Südost Asien 23

juli - november 2023
Et 120-dagers eventyr av Björn & Selina Les mer
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  • Dag 66–68

    Sapporo

    27. september 2023, Japan ⋅ ⛅ 23 °C

    Am Ende unserer Hokkaido Reise stand noch ein Besuch in der Hauptstadt der Präfektur auf dem Programm. Sapporo ist vor allem bekannt als Wintersportort und war 1972 sogar Austragungsort für die olympischen Winterspiele. Jedoch spürt man von dem im Zentrum der 1.9 Millionen Metropole nicht viel. Abgesehen von einem Schild in der U-Bahn, welches darauf hinweist, dass man die Skis nicht an der Absperrung zu den Gleisen hinstellen soll, bemerkt man auch sonst wenig vom Wintersportflair in der Stadt. Für uns war es etwas gewöhnungsbedürftig, nach 10 Tagen in der Natur und Wildnis wieder in einer Grossstadt zu sein, umgeben von Menschen und grossen Betongebäuden. Doch im Vergleich zu weiteren Metropolen wie Tokio, Kyoto oder Osaka die ebenfalls noch auf dem Programm standen, war Sapporo wohl ein guter Anfang.
    Wir hatten keine besonderen Pläne für Sapporo, für uns war vor allem wichtig, dass wir den JR Rail Pass am Bahnhof abholen könnten. Diesen Pass mussten wir im vorhinein bestellen und an unser Hostel in Sapporo senden lassen. Der Pass würde uns erlauben die wichtigsten Transportmittel in Japan für 14 Tage frei zu benützen und so konnten wir mit Bus, Tram und Zug (u.a. die berühmten Shinkansen) weiter durch das Land reisen. Am Schalter der Japanese Railways, wo wir den Pass abholten, hatte man das Gefühl man wäre 30 Jahre in der Zeit zurückgereist. Nicht nur war das Personal gekleidet wie Stewardessen auf einem JU-52 Flug, auch die Prozesse waren noch wie im vordigitalen Zeitalter. Wir lösten den Papiergutschein aus dem Hostel gegen zwei Papiertickets ein, unterschrieben zwei, drei Papiere und erhielten für unsere erste Reise noch je 5 physische Reservationskarten - aus Papier. Obwohl mich das System der Japanese Railways etwas irritierte, hatte es einen exklusiven touch, persönlich vom Bahnpersonal am Schalter während 15 Minuten beraten und bedient zu werden. In Europa würde man sich stattdessen wohl eine halbe Stunde lang die Finger an einem Automaten wund drücken. Auch im weiteren Verlauf unserer Reise überraschte mich wie personalintensiv der Zugverkehr in Japan gehalten wurde. Obwohl man nur via Drehkreuz auf den Bahnsteig gelangte, gab es überall elegant gekleidete Schaffner, die einem zu Hilfe eilten wenn es Probleme gab oder einem freundlich zunickten wenn man das Drehkreuz passierte. Auch im Zug gab es stets Kondukteure, welches durch die Sitzreihen marschierten und kontrollierten ob nicht jemand aus der zweiten Klasse sich in die erste Klasse verirrte. Da die erste Klasse mit einem 4 blättrigen Kleeblatt gekennzeichnet war, was uns zuerst nicht auffiel, wurden auch wir einmal von einem Kondukteur höflich zurechtgewiesen. Doch anstelle uns einfach wegzuweisen, half er uns zwei freie Plätze in der Holzklasse zu finden.

    Nachdem wir die JR Rail Pässe erhielten besuchten wir spontan ein Freilichtmuseum, in welchem alte Gebäude aus der Zeit der Meiji Restauration ausgestellt wurden. Einzelne Gebäude wurden komplett zerlegt und von irgendwo in Hokkaido nach Sapporo befördert und dort wieder Stück für Stück aufgebaut. Andere Gebäude waren nachgebaut. Die Ausstellung zeigte diverse Gebäude, vom Bauernhof über den Lebensmittelhändler, Schlittenmacher, Barbershop bis hin zur kleinen Polizeistation. Die mit Puppen nachgestellten Szenen in den Gebäuden zeigen eindrücklich wie die Japaner dazumal in Hokkaido lebten und die Insel als Kolonialmacht besiedelten.
    Neben dem kulturellen Exkurs nutzen wir die Zeit um unsere Kleider zu waschen, obwohl diese danach weder sauber waren noch besser rochen. Zum Trocknen mussten wir zusätzlich das ganze Zimmer mit unseren Kleidern ausschmücken. Ausserdem hatten wir noch keinen Plan für unsere weitere Reise und so prüften wir Zugverbindungen, suchten Sehenswürdigkeiten und buchten Unterkünfte. Ebenfalls erhielten wir einige erste kulinarische Einblicke in die japanische Küche. Da wir auf den Campingplätzen stets selbst kochten, genossen wir während 10 Tagen mehrheitlich europäisch/schweizerische Küche mit Älplermagaronen, Pasta, Pizza etc. In Sapporo lernten wir in einer kleinen Spelunke mit ca. 12 Sitzplätzen das japanische Gericht Okonomiyaki kennen. Okonomiyaki ist eine Art Pfannkuchen mit Weisskohl als Grundzutat und weiteren Zutaten wie Käse, Speck, Pilze die je nach Wahl ergänzt werden können. Das Ganze wird mit einer Art Bindebrühe aus Mehl, Wasser und Ei vermischt und anschliessend auf einer grossen Grillplatte gebraten. Zum Abschluss wird der Pfannkuchen noch mit Teriyaki Sauce bestrichen und nach belieben garniert. Die Spelunke, in der wir Bekanntschaft mit dem Gericht machten, wurde von einem älteren Herrn alleine geführt. Er kümmerte sich um die Gäste, das Kochen, das Einkassieren und den Abwasch – sozusagen eine one man show. Im Gespräch mit einem Gast erfuhren wir, dass der Wirt dieses Lokal schon seit Jahren allein führe und sozusagen eine lebende Legende sei. Vor allem bei den Studenten aus der Uni von nebenan ist die Spelunke beliebt. Eine junge Dame, die einst im Lokal arbeitete, sei zwar ein Magnet für junge männliche Studenten gewesen. Da sie jedoch ständig falsch einkassierte hätte der Wirt ihr nach wenigen Monaten wieder gekündigt und dann den Laden wieder selbst geschmissen. Obwohl man in der Spelunke Schulter an Schulter sass und der Tisch aus einem langen Tresen bestand, an welchem ebenfalls die Okonomiyaki zubereitet wurde, fühlten wir uns sehr wohl. Die einheimischen Gäste und der Wirt, der kaum Englisch sprach, waren sehr offen und freundlich. Neben Okonomiyaki gönnten wir uns in Sapporo noch eine Udon Nudelsuppe. Am 29. September holten wir auf die Schnelle noch ein Sandwich aus einem Subway, bevor wir uns auf eine fast 12 stündige Fahrt zum Nikko Nationalpark aufmachten, der ca. 700 km südlich von Sapporo liegt. Um bei diesem kulinarischen Tiefpunkt wenigstens ein bisschen der japanischen Küche zu frönen bestellten wir unsere Sandwiches mit Teriyaki Sauce.
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  • Dag 68–72

    Nikko & Tokio

    29. september 2023, Japan ⋅ ☁️ 28 °C

    Mit dem Shinkansen reisten wir von Sapporo via Hakodate unter dem Meer durch auf die Hauptinsel Honshu und dort via Transfer in den Städten Sendai und Utsunomiya zum Nikko Nationalpark. Der Nikko Nationalpark ist in erster Linie ein Naturreservat mit einigen Bergen, Seen und Flüssen/Wasserfällen. Der Park ist jedoch ebenso, oder sogar noch mehr bekannt für eine Ansammlung historischer Gebäude, Tempel und Schreine. Diese Verdichtung von Sehenswürdigkeiten sowie die Nähe zu Tokio (150km Luftlinie) führte wohl dazu dass der Park sehr stark besucht war. In den schmalen Strässchen im Hauptort Nikko herrschte reger Verkehr und für uns war dann bereits klar, dass dieser Park wohl nicht so idyllisch und naturbelassen sein würde, wie die Parks die wir in Hokkaido besuchten. Die erste Sehenswürdigkeit, die Shinkyo Brücke, erfüllte dann auch unsere Erwartungen. Gleich neben der alten Brücke beförderten Touristencars und lokale Busse massenhaft Menschen über eine neue Betonbrücke. Hinzu kam, dass die Shinkyo Brücke kostenpflichtig war, obwohl man die Brücke nicht überqueren konnte, denn auf der einen Seite war die Brücke abgesperrt, damit Personen ohne Ticket nicht einfach die Brücke betreten konnten. Und in diesem Stil ging es weiter durch die überfüllten Tempelanlagen. Ehrlich gesagt hatten wir auch nicht enormes Interesse an den Tempeln und Schreinen in Nikko, denn unser Wissen über die japanische Geschichte beschränkte sich auf einige wichtige historische Ereignisse. Somit war es für uns nicht wirklich interessant zu wissen welcher Shogun oder Mönch nun welchen Tempel, wann zu welchem Zweck errichtete. Diese zusätzlichen Informationen hätten wohl auch nur eine beschränkte Halbwertszeit in unserem Gedächtnis genossen. Trotzdem war es schön die verschiedenen Gebäude zu sehen ohne detaillierte Hintergründe zu kennen.
    Trotzdem fanden wir in diesem Rummel einen verlassenen Pfad entlang des Daiya River. Der Weg war gesäumt mit 100 kleinen Buddha Statuen, die mit roten Käppchen und Lätzchen geschmückt waren. Obwohl einigen Statuen bei einem Hochwasser der Kopf oder gar der ganze Oberkörper abgerissen wurde, war es eine schöne Attraktion ab von den Touristenmassen. Später erkundeten wir noch ein wenig die Landschaft um den Chuzenji See sowie die Ryuzu Fälle, was jedoch nicht ganz so spektakulär war wie vieles was wir in den Wochen zuvor auf Hokkaido erleben durften. Es fühlte sich ein wenig an, als würde man nach einer Woche in den Walliser Alpen noch eine Wanderung im Sihltal anhängen – auch schön aber halt nicht zu vergleichen.
    Somit war es für uns dann auch kein Weltuntergang, als wir nach 24 Stunden in Nikko einen richtigen Szenenwechsel vollzogen und uns mit dem Shinkansen nach Tokio absetzten. Innerhalb von 2 Stunden erreichten wir die Hauptstadt und Gigametropole mit über 9 Millionen Einwohnern. Während der Fahrt mit dem Zug nutzten wir die Zeit sowie das gratis Internet, um die nächsten Reiseziele zu planen. Dabei erfuhr ich auch, dass wir für die Besteigung des Mt Fuji, welche ebenfalls geplant war, bereits zu spät dran waren, da die Wanderwege den Berg hoch bereits geschlossen waren. Um trotzdem den Berg hochzusteigen, müsste man eine Bewilligung bei der lokalen Polizeistation einholen. So machte ich mich noch am selben Abend nach unserer Ankunft in Tokio an das Bewilligungsformular. In dem Formular musste ich detailliert erklären welches Equipment wir mitbringen würden, wie viel Erfahrung wir hatten und auf welche Notfälle wir vorbereitet waren.
    Nach dem Versenden des Antrags machten wir uns spät abends noch auf die Suche nach etwas essbarem. Wir klapperten, gesteuert von Google Maps drei verschiedene Inder ab, bis man uns in einem kleinen Lokal, das komplett leer war, noch Einlass gewährte. Uns wurde bewusst, dass in Japan viele Restaurants bereits um 9 Uhr schlossen und dass die Öffnungszeiten auf Google Maps oft eher als Öffnungsempfehlung betrachtet werden musste. Viele Wirte schlossen ihr Lokal so bald weniger Gäste als Angestellte im Raum waren, oder sogar noch früher. So wurden indische Restaurants in Japan oft zum letzten Auffangnetz für uns, falls das Tagesprogramm wieder etwas mehr Zeit beanspruchte als geplant. In einem Sushi Restaurant, wo das Sushi auf dem Laufband serviert wurde, trafen wir ausserdem auf einen Steward der Air France. Obwohl wir nur ca. 15 Minuten Zeit hatten, um uns zu verköstigen, hatten wir noch Kapazität, um uns mit ihm auszutauschen. Er erklärte uns, dass viele Restaurants so früh schlossen, weil die Mitarbeiter nach der Arbeit teilweise noch über eine Stunde mit dem ÖV unterwegs waren, um in ihre Wohnung in den Aussenbezirken zu gelangen. Der Wohnraum im Stadtzentrum sei für viele Mitarbeiter in der Gastronomie weitaus zu teuer.
    Kulinarisch gesehen war Tokio trotzdem ein Paradies und wir genossen feines Sushi, köstliches Fondue Chinoise und unglaublich gute vegane Gyozas. Es gab sogar ein Swiss Chalet, in welchem ich Selina mit einem Fondue zum Geburtstag überraschen wollte. Nur blöd, dass dieses ausgerechnet am Montag geschlossen hat, was wir vor der Türe des Chalets erfuhren. Und ich dachte mir, dass nur Coiffeure und die Fischer Bettwarenfabrik am Montag geschlossen wären.
    Neben den Restaurants besuchten wir auch diverse Sehenswürdigkeiten. Zum Beispiel den Tokyo Skytree, den Kaiserpalast, die Bezirke Shinjuku und Shibuya oder den Asakusa Schrein. Der Schrein lockte täglich wohl mehr Menschen an als ein Konzert der Rolling Stones. Dieser schien auch förmlich in der Menschenmenge zu baden und war von oben bis unten überfüllt mit Touristen, die in jeder erdenklichen Pose und mit den unvorstellbarsten Kostümen vor dem Gebäude ihre Selfies knipsten. Schön waren wir dort.
    Ebenfalls verbrachten wir fast einen ganzen Tag im Yushukan Museum, einem der wichtigsten Kriegsmuseen Japans. Es befand sich gleich neben einem Gedenkpark für Kriegsgefallene. Mich interessierte vor allem wie Japan seine Geschichte und Verantwortung im zweiten Weltkrieg beschreibt. In meinen Augen wird das Geschehen relativ einseitig beschrieben – so steht beispielsweise nichts über Eroberungen oder Angriffe auf benachbarte Völker und Staaten, es wurde lediglich darauf hingewiesen das Japan «den Pfad des Krieges beging» und sich dadurch «dringend benötigte Rohstoffe für das anhaltende Wirtschaftswachstum sicherte». Im Museum wird beschrieben, dass Japan aufgrund der weltpolitischen Lage gezwungen war seine Rohstoffzufuhr abzusichern. Auch China wird vor allem als Aggressor und nicht als Opfer beschrieben. So sei Japan gezwungen gewesen weite Teile Chinas einzunehmen, nachdem japanische Truppen auf einer Brücke in Peking beschossen wurden. Nun ja, das ist wirklich inakzeptabel, dass die eigenen Truppen die bereits Teile eines fremden Landes besetzen, einfach so beschossen werden. Auch zu heiklen Themen wie dem Massaker an der Zivilbevölkerung von Nanking (China) oder die Zwangsprostitution südkoreanischer Frauen während dem Krieg werden kaum oder gar nicht angesprochen. Das Nanking Massaker wird lediglich als «Nanking Incident» beschrieben, wobei die japanischen Truppen ausschliesslich als Zivilisten verkleidete Soldaten zur strecke brachte. Vielleicht entgingen mir auch einige Details, da nicht alle japanischen Texte im Museum ins Englische übersetzt wurden. Zudem bin ich wohl kaum geeignet in diesem heiklen Kapitel der Geschichte Asiens ein faires Urteil zu fällen. Weder bin ich aus der Region noch erlebte ich dieses blutige Kapitel. Und trotzdem wage ich zu behaupten, dass es in diesem Museum nicht an Heroismus und Stolz mangelt, aber vielleicht etwas an Demut.
    Kurz vor unserer Weiterreise Richtung Mt Fuji besuchten wir noch das Tokio Metropolitan Government Building, welches für Besucher frei zugänglich ist. Von den obersten Stockwerken des Gebäudes hat man eine unglaubliche Weitsicht und sieht die Dimensionen der riesigen Stadt. Man sieht bei guter Sicht bis ans Meer oder hin zum Mt Fuji. Für jemand aus einem Land mit 8 Millionen Einwohnern kommt man ins Staunen, wenn man diesen Betonwald betrachtet, welcher von über 9 Millionen Menschen besiedelt wird. Unweigerlich denke ich bei diesem Anblick an die Menge an Ressourcen wie Wasser, Nahrungsmittel (insbesondere Fleisch), Energie etc. täglich in dieser Stadt verbraucht werden. Obwohl ich keine Höhenangst habe wird mir auf diesem Turm leicht schwindlig.
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  • Dag 72–74

    Mt Fuji

    3. oktober 2023, Japan ⋅ ☁️ 9 °C

    Von Tokio aus ging es am 3. Oktober weiter nach Fujisan Station, einem Sackbahnhof am Fusse des Mt Fuji. Unser Ziel war weiterhin den höchsten und anscheinend schönsten Berg von Japan zu besteigen. Die nötige Bewilligung von der Polizei haben wir inzwischen per Mail erhalten. Auf dem Weg nach Fujisan machten wir noch einen kurzen Abstecher nach Kamakura, wo wir die grosse alte Buddha Statue aus Bronze im Tempel Kotoku-in besuchten. Wie üblich an solchen Sightseeing Hotspots hatte es wieder viele Leute und wo immer möglich, wurde Eintritt verlangt – so benötigte man ein Ticket, um zur Statue zu gelangen und für einen Aufpreis konnte man dann in die Statue hineinspazieren. Wir begnügten uns damit die Statue anzusehen.
    Durch ein ausgeprägtes Feudalsystem welches von einflussreichen Landbesitzern (Daimyos) und Feudalherren (Shogune) betrieben und durch die Samurai verteidigt wurde, kam es in Japan über mehrere Jahrhunderte immer wieder zu Machtkämpfen, Kriegen und auch zu Verschiebungen des Machtzentrums. Je nach Epoche war die Hauptstadt Japans mal in Tokio (Edo Periode), mal in Kyoto, mal in Kamakura oder es gab gar keine Hauptstadt und die Macht verteilte sich auf mehreren militärischen, wirtschaftlichen und religiösen Zentren. Dies führt dazu, dass es in Japan viele Orte mit historisch wichtigen Gebäuden gibt. Wenn man sich detailliert mit der japanischen Geschichte und auch mit den Religionen Shinto und Buddhismus auskennt ist dies durchaus sehr interessant. Für uns wurde es jedoch mit der Zeit schwierig auseinanderzuhalten, wann, wer, welchen Tempel oder welche Burg errichten liess und was dies im historischen Kontext entsprechend bedeutete. Irgendwann hatten wir auch viele ähnliche Tempel und Burgen gesehen, sodass die Begeisterung für diese Bauten teils etwas abflaute.
    Als wir schliesslich spät abends in Fujisan ankamen, genossen wir es unser eigenes Zimmer im Hostel 1889 beziehen konnten. Unser ursprünglicher Plan war gleich am nächsten Tag den Mt Fuji zu besteigen, doch schlechtes Wetter und vor allem viel Wind durchkreuzten diese Pläne. Zum Glück hatten wir in unserem Reiseplan für Japan auch einen Reservetag einberechnet, diesen würden wir jetzt in Fujisan brauchen um auch die nächsten Hotels zu buchen und bereits erste Recherchen zu Südkorea zu machen. Somit genossen wir das regnerische Wetter in Fujisan bei einer Tasse Kaffee im Aufenthaltsraum des Hostels.
    Am 5. Oktober ging es dann los hoch auf den Mt Fuji. Wir machten uns frühzeitig auf den Weg zum Bus, da wir noch unser gesamtes Gepäck in einem Schliessfach beim Bahnhof deponieren mussten. Da die Schliessfächer ziemlich teuer waren pressten wir all unser Material in ein Fach, das viel zu klein war für die grossen Rucksäcke. Mit dem ganzen Körpergewicht lehnten wir uns gegen das Törchen um unter ächzen den Schlüssel zu drehen und das Fach zu schliessen. Somit hatten wir bereits die erste Anstrengung des Tages hinter uns. Somit gab es nur noch zwei Mal 6.4 Kilometer und knapp 1500 Höhenmeter zurückzulegen. Wie gewohnt war der Zeitplan äusserst knapp, denn der erste Bus verliess Fujisan erst um 9 Uhr, womit wir um 10 Uhr bei der Subaru 5th Station ankommen, von wo wir die Wanderung starteten. Um 15 Uhr verliess dann bereits der letzte Bus die besagte Station. Somit hatten wir knapp 5 Stunden Zeit um den Gipfel/Krater auf 3'776 MüM zu erreichen.
    Als wir auf den Bus warteten, hatten wir dann das erste Mal freie Sicht auf den Gipfel. Das schlechte Wetter vom Vortag hat dazu geführt, dass die Spitze des Berges nun ein weisses Kleid trug. Ein Traum um schöne Fotos zu schiessen, doch damit hatten wir bei unserer Planung nicht gerechnet. Mit dabei hatten wir nur einen kleinen Rucksack mit etwas Proviant und Kleider, womit unsere Ausrüstung etwas dürftiger war als noch in unserem Antrag bei der Polizei beschrieben und auf Schnee waren wir kaum vorbereitet – ein paar dünne Wollhandschuhe, die wir uns zu zweit teilten und je eine Windjacke war wohl das wärmste was wir auf der Reise dabei hatten.
    Nachdem der Bus mit zirka 20 Minuten Verspätung sein Ziel erreichte, machten wir uns sofort auf den Weg, dicht gefolgt von vier weiteren Personen, die mit uns im Bus waren. Zum Yoshida Trail, so nannte sich unser Weg zum Gipfel, gelangten wir ohne Probleme. Es gab weder eine Absperrung noch eine Kontrolle – nur ein Warnschild wies darauf hin, dass der Weg eigentlich geschlossen wäre. Das eine Pärchen vom Bus verloren wir relativ schnell aus den Augen, während zwei deutsche Geschwister ständig wieder auf dem Weg anzutreffen waren. Der Weg war extrem steil und voll Schotter und Geröll. Nach den ersten 800 Höhemetern machte sich auch der niedrige Sauerstoffgehalt bemerkbar, wodurch wir uns deutlich langsamer bewegten. Auf den letzten 400 Höhemeter machte uns zusätzlich der Schnee zu schaffen. Zum Glück hatte es nur wenige Zentimeter geschneit, doch einzelne Stellen waren dadurch bereits sehr rutschig. In Anbetracht der Zeitverhältnisse verzichteten wir auf lange Pausen und so erreichten wir nach knapp 2.5 Stunden den Kraterrand. Abgesehen von den beiden Deutschen hatten wir den Berg für uns allein, was ein atemberaubendes Erlebnis war. Den wohl bekannteste Berg Japans, auf den im Sommer tausende Menschen hochpilgern, in dieser Ruhe und leere geniessen zu können war unglaublich. Obwohl einige Wolken die Sicht in die weite etwas verdeckten, war der Ausblick herrlich und der Krater des Berges war mit einem Durchmesser von knapp 500 Meter auch ein recht eindrückliches Loch. Selina machte sich bereits auf den Weg nach unten, während ich noch kurz den Kraterrand abrannte. Fast Hals über Kopf rannten wir anschliessend in 1.5 Stunden den Berg hinunter. Völlig erschöpft aber total glücklich über das Erlebnis setzten wir uns in den Bus und träumten bereits von der Pizza die wir zum Nachtessen verspeisen würden.
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  • Dag 73–76

    Hakuba & Noto Island

    4. oktober 2023, Japan ⋅ ☁️ 17 °C

    Eigentlich war unser Plan, nach dem Mount Fuji einen Abstecher zum Dorf Shirakawa-go und Gokayama zu machen. Diese Orte sind bekannt für ihre traditionellen Holzhäuser mit grossen Giebeldächern, deren Struktur von grosser Handwerkskunst zeugen. Die beiden Dörfer zählen sogar zum UNESCO Weltkulturerbe. Da die Reise dorthin jedoch extrem viel Zeit in Anspruch genommen hätte und auch die Weiterreise erschwert worden wäre, entschieden wir uns für einen Abstecher nach Hakuba in der angrenzenden Präfektur Nagano. Hakuba ist ein bekannter Wintersportort mit einer grossen Olympiaschanze fürs Skispringen, auf welcher sich in der Nebensaison japanische Schneeaffen tummeln, sowie weiteren Einrichtungen wie Skilifte, Hotels und Après-Ski Bars. Unsere Unterkunft, die Panketo Lodge war sehr komfortabel und ein kräftiger junger Japaner, der froh schien wenn man ihn etwas beschäftigte, war stets zu unserer Verfügung wenn wir einen Shuttle Service benötigten. Da gerade Nebensaison war, gab es nur wenige Touristen und viele Gebäude waren geschlossen oder im Umbau. Auch in der Panketo Lodge liefen noch einige Vorbereitungen für die Wintersaison was uns aber nicht störte.

    Wir nutzten die Zeit in Hakuba um ein bisschen die Landschaft zu erkunden. Ich begab mich wieder mal auf einen Trailrun und Selina wanderte hoch zu einem Bergsee, der ein besonderes Besuchermagnet zu sein schien. Der Weg zum See war so voll mit Leuten wie die Autobahn vor dem Gotthard Nordportal an einem Karrfreitag. Meinen Trailrun musste ich vorzeitig beenden, da doch bereits mehr Schnee auf den Wegen lag als erwartet. So rannte ich die grünen Skipisten zurück ins Dorf. Auf dem Weg begegnete mir noch ein Serau, eine Art japanische Gams die aussieht wie eine Kreuzung aus Wildschwein und Ziege. Das Serau glotzte mich verdutzt an. Ich gaffte zurück. Wir starrten uns etwa 10 Minuten an. Noch selten bin ich so einem komischen, unförmigen und fast schon hässlichen Lebewesen begegnet - selbes dürfte also wohl für das Serau gegolten haben. Irgendwann wurde es dem Tier dann wohl zu bunt und es verschwand im Dickicht des Waldes. Bevor ich zurück ins Dorf konnte musste ich noch einen Fluss überqueren, weil ich wenig Lust auf Umweg von einem Kilometer zu einer Brücke hatte . Dabei klatschte ich ins Wasser und holte mir eine tiefe Schnittwunde am Handballen. Ein Pärchen am Uferrand beobachtete die Szene - also immer schön lächeln und weiterrennen. Es wäre zu peinlich neben meinem Gleichgewicht auch noch mein Gesicht zu verlieren.

    Nach Hakuba ging es weiter mit der Eisenbahn Richtung Nanao, wo wir mit dem Fahrrad eine kleine Inselrundfahrt auf Noto Island planten. Unsere Pläne machten wir jedoch ohne den Sportsday. Dieser japanische Feiertag, der Sport und einen gesunden Lebensstil fördern sollte, liess die Preise für Unterkünfte an diesem Wochenende in die Höhe schnellen. Nun, wenn die Preise durch die Decke gehen, verzichten wir halt auf die Decke und übernachten unter freiem Himmel. In diesem Fall stellten wir unser Zelt im Städtchen Hakui auf einer Schneise zwischen Meer und Autobahn auf, ca. 20km südwestlich von Noto Island. Nach einer kurzen, nicht allzu erholsamen Nacht, setzten wir uns wieder in den Zug nach Nanao wo wir am Bahnhof zwei Fahrräder für unsere Inselrunde mieteten. Zur Auswahl standen vier Fahrräder, zwei elektische, zwei normale. Da wir ja den Japanern nicht den Sportsday vermiesen wollten, entschieden wir uns für die elektrische Variante.

    Die meisten Besucher kamen wohl wegen dem Notojima Aquarium auf die Insel. Wie in jedem Aquarium schwimmen dort viele Fische und Meeressäuger in kleinen Glasbehältern, damit man mal ein Sushi sehen kann bevor es in Reis und Seegrasblätter eingewickelt wird. Ansonsten gab es auf der Insel nicht sonderlich viel spezielles, ein paar kleine Dörfchen, ein paar Buchten, Strände und ein bisschen Wald. Alles in allem war die Radtour aber ganz angenehm und mal eine gute Abwechslung zum Programm in den Bergen.
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  • Dag 78–80

    Osaka - Kyoto - Nara

    9. oktober 2023, Japan ⋅ ☁️ 21 °C

    Am Abend nach unserer Radtour auf Noto Island reisten wir mit der Bahn ca. 400 Kilometer in den Südwesten, nach Osaka. Osaka ist nach Tokyo und Yokohama die drittgrösste Stadt Japans und bekannt für seine Kulinarik und das extrovertierte Ausgangs- und Unterhaltungsviertel Dotonbori mit riesigen leuchtenden Wandreklamen entlang der Flusspromenade. Unsere Unterkunft lag etwas ausserhalb des Zentrums, nahe bei der Shin-Osaka Station, was jedoch ideal war für weitere Reisen mit dem Shinkhansen.

    Auf dem Weg nach Osaka organisierten wir uns bei einem Zwischenhalt in Kanazawa noch etwas zum Essen. Da war es uns auch wert einmal um den halben Bahnhof zu rennen für einen Burger von "Shogun-Burger" der als bester Burger in der Stadt angepriesen wurde. Offensichtlich schien der Anspruch an einen guten Burger in Kanazawa nicht extrem hoch, denn mein Burger vermochte nicht so ganz zu überzeugen. Trotzdem setzten wir unsere Reise gesättigt fort und erreichten spät Abends unser Hotel. Wir übernachteten im SureStay Plus by Best Western und war für den Preis ein richtiges Juwel. Das Zimmer war geräumig, sauber, schön eingerichtet und ein kleiner Fitnessraum stand zur Verfügung.

    Am Tag nach unserer Ankunft in Osaka reisten wir nach Kyoto, die ehemalige Hauptstadt die für ihre traditionellen und historischen Gebäude bekannt ist. Innerhalb von 40 Minuten erreichten wir das Zentrum von Kyoto und der Touristenrummel begann. Wir starteten mit dem buddhistischen To-ji Tempel, machten eine lange Wanderung am Mount Inari mit seinen Tausend Torii-Gates (bekannt aus dem Film "die Geisha") und verpflegten uns anschliessend kurz bei einem feinen Curry mit Nan in einem indischen Restaurant, bevor wir zurück zum Bahnhof gingen und dort noch den Kyoto-Tower sowie den Higashi Hongan-ji - ebenfalls ein Buddhistischer Tempel - besuchten. Ein Tag voller Eindrücke und mit vielen Touristenfotos die man dann Zuhause mal sortieren und bereinigen sollte. Zurück in Osaka wollten wir uns bei einem Restaurant verköstigen welches bekannt für seine Okonomiyaki war. Doch als wir 2 Stunden vor dem Ende der Öffnungszeiten gemäss Google eintraten wurden wir sogleich vom Besitzer weggewiesen, mit der Entschuldigung dass das Lokal bereits geschlossen sei. Das passierte uns leider in Japan nicht zu selten. Es scheint als wären die Öffnungszeiten gemäss Google reine Fantasieangaben oder wir total unfähig zu einer angemessenen Zeit Essen zu gehen. Trotzdem hatten wir Glück, denn der Inder gleich um die Ecke war noch geöffnet.

    Am nächsten Tag machten wir einen Abstecher nach Nara, mit dem Ziel später noch nach Wakayama zu fahren. Da wir ständig am Reisen waren hatten wir kaum Zeit uns zu informieren was wir in den jeweiligen Destinationen genau besuchen wollten. So machten wir in Nara einfach mal eine kleine Rundtour durch den Nara Park, welcher bekannt ist für die hunderte von Rehen die wild im Park herumlaufen. Es gab kleine Stände an welchen eine Art Kekse für die Rehe verkauft wurden. Nebst den Rehen, war es für mich ebenso eine Attraktion den Touristen zuzuschauen wie sie versuchten die Tiere mit einem Keks zu fütterten, diese aber gierig gleich nach der ganzen Packung schnappten. So sah man auch Touristen die, von einem dutzend Rehen umzingelt, hilflos die Flucht ergriffen, während die Packung Kekse inmitten der gierigen Vierbeiner landete. Nach unserem Spaziergang machten wir uns auf Richtung Bahnhof um nach Wakayama zu gehen. Wir machten noch einen kurzen halt in einem Kaffee zum zu schauen was wir in Wakayama genau anschauen wollten. Das Kaffee wurde von einem Australier geführt welcher sofort das Gespräch mit uns suchte. Der Inhaber des Kaffees schwärmte von Japan, seinen Sehenswürdigkeiten und Menschen. Er gab uns auch einige Inputs für unsere weitere Reise, worauf wir entschlossen Wakayama wegzulassen und dafür einen Tag früher nach Hiroshima zu reisen um noch einen Abstecher nach Nagasaki machen zu können. Ebenfalls auf sein anraten hin besuchten wir in Nara noch den Yoshikien-Garden, welcher wirklich eine kleine Perle abseits der Touristenmasse war.

    So machten wir uns dann am späten Nachmittag auf den Rückweg nach Osaka um auch diese Stadt noch etwas zu erkunden. Wir gingen schnurstracks zum Osaka-Castle wo wir eine wunderschöne Abendstimmung geniessen konnten. Bevor wir den Hauptteil der Burg betraten wurden wir von einem Japaner mit einer Kamera angefragt ob wir ein paar Fragen zum Thema Reisen in Japan beantworten würden für seinen YouTube Channel. Gerne taten wir ihm diesen Gefallen und gaben ihm einige Einblicke in unsere Reise (https://www.youtube.com/watch?v=CDBar7y_fTE&amp…). Nach der YouTube und Foto Session beim Osaka-Castle gingen wir zu Fuss ca. eine Stunde quer durch Osaka um uns in der prall Gefüllten Gasse von Dontonbori eine totale Reizüberflutung durch Leuchtreklame, Gerüche, Musik, Blitzlicht und laut plappernde Verkäufern zu gönnen. Den Abend rundeten wir noch durch einen Drink im Namba Parks ab, worauf wir uns zurück ins Hotel begaben um fit zu sein für die letzten Destinationen auf unserer Japan Reise.
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  • Dag 81–82

    Hiroshima & Nagasaki

    12. oktober 2023, Japan ⋅ ☀️ 24 °C

    Die zwei letzten Tage an denen wir uns den Japan Railpass zunutze machen konnten, widmeten wir dem wohl demütigsten Kapitel der japanischen Geschichte; und zwar den beiden Atombombenabwürfen im zweiten Weltkrieg. Wir reisten dazu zuerst nach Hiroshima, wo wir den ganzen Tag und eine Nacht verbringen würden. Dort angekommen merkte man erst mal nichts davon, dass diese Stadt vor knapp 80 Jahren dem Erdbodengleich gemacht wurde. Ein buntes Treiben herrschte auf den Strassen, welche von hohen Gebäuden mit grossen Leuchtreklametafeln gesäumt waren. Das einzige was darauf Hinweisen konnte, dass dieser Ort eine spezielle Geschichte zu erzählen hat, war die überdurchschnittliche Anzahl Touristen die sich am Bahnhof tummelten. Bevor wir uns direkt auf die Hauptattraktion, nämlich dem Peace Memorial Park stürzten, machten wir noch einen Abstecher zum Itsukushima-Schrein auf Miyajima. Der Shinto Schrein ist drei weiblichen Göttern gewidmet, die verantwortlich für die Meere und Stürme sind. Angeblich ist die gesamte Insel an sich schon eine Gottheit. Bekannt ist der Shrein vor allem durch sein Torii, der im Wasser steht. Ein roter Torborgen, welcher den Eingang zum Shrein markiert. Mit der Fähre gelangten wir innert weniger Minuten auf die kleine Insel. Dort angelangt, fand man sich wieder in einem Meer von Touristen - wohl ganz nach dem Geschmack der Meeresgottheiten und Sturm wurde mir auch bei diesem Rummel. Wir schlenderten entlang der Promenade bis zum Shrein, knipsten ein paar Bilder und gingen zurück durch einen historischen Pavillion mit Pagoda um anschliessend entlang der Shopping Street wieder zur Fähre zu gelangen.

    Zurück in Hiroshima gingen wir zu Fuss vom Bahnhof Shin-Hakushima zum Friedenspark, wodurch wir noch einen kurzen Abstecher zum Hiroshima Castle machen konnten. Beim Friedenspark angekommen, gelangten wir direkt zum Friedensdenkmal, der Atombombenkuppel. Die ehemalige Halle zur Industrieförderung, welche nur 140 Meter vom Hypozentrum des Bombenabwurfs stand, hat die Detonation mehr oder weniger gut überstanden und gilt heute als Mahnmal für den Frieden. Der Gedanke, dass unweit von hier die erste Atombombe über den Köpfen der Einwohner detonierte und mit einem Fingerschnippen alles Leben im unmittelbaren Umkreis auslöschte, lässt einen erschaudern. Das Gebäude strahlt eine bedrückende Ruhe aus und es wirkt, als würde das eisernen Gerippe der Kuppel wie eine Dornenkrone auf dem toten Gebäude sitzen.

    Wir gehen weiter in den Friedenspark hinein. Es ist ein grosser, grüner, mit Bäumen übersäter Park, der mit diversen Statuen und Skulpturen geschmückt ist. Bevor wir uns in der Hiroshima National Peace Memorial Hall die haarsträubenden Geschichten von Augenzeugen des Atombombenabwurfs anhören würden, wollten wir uns etwas stärken. Unweit des Parks fanden wir auf Google ein gut bewertetes Tex-Mex Restaurant das geöffnet sein sollte. Doch als wir in das Restaurant eintraten, herrschte Totenstille und nichts rührte sich. Ein paar Schritte tiefer im Lokal entdeckten wir eine Person, die am Ende einer Sitzbank ein Nickerchen machte. Als der ältere Herr uns bemerkte, schreckte er auf und fuchtelte mit den Händen "closed! closed!". Super - schon wieder wurden wir von Google an der Nase herumgeführt. So blieb uns, in Anbetracht der Zeit, nichts anderes übrig, als im nahegelegenen Mini Market einen kurzen Imbiss zu holen und auf einer Bank im Friedenspark zu geniessen. Später würden wir herausfinden, dass man in Japan grundsätzlich zuhause oder im Restaurant isst und nicht irgendwo auf der Strasse oder im Park - Ups, wieder mal Vollgas mit den Bergschuhen ins Fettnäpfchen gestampft.

    Nach dem Imbiss begaben wir uns in die Hiroshima National Peace Memorial Hall. Dort konnte man in einem grossen runden Raum Platz nehmen. Eine grosse Panoramaaufnahme von Hiroshima, kurz nach dem Atombombenabwurf, zierte die gesamte Wand. In der Mitte des Raumes stand ein runder Brunnen, auf dem schwer erkennbar die Abwurfzeit 08:16 Uhr dargestellt wird. Der Brunnen stand als Zeichen für die vielen tausend Menschen, die den Abwurf zwar anfänglich überlebten, aber aufgrund der Hitze und der Strahlung ein unglaubliches verlangen nach kühlendem Wasser hatten. In einem weiteren Raum gab es die Möglichkeit sich Geschichten anzuhören von Leuten, die diesen Tag erlebt haben und von dem unvorstellbaren Grauen erzählen. Die Geschichten erfüllen einem mit Demut und einer tiefen inneren Leere, während sich eine bedrückende Stimmung breit macht. In einer der Geschichten erzählte eine ältere Frau davon, dass, wann immer sie heute Kinder sähe, die ja mehr als genug zu essen und zu trinken hätten und teilweise gar etwas verwöhnt wären, sie daran denke, dass diese Kinder wohl die wiedergeborenen Opfer der Atombombe sein müssten. Sie sei so unglaublich froh, diese Kinder so erfüllt und sorglos zu sehen, nachdem was sie erlebt habe. Ich denke wir sehen heute wohl ein Leben im Friede und Überfluss viel zu oft als selbstverständlich. Für diese alte Dame ist wohl nichts mehr selbstverständlich, nachdem sie in ihrer Jugend ein solches Trauma durchlebte.

    Am nächsten Morgen machte ich noch eine kurze Joggingrunde entlang einem der vielen Flussdeltas, die Hiroshima wie einen Fächer unterteilen. Die Gedanken an die Atombombe und die Katastrophe, die dadurch in dieser Stadt verursacht wurde, lassen mich bei dieser Runde nicht los. Hin und wieder schaue ich in den Himmel und bin froh keine B-29 zu sehen.

    Nach der Joggingrunde ging es weiter mit dem Zug nach Nagasaki. Dort würden wir jedoch nur ein paar Stunden verbringen, vor allem um den Friedenspark und das Denkmal zum Atombombenabwurf zu sehen. So quetschten wir unser Gepäck in ein Schliessfach am Bahnhof und machten uns auf den Weg. Der Memorial Park in Nagasaki war nur etwa halb so gross, wie derjenige in Hiroshima und wurde auch von weniger Touristen besucht. Das Zentrum des Parks bildete eine grosse blaue Statue, die mit dem Finger in den Himmel zeigt, während die andere Hand schützend über den Boden ausgestreckt ist. Auf mich wirkte die Statue etwas Kolossal und die Bedeutung, die hinter der Skulptur steckte, war irgendwie nicht so eindeutig. Der Park war voll mit vielen kleineren Statuen und Monumenten von Ländern aus aller Welt, die etwas zu diesem Friedenspark beitragen wollten. Einige Beiträge waren sehr kreativ und interessant, während bei anderen ein Hauch von Propaganda mitschwang, denn man bedenke, dass dieser Park inmitten des Kalten Krieges gebaut wurde. Nachdem wir den Park besichtigten, gingen wir noch kurz bei einer Schweizer Bäckerei namens "Marco Polo" vorbei, um uns einen kleinen Snack zu gönnen. Danach ging ich zu Fuss zum Meer, um noch ein paar Eindrücke von der Stadt Nagasaki zu erhalten. Diese hat einige sehr schöne Ecken und auch historisch etwas zu bieten. Da Nagasaki lange Zeit der einzige Hafen war, an welchem Ausländer Handel treiben durften, gab es hier schon früh in der Geschichte einen Austausch mit Europäern, hauptsächlich Holländern. Den europäischen Einfluss merkt man auch bei der Architektur oder in der Religionsausübung, da in Nagasaki relativ viele christliche Kirchen zu finden sind. Dass diese Stadt, die ursprünglich ein Zeichen von Handel und Austausch mit dem Westen war, plötzlich nur noch mit Krieg und Zerstörung assoziiert wird, ist eine tragische Wendung der Geschichte.
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  • Dag 82–85

    Miyazaki

    13. oktober 2023, Japan ⋅ ☁️ 22 °C

    Nachdem wir nun 20 Tage mit dem Japan Railpass im Eiltempo so viele Destinationen wie möglich ansteuerten, war es für uns Zeit noch ein paar ruhige Tage in diesem wunderschönen Land zu geniessen. Dazu begaben wir uns nach Miyazaki, einem Küstenort am südöstlichen Ende Japans auf der Insel Kyuushuu. Hier verbrachten wir 4 gemütliche Tage am Meer mit der Absicht, bei Gelegenheit auch noch etwas surfen zu gehen. Miyazaki ist einer der bekanntesten Orte zum Surfen in Japan und da es weit im Süden Japans liegt, waren die Temperaturen im Oktober noch immer relativ mild. Schliesslich stand ich in den vier Tagen genau eine Stunde auf dem Surfbrett, wobei von "stehen" kaum die Rede sein konnte. Ich paddelte hin und her, suchte nach guten Wellen und klatschte wenige Sekunden nach jedem Standversuch wieder ins Wasser. Da mich immer noch eine offene Wunde vom Trailrun in Hakuba an meiner Hand plagte und das Wasser doch kühler war als erwartet, brauchte ich irgendwann nicht mehr viel Überwindung, um geschlagen zurück an den Strand zu paddeln.

    So verbrachten wir den Rest der Zeit mit Strandspaziergängen, Joggingrunden und der Suche nach Kaffees und Restaurants deren Öffnungszeiten im Ansatz mit denjenigen von Google übereinstimmten. Ebenfalls schmiedeten wir bereits fleissig Pläne für Südkorea, unser nächstes Reiseziel und ich machte einige Telefonanrufe in die Schweiz um eine Stelle als Langlauflehrer für die Wintersaison zu finden. Alles in allem war unsere Zeit in Miyazaki sehr gemütlich und erholsam. Einziger Wehmutstropfen war unser letztes Nachtessen in Japan, wo wir in einem kleinen hippen Restaurant ein paar Tacos genossen, da die Portionen so klein waren, mussten wir noch zwei mal nachbestellen um das Lokal nicht mehr hungrig verlassen zu können.

    Am 16. Oktober war es soweit um uns von Miyazaki und Japan zu verabschieden. Mit dem Fernbus reisten wir von Miyazaki nach Shimonoseki, dem Hafen von welchem aus wir nach Busan in Südkorea reisen würden. Den letzten Teil der Strecke legten wir mit dem Zug zurück und da unser Railpass abgelaufen war merkten wir nun, wie umständlich der Kauf einer Fahrkarte in Japan war. Hätte nicht jemand vom Bahnpersonal die Tickets am Automaten für uns gelöst, würden wir wohl jetzt noch unsere Finger am Touchscreen wund drücken.

    Gegen Abend erreichten wir den Fährenhafen in Shimonoseki und nach einem kurzen Imbiss beim Inder um die Ecke konnten wir bereits unsere Kabine beziehen. Die Fähre war wohl nicht mal zu einem Viertel ausgebucht, denn wir hatten eine ganze Kabine mit 6 Matratzen für uns alleine. Die Kabine hatte in etwa den Ausbaustandard einer mittelalterlichen Gefängniszelle und auch keine Fenster; aber wir fanden es trotzdem sehr gemütlich und schätzten die Privatsphäre. Man kann sich auch nicht beklagen wenn man für 50 Franken eine Übernachtung inklusive Überfahrt kriegt. Zuhause müsste man im Nachtzug wohl im Kühlcontainer stehen um zu diesem Preis reisen zu können.

    So begaben wir uns bei der Abfahrt auf das windige Deck und wir verabschiedeten uns von Japan als sich die Fähre durch die Kanmon Strasse schlängelt, welche die beiden Inseln Honshu und Kyuushuu trennt. Noch ein letzter Blick auf die blinkenden Lichter des Hafens und der Brücken, dann legten wir uns schlafen - und am nächsten Morgen wenn wir aufwachen würden, erwartete uns bereits Südkorea mit den nächsten Abenteuern.
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  • Dag 86–88

    Busan

    17. oktober 2023, Sør-Korea ⋅ ☀️ 22 °C

    Noch halb im Tiefschlaf wurden wir bereits um 6 Uhr von Lautsprecherdurchsagen in unserer Schiffskabine geweckt. Da die Durchsagen auf Japanisch und Koreanisch sind, machte ich mich schlaftrunken auf den Weg zum Deck um herauszufinden was los war. Die Sonne kratzt langsam am Horizont und wir befinden uns schon mitten in der Hafeneinfahrt zu Busan. Gerade fährt unsere Fähre an den Hafenkranen vorbei direkt auf die imposante Busan Harbour Bridge zu. Ich lasse die Szene auf mich wirken und gehe dann in die Kabine um Selina zu informieren, unsere Fähre war etwa zwei Stunden vor der geplanten Ankunft an ihr Ziel gelangt. Wir packten unsere Sachen, gingen hoch zum Unterhaltungsraum im obersten Deck wo wir mit den letzten Resten Milch, Joghurt, Haferflocken und Äpfeln die wir noch hatten ein Müsli zubereiteten. Wahrscheinlich dürften wir sowieso nichts davon nach Südkorea einführen, also besser die Esswaren noch kurz im Magen verschwinden lassen. Als wir die letzten Löffel unseres Frühstücks geniessen, ertönt schon wieder der Lautsprecher. Diesmal jedoch in Englisch, mit der Bitte nach Möglichkeit das Schiff zu verlassen. Selina und ich schauten uns verdutzt an, gingen die anderen Passagiere nun bereits von Board? Waren wir wieder mal die Letzten? Wir schaufelten hastig die letzten Bissen in den Mund, packten unsere Sachen und rannten zur Landungsbrücke. Drei Crewmitglieder nickten uns freundlich zu und wiesen mit der Hand den Weg von Board - scheint wirklich als wären wir die Letzten. Noch den Mund halb gefüllt mit Frühstück bedankte ich mich und ging mit Selina von Board.

    In Busan angekommen mussten wir uns erstmal ein wenig organisieren, denn wir benötigten wieder mal Cash und eine SIM Karte. Im Anschluss machten wir uns auf den Weg zum Hotel um unser Gepäck zu deponieren. Mit der U-Bahn ging es direkt ins Zentrum von Busan, die Stadt war überfüllt mit Plakaten und Werbung für die Weltexpo 2030. Überall auf den Plakaten stand "Busan 2030 - Busan is ready". Ist ja super wenn Busan schon bereit ist, aber 7 Jahre vorher schien mir dann doch etwas gar früh. Anscheinend wurde kurz darauf die Austragung der Expo an Riad in Saudi Arabien vergeben. Dieser Entscheid tut mir sehr leid für Busan; das fühlt sich wohl an als würde man sich ein Kostüm für ein Krimidinner kaufen, erhält dann aber keine Einladung.

    Nachdem wir das Gepäck deponierten schlenderten wir ein wenig durch die Stadt und legten uns im Busan Citizens Park ein wenig an die wärmende Sonne da wir immer noch sehr müde von der Fähre waren. Es war sehr interessant die Einheimischen im Park zu beobachten. Es gab Schulkinder die auf der Wiese spielten, Pärchen die sich auf der Picknickdecke anhimmelten oder Mütter die mir ihren Kindern spielten. Als eine Schulklasse in einer sauberen Zweierkolonne, ich glaube so sauber war sie nicht mal bei mir im Militärdienst, an uns vorbei lief, kam Selina ins Schwärmen und meinte: "Ich wünschte die Kinder bei uns wären so diszipliniert!"

    Gleich neben uns sassen zwei junge Frauen auf einer Picknickdecke und richteten sich schön ein mit Gläser, Geschirr und Blumen. Doch die beiden hatten gar nichts zum essen oder so dabei, stattdessen zückten beide ihre Handys und begannen vor der Kamera zu posieren. Dies ging wohl fast eine Stunde so, bis sie wieder alles zusammenpackten. Schon krass, dass ein reales Erlebnis weniger reizvoll ist, als der vermittelte Eindruck davon.

    Wir genossen den Park trotzdem unabhängig davon was unsere "Community" davon halten würde. Der Park war wirklich eine Augenweide mit vielen Blumen, Bäumen, Pavillons, angelegten Teichen und vielem mehr. Ansonsten vermochte die Stadt nicht extrem zu überzeugen, sie war übersäht mit unzähligen Platenbauten und Hochhäusern ohne dass es irgendwo ein schönes Zentrum oder eine Altstadt gab.

    Kulinarisch kamen wir voll auf unsere Kosten. Obwohl Tischgrill und Seafood Restaurants wie Sand am Meer zu finden waren, gab es einige sehr tolle vegetarische Restaurants. Die lokale Küche hatte einige sehr gute vegetarische, wenn auch etwas scharfe Gerichte die sehr lecker schmeckten. So genossen wir beispielsweise im Restaurant Dajeon gleich gegenüber unserer Unterkunft ausgezeichnete vegetarische Dumplings und Bibimbap - eine Art Bowl mit Gemüse, Salat und Reis.

    Ansonsten verbrachten wir die zwei Tage in Busan damit noch ein paar Einkäufe auf dem Markt zu tätigen, wanderten der felsigen Küste entlang auf dem Haeparang-gil trail oder besuchten den Friedenspark mit dem UN Memorial Cemetery zum Gedenken an die gefallenen im Korea Krieg. Natürlich konnte ich es nicht sein lassen meine erste Joggingrunde in Südkorea zu unternehmen. Eigentlich hätte im Hafen von Busan noch die USS Ronald Reagan, ein mit Atomkraft betriebener Flugzeugträger der USA, stehen sollen. Und dieses Schiff wollte ich mir ansehen. Doch anstelle das Schiff zu finden, verlor ich mich irgendwo zwischen Absperrungen, Hafenkranen und einem kleinen Waldweg der abrupt bei einer Felskante endete. Nach knapp 15 Kilometern kehrte ich um und rannte in der Dämmerung zurück ins Stadtzentrum. Die USS Ronald Reagan würde ich nicht mehr zu Gesicht bekommen, denn diese machte sich anscheinend bereits Tage zuvor auf den Rückweg nach Japan.
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  • Dag 88–90

    Südkorea Roadtrip DMZ

    19. oktober 2023, Sør-Korea ⋅ ☁️ 20 °C

    Nach den zwei Tagen in Busan planten wir mit einem Mietauto ein wenig das Land zu erkunden. Dazu holten wir gleich neben dem Hauptbahnhof unser Fahrzeug bei einer kleinen Garage inmitten der Hochhäuser ab. Auf den ersten Blick sah man nur einen kleinen Container, in welchem das Büro eingerichtet war, aber Autos standen keine da. Diese waren alle in einem grossen automatisierten unterirdischen Parkhaus, das man von aussen nicht erkennen konnte. Nachdem wir die Formalitäten erledigt hatten, stand dann unser Hyundai Avante schon bereit und wir rollten hinaus in die Weiten Südkoreas, doch zuerst noch durch die überfüllten und engen Strassen von Busan.

    Unser erstes Ziel war die Demilitarisierte Zone (DMZ), somit fuhren wir von Busan aus erstmal der Ostküste Südkoreas entlang bis an die Grenze zu Nordkorea. Da wir diese Strecke zwar in einem Tag zurücklegen konnten, dann aber zu wenig Zeit für die DMZ hätten, entschieden wir uns in Gangneung zu übernachten. Auf dem Weg dorthin machten wir noch einen Zwischenstopp in Gyeongju, die ehemalige Hauptstadt einer Dynastie deren Herrschaftsgebiet vom 7. - 9. Jahrhundert die gesamte koreanische Halbinsel umfasste. Von der Dynastie blieb nicht sehr viel erhalten da die meisten Gebäude noch aus Holz errichtet wurden. Viele Nachbauten zeigten jedoch wie die königlichen Paläste und Gärten dieser Herrscher ausgesehen haben mochten. Das Einzige, was erhalten blieb war ein steinerner, ca. 9 Meter hoher Turm der einst zur Sternenbeobachtung verwendet wurde sowie unzählige Grashügel. Diese sattgrünen, bauchigen Hügel wurden als Grabstätten errichtet für die verstorbenen Kaiser der Dynastie. Gerne hätte ich die Hügel mit einem kurzen Trailrun abgeklappert, aber das Betreten der Grashügel wäre leider mit einer Gefängnisstrafe geahndet worden.

    In der Dämmerung erreichten wir schliesslich Gangneung, ein kleines Städtchen gleich an der Küste mit einer schönen Promenade und ganz vielen Meeresfrüchterestaurants. Wir kamen, assen, flanierten, schliefen und gingen gleich am nächsten Morgen wieder los Richtung Norden an die Grenze zu Nordkorea. Bevor wir die Demilitarisierte Zone erreichten, wurden wir an einem grossen Checkpoint angehalten, wo man uns mit Stacheldraht, Maschinenpistolen und Panzern in Empfang nahm. Ein Soldat trat an die Fahrertüre und verlangte grimmig nach der Zutrittskarte während zwei weitere Soldaten das Fahrzeug umstellten. Natürlich hatten wir keine Zutrittskarte und ich schaute fragend zurück. Der Soldat erklärte, dass wir ca. 15 Kilometer vor dem Checkpoint bei einem Büro die Tickets und die Zutrittskarte kaufen könnten. Ich unterliess es ausnahmsweise die schlechte Organisation anzuprangern, denn die Kräfteverhältnisse waren leicht zu unseren Ungunsten und so machten wir ohne lang zu fackeln kehrt.

    Beim Ticketoffice hätten wir wohl noch den ganzen Tag verbracht, wenn uns nicht ein netter älterer Herr etwas unterstützt hätte. Wir waren weit und breit die einzigen nicht-koreanischen Touristen, alle Informationen waren nur auf Koreanisch und das Schalterpersonal sprach kein Englisch. Wir irrten im Office umher und machten wohl einen ziemlich verlorenen Eindruck, bis uns dieser Herr auf Englisch ansprach und erklärte was wir zu tun hätten. Er kam sogar mit uns an den Schalter, um die Zutrittskarte zu organisieren und erklärte uns, dass wir das Fahrzeug am Schalter registrieren müssten um den Checkpoint zu passieren. Innerhalb von wenigen Minuten war dies dann erledigt und wir fuhren zurück zum Checkpoint. Nachdem wir diesen passiert hatten, fuhren wir noch ein paar wenige Kilometer, bis wir einen grossen Turm erreichten. Der Turm war ca. 50 Meter hoch und war mit einer Plattform ausgestattet, von welcher aus man mit Ferngläsern nach Nordkorea schauen konnte. Schon ein spezielles Gefühl, wenige Tage nach dem Besuch von Hiroshima an der Grenze zu einem Land zu stehen welches sich geradezu mit seinen Atomwaffen brüstet. Auch speziell ist, dass die Leute auf der anderen Seite wohl nach einem ganz anderen Weltbild leben und eine ganz andere "Wahrheit" kennen als wir. Und ebenso speziell, dass man dieses Land von hier aus beobachten kann wie auf einer Wildtiersafari. Doch es war enorm spannend durch die Ferngläser das Grenzgelände zu erforschen. Ich entdeckte einen nordkoreanischen Militärposten mit einer grossen Nordkoreaflagge und ich beobachtete, wie eine Gruppe von Leuten einem Hügelkamm entlanglief. Das musste ganz klar eine Militärpatrouille sein. Oder hätten es genauso gut Einheimische auf einer gemütlichen Wanderung sein können? Wie man die Welt sieht, ist oft davon abhängig durch welche Brille man schaut - in meinem Fall durch ein Fernglas in einer demilitarisierten Zone auf ein dem Anschein nach hochgradig militarisiertes Land.

    Nach dieser Grenzerfahrung machten wir noch einen Abstecher in die beiden Museen, die sich in der DMZ befanden, einerseits die Korean War Experience Exhibition Hall und das DMZ Museum. Die Korean War Experience Exhibition Hall fokussierte seine Ausstellung vor allem auf den Verlauf des Korea Krieges, während das DMZ Museum aufzeigte welche Auswirkungen die Teilung Koreas auf die Menschen und ihr Leben hatte. Das DMZ Museum zeigte auch interessante Nord- & Südkoreanische Propagandaflugblätter und machte darauf aufmerksam dass es an der Grenze immer wieder zur Eskalation gekommen ist und dadurch trotz Waffenstillstand immer wieder Leute ums Leben kommen.

    Alles in allem war dies, ähnlich wie in Hiroshima und Nagasaki, wieder ein eher bedrückendes Erlebnis. So war es für uns eine gute Abwechslung in den nächsten Tagen im Seroksan Nationalpark und in der Nähe von Pyongchang etwas die Natur zu geniessen.

    Die Nacht verbrachten wir noch ein letztes Mal an der Ostküste Südkoreas im Dörfchen Yangyan, wo wir wieder mal spät Abends noch ein Restaurant suchten. Zu Fuss irrten wir der Küste entlang, bis wir zu einer Holzhütte gelangten, die voll war mit Einheimischen. Als wir eintraten wurden wir von kritischen Blicken geradezu durchlöchert. Alle anderen Gäste waren in grossen Gruppen jeweils um einen Suppentopf verteilt. Dem Anschein nach genossen einige Suppenhühner ihr letztes warmes Bad in den Töpfen, bevor sie von den Gästen verzerrt wurden. Uns war nicht so nach dem schwimmenden Geflügel und wir probierten uns mit Google Translate durch das Menü zu schlagen. Eine Gruppe junger Damen am Tisch neben uns bemerkte wohl unsere Überforderung und half uns bei der Bestellung. Da die Suppenhühner wohl der Grund zu sein schienen, weshalb man dieses Restaurant besuchte, begnügten wir uns mit einer bunten Mischung an vegetarischen Beilagen. Unsere Bestellung sorgte zwar nicht für weniger kritische Blicke und Stirnrunzeln, was nachvollziehbar ist, denn man würde ja auch nicht für einen Salat in ein Steakhouse gehen. Trotzdem war das Essen sehr köstlich und sättigend.
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  • Dag 89–91

    Südkorea Roadtrip Seoraksan & Odeasan

    20. oktober 2023, Sør-Korea ⋅ ☀️ 13 °C

    In etwa 40 Kilometer von der nordkoreanischen Grenze entfernt befindet sich der Nationalpark Seoraksan und nochmals etwa 40 Kilometer weiter südlich der Odaesan Nationalpark, welcher unweit von Pyeongchang liegt, wo 2018 die olympischen Spiele stattfanden. Wir freuten uns auf die Schönheit der Koreanischen Berglandschaft. Was wir jedoch nicht auf dem Radar hatten, war der unerbittliche Rhythmus der Wochentage, welcher unweigerlich dazu führte, dass bereits wieder Wochenende war, was wiederum zur Konsequenz hatte, dass die Koreaner in Strömen aus ihren kleinen Stadtwohnungen in die Natur flüchteten. Wir befanden uns mit unserem Hyundai nur gerade beim Taleingang zum Park, als bereits dutzende weitere Hyundais, Kias, SsangYongs und andere Automobile die Strasse versperrten. Unsere Pläne hätten uns noch mindestens 5 Kilometer weiter in die Sackgasse des Talkessels geführt, wodurch wir wohl den Tag im Stau verbracht hätten. Einen Tag im Stau verbringen könnten wir auch in der Schweiz noch nachholen und so änderten wir unsere Pläne und liessen von unserem Navi die Route neu berechnen. Unsere Routenwahl fiel auf eine Passstrasse, die den Nationalpark weiter westlich durquerte. Von dort aus würden wir am Strassenrand unser Fahrzeug parkieren um anschliessend die Berge zu erkunden. Natürlich waren wir nicht die Einzigen mit dieser Idee. Wir navigierten der Passstrasse entlang, die überfüllt war mit Fahrzeugen und Wandergruppen. Auch mit Hilfe der Sattelitenbilder von Google Maps hatten wir keine Chance einen Parkplatz zu finden. Wir befanden uns nach circa zwei Stunden Fahrt ziemlich am nördlichen Ende des Nationalparks, als wir plötzlich noch ein kleines Plätzchen für unseren Hyundai ausmachten. Dahinter befand sich gleich ein Wanderweg, der in den Nationalpark führte und uns zu den Daeseung Falls bringen würde, welche wir eigentlich nicht beabsichtigten zu besichtigen. Doch es war der perfekte Ausflug für uns, eine kurze Wanderung im herbstlichen Laubwald, bei Sonnenschein an der frischen Luft. Das Einzige, was uns etwas irritierte war die Koreanische Wanderkultur, falls man diese so nennen kann. Während es bei uns Zuhause oder beispielsweise auch in Japan die Sitte ist sich gegenseitig zu grüssen und je nach Gelände den entgegenkommenden Wanderern Platz zu machen, verhielten sich die Koreaner, als wären sie beim Defilee einer Militärparade, Blick und Schritt starr geradeaus, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, wenn jemand entgegenkam. Nun, da wir jung, flexibel und adaptiv sind lernten wir schnell damit umzugehen und gingen schon bald in ebenso freundlicher Manier grusslos und stur auf unserem Pfad.
    Die Nacht verbrachten wir in Pyeongchang-gun und am nächsten Tag begaben wir uns in den Odaesan Nationalpark. Diesmal jedoch etwas früher, um die Stosszeiten zu vermeiden. Wir fuhren wieder in einen Talkessel bis zum Woljeongsa Tempel, von wo aus ein Wanderweg dem Flussufer entlang durch das Tal führte. Da tausende auf diesem Pfad ins Tal hinein und hinaus wanderten, war der Weg total überfüllt. Auf der anderen Flussseite führte eine Strasse ins Tal hinein. Bei der Wahl zwischen einem Wettlauf mit Touristenbussen und dem Slalom durch Koreanische Wandergruppen entschied ich mich letztendlich für den Trailrun auf der Strasse. Da Selina sich mit den Wanderern auf dem Pfad abmühte hatte ich am Ende des Tals noch genügend Zeit, um kurz auf den Berg Odaesan zu rennen, von wo aus man eine schöne Aussicht über das Tal und die Laubwälder hatte. Auf dem Gipfel bot sich mir ein sonderbares Naturschauspiel. Mehrere Dutzend Wanderer standen Minuten lang in der Schlange, um sich vor einem Stein der den Gipfel markierte ablichten zu lassen. Für die Aussicht schien sich kaum jemand zu interessieren, Hauptsache man hatte ein Beweisfoto mit dem Gipfelstein. Ich beobachtete das Treiben ein wenig, genoss die Aussicht und begab mich auf den Rückweg. Auf dem Weg zurück machte ich noch einen kurzen Fotostopp bei einem Denkmal, welches mit hunderten farbigen Lampions geschmückt war. Deren Bedeutung und Nutzen waren mir zwar unbekannt, aber sah wirklich sehr hübsch aus.
    Nach dem Wandern im Odaesan Nationalpark begaben wir uns am späteren Nachmittag in ein Dorf in der Nähe von Chungju, einer Stadt ziemlich im Herzen Südkoreas, von wo aus wir am nächsten Tag in Richtung Westküste fahren würden. Die Zeit im Auto versüssten wir uns jeweils mit unseren lokalen Lieblingskeksen, die ein wenig Ähnlichkeit mit einem Petit Beurre Biskuit hatten und diversen Podcasts, Hörbüchern oder sonstigen Audioangeboten, die uns Spotify gerade schmackhaft machte.
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