Sedang bepergian
  • TrailSoulKev

Der lange Ritt nach Westen

Mein Jakobsweg, in Etappen aus der Eifel bis nach... Baca selengkapnya
  • Blüte auf Asphalt, Geschichte im Boden

    18 April 2019, Perancis ⋅ ☀️ 16 °C

    Tag 12
    35 km
    330 km

    Mitte April. Die Sonne stand schon früh am Himmel, als hätte sie auf mich gewartet. 16 Grad, leichter Wind, blauer Himmel — besser kannst du’s draußen nicht erwischen. Das ist Wetter, da weißt du beim ersten Schritt: Heute wirst du Meilen fressen wie ein ausgehungerter Mustang Wasser am Fluss.

    Der Tag begann entspannt. Bus zum Bahnhof von Metz. Bahn raus aus der Stadt bis Ars-sur-Moselle. Manche würden sagen: Schade drum — der Weg aus Metz raus soll richtig schön sein. Mag sein. Aber weißt du was? Der Trail verzeiht dir keine Fehler — aber er bestraft dich auch nicht für kluge Entscheidungen. Heute war mein Fokus klar: Strecke machen. Den Kopf frei laufen. Frühling atmen.

    Der Weg war flach. Breit. Oft direkt an der Mosel entlang oder an einem alten Seitenkanal. Links Wasser, rechts Obstgärten — und alles blühte, als hätte der Frühling den Schießbefehl gegeben. Die Bäume reckten sich in den Himmel, die Blüten flogen wie Staubwolken über den Weg, und ich ging mittendurch. Kein Ziel. Kein Stress. Nur Schritt für Schritt in die Freiheit.

    Novéant. Arnaville. Pagny-sur-Moselle. Vandières. Kleine Orte wie Perlen auf einer staubigen Kette. Man läuft durch, nickt den Menschen zu, spürt die Sonne im Gesicht und den Staub auf den Lippen.

    Aber hinter Vandières war Schluss mit gemütlich. Da zog ich den Weg hoch, weg von der Mosel, rein in einen alten Wald, der Geschichten geflüstert hat, die schwerer waren als jeder Rucksack. Hier tobte der Erste Weltkrieg. Hier lag Vergangenheit im Boden wie schlafende Wölfe. Ich ging stiller. Nicht aus Angst. Aus Respekt.

    Der Wald war alt. Bäume wie Säulen, Licht wie gefiltertes Gold. Keine Menschen. Kein Lärm. Nur ich und der Trail. Und wenn du da draußen gehst, ganz allein zwischen Moos, Felsen und alten Gräben — dann weißt du wieder: Das Leben in der Stadt ist weit weg. Und das ist verdammt gut so.

    Der Weg führte mich runter nach Pont-à-Mousson. Eine hübsche Stadt. Alter Platz, Cafés, kleine Gassen. Ich fand ein Hotel, wie es sich für einen Cowboy gehört: Einfach. Gemütlich. Echt.

    Und dann gab’s Futter. Gutes Futter. Nicht aus der Tüte. Nicht aus’m Rucksack. Sondern Teller auf den Tisch, Besteck in die Hand und Ruhe im Herzen.

    Denn draußen unterwegs zu sein heißt nicht nur, sich durchzukämpfen. Es heißt auch: Genießen, wenn’s Zeit dafür ist. Essen, wenn der Magen brüllt. Schlafen, wenn der Körper sagt: "Genug, Partner."

    Ich saß noch lange draußen. Schaute den Menschen zu. Spürte den Staub des Tages auf der Haut. Und wusste wieder:

    „Pilgern ist kein Wettlauf. Es ist eine Sammlung von Momenten, die dir kein Geld der Welt kaufen kann.“

    Und dieser Tag? Der war Gold wert.
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  • Wie Rodeo in der Telefonzelle

    17 April 2019, Perancis ⋅ ⛅ 13 °C

    Tag 11
    18 km
    295 km gesamt

    Der Morgen in Vigy war klar. Die Sonne stand noch tief, der Kaffee war dünn, aber heiß genug, um mich auf Betriebstemperatur zu bringen. Französisches Frühstück halt – Croissants, Marmelade und Kaffee, der eher nach Lagerfeuerwasser schmeckte als nach Barista-Zauber. Aber das passt schon. Ich bin hier nicht zum Genießen. Ich bin hier zum Gehen.

    Zwei Scheiben Käse hab ich mir noch erbettelt – einzeln in Folie eingeschweißt, wie man’s in Frankreich halt macht. Hat mehr geknistert als geschmeckt, aber draußen zählt jedes Gramm Energie.

    Zusammen mit zwei Pilgerinnen ging’s los. Der Weg führte uns bis zum alten Bahnhof von Vigy. Die Gleise waren rostig, das Gebäude wirkte verlassen, aber irgendwo schwang noch dieses Gefühl mit, dass hier mal Bewegung war. Alte Bahnhöfe sind wie verlassene Saloons — vollgestopft mit Geschichten, die keiner mehr laut erzählt.

    Ich zog weiter. Raus aus Vigy, rein ins Land. Pfade schlängelten sich durch Felder, vorbei an kleinen Dörfern, die aussahen, als hätten sie das letzte Jahrhundert einfach durchgewunken. Keine Hektik. Keine Eile. Nur Stein, Holz und Wind.

    Aber dann kam Metz näher. Und wenn du wie ich die Wildnis liebst, dann merkst du schnell: Pilgern in der Stadt ist wie Rodeo in 'ner Telefonzelle. Zu laut. Zu eng. Zu viel von allem.

    Also hab ich in Mey den Stadtbus genommen. Kein schlechtes Gewissen dabei. Der Trail ist kein Dogma. Der Trail ist Freiheit. Und Freiheit heißt auch: zu wissen, wann man sich das Chaos spart.

    Metz selbst? Verdammt schöne Stadt. Groß. Stolz. Voller Geschichte. Aber nichts hat mich so erwischt wie diese Kathedrale. Saint-Étienne. Ein Riese aus Stein und Licht. Ich stand da wie ein Cowboy vor den Felsen von Monument Valley — klein, sprachlos, beeindruckt. Da drin liegt was, das größer ist als jeder von uns. Der Glaube an was Höheres, vielleicht. Oder einfach nur die Kunst des Menschseins in Stein gemeißelt.

    Ich ließ mich treiben. Durch die Straßen, über Plätze, vorbei an Gesichtern, die alle ihr eigenes Leben leben. Und doch spürte ich: Ich bin hier nur auf der Durchreise. Mein Platz ist nicht zwischen den Mauern. Mein Platz ist da draußen, wo der Himmel keine Decke kennt.

    Abends schlug ich mein Lager in der Jugendherberge auf. Kein Prunk. Kein Palast. Aber eine Terrasse direkt an der Mosel. Ich war zufrieden.

    Ich holte mir Brot, Oliven, Käse, Salami und 'ne Flasche Rotwein aus dem Supermarkt. Mehr brauch ich nicht. Kein Menü, kein Kellner, kein Schnickschnack. Nur einfaches Essen, draußen sitzen, dem Fluss zuhören und den Staub des Tages abwaschen.

    Und während ich da saß, mit den Stiefeln noch vom Staub des Weges bedeckt, dachte ich mir:

    „Pilgern ist nicht die Suche nach Schönheit. Es ist die Suche nach Wahrheit. Und Wahrheit findest du da, wo du einfach bist.“
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  • Croissants & Kriegsnarben

    16 April 2019, Perancis ⋅ ☁️ 8 °C

    Tag 10
    25 km
    277 km gesamt

    Morgens in Sainte-Marguerite. Isabelle hatte schon Kaffee auf dem Tisch stehen, als ich noch dabei war, meine Knochen zu sortieren. Der Himmel war grau, die Luft roch nach feuchter Erde und altem Wald. Und ich? Ich roch nach Staub, Schweiß und ehrlicher Arbeit. So muss das sein.

    Das Frühstück war herzlich, einfach, echt. Kein überladenes Buffet, keine goldene Butter. Nur Brot, Marmelade und der Blick in freundliche Augen, die dich verstehen, auch wenn die Sprache nicht will. Das ist Trail-Gold, Partner.

    Ich zog los. Der Rucksack saß schwer auf den Schultern, die Stiefel knirschten über alten Asphalt und Matschwege. Und dann war da überall Geschichte. Alte Bunker, verlassene Stellungen, Reste der Maginot-Linie. Der Erste Weltkrieg hatte hier seine Narben ins Land gebrannt. Steine, die mehr gesehen hatten als ich je laufen werde.

    Manchmal wurde es still auf dem Weg. Still, weil du einfach Respekt hast. Still, weil du weißt: Hier haben Männer gestanden, gegraben, gefroren, gekämpft.

    Aber der Hunger ruft immer. Kedange war mein Ziel für das zweite Frühstück. Kleine Bäckerei, die Art von Laden, die schon seit hundert Jahren gleich aussieht. Croissant, Kaffee, kurzer Gruß. Weiter.

    In der Apotheke besorgte ich mir Voltaren. Keine Schande. Kein Jammern. Wenn du tagelang mit dem ganzen Leben auf dem Rücken unterwegs bist, dann schreit der Körper auch mal. Voltaren ist dann dein Cowboy-Schnaps für die Knie.

    Der Weg führte mich raus ins Tal. Neben mir eine stillgelegte Museumsbahn. Kein Zug weit und breit. Aber ich sah sie vor mir — alte Dampfloks, die sich schnaufend durch diese Kurven zogen, als wäre das hier Texas und nicht Lothringen.

    Ich stapfte weiter. Durch Dörfer, vorbei an Bauernhöfen, Hunde bellten, Hühner gackerten, und irgendwo roch’s nach frisch geschnittenem Holz. Frankreich zeigte sich ländlich, ruhig, ehrlich. Kein Touristenkitsch, keine Inszenierung.

    Dann kam der Anstieg. Von St. Hubert hoch nach Vigy. Straße, Wind von vorn, Schweiß auf der Stirn. Aber weißt du was? Ein Cowboy flucht nicht über Berge. Berge sind Prüfungen. Und Prüfungen nimmt man an.

    Oben in Vigy fand ich mein Nachtlager. Kein Ritz-Hotel. Aber sauber, ordentlich, ehrlich. Eine Art Jugendherberge. Ich war dankbar. Für das Dach. Für das Essen. Für das Bier danach mit anderen Trail-Reitern, die wie ich ihren Weg machen.

    Da saßen wir. Menschen aus verschiedenen Ländern, mit verschiedenen Geschichten. Und doch verband uns etwas, das größer war als Sprache oder Herkunft: Der Staub an unseren Stiefeln. Der Wind in unseren Gesichtern. Der Weg unter unseren Füßen.

    Wir tauschten Geschichten. Wir lachten. Und doch wusste jeder: Am nächsten Morgen ziehen wir wieder allein weiter. Weil der Trail dich begleitet — aber er trägt dich nicht. Den Weg gehst du selbst.

    Und genau deshalb bin ich hier.

    Weil draußen zu leben bedeutet, das Einfache zu lieben. Das Ehrliche. Das Harte.

    „Der Trail nimmt dir den Komfort. Aber er schenkt dir Freiheit.“

    Und das, Partner, das ist der beste Deal, den du draußen kriegen kannst.
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  • Bonjour Frankreich, Bienvenue Fremder

    15 April 2019, Perancis ⋅ ☀️ 10 °C

    Tag 9
    29 km
    252 km gesamt

    Der Morgen in Perl war frisch. Nicht vom Wetter her – sondern frisch im Kopf. Da stand ich, Stiefel festgeschnürt, Rucksack auf dem Buckel, und vor mir lag die Grenze nach Frankreich.

    Grenzen sind so 'ne Sache. Auf Karten eine Linie. Im Leben ein Gefühl. Und ich sag dir: Wenn du auf dem Trail stehst und weißt, da drüben versteht dich keiner mehr – dann ziehst du den Hut ein Stück tiefer und gehst trotzdem.

    Ich zog durch Perl, überquerte die Mosel, und was stand da an der Grenze? Ein kleiner Eiffelturm. Als wollte mir das Land direkt sagen: "Bienvenue, Fremder. Hier bist du nicht mehr zu Hause – aber willkommen bist du trotzdem."

    Apach. Sierck. Kleine französische Dörfer, still und ruhig wie eine Pferdeherde beim Sonnenuntergang. Keine Hektik. Keine Eile. Aber auch kein Schild, das dir sagt, was du zu tun hast.

    Ich verließ die Mosel. Rauf in den Wald. Der Pfad war schmal, der Wind trug fremde Gerüche mit sich. Das Land fühlte sich anders an. Nicht feindlich. Nicht fremd. Sondern... neu.

    Montenach lag irgendwo da oben. Der Boden wurde weicher, der Weg schraubte sich bergauf, und irgendwann stand sie da — die Stele. 2200 Kilometer bis Santiago. Zwei verdammte Tausender und noch 'n langer Ritt obendrauf.

    Ich stand davor, stützte mich auf meine Stöcke und grinste. Weißt du warum? Weil solche Zahlen keine Angst machen. Nicht, wenn du weißt, wer du bist. Nicht, wenn du schon Meilen gefressen hast, als andere noch am Frühstückstisch saßen.

    Der Weg führte mich weiter. Feldwege. Wälder. Dörfer ohne Touristenpostkarten. Und überall: Menschen. Freundlich. Lächelnd. Keine gemeinsame Sprache — aber Blicke, die sagen: "Da ist einer von uns. Ein Wanderer. Einer, der seinen Weg geht."

    Irgendwann tauchte Sainte Marguerite auf. Ein Weiler, klein wie 'ne Viehtränke in der Prärie. Achtzig Seelen, vielleicht weniger. Aber hier stand mein Nachtlager. Bei Isabelle und Gerard.

    Ich sag dir, Kev, das war kein Hotelzimmer. Das war ein Zuhause für eine Nacht. Keine Reservierungsnummer. Kein Check-In-Automat. Sondern echte Leute, mit echtem Herz.

    Der Pilgerstempel? Handgemalt. Ein kleines Kunstwerk, das mehr Geschichten in sich trägt als manche ganze Stadt. Ein Bild von Notre-Dame. Vom Brand. Von Erinnerung.

    Wir saßen zusammen. Redeten mit Händen, Füßen und allem, was der Cowboywortschatz so hergab. Und trotzdem war alles klar.

    Weißt du, was du draußen lernst? Sprache ist gut. Aber Haltung ist besser. Ein ehrlicher Blick, ein fester Händedruck und der Dreck an deinen Stiefeln reden oft lauter als jedes Wörterbuch.

    Ich legte mich schlafen. Das Fenster offen. Der Wind flüsterte Französisch, der Weg schlief unter meinen Füßen.

    Und ich wusste wieder:

    „Fremdes Land macht den Reiter nicht kleiner – es macht ihn größer.“

    TrailSoulKev — unterwegs, wo kein Navi hilft und kein Reiseführer dich retten kann. Nur du. Der Wind. Der Weg.
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  • Zwischen Mosel, Saar und meinem Schatten

    14 April 2019, Jerman ⋅ 🌧 6 °C

    Tag 8
    37 km
    223 km

    Sechs Wochen Pause. Sechs Wochen im Stall. Aber wer draußen lebt, der weiß: Ein Pferd wird nicht zahm, nur weil man’s mal kurz anbinden musste.

    Der Morgen war früh, der Kaffee war stark, und die Gleise führten mich zurück nach Trier. Keine Stadt, kein Pflaster hält mich lange fest — aber heute war das der Ausgangspunkt für meinen nächsten Ritt.

    Ich saß noch kurz in einer kleinen Bäckerei. Nichts Aufregendes. Aber ehrlich. Ein belegtes Brötchen, schwarzer Kaffee, und der Blick raus auf die Straße. Dort draußen wartete der Weg. Kein Schild mit “Willkommen”. Keine Blasmusik. Nur der alte Rhythmus in den Beinen und der Drang nach Weite.

    Ich ließ Trier hinter mir wie ein Reiter die Grenzstadt vor dem Canyon. Die Mosel war mein Begleiter. Ruhig, mächtig, alt. Sie zog neben mir her bis Konz — da, wo sie sich mit der Saar vereint. Zwei Flüsse, zwei Geschichten, ein gemeinsamer Weg. So wie ich und der Trail.

    Aber dann wurde es ernst. Raus aus dem Flusstal, rauf auf die Hänge. Der Weg zog sich durch Tawern. Alte Römerwege unter meinen Stiefeln. Kopfsteinpflaster, das Geschichten von Legionen im Staub versteckt hält. Und ein Tempel — Relikt einer Zeit, als Götter noch in Stein gemeißelt wurden und der Mensch sich seinen Platz im Land noch verdienen musste.

    Ich zog weiter. Durch “Fisch” — ja, der Ort heißt wirklich so — stand ich plötzlich in einem kleinen Park. Ein Bachlauf plätscherte da rum wie der langsame Puls eines alten Pferdes nach einem langen Tag. Kirche, Bauernhof, Stille. Kein Märchen. Keine Inszenierung. Nur Land, so echt wie das Knarren alter Stiefel.

    In Merzkirchen erinnerte ich mich an die Geschichten der alten Pilgerherberge. Mary hatte hier einst ihren Platz für alle, die unterwegs waren. Jetzt war sie geschlossen. Das Leben geht weiter. Die Straße fragt nicht nach Nostalgie.

    Der Weg zog mich weiter. Über die Höhen zwischen Mosel und Saar. Der Wind war mein einziger Gesprächspartner. Kein Lärm, kein Mensch. Nur das Pfeifen in den Ohren und der Gedanke: Hier draußen gibt dir keiner was geschenkt. Aber hier draußen nimmt dir auch keiner was weg.

    Und irgendwann lag Perl-Sinz vor mir. Saarland. Neues Land, neue Spur. Ich fand ein kleines Hotel. Nichts Edles. Aber warm. Und ehrlich. Der Gastraum roch nach Essen, das von Leuten gekocht wird, die wissen, wie man den Bauch füllt und das Herz beruhigt. Irgendwas mit Ente war’s. Ich weiß es nicht mehr genau. Aber ich weiß: Es war gut. Weil es draußen verdient war.

    Ich saß da. Müde. Zufrieden. Die Stiefel schmutzig. Die Gedanken weit.

    Weißt du, was der Jakobsweg ist?

    Es ist nicht der Weg auf der Karte. Es ist nicht das Schild am Straßenrand.

    Es ist dieser Moment, wenn du irgendwo draußen sitzt, allein mit deinem Essen, und weißt:
    „Ich gehöre hierher. Nicht für immer. Aber für heute.“
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  • Schwierige Wegstrecke – genau mein Ding

    3 Maret 2019, Jerman ⋅ ☁️ 8 °C

    Tag 7
    29 km
    186 km gesamt

    Minden an der Sauer. Morgens. Der Himmel hing tief, als hätte sich der liebe Gott 'ne alte Decke über die Eifel gezogen. Aber mich hält sowas nicht auf. Nicht heute. Nicht auf diesem Abschnitt. Die Stiefel geschnürt, den Rucksack verzurrt, den Cowboyhut gedanklich tiefer ins Gesicht gezogen — und los ging der Ritt.

    Der Weg raus aus dem Sauertal war nix für Sonntagswanderer mit Blümchen im Haar. Da stand’s auch schwarz auf weiß am Schild: "Schwierige Wegstrecke."

    Weißt du, was das für mich heißt?
    Das heißt: Genau mein Ding.

    Der Pfad zog sich steil den Hang hoch. Steine, Wurzeln, Matsch — der Boden hat alles gegeben, um mich aufzuhalten. Aber wenn du auf dem Trail lebst, dann weißt du: Ein sturer Kopf und ein gutes Paar Stiefel bringen dich überall hin.

    Oben angekommen spuckte ich einmal in den Wind, grinste dreckig und ließ den Blick schweifen. Weit war’s da oben. Das Bitburger Gutland lag vor mir wie eine alte Karte, ausgebleicht von der Sonne, zerfurcht von Wegen, die keiner mehr kennt.

    Ich zog weiter. Welschbillig war der nächste Posten am Wegesrand. Keine große Show, kein Rodeo — einfach ein Dorf, das weiß, wo es steht. An der Jakobshütte ließ ich kurz den Wind über mich streichen, durch Butzweiler und Möhn ging’s weiter, vorbei an Feldern, die schon zu viele Winter gesehen haben, um sich noch groß aufzuregen.

    Kurze Pause in Lorich. Brot raus, Wasser runter — der einfache Cowboy-Luxus. Keine Bedienung, kein Menü — nur du, die Bank, und der Hunger, der ehrlich verdient ist.

    Dann ging’s runter ins Tal des Beiwerbachs. Der Wald wurde dichter, die Luft kühler. Und ich spürte es: Die Zivilisation kam näher. Der Boden wurde fester, der Pfad breiter, und da war es wieder — dieses Gefühl, wenn die Wildnis langsam die Zügel lockert und dich zurückschickt in die Welt der Häuser, Autos und Menschen.

    Ich streifte durch die Vororte von Trier. Kein Spektakel. Kein Empfangskomitee. Nur ein staubiger Wanderer mit müden Knochen und einem Blick, der längst weiter war als die nächste Straßenkreuzung.

    Und dann lag sie vor mir: Die Mosel. Breit, ruhig, stolz wie ein alter Fluss eben ist, der schon mehr Geschichten gesehen hat, als du in drei Leben erleben kannst.

    Ich folgte ihr. Der Fluss war mein Wegweiser. Der Wind mein Begleiter. Über die Kaiser Wilhelm Brücke ging’s rein ins Herz von Trier. Porta Nigra. Der Dom. Steine, die mehr erlebt haben als jeder moderne Schnickschnack zusammen.

    Ich stand da. Stumm. Keine großen Worte. Keine Selfies. Nur ich, der Staub des Weges auf den Stiefeln, und das Gefühl, dass ich genau hier richtig war. Nicht weil es im Reiseführer steht. Sondern weil der Weg mich hierher geführt hat.

    Der Trail gibt dir keine Orden. Keine Pokale. Aber er schenkt dir Momente, die man nicht kaufen kann.

    Ich machte mich auf zum Bahnhof. Setzte mich in den Bus zurück nach Prüm. Die Knochen schwer, das Herz leicht.

    Denn so ist das Leben auf dem Trail:
    Du gehst. Du kämpfst. Du staunst. Und am Ende sitzt du da, ziehst die Stiefel aus, streckst die müden Beine und denkst:

    „Verdammt nochmal — das war wieder einer von den Tagen, für die es sich lohnt, draußen zu leben.“

    Bis zum nächsten Ritt, Partner.
    TrailSoulKev — auf der Spur zwischen Erde und Ewigkeit.
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  • Grenzfluss & Zwiebelrostbraten

    2 Maret 2019, Luksemburg ⋅ ☁️ 8 °C

    Tag 6
    27 km
    157 km gesamt

    Mettendorf. Der Morgen war grau wie ein alter Colt-Lauf. Nebel zog durch die Gassen, Regen peitschte gegen die Fensterscheibe wie ein unruhiges Pferd im Stall. Aber weißt du was? Ein Cowboy fragt nicht nach dem Wetterbericht. Ein Cowboy sattelt und zieht los. Punkt.

    Ich zog die Stiefel fest, schulterte meinen Rucksack und trat raus in den Matsch. Anfang März — die Zeit, wo der Boden noch weich ist und der Himmel schwer. Der Wind roch nach altem Holz und nasser Erde. Perfekt. Das ist kein Spaziergang. Das ist ein Ritt.

    Der Weg zog sich durch Wiesen und Felder Richtung Nusbaum. Nichts Spektakuläres auf der Landkarte, aber draußen? Draußen war Magie in der Luft. Nicht so ’ne bunte Einhorn-Magie. Sondern echte, raue Trail-Magie. Da, wo der Nebel überm Gras hängt wie Zigarettenrauch in ’ner staubigen Westernkneipe. Da, wo du spürst: Der Weg ist älter als du. Und er wartet nicht.

    Es ging weiter, hoch aufs Ferschweiler Plateau. Und Plateau heißt hier nicht: bequemer Ausblick. Das heißt: Beine arbeiten. Atem dampft in der kalten Luft. Und jeder Schritt sagt dir: Du bist hier draußen nicht zum Spaß.

    Oben stand ein altes Wegekreuz. Windzerfressen. Moosüberzogen. Kein Mensch weit und breit. Nur Felsen, Bäume und Stille. Aber keine leere Stille. Sondern diese Art von Stille, in der du fast die Geschichten hörst, die der Wind seit Jahrhunderten sammelt.

    Dann runter nach Bollendorf. Der Weg schraubte sich in Serpentinen hinab, und unten floss sie — die Sauer. Grenzfluss. Wasserlinie zwischen Deutschland und Luxemburg. Ich setzte den Stiefel auf die Brücke und übertrat die Grenze. Kein großer Moment. Kein Tamtam. Nur ein Cowboy, der seinen Weg geht, egal wo.

    Echternach lag vor mir. Älteste Stadt Luxemburgs. Ich marschierte durch die Straßen wie ein Fremder in einem alten Westernfilm. Die Basilika ragte auf wie eine Festung. Ich holte tief Luft. Kein Stempel hier? Kein Problem. Mein Stempel sitzt in meinen Füßen. In jedem Schritt.

    Wieder rüber nach Deutschland. Und jetzt kam’s dicke. Der Weg führte durch einen verwilderten Weinberg bei Minden. Kein Spazierpfad. Kein Sonntagsterrain. Ein schmaler Streifen zwischen Reben und Felsen. Der Wind riss an meiner Jacke, der Boden rutschte unter den Stiefeln. Aber das hier — das war pure Freiheit.

    Weißt du, was Freiheit ist? Freiheit ist, wenn du irgendwo zwischen Grenzfluss, Regen und Weinberg stehst, keinen Plan hast, aber weißt: Das hier ist genau richtig.

    Am Abend erreichte ich Minden an der Sauer. Ein kleines Hotel nahm mich auf. Keine Luxuskarre vor der Tür. Kein Wellness-Spa. Aber eine ältere Dame an der Rezeption, die mehr Herz hatte als mancher Palast Marmor. Sie drückte mir meinen Pilgerstempel in die Hand und sagte: "Ich hab noch Zwiebelrostbraten auf dem Herd."

    Ich sag dir, ich hab schon viel gegessen auf meinen Wegen. Aber dieser Zwiebelrostbraten? Der war besser als jedes Gold im Saloon. Weil er verdient war. Weil er draußen erkämpft war. Weil er nach Heimat schmeckte — auch wenn du gerade irgendwo an der Sauer schläfst.

    Ich legte mich in mein Bett. Draußen rauschte der Wind. Drinnen roch es noch nach gebratenen Zwiebeln und ehrlicher Gastfreundschaft.

    Und ich wusste wieder:

    „Der Jakobsweg schenkt dir nichts. Aber wenn du ihm alles gibst, gibt er dir alles zurück.“

    TrailSoulKev — unterwegs, wo der Asphalt aufhört und der Weg beginnt.
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  • Der Islek - Kalt bis in die Gedanken

    1 Maret 2019, Jerman ⋅ ☁️ 6 °C

    Tag 5
    27 km
    130 km gesamt

    Morgens in Waxweiler. Draußen graues Licht, drinnen ein Frühstück wie es sein muss: Einfach, solide, nahrhaft. Kein Chia-Samen-Zauber, kein Avocado-Hokuspokus. Nur Brot, Kaffee, Butter und der Gedanke: Heute wird marschiert. Heute geht’s raus. Heute gibt’s wieder Geschichten, die man sich nicht ausdenkt — die man sich abläuft.

    Ich zog durch Waxweiler, den Kragen hochgeschlagen, die Luft kalt wie ein Schluck ungefilterter Whiskey. Der Nebel hing in den Gassen, als wollte er mir sagen: "Willkommen im Islek, Cowboy. Hier frierst du nicht nur am Körper – hier frierst du bis in die Gedanken."

    Aber weißt du was? Genau deshalb bin ich hier. Weil draußen echt ist. Weil du da nix faken kannst. Entweder du gehst – oder du bleibst stehen. Und Stehenbleiben ist für Stadtmenschen. Nicht für mich.

    Ich stapfte weiter. Feldwege, Waldwege, Dörfer ohne Namen, Häuser wie festgenagelt gegen den Wind. Der Islek ist kein Landstrich für Postkarten. Der Islek ist für Leute, die wissen, wie man eine Jacke richtig zumacht und die Füße still hält, wenn’s kalt wird.

    Links irgendwo 'ne Autocross-Strecke. Staub und Lärm wären mir heute fast lieber gewesen als diese Stille, die dir ins Ohr kriecht. Aber so ist der Trail. Du nimmst, was kommt.

    Und dann lag sie vor mir: Neuerburg. Alt, kantig, auf einem Felsen thronend wie eine alte Westernstadt am Ende der Welt. Ich trabte rein, zog mir den Stempel in der Kirche unterhalb der Burg – nicht, weil ich’s muss. Sondern weil es Respekt ist. Jeder Trail hat seine Zeichen. Und ich sammle sie nicht für irgendein Buch – ich sammle sie, weil sie mir zeigen: Ich war hier. Ich hab mich durchgekämpft.

    Nach so viel Geschichte braucht der Mann was für den Magen. Pizzeria. Einfach. Warm. Der Ofen roch nach Leben. Pizza geht immer. Auf dem Trail zählt nicht, ob’s Gourmetküche ist — es zählt, ob’s satt macht und dich weitergehen lässt.

    Gestärkt zog ich wieder los. Der Berg raus aus Neuerburg ließ mich schnaufen. Steil, gnadenlos, ein alter Lehrer, der dir nochmal zeigt: Hier draußen zählt kein Muskelshirt. Hier zählt Wille. Und mein Wille war festgeschnallt wie mein Rucksack.

    Oben dann wieder Weite. Runter ins Tal der Enz. Durch Sinspelt, weiter nach Mettendorf. Der Tag war lang. Der Wind zäh. Und meine Beine? Müde wie ein alter Mustang nach einem langen Ritt.

    In Mettendorf fand ich ein kleines Hotel. Nichts Besonderes für die Außenwelt – aber für mich ein Palast. Weil es genau das war, was ich jetzt brauchte: Ein Bett, ein Dach über’m Kopf, und Menschen, die dir freundlich zunicken, ohne große Worte.

    Ich legte mich hin. Die Kälte kroch aus den Knochen, die Stiefel standen schmutzig am Fenster, und draußen wehte der Wind Geschichten über das Land.

    Und ich dachte mir:

    Das hier ist Leben. Kein weichgespülter Wandertraum. Kein Social-Media-Abenteuer. Sondern dreckig, ehrlich, rau. So wie der Islek selbst.

    Und morgen? Morgen geht’s weiter. Weil der Trail kein Ende kennt. Und weil ein echter Cowboy weiß:

    „Der Weg macht dich nicht fertig. Der Weg macht dich echt.“

    TrailSoulKev – immer auf der Spur. Immer draußen. Immer da, wo der Wind pfeift.
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  • Mit Bier durch die Schönecker Schweiz

    28 Februari 2019, Jerman ⋅ ⛅ 12 °C

    Tag 4
    25 km
    103 km gesamt

    Man sagt, ein Cowboy kennt keine Pause. Ist vielleicht was Wahres dran — aber manchmal lässt sich das Leben eben Zeit. Zwei Jahre und ein halbes noch obendrauf lagen zwischen mir und meinem letzten Schritt auf dem Jakobsweg. Macht nix. Gute Trails laufen nicht weg. Die warten. Und wenn der Ruf der Straße wieder durch den Schädel zieht wie der Rauch von Lagerfeuerholz — dann weißt du: Es wird Zeit.

    Ich hab meinen alten Pickup geschnappt und bin nach Prüm gerollt. Karneval war. Bunt, laut, betrunken — aber das war nicht mein Grund. Ich wollte raus. Raus aus allem, was blinkt und brüllt. Rein in das, was echt ist. Die Spur vor mir. Der Wind um die Ohren. Der Boden unter den Stiefeln.

    Ich ließ Prüm hinter mir wie eine alte Stadt am Rand der Welt. Ging raus nach Rommersheim. Da standen sie plötzlich — eine Herde Rehe auf einer Wiese. Starrten mich an wie Cowboys an der Theke, wenn ein Fremder reinkommt. Kein Flattern, kein Panik — nur reines, wildes Leben. Ich nickte ihnen zu und ging weiter. Wir hatten alle unseren Weg.

    Und dann kamen Sabrina und ihr Kumpel. Zwei Pilger mit mehr Bier im Rucksack als Wasser. Ich musste grinsen. Wer bin ich, zu urteilen? Jeder reitet seinen eigenen Gaul. Aber ich lehnte ihr Angebot ab. Nicht aus Arroganz. Sondern aus Respekt. Wenn ich gehe, dann will ich alles spüren. Den Wind, den Durst, die Stille. Kein Dosenbier zwischen mir und der Weite.

    Wir liefen ein Stück zusammen. Durch die Schönecker Schweiz. Ein Landstrich wie aus einem alten Western-Film, aber grün und satt wie nach einem langen Regen. Bäche glitzerten, Felsen ragten auf, und der Wald war tief wie alte Gedanken. In Schönecken legten wir eine Pause ein. Ein Gasthaus. Ein Schluck. Ein Stempel in der Kirche, der mehr sagt als jedes "gefällt mir" im Netz. Und dann zog ich allein weiter. So wie es sein muss.

    Der Weg nach Waxweiler war lang, aber ehrlich. Oben über der Stadt hing ein einzelner Schuh in einem Baum. Als hätte jemand gesagt: "Bis hierhin und nicht weiter." Ich blieb stehen, zog den Hut tiefer und dachte: Jeder Trail hat seine Geschichten. Manche hängen eben in Bäumen.

    Ich stand oben an einer Säule, blickte runter auf Waxweiler. Das Land lag still. Kein Lärm, kein Karneval. Nur Straße, Wald und Himmel. Das reicht.

    Unten im Ort fand ich ein Hotel. Ein einfaches Zimmer. Genau richtig. Die Wirtin war freundlich, mit einem niederländischen Einschlag in der Stimme, der sofort Sympathie weckte. Sie warnte mich: "Heute Abend ist Möhnenball — könnte laut werden." Ich grinste. Laut? Nach dem ganzen Schweigen draußen? Soll mir recht sein, Lady. Hauptsache was zu essen.

    Das Abendessen war deftig. Der Schlaf kam schnell. Der Lärm des Karnevals draußen war wie das Heulen alter Kojoten in der Nacht. Aber das störte mich nicht. Ich war müde. Müde vom Gehen. Müde vom Denken. Aber zufrieden. Bis in die Knochen.

    Denn das ist das Leben draußen: Du gehst, du atmest, du nimmst an, was kommt. Regen, Sonne, Menschen, Tiere, Lärm, Stille. Und wenn du dich abends hinlegst und weißt, dass du nichts geschenkt bekommen hast — dann schläfst du wie ein echter Cowboy.

    „Wer draußen lebt, fragt nicht nach dem Wetter. Er fragt nach dem Weg.“

    Ich war auf dem richtigen Weg. Immer noch. Immer weiter.

    TrailSoulKev — unterwegs zwischen Staub und Sternen.
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  • Der Schwarze Mann und der Tee

    5 Oktober 2016, Jerman ⋅ ⛅ 10 °C

    Tag 3
    18 km
    78 km gesamt

    Morgens in Ormont. Das Zelt war klatschnass, der Boden matschig, und der Himmel hing schwer wie ein nasser Poncho über der Schneifel. Ich stand da im ersten Licht, blickte auf meine kleine Behausung aus Stoff und Seil und wusste: Das ist kein Hotel. Das ist mein Zuhause. Und mein Zuhause trägt Narben aus Regen und Wind.

    Ich schüttelte das Zelt aus wie ein Cowboy den Dreck von seinen Stiefeln, verstaute alles, was irgendwie noch trocken war, und frühstückte, wie man eben frühstückt, wenn man draußen lebt: stehend, kauend, die Augen auf dem Horizont. Der Kaffee war heiß, das Brot hart — genau richtig.

    Der Himmel zeigte sich gnädig, ließ hier und da Licht durchs Grau blinzeln, als wollte er sagen: "Geh weiter, Junge. Heute prüfe ich dich." Und das tat er.

    Ich zog los, hinauf auf den Rücken der Schneifel. Ein Höhenzug, der den Namen verdient. Der Wind kam scharf von der Seite, der Regen begleitete mich wie ein alter Reitpartner, der nicht viel redet, aber immer da ist. Der Trail schlängelte sich am Kamm entlang, kein Schutz, kein Zurück.

    Der Schwarze Mann wartete auf mich. Kein Typ mit Revolver — sondern ein Blockhaus tief im Wald. Einsam. Still. Aber bewirtschaftet. Gott sei Dank. Ich trat ein wie ein müder Reiter in den Saloon. Der heiße Kaffee schmeckte nach Leben. Das Essen war einfach, aber es hätte auch Gold sein können.

    Lange blieb ich nicht. Ein Cowboy verweilt nicht zu lange am Feuer. Es ging weiter, hinab aus dem Wald, raus nach Gondenbrett. Der Regen setzte jetzt richtig an. Nicht mehr Begleiter — sondern Gegner. Ich suchte Schutz in einer Bushaltestelle. Holzbank, nasser Boden, grauer Himmel. Der Wind heulte um die Ecke wie ein hungriger Kojote.

    Und dann passierte das, was du draußen nie planen kannst — aber immer hoffst. Ein Junge, vielleicht sechzehn Sommer alt, trat aus dem Haus gegenüber. Fragte nicht viel. Sagte nur: "Sind Sie ein Pilger? Meine Mutter lädt Sie gerne auf einen Tee ein." So einfach. So ehrlich. Ich nickte. Weil man sowas nicht ausschlägt, wenn man draußen lebt.

    Der Tee war heiß, das Gespräch herzlich. Kein großes Gerede, keine Masken. Nur Menschlichkeit, wie sie draußen wächst — einfach und direkt.

    Der Regen ließ nach, und ich zog weiter. Vorbei am Krankenhaus von Prüm, den Kalvarienberg fest im Blick. Da oben war Geschichte vergraben — eine dunkle. Ein Sprengstofflager, das in die Luft ging und die halbe Stadt unter sich begrub. Das sind keine Legenden. Das sind Narben im Land. Und ich gehe drüber wie über alte Brandspuren am Lagerfeuer.

    In Prüm stand ich dann vor der Abtei. Ein gewaltiges Ding. Stein auf Stein, gebaut von Menschen, die mehr wollten als nur ein Dach über dem Kopf. Ich holte mir meinen Stempel. Nicht als Trophäe. Sondern als Zeichen: Ich war hier. Ich bin gegangen. Durch Regen, durch Geschichten, durch Zeit.

    Dann kam das Warten. Drei Stunden bis der Bus ging. Kein Problem für einen, der draußen lebt. Ich setzte mich, bestellte einen Hamburger und Fritten — und das war das beste Essen des Tages. Nicht, weil es teuer war. Sondern weil es verdient war.

    Der Bus kam wie ein alter Gaul aus der Ferne. Ich stieg ein. Fuhr nach Gerolstein, dann mit dem Zug nach Kall, und schließlich der letzte Ritt mit dem Bus zurück nach Hellenthal.

    Da stand mein Truck. Treu wie ein alter Mustang. Wartete auf mich, als hätte er gewusst, dass ich wiederkomme.

    Und weißt du was?
    Der Weg war lang. Der Tag war nass. Aber mein Herz war trocken. Glühte. Brennte.

    Denn der Trail ist kein Ort.
    Er ist ein Zustand.
    Und ich bin mittendrin.

    „Regen wäscht dir den Dreck vom Körper — aber nur der Weg wäscht dir den Staub aus der Seele.“

    TrailSoulKev — der Mann, der geht.
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  • Zitterwald & Pilgerdusche

    4 Oktober 2016, Jerman ⋅ ☁️ 9 °C

    Tag 2
    28 km
    60 km gesamt

    Ich hab meinen Truck in Hellenthal abgestellt wie ein alter Cowboy sein Pferd am Saloon. Letzter Gruß an die Zivilisation, letzter Blick in den Rückspiegel. Danach war ich allein mit meinem Rucksack, meiner Ausrüstung und dem wilden Land vor mir. Der Himmel war grau, der Boden noch feucht vom letzten Regen, und ich wusste: Das wird kein Kindergeburtstag. Das wird ein Ritt.

    Ich sattelte auf – Wasser, Proviant, das Zelt fest verzurrt – und zog los. Der Matthiasweg lag vor mir wie eine alte Prärie-Spur, kaum zu sehen, aber deutlich zu spüren. Es ging raus aus dem Ort, rein ins Bachtal. Das Wasser plätscherte neben mir wie ein treuer Gefährte, und das Grün war so satt, dass es fast unverschämt wirkte. Ruhig war es da draußen. Ruhig wie ein Canyon bei Sonnenaufgang. Keine Autos, keine Stimmen – nur der Wind und ich. Und das war gut so.

    An einer Schutzhütte machte ich Rast. Kein großer Bahnhof. Ein Holztisch, etwas Schatten, der Bach flüsterte Geschichten von früher. Ich packte meinen Proviant aus, biss ins Brot und ließ den Blick schweifen. Wer draußen isst, der isst nicht nur Nahrung – der isst Freiheit. Kein Salz, kein Pfeffer – nur Erde, Hunger und der nächste Kilometer.

    Dann zog ich weiter. Der Anstieg zum Weißen Stein war lang. Steil? Klar. Aber weißt du, was steiler ist? Aufzugeben. Und das stand heute nicht auf meinem Zettel. Oben am Aussichtsturm, auf 700 Metern Höhe, da war’s still. Weit. Der Blick ging über Hügel, Wälder, Felder. Das war keine Postkarte – das war echt. Und manchmal musst du eben hoch hinaus, um wieder auf den Boden zu kommen.

    Ich ließ den Turm hinter mir, stapfte in den Zitterwald. Der Name allein klingt schon nach alten Geistern und verlorenen Reitern. Aber der Wald war friedlich. Die Zitterwaldhütte stand da wie eine letzte Bastion gegen die Müdigkeit. Ich setzte mich, zog mir einen Schluck Wasser rein, kaute Nüsse, und hörte zu. Dem Wald. Meinem Atem. Dem Knistern in den Ästen.

    Dann ging es weiter. Abwärts ins Tal der Kyll. Vorbei an Frauenkron – ein Name wie aus einer Western-Ballade. Die Grenze nach Rheinland-Pfalz kam unscheinbar daher, aber ich spürte sie trotzdem. Das Land wurde rauer, der Himmel dunkler. Der Wind frischte auf. Kein Problem. Wer draußen schläft, der kennt keinen Wetterbericht – der kennt nur den Himmel über sich.

    Hallschlag lag vor mir. Die Kirche leuchtete weiß aus der Dämmerung, als würde sie die letzten Reiter nach Hause rufen. Aber ich hatte kein Zuhause. Nicht hier. Mein Zuhause war der Weg. Und der war noch nicht zu Ende.

    Am Waldrand entlang zog ich weiter – und dann sah ich ihn. Das erste Muschelsymbol. Der Jakobsweg. Kein Pomp, kein Trompetenchor. Nur ein altes Zeichen am Pfahl. Aber für mich war es das Versprechen: Du bist jetzt wirklich auf der Spur.

    Vorbei an einem Wasserkran – von den Einheimischen liebevoll Pilgerdusche getauft. Das Wasser lief ununterbrochen raus, als hätte jemand den Hahn für alle Wanderer dieser Welt aufgedreht. Ich tauchte meine Hände hinein. Kalt. Klar. Wach.

    Ein Bach wurde gefurtet – dreckige Stiefel waren eh schon Standard. Und dann, nach einem langen Marsch, lag Ormont vor mir. Ich holte mir meinen Pilgerstempel im Gasthaus – das ist so eine Sache auf dem Trail: Kleine Rituale geben dir Halt, wenn alles andere wild ist.

    Der Zeltplatz lag still. Kein Luxus. Kein Licht. Nur ich, mein Zelt, die feuchte Erde und ein Himmel, der langsam schwarz wurde. Ich baute auf, kochte mir eine Trekking-Mahlzeit – schmeckt draußen immer wie ein Festmahl – und kroch in meinen Schlafsack.

    Und dann kam der Regen. Und der Wind. Ein Sturm zog auf, rüttelte am Zelt wie ein wütender Mustang am Zaun. Aber ich lag da drin, warm, müde, zufrieden. Weißt du, was ich dachte?

    Genau dafür bin ich hier.

    Denn wer nur bei Sonnenschein reitet, der weiß nichts vom Leben. Aber wer in einer stürmischen Nacht im Zelt liegt und trotzdem grinst – der ist angekommen. Nicht irgendwo da draußen. Sondern bei sich selbst.

    TrailSoulKev – unterwegs auf alten Spuren, mit Staub an den Stiefeln und Wind im Gesicht.

    „Der Trail fragt nicht, wer du bist. Er zeigt dir, wer du wirklich bist.“

    Und ich sag dir, Partner: Ich bin verdammt noch mal ein Cowboy.
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  • Eifelprairie und Schienen ins Nichts

    3 Oktober 2016, Jerman ⋅ ☁️ 9 °C

    Tag 1
    32 km
    32 km gesamt

    Der Morgen war noch jung, der Kaffee schwarz, der Himmel grau wie alter Stahl. Ich schnürte die Stiefel, spürte das Leder an meinen Fersen und wusste: Ab heute wird nicht mehr gezögert. Kein Reden, kein Planen – heute wird geritten. Zu Fuß, mit schwerem Rucksack und noch schwereren Gedanken. Der Wind kam von Westen, und ich ging ihm entgegen. Nicht aus Trotz, sondern aus Überzeugung.

    Der Trail fing vor meiner Haustür an. Kein großes Tor, kein Zeichen. Nur der Matthiasweg – staubig, ehrlich, mit genug Kanten, dass man sich dran stoßen kann. Ich ließ Simmerath hinter mir wie ein Reiter die letzte Tankstelle vor der Wüste. Noch schnell Proviant besorgt – Brot, Käse, eine Handvoll Nüsse – und dann ab durch das Tor zur Wildnis. Der Asphalt verschwand, und was blieb, war Schotter. Und Stille.

    Das Tiefenbachtal lag da wie ein schlafender Bär. Feucht, neblig, grün wie der Rücken eines alten Alligators. Der Pfad war schmal, der Boden weich. Jeder Schritt sog mich tiefer hinein in den Wald, in die Ruhe, in mich selbst. Der Nebel kroch durch die Zweige, als wollte er mir Geschichten ins Ohr flüstern, die nur alte Eifeler Hirten und Reiter verstanden. Ich sagte nichts. Ich hörte nur zu.

    Dann kam der Aufstieg. Der Hang nach Dedenborn – steil, krumm, ohne Gnade. Kein Schild, das dich warnt. Kein Seil, das dich hält. Nur deine Beine, dein Wille, dein Fluch auf halber Strecke. Aber oben… oben stand ich am Rand der Welt. Der Blick war offen, weit, rau wie eine Prärie nach dem Sturm. Ich sah das Tal zu meinen Füßen, den Fluss, die Straße, den Hof da unten wie eine Miniatur der Welt. Und für einen Moment war ich König – nicht über das Land, sondern über mich selbst.

    Ich zog weiter. Durch das Tal der Rur, ein Band aus Wasser und Zeit, das sich durch die Hügel schlängelt wie eine alte Narbe. In Einruhr war alles still. Der See lag da wie flüssiges Glas, kaum ein Laut, kaum ein Mensch. Ich trat ans Ufer, aß ein Stück Brot, trank aus der Flasche, spuckte in den Wind. Kein Dank, kein Jammern. Einfach nur: weiter.

    Der Aufstieg durchs Erkensruhrer Tal war ein Ritt ohne Sattel. Die Bäume wurden dichter, der Pfad wilder. Ich begegnete niemandem. Nur ein Reh, das mich ansah wie einer, der weiß, dass ich nicht bleibe. Dann kam ich zur Leykaul. Verlassen. Zerfallen. Ein Bauernhof am Rand des Vergessens. Ich blieb stehen. Nicht aus Müdigkeit – sondern aus Respekt. Man hört es nicht, aber solche Orte reden mit dir. Nicht in Worten, sondern in Windstößen, im Knarzen alter Balken, im Geruch von Moder und Erinnerung.

    Der Nationalpark Eifel nahm mich auf wie ein stummes Tier. Die Wege schmal, das Gelände rau. Kein Schild, kein Zaun, kein Lärm. Nur Wald, Wildnis, Wind. Ich watete durch eine flache Furt, spürte das Wasser durch die Stiefel drücken – kalt, klar, lebendig. Weiter oben auf der Dreiborner Hochfläche war’s wie Reiten über offenes Grasland. Kein Schatten, keine Deckung. Der Himmel drückte, der Wind schob, und ich ging – nicht schnell, nicht langsam, sondern stetig. Wie ein alter Mustang, der weiß, dass das Ziel noch weit ist, aber egal: Der Weg ist das Gesetz.

    Ich kreuzte die B258 wie ein Reiter eine Eisenbahnlinie – kurz innehalten, rechts, links, dann weiter. Der Wind rauschte in den Ohren, aber ich hörte schon das letzte Lied des Tages. Die Talsperre lag still, das Wildgehege döste im Abendlicht, und dann kam er: der alte Bahnhof von Hellenthal.

    Stillgelegt. Verrostet. Ein Ort wie aus einem Western nach dem Abspann. Die Schienen führten ins Nichts, und genau da wollte ich hin. Ich setzte mich auf die Bank, ließ den Rucksack fallen und lehnte mich zurück. Der Körper brannte, die Füße pochten, aber das Herz – das war ruhig. Ein alter, ruhiger Rhythmus. So wie es sein soll.

    Ich wartete auf den Bus, aber innerlich war ich noch unterwegs. Vielleicht werde ich das immer sein.

    Denn wer den Jakobsweg geht, ist kein Tourist. Er ist ein Reiter ohne Pferd. Ein Mann auf Spurensuche.
    Und verdammt noch mal – heute hab ich meine Spur gesetzt.

    "Du kannst mit der Welt hadern oder mit ihr tanzen – aber auf dem Trail musst du sie einfach durchqueren."

    Bis zum nächsten Morgen.
    TrailSoulKev – der Staub bleibt dran.
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  • Awal trip
    3 Oktober 2016