Ich bin Filmemacher und Fotograf. 2023 habe ich mir den Sommer freigenommen, um Norwegen der Länge nach zu Fuß zu durchqueren. 2700 km von Lindesnes im Süden bis hoch zum Nordkap. Am 01.06. geht es los… もっと詳しく Aschau im Chiemgau, Deutschland
  • 日106

    Alta - Hestryggen

    2023年9月13日, ノルウェー ⋅ ⛅ 7 °C

    Um halb sechs werde ich wach. Im Vergleich zur letzten Nacht habe ich aber richtig gut geschlafen. Am liebsten würde ich mich wieder umdrehen und noch einen weiteren Tag hier verbringen. Draußen ist es grau, kalt und regnerisch. Hier drinnen ist alles so wunderbar trocken, weich und warm. Erst jetzt fange ich an, meinen Rucksack zu packen. Gestern hatte ich keine Lust dazu. Überhaupt war gestern ein seltsamer Tag. Um vier Uhr war ich mit starken Verspannungskopfschmerzen wach geworden, die erst nach dem Frühstück wieder ganz weg waren. Den ganzen Tag war ich mit Einkaufen und weiteren Planungen beschäftigt. Nach Olderfjord habe ich ein Paket mit Trekkingnahrung geschickt, damit ich Gewicht spare. Mit den Kopfhörern gab es Probleme, dass ich zurück zum Laden musste. Am Nachmittag hatte ich mich nochmal hingelegt, aber auch nicht so richtig geschlafen. Im Supermarkt habe ich bei dem Gedanken daran, dass meine Reise nun dem Ende zu geht um ein Haar zu weinen angefangen. Ähnlich ging es mir gestern Morgen beim Frühstück. Heute fühle ich mich stärker und fokussierter. Um sieben Uhr gehe ich zum Frühstück. Wegen irgendwelchen Umbaumaßnahmen ist das Frühstück in einem Restaurant 50 Meter vom Hotel. Jetzt ist ein klein wenig mehr los als gestern. Ich freue mich über frischen Kaffee, ein Glas Saft und Rührei mit Speck. Zwei Tische weiter sind zwei Männer, der Kleidung nach Arbeiter. Beide ziehen so oft die Nase hoch, mit einem viel zu lauten Schnattern und husten dann in ihre Pullis. Rücksichtsvoll aber ekelig. Heute nehme ich keinen dritten Kaffee. Ich habe absolut keine Lust, jetzt noch krank zu werden. Gestern Abend hatte ich schon das Gefühl, dass es ganz leicht im Hals kratzt. Und jetzt sitzen diese beiden laufenden Nasen in meiner Nähe. Schnell weg.

    Zurück im Hotel geht es mit dem Packen weiter. Meine Snacktüte ist wieder ein richtig schwerer Klumpen, sicher das schwerste Modul in meinem Rucksack. Dicht gefolgt von meiner Frühstückstüte, wo rund 1,2 Kilogramm Müsli drinnen sind. Aber kein Früchtemüsli, sondern Knuspermüsli. Zum Knuspermüsli habe ich heißen Kakao gekauft, der sich mit Wasser anrühren lässt. In der Kombi werde ich mir mein Trekkingfrühstück einfach selbst machen. Auch hier wird‘s vermutlich nur wenig „crunchy“. Beim Packen sortiere ich einiges aus. Das Solarpanel hilft mir mittlerweile eh nichts mehr. Die kurze Hose brauche ich nicht. Kappe kann auch weg. Ich spare sicher schnell ein ganzes Kilo ein, das ich insbesondere auf der letzten Etappe nicht mehr benötige. Alles Zeug, was ich nicht brauche, kommt in einen Karton, den ich später an der Rezeption abgebe. In 11 Tagen komme ich ja wieder her. Als alles gepackt ist und ich abmarschbereit bin, lege ich mich noch etwas ins Bett. Draußen ist es so ungemütlich. Ich habe echt keine Lust, loszugehen.

    Es hilft nichts. Ich mache mich um viertel vor neun auf den Weg. Heute bin ich nicht so emotional, wie ich es sonst oft war, wenn es nach einem Ruhetag wieder weiter ging. Heute denke ich daran, dass ich in einigen Tagen ja wieder hier sein werde. Draußen ist es immer noch am nieseln, der Wetterbericht verspricht aber Besserung im Laufe des Tages. Eigentlich wollte ich ja die letzte Etappe viel Straße laufen, weil es zwei Tage einsparen würde. Doch erst als die Etappe konkret wurde, wurde mir klar, dass das keine Option ist. Lange habe ich die letzte Etappe als eine Art Pflichtetappe nach der „Königsetappe“ durch Nábár gesehen. Jetzt möchte ich noch einmal so viel Zeit wie möglich in der Natur verbringen. Dafür laufe ich 50 Kilometer mehr. Die ersten 50 Kilometer gehen gefühlt in die komplett falsche Richtung, Richtung Ostsüdost. Zuerst muss ich wieder raus der Stadt. Es geht vorbei an der Universität von Alta in ein Waldgebiet. Zahlreiche kleine Pfade führen hier entlang, es ist wie eine Art Park. Allerdings muss ich an jeder Gabelung auf mein Handy schauen und schaffe es zwei Mal, falsch zu gehen. Dann habe ich es irgendwann wieder an eine Straße geschafft. Aus dem Nieselregen ist mittlerweile richtiger Regen geworden und ich ziehe die Regenhose an. Jetzt ist es wirklich maximal ungemütlich.

    Meine Route führt wieder über einige Straßen und bringt mich schließlich wieder auf eine Loipe. Mein Tempo heute ist absolut gemäßigt. Ich bin nicht so getrieben wie vor zwei Tagen. Dass ich heute nur 24 Kilometer schaffen muss, entspannt mich. Außerdem zwickt das rechte Knie immer wieder und meine rechte Hüfte schmerzt. Was das Knie jetzt noch will, weiß ich nicht. Bei der Hüfte bin ich mir sicher, dass ich sie vorgestern überbelastet habe mit den vielen und schnellen Kilometern. Ich hoffe, das läuft sich die Tage irgendwie raus. Die ersten Meter der Loipe lassen sich sehr gut gehen. Dann kommt ein Abschnitt, der frisch bearbeitet zu sein scheint. Eine reine Schlammschlacht. Immer wieder sinke ich tief ein. Meine heute morgen noch durch und durch trockenen Schuhe sind mittlerweile komplett durchnässt und im linken Schuh steht das Wasser. Hätte ich jetzt gleich am ersten Tag der Etappe nicht unbedingt gebraucht. Aber ich sehe es locker. Ein bisschen freue ich mich auch auf den Moment, wenn ich die Schuhe nach Erreichen des Nordkaps in die Tonne kloppe! Der schlammige Abschnitt zieht sich. Dafür hört der Regen auf und von Westen her wird es immer heller und blauer Himmel wird sichtbar. Dann bin ich irgendwann wieder auf einem festen Weg. Nach 12,5 Kilometern mache ich meine erste Pause bei einem Fluss. Noch immer laufe ich durch ein Tal mit vielen Höfen und landwirtschaftlich genutzten Wiesen. Dann geht es für einige Kilometer auf die Straße. Mittlerweile scheint die Sonne. Im Schatten ist es richtig kalt, aber in der Sonne spüre ich die Wärme. Auf der Straße komme ich gut voran, bekomme aber auch einmal mehr vor Augen gehalten, wie unrund ich mit meiner Hüfte laufe. Nach 16 Kilometern verlasse ich die Straße und endlich ist wieder ein Wanderweg vom DNT ausgeschildert.

    Von nun an geht es leicht bergauf. Der Abschnitt ist eher unemotional, aber ich habe Lust, meine neuen Kopfhörer zu nutzen. So geht es mit Musik einige Kilometer durch eine Art Schlucht. Hier kommt die Sonne nicht rein und es ist richtig frisch. Er dauert, bis ich endlich die Höhe erreicht habe, wo auch die Sonne hinkommt. Es wird zunehmend steiler und bald habe ich es geschafft. Ich bin wieder im baumlosen Fjell unterwegs. Die bodennahe Vegetation ist nur noch gelb und rot. Die Weite hier oben ist wieder das, was ich in Norwegen so sehr liebe. Nach einigen Minuten habe ich mein Tagesziel erreicht. Ich schaue auf die Karte und sehe, dass zwei Kilometer weiter noch ein See kommt. Die sind heute noch drin. Ich merke deutlich, dass ich heute nicht noch mehr hätte laufen wollen. Das wäre nur Quälerei geworden. Ich bin richtig zufrieden mit meiner Entscheidung, weniger Kilometer zu machen. Um viertel nach vier liege ich im Zelt und habe bereits Wasser vom See geholt. Zum Waschen ist es mir einfach zu kalt und da ich mich nicht hundert Prozent fit fühle, will ich meinen Körper nicht mit zusätzlicher Kälte stressen. Aber die letzte Dusche war ja erst heute morgen. Das ist für mich ok. Ich höre ein Hörspiel und schlafe schnell ein. Immer wieder werde ich kurz wach, schlafe aber direkt wieder ein. Herrlich. Um halb sieben beende ich meinen „Mittagsschlaf“. Endlich mal wieder ausgeruht schreiben. Um 20.00 Uhr bin ich fertig und ich esse zu Abend. Im Zelt ist es jetzt schon richtig dunkel und im Schein meiner Stirnlampe sehe ich wieder meinen Atem.

    Meine App sagt für heute eine hohe Wahrscheinlichkeit für Nordlichter voraus. Ich stelle mir einen Wecker auf kurz vor elf. Tatsächlich bin ich schon eingeschlafen und meine Motivation, rauszugehen hält sich in Grenzen. Ich schaue liegend aus dem Zelt und sehe einige Wolken. Zwischen den Wolken sehe ich tatsächlich etwas von dem, was ich vor drei Tagen in Nábár gesehen habe, sogar etwas eindeutiger. Aber ich habe keine Lust, raus in die Kälte zu gehen und bleibe müde im Bett liegen. Eine halbe Stunde später muss ich pinkeln. Zum Glück. Denn als ich raus gehe, sehe ich schon deutlich mehr. Ein ganzer Streifen ist am Himmel und heute leuchtet es auch mehr als beim letzten Mal. Ich hole mein Handy mit dem kleinen Stativ und lasse zum fotografieren meine Stirnlampe im Zelt an. Auf den langzeitbelichteten Fotos sieht es teilweise wieder deutlich krasser aus als in Wirklichkeit. Zwischendurch erkenne ich sogar zum ersten Mal Bewegung in den Lichtern und zeitweise werden sie deutlich heller. Dann, für ungefähr zehn Sekunden, werden einige Lichter richtig hell und bunt und es ist richtig Bewegung drin. Mir steht das Wasser in den Augen. War ich von dem Phänomen bislang nicht so beeindruckt, gehört das hier zu den schönsten und beeindruckendsten Dingen, die ich je gesehen habe. Nach einigen Sekunden ist dieses intensive Lichtschauspiel wieder vorbei und es bleibt bei den gemäßigten Nordlichtern. Am liebsten würde ich noch die ganze Nacht auf wieder so ein spektakuläres Licht wie vorhin lauern. Aber es ist kalt. Zum Glück geht kaum Wind. Aber mit meiner langen Unterhose und meiner Daunenjacke wird es bald zu kalt und ich gehe zurück ins Zelt. Laut Wetterbericht dürfte es hier gerade um die zwei Grad haben. Im Zelt mache ich mir noch einen heißen Kakao. Dabei schaue ich immer wieder mal raus. Ich bin sicher, dass ich in der Nacht noch einiges verpasst habe. Aber ich will mich auch nicht erkälten und ein paar Nächte habe ich ja noch. Ich bin zufrieden. Heute habe ich zum ersten Mal ein richtig intensives, schönes Nordlicht gesehen. Nur wenige Sekunden. Aber das ändert nichts!
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  • 日105

    Alta (Ruhetag)

    2023年9月12日, ノルウェー ⋅ ☁️ 10 °C

    Frühstück, Einkäufe, Nichtstun. Ich kaufe Snacks für die nächsten sechs Tage. Zum Nordkap werde ich über Olderfjord laufen, was ich nach sechs Tagen erreichen werde. Die Etappen habe ich bewusst unter 25 km geplant, um nicht wieder in die Raserei zu verfallen. In Olderfjord habe ich noch einmal ein Zimmer gebucht für eine Nacht, damit ich noch einmal alle Powerbanks laden kann und auch selbst nochmal ein richtiges Bett zwischendurch habe. Außerdem bin ich jetzt endlich wieder im Besitz guter, funktionierender Kopfhörer. Für die Tage nach dem Nordkap habe ich mir schon ein Zimmer im gleichen Hotel in Alta gebucht. Ich werde ein paar Tage für mich brauchen. Schon jetzt merke ich, was da alles an Emotionen arbeitet, wenn ich daran denke, dass diese Reise nun zu Ende geht. Tatsächlich habe ich heute nicht ein einziges Foto gemacht.もっと詳しく

  • 日104

    ATV-Trail - Alta

    2023年9月11日, ノルウェー ⋅ ☁️ 13 °C

    Um 05.00 Uhr werde ich wach. Draußen ist ein wunderschöner Sonnenaufgang. Es ist richtig frisch draußen und ich sehe meinen Atem. Es geht fast kein Wind. Die Stimmung draußen ist traumhaft. Ich mache ein paar Fotos und eile dann zurück in den warmen Schlafsack. Dann mache ich Frühstück. Das Anziehen der klammen Wandersachen erfordert heute wieder besondere Überwindung. Um halb acht bin ich abmarschbereit.

    33 Kilometer stehen heute auf dem Programm. Der Rucksack ist mittlerweile deutlich leichter, obwohl ich heute sogar meine schwereren Wanderschuhe im Rucksack habe und mich mit den Laufschuhen auf den Weg mache. Da ich nur auf dem festen ATV-Trail unterwegs bin und später auf der Straße, will ich meinen Füßen heute etwas Abwechslung bieten. Gestern hat der linke Fuß wieder laut gemeckert. Mittlerweile weiß ich aber, dass nach dem Meckern nicht viel kommt und mache mir deswegen nicht mehr so große Sorgen, dass das nochmal zu einem richtigen Problem werden könnte. Die ersten Kilometer gehe ich zügig. Heute will ich einfach so schnell wie möglich ankommen. Ich freue mich so sehr auf ein richtiges Bett und ein eigenes Bad. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich das zum letzten Mal vor dreieinhalb Wochen in Sulitjelma hatte. Dazwischen hatte ich einmal das schreckliche fensterlose Zimmer und zwei Ruhetage im Zelt. Dagegen erwartet mich in Alta jetzt richtiger Luxus.

    Ich bin getrieben. Dabei ist es perfektes Wanderwetter. Wenig Wind, Sonnenschein. Die Landschaft in all ihren Farben ist einfach wundervoll. Nach 13 Kilometern mache ich eine erste Pause, aber nicht lang. Nach 17 Kilometern habe ich die Straße erreicht und einige Zeit später mache ich eine Pause am Straßenrand. Ich bin wirklich schnell unterwegs. Es ist gerade Vormittag und ich habe fast 20 Kilometer geschafft. Ich tausche einige Sprachnachrichten mit Stanley aus. Auch er ist jemand, der gerne alleine ist und ich glaube, er kann besonders gut nachempfinden, was diese Reise für mich bedeutet. Eigentlich wollte ich die Straße entlang nach Alta gehen. Aber diese ist stark befahren und es gibt so gut wie keinen Platz neben dem Begrenzungsstreifen. Komoot führt mich über Wege abseits der Straße. Es scheinen Loipen zu sein, die im Sommer als Wanderwege dienen. Alle paar Meter steht eine Laterne, dass man hier in der dunklen Jahreszeit trotzdem Sport machen kann. Nach jeder kurzen Pause fällt mir das Weitergehen schwer. Ich brauche jeweils ein paar Meter, dass ich wieder halbwegs rund laufe. Zu Beginn ist es mehr ein humpeln. Eigentlich wäre jetzt eine lange Pause gut, aber ich will ankommen. Kurz bevor ich das Straßennetz von Alta erreiche, führt mich Komoot über einen kleinen Pfad, der eine Abkürzung zu sein scheint. Nach wenigen Metern versinke ich mit beiden Schuhen um vollgesogenen Moos. Das hätte es jetzt wirklich nicht mehr gebraucht, zumal ich aktuell nur über ein Paar Socken verfüge. Als ich wieder festen Untergrund habe, ziehe ich die Schuhe aus und wringe die Socken aus.

    Dann habe ich noch knapp 3,5 Kilometer Straße vor mir. Die ziehen sich, aber ich beiße. Ein Hotelbett in Sicht ist heute eine hervorragende Motivation. Dann habe ich es gehen 15.00 Uhr geschafft. Etwas mehr als 33 Kilometer waren es heute. Die Hoteltür ist verschlossen und ich lese etwas von Self-Checkin. Oh ne. Ich war von einer echten Rezeption ausgegangen. Ich habe ja nicht mal konkret gebucht. Das Hotel hatte mir vor einigen Tagen geantwortet, dass sie meine Ankunftszeit flexibel halten. Ich wähle die Nummer, die am Eingang steht. Es ist eine Art Hotline. Erst muss ich die Sprache wählen, dann den Grund. Ich kann das Canyon Hotell auswählen, dann meldet sich ein Mann. Ich erkläre mein Anliegen und so richtig verstehen tut er mich nicht. Ich könnte morgen einchecken. Ich erkläre, dass ich vor dem Hotel stehe und heute einchecken muss. Das wurde mir schließlich zugesagt. Dann erzählt er irgendwas von Upgrade und ich würde eine SMS mit Zugangsnummer bekommen. Diese Art des Selbstcheckins erinnert mich an mein fensterloses Zimmer in Abisko und meine Laune geht Richtung Keller. Dann frage ich, wo ich meine Pakete bekomme, die ich hierher geschickt habe und erkläre, dass mir nicht bewusst war, dass es hier keine Rezeption gibt. Ich solle in den dritten Stock kommen, dort gibt es eine Rezeption und dort sei auch er. Er hätte mich auch einfach direkt nach oben bitten können. Aber egal. Der erste Eindruck vom Hotel innen ist viel besser als erwartet. Allerdings hat meine Erinnerung an Abisko meine Erwartungshaltung ziemlich niedrig gesetzt. Aber das hier scheint ein vollwertiges Hotel zu sein. Im dritten Stock begrüßt mich der Mitarbeiter sehr herzlich umd hat beide meiner Pakete bereitliegen. Ich erzähle ihm, dass ich hier einen Ruhetag mache, den ich dringend nötig hätte. Dann sei es ja super, dass ich ein Upgrade bekommen hätte, sagt er. Tatsächlich ist mein Zimmer deutlich größer als meine Zimmer bislang. Ich breite all meinen Kram im Zimmer aus und setze mich auf‘s Bett. Ich bin fix und fertig. Und unfassbar zufrieden, jetzt hier zu sein. Was für ein Luxus!! Dann dusche ich, lege mich auf‘s Bett und schlafe ein. So ein komatöses Wegdösen, bei dem man immer mal kurz wach wird und dann gleich wieder einschläft. Boah, tut das gut!

    Danach mache ich mich auf den Weg in die Mall, die 50 Meter entfernt ist. Alta ist die erste richtige Stadt seit Røros, wo ich Mitte Juli Christel und Raimund getroffen habe. Seither gab es maximal Orte mit einem Supermarkt. Alta hat 12.000 Einwohner und einen Flughafen. Von hier werde ich auch zurück nach Oslo und dann nach Deutschland fliegen. In der Mall gibt es Peppes Pizza, wie es auch in Geilo eine Filiale gab. Für rund 20 EUR gibt es eine große Cola und das Pizzabuffet. All you can eat! Erst nehme ich mir vor, die Kette durch übermäßigen Pizzakonsum in den Ruin zu stürzen. Aber nach sechs großen Stücken bin ich fertig und ich vermute, Peppe wird sich von meinem Besuch recht schnell erholen. Danach schlendere ich noch etwas durch die riesige Mall. Eigentlich ist das nicht mein Ding. Aber hier geht es überall entspannt zu. Keine Musik, nicht viele Leute. Es gibt mehrere Sportläden, Elektronikläden und zig andere Läden, die mich nicht interessieren. Hier werde ich alles bekommen, was ich benötige. Aber erst morgen. Heute gehe ich nur noch in den Supermarkt, um mich mit Saft, Cola und Bier einzudecken. Dazu Chips und Schokolade. Und zwei Smoothies für mein Gewissen.

    Im Hotel liege ich auf dem Bett und lasse es mir gut gehen. Teilweise beschäftige ich mich schon mit Themen wie der weiteren Strecke, was ich morgen einkaufen muss und so weiter. Aber dann lasse ich es gut sein. Für heute reicht‘s und bald mache ich das Licht aus.

    P.S.: Mit meiner Ankunft in Alta hat meine Spendenaktion die 10.000 EUR Marke geknackt! Vielen Dank an alle Unterstützer. Dass das ganze 5-stellig wird, hätte ich mir nicht träumen lassen. Geilo Alta!!
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  • 日103

    Heisojávri - ATV-Trail vor Alta

    2023年9月10日, ノルウェー ⋅ 🌬 12 °C

    Mitten in der Nacht werde ich wach. Dann stelle ich fest, er ist gerade einmal 22.30 Uhr, dafür aber stockdunkel. Ich muss pinkeln und klettere aus dem Zelt. Teile des Himmels sind wolkenfrei und es ist sternenklar. Ich weiß gar nicht, wann ich zuletzt einen Sternenhimmel gesehen habe. Im Sommer war es nie ganz dunkel, zuletzt war es oft bewölkt. Ich bestaune die Szenerie einige Sekunden und gehe dann zurück ins Zelt. Der Wind pfeift und es ist kalt draußen. Auch heute ist noch nicht die Zeit für Polarlichter gekommen. Es dauert bis ich wieder schlafe. Um 04.30 Uhr werde ich wach. Das wird ja jetzt immer früher. Aber die Uhrzeit ist mir zu unmenschlich und ich versuche, noch etwas Schlaf zu bekommen. Um 06.30 Uhr stehe ich auf. Irgendwie bin ich wohl noch ein oder zwei mal eingenickt. Der Wind rüttelt am Zelt. Draußen höre ich in der Ferne das Rauschen der Wellen auf dem See. Die Wolken hängen tief und ein Großteil der Landschaft verschwindet im Nebel. Ich frühstücke in Ruhe und mache mich dann fertig. Unter einem lauten „Uuuaaaahhh“ ziehe ich mein noch etwas feuchtes Sportshirt an. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, man hört mich jeden Morgen, wenn ich meine Wandersachen anziehe. Es ist fast schon ein Ritual. Es ist einfach der unangenehmste Moment am Morgen. Wenn dann alles verstaut ist und die Klamotten warm werden, ist das schlimmste geschafft.

    Um 8.20 Uhr mache ich mich auf den Weg. Die Wolkenbasis hat sich klein ein wenig angehoben und über dem See schaffen es einige Sonnenstrahlen durch die Wolken. Wie im Zeitraffer ziehen die Lichtstrahlen über den See. Da ist ordentlich Wind drin. Die ersten Meter gehen sich einfach. „Richtung halten“ ist auch heute meine Herausforderung. Nach einem weiteren Hügel habe ich kilometerweite Sicht auf die kommende Strecke. Von hier aus sieht alles sehr eben aus. Erst als ich weiter gehe zeigen sich die anspruchsvollen Abschnitte. Mal größere Geröllabschnitte, dann sehr unebener aber weicher Untergrund, dann sumpfige Abschnitte. Nach fünf Kilometern mache ich eine erste Pause. In der Ferne höre ich Motoren. Was ist das? Dann entdecke ich weit hinter mir zwei ATVs (Quads) und ein Motorrad dazwischen. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind es Sami. Die haben einige Hütten und ihre Rentierherden hier. Sie halten auch die Rentierzäune instand. Allerdings darf man bei diesen Zäunen nicht an einzelne Gehege denken. Diese Zäune ziehen sich kilometerweit durch die Gegend, dass man weder Anfang noch Ende sehen kann. So werden die Herden voneinander getrennt. Gestern musste ich bereits einige Male über einen dieser Zäune hinweg klettern oder unten hindurch. Die dunklen ATVs und das Motorrad in dieser menschenleeren Szenerie wirken wie die Bösewichte in einem James Bond Film. Ich habe fast das Bedürfnis, nicht entdeckt zu werden. Das ist natürlich totaler Quatsch aber die Fahrzeuge wirken hier einfach deplatziert oder irgendwie irritierend. Da weder schießende Hubschrauber oder James Bond persönlich die Szenerie ergänzen, mache ich mich weiter auf den Weg. Es geht minimal bergauf, gerade so viel, dass ich keinen wirklichen Horizont habe. Alles, was ich vor mir sehe, ist die braune Graslandschaft. Es ist schlichtweg unmöglich, sich hier einen Punkt zu suchen, den ich anpeile. Ein Blick zum Boden und ich habe die Richtung verloren. Also gehe ich so gut es geht geradeaus und korrigiere zwischendurch auf Basis meiner Appdaten.

    Dann wird das Gelände wieder ein wenig abwechslungsreicher. Felsen, kleine Hügel und ein „besserer“ Horizont. Nach 9 Kilometern mache ich meine zweite Pause. Ich merke jetzt schon, dass ich müde werde. Dabei habe ich heute wieder einiges vor. Auch heute möchte ich 30 Kilometer schaffen, da ich dann morgen nach einem weiteren langen Tag Alta erreichen werde. Hier wartet ein Hotel und ein Ruhetag auf mich. Idealerweise auch die zwei Pakete, die ich mir von unterwegs hierher geschickt habe. Beide Pakete mit Sachen, die in meinen vorherigen Paketen zu viel waren. Gestern und heute überlege ich, warum ich so schnell vorankommen möchte und warum ich dafür so anstrengende Etappen in Kauf nehme. Warum bin ich wieder so getrieben? Ich glaube, die Antwort hierauf ist ein Mix aus mehreren Faktoren. Auf der einen Seite, möchte ich nicht schon am frühen Nachmittag im Zelt liegen. Selbst, wenn das Wetter gut ist und ich mich vor mein Zelt setzen kann, wird der Wind dafür sorgen, dass ich bald wieder reingehe. Außerdem merke ich, dass ich auch langsam ankommen möchte. Vom Wetter her habe ich ziemliches Glück, dennoch macht sich der Herbst bemerkbar und es wird kühler. In den letzten Tagen habe ich viele schöne Momente erlebt. Aber ich nehme gerade einfach nicht mehr so viel davon auf. Vielleicht werden viele dieser Momente erst in meiner Erinnerung wichtig. Im Moment bin ich ein wenig abgestumpft. Mir fehlt die Musik. Mit ihr schaffe ich es, diese wunderbaren Erlebnisse hier intensiver wahrzunehmen. Für mich ist es jetzt auf jeden Fall okay, etwas getrieben zu sein.

    Die nächste Pause mache ich nach nicht ganz 13 Kilometern. Hier habe ich vollen Empfang und ich nutze die Gelegenheit, meine Footprints hochzuladen. Danach nehme ich mir vor, wieder mehrere Kilometer am Stück zu gehen. Der Himmel lockert immer weiter auf und es wird zunehmend sonniger. Der Wind aber bleibt. Besonders, wenn ich die höchsten Punkte der hügeligen Landschaft passiere. Nach 18 Kilometern mache ich wieder eine Pause. Auf den letzten Kilometern habe ich recht wenig Fotos gemacht. Diese Weite hier lässt sich nicht einfangen. Man muss einfach hier sein, um sie halbwegs zu begreifen. Ich esse Schokolade und Nussmix und nach einigen Minuten kühle ich richtig aus. Ein weiterer Grund, der mich antreibt. Zum Innehalten und Verweilen ist es einfach zu frisch. Ich ziehe mir die Handschuhe an und gehe einen Schritt schneller. Der Wind ist definitiv kälter als gestern. Es dauert einige Zeit, bis mir warm wird. Am Ende eines weiteren Sees, der mir als Orientierung hilft, sehe ich einen ATV-Trail. Ich wechsle auf den Weg, da der Untergrund hier fester ist und das Wandern durch den teilweise weichen Untergrund mit Moos und Blaubeersträuchern deutlich kräftezehrender ist. Auf Komoot ist dieser Trail nicht eingespeichert. Ich habe wieder Empfang und schaue mir die Satellitenbilder an. Dieser Trail führt bis zur Straße, die mich nach Alta bringt. Ich hatte mich noch auf 10-15 Kilometer querfeldein eingestellt. Aber jetzt freue ich mich, dass der restliche Weg bis Alta offensichtlich und vorgegeben ist.

    Im wunderschönen Nachmittagssonnenlicht folge ich dem Trail. Bald ist der höchste Punkt des Tages erreicht und eine wahnsinnig schöne Aussicht eröffnet sich mir. Ich bin irgendwie erleichtert. Es sind zwar noch einige Kilometer bis Alta zu laufen, aber das so schwierig anmutende Kapitel „Nábár“ werde ich morgen abschließen können. Der Weg führt mich weiter bergab. Ein ATV kommt mir entgegen. Ich gehe neben dem Weg, damit dieses problemlos an mir vorbeifahren kann. Aber es hält direkt neben mir an. Ein junger Mann sitzt darauf und schaut mich einfach nur an. Ich frage, ob er englisch spricht. Das tut er. Er ist unterwegs, um einen Rentierzaun zu öffnen. Die Rentiere wechseln für den Winter in ein anderes Gebiet. Die Rentiere wüssten das und wechseln von allein, so bald der Zaun geöffnet sei. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, sind er und fünf weitere Personen für eine Herde zuständig. Er erkundigt sich, wo ich herkomme. Ich erzähle ihm kurz von meiner Tour. Er wünscht mir viel Glück und bevor wir uns verabschieden, darf ich noch ein Foto mit ihm machen. Dann brettert er davon. Ich glaube, das macht schon richtig Bock, mit so einem Gerät durch die Landschaft zu rasen. Dann gehe ich weiter. Zwei Pausen mache ich noch, bis ich rechts vom Weg einen Bach entdecke. Auf der anderen Seite des Baches schlage ich mein Zelt auf. Als ich gewaschen im Zelt liege und esse ist es 17.00 Uhr. Weil ich meiner Müdigkeit nachgeben möchte, stelle ich mir einen Wecker auf 19.00 Uhr. Kurz vorher werde ich von alleine wach, mache mir einen Kaffee und schreibe dann meinen Footprint.

    Als ich mit dem Schreiben fertig bin, ist es halb neun. Draußen ist es bis auf einen hellen Streifen am Horizont dunkel und die ersten Sterne zeigen sich. Ich mache mir noch ein Trekkinggericht. Zum ersten Mal brauche ich meine Stirnlampe. Sie wiegt keine 40 Gramm, ist aber bislang das einzige Utensil, das ich nicht einmal genutzt habe. Ab jetzt werde ich sie sicher noch häufiger brauchen. Im Schein der Stirnlampe sehe ich meinen Atem. Es ist jetzt richtig kühl. Nach dem Essen höre ich noch ein Hörspiel. Dadurch dass ich vorgeschlafen habe, bin ich jetzt nicht so sehr müde. Immer wieder schaue ich raus. Es ist seit Wochen das erste Mal, dass der Himmel nachts komplett frei ist. Um kurz vor elf schaue ich wieder raus. Ich sehe etwas schleierartiges. Aber es ist weiß. Ich vermute, dass es doch nur Wolken sind. Aber es verändert sich schneller und anders als Wolken. Spektakulär sieht es auf jeden Fall nicht aus. Mit meinem Handy und dem kleinen Stativ mache ich eine Aufnahme. Das iPhone kann auch echte Langzeitbelichtung. Als ich mir die Bilder anschaue bin ich sicher. Es sind Polarlichter. Ich mache noch ein paar Bilder. Aber was man auf den Bildern sieht, hat wenig mit der Realität zu tun. In Wirklichkeit sehe ich weiße Schleier mit deutlich weniger Intensität als die Formen, die man auf dem Bildern sieht. Ich liege noch einige Zeit bei offener Zelttür. Auf der einen Seite freue ich mich über die erste Sichtung, auf der anderen Seite frage ich mich, wie es wohl aussieht, wenn mal richtig Aktivität ist. Ist das ebenso unspektakulär? Sind die Lichter nur auf der Kamera grün? Ich speichere das ganze als erste Polarlichterfahrung ab. Einen Haken kann ich an das Thema aber nicht machen. Ich bin mir recht sicher, dass ich hier nur wenig Aktivität beobachtet habe und die faszinierenden Eindrücke hoffentlich noch kommen werden.
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  • 日102

    Duorsi (Berg) - Heisojávri (See)

    2023年9月9日, ノルウェー ⋅ ☀️ 18 °C

    Die Nacht ist ganz schön windig. Um kurz nach Mitternacht schaue ich mal aus dem Zelt. Irgendwann wird sich so ein Nordlicht vielleicht mal blicken lassen. Eine dünne Wolkendecke hängt am Himmel, der Mond scheint hindurch aber sonst gibt es wenig zu sehen. Um fünf Uhr werde ich wach. Zuletzt habe ich gar nicht mehr versucht, mich groß umzudrehen und zu versuchen, noch einmal einzuschlafen. Das klappt eh nie, also nutze ich die Zeit. Ich mache Frühstück und Kaffee. Als ich das Zelt verlasse bewegt dich etwas zwischen den Steinen neben dem Zelt. Es ist ein Hermelin. Ein sehr neugieriger. Nur drei Meter von mir stellt er sich auf die Hinterpfoten und schaut mich an. Dann springt er ein paar Steine weiter und schaut wieder. Ein niedliches Tier. Um viertel nach sieben verabschiede ich mich von dem Hermelin und mache mich auf den Weg. Dafür, dass heute die Sonnen scheinen soll, zieht es wieder ganz schön düster von Süden herein.

    Meine Challenge heute: geradeaus laufen. Mit meiner App peile ich in eine Richtung, die Richtung versuche ich beim Gehen zu halten. Das ist gar nicht immer so einfach, weil ich ständig dazu neige, dem Gelände nachzulaufen, einer Höhenlinie oder einem Tal. Manchmal ist es auch gar nicht so leicht zu erkennen, ob es hilfreich ist, gerade auf einen Berg zu laufen, oder doch lieber drumherum. So hochauflösend sind die Karten leider nicht und ich mache immer wieder ein paar Höhenmeter extra. Nach einigen Kilometern komme ich in höheres Gelände. Hier muss ich einiges an Geröllmassen queren. Inzwischen regnet es immer wieder leicht und die Steine sind rutschig. In Summe komme ich aber gut voran. In meine Karte habe ich nur wenige gerade Linien eingezeichnet, an denen ich mich orientiere. Die Kilometer auf der Karte sind sicher deutlich weniger als das, was ich tatsächlich an Kilometern zurücklege.

    Nach 10 Kilometern auf der Karte mache ich im Windschatten einer Felsstufe eine Pause. Es tut gut, mal aus dem Wind rauszukommen. Nach einer kleinen Stärkung geht es weiter. Ab hier geht es auf ein in der Ferne liegendes Tal zu. So ist das Peilen deutlich leichter. Allerdings gibt es jede Menge Geländeeinschnitte, die ich erst sehe, wenn ich kurz davor stehe. Hier kommt einiges an Höhenmetern zusammen. Ständig geht es auf und ab, immer wieder auch durch Geröll. Der Wind bläst weiter kräftig, aber die Sonne kommt jetzt immer häufiger raus. Nach 16 Kilometern finde ich wieder eine Stelle im Windschatten, die voll in der Sonne liegt. Es wird direkt warm und ich lege mich auf den Rücken. Nach einigen Minuten schlafe ich ein. Nicht lange, aber es tut unglaublich gut.

    Heute will ich versuchen, 30 Kilometer zu machen. Dafür liege ich gut in der Zeit. Ich bin hin und hergerissen, ob ich nicht einfach weniger Kilometer am Tag mache, wie es eigentlich geplant war. Aber ich will nicht schon um 14.00 Uhr im Zelt liegen. Aktuell plane ich daher, die Strecke Kilpisjärvi bis Alta in sechs Tagen zu schaffen. Ursprünglicher Plan waren sieben oder acht. Der weitere Wegabschnitt ist richtig anstrengend. Viele kleine Hügel, eher Haufen, lassen mich nur schwer eine gute Linie finden, da ich immer nur bis zum nächsten kleinen Hügel schauen kann. Aber ich arbeite mich geduldig voran. Auf der einen Seite genieße ich die Umgebung, das Gefühl, dass Kilometer weit um mich herum niemand ist. Aber heute bin ich recht unemotional unterwegs. Musik wäre jetzt schön. Stattdessen gehe ich monoton dahin. Mir ist nicht langweilig. Zu schön ist die Landschaft um mich herum. Aber im Genussmodus bin ich heute auch nicht.

    Obwohl der Wind immer kräftiger wird, ist es richtig warm und ich ziehe die Jacke aus. Ich schätze, dass es fast 20 Grad haben könnte. Irgendwann lasse ich den anstrengenden Wegabschnitt hinter mir. Von nun an ist der Untergrund und die Sicht auf den vor mir liegenden Abschnitt wieder besser, dafür geht es eine ganze Weile bergauf. Ich merke, dass ich müde werde. Ob ich die 30 Kilometer heute noch mache? Ich gehe erstmal weiter. Inzwischen sind einige Wolken vor die Sonne gezogen und es wird merklich kühler. Ne höher ich komme, desto windiger wird es. Ganz oben habe ich eine fantastische Sicht. Ich sehe weit zurück, wo ich hergekommen bin. Richtung Norden sehe ich einen großen See, der als weitere Orientierung dient. Am Ende des Sees will ich heute übernachten. Es sind allerdings noch gute 5 Kilometer bis dorthin. Meine Beine werden immer müder und auf dem Weg zum See will noch ein kleiner Berg bewältigt werden. Ich entscheide mich, außen herum zu gehen. Dann wird das Gelände flacher und das Vorankommen wird jetzt super leicht. Ich mache noch eine letzte Pause, dann gehe ich die letzten 2,5 Kilometer für heute. Nahe an einem Bach finde ich eine richtig gute Stelle für mein Zelt. Der Wind bläst kräftig, aber ziemlich gleichmäßig. Mit ein paar Steinen um mein Zelt herum baue ich mir einen kleinen Windschutz, der verhindert, dass der Wind unter dem Außenzelt hindurch pfeift.
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  • 日101

    Stuora (Berg) - Duorsi (Berg)

    2023年9月8日, ノルウェー ⋅ ⛅ 17 °C

    Die Nacht war grundsätzlich ok. Allerdings hat sich heute in der rechten Schulter eine Verspannung gebildet. Ich kenne dieses Gefühl nur zu gut. Manchmal ist sie nach dem Kaffee weg, meistens nimmt das ganze aber Fahrt auf und entwickelt sich wie gestern zu einem dauerhaften ziehenden Kopfschmerz. Meine Ibuprofen sind leider leer, aber ich finde noch Aspirin in meinem Erste-Hilfe-Beutel. Rein damit und abwarten. Dann frühstücke ich. In Kilpisjärvi hatte ich wieder das Tactical Foodpack Frühstück gekauft. Neben dem Rice Pudding habe ich mal das neue Crunchy Chocolate Muesli mitgenommen. Erst jetzt stelle ich fest, dass das mit kaltem Wasser aufgegossen werden soll. Oh ne!! Ich will hier nicht verwöhnt klingen, aber mittlerweile habe ich mich auf meiner Reise an gewisse Standards gewöhnt. Dazu gehört ein warmes Frühstück! Gerade jetzt, wo es draußen immer kühler wird, habe ich nicht vor, Müsli mit kaltem Wasser aufzugießen. Das Früchtemüsligame ist nämlich ebenso durchgespielt wie Schweden und Finnland. Ich gieße einfach heißes Wasser auf das Crunchy Chocolate Muesli und es schmeckt richtig gut. Es ist allerdings alles andere als crunchy. Aber das verkrafte ich.

    Draußen scheint die Sonne. Nach dem Frühstück räume ich das Zelt aus und gehe raus. Bevor ich das Zelt abbaue und den Rucksack packe, gehe ich 300 Meter vom Zelt entfernt den Hügel hinauf. Hier hatte ich gestern ein wenig Empfang. Ich checke das Wetter. Für heute und morgen ist Sonnenschein vorhergesagt, übermorgen kann es etwas Regen geben. Die Windwerte der nächsten Tage sind auch unauffällig. Damit ist meine Entscheidung für die Nábárdurchquerung gefallen. Mit der Alternative hatte ich mich eh nicht wirklich beschäftigt. Ich stehe noch etwas in der Sonne, schaue auf mein kleines Zelt unten neben dem kleinen See. Es ist einfach alles schön gerade. Ich habe so großes Glück, dass das Wetter die letzten Tage mitspielt. Hier gerade in diesem Moment ist meine Welt einfach in Ordnung. Ich bin gespannt auf das, was vor mir liegt, stolz auf das, was hinter mir liegt und absolut frei von Sorgen, Zweifeln und Nöten. Die Sonne lässt die Landschaft vor mir strahlen. Ich sehe das canyonartige Tal, das ich heute durchqueren muss. Dahinter sehe ich die hügelige Landschaft von Nábár. Als ich Nicole eine Sprachnachricht schicke, um diesen Moment hier wenigstens halbwegs zu teilen, bleibt mir zwischendurch kurz die Sprache weg. Es ist einfach nur schön.

    Dann gehe ich zurück zum Zelt, baue es ab, packe alles und mache mich auf den Weg. Es ist viertel vor acht. Die ersten weglosen Kilometer gehen sich leicht. Eine breite Gerölllandschaft, in dessen Mitte sich ein Fluss Richtung Tal schlängelt, macht mir das Leben etwas schwieriger. Ich muss schauen, wo ich überhaupt langgehen kann, ohne klettern zu müssen, finde aber immer einen guten Weg. Hinter mir wird es immer dunkler. Da hat sich der Wetterbericht aber ordentlich geirrt. Es dauert nicht lange, dann fallen die ersten Tropfen. Auf der anderen Seite des Flusses kann ich schon die Stromleitungen sehen, über welche ich mit Daniel und Daina gesprochen hatten. Wenn man diesen folgt, kommt man wohl unkompliziert runter in das Tal, das Reisadalen. Ich gehe weiter Richtung Stromleitungen und habe plötzlich einen riesigen Canyon vor mir. Ich überlege, abzusteigen und auf der anderen Seite wieder hoch zu gehen. Aber ich habe zu wenig Einsicht in diesen Geländeeinschnitt. Ich gehe ein paar Meter steil bergab und schnell sagt mir mein Bauchgefühl, doch lieber den großen Bogen zu gehen. Der Canyon ist einen Kilometer Richtung Osten gut umgehbar. Bei der Umgehung muss ich immer wieder durch weitere auf der Karte nicht ersichtliche Einschnitte, die zwar ungefährlich aber mühsam sind. Und es regnet sich langsam ein, dass ich auch meine Regenhose anziehe. Dann habe ich es irgendwann geschafft und ich laufe unter den Stromleitungen runter ins Tal. Hier hat sich sogar bereits ein kleiner Pfad gebildet, dem ich nur noch folgen brauche. Erst hier realisiere ich, wie wichtig der Tipp mit den Stromleitungen war. Alle Versuche, hier an anderen Orten abzusteigen, hätten an steilen Felswänden geendet und mich viel Zeit gekostet.

    Im Reisadalen angekommen, stoße ich auf den eigentlichen Wanderweg. Wäre ich gestern diesem Weg gefolgt, hätte ich bis hier gute zwei Tage gebraucht. Der Pfad führt direkt entlang am Fluss, der sich relativ breit und an einigen Stellen durchaus tief durch das Tal mit steilen Wänden an beiden Seiten schlängelt. Der Regen hört langsam auf und es wird zunehmend heller. Die Luft ist feucht und warm. Es riecht richtig nach Herbst. Nach ungefähr 12 Kilometern erreiche ich die Nedrefosshytta, eine Hütte des DNT. Daina hat hier die letzte Nacht verbracht und wollte den Wetterbericht, denn ihr Mann ihr über das GPS-Gerät geschickt hat, hier ins Hüttenbuch eintragen. Ich schließe die Hütte auf und schaue in das Hüttenbuch. Dainas Wetterbericht deckt dich in etwa mit dem, was ich heute morgen abgerufen habe. Dann lege ich mich auf die Couch und ruhe mich etwas aus. Ich merke aber, dass ich mich nicht so richtig fallen lassen kann. Zu sehr bin ich gespannt auf den Querfeldeinaufstieg auf‘s Nábár-Plateau. Hier machen sich alle ein wenig verrückt, auch ich. Es existiert sogar eine Wegbeschreibung von Martin Kettler, der NPL 2013 angefangen und 2015 beendet hat. Beinahe hätte ich mir die Wegbeschreibung in Kilpisjärvi abfotografiert, mich dann aber umentschieden. Das hier ist mein eigenes Abenteuer. Ich möchte mir selbst einen Weg da hoch suchen. Tobi hatte hier eine Variante gewählt, bei der er schrieb, dass man seinen Track keinesfalls als Vorlage nehmen solle, weil er an einer Stelle etwas klettern musste.

    Also beende ich meine Pause und gehe weiter. Mindestens vier Kilometer sind es noch, bevor ich den Weg verlasse. Die Sonne scheint in das enge Tal und es ist richtig warm. Ich habe mir auf der Karte eine Linie gesucht, die eigentlich recht einfach sein sollte. Aber man weiß ja nie, was einen erwartet. Immer wieder bin ich versucht, einfach links abzubiegen und den Hang hochzukraxeln. Aber ich bleibe diszipliniert und folge dem Pfad. Ich möchte den Pfad erst bei ungefähr 400 Meter über Null verlassen. Tatsächlich werden hier die Bäume etwas weniger und das Gelände wird etwas offener. Der Moment ist endlich gekommen. Auf Wiedersehen Pfad! Ich gehe links den Hang hinauf. Der ganze Hang leuchtet in gelb und orange. Nach 20 Minuten habe ich ein Plateau erreicht. Von hier kann ich sehen, wie es weiter geht. Eine felsige Geländestufe sieht etwas knifflig aus. Erst will ich sie weiträumig umgehen, schaue sie mir dann aber doch aus der Nähe an. Und schnell finde ich einen einfachen, ungefährlichen Weg mittendurch. Es dauert nicht lange und dann bin ich im Fjell. Das war es jetzt? Ich bin echt verwundert. Den Weg, den ich gegangen bin, würde ich mit jeder Anhängergruppe gehen, ohne jede Bedenken. Auch schwer zu finden war er nicht. Ich vermute, dass meine Geduld, den Weg nicht zu früh zu verlassen, sich hier ausgezahlt hat. Vorher ist es mit Sicherheit deutlich kniffliger. Wenn ich überlege, wie oft ich mit Daniel und Daina über diesen Aufstieg gesprochen habe. So bin ich auf jeden Fall erleichtert, dass ich hier einen Haken dran machen kann.

    Mit Hilfe meiner App halte ich relativ leicht die Richtung. Es geht weiter bergauf und der Wind nimmt zu. Das Gelände an sich ist, so weit ich sehen kann, einfach zu gehen. Fester Untergrund und niedrige Vegetation. Tatsächlich möchte ich hier oben nicht bei Sturm oder Gewitter sein. Es gibt nichts, wo man sich verstecken könnte. Ich merke, dass die Beine langsam müde werden. Nach ungefähr 20 Kilometern, genau weiß ich es heute nicht, mache ich eine Pause. Da es erst kurz vor vier ist, will ich wenigstens noch etwas weiter gehen. Ich habe sogar etwas Empfang hier oben und schreibe kurz mit Nicole. Dann gehe ich weiter. Nach drei Kilometern finde ich eine schöne Stelle direkt bei einem kleinen Bach. Das reicht für heute. Die letzten beiden Tage war ich wieder auf Kilometerjagd. Das hatte vor allem damit zu tun, dass ich die Nábár-Frage endlich klären wollte. Jetzt bin ich hier, alles ist halb so wild und ich schaue relativ entspannt auf die Tage vor mir. Morgen will ich evtl. ein paar Kilometer mehr machen, da es übermorgen regnen soll.

    Ich baue mein Zelt auf und wasche mich am Bach. Der Wind ist frisch, aber deutlich milder als in den vergangenen Tagen.
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  • 日100

    Vuomakasjärvi - Stuora (Berg)

    2023年9月7日, ノルウェー ⋅ ☁️ 11 °C

    Mein 100. Tag beginnt recht früh. Hinter mir liegt eine für meine Verhältnisse akzeptable Nacht. Als ich aus dem Zelt klettere, erschrecke ich einige Rentiere, die sich rund um mein Zelt aufhalten. Ein schneeweißes ist dabei. Draußen geht ein ordentlicher Wind. Auch in der Nacht hatte es einige Male kräftig am Zelt gerüttelt. Der Himmel ist grau und heute gibt es keine Löcher in den Wolken, die blauen Himmel durchschimmern lassen. Ich frühstücke und mache mich dann fertig. Um viertel nach acht mache ich mich auf den Weg. Wenn man bedenkt, dass das noch finnische Zeit ist, bin ich damit für meine Verhältnisse früh unterwegs.

    Wieder starte ich mit Pulli, Jacke, Mütze und Handschuhen. Doch schon nach kurzer Zeit wird mir zu warm. Auch der Wind hat jetzt deutlich nachgelassen. Ich verstaue meinen Pulli im Rucksack und folge dem Pfad einem Fluss entlang. Immer wieder kommen mir Wanderer entgegen. Es ist nicht so voll wie in Schweden auf dem Kungsleden, aber der Abschnitt gehört definitiv zu den stärker besuchten. Eine Verspannung in der linken Schulter nervt mich und zunehmend zieht sie in die linke Schläfe. Ich bin heute sowieso schon deutlich weniger fit als gestern. Kein Wunder. Gestern kam ich von einem Ruhetag, heute habe ich die 35 Kilometer von gestern in den Knochen. Die Kopfschmerzen machen das ganze zusätzlich unangenehm.

    Ich versuche, mich auf’s Vorankommen zu konzentrieren. Ich komme an den Pitsusjärvi, einen großen See, den ich halb umrunde. Allein hier kommen mir bestimmt 12 oder 13 Leute entgegen. Dann erreiche ich ein paar Hütten. Von hier biegt ein einziger Weg rechts ab, alle anderen Wegweiser zeigen geradeaus. Ich muss den einzelnen Weg nehmen, der mich einige Zeit bergauf führt. Hier wird es wieder steiniger und schnell sieht es aus wie die Mondlandschaft von gestern. Der Wind legt ordentlich zu. Es ist grau, kalt und ungemütlich. Und die Verspannung zieht immer stärker in den Kopf. Aber bei diesen Bedingungen möchte ich keine Pause machen, ich würde nur schnell auskühlen. Ich folge meinem Pfad durch die Steinwüste. Die Wegmarkierungen sind oft gar nicht leicht zu finden. Kurze Holzbalken mit einer von der Sonne ausgeblichenen, orangenen Spitze markieren den Weg. Immer wieder komme ich vom Weg ab und brauche dann einige Zeit, irgendwo im Umkreis eine Markierung zu finden. Als ich den höchsten Punkt hinter mir habe, mache ich eine kurze Pause. Aber schnell wird mir kalt und ich gehe weiter. Ein paar hundert Meter später setze ich den Rucksack noch einmal ab. Die Kopfschmerzen werden immer schlimmer und ich nehme eine Ibuprofen mit reichlich Wasser aus dem Fluss neben mir.

    Eine Wanderin kommt mir entgegen. Seitdem ich abgebogen bin, ist sie die einzige bislang. Ich arbeite mich für durch die Steine und habe irgendwann Ausblick auf einen großen See. Die Kopfschmerzen werden weniger und außerdem lockert der Himmel langsam auf. Sogar die Sonne kommt zeitweise heraus. Ich mache noch eine Pause. Der Wind hat etwas nachgelassen und so wird die Pause ein paar Minuten länger. Dann geht es weiter bergab Richtung See, vorbei an der nächsten finnischen Hütte. Ein Zelt steht neben der Hütte, aber ich sehe niemanden. Ich gehe weiter, quere ein breites Flussbett, dann geht es parallel zum See weiter. Jede Menge Rentiere sind hier und flüchten vor mir. Einige fast panisch, andere übertrieben gelassen. Dann erreiche ich die finnisch-norwegische Grenze. Finnland und Schweden sind durchgespielt. Ab jetzt bewege ich mich nur noch in Norwegen. Die Zeit auf dem Handy springt sofort um, obwohl ich nicht mit dem Internet verbunden bin. Vermutlich genügt mein GPS-Standort, um die Uhrzeit automatisch zu wechseln.

    Die Sonne scheint und bringt das ganze Umland zum leuchten. Ein schöner Moment, um ihn mit Musik zu untermalen. Als ich die Kopfhörer einstecke, fängt das Handy wieder an zu spinnen. Scheinbar lag es doch nicht an den Kopfhörern. Oh Mann. Ich hatte so gehofft, dass das Kopfhörerthema erledigt ist. Gestern hatte ich gar keine Probleme und heute spinnt das Handy komplett. Ich versuche es mehrmals, aber immer wieder, wenn ich den Kabeladapter ins Handy stecke, geht die Sprachsteuerung an oder es passiert irgendwas anderes. Ich packe die Kopfhörer weg. Im Rucksack habe ich ja noch die Bluetoothkopfhörer als Backup.

    Nach nun 20 Tageskilometern erreiche ich die Somashytta. Ich dachte, dass Daniel eventuell schon hier ist, da er morgens deutlich früher unterwegs ist. Aber es ist niemand da. Ich gehe in die Hütte. Nach norwegischer Zeit ist es gerade einmal 13.00 Uhr. Auf dem Tisch liegt ein Hüttenbuch. Daina hat hier die letzte Nacht verbracht und einen Eintrag hinterlassen. Sogar mit einem speziellen Tipp für mich, nämlich, dass die Betten unterm Dach für große Personen gut geeignet seien. Da es aber noch so früh ist, und das Wetter jetzt richtig schön ist, werde ich noch ein paar Kilometer gehen. Aber ich lege mich etwas auf die Bank neben dem Tisch und tatsächlich nicke ich einmal kurz weg. Dann mache ich mich fertig. Auch ich schreibe ins Hüttenbuch und informiere Daniel, dass ich mich schon auf den Weg in den Reisa Nationalpark mache.

    Ab hier geht es querfeldein ein durch den Nationalpark. Zu Beginn muss ich noch einen Fluss queren. Leider finde ich keine Stelle, wo ich mit Schuhen rüberkomme. Da der Fluss langsam fließt und der Untergrund aus Sand und Kies besteht, gehe ich barfuß durch den Fluss. Ab jetzt heißt es gut peilen, denn ab hier gibt es keine Wege oder Pfade mehr. Mit dem Handy ist es aber relativ einfach, sich einen guten Weg zu suchen. In den meisten Bereichen, ist die Vegetation nur Knöchelhoch und bis auf wenige Ausnahmen kommt man überall gut voran. Trotzdem ist es irgendwie aufregend, hier seine eigene Linie zu finden. Die Landschaft um mich herum ist einfach schön, vor allem jetzt in der Sonne. Ich hole meine Bluetoothkopfhörer aus dem Rucksack. Eigentlich müssten die voll geladen sein, laut Anzeige haben beide aber nur 60%. Ich höre ein Lied, dann verabschiedet sich der linke Kopfhörer. Diese Dinger sind der gleiche Scheißdreck, den ich schon in Sulitjelma gekauft habe, nur, dass eine andere Marke draufsteht. Ich bin echt sauer. Ich probiere noch einiges aus und ich habe komplett die gleichen Probleme, wie mit den letzten Bluetooth-Kopfhörern.

    Es dauert eine Weile, bis ich mich nicht mehr aufrege. Es ist, wie es ist. Und ich mache mir klar, dass ich mir die schöne Stimmung hier, den Sonnenschein und die Hügel um mich herum, nicht vermiesen lassen möchte. Hinter mir wird es zunehmend dunkler. Ich bin nicht sicher, ob mich die dunkle Wolkenschicht einholt. Eine gute Stunde später habe ich dann Gewissheit. Das Wetter ändert sich. Die Sonne verschwindet hinter den Wolken und es wird gleich kühler. Da es aber trocken bleibt, gehe ich noch weiter. Jetzt kommen auch erste kleine Hindernisse, eine Stufe im Gelände und Sumpf. Meine Beine werden jetzt deutlich müde. Auf der Karte suche ich mir einen kleinen See aus, bei dem ich mein Zelt aufschlagen möchte. Gegen 17.00 Uhr habe ich die Stelle erreicht. Es ist gar nicht so leicht, eine ebene Stelle zu finden. Überhaupt fühlt es sich seltsam an, kilometerweit weg vom nächsten Wanderweg, gefühlt mitten im Nichts, sein Zelt aufzustellen. Vor allem der mittlerweile komplett graue Himmel und die dadurch ziemlich düstere Landschaft geben einem wenig das Gefühl, hierher zu gehören. Ich komme mir fast ein wenig verloren vor. Aber wenige Minuten später steht das Zelt und das draußen triste verstärkt die Gemütlichkeit und Zufriedenheit in meinem kleinen Heim. Als ich mit dem Aufbau gerade fertig bin, fängt es leicht an zu regnen.

    Ich wasche mich noch am See und lege mich dann ins Zelt. Jetzt regnet es dauerhaft. Wieder ein perfektes Timing. Auf einem der letzten Erhöhungen hatte ich ein klein wenig Empfang und konnte das Wetter checken. Für morgen sieht es gut aus. 30 Kilometer bin ich heute gewandert. Vielleicht schaffe ich schon morgen Nachmittag den Aufstieg ins Nábárfjell, wo ich dann drei bis vier Tage weglos unterwegs sein werde. Nábár kann ich von hier schon sehen.
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  • 日98

    Kilpisjärvi - Vuomakasjärvi

    2023年9月5日, フィンランド ⋅ ☁️ 6 °C

    Für meine Verhältnisse habe ich gut geschlafen. Obwohl ich nachts zweimal kurz raus war, bin ich immer direkt wieder eingeschlafen. Das gelingt mir selten. Dennoch werde ich früh wach. Ich räume das Zelt aus und packe alles zusammen. Um kurz nach 08.00 Uhr bin ich mit allem fertig und ich gehe zum Frühstück. Als ich nach meiner Hütte gefragt werde, antworte ich, dass ich zelte. Und plötzlich kostet das Frühstück 14 EUR. Ich sage, dass es gestern noch 6 EUR waren, aber das gelte nur für Leute, die eine Hütte gebucht haben. Ich verstehe die Logik nicht und es nervt mich auch richtig. Der Kellner der heute kassiert, war die letzten beiden Tage nicht da. Also zahle ich die 14 Euro und frühstücke. Danach verabschiede ich mich noch von Phil und Viktor, die zwei Tische weiter sitzen. Wir hätten uns auch zusammen gesetzt, allerdings ist das Restaurant bis auf den letzten Platz belegt. Um viertel vor neun mache ich mich auf den Weg. Wie so oft, wenn es nach einem Ruhetag weitergeht, bin ich auch jetzt melancholisch gestimmt. Raus aus der Komfortzone, rein ins Ungewisse. Insbesondere die anstehende Etappe hält mit den viel diskurtierten Querfeldeinabschnitten noch einige Fragezeichen offen. Außerdem fühlt es sich jetzt ganz seltsam an, die vorletzte Etappe anzugehen. Das ist wieder ein großer Schritt Richtung Ziel, auch wenn es immerhin noch rund 400 Kilometer sind. Aber im Moment fühlt sich wieder alles nach Abschied an. Draußen ist es richtig frisch. Der Himmel ist aufgelockert und man sieht mehr blauen Himmel als die Wettervorhersage hätte hoffen lassen. Es ist richtig Herbst!

    Ich gehe noch ein paar Meter die Straße entlang. Eine Tafel informiert über die aktuelle Temperatur. Während ich vorbei gehe, springt sie von 6 auf 7 Grad um. In der Nacht war es sicher noch kälter. Dann verlasse ich die Straße und erst geht es über einen breiten Wanderweg, später über Pfade weiter. Nach einer halben Stunde bin ich wieder mitten im Fjell. Rot und gelb dominieren die Farbpalette. Als sich dann immer wieder die Sonne zeigt, leuchten die Farben um die Wette. Auf den Handybildern kommt das häufig leider nicht so richtig rüber. Mir kommen relativ viele Wanderer entgegen. Als ich das Gefühl habe, dass es langsam weniger werden, hole ich meine neuen Kopfhörer raus. Und endlich bin ich wieder mit Musik unterwegs. Da sind die wieder, diese emotionalen Momente getragen von Musik. Die Landschaft leuchtet, in der Ferne bildet sich ein Regenbogen. Dazu pustet mir der kalte Wind ins Gesicht. Von solchen Herbsttagen hatte ich geträumt. Ich fühle mich, als hätte ich Norge på langs längst geschafft und das hier ist die stolze Zugabe. Obwohl der Rucksack wieder deutlich schwerer ist, komme ich gut voran und ich fühle mich deutlich fitter als an den meisten Tagen. Die Musik motiviert mich zusätzlich und lässt mich Zeit und Kilometer vergessen.

    Es dauert eine ganze Weile, bis ich eine Pause mache. Rund 13,5 Kilometer bin ich bis hier gelaufen. Wenigstens 30 km möchte ich heute machen. Das bringt mir einen guten Puffer für die Querfeldeinabschnitte, wo ich sicher deutlich langsamer unterwegs bin. Der Wind hat mittlerweile zugelegt und ich gehe nach einigen Minuten weiter. Der Pfad führt immer höher. Die Vegetation wird immer weniger. Nur noch einige Gräser, Moose und Flechten finden ihren Platz zwischen all dem Geröll. Der kalte Wind bläst inzwischen kräftig und teilweise muss ich mich dagegen lehnen. Obwohl es bergauf geht, trage ich unter meiner Hardshelljacke einen Pulli und ich komme nicht ins Schwitzen. Auch über meine neuen Handschuhe freue ich mich jetzt richtig. Dass ich diese gestern gekauft habe, war perfektes Timing.

    Der kalte Wind treibt mich an, schneller zu gehen, damit mir nicht kalt wird. Erst nach fast 19 km mache ich eine weitere Pause. Ich finde eine Stelle, die wenigstens etwas windgeschützt ist und strecke meine Beine eine viertel Stunde von mir. Hinter mir ist es dunkel und immer wieder mischen sich einzelne Tropfen in den Wind. Vor mir sehe ich viel blauen Himmel und immer wieder verzaubert die Sonne die Landschaft in ein strahlendes Farbenmeer. So weit das Auge reicht, sehe ich sanfte Hügel. Außer ein paar Quadspuren kann man nichts menschengemachtes sehen. Immer wieder sieht man Rentiergruppen in der Ferne. Als ich weitergehe, komme ich an einer Rentiergruppe ganz nah vorbei. Die Tiere sind kaum scheu und ich kann sie in Ruhe beobachten. Erst als ich weitergehe, traben sie davon.

    Die Landschaft hier ist wieder einmalig. Sie könnte Kulisse für einen Western, aber ebenso gut für einen Science Fiction Film auf einem fremden Planeten sein. Ich freue mich so sehr, dass die Sonne immer wieder durchkommt. Je näher ich der 30km-Marke komme, desto müder werden meine Beine. Da es aber noch recht früh ist und außerdem finnische Zeit, die morgen Nachmittag zurück auf die norwegische Zeit wechselt, möchte ich heute noch weiter gehen. Bei 30 Kilometern komme ich an einigen Hütten vorbei. Daniel wollte heute auch bis hier laufen. 150 vom Weg entfernt baut jemand sein Zelt auf. Dem Zelt nach könnte es Daniel sein, aber ich bin unsicher, ob er es ist und gehe weiter.

    Der Weg führt nun ein wenig tiefer vorbei an gelben Birken. An den Farben hier kann ich mich einfach nicht satt sehen. Ich mache eine letzte Pause und für die letzten 3,5 Kilometer gibt es noch einmal Musik auf die Ohren. Diese Form des Dopings hat mir in den letzten Wochen wirklich gefehlt. Ich gehe einen Fluss entlang, bis ich einen See erreiche. Hier sind die 35 Kilometer geschafft. Meine Suche nach einem geeigneten Platz braucht ein paar Anläufe, dann habe ich eine Stelle gefunden. Ich baue das Zelt auf und hole dann Wasser. Auf das Waschen verzichte ich heute. Es ist einfach zu kalt. Aber während ich meinen Footprint schreibe, merke ich, wie unwohl ich mich fühle. Es hilft nichts. Ich gehe nochmal raus. So habe mich schon lange nicht mehr überwinden müssen, vielleicht auch noch gar nicht bislang auf der Reise. Ich habe eh schon kalte Hände und gehe durch den kalten Wind runter zum Fluss. Unter lautem Prusten bringe ich das ganze hinter mich. Zurück zum Zelt jogge ich. Am Zelt angekommen, renne ich nochmal 100m weiter und wieder zurück, dass der Kreislauf ins arbeiten kommt. Im windgeschützten Zelt im Schlafsack bin ich schnell wieder im Wohlfühlbereich. Ich mache mir einen heißen Kakao und draußen fängt es zu regnen an. Perfektes Timing!
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  • 日98

    Kilpisjärvi (Ruhetag)

    2023年9月5日, フィンランド ⋅ 🌧 7 °C

    Die Nacht auf meinem unebenen Zeltplatz war nicht so der Hit. Um sechs Uhr stehe ich auf. Erst später fällt mir auf, dass es nach norwegischer Zeit erst 5:00 Uhr war. Im Zelt esse ich schon mal zwei Brötchen mit Käse und Salami. Um 08.00 Uhr gehe ich mit Daniel ins Restaurant des Campingplatzes. Für 6 EUR gibt es hier Frühstücksbuffet. Wir sind etwas irritiert. Der Supermarkt ist alles andere als günstig. Die Preise scheinen überall insgesamt sehr gesalzen zu sein. Und dann kann man für 6 EUR frühstücken? Kann man auf jeden Fall nichts falsch machen. Außer uns ist noch eine riesige Gruppe von Finnen da. Eine Gehörlosengruppe. Es ist spannend zu sehen, wie schnell hier sich alle nur mit Zeichensprache unterhalten. Gleichzeitig ist es für so eine Menge an Menschen gar nicht so laut. Es tut gut, richtigen Kaffee zu trinken, im Warmen zu sitzen und sich am Buffet zu bedienen. Das Restaurant leert sich immer mehr aber Daniel und ich bleiben noch sitzen und unterhalten uns über die Wanderung, ob und was wir davon mit in den Alltag nehmen und wie eine solche Reise einen wohl prägt. Wir reden über die emotionalen Momente während der Reise, die Höhen und Tiefen. Es tut gut, sich mit jemandem auszutauschen, der das alles selbst erlebt hat. Dann kommt Daina, um sich zu verabschieden. Sie macht sich heute schon auf den Weg. Eigentlich war für heute Regen vorhergesagt, aber der Himmel ist aufgelockert und die Sonne lässt sich immer wieder blicken. Bis 10.00 Uhr sitzen wir in dem Restaurant und bekommen sogar noch Kaffee am Platz nachgeschenkt. Ein Schweizer hatte uns etwas zugehört. Auch er ist auf einer längeren Wanderung unterwegs. Er und ein norwegischer NPLer wollen am Nachmittag in einer kleinen Hütte am Fluss am Rande des Campingplatzes ein Feuer machen. Wir sollen doch gerne dazukommen.

    Nach dem Frühstück ziehe ich mein Zelt um. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ein erstes Testliegen zeigt deutliche Besserung. Dann geht es zum Shoppen. In dem kleinen Sportladen neben dem Supermarkt kaufe ich eine Mütze und ein paar Handschuhe. Die Auswahl ist überschaubar, dass ich nicht lange vergleichen muss und schnell was passendes gefunden habe. Danach geht es in den Supermarkt. Hier muss ich Essen und Snacks für 8 Tage kaufen. Zum Glück gibt es neben dem teuren Real Turmat auch das günstigere Tactical Foodpack (Trekkingnahrung). Ich kaufe zwar weniger Schokolade, was ich mir fest vorgenommen hatte, dafür aber doppelt so viele Snickers wie geplant. Sicher ist sicher. Du bist nicht du, wenn du hungrig bist! Für den Nachmittag am Feuer kaufe ich noch ein Achterpack Dosenbier, dass ich ein paar abgeben kann. Und ich kaufe die Bluetoothkopfhörer. Für weitere 10 Euro kaufe ich noch ein Paar Kopfhörer mit Kabel, dass ich testen kann, ob mein Adapter, der Anschluss am Handy oder die Kopfhörer selbst kaputt sind. Hier kostet alles richtig viel Geld. Die kleinste Packung Klopapier mit vier Rollen kostet über vier Euro. Die investiere ich aber, weil ich keine Lust habe, mir mehrere Meter Schmirgelpapier auf dem Klo des Campingplatzes abzuzählen. Etwas Luxus muss sein. Weil ich es mir wert bin. L‘Oreal. Werbung Ende.

    230 EUR kostet mich mein Einkauf. Puh. Das bin ich mir aber auch nicht jedes Mal wert. Aber auf der anderen Seite ist das ein Einkauf für acht Tage, in denen es absolut keine Möglichkeit gibt, Geld auszugeben. Und snickerstechnisch bin ich in diesen acht Tagen absolut auf der sicheren Seite. Zurück am Zelt verstaue ich alles in den Tüten, mit denen ich Abendessen, Frühstück und Snacks separat im Rucksack aufbewahre. So kann ich eine ganze Menge Verpackungsmaterial gleich hier entsorgen. Der Rucksack wird morgen wieder richtig schwer. Aber da lässt sich nichts dran ändern.

    Dann bringe ich meine Wäsche zur Waschmaschine. Ein paar Teile hat Daniel gestern für mich mitgewaschen, dass ich nicht nackt vor der Waschmaschine warten muss. Also bewege ich mich mit meiner löchrigen schwarzen langen Unterhose über den Campingplatz, obenrum meine Daunendecke. Aber ich bin ja morgen wieder weg hier. Daher ist es mir egal, wie das aussieht.

    Während die Waschmaschine läuft, liege ich im Zelt und teste die Kopfhörer. Tatsächlich waren es die Kopfhörer, die defekt waren und nicht der Adapter oder sogar der Anschluss des Handys. Die Bluetoothkopfhörer behalte ich trotzdem als Backup. Der Sound ist wieder nicht vergleichbar mit den Applekopfhörern, aber er ist akzeptabel. Besser als nichts. Erst als ich meine Wäsche am Nachmittag in den Trockenschrank hänge, wird es draußen zum ersten Mal ungemütlich und es regnet eine Weile. Um halb sechs gehe ich mit Daniel zum Burgerladen. Es gibt einen Pulled Raindeer Burger, richtig gut! Auch der Schweizer und der Norweger sind in dem Laden und wir verabreden uns für den Abend zum Feuer. Das muss unbedingt stattfinden, weil Daniel und ich sonst viel zu viel Bier haben. Probleme, die Teilen meines Freundeskreises bisher unbekannt waren.

    Am Abend ist es richtig kühl und auch ein paar Tropfen fallen. Daniel und ich gehen trotzdem zur Feuerstelle. Kurze Zeit später kommen auch die anderen beiden. Der Schweizer heißt Phil und der Norweger Viktor. Es ist ungewohnt, sich mit zwei deutschsprachigen auf englisch zu unterhalten, aber es funktioniert. So lassen wir den Abend bei Bier und Feuer ausklingen. Danach ist mir allerdings so kalt, dass ich mir noch eine heiße Dusche gönne. Die letzte für acht Tage.
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  • 日97

    Dreiländereck - Kilpisjärvi

    2023年9月4日, フィンランド ⋅ ⛅ 10 °C

    Die Nacht war in Sachen Regeneration mal wieder nicht besonders hilfreich. Ich bin spät eingeschlafen, habe schlecht geschlafen und bin dann früh wieder aufgewacht. Am Morgen hat es noch einmal kräftig geregnet. Dann hat der Regen aber zum Glück ganz aufgehört und ich kann mein Zelt nach dem Frühstück am Stück zusammenpacken. Um 7:30 Uhr mache ich mich auf den Weg. Genau genommen mache ich mich um 8:30 Uhr auf den Weg. Denn mein Handy hat am Morgen gleich die finnische Zeit übernommen. Da es von meinem Zeltplatz nur 50 m zu dem Punkt sind, wo die Grenzen von Norwegen, Finnland und Schweden sich treffen, schaue ich mir die große, gelbe Boje aus Beton, die über einen Steg zu erreichen ist, aus der Nähe an. Ich umrunde sie einmal und kann jetzt behaupten, in wenigen Sekunden drei Länder besucht zu haben. Toll. Mir ist es immer ein Rätsel, warum solche Punkte zu richtigen Ausflugszielen werden.

    Dann geht es nach wenigen Metern auf finnischer Seite weiter. Heute sind es nur 17 km, davon die letzten 7 km auf der Straße. Vorher muss ich durch den finnischen Nationalpark Mallan Luonnopuisto. Ich bin müde und bewege mich träge. Eigentlich müsste meine Motivation heute groß sein. Denn heute Nachmittag wartet eine heiße Dusche und was gutes zu essen auf mich. Aber die Tatsache, dass ich mehrere Nächte in Folge schlecht geschlafen habe, bestimmt meine Laune maßgeblich. Egal an was ich denke, alles hat irgendetwas negatives. Das ist mir schnell bewusst, trotzdem weiß ich nicht, wie ich einfach aufhören kann, negatives zu denken. Ich ärgere mich, dass ich so schlecht drauf bin. Dann ärgere ich mich, dass ich mich ärgere, das ist so schlecht drauf bin. Und so weiter. So gehe ich die ersten Kilometer lustlos dahin. Weiter vor mir glitzert der See in der Sonne, hinter mir ziehen Regenschauer durchs Tal. Ein paar Mal fängt es an zu regnen, zum Glück aber nie dauerhaft.

    Ich beschließe, das Tempo anzuziehen. Dass wird den Kreislauf hoffentlich mehr in Gang bringen. Ich glaube, Schlafmangel und Müdigkeit sind idealer Nährboden für negative Gedanken. Das schnelle Gehen sorgt schon mal dafür, dass ich mich mehr auf den Weg konzentrieren muss. Aber auch der Puls geht merklich nach oben und nach einer halben Stunde bin ich deutlich besser drauf. Kann aber auch daran liegen, dass es von nun an nur noch bergab geht geht und die Straße in Sicht ist. Die letzten 3 km bis zur Straße gehen sich deutlich entspannter und die negativen Gedanken sind verflogen. Immer mehr Wanderer kommen mir entgegen, einige von ihnen ziemlich offensichtlich Tagestouristen, die sonst mit dem Wandern nicht so viel zu tun haben. Ich gehe stark davon aus, dass ihr Ziel heute das Dreiländereck ist. Hoffentlich haben sie dort so viel Spaß wie ich.

    Dann erreiche ich endlich die Straße. Das Wetter ist besser geworden und es ist weiter aufgelockert. Das Gelb der Birken leuchtet in der Sonne. Schnell fängt mein linker Fuß wieder an zu schmerzen. Ich mache eine kurze Pause und setze mich an den Straßenrand. Zeit für einen Schuhwechsel. Ich befestige die schweren Wanderschuhe am Rucksack und ziehe die Laufschuhe an. Die ersten Schritte fühlen sich überhaupt nicht gut an, nach einigen hundert Metern aber habe ich mich halbwegs eingelaufen. Ich bin auch gespannt, wie ich das auf der letzten großen Etappe zum Nordkap mache. Aktuell gehe ich davon aus, dass ich vier Tage lang Straße laufen werde. Hier werden meine Füße ein letztes Mal auf die Probe gestellt. Die Straße hier ist relativ stark befahren und geht einfach nur gerade aus. Zum wandern stinklangweilig. Außerdem bin ich ständig damit beschäftigt, entgegenkommenden Autos auszuweichen.

    Um halb eins erreiche ich den Campingplatz. Der Mann, der mir zeigen will, wo ich mein Zelt aufstellen kann, spricht nur finnisch. Das aber sehr viel, was mir nicht wirklich weiterhilft. Er deutet auf eine Holzplattform, wo ich mein Zelt drauf stellen könne. Und er macht irgendwelche Gesten und Geräusche, die einen elektrischen Schraubendreher zu simulieren scheinen. Ich bin nicht sicher, ob ich hier anstatt Heringen Schrauben verwenden soll? Keine Ahnung. Ich habe hier jetzt sicher nicht vor, mein Zelt festzuschrauben. Neben der Plattform ist ausreichend Platz und ich frage, ob ich dort mein Zelt aufstellen kann. Das scheint kein Problem zu sein. Allerdings ist der Boden hier alles andere als eben. Aber eine bessere Idee habe ich gerade nicht. Nach dem Zeltaufbau geht es unter die heiße Dusche. Herrlich!

    Frisch geduscht geht es zum Supermarkt. Im Internet sah der Laden aus wie ein riesiger moderner Store, wo man alles bekommt. So ein „einmal hin, alles drin“-Geschäft. Im Prinzip gibt es hier auch alles mögliche. Aber in Sachen Technik sieht es hier mau aus. Die einzigen Kopfhörer, die es hier gibt, kosten 19,99 EUR. Nicht wieder so ein Billigschrott. Aber vielleicht besser als gar nichts? Vielleicht funktionieren die hier ja wenigstens. Die Kopfhörerentscheidung vertage ich auf morgen, da ich hier eh einen Ruhetag machen werde. Jetzt kaufe ich erstmal Lebensmittel für heute ein. Und eine Powerbank, damit ich auf der kommenden Etappe durchs weglose Nábár-Plateau auf jeden Fall ausreichend Saft habe. Mein Solarpanel ist mittlerweile so gut wie nutzlos, da die Sonne zu selten scheint oder einfach zu wenig Kraft hat, um zuverlässig zu laden.

    Nach dem Einkaufen lege ich mich erstmal hin und obwohl der Boden ziemlich uneben ist, gelingt es mir, ein wenig zu schlafen. Am späten Nachmittag setze ich mich mit Daniel und Daina in das Restaurant des Campingplatzes. Bevor wir essen, besprechen wir noch die vor uns liegende Etappe. Die weglose Passage durch das Nábár-Plateau beschäftigt uns alle. Der Aufstieg soll hier etwas tricky sein und bei schlechten Wetterbedingungen soll man das Plateau unbedingt meiden. Mir fällt es schwer, aus all dem Hörensagen von vermeintlichen Gefahren ein klares Bild zu bekommen. Mein Plan ist es, mich hier auf mein Bauchgefühl zu verlassen und nur bei wirklich schlechten Bedingungen auf den langen Umweg auszuweichen. Ich begegne der Etappe mit großem Respekt. Aber ich habe auch das starke Gefühl, dass hier deutlich mehr Wind um etwas gemacht wird, als erforderlich. Vielleicht lasse ich mich aber auch eines besseren belehren. Auf jeden Fall tut es gut, dass wir drei uns hier nochmal austauschen und jeder seine Bedenken laut ausspricht.

    Dann essen wir zu Abend. Es gibt Pizza und Bier. Das tut richtig gut. Für mich geht es danach direkt ins Zelt. Obwohl ich total müde bin, dauert es wieder, bis ich einschlafe. Vielleicht muss ich mein Zelt morgen doch noch einmal umstellen.
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