Südost Asien 23

July - November 2023
A 120-day adventure by Björn & Selina Read more
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  • Day 14

    Kuching extended

    August 6, 2023 in Malaysia ⋅ ☀️ 30 °C

    Leider konnten wir nach den zwei Nächten in Kuching nicht weiter mit dem Bus in den Norden reisen wie geplant, weshalb wir entschieden noch ein paar Nächte in Kuching zu bleiben. Gründe für die Planänderung gab es viele:
    - Es gibt keine durchgehende Busverbindung nach Kota Kinabalu
    - Den Mulu Nationalpark erreicht man nur per Flugzeug oder nach mehrtägiger Bootstour
    - Auf dem Weg nch Kota Kinabalu gibt es angeblich kaum Sehenswürdigkeiten

    Da in und um Kuching die interessanteste Umgebung zu sein schien suchten wir nach Attraktionen in der Umgebung. Das Angebot war relativ homogen und beinhaltete hauptsächlich das Beobachten von irgendwelchen Primaten. Sei es den Orang-Utans, was übersetzt "Dschungelmensch" bedeutet, bei der Fütterung zuzusehen oder ein paar Menschen (Orang ohne Utan) dabei zu beobachten wie sie in Ballenberg-Atmosphäre einige traditionelle Tänze aufführten. Kuching bot abgesehen davon eine Reihe interessanter Museen welche zeigten was diverse Primaten vor uns so angestellt hatten.

    Nichts gegen Zoo, Museum oder Ballenberg aber uns war mehr nach etwas abenteuerlichem. Wir hörten in unserem Hostel von einem Ort in den Bergen an der Grenze zu Indonesien wo man übernachten, wandern und traumhafte Sonnenaufgänge beobachten könne. Das war genau nach unserem Geschmack und so buchten wir gleich zwei Nächte. Wir waren voller Begeisterung!

    Am 6. August wurden wir, mit einer Stunde Verspätung um 12 Uhr von einem Pick-up abgeholt. Wir wurden direkt mit einer filmenden Handykamera begrüsst. Der Mann der uns filmte trug eine Brille und war geschätzt etwa 40 Jahre jung. In Kuching luden wir noch eine junge sympathische Holländerin namens Naomi auf und machten uns anschliessend auf den 2 stündigen Weg in die Berge.

    Angekommen im Dörfchen "Kapung Sapit" fanden wir uns wieder in einer idyllischen Berglandschaft. Die Häuser hier waren fast alle auf Plateaus aus Bambusstelzen gebaut. Nebst dem Plastikabfall, der auch diese Biosphäre erobert zu haben scheint, waren die kleinen Siedlungen ganz niedlich. Unser Campingplatz war ebenfalls auf einem Bambusplateau.

    In der Weite sahen wir eine grosse Rauchwolke aufsteigen und wir hörten laute Knalle wie kleine Explosionen. Unser Fahrer und Organisator, wie wir inzwischen wussten, erklärte dsss die lokalen Bauern so von Zeit zu Zeit wieder Land rodeten um etwas anzubauen. Die Explosionen seien Bambusrohre, in deren Inneren sich die Luft erhitze was sie zum bersten bringe. Das Abbrennen vom Wald zur landwirtschaftlichen Nutzung ist eine uralte Praxis. Wie schön dass wir diese neusteinzeitlichen Methoden hier noch hautnah miterleben durften - wohl fast wie auf dem Ballenberg.

    Nachdem wir unser Zelt einrichteten war es Zeit den Tag noch etwas zu nutzen. Wir fragten unseren "Organisatioren", der uns sporadisch immer wieder fotografierte, ob wir noch irgendwo Wandern gehen konnten oder sonst etwas unternehmen konnten. Wandern? Oh nein, das gehe nicht, dazu bräuchten wir einen lokalen Guide. Aber er könnte uns zu einem Wasserfall bringen wo wir noch ein wenig schwimmen konnten - er müsse nur noch kurz etwas erledigen. Was für unseren Guide "kurz" bedeutete, hiess für Naomi und uns nochmals 2 Stunden auf Bambusplateaus zu warten. Der Wasserfall war dann auch eher ein gemütliches Bächlein welches über ein paar Steine hinabplätscherte, wobei Schwimmen hier wohl als Trockenübung verstanden wurde. Dabei wurden wir bei dem sehr feuchten und weniger fröhlichen Vergnügen ungebremst von Stechmücken heimgesucht. Unser Organisator war währenddessen damit beschäftigt weitere Gäste ins Bergdorf zu bringen und wir waren somit für ca. 1.5 Stunden "versorgt".

    Selina und ich waren nicht mehr so begeistert von dem "Abenteuer". Wir verbrachten den Tag weitestgehend damit "kurz" zu warten. Obwohl Naomi die Wartezeit enorm aufwertete und die Aussicht wunderschön war, konnten wir uns nicht vorstellen zwei Nächte hier zu verbringen.

    Beim Nachtessen sprachen wir unseren Organisatoren nochmals auf eine mögliche Wanderung an, doch dieser vertröstete uns mehrmals und versprach uns die Sache später zu diskutieren. Das Essen der lokalen Familie war relativ gut, wobei wir noch ein paar Mal mehr oder weniger unbewusst als Sujet für die Facebook Werbung von unserem Organisatoren dienten. Die weiteren, vorwiegend lokalen Gäste schien dies nicht zu stören. Sie tanzten und sangen ausgiebig den restlichen Abend, während eine Spanierin die gerade als Influenzerin durchstarten wollte das Rampenlicht und die aufmerksame Kamera genoss.

    Mir und Selina wurde das Treiben etwad zu bunt. Wir teilten unserem Organisatoren noch mit dass wir unseren Aufenthalt verkürzen würden, worauf dieser eine Mine machte als hätte man einem Kleinkind die Zuckerwatte gestohlen. Anschliessend gingen wir zu Bett.

    Nachdem wir am nächsten Morgen nochmals 1 Stunde auf einen Guide für eine halbstündige Wanderung warteten wurden wir mit 2 Stunden Verspätung wieder abgeholt und nach Kuching gebracht.

    Genug von Abenteuern, Wanderungen, Wasserfällen und der Warterei genossen wir dort noch 1.5 traumhafte Tage in Museen, botanischen Gärten, beim Karaokesingen mit Naomi und bei interessanten Gesprächen mit dem Rezeptionisten der Warerfront Lodge, wo wir noch eine Nacht verbrachten. Dabei erfuhren wir auch dass viele Leute im Bundesstaat Sarawak die Unabhängigkeit von Malaysien wünschen. Gemessen an den vielen kleinen und grossen Sarawak Fahnen die ganz Kuching schmücken ist es nicht weit zur Unabhängigkeit, doch ob dies ausreicht und eine Spaltung sinnvoll ist bei den geopolitischen Ambitionen des Nachbarn China wird sich zeigen.
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  • Day 16

    Kota Kinabalu & Mount Kinabalu

    August 8, 2023 in Malaysia ⋅ ☀️ 22 °C

    Gemäss diversen Quellen im Internet sind die National Parks im malaysischen Borneo die Besten Anlaufstellen um Wildtiere zusehen. Zuoberst auf dieser Liste befinden sich der Bako Nationalpark, der Mulu Nationalpark und der Mount Kinabalu Nationalpark, welcher ebenfalls den höchsten Berg von Borneo beheimatet. Da wir den Bako Nationalpark bereits in Kuching besuchten und der Mulu Nationalpark, welcher vor allem für seine Höhlen bekannt ist und leider nur per Flugzeug zu erreichen ist entschieden wir uns den Mount Kinabalu Nationalpark zu besuchen.

    Dazu verbrachten wir zwei Nächte in Kota Kinabalu, der Hauptstadt von Sabah, dem nördlichen Teil des malaysischen Borneos um am Morgen des 10. Augusts auf den Bus zum Mount Kinabalu Park zu hüpfen. Wir beabsichtigten dort ein paar Tage zu verbringen und allenfalls sogar dort zu campieren. Den Tag in Kota Kinabalu wollen wir nutzen um unsere weitere Reise in Borneo noch etwas zu planen bevor wir am 17. August nach Indonesien gehen würden.

    Wir kamen am Abend des 8. August in Kota Kinabalu an und hatten somit einen ganzen Tag Zeit um uns zu schlau zu machen was es im Norden Borneos noch zu erleben gibt. Wie es der Zufall so wollte trafen wir gleich am Morgen früh beim Frühstück im Hostel auf ein französisches Pärchen welches sich mit einer Touristin von Kuala Lumpur über die besten Attraktionen in Borneo unterhielt. Es stellte sich heraus, dass das Pärchen den letzten Tag in Borneo genoss und zuvor mehrere Wochen die Insel bereiste. Welch ein Glück für uns, wir suchten sofort den Kontakt zu den beiden Parisern und quetschten mit ganz viel holzigem Schweizer Charme die Informationen aus den beiden heraus wie das Extra Vergine aus frischen Oliven. Die beiden waren ganz nett und sehr sympathisch. Beide bereisten Südostasien für mehrere Monate und waren kurz davor nach Frankreich zurückzukehren um wieder einer anständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, etwas was uns ebenfalls mal noch bevorstehen würde.

    Wir verbrachten den ganzen Tag mit den beiden, erkundeten zusammen die Inseln vor der Küste von Kota Kinabalu und lernten uns gegenseitig etwas besser kennen. Sie würde eine neue Stelle in der Marketingabteilung einer luxuriöse Rum Distillerie starten. Nunja, vielleicht nicht die anständigste Erwerbstätigkeit, aber sie könnte theoretisch auch Tabakwerbung für Minderjährige machen oder die nächste Werbekampagne der Fischer Bettwarenfabrik lancieren, was der Menschheit wohl mehr schaden würde. Ihr Partner hingegen würde nach der Reise wieder in seiner eigenen Metzgerei arbeiten welche er mit einem Kollegen führt. Der 34-jährige Franzose hatte seine Arbeit als Data Analyst in einem internationalen Konzern hingeschmissen und sich einem Handwerk gewidmet das ihn mehr erfüllte als die Arbeit im Büro. Ich fand seine Geschichte äusserst inspirierend und bewundere den Mut und das Risiko welches der junge Franzose auf sich genommen haben muss einen solchen Schritt zu wagen. Wir hatten auch einige sehr interessante Gespräche über Gott und die Welt, Französische Politik, Kriminalität in den Banlieues oder das Steuerparadies Schweiz. Natürlich erhielten wir auch noch einige weitere Tipps für unsere Borneoreise welche wir in den darauffolgenden Tagen umsetzten.

    Unsere finale Reiseroute führte uns zum Mount Kinabalu Park und von dort aus nach Sepilok, einer Futterstation für Orang-Utans und schliesslich zum Kinabatangan River, ein Wildtierreservat welches auf einer Breite von wenigen hundert Metern einem langen Flusslauf folgt. Unsere Eindrücke kurz zusammengefasst war der Mt Kinabalu Park ein Reinfall, Sepilok eine überschaubare Futterkrippe für Wildtiere und der Kinabatangan River eine echte Perle. Im Detail heisst dies für die drei Destinationen:

    Mt Kinabalu Park
    Der Mt Kinabalu Park ist ein Nationalpark welcher sich mehrere dutzend Quadratkilometer rund um den 4400 Meter hohen Mount Kinabalu erstreckt. Wie wir bereits wussten gab es die Besteigung des Berges nur im Pauschalreiseangebot im Himalaya Trekking Format mit Übernachtung, Verpflegung und Guide für knapp CHF 300 pro Person - inklusive Parkgebühren die etwa das Fünffache von dem war was Einheimische bezahlten. Dabei ist zu bedenken, dass man den Berg ohne grössere Alpine Kenntnisse bestiegen kann, also ohne Kletterei oder Gletscherüberquerung. Nunja, andere Länder andere Sitten. Darauf hatten wir uns eingestellt. Trotzdem hatten wir gehofft, dass wir uns wenigstens ein wenig im Park bewegen könnten und einige längere Wanderungen unternehmen könnten. Doch das war uns leider nicht vergönnt. Der Park startet auf einer Höhe von 1500 MüM und endet für den Otto Normalverbraucher bereits auf 1800 MüM. Die Wanderungen auf diesen 300 Höhemeter sind überschaubar und befinden sich Umkreis von wenigen hundert Metern der Hauptstrasse, auf welcher die bezahlenden Touristen hoch und runtergekesselt werden. Wir erkundigten uns nach einem Tagespass der das Begehen des restlichen Parks ermöglichte, doch ein solcher Tagespass wurde anscheinend abgeschafft. Für uns hiess dies, dass wir uns mit einem kleinen Dschungeltrekking auf 300 Höhenmetern bespassten um designiert wieder in unser Hotel zurückzukehren.

    Sepilok
    Dieser Ort ist bekannt für zwei Programme die bedrohten Tierarten ein halbwegs naturnahes Leben ermöglichen sollten. Dabei werden bei den Programmen zwei Mal täglich Orang-Utans oder Malaienbären gefüttert. Finanziert werden die beiden Programme hauptsächlich durch Fördergelder und die Einnahmen der Touristen die für den Zutritt während der Fütterung bezahlen und zusätzlich pro Kamera einen Batzen abdrücken. So drängen sich zu den Fütterungszeiten einige dutzend Touristen auf wenigen Quadratmetern um in bester Pose vor einem Affen oder einem Bären zu stehen.

    Kinabatangan River
    Wir schliefen zwei Nächte bei einer Familie die in einfachsten Verhältnissen am Fluss lebt. Der Ort findet sich auf Google Maps unter Sukau Menanggul Homestay, ein unglaublicher Geheimtipp welchen wir vom französischen Pärchen erhielten. Der Vater der Familie organisierte dabei mehrere Bootstouren auf dem Fluss für die Besucher, während sich die Mutter und eine Tante um das leibliche Wohl der Touristen kümmerten. Zusätzlich tobten am Abend und am Wochenende eine handvoll Kinder im Haus, wobei diese die Touristen auf Trab hielten. Die Atmosphäre war sehr angenehm und man hatte einen guten, wenn auch nicht überaus komfortablen Einblick in das Leben der Einheimischen hier. Das Beste waren die Bootstouren. Wir sahen hunderte von Nasenaffen, unzählige Leguane und Echsen, viele Paradiesvögel, darunter die sogenannten "rinoceross hornbills" und auch Krokodile. Leider haben wir die Elefanten die hier durch die Gegend trampeln nicht entdeckt, trotzdem waren die Touren ein unvergessliches Erlebnis für uns.
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  • Day 23

    Busfahrt Mile 32 (Sandakan) - KK

    August 15, 2023 in Malaysia ⋅ ☁️ 27 °C

    Der Bus ist, neben dem hier weitverbreiteten PW, das wohl beliebteste Fortbewegungsmittel der Einheimischen in Borneo. Auf den langen, holprigen Busfahrten, eingequetscht in engen Sitzreihen auf Strassen mit Schlaglöchern vergleichbar mit einem Emmentaler Käse kann man sich die Zeit mit schlafen, lesen oder Katzenvideos vertreiben. Selina widmete sich heute jedoch dem Kampf gegen die Übelkeit. Bei dieser Paradedisziplin auf Südostasienreisen ist der andauernde Zweifrontenkrieg gegen Durchfall und Erbrechen ganz Zentral. Ein Nachgeben hat in jedem Fall fatale Folgen für einen selbst sowie die benachbarten Mitreisenden.

    Nun während die arme Selina sich mit dieser Zerreissprobe abmühen musste schwelge ich in Gedanken zu unserer Reise. Auf einer verkrampften Pobacke balancierend, eingequetscht zwischen Vordersitz und breitbeinig sitzenden einheimischen denke ich an die Erlebnisse und Abenteuer die wir bis jetzt genossen. Die schönen Landschaften und wilden Tiere, die wärmenden Sonnenstrahlen am Strand und die unglaubliche Unterwasserwelt oder die vielen netten Leute die uns täglich begegnen bleiben mir besonders gut in Erinnerung.

    Als sich der beissende Geruch aus der Bustoilette in meiner Nase ausbreitet nachdem sich wieder ein Mitreisender erlöste, war es dann aber vorbei mit den idyllischen Erinnerungen. Ich merke dass ich bereits diverse Dinge in Malaysien langsam gesehen habe. Beispielsweise die knappe Auswahl an gesunden & frischen Mahlzeiten und Snacks in vielen Restaurants und Supermärkten, die oft unhygienischen und mangelhaften sanitären Einrichtungen oder der gewissenhafte Umgang mit Abfall und der Umwelt im allgemeinen.

    Als wir dann wieder am Mt Kinabalu Park Headquarter vorbeifahren erinnere ich mich an das etwas unglückliche Wandererlebnis hier auf Borneo. Eine einfache Wanderung über 13km & 2500HM ist nur als Pauschaltour möglich welches zehn mal mehr kostet als eine sechs stündige Busfahrt oder inetwa gleich viel wie unser gesamter 9 tägige Aufenthalt in Tioman. Abgesehen davon finde ich jedoch vor allem stossend dass eine einfache körperliche Betätigungen wie Wandern nur unter Aufsicht & Auflagen möglich ist und keinerlei persönliche Freiheit in der Ausübung dieser Tätigkeiten besteht. Andere Hobbies welchen ich in der Schweiz gerne fröhne sind hier gewissermaßen unbekannt weil die Infrastruktur nicht im geringsten darauf ausgelegt ist. So würde bspw. eine Radtour auf Borneos Straßen einem Selbstmordkommando gleichkommen, während eine Lungenvergiftung wohl der Mindesteinsatz für eine Jogging Runde in Kota Kinabalu sein muss. Ich denke dass sich malaysiens Regierung gut daran täte ihre Petro Dollars in die Förderung von Sport und Gesundheit der Bevölkerung zu investieren anstelle in die Subvention von fossilen Brennstoffen.

    Nunja, in solchen Momenten verspühre ich den Hauch einer Träne in meinen Augen und ein flaues leichtes Heimweh macht sich breit. Auf den Karten von swisstopo "fliege" ich dann über meine Schweizer Lieblingsberge oder schaue mir auf Google Maps Bilder mit der Aussicht vom Buochserhorn an. Heimweh gehört bei mir offensichtlich dazu beim Reisen. Für mich ist es aber noch lange kein Zeichen um nachhause zu kehren. Es bestätigt mir nur dass ich die Schweiz enorm schätze und ich bin dankbar in diesem Paradies leben zu dürfen.
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  • Day 25

    Makassar - Bira

    August 17, 2023 in Indonesia ⋅ ☀️ 29 °C

    Nach drei Wochen in Malaysien war es Zeit weiterzuziehen. Uns zog es weiter auf eine Insel deren Namen wohl die meisten Leute eher dem afrikanischen Kontinent zuordnen würden, auf Sulawesi. So liessen wir den Dschungel, die Palmölplantagen, die Nasenaffen und die subventionierten Zapfsäulen hinter uns und reisten auf die indonesische Nachbarinsel.

    Wir kamen ca. um 11 Uhr am Flughafen Sultan Hassanuddhin in Makassar, der zweitgrössten Stadt Sulawesis an. Bevor wir an unser Gepäck gelassen wurden mussten wir durch die Mühlen der Imigrationsbehörde, wo uns einige Officers der Behörde empfingen. Die Uniformen der Officers waren bunt geschmückt mit Abzeichen und Medallien als wären sie Tannenbäume zur Weihnachtszeit. Nachdem wir 10 Minuten warteten, durfte ich einem der ehrenwerten Herren endlich meinen Pass überreichen. Dieser schaute das rote Büchlein mit einem grimmigem Blick an als wäre es seine Gehaltsabrechnung. Er fragte nach dem Visa für die Einreise, worauf wir antworteten dass wir Indonesien nur 30 Tage bereisen würden und daher gleich hier ein Visa on arrival kaufen würden. Obwohl an unserem Schalter vermerkt war "Visa on Arrival" schickte der Beamte uns weg und meinte das Visa sei am anderen Schalter einzuholen. Ich benötigte zuerst einige Augenblicke um zu verstehen, dass dieser Schalter ein ca. 50 quadratcentimeter grosses Loch in der Wand zu unserer Linken war. Mit sechs anderen Touristen, die wohl in die gleiche Fallle tappten und alles beobachteten, verliessen wir die Schlange. Das Visa im Gegenwert von USD 30 erhielten wir dank der großzügigen Wechselkurse für 35 US Dollar. Anschliessend durften wir nochmals zu den Beamten um nach 30 Minuten Schlangestehen endlich unser Gepäck entgegenzunehmen. Nach weiteren 30 Minuten beim Ausfüllen und Überprüfen der Zolldokumente landeten wir in einer Ankunftshalle wo wir von Taxifahrern umzingelt wurden. Da wir jedoch bereits wieder ein "Grab" bestellt hatten, bahnten wir uns händeringend durch die Menge hin zu unserem Pick-up. Von dort ging es ca. 1 Stunde durch die Stadt Makassar zur Busstation von wo wir auf einen öffentlichen Bus nach Bira, dem südlichsten Punkt des südwestlichen Arms von Sulawesi umsteigen würden.

    Als uns der Grabfahrer inmitten der Stadt bei einem schäbigen Gebäude mit sandigem Vorhof auslud, waren wir nicht sicher ob wir am richtigen Ort waren, denn es war nirgendwo ein Bus zu sehen und auch keine Haltestelle oder sonst etwas was auf einen funktionierenden öffentlichen Verkehr hindeutete. Als Minuten später etwa fünf Einheimische mit mangelnder Zahnpflege auf uns einredeten und uns ihre Fantasiepreise für einen Transfer nach Bira um die Ohren schlugen wussten wir, dass wir am richtigen Ort waren. In einer längeren Diskussion, bei welcher drei der fünf Bieter davonliefen, schafften wir es den Preis von 1.2 Mio Rupien auf 300'000 Rupien zu bringen, also ca. CHF 18, was sich als sehr guter Preis herausstellen würde.

    So stiegen wir in einen Toyota mit 7 Plätzen ein, wo wir auf den beiden hintersten Sitzen Platz eingequetscht wurden wie in einer Sardinendose. Auf den drei geräumigen Sitzen vor uns nahmen zwei ältere Damen platz, die wohl doppelt so viel Platz hatten wie nötig - Alter vor Schönheit.

    Obwohl unser Chauffeur sich auf diesen Strassen konzentrieren musste wie ein Formel 1 Fahrer im GP von Monaco, hatte er genügend Kapazität um sich ausgiebig mit den beiden älteren Damen vor uns zu unterhalten. Dabei führte er einen ziemlich intensiven Monolog welcher vor allem durch sein eigenes schallendes Lachen unterbrochen wurde. Die Strassen waren relativ holprig und mein Kopf schlug in regelmässigem Abstand gegen das Dach des Toyotas, als wäre er eine der Jalousien an einer Altbauwohnung wenn es stürmt.

    Ich habe mich Gott noch nie so nahe gefühlt wie auf den Strassen von Sulawesi. Mit 100 km/h auf der Gegenspuhr im Kollisionskurs mit einem Lastwagen schlägt wohl bei jedem das Herz höher, aber nicht bei unserem Fahrer. Auch Verkehrsregeln gibt es in Sulawesi wohl keine. Die Mittelspur scheint die gängige Fahrbahn zu sein bis ein stärkeres Fahrzeug die Position streitig macht. Ich hatte auch das Gefühl, dass bei den Fahrzeugen die Bremse durch eine Hupe ersetzt wurde, sodass sich die Manöverierfähigkeit auf ausweichen und hupen konzentrierte. Da Ruhezeit für die Fahrer hier ein Fremdwort ist, gibt es anscheinend einige Chauffeure die mit Aufputschmittel ihre Konzentration etwas optimieren. Die Arbeitsbedingungen für die Fahrer hier sind in meinen Augen vergleichbar mit dem Alltag im Investmentbanking - hohes Risiko, zwischendurch etwas die Nase pudern und hin und wieder ein kleiner Crash - vielleicht gibt es ja bei der Credit Suisse einige interessierte Quereinsteiger?

    Nach 6 Stunden Achterbahnfahrt und Herzrasen kamen wir im Dunkeln bei den Bara Coco Bungalows in Bira an. Unsere Gastgeber bereiteten uns noch ein leckeres Nachtessen zu und wir konnten uns anschliessend in unserem wunderbaren Bungalow ausruhen.
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  • Day 35

    Bira

    August 27, 2023 in Indonesia ⋅ ☀️ 29 °C

    Am Morgen nach unserer Ankunft in Bira realisierten wir, an welch traumhaften Flecken Erden wir angelangt sind. Durch die Palmen vor unserem Bungalow sahen wir auf einen türkisblauen Sandstrand und dahinter das weite dunkelblaue Meer.

    Die Bungalow Anlage von Bara Coco war erstklassig. Wir übernachteten 10 Nächte in einem der 6 Bungalows zum Preis von ca. CHF 16 pro Nacht & Person inklusive Fühstück. Die Anlage war ruhig, relativ abgelegen (1km zum Tauchcenter und 2.5km zum Mini Market). Das Personal sprach zwar nur "little, little" Englisch, war aber äusserst zuvorkommend und hilfsbereit.

    Bett 10/10, Dusche 9/10, Klimaanlage 8/10, Aussicht 10/10, Lage 8/10, Frühstück 8/10, Personal 10/10.
    Banana Milkshake Rating 10/10

    Wir verbrachten unsere Zeit in Bira vor allem mit Tauchen. Neben den Fischen gab es auch nicht so viel zu sehen; ein traditionelles Bootbauunternehmen und das felsige Südkap waren bereits die Highlights an Land. Unsere Tauchgänge machten wir beim Tauchcenter von Blue Planet, wobei es sich um eine Kombination aus Tauchschule und Ocean Research Center handelte. Wir wurden zwar nie richtig schlau daraus, was genau die Funktion der Hobbybiologen vom Research Center war. Denn in ihrem schlabberhosen Look sahen sie eher aus wie die Höhlen Hippies von La Gomera und nebst Fischchen zählen brillierten sie vor allem im Bierchen kippen. Doch die Atmosphäre war gut und die Leute waren umgänglich.

    Die Unterwasserwelt war atemberaubend, in nur einem Tauchgang konnte man riesige Thunfische, Riffhaie und fast ein dutzend Schildkröten beobachten. Auch sonst war die Unterwasserwelt in sehr gutem Zustand und es hatte viele Fische und sehr schöne Korallen. Dies obwohl einige lokale Fischer höchst fragwürdige Fangmethoden praktizierten. So erzählten unsere Tauchguides dass immer wieder Dynamit oder Phosphor eingesetzt würde um die armen Fischchen zu sprengen oder zu vergiften. Wie gut dann ein solcher Spreng-Fisch schmeckt ist eine andere Frage.

    Gemäss den Erzählungen unserer Dive Guides lässt sich leider nicht viel dagegen unternehmen, da die entsprechenden Fischer entweder Teil eines Clans sind oder verwandt mit den lokalen Behörden. Würde man als Taucher das Fischernetz im Naturschutzgebiet durchschneiden, könnte es durchaus sein dass die nächste Runde Dynamitfischen in der Tauchbasis stattfinden würde. Derselbe Filz, oder sogar die Polizei selber, betreibt Karaoke Bars am Rande des Dorfs in welchen illegal Prostitution angeboten wird.

    Auch ganz interessant in dieser Hinsicht war eine Erzählung des Besitzers unserer Bungalow Anlage, ein Belgier namens Jan. Er erklärte dass die Regierung einst eine Wasserleitung zu seinen Bungalows errichtete. Da dies jedoch nicht im Interesse der lokalen Wasserversorgungsunternehmer war, welche täglich mit Pick-ups und Wassertanks die Bungalows belieferten, schnitten diese kurzerhand die Leitung durch um ihr Geschäftsmodell am Leben zu erhalten. Damit das Wasser trotzdem sicher zu den Bungalows kommt, wurde dann wenigstens die Strassen asphaltiert. Diese paradoxe Infrastrukturentwicklung kam mir aber relativ gelegen, denn so konnte ich endlich wiedermal einige gute Joggingrunden absolviere. ☺

    Wir genossen unsere 10 Tage in Bira ausserordentlich, das Einzige was etwas störte waren die einheimischen Stadtbewohner die über das Wochenende den Strand heimsuchten. Bereits um 7 Uhr morgens wurden wir von fürchterlichem Karaoke Gesang geweckt. Später, ab 10 Uhr ging es für die meist jugendlichen Gäste weiter ab aufs Banana Boot. Sie hüpften auf dem Gummischlauch über das Wasser und kicherten dabei in einer Tonlage als hätten sie die Lungen voll Helium. Mir kam es jeweils vor als hätte man eine Horde Minions am Strand ausgeladen - immerhin waren sie immer friedlich und gut gelaunt. Was aber am meisten auf den Wecker ging war, dass man ständig gedrängt wurde für eine Fotosession mit den Einheimischen zu posieren und wenn man ablehnte wurde man einfach heimlich abgelichtet. Dies führte dazu dass wir am Wochenende kaum Zeit am Strand verbrachten. Ansonsten war unsere Zeit in Bira wirklich traumhaft.
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  • Day 36

    Makassar - Flores / Maumere

    August 28, 2023 in Indonesia ⋅ ⛅ 28 °C

    Die Reisepläne bis und mit Bira waren für uns bereits in der Schweiz relativ fix. Ebenfalls stand fest, dass wir nach 30 Tagen Indonesien visabedingt wieder verlassen würden. Für die Zeit nach Bira überlegten wir uns die Nordküste der Inseln Flores bis Java mit einem Segelschiff zu bereisen. Wir waren schon längere Zeit in Kontakt mit einer Familie die von Fidji bis nach Italien segelt und kurz vor unserer Abreise nach Bira wurde klar dass wir in Flores auf das Schiff aufspringen könnten. Die Idee war ab dem 28. August 10 - 14 Tage auf dem Schiff von Maumere bis Komodo zu reisen. Die Freude, dass wir auf das Schiff konnten und dass alles so nahtlos klappen würde war riesig.

    So fuhren wir am 27. August von Bira wieder zurück nach Makassar, wo wir eine Nacht in einem richtig schäbigen Motel nahe beim Flughafen verbrachten um am nächsten Tag nach Maumere zu fliegen. Wir überlegten uns auch eine Fähre zu nehmen, welche in etwas mehr als 24h die Floressee überquert. Da die wöchentliche Fähre jedoch erst am 30. August in Maumere ankam wären wir zu spät in Maumere für das Segelschiff.

    Im islamisch geprägten Makassar passierte nicht viel spektakuläres. Wir waren in einem Einkaufszentrum wo Selina in ihren kurzen Hosen eine Zuschauerquote erzielte von welcher die meisten SRF Sendungen nur träumen können. Paradoxerweise war die Fassade des Einkaufzentrums mit mehr Engeln dekoriert als der Petersdom in Rom. Und im Kaffee welchen ich mir im Flughafen gönnte, entpupte sich der vermeintliche Kaffeesatz der sich an meinen Lippen staute als Kakerlake die sich zuvor in der Brühe ertränkte. Den Würgereiz welcher dieser High Protein Kaffee auslöste erreiche ich sonst nur mit Tequilla Shots.

    So ging es dann mit einem etwas flauen Magen ab ins Flugzeug, ein Propellerflieger mit Platz für ca. 70 Passagiere der uns von Makassar nach Maumere brachte. In Maumere landeten wir auf einem kleinen familiären Flugplatz namens "Frans Seda". Es gab nur eine Start- und Landebahn, weder Einreise- noch Zollkobtrolle und vom Flugzeug zur Gepäckausgabe waren es 20 Meter. Bei der Gepäckausgabe wurde man vom Haupteingang her bereits von Taxifahrern umworben und ich würde mich nicht wundern wenn das Rollband fürs Gepäck mit einer Handkurbel betrieben wurde. Da unser Hotel nur 2 km vom Flughafen entfernt lag, entschieden wir uns zu Fuss dorthin zu gehen, wobei wir auf dem Weg ständig mit "Hello Mister" angesprochen wurden. Die Leute waren sehr herzlich und die Strassen relativ sauber. Alles in allem ein angenehmes kleines Städtchen um ein bis zwei Nächte zu warten bis uns das Segelschiff aufgabeln würde.
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  • Day 40–49

    Sailing 1

    September 1, 2023, Flores Sea ⋅ ☀️ 27 °C

    Am 1. September war es endlich so weit und wir konnten auf das Segelboot, die Sailing NV. Das Boot gehörte einem Italiener namens Timo und seiner Freundin Joanna (Jo). Mit ihrem 2-jährigen Sohn Nemo und einem wenig intelligenten Hund namens Solo segelten sie damit um die halbe Welt, genauer gesagt von Fidji bis ins Mittelmeer. Die Sailing NV ist 66 Fuss (ca. 20 Meter) lang, liegt flach im Wasser, hat einen langen Kiel und einen Masten aus Karbon wodurch sie für hohe Geschwindigkeiten und lange Distanzen geeignet ist. Die Familie baute das Schiff in Fidji während 2 Jahren um und machte es wieder seetüchtig. Um dieses Abenteuer zu finanzieren zapfte die Familie diverse Einnahmequellen an. Jo gab bspw. online Nachhilfe in Mathematik und lud von Zeit zu Zeit einige Videos zum Bootsumbau auf YouTube hoch. Und da waren noch abenteuerlustige, meist junge, unwissende Landeier wie wir, die bereit waren für 35 Dollar pro Kopf & Tag auf dem Boot mitanzupacken.

    Selina und ich waren da jedoch nicht die einzigen Idealisten, die sich von der Segelromantik verleiten liessen. Auf dem Boot trafen wir Abby & Jacob, ein nettes Pärchen aus dem USA, welche insgesamt ca. einen Monat auf dem Schiff verbrachten. Zudem lösten wir einen jungen Belgier ab, der in Maumere blieb. Daher waren meist ca. 7 Leute auf dem Segelboot, was gerade gut auszuhalten war, denn alles war sehr eng und klein. Selina und ich konnten in der Kabine nirgendwo aufrecht stehen. Die Betten waren etwa so breit wie die Economy Sitze bei Easyjet und die Toilette war gleich am Fusse unserer Betten in einem 1m2 Kabäuschen. Alles war sehr kompakt, kein Kubikzentimeter war ungenutzt, was ich in einem Segelboot auch so erwartete. Dass man sich kaum bewegen konnte hatte auch seine Vorteile. So musste man wenigstens nie weit laufen um etwas zum futtern zu holen und dank dem kurzen Weg zur Toilette geht auch bei Durchfall selten was in die Hose.

    Obwohl wir weniger Platz hatten als die durchschnittliche Schweizer Legehenne, war dies für uns kaum ein Problem, ausser vlt. wenn wir in der Küche den Abwasch erledigten. Dann standen wir jeweils krum und gebückt über dem Spühlbecken, wie ein Hund der gerade seinen Allerwertesten leckt. Bei 30 Grad in dem Kombüschen fühlte sich der Abwasch an wie im Schwitzkasten von Mike Thyson. Neben dem Abwasch packten wir an wo es gerade Hilfe brauchte, Segel hissen und einholen, halsen, Deck schrubben, Einkäufe erledigen, Nachtwache halten, alles was man auf einem Segelschiff halt so macht. Von uns wurde jedoch nie erwartet, dass wir in der Küche halfen. Der temperamentvolle italienische Skipper Timo hatte einen äusserst sensiblen Gaumen und war dem Anschein nach allergisch auf Gerichte die nicht al dente waren. Daher liessen wir uns täglich von seinen vorzüglichen Kochkünsten verzaubern die nicht nur geschmaklich sondern auch kalorienmässig in der höchsten Liga spielten.

    Mit der Zeit hatten wir aber etwas genug von Mini Pizzas und Pasta zum Frühstück und wir machten uns selbst ein Müsli mit frischen Früchten, was dem Italo Kopfzerbrechen bereitete: "Gazo, You can not eat Musli, this is not really a meal! Not even my dog eats this shit." Und ja das Wort "Gazo", italienische Vulgärsprache für Penis, gehörte in seinen Aussagen so selbstverständlich dazu wie das Amen in der Kirche. "Gazo, Affangulo, Mamma Mia, Putana" gehörten dabei zu seinem Lieblingsvokabular und fluchen konnte er sogar noch besser als segeln. Nebst den Fluchwörtern kamen nicht selten provokante Aussagen aus seinem Mundwerk. So kam bei ihm so ziemlich alles unter die Räder vom Klimawandel über Schwule und Juden bis hin zu seiner Freundin Jo. Die einzigen Dinge die ihm heilig schienen, waren seine Eltern und der Hund "Solo".

    Der Hund war für den Italo das Grösste. Er durfte sitzen, liegen und kacken wo er wollte und bekam auch immer etwas Pasta von Papa Timo. Zudem irrte er ständig auf dem Schiff umher und bellte alles an was im Umkreis von 100 Metern zum Schiff war. Natürlich gehört ein Hund schon gar nicht auf ein Segelboot. Wenn er dann noch kaum eine Erziehung geniesst wird er zur Plage. So musste man bei der Arbeit auf Deck darauf achten dass man nicht auf dem Hundekot ausrutschte. Die Seile mit denen man arbeitete waren mit Hundepisse beträufelt. Beim Essen musste man aufpassen, dass der Teller nicht zum Futternapf wird oder, dass der Hund mit seinem wedelnden Schwanz nicht den Tisch abräumt. Neben dem Hund strauchelte dann noch der zweijährige Nemo umher der, wie in diesem Alter üblich, alles begrabschte und in den Mund nahm. Die Kombination aus Hund, Kleinkind und Platzmangel kratzten schon arg an meiner hygienischen Tolleranzgrenze.

    Hinzu kam, dass das Boot auch sonst relativ chaotisch war. Da die Familie mehr oder weniger ihr Hab und Gut transportierte, war es ziemlich voll. Ständig musste man Material suchen, und wenn man es gefunden hatte war es kaputt oder nicht mehr zu gebrauchen. Es fühlte sich an als wäre das Boot mit den Errungenschaften von einem Räumungsverkauf beim Brokenhaus ausgestattet worden. Leider war auch das Segelboot selbst nicht gerade ein Meisterstück Deutscher Ingenieurskunst, sondern eher eine bunte Auswahl an Ersatzteilen die mit Müh und Not zusammengebastelt wurden. Eines der Segel war gerissen und das Hauptsegel konnte man nur noch zu 3/4 hissen. Beim ankern musste man so vorsichtig sein als würde man auf einer Vespa mit einer 90-jährigen italienischen Grossmutter über den Gotthard fahren und der Motor streikte etwa ähnlich oft wie die Bahnarbeiter in Frankreich.

    Das alles war leider etwas Schade und verlieh einen etwas schäbigen Eindruck. Ich verstehe dass segeln ein sehr teures Hobby ist und die richtigen Ersatzteile sehr viel kosten. Aber vielleicht war die Herausforderung mit Kind, Hund, einer bunt gemischten Crew und einem Segelboot aus dem Bastelkatalog doch etwas zu viel für das Pärchen.

    An dieser Stelle möchte ich jedoch auch noch ein paar positive Worte zur Sailing NV verlieren. Timo war trotz allem ein extrem kompetenter Skipper und guter Koch, auch wenn die Küche nachher jeweils aussah wie ein Schlachtfeld. Er wusste immer eine Lösung, manövrierte souverän und konnte alles reparieren. Auch seine Fähigkeiten als Segler sind unbestritten und beeindruckend sowie seine Fitness und seine charismatische Art. Jo war immer sehr bemüht um das wohlergehen aller an Board und nahm auch Rückschläge oder Anschuldigungen von Timo mit stoischer contenence. Und auch der mühsame Hund war ganz angenehm wenn er schlief. Und schliesslich brachte die Familie uns sicher ans Ziel und konnte unsere Reise um eine wunderbare und einzigartige Erfahrung bereichern.
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  • Day 49

    Sailing 2 & Komodo

    September 10, 2023 in Indonesia ⋅ ☀️ 30 °C

    In den 9 Tagen auf der Sailing NV reisten wir von Maumere bis nach Komodo und legten dabei über 350km zurück. An der Küste waren oft nur relativ schwache thermische Winde vorhanden, wobei meist etwa ab 10 Uhr Morgens der Seewind einsetzte und ab Mitternacht dann der Landwind. Durch die schwachen Winde waren wir relativ oft auf den Motor angewiesen, welcher unsere Reise mit etwas Vorwärtsfahrt bereicherte. Dieser drückte das Boot mit gemächlichen 4 Knoten (knapp 7km/h) gegen die Wassermassen voran. Da wir auch mit dem Wind kaum viel schneller unterwegs waren, verbrachten wir insgesamt etwa 50 Stunden auf See. Dazu kamen ca. 20 Stunden für das Vorbereiten des Bootes vor jedem Einsatz, sowie Ankern und Anker lichten, was jeweils relativ viel Zeit in Anspruch nahm. Den Rest der Zeit verbrachten wir geankert in wunderschönen Buchten entlang der Küste von Flores und in Komodo.

    Gleich die erste Fahrt auf See hatte es in sich und wir segelten eine ganze Nacht am Stück von Maumere bis nach Riung (ca. 160km). Die Nachtwache im Cockpit des Segelboots war zwar relativ langweilig, dafür war die Stimmung umso schöner. Während das Boot langsam über das Wasser gleitet und gemächlich in den Wellen schaukelt, kann man über einem den Sternenhimmel der Südhemispähre bestaunen. In Riung erwartete uns ein kleiner Nationalpark, welchen wir am ersten Tag auf eigene Faust mit Kayak und SUP versuchten zu erkunden und am zweiten Tag mit einem lokalen Bootsführer, welcher uns auf verschiedene interessante kleine Inseln brachte. Zu den Sehenswürdigkeiten zählte eine Mangroven Wald welcher übersäht war mit tausenden von Flughunden, diverse wunderschöne Schnorchelplätze mit vielen Korallen und Fischen sowie atemberaubende und menschenleere Sandstrände. Obwohl die Inseln vor Riung auch von Land aus gut erreichbar sind, waren kaum andere Touristen in dem Gebiet unterwegs. Am Abend assen wir zusammen im Dörfchen, wobei wir die Hälfte der Zeit nur Kerzenlicht zur Verfügung hatten, weil der Strom ausfiel. Beim Essen herrschte eine leicht angespannte Stimmung, da jedes Gespräch zwischen Timo und Buz drohte in einer handgreiflichen Auseinandersetzung zu enden. Dies passierte glücklicherweise nicht. Kurz vor dem Essen kaufte Buz ein paar Ballone für Nemo, wobei etwa ein Dutzend aufgeblasen wurden und die Hälfte davon innert kurzer Zeit mit einem lauten Knall und unter Jubelrufen von Buz wieder zum zerplatzen gebracht wurden. Wahrscheinlich wollte Timo die Zuneigung von Nemo wieder für sich gewinnen, als er nach dem Nachtessen einen blauen Esel aus Plastik kaufte der etwa doppelt so gross war wie Nemo selbst. Und als wären die Nerven nicht schon genug strapaziert, hatte dieser beschissene Esel noch ein kleines Audiogerät im Kopf welches unablässig eine 5-fach schnellere und völlig verstimmte Version des Songs "Sha la la la la" der Vengaboys abspielte. Scheint als wären Luftballons und ein Gummiesel die intelligentesten Beiträge von Buz und Timo an die Erziehung von Nemo.

    Den 4ten Tag segelten wir ebenfalls durch bis zu einem Ankerplatz an der Insel Sebai. Dort ankerten wir in einer wunderschönen Bucht wo man von Land her keinen Zugang hatte. Am 6ten Tag segelten wir dann weiter bis in den Komodo Nationalpark wo wir zwei Mal an verschiedenen Plätzen ankerten. Im Gegensatz zu den Ankerplätzen entlang der Insel Flores war es im Komodo Nationalpark bereits viel belebter. Es gab 60 Meter lange Luxusyachten (Yachtname "Paraffin"), zig kleinere Boote mit Tauchern und Touristen sowie Resorts auf den Inseln. Trotzdem war es immer noch relativ ruhig und unberührt an den Ankerplätzen die wir besuchten.

    Nach 9 Tagen auf dem Segelboot war es für uns dann Zeit an Land zu gehen und ich würde sagen, dass wir das Boot mit einem lachenden und einem weinenden Auge verliessen ist ziemlich zutreffend. Mit unseren beiden grossen Rucksäcken bei starkem Wellengang brachte uns Timo mit dem kleinen Schlauchboot vom Boot in den Hafen von Labuan Bajo. Beinahe wurde Selina noch zusammen mit Sack und Pack von einer grossen Welle ins Meer geschleudert zum Abschluss unseres Segelabenteuers. Wir genossen eine ausserordentlich eindrucksvolle, abenteuerliche und nicht immer ganz entspannte Zeit auf dem Segelboot. Noch ein letzter Blick und ein letzter Wink zurück an Timo, bevor wir uns aufmachten in ein Hotel mit einem schönen grossen Bett und einer funktionierenden Dusche.

    Während den zwei Tagen die wir noch in Labuan Bajo verbrachten, bevor wir via Bali und Taiwan nach Sapporo in Japan fliegen würden, gaben wir uns nochmals eine volle Dosis Touristenattraktionen und Menschenmassen. Bei einem der unzähligen Anbieter in der belebten Hafenstadt Labuan Bajo, buchten wir eine Speedboot Tour, welche uns im Eiltempo zu den wichtigsten Attraktionen des Komodo Nationalparks beförderte. Und die Tour enttäuschte uns keineswegs. Bereits am Morgen warteten wir zusammen mit etwa 100 weiteren Touristen auf die Zuteilung zu unserem Speedboat. Anschliessend brausten wir eilig übers Meer hin zu diversen Sehenswürdigkeiten. Darunter waren Padar Island - eine Insel mit der perfekten Fotokulisse für möchtegern Influencer, Pink Beach - ein Strand der gar nicht so pink ist wie auf den Werbefotos und Manta Point - ein Riff mit Strömung wo sich 100 Mal so viele Touristen wie Mantas tummeln. Das offizielle Highlight der Tour war jedoch die Insel Komodo wo sich die legendären Komodowarane oder Komododrachen befanden. Diese sind berühmt für ihre unglaublichen Dimensionen mit einer Grösse von bis zu 3 Metern und einem Gewicht von bis zu 70 Kilogramm. Sie fressen alles von Ass über Insekten bis hin zu Säugetieren vom Kaliber eines Wildschweins. Auch schrecken sie nicht davor zurück den eigenen Nachwuchs zu verspeisen, was dazu führt, dass sich die Jungtiere bis zwei Jahre auf den Bäumen vor ihren Eltern verstecken. Somit erwarteten uns auf dieser Insel regelrechte Bestien die sich auch nicht scheuen würden einen Menschen anzuknabbern.

    Die Echsen die wir vorfanden waren tatsächlich riesig und eindrucksvoll aber auch ziemlich träge. Die bedrohliche Kulisse wurde durch die Touristenmenge dann gänzlich vernichtet. Mehrere dutzend Touristen posierten in noch so erdenklich doofen Posen hinter einer Echse die müde auf dem sandigen Boden lag. Als gäbe es eine Pausenplatzschlägerei säumten sich die Touristen in einem Kreis um das Tier. Die Szene kam mir vor wie ein Schwarm lästiger Fliegen der sich um ein altes gebrechliches Pferd tummelt welches keine Chance hat sich zu wehren. Für mich war es befremdend so einen solchen Rummel um ein wild lebendes Tier zu sehen. Mir kam es eher vor wie in einem Streichelzoo für Kleinkinder als wie in einem Nationalpark. Schliesslich hatten wir jedoch nicht viel anderes erwartet von der Speedboat Tour. Und obwohl die Tour nicht gerade unserer Vorstellung von einem tollen und einzigartigen Reiseerlebnis entsprach, waren wir trotzdem froh einige wirklich schöne Plätze sowie wilde Komodowarane und Mantarochen zu sehen, in der kurzen Zeit die uns in Lauban Bajo vergönnt blieb.
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  • Day 55–56

    Hokkaido - Shin Chitose

    September 16, 2023 in Japan ⋅ ☁️ 25 °C

    Nachdem wir 10 Tage die Küsten von Maumere besegelten, Komodo besuchten und noch ein paar Tage am Strand verbrachten, war es für uns am 15. September Zeit wieder den Rucksack zu packen. Mit der taiwanesischen EVA Air flogen wir mit einem Stop-over in Taipeh nach Sapporo in Japan. Bekannt als Wintersportort ist Sapporo die Hauptstadt der nördlichsten Insel Hokkaido, welches gleichzeitig eine eigene Präfektur bildet.
    Doch bereits am Check-in gab es die ersten Probleme. Die Dame am Schalter fragte nach unseren Ausreisetickets ab Japan. Obwohl wir mehrmals im Internet recherchiert hatten und uns sicher waren, dass wir mit dem Schweizer Pass kein Ausreiseticket benötigten, schien die Lage für das Personal der Airline nicht ganz so klar zu sein. Wir beharrten auf unserer instabilen Faktenlage, gestützt auf Blogs und Reiseberichten und erhielten schliesslich einen Zettel zum unterschreiben, welcher bestätigte, dass die Airline von jeder Verantwortung und Haftung befreit wäre falls wir in Japan Probleme mit der Grenzkontrolle erhalten würden. Da kann man ja ganz beruhigt ins Flugzeug steigen. Auf dem Weg zum Gate liefen die Recherche Arbeiten nochmals auf Hochtouren und wir entschlossen uns auf Nummer sicher zu gehen. Noch bevor wir ins Flugzeug stiegen waren wir stolze Besitzer von zwei Fahrkarten für eine Überfahrt mit der Fähre von Shimonoseki (Japan) nach Busan (Südkorea). So landeten wir am späten Nachmittag des 16. September unbeschwert in Shin Chitose Airport, ca. 40 km südöstlich von Sapporo. Bei der Ankunft in Japan fragte aber schliesslich niemand ob und wann wir wieder ausreisen möchten - ich finde dies hätte auch nicht wirklich zur japanischen Gastfreundschaft gepasst.

    Wie immer hatten wir bereits nach der Landung ein streng durchgetaktetes Programm. Da die Übernachtungen an diesem Wochenende in Sapporo horrend teuer waren entschieden wir uns, direkt nach unserer Ankunft ein Fahrzeug zu mieten und die erste Nacht nach unserer Ankunft auf einem Campingplatz östlich von Chitose zu verbringen. Der Mietwagen war bereits bestellt und musste nur noch abgeholt werden.

    Das Problem war jedoch, dass der internationale Führerschein der in der Schweiz ausgestellt wird in Japan keine Gültigkeit besitzt. Daher muss man beim Japanischen Mobilitätsverband für ca. 75 Franken eine amtliche Übersetzung des Ausweises beantragen. Diese Übersetzung kann man anschliessend mit einem Code bei einem 7/11 Shop (eine Mini-Market Kette aus den USA welche in Asien weit verbreitet ist) ausdrucken. Somit suchten wir nach unserer Ankunft eifrig nach einem 7/11 um diese Übersetzung auszudrucken.

    Anstelle eines 7/11 fanden wir einen Informationsstand unserer Autovermietung. Also fragten wir den jungen Herrn an der Auskunft, wo wir am schnellsten diese Übersetzung ausdrucken konnten. Wir zeigten ihm die Buchung für das Fahrzeug sowie die Bestätigungsmail mit dem Code für die Übersetzung. Der Herr nickte und zeigte auf einen Ausgang von wo ein Shuttleservice die Leute vom Flughafen zur Autovermietung brachte. Wir versuchten dem Herrn nochmals klar zu machen, dass wir zuerst die Übersetzung ausdrucken mussten und nicht direkt zur Vermietung fahren könnten. Uns wurde jedoch nach mehrmaligem hin- und her versichert, dass dies nicht nötig sei und wir mit dem international Führerschein, welchen ich ebenfalls vorlegte, unser Fahrzeug entgegennehmen könnten. So sprangen wir etwas verunsichert auf den Shuttle auf und fuhren zur Vermietung.

    Nach 15 Minuten fahrt fanden wir uns wieder auf einem grossen Feld mit mehreren Autovermietungen mit hunderten Fahrzeugen. Der Shuttle brachte uns direkt zur Vermietung Nippon-rent-a-car, wo wir sogleich ein Ticket mit einer Nummer für die Warteschlange zogen. Bereits nach etwa 5 Minuten wurde unsere Nummer aufgerufen und wir begaben uns an einen Schalter mit einem älteren Herren. Als dieser bemerkte, dass wir kein japanisch sprachen rief er kurzerhand einen jüngeren Kollegen, welcher dann unsere Dokumente beäugte. Er schaute unsere Buchung an, druckte einige Dokumente und holte bereits den Schlüssel für unser Fahrzeug. Und dann kam die Frage nach der japanischen Übersetzung für meinen Führerschein.

    Leicht entrüstet versuchte ich ihm zu erklären, dass wir das Dokument im 7/11 ausdrucken müssen und dass sein Kollege im Flughafen meinte die Übersetzung sei nicht nötig. Der junge Herr der Vermietung entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten, beharrte jedoch auf der Übersetzung. Ohne diese könne er kein Fahrzeug ausgeben. Er bot uns an für 3'500 Yen, also ungefähr 20 Franken ein Taxi zu rufen, welches mich zum nächsten 7/11 und wieder zurück bringt. Das war alles nicht so ganz nach unserem Plan; wir rechneten nicht damit dass das Drucken dieser Übersetzung so umständlich werden würde. Ich überlegte mir noch kurz zum nächsten 7/11 zu rennen sollte um zur Übersetzung zu gelangen. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit sowie der Vorstellung im Anschluss ohne Dusche einzukaufen und draussen zu campieren entschied ich mich dann für das Taxi - ja, zugegeben ich bin ein ziemliches Weichei geworden. So wurde ich 10 Minuten später von einem schwarzen Toyota direkt vor der Autovermietung abgeholt. Die Tür des Toyotas öffnete sich automatisch. Drin erwartete mich ein älterer Chauffeur der mit weissen Handschuhen und in steifer, aufrechter Position das Steuer umfasste. Das Setting fühlte sich an als wäre ich Ehrengast im Hotel Palace in St. Moritz, einzig das Glas Champagner fehlte noch.

    Im 7/11 angekommen rannte ich gleich in den Shop zum Drucker, denn Zeit ist Geld, vor allem wenn der Taxameter läuft. Doch da kam schon die nächste Hürde, denn der Drucker nahm nur Aufträge gegen Bargeld, respektive Münzen an. Gerade erst in Japan gelandet hatten wir doch noch kein Bargeld bezogen und erst recht keine Münzen! Vor allem kann man sonst in diesen Shops alles mit Karte bezahlen. Ebenfalls hätte ich mir gut vorstellen können, dass man sich gerade in Japan gut auch ohne Bargeld durchschlagen könnte. Doch da stand ich vor einem Drucker ohne einen roten Rappen und einem Taxameter im Nacken.

    Ich erkundigte mich beim nächsten Mitarbeiter ob es keine Möglichkeit gäbe mit Karte zu bezahlen; dieser verneinte und holte seinen Vorgesetzten. Der Vorgesetzte kam, fragte mich was ich denn drucken wolle. Ich erwiderte, dass ich zwei Seiten für eine Übersetzung des Führerscheins benötigte. Darauf hin zückte er sein Portemonnaie, grübelte eine Münze hervor, warf sie in den Drucker und sagte zu mir "geht aufs Haus".

    Diese äusserst hilfsbereite Geste von einem komplett Fremden versetzte mich ins Staunen und es würde nicht das letzte Mal sein, dass die japanischen Gastfreundschaft einen bleibenden Eindruck hinterlassen würde.

    Zurück bei der Autovermietung - das Taxi konnte ich dann zum Glück mit der Karte bezahlen - konnten wir schliesslich unser Fahrzeug entgegennehmen. Der Vermieter teilte uns mit, dass er extra ein leicht grösseres Auto für uns bereitstellen liess, als er sah wie gross wir waren. Und so machten wir Bekanntschaft mit unserem Toyota Tank - ein Legoauto in Lebensgrösse. Diese Art von Fahrzeug sieht man in Europa kaum und ich würde das gute Stück auch nicht gerade als Augenweide bezeichnen. In Japan hingegen schien dieses Modell sehr beliebt zu sein, wobei es von allen bekannten lokalen Marken fast identische Varianten des Fahrzeugs gab. Den Namen "Tank" welcher Toyota dem Fahrzeug gab, ist etwas gar übertrieben. Da hat Honda mit "N-Box" schon eher den Nagel auf den Kopf getroffen, denn auf vier Miniatur-Rädern steht eine Karosserie nach Vorbild von einer Schuhschachtel mit Fenstern. Allerdings muss man sagen, dass das Legoauto (in unseren Augen immer noch der passendste Name) äusserst geräumig und die Sicht dank der hohen Fenster grossartig war.

    Somit düsten wir mit unserem Legoauto ab in die Stadt zum nächsten Supermarkt um einen Grossteil der Verpflegung für die nächsten 10 Tage einzukaufen. Da wir vor allem auf Campingplätzen und etwas abseits der grösseren Siedlungsgebiete unterwegs sein würden erachteten wir es als sinnvoll gleich am Anfang die Nahrungsmittel einzukaufen. Mit einem Menüplan für 10 Tage beluden wir also unseren Einkaufswagen in dem japanischen Supermarkt, was jedoch einfacher klingt als es in Wirklichkeit ist. Wir wissen zwar wie Milch, Käse, Mehl oder Salz aussieht, aber ob jetzt im Tetrapack mit den japanischen Schriftzeichen wirklich Milch drin ist oder der weisse Sack wirklich Mehl enthält ist kaum herauszufinden ohne die Hilfe von Google Translate. Und so verbrachten wir sicherlich eine Stunde damit einigermassen die richtigen Zutaten für unseren Menüplan zusammenzutreiben. Schliesslich an der Kasse angekommen füllten wir zwei grosse Tragetaschen mit unserem Einkauf. Als wir dann unseren Wocheneinkauf bezahlen wollte stellte sich heraus, dass auch dieser Shop nur Bargeld entgegennahm. Ich konnte es kaum glauben - dies hätte ich nun wirklich nicht erwartet dass wir gleich zwei mal an unserem ersten Tag in Japan in Bargeldnot sein würden. Mir blieb nichts anderes übrig als Selina mit den Taschen im Supermarkt zurückzulassen, ins Auto zu hüpfen und in den dunklen Strassen den nächsten Bancomat zu suchen. Der Linksverkehr machte erschwerte die Suche zusätzlich und so kam es vor, dass ich mich nach der einen oder anderen Kreuzung kurz auf der falschen Seite der Strasse wiederfand. Nach einer Viertelstunde erreichte ich einen Lawson (auch eine Art Mini-Markt) welcher ebenfalls einen Bancomat beherbergte. Ich erlöste die Geldmaschine um ein paar Scheine und setzte mich sogleich wieder zurück ins Auto. Zurück beim Supermarkt wurde ich sehnlichst von Selina und dem Kassierer erwartet. Wir bezahlten den Einkauf und machten uns auf in die Stadt um noch kurz eine Schüssel Reis zu verschlingen. Inzwischen war es bereits acht Uhr und wir würden den Camping kaum vor zehn Uhr erreichen. So setzten wir uns in ein Fastfood Restaurant namens Yoshinoya, welches ich bereits von meinem Austauschsemester in Hong Kong kannte. In Yoshinoya erhält man sogenannte beef bowls, also etwas Reis mit Rindfleisch und Zwiebeln. Das offizielle Motto von Yoshinoya lautet "Tasty, low-priced, and quick", wobei ich das Tasty eher ans Ende setzen würde. So genossen wir unser erstes Abendessen in Japan relativ kurz und schmerzlos bevor wir uns zum Camping begaben.

    Nach einer Fahrt von ca. 45 Minuten erreichten wir dann ziemlich gegen 10 Uhr den angepeilten Campingplatz. Der Platz war bereits relativ gut belegt und wir suchten vergeblich nach der Anmeldung. So suchten wir uns ein freies Plätzchen auf der Wiese und packten unser Zelt aus. An dieser Stelle möchte ich noch anmerken, dass ich dieses Zelt kurz vor der Abreise bestellt habe da es kompakt und leicht ist während es trotzdem genügend Platz für Selina, mich und die Rucksäcke bot. Ein anderes Zelt welches ich zuvor bestellt und noch getestet habe war leider zu klein. Zum Test des neuen Zelts blieb daher nicht mehr genügend Zeit. Somit war dies der erste Härtetest für das Zelt welches sich fast zwei Monaten in meinem Rucksack versteckte. Ich war immer wieder beeindruckt wie dynamisch sich das Zelt im Rucksack verstauen liess und nun beim auspacken würde sich herausstellen weshalb dies so war. Im Zeltsack befand sich ein Beutel mit Heringen, ein Innenzelt und ein Aussenzelt - aber keine Zeltstangen.

    So standen wir im dunkeln, leicht ermüdet auf einem unbekannten Campingplatz in Japan mit einem unvollständigen Zelt. Jetzt war mir auch klar weshalb das Zelt so leicht und biegsam war. Ohne Zeltstangen ist es auch keine Kunst ein Zelt zu konstruieren welches nur knapp ein Kilo wiegt; die Idee des Herstellers ist, dass man Trekkingstöcke als Zeltstangen verwenden würde. Eine super Sache, wenn man Trekkingstöcke dabei hat. Um das Problem zu lösen begab ich mich in den Wald und suchte nach einigermassen geraden und stabilen Ästen die sich als Stangen umfunktionieren lassen würden. Erstaunlicherweise wurde ich innert wenigen Minuten fündig und hastete mit zwei Holzstöcken zurück zu Selina. Als wir versuchten die Stöcke anzuspitzen und auf die richtige Grösse zurechtzuschneiden kamen zwei junge Japaner auf uns zu. Sie zeigten auf unser Zelt und hielten uns ihr Smartphone entgegen. Via Google Translate boten sie uns ihre Hilfe an. Zudem informierten sie uns, dass wir auf dieser Parzelle wohl nicht unser Zelt aufschlagen dürften. Auf ihrer Wiese, ein paar Meter das Strässchen runter wäre jedoch noch genügend Platz für unser Zelt. Schon wieder überraschte mich die Hilfsbereitschaft der Einheimischen. Wir nahmen die Hilfe dankend an und begaben uns zusammen zu ihrer Parzelle. Die beiden jungen Herren aus Sapporo verbrachten einen gemütlichen Männerabend auf dem Campingplatz. Da sie kaum Englisch sprachen fand die gesamte Kommunikation via Google Translate statt. Der eine von ihnen war Bauarbeiter, während der andere etwas im Büro arbeitete. Beide waren bereits verheiratet und hatten Kinder, die am nächsten Tag ebenfalls vorbeikommen würden. Nachdem Sie uns beim Aufbau von unserem Zelt unterstützten unterhielten wir uns noch eine Weile mit ihnen. Ihre Offenheit und Hilfsbereitschaft beeindruckte uns. Obwohl sie fast ausschliesslich japanisch sprachen, scheuten sie sich nicht uns ihre Hilfe anzubieten und sich mit uns zu unterhalten. Für mich definitiv eine prägende Begegnung.

    Auch am nächsten Morgen als wir den Platz wieder räumten boten die beiden uns ihre Hilfe an. Diesmal lehnten wir dankend ab. Wir teilten ihnen mit, dass wir uns aufmachen würden in Richtung Asahidake, dem höchsten Berg auf Hokkaido. Unterwegs würden wir noch Ausschau nach einer SIM Karte und Gaskartuschen für unseren Gaskocher halten. Die beiden meinten jedoch, dass es schwierig werden könnte unterwegs eine SIM Karte zu kaufen. Anstatt uns mit der Information zurückzulassen suchten die beiden jungen Herren unaufgefordert auf ihren Smartphones nach Verkaufsstellen für SIM Karten und telefonierten sogar mit einigen Shops. Nach etwa einer Viertelstunde teilten sie uns mit, dass wir am Besten zurück zum Flughafen gehen würden um die SIM Karte zu besorgen. So viel Hilfsbereitschaft konnte ich mir im Traum nicht vorstellen und wir waren den beiden überaus dankbar für all die Unterstützung. Zum Abschied sagte uns der eine: "If you have any other problem, just ask japanese people. They will help."
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  • Day 56–65

    Hokkaido Asahidake/Rishiri/Shiritoko

    September 17, 2023 in Japan ⋅ ☁️ 22 °C

    Bei unserer Reise durch Hokkaido mit dem Toyota «Tank» alias Legoauto bestaunten wir die sattgrünen Weiden, Berglandschaften, Agrarflächen und karge Küstenabschnitte. Die Weiten der Insel gepaart mit der spärlichen Besiedlung erinnerten ein wenig an Landschaften wie man sie aus Kanada oder Russland kennt. Ein wenig Heimatgefühl kam ebenfalls auf wenn wir imposante Berge wie den Asahidake oder Mt Rausu bestiegen, mit dem geringfügeigen Unterschied, dass bei uns die Berge nicht nach Schwefel riechen und auch keine Dampfwolken oder heisse Quellen aus Geysiren am Berg aufsteigen. Wir verbrachten die meiste Zeit in der Natur, so auf Bergen und Vulkanen, auf farbenfrohen Farmen, in Nationalparks umgeben von Rehen und Bären oder einfach beim Geniessen der Sonne auf einem der vielen Campingplätze.
    Die gesamten 10 Tage, die wir in Hokkaido mit dem Toyota unterwegs waren nächtigten wir auf verschiedenen Campingplätzen. Uns überraschte, wie ausserordentlich gut all diese Plätze gepflegt waren und welche Infrastruktur man oft gratis oder zu extrem fairen Preisen erhielt. So bezahlten wir zusammen nie mehr als 10 Franken für eine Übernachtung auf einem Campingplatz mit dem Zelt und inklusive Parkplatz. Sogar auf den Campingplätzen die gratis waren gab es auf jeden Fall eine gepflegte Toilette, ein Spülbecken für den Abwasch, fliessend Trinkwasser sowie auf den Millimeter genaue, einheitlich geschnittene Rasenflächen. Mein persönlicher Lieblingscamping war der Sato at the Shinzen Yamabe Park sun in der Nähe von Furano ca. 1 Stunde vom Asahidake, dem höchsten Berg auf Hokkaido entfernt. Dieser war super gepflegt, etwas abgelegen auf einer Anhöhe, umgeben von wunderschöner Berglandschaft und dennoch gratis. Aber auch der Rausu-Onsen Campground am Fusse des Mount Rausu, welcher gleich neben einem frei zugänglichen, von einheimischen betriebenen Onsen (jap. Für heisse Quelle) liegt, hat uns sehr gefallen. Jede Parzelle war mit einer eigenen Grillstelle ausgestattet, was uns dazu einlud über dem Feuer eine Pizza zu backen.
    Was wir auf den Campingplätzen jedoch vermissten, waren die Duschen. Stattdessen gab es meist im Umkreis von wenigen 100 Metern irgendeinen Onsen, also eine heisse Quelle, in der man sich waschen und entspannen konnte. Auch wenn die heisse Quelle kaum mehr als ein 5 Kubikmeter Becken war mit einem daumendicken Schlauch aus dem heisses Wasser sprudelte, waren in allen Onsen Männer und Frauen stets streng getrennt. In diese Onsen begab man sich immer komplett entkleidet. Doch auch wenn alle im Becken dasselbe Geschlecht haben, fühlt man sich als einziger Ausländer doch nicht immer ganz geschmeidig umgeben von nackten Japanern jeglichen Alters-, Hygiene- und Behaarungsklasse.
    Zu den besonderen Erlebnissen auf Hokkaido zählt sicherlich die Besteigung des 2291 Meter hohen Asahidake, des höchsten Berges auf der Insel. Der Berg besticht mit seiner atemberaubenden Schönheit, wobei qualmende Geysire dem Bild einen leicht mystischen Touch geben. Als wir den Berg bestiegen, leuchtete die Natur in kräftigen Farben obwohl teilweise dicke Nebelschwaden über die Kreten hinwegzogen. Auf dem Rundweg gab es ebenfalls eine offene, natürliche heisse Quelle, die zum Baden der Füsse einlud. Ein weiteres Highlight war die Insel Rishiri, eine kleine Insel nördlich von Hokkaido, welche nur mit der Fähre ab Wakkanai oder via Flugzueg zu erreichen war. Auf der Überfahrt mit der Fähre war es extrem windig und meterhohe Wellen schlugen gegen den Bug, was das Schiff stark zum Schaukeln brachte. Die Insel beherbergte einen 1721 Meter hohen Berg, namens, wer hätte es gedacht, Mount Rishiri. Natürlich war es für uns fast schon eine Pflicht diesen Berg ebenfalls zu besteigen, doch anstelle einer atemberaubenden Aussicht erwartete uns ein relativ strenger und steiler Aufstieg mit viel Nebel. Auf dem Gipfel angekommen, fanden wir einen kleinen Schrein (meist eine kleine hausähnliche Konstruktion zur Anbetung japanischer Gottheiten) vor. Dieser war beladen mit Gaben, Münzen und sogar Schiffsschrauben. Zu unserer Überraschung sprach uns ein Einheimischer auf dem Gipfel an und bot uns völlig unerwartet ein paar mit Schokolade überzogene Mandeln an. Die Mandeln schmeckten so lecker, dass wir auf unserer restlichen Reise durch Japan keine Gelegenheit ausliessen, eine Packung dieser Mandeln zu kaufen und meist noch am selben Tag zu verschlingen. Wir verbrachten insgesamt zwei Nächte auf Rishiri, welche besonders kalt waren. Bei guter Sicht konnte man von hier aus sogar die ersten Inselgruppen der Kurilen (Russland) erkennen.
    Neben dem Asahidake und Rishiri vermochte vor allem der Nationalpark Shiritoko uns zu beeindrucken. Diese Landzunge am nordöstlichen Ende von Hokkaido beherbergt eine atemberaubende Natur. Die Landzunge ist in den Wintermonaten und im Frühling umgeben von Packeis, welches sich im Ochotskischen Meer löst. Je nach Jahreszeit sind in dieser Region ebenfalls Wale zu beobachten. Auf meinem Trailrun durch den Nationalpark, mit teilweise gut überwucherten Pfaden traf ich kaum Menschen an, dafür mehrere dutzend Rehe sowie einen Braunbären. Am Ende meines Laufs traf ich auf eine Schulklasse, welche ebenfalls in den Wäldern unterwegs war. Die Lehrer und Kinder suchten das Gespräch mit mir und luden mich ein, ein Stück mit Ihnen den Weg zurück zum Ausgangspunkt meines Laufs zu fahren. Schon wieder wurde ich Zeuge der unglaublichen Gastfreundschaft in Japan und im speziellen in Hokkaido.
    Auf unseren Wanderungen trafen wir oft auf ältere Japaner. Nicht selten waren diese ziemlich fit und kragselten in beeindruckendem Tempo die schotterbeladenen Berghänge hoch. Ebenfalls konnte man die meisten Einheimischen bereits auf mehrere Hundert Meter hören, da sie meist eine kleine Glocke mit sich trugen. Anfangs belustigte mich dies, da es mir vorkam, als würde eine Schafherde herumirren. Als ich dann in Shiritoko meinen Trailrun startete, war es dann aber nicht mehr so lustig. Auf einer Tafel vor dem Wanderweg wurde man dazu aufgefordert eine Glocke mit sich zu tragen, um sich vor den Bären zu schützen. Ein Parkwächter, der aussah, wie ein Shaolin Mönch in Trekking Kleidern beäugte mich mit scharfem Blick, als ich mich auf den Weg begab obwohl ich kein Glöckli bei mir trug. Vielleicht war es dieser scharfe Blick, der mich dazu antrieb, gleich von Beginn weg in hohem Tempo den Berg hochzurennen.
    Ansonsten trafen wir in Hokkaido immer auf sehr nette und offene Menschen, die bereitwillig mit uns das Gespräch suchten. Auch wenn es oftmals kleinere und grössere Sprachbarrieren gab, war es immer ausserordentlich schön sich mit den Einheimischen auszutauschen. Oft waren es ältere Menschen, die kaum ein Wort Englisch sprachen, die uns jedoch mit ihren netten Gesten das Gefühl gaben dass wir in Hokkaido Willkommen waren.
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