• Edgar Hauster
May – Jul 2025

European Hotspots

CRISS-CROSSING EUROPE WITH A SPECIAL FOCUS ON HOTSPOTS Read more
  • Trip start
    May 30, 2025

    Karl & Carl • Saarbrücken (342 km)

    May 30–Jun 1 in Germany ⋅ ☀️ 27 °C

    „Kreuz und quer zu europäischen Hotspots“ lautet das Motto meiner diesjährigen Tour. Wenn alles klappt, werden es politische, historische, kulturelle, soziale oder landschaftliche Hotspots sein. Wir starten in Trier und im Saarland, mit nur knapp über eine Million Einwohner, das kleinste deutsche Bundesland. Die französische Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 vertiefte die Erbfeindschaft zwischen Frankreich und Deutschland. Karl Marx arbeitete im Londoner Exil an seinem Hauptwerk „Das Kapital“, während Carl Röchling die Völklinger Hütte erwarb und 1873 den ersten Hochofen dort installierte. Die Theorien von Karl Marx haben den Praxistest nicht bestanden. In der postindustriellen Ära ist die Völklinger Hütte zum UNESCO-Weltkulturerbe geworden und die deutsch-französische Freundschaft prägt die Europäische Union. Die ehemalige Villa Röchling heißt heute Villa Europa und ist der Verwaltungssitz der Deutsch-Französischen Hochschule in Saarbrücken. Kein schlechter Start im Saarland!Read more

  • Juan auf dem Dach • Villingen (697 km)

    Jun 1–2 in Germany ⋅ ☁️ 22 °C

    Das ist Juan, er kommt aus Spanien, ist aus Bronze, wiegt 450 kg und steht auf der Dachterrasse der großen Penthouse-Wohnung meiner Freunde Patricia und Klaus in Villingen, bei denen ich zu Gast war. Das war ein persönlicher Hotspot, schließlich haben wir uns 42 Jahre (!) nicht gesehen und dementsprechend gab es viel zu erzählen. Aus dem bürgerlichen Villingen in Baden und der ehemaligen roten Arbeiterstadt Schwenningen in Württemberg wurde durch eine kommunale Zwangsheirat die Doppelstadt Villingen-Schwenningen. Kunst gibt’s hier jede Menge, nicht nur auf dem Dach, sondern auch am Boden, wie zum Beispiel der Münsterbrunnen und die Bronzeportale des Villinger Münsters in der historischen Innenstadt.Read more

  • City of Art • Basel (861 km)

    Jun 2–4 in Switzerland ⋅ 🌧 20 °C

    Basel wirbt mit dem Slogan „Stadt der Kunst, spannend, voller Kontraste, am Rhein“. Das kann ich bestätigen und mein Besuch im Tinguely Museum illustriert das. Erinnert ihr euch an die Fotos meines ersten Footprint aus der Völklinger Hütte? Für Jean Tinguely (1925-1991), der im Mai seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, wäre die Völklinger Hütte ganz sicher eine Inspiration und ein unerschöpfliches Materiallager gewesen.
    Auch für das Judentum hat Basel eine herausragende Bedeutung. Hier fand im Stadtcasino Basel der erste Zionistische Weltkongress unter dem Vorsitz von Theodor Herzl statt. Er formulierte das „Basler Programm“, das die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte für Juden aus aller Welt in Palästina vorsah. Hier wurde der Prozess um die «Protokolle der Weisen von Zion» geführt und diese durch das öffentliche Urteil ein für alle Mal als Fälschung entlarvt. Hier ist das Jüdische Museum der Schweiz, das 1966 als erstes Jüdisches Museum im deutschsprachigen Raum nach dem Krieg eröffnet wurde; zur Zeit ist es geschlossen, da es einen neuen Standort an der Vesalgasse 5, in 4051 Basel bekommt.
    Read more

  • Drei Oasen • Malbun (1.088 km)

    Jun 4–6 in Liechtenstein ⋅ ☁️ 16 °C

    Das kleine Fürstentum Liechtenstein, mit 40.032 Einwohnern, der kleinste Staat im deutschsprachigen Raum, der viertkleinste in Europa und der sechstkleinste der Erde, war lange als Steuerparadies bekannt. Das endete auf internationalen Druck in 2009. Liechtenstein hat sich danach gewandelt, von einer Steueroase zu einer Naturoase mit sehr freundlichen fürstlichen Untertanen. Wäre ich bei einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von € 175.000,00 auch, aber Liechtensteiner kann nicht jeder werden. Ohne familiäre Herkunft oder Bindung muss man mindestens 30 Jahre hier wohnen, bevor der Landtag und letztendlich Seine Durchlaucht der Fürst, über die Einbürgerung befinden. Dafür dürfen Touristen die öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos nutzen, sehr praktisch bei dem wechselhaften Wetter in den Alpen. Eine gute Gelegenheit, die Hauptstadt Vaduz und das benachbarte österreichische Feldkirch zu besuchen. Zurück nach Malbun, auf 1.600 m Höhe, geht’s dann in die Wellnessoase meines Hotels; Entspannung pur vor der nächsten Etappe.Read more

  • Green City • Mailand (1.373 km)

    Jun 6–9 in Italy ⋅ ☁️ 27 °C

    Vor einem Jahr reiste ich, von Frankreich kommend, nach Genua und erlebte eine Stadt, die in Lärm, Abgasen und Dreck versinkt. Entsprechend zurückhaltend war ich, eine andere italienische Großstadt zu besuchen. Diesmal kam ich aus der Schweiz, über den Spülgenpass (2.114 m. ü. M., 75 Spitzkehren), nach Mailand. Nur gut, dass sich mein Entdeckergeist gegen meine anfängliche Skepsis durchgesetzt hat, denn Mailand ist eine grüne Stadt und definitiv eine Reise wert. Ganz anders als in Genua, ist der Verkehr moderat, E-Mobilität eine Selbstverständlichkeit und die Mailänder genießen die entspannte Atmosphäre ihrer Stadt. Das können sie auch ungestört tun, denn der Mailänder Dom, die Scala und die Vittorio Emanuele Einkaufspassage wirken wie ein Magnet und ziehen alle Touristen magisch an. Alle? Nicht alle, mich nicht! Stattdessen besuche ich morgens den Cimitero Monumentale und nachmittags die Fondazione Prada, zwei atemberaubende Hotspots abseits der eingefahrenen Touristenrouten. Unter den zwölf berühmten Hochöfen der Fotografen Bernd & Hilla Becher entdecke ich auch einen aus Duisburg; Heimatgefühle und zudem eine Parallele zur ersten Etappe meiner aktuellen Reise.Read more

  • Trallalla • Modena (1.593 km)

    Jun 9–11 in Italy ⋅ ⛅ 28 °C

    „Fame, Sete & Trallallà” oder „Hunger, Durst & Trallalla” heißt ein Restaurant in der historischen Altstadt von Modena und so lautet auch das Lebensmotto der Reichen und Schönen, die sich hier treffen. An Hunger oder Durst hatten sie garantiert noch nie zu leiden und die Altstadt bietet ihnen die beste Kulisse für ihr Trallalla. Nobelkarossen gehören hier zum Straßenbild. Im benachbarten Maranello werden Ferraris in Handarbeit gefertigt, in Sant‘Agata Bolognese sind es Lamborghinis. Die Ferrari-Museen in Modena und Maranello sind Pilgerstätten für Ferraristi aus aller Welt. Hier werden sie auch einen roten Ferrari F40 entdecken, der Luciano Pavarotti gehörte, dem berühmten Sohn der Stadt Modena. Zwischen der lebensfrohen Altstadt und den ärmlichen Vorstädten mit einem hohen Migrationsanteil klaffen Welten. Hunger, Durst und Trallalla haben hier eine ganz andere, eine viel konkretere Bedeutung. Meinen eigenen Hunger habe ich mit einer Portion Tagliatelle Bolognese gestillt. Dafür bin ich extra nach Bologna gefahren und habe es nicht bereut.Read more

  • Schöne Aussichten • Siena (1.847 km)

    Jun 11–13 in Italy ⋅ ⛅ 30 °C

    Anders als bei den bisherigen Etappen, ist es in Siena nicht einfach, die üblichen touristischen Wege zu verlassen. Einerseits schmilzt mein Entdeckerdrang bei Temperaturen von über 30°C. Andererseits zieht auch mich die historische Altstadt, seit 1995 UNESCO-Weltkulturerbe, in ihren Bann, Ausflüge außerhalb der Stadtmauern fallen aus. Seit jeher befindet sich Siena in Rivalität mit Florenz, in politischer, wirtschaftlicher und künstlerischer Hinsicht. Das müssen die beiden Städte untereinander ausmachen, ich jedenfalls habe noch nie so beeindruckende Panoramen wie in Siena gesehen. Besonders überwältigend ist die muschelförmige Piazza del Campo mit dem Palazzo Pubblico und dem über hundert Meter hohen Torre del Mangia. Das muss wohl auch Igor Bidilo gedacht haben, ein Investor aus Kasachstan mit dubiosen Aktivitäten auf Zypern, in Estland und Montenegro. Seit 2017 gehören ihm 15 der 20 Gebäude, die die Piazza del Campo begrenzen. Das soll uns nicht weiter daran hindern, das Stadtbild von Siena zu genießen.Read more

  • Schalom San Lorenzo • Rom (2.121 km)

    Jun 13–16 in Italy ⋅ ☀️ 36 °C

    Reisender, kommst du am Schabbes nach Rom, geh zuerst ins Römische Ghetto nach Sant‘Angelo und sag den Damen artig „Schabbat Schalom“. Überquere an der Isola Tiberino den Tiber und schlendere durch das malerische Trastevere. Mach vielleicht einen Halt und schau dir die Häuser an der Piazza Eugenio Biffi an, aber verpasse auf gar keinen Fall San Lorenzo. Hier pulsiert das pralle Leben, ein alternatives Szeneviertel mit studentischem Flair und Street Art vom Feinsten. Mach noch einen kleinen Abstecher ins benachbarte Esqilino und hol dir unbedingt ein Eis im Palazzo del Freddo Giovanni Fassi, eine Eis-Dynastie seit 1880. Atmosphäre wie in einem Bahnhofswartesaal, aber das Eis ist phantastisch und die Menschen sind einfach glücklich; ich auch. Am Sonntag folge den jungen Polizisten der Guardia di Finanza zum Petersdom. Haben die sich verlaufen, müssten sie nicht nach Siena, um den Geschäften von Igor Bidilo, dem Investor aus Kasachstan - wir erinnern uns - nachzugehen?Read more

  • Gomorrha • Neapel (2.380 km)

    Jun 16–19 in Italy ⋅ ☀️ 30 °C

    Ich gebe zu, nach Neapel bin ich als Filmtourist gekommen, auf der Suche nach den Drehorten zu der italienischen Erfolgsserie „Gomorrha“. Die in über 130 Länder verkaufte Serie liefert in realistischer Weise und grandiosen Bildern Innenansichten der neapolitanischen Camorra. Der Palazzo Sanfelice aus dem 18. Jahrhundert gehört zu den Locations, aber auch die Vele die Scampia [Segel von Scampia] im Problemviertel Secondigliano. Ich bin keinen Tag zu früh gekommen, denn die Abrissarbeiten an dem Wohnkomplex haben bereits begonnen. Selbst der riesige Schriftzug an einem der Hochhäuser „Nicht wir sind das Problem!“ wird bald zu Schutt werden. Verfall, Kriminalität, Misswirtschaft, Armut, Not u. v. m., da sind Minderwertigkeitsgefühle vorprogrammiert. Was könnte dem besser entgegenwirken, als sportliche Erfolge? Und die brachte Diego Armando Maradona, der 1984/85 zum SSC Neapel wechselte. In der Folge errang das Team die größten Triumphe seiner Vereinskarriere, darunter die ersten Meistertitel des Vereins 1987 und 1990 sowie den Gewinn des UEFA-Cups 1989. Die beiden Underdogs, Neapel und Maradona, gingen fortan eine symbiotische Beziehung ein. „Der Gott der Neapolitaner“ ist hier immer noch omnipräsent. Für die Jungfrau Maria bleibt immerhin eine kleine Nische im Treppenhauses meines Apartments in der Via Luigi Palmieri 14.Read more

  • Bella Italia • Bari (2.742 km)

    Jun 19–21 in Italy ⋅ ☀️ 28 °C

    Bari ist meine letzte Etappe in Italien, Zeit für eine Zwischenbilanz. Wir waren in den vergangenen zwei Wochen im progressiven Mailand, im elitären Modena, im malerischen Siena, im abwechslungsreichen Rom und zuletzt im Sodom und „Gomorrha“ von Neapel. Aber erst in Bari, mit seinem Hafen, der historischen Altstadt und dem bunten abendlichen Treiben unter Palmen, wird das Versprechen von “Bella Italia” eingelöst. Nirgendwo sonst waren in meiner Wahrnehmung die Bürger mit ihrer Stadt so im Reinen, wie hier in Bari, aber überzeugt euch selbst davon!Read more

  • Overtourism • Dubrovnik (2.764 km)

    Jun 21–22 in Croatia ⋅ ☀️ 27 °C

    Mit der Dalmacija, die ursprünglich mal Oslofjord hieß und in Skandinavien unterwegs war, geht’s bei herrlichem Sonnenwetter und ruhiger See von Bari nach Dubrovnik. Die taz berichtet im August 2024 über „Overtourism in Dubrovnik • Das Unwohlsein der Klonstädte“. Statistisch betrachtet, bekommt jeder der 41.000 Einwohner von Dubrovnik, auch Babys, alljährlich Besuch von 37 Touristen, insgesamt über 1,5 Millionen; ein guter Teil davon war - gefühlt - heute schon da. Aus Angst, darin zu ertrinken, lasse ich mich von dem Menschenstrom, der sich talwärts in Richtung Altstadt ergießt, nicht mitreißen und bleibe in Sicherheit oberhalb der Stadt. Auch oder gerade von oben betrachtet, ist Dubrovnik sehr attraktiv. Das soll uns so reichen und schon geht’s weiter, schnell weg von der Küste und hoch über die Berge nach…?!Read more

  • Lost Places • Sarajevo (3.034 km)

    Jun 22–25 in Bosnia and Herzegovina ⋅ ☀️ 26 °C

    Sarajevo ist berühmt für seine Lost Places. Ein Lost Place und eine Street Art Location der Superlative ist die Olympia Bob- und Rodelbahn, die für die Olympischen Winterspiele 1984 gebaut wurde. Mit der Trebević-Seilbahn geht’s in sieben Minuten rauf auf 1.160 Meter, zu Fuß in eineinhalb Stunden runter auf 583 Meter. Ein Lost Place ganz anderer Art ist der Alte Jüdische Friedhof Sarajevo. Es ist der größte jüdische Friedhof in Südosteuropa, der von sephardischen Juden schon 1630 gegründet wurde.
    In Neapel war ich noch ein Filmtourist, hier bin ich schon ein Urbexer; das ist die Kurzform von Urban Explorer, einem Lost Place Entdecker. Ist etwa ganz Sarajevo ein einziger Lost Place? Nein, keineswegs, dennoch drängt sich der Eindruck auf, als würde die Zeit hier langsamer verlaufen. Ich war zuletzt vor etwa vierzig Jahren hier und so extrem hat sich die Stadt nicht verändert. Der Eis- und Lokum-Verkäufer in der Baščaršija, dem Basar in der historischen Altstadt, ist so laut und gewitzt, wie er immer schon war. Alte Männer spielen im Stadtpark Outdoor Schach. Eine Ladenkette heißt „sovietlostcommerc“ und die Konvertible Mark ist die Landeswährung, die erst an die Deutsche Mark und dann an den Euro gekoppelt war. Hättet ihr es gewusst? Der Bosnienkrieg, der Lost Places überhaupt erst geschaffen oder zumindest in Mitleidenschaft gezogen hat, ist jetzt dreißig Jahre vorbei, aber seine Spuren sind auf Schritt und Tritt zu bemerken. Seien es auf der Route nach Sarajevo die Bilder von dem bosnisch-serbischen General Ratko Mladić, einem lebenslang einsitzenden Kriegsverbrecher, oder die Ewige Flamme im Stadtzentrum, die an die Kriegsopfer des Zweiten Weltkrieges und zugleich des Bosnienkrieges erinnert. Aus „Schwerter zu Pflugscharen“ wird hier „Patronenhülsen zu Kugelschreibern“, wer braucht schon noch Pflugscharen…?!
    Read more

  • Brutalismus • Belgrad (3.399 km)

    Jun 25–28 in Serbia ⋅ ☀️ 35 °C

    Lange bevor „The Brutalist“ in die Kinos kam und zahlreiche Preise, u. a. den Golden Globe für den besten Film 2025 erhielt, habe ich mich für Brutalismus als Architekturstil interessiert. Waren es in Sarajevo noch die Lost Places, sind es hier in Belgrad die brutalistischen Bauten, die mich in ihren Bann ziehen. Selbst wenn Brutalismus einen negativen Touch hat, möchte ich mit einem häufigen Vorurteil aufräumen. Brutalismus geht auf „béton brut“, frz. für roher Beton oder Sichtbeton, zurück, den der Stararchitekt Le Corbusier einsetzte und damit den Brutalismus begründete. Dessen Werke gehören heute zum UNESCO-Weltkulturerbe und die Bauten in Belgrad stehen dem in nichts nach. Dennoch befürchte ich, dass sie über kurz oder lang neuen Städtebauprojekten weichen werden, wie der prestigeträchtigen Belgrade Waterfront, die von der serbischen Regierung in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Arabischen Emiraten entwickelt wurde. Noch ist alles neu, glitzernd und komfortabel und die gehobene Mittelschicht von Belgrad, auch viele Ausländer, investieren gerne in vermeintliches Betongold, während parallel die echten Betonbauten verkommen, was absolut nicht nötig wäre. Als Kulisse für Musikvideos sind sie aber beliebt. Erkennt ihr in dem Video „Netzwerk“ der österreichischen Gruppe Klangkarussell meine Fotomotive wieder?Read more

  • Biennale • Timișoara (3.653 km)

    Jun 28–30 in Romania ⋅ ☀️ 27 °C

    Ich war immer mal wieder in Timișoara, zuletzt in 2023, als Timișoara Kulturhauptstadt Europas war. Die Universitätsstadt ist das historische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Banats, dieser multiethnischen Grenzregion zwischen Rumänien, Serbien und Ungarn. Die rumänische Revolution gegen die kommunistische Diktatur Nicolae Ceaușescus hatte hier ihren Ursprung. War die Ernennung von Timișoara zur Kulturhauptstadt nur ein Strohfeuer? Nein, denn der wirtschaftliche Aufschwung in dieser drittgrößten Stadt Rumäniens war schon vorher spürbar und dieser Trend hat sich in den letzten zwei Jahren verstärkt. Die gerade stattfindende Biennale und das reiche kulturelle Angebot werden von Groß und Klein - auch von mir - eifrig angenommen. Brutalismus und Lost Places gibt es hier auch. Das Straßenbahndepot der S.T.P.T. bleibt meinem nächsten Besuch in Timișoara vorbehalten.Read more

  • Lenin-Hüttenwerk • Miskolc (4.050 km)

    Jun 30–Jul 1 in Hungary ⋅ ☀️ 29 °C

    Was macht man im postindustriellen Zeitalter mit einem stillgelegten Hüttenwerk? Man kann daraus einen Publikumsmagneten machen, wie es die Völklinger Hütte geschafft hat, die wir auf der ersten Etappe der Tour besucht haben. Man kann es aber auch vor sich hin rosten und streng bewachen lassen, wie hier, im ehemaligen Lenin-Hüttenwerk in Miskolc. Über fünfundvierzig Jahre hieß es so, dann wurde es, nach der Revolution der Solidarność-Bewegung, in den 1990er-Jahren privatisiert und anschließend aufgelöst. Lenin-Hüttenwerke gab es nicht nur in Ungarn, sondern auch in der Ukraine, Bulgarien und Polen; interessante Waypoints für eine zukünftige Tour…? Wäre ich doch gleich zum Jüdischen Friedhof oberhalb von Miskolc gefahren, um mir einen Überblick zu verschaffen, dann hätte ich mir das Katz-und-Maus-Spiel mit dem Werkschutz auf dem ehemaligen Hüttengelände sparen können. Ich gebe es nur ungern zu, aber die Männer vom Werkschutz haben es für sich entschieden und deshalb bleibt es bei Panoramabildern. Als Alternativprogramm gab es eine Fahrt mit der Waldeisenbahn von Lillafüred in die Botanik rund um Miskolc; kein rostrot oder stahlgrau, nur noch grün, grün und nochmals grün, auch nicht schlecht.Read more

  • High Noon • Rzeszów (4.386 km)

    Jul 1–3 in Poland ⋅ ☀️ 23 °C

    Wir fangen unsere Tour auf dem historischen Marktplatz von Rzeszów an und entdecken das Geburtshaus von Fred Zinnemann (1907-1997), dem legendären Hollywood-Regisseur, der seine Kindheit hier verbracht hat. Sein größter Erfolg war der Western-Klassiker „High Noon“ und „Zwölf Uhr mittags“ schlägt es gerade jetzt für Rzeszów. Die „Stadt der Retter“, wie sie von dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bezeichnet wird, hat - bei einer Einwohnerzahl von 200.000 - nach dem Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine, etwa 100.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge aufgenommen. Der Flughafen Rzeszów-Jasionka ist eine Drehscheibe für militärische Hilfeleistungen aus dem Westen. Hätte ich, anstelle des Doppeldeckers, die Militäranlagen und die zahlreichen amerikanischen Patriot-Raketensysteme auf dem Flughafen fotografiert, wäre meine Tour vermutlich hier zu Ende gegangen; das wollen wir doch nicht. Tatsache ist, dass die USA vor wenigen Wochen den Rückzug ihrer Kräfte aus Rzeszów bekanntgegeben und aktuell einen Lieferstopp für die Patriots verkündet hat. Der Alte Jüdische Friedhof im Stadtzentrum wurde während der Nazizeit verwüstet. Auf seinen Trümmern entstand das Denkmal der Roten Armee, das heute ebenso in seiner Existenz gefährdet ist, wie das aus der kommunistischen Ära stammende Denkmal der revolutionären Tat. Nur einhundert Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, nimmt man die Gefahren, die von einem aggressiven und revisionistischen Russland ausgehen, nicht auf die leichte Schulter - High Noon!Read more

  • East of Culture • Lublin (4.600 km)

    Jul 3–6 in Poland ⋅ ☀️ 31 °C

    Bis auf Timișoara, waren alle bisherigen Etappenziele Neuland für mich. Entweder war ich vorher noch nie da, oder, falls doch, liegt das so lange zurück, dass das längst verjährt ist. Nicht so Lublin, hier war ich schon vor drei Jahren und es gibt gute Gründe, dass ich wiedergekommen bin. Sind es die Leute, die so freundlich, bodenständig und auf unaufgeregte Weise selbstbewusst sind? Ja, aber das ist in Polen generell so. Ist es die farbenprächtige Altstadt mit ihrem mediterranen Flair? Ja, aber schöne Altstädte gibt es auch anderswo in Polen. Ist es das East of Culture Festival? Ja, genau, das ist es. Dieser international besetzte kulturelle Hotspot hat mein Programm der letzten Tage bestimmt:

    Musik: NFNR (UKR), Laraaji (USA), The Messthetics & James Brandon Lewis (USA), Mitsune (JAP/GRC/AUS), Zamilska (POL), Flower & Pines (BLR/POL), Yonatan Gat (USA)
    Film: Uppercase Print by Radu Jude (ROM)
    Literatur: Igor Pomerantsev (UKR) aus Czernowitz

    Das alles umsonst und draußen, unterhalb des Lubliner Schlosses, in entspannter Atmosphäre mit überwiegend jungem Publikum. Lublin nennt sich selbst „Stadt der Inspirationen“ und wird Europäische Kulturhauptstadt in 2029 - für mich ist sie das heute schon!
    Read more

  • Osten oder Westen? • Poznań (5.095 km)

    Jul 6–9 in Poland ⋅ ⛅ 28 °C

    Am Sonntag erreichte mich - sowie weitere 35 Millionen Einwohner in Polen - folgende SMS der Katastrophenschutz-Zentrale RCB: „Starting July 7, the Border Guard will implement controls at the German and Lithuanian borders for entry into Poland.“ Aha, vor einem Jahr hatte mich die RCB noch vor einem schweren Sturm mit heftigem Wind und starken Regenfällen gewarnt, jetzt stehen die anstehenden Grenzkontrollen in einer Reihe mit Erdbeben, Überschwemmungen, Tornados, etc…!? Betrifft mich nicht, ich fahre ja von Lublin nach Westen. Sollte man meinen, denn, in Poznań angekommen, fällt mir die relativ hohe Zahl von Dönerbuden, Barber-Shops und Orient-Märkten auf. Offensichtlich gibt es dafür einen Bedarf und tatsächlich hat sich das Straßenbild verändert, es ist viel diverser als andernorts in Polen; zu divers werden viele meinen und die angekündigten Grenzkontrollen haben etwas damit zu tun. Auffallend viele deutsche Seniorengruppen sind jedoch unbehelligt nach Poznań gekommen und bevölkern den Alten Markt und die Altstadt, die man daher besser in den frühen Morgenstunden besucht. Als Kontrastprogramm bieten Lost Places genau das Gegenteil und man wird sogar im Zentrum von Poznań fündig. Eine Minute vor zwölf, denn die Areale des Alten Gaswerks und des Alten Schlachthauses sind großräumig abgesperrt und es wird heftig gebaut. Das Wetter verschlechtert sich. Regen, Diversität, deutsche Senioren, Großbaustellen, das alles kommt mir doch sehr vertraut vor, dann kann ich auch gleich weiter nach Westen und nach Hause fahren - sagt meine Frau!Read more

  • An der Peripherie • Berlin (5.432 km)

    Jul 9–11 in Germany ⋅ ☁️ 17 °C

    Wer auf dieser Tour bisher mit von der Partie war, kennt das schon: Lost Places, jüdische Friedhöfe, Street Art und sowjetische Ehrenmale. All das hat Berlin selbstverständlich zu bieten. Zwar nicht in Mitte oder am Prenzlauer Berg, dafür aber an der Peripherie und, wie es sich für eine Metropole gehört, mit monumentalen Dimensionen. Mit einer Fläche von 3,55 Quadratkilometern ist das als Park und Freizeitfläche genutzte Tempelhofer Feld sogar noch ein wenig größer als der Central Park in New York. Der angrenzende von den Nationalsozialisten in den 1930er Jahren erbaute Flughafen Berlin-Tempelhof war seinerzeit das größte Gebäude der Welt und ist nach wie vor das größte Baudenkmal in Europa. Der jüdische Friedhof Berlin-Weißensee hat eine Fläche von etwa 42 Hektar und ist, mit 116.000 Grabstellen, der größte erhaltene jüdische Friedhof Europas. Die East Side Gallery ist 1,3 Kilometer lang und damit das längste erhaltene Teilstück der Berliner Mauer, die nach dem Fall der Mauer von Künstlern zu einer Open-Air-Galerie umgestaltet wurde. Das Sowjetische Ehrenmal Berlin-Tiergarten war das erste große Ehrenmal, das nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Berlin errichtet wurde. Bei all dieser Gigantomanie, ist es dann nicht ein wenig tröstlich, dass zwei Jungs auf dem riesigen Tempelhofer Feld ihre Wurftechnik im Basketball verbessern? „Take care!“ haben sie mir zugerufen - ich gebe mir Mühe, auch auf der letzten Etappe unserer Tour!Read more

  • Eine Bilanz • Rheinberg (6.068 km)

    July 11 in Germany ⋅ ☁️ 24 °C

    Wir waren gemeinsam in 20 Etappen 43 Tage unterwegs, vom 30.05.2025-11.07.2025. In dieser Zeit haben wir zehn Länder bereist: Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Italien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Rumänien, Ungarn und Polen, das sind 5% der Welt. Wir haben in Malbun auf 1.614 m ü. NN übernachtet. Anschließend haben wir den Spülgenpass zwischen der Schweiz und Italien auf 2.114 m ü. NN mit seinen 75 Spitzkehren bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt überwunden. Sonst war es am wärmsten in Rom mit 36°C und am kältesten in Malbun mit 16°C. Wir sind 6.421 Kilometer gereist, davon 6.068 Kilometer mit dem Motorrad; den Rest mit Fähren, Bummelzügen, E-Bikes, E-Scootern und zu Fuß. Wir haben uns im Verkehr vorbildlich verhalten und keine einzige Strafe kassiert. Wir haben über 2.500 Fotos geschossen und davon 200 bei FindPenguins und Blogger veröffentlicht. Wir haben in Villingen Freunde nach 42 Jahren wiedergetroffen und auf der Fähre von Bari nach Dubrovnik neue Bekanntschaften geschlossen. Der einzige Flop war, dass ich vor Beginn der Reise den verkehrten Fahrzeugschein eingesteckt habe und damit praktisch die ganze Zeit ohne gültige Fahrzeugpapiere unterwegs war. Das ist, erst nach etlichen Grenzübertritten, an der serbisch-rumänischen Grenze aufgefallen, auch mir selber, und hätte zu ernsthaften Komplikationen geführt, wenn der freundliche rumänische Grenzbeamte kein Einsehen gezeigt hätte. Hat die Reise Spaß gemacht? War sie erschwinglich? Besteht Wiederholungsgefahr? Ich, für meinen Fall, würde diese drei Fragen bejahen, wie seht ihr das…?!Read more

    Trip end
    July 11, 2025