckigen Grundriss. Besonders hervorzuheben ist der Eingang, der über den Graben über eine Zugbrücke erfolgt, sowie weiter vorne die beiden Festungstürme mit Zinnen, die über einen Bogen miteinander verbunden sind. Die zwölf Originaltürme bildeten die Formen der Sternbilder nach.
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  • Day 8

    Villafranca del Bierzo

    October 1, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 6 °C

    Ich pilgere heute alleine, da Liliana einen "Bus-Tag" einlegt und in Ponferrada einen Friseur aufsuchen möchte. Ich habe einen guten Lauf und erreiche einen Durchschnitt von 5h/KM. Die Obstbäume am Wegesrand ignoriere ich und verzichte - anders als in den Vortagen mit Liliana - auf "Obst-to-go" aus fremden Gärten. Ich genieße die Weinbaulandschaft und schließe mich eine Zeit lang einem älteren Ehepaar aus den USA (Montana) an. Sie erzählen mir von ihren Langzeitwanderungen und Langstreckenradtouren durch Amerika mit Zelt und Kochgeschirr. Hier auf dem Jakobsweg schätzen sie die Infrastruktur mit der Möglichkeit, jeden Abend in einer Herberge übenachten zu können. Zudem sind sie - ebenso wie ich - von dem Spirit des Weges fasziniert. Im nächsten Jahr planen sie, sich erneut auf den Weg nach Santiago zu machen. Vielleicht sieht man sich dann ja wieder. :-)
    Für die restliche Tagesetappe ziehe ich mein Tempo nochmals an. Irgendwann habe ich alle Pilger überholt und weit hinter mir gelassen. Es ist nun hier sehr einsam und still. Nach rund fünf Stunden erreiche ich Villafranca. Am Ortseingang befindet sich die romanische Iglesia de Santiago aus dem 12. Jahrhundert. An einer Seite dieser Kirche stößt man auf die Pforte der Vergebung, wo früher erkrankte Pilger, die ihren Weg nicht bis Santiago de Compostela fortsetzen konnten, einen Sünden-Ablass erhielten. Das größte zivile Gebäude ist das Castillo Palacio de Los Marqueses, ein Burgpalast der Markgrafen von Villafranca. Wappen und Schilde der verschiedenen Adelsverbindungen der Markgrafen zieren das Gebäude.
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  • Day 9

    Grüne Maronen kann man essen

    October 2, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 9 °C

    Heute gönne ich mir ein ausgiebiges Frühstück und nehme mir hierfür viel Zeit. Es ist schließlich Sonntag. Der Weg, den ich heute gehen möchte, ist eine Alternative zum Jakobsweg Villafranca-O Cebreiro. Er nennt sich Camino duro, der harte Weg. Im Mittelalter wurde er vor allem in Zeiten genutzt, in denen die Route durch das Tal wegen der oft Hochwasser führenden Flüsse unpassierbar war. Der Name macht der Etappe alle Ehre. Schon der erste Anstieg ist eine enorme Herausforderung. Kurz überlege ich, ob es sinnvoll ist, auf allen Vieren hinauf zu kraxeln. Letztlich helfen mir meine Stöcke, die Steigungen zu meistern. Ich gewinne schnell an Höhe und werde immer wieder mit tollen Aussichten belohnt. Lange Zeit bin ich hier oben ganz alleine unterwegs. Aber an den Spuren kann ich erkennen, dass kurz vor mir schon jemand diesen Weg gewählt hat. Aufkommende Gedanken an Wildschweine, Schlangen und wilde Hunde versuche ich zu verdrängen. Ich frage mich, ob hier auch Bären anzutreffen sind. Ich erinnere mich an ein Hotel und eine Bar im Dorf mit dem Namen "Al Oso", also "Zum Bären". In einem Zwiegespräch überzeuge ich mich selbst, dass diese Namensgebungen lediglich mit lang vergangenen Zeiten zusammenhängen.
    Der Weg ist mit gelben Pfeilen recht gut markiert. Dennoch ist etwas Orientierungssinn erforderlich. Man spürt, dass diese Wegvariante nicht mehr ganz so gut gepflegt wird. Nach einer Weile erreiche ich einen Esskastanienwald. Ich treffe auf Einheimische, die die nächste Maronen-Ernte vorbereiten. Sie grüßen freundlich und wünschen einen guten Weg. Gedankenverloren laufe ich weiter und muss schon bald feststellen, dass der Weg abrupt endet. Ich gehe ein Stück zurück, um nachzuschauen, ob ich eine Abzweigung verpasst habe. Ich finde einen abzweigenden Pfad, der aber weder mit einem gelben Pfeil noch mit einer Muschel gekennzeichnet ist. Auch mein Handy-Navi hilft mir an dieser Stelle nicht weiter. Ein älterer Herr kommt auf mich zu und spricht mich an. Obwohl er kein Deutsch und ich kein Spanisch spreche, kommt es zu einer kleinen Unterhaltung. Er gibt mir zu verstehen, dass hier früher viele Pilger durchgezogen seien. Heute wählten die Pilger meist jedoch die bequemere und die schneller zum nächsten Etappenziel führende Talroute. Er hilft meiner Orientierung auf die Sprünge, so dass ich ich dem Camino duro weiter folgen kann.
    Vorher führt er mich jedoch in die Geheimnisse der Maronen ein. Er zeigt mir, wie man grüne Kastanien schält. Es müssen genau drei Schalen entfernt werden, dann kann man sie essen. Er versichert, dass sie im grünen Zustand aufgrund ihrer wertvollen Inhaltsstoffen besonders gesund seien. Wir schälen eine Zeit lang gemeinsam die Maronen und verzehren sie sogleich. Dann beginnt er wieder mit einem Gemisch aus Spanisch, Italienisch und Englisch zu erzählen. Danach habe man zeitweise nur braune Maronen geerntet. Man habe sich jetzt aber wieder an Rezepte der Großeltern erinnert und verwende grüne Maronen zum Backen von Brot und zur Zubereitung von süßen und herzhaften Speisen. Wir verabschieden uns, nicht ohne dass er mir noch eine Wegzehrung von geschälten Maronen mitgibt.
    In meinem Hotel angekommen, treffe ich leider Liliana nicht an. Sie wollte die Strecke mit dem Taxi zurücklegen. Ich gehe auf mein Zimmer, dusche, wasche meine Wäsche und mache mich stadtfein. Telefonisch erfahre ich von Liliana, dass sie kein Taxi bekommen hat und deshalb zu Fuß auf der Talroute unterwegs ist. Ich entscheide kurzerhand, ihr entgegen zu gehen. So komme auch ich noch in den "Genuss" der heute gängigen Wegvariante durch das Tal. Lustig sind die Gesichter der entgegen kommenden Pilger. So mancher fragt mich, ob ich noch in die richtige Richtung laufe. Ich sage nein, aber manchmal muss man eben auch mal gegen den Strom schwimmen.
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