Sizilien-Trekking

April - June 2023
Alleine zu Fuss auf dem Va' Sentiero von der Ost- zur Westküste Siziliens ... und zum Abschluss die Liparischen Inseln zusammen mit Heidi! Read more
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  • 2countries
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  • 4.3kkilometers
  • Day 14

    Floresta - Rifugio Miraglia

    May 7, 2023 in Italy ⋅ ⛅ 17 °C

    Streckendetails
    Länge: 34,9 km / Höhe: +932m, -685m
    Marschzeit: 10 h (Outdooractive)

    Samstag, 6. Mai
    Ich sitze beim Znacht im Refugio Villa Miraglia, der einzigen Übernachtungsmöglichkeit an der Passstrasse, wo die lange Etappe nach 35 km endete. Es war eine kräftezehrende, coole Etappe mit Höhepunkten. Doch der Reihe nach.

    Heute steht die Königsetappe bezüglich Länge meiner Tour an! Ich erwarte, dass ich 12 Stunden unterwegs sein werde. Daher früh Tagwache um 4 Uhr und um 5 Uhr Abmarsch in Floresta. Es ist noch dunkel und still im Bergdorf. Der Vollmond erhellt die Szenerie während ich westwärts aufbreche, die ersten 2 km auf der gut befahrenen Hauptstrasse, jedoch zu dieser Zeit verirrt sich noch kaum ein Auto. Dann beginnt die Wanderung auf Forst- und Waldstrassen durch den Park Nebrodi, Siziliens grösster Nationalpark, ein stetiges Auf und Ab. Der Vollmond weicht langsam der Sonne. Mystisch, dieser Moment des werdenden Tages! Zu meiner Linken posiert immer wieder der Ätna und zur rechten das Meer. Welch Rundsicht - sogar die Liparischen Inseln sind in der Ferne schwach zu erkennen.

    Plötzlich gibt es action! Wildschweine kreuzen meinen Weg, gleich zweimal! Fasziniert beobachte ich diese wilden Gesellen aus Distanz, die davonflitzen, sobald sie meiner Gewahr werde.

    Sonnenschein und angenehme Temperaturen lassen mich zügig voranschreiten. Immer wieder mal ein Fotohalt, ein schweifender Blick in die Ferne oder der Kontrollblick auf mein Handy und die Landkarte. Etwas verfrüht um halb Elf dann Mittagsrast, bin ja schliesslich bereits seit über 6 Stunden auf den Beinen! Herrlich, den Hunger mit diesen köstlichen Speisen zu stillen (siehe Foto)! Das anschliessende Mittagsschläfchen - auf meiner weichen Matte - lässt mich dann erholt weitergehen. Kilometerlang führt der Weg durch schattenspendende Buchenwälder. Der Rucksack wird immer leichter, je näher das Ziel und der Wasservorrat von 3l sich zu Ende neigt! Ist auch gut so. Ein Halt noch am idyllischen Lago Maulazzo, bevor das letzte Stück zur Passstrasse ansteht. Gegen halb Fünf erreiche ich müde das Refugio Villa Miraglia, die einzige Übernachtungsmöglichkeit hier oben. Knapp 12 Stunden unterwegs, davon 9 1/2 Stunden marschiert sind genug! Labsal für Seele und Körper: ein kühles Getränk und ein Cafe, ne Dusche und ein Nickerchen. Das köstliche Znacht in dieser schönen Umgebung ist Erholung pur!😉

    Sonntag, 7. Mai
    In Anbetracht der gestrigen Etappe habe ich mich entschieden es ruhig anzugehen und bleibe noch einen Tag an diesem schönen Ort. Ein ruhiger Sonntag mit Ausschlafen, Lesen, Bloggen, Videocalls, Spazieren ... und antizipieren, wie es von hier aus weitergehen soll. Die Wettervorhersagen melden eine sehr wechselhafte Woche. Je schneller ich gen Westen zieh, umso trockener und sonniger, so macht's den Anschein!

    Morgen soll's erst nach dem Mittag nass werden. Ich organisiere mir mit Hilfe eines Mitarbeiters der Villa Miraglia einen Shuttleservice, der mich dann morgen im 15.00 Uhr auf der Strasse bei Portella dell'Obolo abholen soll. Hoffe ich wenigstens!😉
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  • Day 15

    Rifugio Miraglia - Portella dell'Obolo

    May 8, 2023 in Italy ⋅ ☁️ 13 °C

    Streckendetails
    Länge: 22,2 km / Höhe: +574m, -582m
    Marschzeit: 6h 17Min. (Outdooractive)

    Zeitig um 7.00 Uhr mache ich mich auf den Weg, trockenen Fusses noch. Je nach Wetter-App verspricht der Tag mehr oder weniger regnerisch zu werden!

    Auf einem weichen Waldweg und später auf Forststrassen geht es dem Grat entlang westwärts. Wiederum durch riesige Buchenwälder. Die Aussicht ist heute ja nicht so berauschend, da es regnet. Tja, das pessimistischte Wetter-App hat gewonnen und schon eine halbe Stunde nach Abmarsch fängt der Regen an. Zuerst sanft, dann doch mit gewisser Intensität setzt sich der Regen fest. Zum Glück bin ich mit Gamaschen, wetterfester Regenjacke und Rucksack-Pellerine unterwegs. und bleibe so einigermassen trocken!

    So lass ich mich durch Regen und Kälte vorwärtstreiben, Kilometer um Kilometer durch Buchenwälder, sinnierend, dem heute gut markierten Weg folgend, bis ich dann nach 4 Stunden dem ersten Unterstand begegne: ein Schaf- oder Geissenstall. Ich richte mich gemütlich ein und gönne mir die Sandwich-Pause! Ein Moment lang stoppt der Regen, aber eben!
    Und dann seh ich sie wieder, die Wildschweine - als Einzelgänger oder Gruppen mit Nachwuchs. Leider - oder zum Glück - immer aus Distanz! 😉

    Ziemlich genau nach 6 Stunden komme ich dann auf der Portella dell'Obolo an, 2 Stunden zu früh. Der Regen ist in ein leichtes Nieseln übergegangen und es ist kalt auf 1500m. Mit dem Besitzer des B&B's ist 15.00 Uhr zum Abholen vereinbart. Am Telefon meint Emilio - halb Italienisch und Englisch - dass er einen Ragazzi losschicken werde. Es werden lange "cinque minuti" oder vielleicht doch falsch verstanden?! Nach einer Stunde erscheint dann sein Neffe Guiseppe und fährt den frierenden Schweizer ins 10 km entfernte Capizzi runter. Schon lange nicht mehr soooo lange heiss geduscht! Welch Wohltat...

    Am Abend suche ich in diesem 3000-Seelen Bergdorf ein Restaurant. Doch beide haben geschlossen. Zum Glück gibts in der Bar an der Piazza kleine Pizzastücke und typische Arancino. Arancino sind frittierte und gefüllte Reisbällchen. Wunderbar!
    Und, alle wollen behilflich sein. So ergibt sich eine Herrenrunde mit Bier, auf Italienisch und Deutsch, herrlich.
    Pasquale, Salvatore, Angelo und der "Dottore" waren alle in Deutschland, 30 Jahre und mehr, bei VW in Wolfsburg, bei Mercedes in Stuttgart oder in Ulm auf dem Bau!
    Auf meine Frage nach Arbeit für die junge Generation meinten sie, dass wer kann, nach dem Studium nach Norditalien oder ins Ausland geht. Zurück bleiben die Alten!

    Morgen soll es wieder regnen. Für mich reichts im Moment. Ich werde morgen früh um 6.50 Uhr mit dem einzigen Bus in die nahe Kleinstadt Nicosia fahren und dort den Tag verbringen, bevor ich dann übermorgen früh, wieder mit der einzigen Busverbindung, nach Gangi weiterfahren will, um dort meine Wanderung fortzusetzen. Das wechselhafte Wetter fordert mich, doch ich versuch es gelassen Tag um Tag zu nehmen! Es sei alles ander als normal, dieser Regen und die Kälte, meinten die Signori von der Bar.
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  • Day 16

    Nicosia

    May 9, 2023 in Italy ⋅ ☁️ 13 °C

    Wegen der Regenprognose und weil ich auch heute wieder von einem Shuttleservice abhängig wäre, habe ich mich entschieden, mit der einzigen Busverbindung frühmorgens ins Tal nach Nicosia zu fahren. Ich staune nicht schlecht, dass um Viertel vor Sieben 3 Busse in Capizzi bereitstehen und quasi gleichzeitig abfahren. Vorallem Jugendliche steigen ein! Mein Nachfragen bestätigt dann meine Vermutung. Es sind Schulbusse, die Nicosia und verschiedene Collegios anfahren. Die 45-minütige Fahrt ist unterhaltsam. Schafe, Schafe und nochmals Schafe, ein paar Pferde und Kühe! Landwirtschaft scheint hier ein wichtiger Wirtschaftszweig zu sein.

    In der Kleinstadt Nicosia beziehe ich dann im Convento Frati Francescani ein Zimmer. Durch die Stadtführerin Alice in Catania, bin ich zu einer Übernachtungsliste der Via Francigena gelangt. Frater Salvatore nimmt mich in Empfang und führt mich in ein geräumiges Zimmer ... und dies bereits morgens um 9 Uhr. Nicht selbstverständlich! Leider ist auch zwischen uns die Verständigung nur rudimentär möglich.

    Kaum angekommen lädt mich Fortunato, ein 20-jähriger Dauergast mit leichter Beeinträchtigung zu einem Cafe in die Küche ein. Im Pijama serviert er mir mit grosser Herzlichkeit und Hingabe das Getränk. Als ich dann nach einem Nickerchen zu einem Stadtrundgang aufbreche, fragt er mich, ob ich ihm 2 Euro leihen könnte (so habe ich es jedenfalls verstanden). Er strahlte übers ganze Gesicht mit dem Geldstück in der Hand und bedankte sich: "Thank you"!

    Nach einer feiner Pasta zum Zmittag erkunde ich am Nachmittag diese zwischen die Felsen gebaute Stadt. Nicosia schaut auf eine lange historische Vergangenheit zurück. Die Überreste des nomannischen Castells aus dem 11. Jahrhundert, welche über Nicosia trohnen, zeugen davon. Natürlich muss ich dort hinauf! Steil führen enge Gassen und Treppen bergauf. Wie schaffen das hier die älteren Menschen? Welch "bella vista" dann beim Castell oben, einfach atmberaubend! Und das trotz leichtem Nieseln und starker Bewölkung.

    Am Vorabend besuche ich die Messe in der angrenzenden Kirche Santa Maria degli Angeli, die zum Convent gehört. Frater Salvatore begrüsst unter den knapp 20 Anwesenden den Svizzero! Ich gönne mir diesen Moment der Ruhe und Besinnung, lausche dem Klang der italienischen Sprache und Gesänge.
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  • Day 17

    Gangi - Petralia Sottana

    May 10, 2023 in Italy ⋅ 🌙 10 °C

    Streckendetails
    Länge: 13,8 km / Höhe: +695m, -393m
    Marschzeit: 4h 24 Min.

    Die heutige Wanderung von Gangi nach Petralia Sottana scheint wie geschaffen für die aktuelle Wettervorhersage! Spätestens am Mittag soll es regnen. Mal schaun!😉

    Nach meinem obligaten Espresso Lungo besteige ich um 6.30 h den Bus von Nicosia nach Gangi. Ich bin der einzige Fahrgast und setze mich zuvorderst hin. Schon bald sind der Buschauffeur und ich in ein angeregtes Gespräch verwickelt, auf italienisch und portugiesisch! 😀 Seit 35 Jahren fährt er die Strecke Nicosia - Palermo (3 h je Weg). Im September wird er dann 61-jährig in Pension gehen. Er habe mit 14 Jahren zu arbeiten begonnen und freue sich nun mit dem Camper Europa zu bereisen. Seine 3 erwachsenen Kinder haben Sizilien den Rücken gekehrt, leben und arbeiten in Mailand und Bologna. Er beschwert sich, dass die nationale Regierung die Insel völlig vernachlässigt und vergessen hat, dies bereits seit vielen Jahren! Seine Heimatstadt Nicosia habe sich in den letzten 25 Jahren auf heute knapp 13'000 Einwohnern halbiert. Arbeit für die junge Generation gäbe es keine. Wie früher müsste die Landwirtschaft gefördert werden, anstatt die Produkte aus der EU zu importieren und im Gegenzug die Industriegüter Norditaliens zu exportieren! Plötzlich stoppt Francesco seinen Bus auf der Strasse, zeigt mir Häuser in Sperlinga, die in den Felsen gebaut sind ... oder erklärt mir die historische Bedeutung des hoch über dem Dorf thronenden Castellos. Privater Reiseführer zur Morgenstund, nicht schlecht!😉

    Gangi muss ein eindrücklich historisches Dorf sein, steil am Hang gebaut. Tja, alles kann man(n) nicht sehen!

    Der Va'Sentiero führt heute sanft ansteigend durch landwirtschaftliche Zonen. Farbenfrohe Blumen schmücken den Weg. Der Pfad muss längere Zeit intuitiv und mit der GPS-Karte gefunden werden. Es ist feucht. Hohe Grasfelder sorgen für nasse Hosen! Die Sonne findet zwischendurch eine Lücke in den Wolken, Nebelschwaden beherrschen die Szenerie. Mit zunehmender Höhe wird es "alpiger" und Hütten werden für den Sommer vorbereitet. Immer näher rückt am Horizont Petralia Soprana, der Nachbarort meines heutigen Zieles. Wer "gewinnt" diesmal: der Regen oder ich? Früher als gedacht komme ich um halb Zwölf in Portalia Sottana an, kann meine Unterkunft beziehen und schmunzle für mich, als es nach dem Mittag zu regnen beginnt!😉

    Den Nachmittag nutze ich für weiter Abklärungen und Planungen. Wegen des unstabilen Wetters plane ich von Tag zu Tag, reserviere auch keine Unterkünfte mehr im Voraus. Die nächste Etappe ins Herz des Naturparks Madonie führt zur Berghütte Rifugio Marini, welche für die nächsten Tage ausgebucht ist. Schade! Und wieder heisst es flexibel bleiben. Morgen soll es ein schöner Tag werden. So entschliesse ich mich hier noch einen Tag anzuhängen und morgen eine Tagestour zu einem historischen Wallfahrtsort auf dem Monte Alto zu machen. Das Santuario Madonne dell'Alto hat mich schon bei der Vorbereitung zuhause "gwundrig" gemacht!

    Doch zuerst steht heute noch ein Fussballabend in der Bar vor Ort an. Schliesslich spielen mit Inter Mailand und AC Milan zwei italienische Teams in der Champions League um den Einzug in den Final. Wie so oft im Fussball, eine Halbzeit top, die Andere flop! Inter Mailand gewann übrigens verdient mit 2:0. Die Meisten in der Bar waren damit zufrieden!
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  • Day 18

    Santuario Madonna dell'Alto

    May 11, 2023 in Italy ⋅ ⛅ 17 °C

    Streckendetails (gemäss Garmin)
    Länge: 15 km / Höhe: +1037m, -1037m
    Marschzeit: 5 h 15 Min.

    Blauer Himmel, angenehme Temperatur zum Wandern ... und der Monte Alto im morgendlichen Sonnenlicht beschienen. 8.30 Uhr - also nichts wie los!

    In Petralia Sottana führt der Weg zuerst steil die engen Gassen und Treppen hinunter ins Tal, bevor er wieder kontinuierlich ansteigt. Den Monte Alto stetig im Blick komme ich gut vorwärts. Von weitem schon höre ich anschwellendes Hundegebell. Und tatsächlich, kurz später stosse ich auf ein grosses Hundeasyl. Ohrenbetäubend dieses Gekläffe, welches mich noch weit den Berg rauf begleitet.

    Kurz danach hört die Fahrstrasse auf und der eigentliche Pilgerweg beginnt. Die 14 Stationen des Kreuzweges säumen von nun an den Aufstieg. Am Ende steht ein Kreuz und ein Ort des Gebets. Schon viele Bittende und Dankende waren hier. Unzählige Rosenkränze sind aufgehängt, eine Krücke steckt am Zaun fest! Ich mache einen kurzen Zwischenhalt. Beim Betrachten des Kreuzes wird mir wieder mal bewusst, dass ich damit nicht Leid und Schuld in Verbindung bringe, wie dies so oft im christlichen Glauben impliziert wird! Das Kreuz inspiriert mich vielmehr mit seinen vertikalen und horizontalen Balken über meine Beziehung zu Gott, der Schöpfung, dem Universum nachzudenken, wie auch nachzuspüren, wie ich mit meiner Familie, den Mitmenschen und meinem Umfeld verbunden bin. Eine stimmige Einladung!

    Diese Gedanken begleiten mich auf dem weiteren Weg "obsi". Es wird steil und steinig. Plötzlich ein Geraschel und zwei Gemsen, so glaub ich, verschwinden hinter den Felsen. Etwas später erblicke ich dann noch weitere Exemplare in der Ferne. Sie scheinen in aller Ruhe auf den Zweibeiner runter zu schauen! Nicht mehr lange und ich erreiche durch einen Gebüschtunnel die Krete, die letzten Höhenmeter und ich stehe auf dem Monte Alto auf 1819m mit dem Santuario Madonna dell'Alto. Ein imposanter Bau in gutem Zustand. Die Urspünge dieses Wallfahrtsortes sollen auf das 13. Jahrhundert zurückgehen. Und der Rundblick von hier oben - einfach cool!

    Ich geniesse meine lange Mittagspause von 2 Stunden und mache mich dann wieder an den Abstieg. Weiter unten hole ich eine Gruppe Italiener ein. Ich schliesse mich ihnen an und wir wandern gemeinsam ins Dorf zurück. Diego und Ruggero, zwei sympathische Jungs, sprechen Englisch und flugs sind wir bereits wieder im Tal unten. Im Gespräch komme ich auf die Mafia zu sprechen. Im Alltag habe dies für sie keine Bedeutung, obwohl diese kriminelle Organisation in allen Bereichen der Wirtschaft mitmischelt. Ein Indikator für die Präsenz der Mafia sei der Zustand der Strassen. Wenn die Mafia mitverdiene, sei der Kilometer 3x so teuer. Je schlechter die Strassen, umso weniger Mafia!? Da war doch was bei uns im Bündnerland? Ach ja! Ein Baukartell mit Preisabsprachen im Strassenbau, so gut schweizerisch!😉

    Den Entscheid, wie es morgen weitergehen soll, habe ich vor mich hingeschoben! Es stehen ja in den Bergen wieder mal ein paar Regentage an! Erschwerend kommt hinzu, dass die Ortschaften im Landesinnern kaum untereinander mit ÖV erschlossen sind. So ist also auch das "Hin- und Herhüpfen" per Bus kaum möglich. Dario hat mir beim Abstieg den entscheidenden Impuls gegeben, von Petralia Sottana nach Palermo zu fahren. Er meinte, dass von diesem Zentrum aus sicherlich eher Verbindungen in die Berge bestehen würden. So soll es sein. Also morgen früh auf nach Palermo!
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  • Day 19

    Palermo - Tag 1

    May 12, 2023 in Italy ⋅ ☁️ 21 °C

    Auf nach Palermo!
    Fahrplanmässig um Viertel vor Acht hält der Bus in Petralia Sottana ... und wer öffnet die Bustür? Francesco, der mich bereits vor 2 Tagen chauffiert hat. Mit mir steigen einige Schüler*innen ein, also diesmal keine Privattour! Nach knapp 2 Stunden und einer abwechslungsreichen Fahrt durch die Berge und entlang der Küste erreichen wir Palermo.

    Es ist aktuell unklar, wie es von hier aus dann weitergehen soll. Darum versuche ich am Busbahnhof die notwendigen Informationen für die verschiedenen Optionen zu ergattern.
    Noch kurz beim Touristbüro vorbei (enttäuschend) und schon sitze ich in Palermos Altstadt in einem Strassencafe und verdaue den Szenenwechsel!
    Spontan buche ich ein Zimmer bis Sonntag, ein Ticket für ein Konzert mit dem italienischen Cantautore Niccolò Fabi für heute Freitag, Billette für eine Free Walkingtour in Palermo und ein Konzert der Sizilianischen Symphonieorchesters für Samstag. So, da freu ich mich doch auf mein Kultur-Weekend!😉

    Am Nachmittag erkunde ich die Umgebung des Hafens und gehe am Abend dann auch zu Fuss zum Konzert ins Golden Auditorium. Stadtwandern, könnte man dies nennen!🤣

    Das Konzert mit Nicollò Fabi und Orchester im ausverkauften Auditorium "hed gfägt"! Mir gefällt die Musik. Schade, dass ich nur wenige Fragmente der Texte verstanden habe. Das Publikum ist begeistert ... und ich auch!

    Ich freu mich auf Morgen und spüre, dass der Entscheid nach Palermo zu gehen mich enspannt und richtig ist.
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  • Day 21

    Palermo - Tage 2 und 3

    May 14, 2023 in Italy ⋅ ☁️ 20 °C

    Montag, 15. Mai
    Den letzten Beitrag habe ich am Freitag hochgeladen ... und jetzt ist bereits Montag! 🙈

    Mein FindPenguins-App ist am Samstagabend abgestürzt und ich konnte sie nicht mehr reaktivieren. Der Support per Internet, das Runterfahren und auch Aktualisieren meines Smartphones haben das Problem nicht gelöst. Schweren Herzens habe ich die App deinstalliert im Wissen, dass ich meiner nicht hochgeladenen Entwürfe und Notizen verlustig werde! Gar nicht lustig ... 😪
    Und siehe da! Die App stürzt auch nach der Neuinstallation immer noch ab, nicht zu gebrauchen, sch...!
    Tja, dann muss es wohl so sein! Warum? Was sind meine Alternativen?

    Und nun heute Montagmorgen die App nochmals neu installiert - ohne grosse Hoffnung. Und siehe da ... sie funtioniert wieder! Irgendwie unerwartet, doch cool für mich. Meine beiden Entwürfe sind tatsächlich weg, okay! Was war das denn für eine Episode!? 🤔

    Ich hoffe, die App ist wieder stabil funktionstüchtig!🤣 Meinen Rückblick auf die letzten Tage in Palermo versuche ich etwas verkürzt zu halten.

    Samstag, 13. Mai
    Den Tag starte ich mit einer Free-Walking-Tour durch das historische Zentrum. Unser Guide Claudio gefällt durch das geschickte verweben der Geschichten. Immer wieder betont er die fast 3000-jährige Vergangenheit von Sizilien. Unzählige Zivilisationen haben die Insel erobert und ihre Spuren hinterlassen - die Griechen, Römer, Araber, Normannen. Besonders Palermo war ein Schmelztiegel und so zeigt sich hier diese Vielfältigkeit in der Architektur und beim Essen. 1861 wurde die Insel dann mit dem neu gegründeten Italien vereinigt. Nach dem 2. Weltkrieg sind viele Sizilianer*innen ausgewandert, in den Norden Italiens oder in die Vereinigten Staaten, später nach Mitteleuropa. Bis heute jedoch sind die Beziehungen zwischen dem Norden Italiens und der wirtschaftsschwachen autonomen Region Sizilien sehr angespannt.
    Mafia? Davon später mehr!

    Der 2. Höhepunkt ist heute sicherlich das Konzert des Sizilianisches Synfonieorchesters im Teatro Politeama Garibaldi. Im in die Jahre gekommenen altehrwürdigen Gebäude werden Stücke von Mendelssohn und dem mir unbekannten Komponisten Nicolaj Rimskij-Korsakov dargeboten. Vor allem die "Shéhérazade" des Letzteren berührt und nimmt mich mit in die Welt von 1001 Nacht. Cool! Und auch hier fühle ich mich unter den vielen "Silberzwiebelis" als Jungspund!😀

    Sonntag, 14. Mai
    Für heute nehme ich mir 2 Besichtigungen vor: das Teatro Massimo und die Kathedrale. Genügend Zeit also noch durch die Gassen zu flanieren und die alten abgewetzten Steinpflaster zu bewundern ... und zu stolpern!🤣

    Das Teatro Masimo wurde 1897 eröffnet und ist das drittgrösste Opernhaus in Europa, grösser noch als die berühmte Scala in Mailand! Claudio, der Guide der gestrigen Stadtführung, hat mit Stolz auf den Spruch über dem Hauptportal hingewiesen: „Kunst erneuert Menschen und offenbart ihr Leben. Vergeblich ist die Freude dort, wo sie nicht darauf abzielt, die Zukunft vorzubereiten.» Stimmt auch heute noch!
    Die geführte Besichtigung wurde trotz Proben des Ensembles durchgeführt. Dies ermöglichte einen besonderen authentischen Einblick. Lässig!

    Bevor es dann zu regnen beginnt noch kurz auf das Dach der Kathedrale gehuscht! Trotz bedecktem Himmel gefällt die Aussicht auf Meer, Berge und Stadt. Das jetzige imposante Bauwerke wurde Ende des 12. Jahrhunderts in einem normannisch-arabischen Baustil errichtet. Schon im 6. Jh. stand hier eine Kathedrale, die dann von den Arabern in eine Moschee umgewandelt wurde. Heute noch zeugen viele Elemente der Kathedrale von diesem religiösen und kulturellen Nebeneinander dieser Epoche. So ist beim Bau des Hauptportals eine Säule verwendet worden, auf der die Anpreisung Allahs in arabischer Schrift eingehauen ist.

    Zum späten Zmittag begebe ich mich zum Capo-Markt. Märkte beeindrucken immer wieder. Ich begeistere mich vor allem für den Streetfood (siehe Foto). Frisch und köstlich, nicht nur das Essen. Der gesamte Markt ist ein Live-Theater mit klar verteilten Rollen. Hier die staunenden Touris - viele auch aus Italien - und da die lokalen Standbetreiber, die lauthals und mit Enthusiasmus ihre Ware feilbieten! Ein Gaudi... 🤣

    Aber auch ruhigere Ecken in Hinterhöfen der Altstadt verlocken am Abend zum Verweilen. 🍷
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  • Day 23

    Palermo - Mafia und Wellness

    May 16, 2023 in Italy ⋅ ☁️ 15 °C

    Der Frühstücksraum des B&B's Via Zara ist auch zur vorgerückten Tageszeit noch gut gefüllt. Mir gegenüber sitzt Cory, aus den Staaten. Er ist ein paar Wochen in Europa unterwegs und geniesst die Möglichkeit Remote zu arbeiten, Ferien und Arbeit zu verbinden. Errungenschaften der Coronakrise!

    Heute regnet es in Palermo nur einmal ... und das heftig! Die Folgen des Scirocco! Claudio, unser Guide von Samstag erklärte, dass dieser trockene Wind aus dem südöstlichen Afrika und Saharagebiet über dem Mittelmeer Feuchtigkeit aufnimmt und diese dann teilweise über den Mittelmeerländern heftig abregnet. Was wir ja bei uns in der Schweiz auch kennen ist der gelbe Sand, den der Scirocco mitbringt, und der sich dann auf den Gletschern ablagert. Gestern waren die Autos und Infrastrukturen hier in Palermo heftig mit gelbem Sand überzogen!

    Der Besuch des "No Mafia Memorials" - eine Gedenkstätte der Erinnerung und Dokumentation - ist emotional und aufschlussreich. Auf dem kurzen Rundgang (leider war die Multimedia-Abteilung nicht zugänglich), wird eindrücklich mit Originalfotos und Texten der 20-jährigen brutalen Mafiaherrschaft in den 1970er und 80er Jahren erinnert. Natürlich geht die Geschichte der Mafia - oder der "Cosa Nostra", wie die Mafia auf Sizilien heisst - viel weiter zurück und hat Auswirkungen auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Doch diese 20 Jahre brutalster Gewalt und Unterdrückung - der diese Erinnerungsstätte gewidmet ist - haben in der Gesellschaft Siziliens scheinbar zu einem Umdenken geführt. Vorallem die Autobombenanschläge 1992 in Palermo gegen die bekanntesten Mafiajäger Giovanni Falcone und wenig später Paolo Borsellino wurden zuerst als "Siege" der Mafia angesehen. Etwas "ältere" Semester können sich sicherlich auch noch an die Berrichterstattung bei uns in der Schweiz erinnern. Doch letzlich resultierte daraus ein permanenter Widerstand gegen die Machenschaften und Vestrickungen der Mafia. Hunderte von sogenannten "Ehrenmännern" und auch Familienoberhäupter wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Die Staatsgewalt setzte sich vermehrt durch. Die unglaublichen Gewaltexzesse innerhalb und ausserhalb der Mafia während vergangener Jahrzehnte stoppten. Heutzutage agiert die Mafia als weltweit kriminelle Organisation viel unauffälliger im Hintergrund. Konnte früher nur die "Cosa Nostra" den Namen Mafia für sich beanspruchen, werden heute auch andere kriminelle Organisationen dem organisierten Verbrechen dazugerechnet, wie die Camorra aus Neapel, die Ndrangheta aus Kalabrien, die Yakuza in Japan, die Triaden in China oder die Russen- oder Albaner-Mafia!

    Und wieder komme ich auf Aussagen von Claudio, unseren Guide zurück. Er meinte, noch vor wenigen Jahren wäre es kaum möglich gewesen im öffentlichen Raum über Mafia oder die "Cosa Nostra" zu sprechen. Es war ein Tabu, zu gross auch die Angst! Heutzutage gibt es jedoch auf Sizilien eine Anti-Mafia-Bewegung, die an Kraft zunimmt. Vor allem auch junge Sizilianer*innen wollen sich nicht mehr von der Mafia terrorisieren lassen. So erwähnt Claudio die Bewegung "AddioPizzo" (übersetzt: Auf Wiedersehen Schutzgeld). Neben Aufklärungsarbeit in Schulen sind vorallem die bis heute über 1000 Gewerbetreibenden sichtbar, die mit Aufklebern an ihren Läden oder Hotels sich offiziell dazu bekennen, keinen "Pizzo", kein Schutzgeld zu bezahlen. Als Kunde unterstützt man also auch nicht indirekt die Mafia!

    Obwohl Sizilien das Mutterland der Mafia ist, sei es hier auf der Insel relativ ruhig. Auf der wirtschaftsschwachen Insel gibt es wenig zu holen, meinte Claudio. Die Mafia konzentriere sich lieber auf gewinnbringende Pfründe wie z.B. Deutschland oder auch die Schweiz!

    Unzählige Literatur gibt es zum Thema Mafia, bis hin zu romantisierenden Filmen und Hollywoodinszenierungen. Für Interessierte empfiehlt Claudio das Buch "History of the Mafia" von Salvatore Lupo, welches die Hintergründe und Zusammenhänge realistisch aus verschiedensten Perspektiven beleuchten würde.

    Am Nachmittag ist Wellness angesagt. Ich habe mir für heute Nachmittag im nahen Hotel Porta Felice einen Saunaeintritt und eine Massage organisiert. Well done, bei diesem "Sauwetter"!

    Und schliesslich sollen die Muskeln für Mittwoch alle schön gelockert sein! Ich habe mich entschieden, wie meine Reise weitergehen soll. Morgen Dienstag fahre ich mit dem Bus nach Trapani, dem ursprünglichen Ziel meiner Trekkingtour. Aufgrund Wetterprognosen, Busverbindungen und Übernachtungsmöglichkeiten werde ich "das Pferd von hinten aufzäumen" und von Trapani zurück Richtung Petralia Sottana wandern, wo ich letzten Freitag aufgehört habe. Mal schaun, wie weit ich komme ... und wie es ausgeht!😉
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  • Day 23

    Trapani

    May 16, 2023 in Italy ⋅ 🌬 18 °C

    Eigentlich wollte ich ja mit dem Zug nach Trapani fahren. Doch die Reise würde 4-5 Stunden dauern, je nach Verbindung. Da bestätigt sich also, was ich bereits mehrmals gehört habe. Die Infrastrukturen sind auf der Insel veraltet - u.a. auch die Eisenbahn, oft nur eingleisig ausgebaut - und in Rom werden die notwendigen Investitionen nicht gesprochen! Irgendwie bekomme ich den Eindruck, ein gemeinsames Feindbild - die Zentralregierung und der Norden Italiens - eint die Menschen hier!😉

    So habe ich mich dann für die 2-stündige Busfahrt entschieden - und sitze im Doppelstöcker oben ganz vorne. Logensitz mit Ausblick! Palermo verabschiedet mich um 10.00 Uhr noch mit Regen und dichtem Verkehr. Schon bald ist es trocken und Trapani empfängt mich mit windigem und sonnigem Ambiente. Schnell im B&B eingecheckt, ab ans Meer und das Gesicht in die Sonne und den warmen Wind gestreckt, herrlich!

    Trapani liegt mit seinen 60'000 Einwohnern auf einer Landzunge im äussersten Nordwestens Sizilien, am Fuss des Monte Erice und zwischen dem tyrrhenischen Meer und dem Mittelmeer. Daher nennt sich Trapani auch "Stadt zwischen zwei Meeren".

    Der Spaziergang um die Landzunge und durch die übersichtliche, gepflegte Altstadt entspannt. Morgen schnür ich dann wieder die Wanderschuhe. Ich freue mich darauf, nach der langen Pause, auch wenn es eine kurze Wanderung ist!
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  • Day 24

    Trapani - Erice

    May 17, 2023 in Italy ⋅ 🌬 16 °C

    Streckendetails
    Länge: 10,3 km / Höhe: +759m, -54m
    Dauer: ca. 3h

    Endlich wieder auf Wanderschaft!
    Die Länge - oder vielmehr Kürze - der heutigen Tour ist ideal nach dieser längeren Städtereise in Palermo!😉 Da wird auch noch Zeit und Energie übrigbleiben, am Ziel der Etappe Erice zu erkunden. Soll ein sehr eindrücklicher mittelalterlicher Ort sein.

    Nach den ersten paar Kilometern aus dem sonnigen Trapani raus, den wolkenverhangenen Monte Erice immer im Blick, fängt bei der Talstation der Gondelbahn der Weg zu steigen an. Schnell gewinne ich an Höhe und staune beim Blick zurück immer wieder über die sich mir bietenden Ausblicke auf Trapani und die beiden Meere.

    Die Gondelbahn steht still, wohl wegen des starken Windes! Der bläst während des Aufstiegs immer stärker. Ich geniesse den Wind in den Haaren! Kurz vor dem mittelalterlichen Erice begrüsst ein "lost place" die zu Fuss Kommenden. Kaum abgesperrt lockt mich diese moderne Ruine zu einem kurzen Rundgang. Ob es wohl früher ein Hotel war?

    Schon auf dem Weg zu meiner Unterkunft, am anderen Ende des Ortes, bin ich beeindruckt. Erice hat eine lange und bewegte Vergangenheit ... und geht auf Eryx, eine der wichtigsten antiken Städte Siziliens zurück. Alle bedeutenden Zivilisationen und Eroberer haben hier oben ihre Spuren hinterlassen. Erice - ein mittelalterliches Kleinod über Trapani gelegen!

    Vom Balkon meines Zimmers geniesse ich noch einen Ausblick auf den Monte Cofano und die kommenden Wanderungen. Ein kurzer Regenschauer später wird es so richtig neblig. Es ist offenbar eine Besonderheit des Ortes, dass er oft von Nebel umhüllt ist. Ein Phänomen, das auch "Umarmung der Venus" genannt wird. Während meines Rundganges durch die gepflasterten engen Gassen des mittelalterlichen Erice fühle ich mich immer wieder mal in den Film "Der Name der Rose" mit Sean Connery versetzt! Diese Kombination aus mittelalterlichem Kleinod mit Nebelschwaden ist grossartig!

    Unerwartet stosse ich bei der Besichtigung des Torretta Peppoli (Wohnturm aus dem 19. Jh.) auf eine Ausstellung des marrokanischen Schriftstellers und Künstlers Tahar Ben Jelloun. An seine Bücher, wie er seiner Tochter Rassissmus ("Papa, was ist ein Fremder") oder den Islam erklärt, erinnere ich mich gern!

    Am Abend lasse ich mich mit einem typischen Gericht in Erice verwöhnen: Couscous mit Fisch und Spinat. Der arabische Einfluss lässt grüssen!
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