☀️🌊Caminho Portugues 🌊☀️
🥾🎒👣 370 km - 19 Tage 👣🎒🥾
Porto • Santiago de Compostela • Fisterra
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  • Day 24

    Santiago de Compostela - Frankfurt

    September 29, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 16 °C

    - Glaube kann Leben malen! -

    Mein ganz persönliches Reisefazit würde ich wohl wie folgt formulieren:

    Eigentlich stell ich mir mein Leben ja wie eine Postkarte vor. Auf der einen Seite ein buntes Bild, das mir Hoffnung und einen Weg zeigen will. Auf der anderen Seite ein leeres Stück Papier, das wohlbedacht beschrieben werden will - von mir. Was am Ende bleibt ist eine Buchstabensammlung die Gedanken formt und inspirierende Erfahrungen teilt.

    Und du fragst mich, was mein Ziel im Leben ist?
    Nach etwas Größerem streben. Nach etwas, dass nicht greifbar aber dennoch immer erreichbar ist. Nach etwas, was mich von innen und außen berührt und erfüllt, dass mich lenkt und meinen Weg bestimmt.

    Eine meiner Lieblingsbibelstellen:
    "Ich bin das Alpha und das Ómega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende. (Offb 22,13)
    #faith#hope#love

    Erkennungszeichen der frühen Christen sind die gekreuzten griechischen Buchstaben Chi und Rho (XP) als Anfang des Namens Christus. Jesus wartet auf uns, er wartet auf mich. Bei ihm darf ich an- und heimkommen - symbolisch dafür steht die Kathedrale in Santiago de Compostela. In der Kathedrale befinden sich die Anfangsbuchstaben Jesu in vertauschter Reihenfolge - dort steht erst das Omega, dann das Alpha. Nach dem Pilgerweg geht es also weiter. Die Kathedrale ist nicht das Ende. Santiago de Compostela ist ein Ort des Ankommens, der Umkehr und des Weitergehens.

    Thank you lord!
    Der, der Berge bezwingt,
    der sich mir annimmt.
    Der mit mir Mauern niederreist
    und mein Herz enteist.
    Der mich liebt,
    der mich zur Hingabe bringt.
    Der mich zu nichts zwingt,
    mich zu Tränen bringt.
    Der, der Kämpfe durch Worte besiegt,
    sich dem Plan seines Vaters hingibt.
    Amen!

    Alleinreisen ~ eine Momentaufnahme
    Pures Glück. Offen für alles und jeden. Kein eingeschränkter Blick, nicht ausschließlich auf Mitreisende fokussiert. Ansprechbar. Ich muss mich nach nichts und niemandem richten. Niemand verlässt sich auf mich, außer ich selbst. Mein eigener Tagesplan. Keine Sicherheit durch andere. Lachen, Freude. Ich genüge mir selbst vollkommen. Ich beobachte, nehme genauer und intensiver wahr, bin aufmerksamer. Ich bemerke, wie viel Kraft und Stärke ich selbst besitze. Selbstsicherheit darf wachsen.

    Mal schauen was als Nächstes kommt. Ich fühle mich jetzt so richtig bereit zum Weiterreisen. Einmal quer durch Irland wandern, der Almenweg durch Österreich, der Olafsweg in Norwegen - an Ideen und möglichen Wegen mangelt es mir auf jeden Fall nicht.

    - innere Notwendigkeit -

    Zum Tag:

    Wie immer war ich viel zu früh am Flughafen. Die ersten drei Stunden Wartezeit gingen dann ganz schnell um, während ich mich mit einem Mann aus Norwegen, genauer aus Trondheim, unterhielt. Natürlich hat das Flugzeug am Ende auch noch zwei Stunden Verspätung, weil die französische Flugsicherheit streikt - warum sollte das hier auch anders als mit dem Zug sein, außerdem muss die Reise ja auch so aufhören wie sie angefangen hat - chaotisch. Was den endgültigen Abschied aus Santiago dann zusätzlich noch erleichtert, ist das regnerische und kühle Wetter am Morgen. Beim Abflug scheint dann aber natürlich wieder die Sonne.

    „Mein Herz liegt da, auf der Welt verstreut. Nur dort kann der mich finden, der mich sucht! Und damit schließe ich das Buch.“
    (Lina Maly)
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  • Day 23

    Last day in Santiago de Compostela

    September 28, 2022 in Spain ⋅ ☁️ 18 °C

    - Meine Gedanken, die Weggefährten. -

    Mir sind auf dem Weg wieder ein paar Zeilen eines Poetrys eingefallen, die ich bereits vor längerer Zeit aufgeschrieben habe. Irgendwie fassen sie meine Eindrücke und Gedanken der Reise ganz gut zusammen:

    Von Kioskwägen und Hamsterrädern
    Leere Straßen, wieder eine kalte, dunkle Nacht. Um uns herum himmelhohe, uns erdrückende Gebäude und wir stehen unten - verstummt.
    Wie ein Hamster im Rad, der keine Zeit für den Blick in eine andere Richtung hat, kommen Gedanken ins Rollen obwohl wir eben noch dachten dem Alltag zu entkommen.
    Nach dem uns heute wieder so viele Eindrücke erreichten, wir Entscheidungen fällten und uns Sinnfragen stellten, fragen wir nun konkret danach, was dein, nein was mein Leben wirklich erhellt.
    Weiter ziehen wir durch die dunklen Straßen, landen vor einem hellerleuchteten Kioskwagen, der den heutigen Tag perfekt darstellt.
    Viel zu viele Angebote die uns scheinbar drohend gegenüber stehen, wir wagen gar keines auszuschlagen, wir könnten ja was verpassen, dann am Rande stehen und gar nicht mehr mitreden.
    Also - entscheiden wir uns für ein Leben, vollgestopft vom Alles nehmen und Alles geben bis wir irgendwann bemerken, dass wir so nicht weiter machen wollen.
    Was mein Leben wirklich erhellt? Das sind die einzelnen Lichter im Hintergrund, die es wieder wahrzunehmen gilt.

    - Alles hat seine Zeit. -

    Zum Tag:

    Um 7:30 Uhr machte ich mich im Nieselregen auf den Weg, um um 8 Uhr in der Igrexa de San Fiz de Solovio, der wahrscheinlich ältesten Kirche Santiagos, die deutsche Pilgermesse mitzufeiern. Wir waren zu acht im Altarraum und die Feier war ziemlich familiär. Der Lesungstext, Kohelet 3, war mehr als passend.

    „Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: eine Zeit zum Gebären / und eine Zeit zum Sterben, / eine Zeit zum Pflanzen / und eine Zeit zum Ausreißen der Pflanzen, eine Zeit zum Töten / und eine Zeit zum Heilen, / eine Zeit zum Niederreißen / und eine Zeit zum Bauen, eine Zeit zum Weinen / und eine Zeit zum Lachen, / eine Zeit für die Klage / und eine Zeit für den Tanz; eine Zeit zum Steinewerfen / und eine Zeit zum Steinesammeln, / eine Zeit zum Umarmen / und eine Zeit, die Umarmung zu lösen, eine Zeit zum Suchen / und eine Zeit zum Verlieren, / eine Zeit zum Behalten / und eine Zeit zum Wegwerfen, eine Zeit zum Zerreißen/ und eine Zeit zum Zusammennähen, / eine Zeit zum Schweigen / und eine Zeit zum Reden, eine Zeit zum Lieben / und eine Zeit zum Hassen, / eine Zeit für den Krieg / und eine Zeit für den Frieden.
    Wenn jemand etwas tut - welchen Vorteil hat er davon, dass er sich anstrengt?
    Ich sah mir das Geschäft an, für das jeder Mensch durch Gottes Auftrag sich abmüht.
    Das alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit. Überdies hat er die Ewigkeit in ihr Herz hineingelegt, doch ohne dass der Mensch das Tun, das Gott getan hat, von seinem Anfang bis zu seinem Ende wiederfinden könnte.
    Ich hatte erkannt: Es gibt kein in allem Tun gründendes Glück, es sei denn, ein jeder freut sich und so verschafft er sich Glück, während er noch lebt, wobei zugleich immer, wenn ein Mensch isst und trinkt und durch seinen ganzen Besitz das Glück kennenlernt, das ein Geschenk Gottes ist. Jetzt erkannte ich: Alles, was Gott tut, geschieht in Ewigkeit. Man kann nichts hinzufügen und nichts abschneiden und Gott hat bewirkt, dass die Menschen ihn fürchten. Was auch immer geschehen ist, war schon vorher da, und was geschehen soll, ist schon geschehen und Gott wird das Verjagte wieder suchen.“

    Nach dem Gottesdienst ging ich mit Hannah, die auch im Gottesdienst war, frühstücken und wir bummelten durch die Straßen. Mittags ging ich mein letztes Pilgermenü essen. Dort traf ich später auch Nina wieder, die ich vor zwei Tagen in der Herberge in Finisterre kennengelernt hatte. Während sie sich auf ihren Weg machte, nutzte ich die Zeit, in der es heute ausnahmsweise mal nicht regnete und setzte mich noch ein letztes Mal auf den Kathedralplatz. Ich redete mit ein paar Italienern und Argentiniern, die den Küstenweg ab Porto in neun Tagen gelaufen sind, da sie nicht mehr Zeit hatten. Nach dem ich ein paar Fotos von ihnen gemacht hatte, fragten sie mich, ob ich Lust habe, etwas mit ihnen trinken zu gehen. Aber ich lehnte ab, irgendwie brauchte ich gerade nochmal etwas Ruhe. Als mir kalt wurde, suchte ich das nächste Café. In dem saß ich so lange, bis die Führung durch die Kathedrale von der deutschen Pilgerseelsorge begann - da traf ich dann auch Toni und Hannah wieder.
    Achso, und da ich ja heute solange Zeit hatte, dachte ich, ich schaue mal nach, wie lange die Autofahrt von Porto nach Santiago und nach Finisterre dauert. Für den Weg, für den ich mir 19 Tage zu Fuß Zeit nahm, brauchen Autofahrer wohl bis zu 4h 15min.
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  • Day 22

    Finisterre - Santiago de Compostela

    September 27, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 20 °C

    - Weil ich wie immer nicht da sein will wo ich bin und wenn ich dann woanders bin, will ich auch schon wieder weiter. -

    Auf der Klotüre in der Herberge in Finisterre steht „You’re answer to the Camino is Jesus. Jesus is the way to heaven“. Alles ist endlich, auch mein Weg nach Santiago und nach Finisterre. Der einzige, bei dem die Endlichkeit zur Unendlichkeit ausgeweitet wird ist Jesus. Darum lohnt es sich schlussendlich auch nur an ihm festzuhalten und nicht an alledem, das vergänglich ist. Das bedeutet aber nicht, dass alle meine Erlebnisse der vergangenen Wochen nichts Wert wären. Im Gegenteil, sie sind es sehr wohl, allerdings soll mir die Akzeptanz des Vergänglichen helfen, in zwei Tagen wieder in meinen Alltag zurückkehren zu können. Und der Gedanke daran ist gerade alles andere als einfach. Warum? Ich will nicht festgefahren irgendwo festsitzen. Ich fühle mich überhaupt nicht dazu bereit nach Deutschland zurück zu fliegen. Gerade habe ich mich so daran gewöhnt unterwegs und jeden Tag wo anders zu sein. Weil sich Deutschland nicht wie ein zu Hause anfühlt, sondern die Welt, weil ich noch nicht meinen Ort zum Bleiben gefunden habe.

    „Wenn dein Herz wandert oder leidet, bring es bahutsam an seinen Platz zurück und versetzte es sanft in die Gegenwart Deines Herrn. Und selbst wenn du in deinem Leben eben nichts getan hast, außer dein Herz zurück zu bringen und wieder in die Gegenwart unseres Gottes zu versetzen, obwohl es jedes Mal wieder fortlief, nachdem du es zurückgeholt hattest, dann hast du dein Leben wohl erfüllt.“ (Franz von Sales)

    - Wenn (m)ein Herz wandert … -

    Zum Tag:

    Während die ersten Fischer mit ihren Booten den Hafen verlassen, verabschiedete ich mich, am dunklen Hafen stehend, von Finisterre und fragte mich, warum ich nicht noch einen Tag länger am Strand bleibe. Naja was soll’s. Vor Tagen hatte ich meine Rückfahrt gebucht. Dann verbringe ich jetzt einfach noch zwei schöne Tage in Santiago. Meine BlaBlaCar fahrt mit Luis und drei anderen Mitfahrern aus Italien, Neuseeland und der Ukraine war sehr entspannt. Wieder zurück in Santiago lief ich 2 km in die Stadt rein, bin ein paar Mal die 2 km zu meiner Herberge und wieder zurück in die Stadt gelaufen aber trotzdem war ich innerlich kurz beleidigt und traurig nicht „richtig“ laufen und auf dem Camiño unterwegs sein zu dürfen. Um 9 Uhr heute morgen staute sich in Santiago alles, rushhour eben, da war ich zu Fuß sogar schneller. Der Morgen war trüb, kalt und neblig, die Stadt wachte langsam auf. In der Stadt angekommen suchte ich mir ein Café, um die Zeit bis zum Check-In in meiner Herberge zu überbrücken. Ich verkroch mich in‘s letzte Eck und konnte von dort aus das gesamte Geschehen um mich herum beobachten. Außerdem brauchte ich und nutze ich die Zeit dazu, Eindrücke zu verarbeiten und aufzuschreiben. Irgendwann saß am Nachbartisch einer, der das Selbe tat - auch fast drei Stunden aufschreiben, formulieren und dabei nur nichts vergessen. Im selben Café machte ich ein Bild von einem Ehepaar, dass das mit dem Selfie machen nicht so ganz drauf hatten (was sie sehr sympathisch machte) und ich unterhielt mich kurz mit ihnen. Sie fragten, ob ich gerade in Santiago angekommen bin. Als ich ihnen erzählte, dass ich gerade aus Finisterre zurück komme sind sie begeistert und sie fragen mich, ob es sich lohnt, dort hinzu gehen bzw. dorthin zu fahren, denn sie möchten mit dem Bus dorthin. Am Nachmittag war ich wieder auf dem Platz vor der Kathedrale zu finden - einer meiner Lieblingsplätze. Dort schrieb ich meine einzige Postkarte der Reise und die ging an die Kinder und Jugendlichen in der Inobhutnahme, in der ich vor meinem Abflug sechs Wochen arbeitete. Zwischenzeitlich erreichte mich die Nachricht, dass mich die Kinder vermissen und auch ich habe in den letzen drei Wochen immer wieder gerne an sie gedacht und mich gefragt, wie es ihnen geht und wie ihr Lebenscamiño wohl gerade aussieht und in Zukunft aussehen mag. Manchmal dachte ich auch in den Momenten an sie, in denen ich mich fragte, warum ich hunderte Kilometer durch die Gegend laufe und hatte dabei ihre fragenden Gesichtet vor meinem inneren Auge und ihre Stimmen im Ohr, wie sie irritiert und ungläubig fragen, ob ich das wirklich tue - es sei ja schließlich auch irgendwie verrückt und gleichzeitig ein cooles Abenteuer. Gegen Abend war ich mit Lucie verabredet. Seit einer Woche hatten wir uns nicht mehr gesehen und bevor sie morgen abfliegt, wollten wir uns noch von den vergangenen Tagen erzählen, da wir sonst auch immer Bescheid wussten, was beim Anderen gerade los ist. Auf dem Weg zum Essen, wohlgemerkt zum Besten Döner in Santiago (auch, wenn ich keinen Vergleich habe), treffe ich auf meine liebenswerte Rentnercrew, mit denen ich vor ein paar Tagen noch zu Abend gegessen hatte. Einer von ihnen ist jetzt in drei Etappen über 3000 km nach Santiago gelaufen. Gestartet war er vor seiner Haustüre in Deutschland. Bewunderns- und beneidenswert. Ich kenne ihn kaum aber ich bin stolz auf ihn. Ein Gefühl, dass ich hier immer wieder spüre - jeder ist irgendwie auf jeden stolz und gemeinsam freuen sich alle über jeden Schritt den der andere und den man selbst geschafft hat.
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  • Day 21

    Finisterre - Picknick & Sonnenuntergang

    September 26, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 18 °C

    Am Abend in Finisterre machten Toni und ich uns auf den Weg zum Praia De Mar De Fora. Ein wunderschöner, fast versteckter, an diesem Abend einsamer Strandabschnitt, der uns empfohlen wurde, um den Sonnenuntergang anzusehen. Wir picknickten, hörten Worship passend zum Moment, sahen der Sonne dabei zu, wie sie alles in goldenem Licht erscheinen lies und dann langsam am Horizont verschwand, um auf der anderen Seite der Erdkugel wieder aufzutauchen.Read more

  • Day 21

    Kap Finisterre - Das Ende der Welt

    September 26, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 17 °C

    - Finally arrived at the end of the world. - Und das soll es jetzt gewesen sein? -

    Ich weiß nicht ob die Freude oder ob die Traurigkeit überwiegt.
    Ich sitze am Kap. Irgendwann spüre ich, dass es Zeit ist zu gehen. Entweder stehe ich genau jetzt auf oder ich bleibe für immer dort sitzen.
    Zwischenzeitlich erreichten wir unsere letzte Wegmarkierung: 0,00 km - Ziel erreicht. Kurz fühlt sich der Stein wie ein Grabstein an, der die letzten Wochen besiegelt. Meine Lebensgrundlage, die bisher das Laufen war und die ganz besonderen Begegnungen sind einfach so vorbei. Aber wie vor ein paar Tagen schon festgestellt. Es wird anders weitergehen, es wird weitergehen und ich werde aus meinen Erlebnissen die ganze Kraft zum “anders weitergehen” ziehen.

    - Den Camiño zu gehen bedeutet bewusst einen Weg zu laufen und nicht wegzulaufen. -

    Angekommen:

    370 km - 19 Lauftage - das war‘s jetzt.
    Wir erreichen unsere Wegmarkierung. 0,00 km, wir stehen auf dem Kap. Wir haben „das Ende der Welt“ erreicht, zumindest dachte man früher, dass die Welt dort zu Ende wäre. Nicht verwunderlich, wenn man vor sich ausschließlich Wasser, die Weite des Ozeans, sieht. Wir stehen oben auf der Klippe und langsam wird der Gedanke immer bewusster, dass der Weg der vergangenen Wochen endgültig zu Ende ist. Ich sitze lange alleine, später mit Toni auf dem in das Meer ragende Felsvorsprung. Wir reden ein bisschen über die vergangene Zeit und darüber, ob wir, wie viele oft denken, mit einer bestimmten Frage oder bestimmten Fragen auf den Weg gegangen sind. Wir stellen fest, dass es vermutlich drei Lauftypen gibt. Die Sportler, die lasse ich jetzt mal außen vor. Und dann gibt es die, die ihre Frage(n) und Anliegen mit auf den Weg nehmen, klären und verarbeiten können. Zu guter letzt gibt es dann noch die und zu denen zähle definitiv ich, die hören einfach mal damit auf zu denken.
    Woran mich Toni am Ende auf dem Kap erinnert? An Beppo den Straßenkehrer aus dem Buch Momo und dass das gesamte Leben daraus besteht, step by step zu gehen. Auch wenn wir nicht mehr auf dem Camiño Portugues unterwegs sind, sondern auf dem Camiño unseres gesamten Lebensweges.

    “Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wußte, es war eine sehr notwendige Arbeit.
    Wenn er so die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: Bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter: Schritt - Atemzug - Besenstrich.
    Während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige Straße und hinter sich die saubere, kamen ihm oft große Gedanken. Aber es waren Gedanken ohne Worte, Gedanken, die sich so schwer mitteilen ließen wie ein bestimmter Duft, an den man sich nur gerade eben noch erinnert, oder wie eine Farbe, von der man geträumt hat. Nach der Arbeit, wenn er bei Momo saß, erklärte er ihr seine großen Gedanken. Und da sie auf ihre besondere Art zuhörte, löste sich seine Zunge, und er fand die richtigen Worte. "Siehst du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."
    Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: "Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedesmal, wenn man aufblickt, sieht man, daß es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluß ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."
    Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: "Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muß nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten." Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: "Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."
    Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: "Auf einmal merkt man, daß man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste." Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: "Das ist wichtig."
    (Michael Ende)
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  • Day 21

    Corcubión - Kap Finisterre (ca. 13 km)

    September 26, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 19 °C

    - Der Camiño ~ das Anti-Aging-Programm -

    Der Weg hält dich fit - körperlich und geistig. Körperlich gleicht er jeden Tag einem Sportprogramm, geistig lässt er dich jeden Tag bewusst und präsent das Leben wahrnehmen. Die Zeit, die Erlebnisse, die Begegnungen sind intensiv und werden unvergesslich. Der Alltagsstress, der dich alt und kaputt fühlen lässt, wird in gewisser Weise abgeschüttelt und du fühlst dich befreiter, lebendiger, ruhiger, ausgeglichen - jünger. Der Weg lässt dich einen inneren Frieden spüren, der zu einer unendlichen Dankbarkeit führt, wodurch alleine das Gehen des Weges zum Gebet wird.

    „Die Frucht der Stille
    Die Frucht der Stille ist das Gebet.
    Die Frucht des Gebets ist der Glaube.
    Die Frucht des Glaubens ist die Liebe.
    Die Frucht der Liebe ist das Dienen.
    Die Frucht des Dienens ist der Friede.“
    (Mutter Teresa)

    Zur Route:
    Corcubión - Fisterra - Kap Finisterre

    Der Tag startete um 8 Uhr ruhig und gemütlich. In der Herberge fühlte ich mich wie zu Hause. Santiago und Viktoria sind wie Ersatzeltern. Der Frühstückstisch war gedeckt, als wir in den Wohn-/Essbereich kommen. Nach dem Frühstück bekommen wir zur Verabschiedung eine unendlich herzliche Umarmung und wunderschöne Abschiedsgeschenke, von ihnen selbst gebastelt. Am Liebsten würde ich bleiben. Dennoch ist es Zeit weiterzugehen. Die letzte Etappe, dann geht es nicht mehr weiter. Ein wunderschöner Waldweg endete irgendwann am Strand. Ich wanderte am letzten Tag mit Toni. Am Strand verbrachten wir ganz viel Zeit damit, jede Muschel zu begutachten und wir ließen unsere Blicke in die unendliche Weite des Ozeans schweifen. Am Strand fanden wir unsere eigenen Jakobsmuscheln, worauf wir sehr stolz sind. Irgendwann liefen wir weiter in die Straßen des Städtchens Fisterra - wunderschön, klein, gemütlich, strahlender Sonnenschein, keine Wolken am Himmel. In der Herberge stellten wir nur schnell unsere Rucksäcke ab, um dann die letzten zwei Kilometer zum Kap ohne Gepäck und mit gesichertem Schlafplatz laufen zu können. Zwischenzeitlich holten wir unsere Urkunden ab, die nachweisen, dass wir die 90 km von Santiago nach Finisterre gelaufen sind. Auf dem Rückweg ging es dann noch für das Picknick abends am Strand einkaufen.
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  • Day 20

    Ausflug mit Santiago und Viktoria

    September 25, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 18 °C

    Spontan schlugen uns unsere Gastgeber Santiago und Viktoria vor, den Sonnenuntergang in der Nähe unserer Herberge anzusehen. Da wir heute nur drei Übernachtungsgäste sind, passten wir alle ins Auto. Nach der kurzen Autofahrt und weil wir ja kein passendes Schuhwerk dabei haben ging es in Socken und Flipflops den Waldweg zur Klippe hinunter. Der spontane Ausflug hat sich sehr gelohnt. Der Sonnenuntergang sah toll aus und soll wohl nur ein Vorgeschmack darauf sein, was wir morgen zu sehen bekommen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht konnten wir schon unser morgiges Etappenziel sehen.Read more