Living in: Deutschland Read more Deutschland
  • Day 22

    Finisterre - Santiago de Compostela

    September 27, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 20 °C

    - Weil ich wie immer nicht da sein will wo ich bin und wenn ich dann woanders bin, will ich auch schon wieder weiter. -

    Auf der Klotüre in der Herberge in Finisterre steht „You’re answer to the Camino is Jesus. Jesus is the way to heaven“. Alles ist endlich, auch mein Weg nach Santiago und nach Finisterre. Der einzige, bei dem die Endlichkeit zur Unendlichkeit ausgeweitet wird ist Jesus. Darum lohnt es sich schlussendlich auch nur an ihm festzuhalten und nicht an alledem, das vergänglich ist. Das bedeutet aber nicht, dass alle meine Erlebnisse der vergangenen Wochen nichts Wert wären. Im Gegenteil, sie sind es sehr wohl, allerdings soll mir die Akzeptanz des Vergänglichen helfen, in zwei Tagen wieder in meinen Alltag zurückkehren zu können. Und der Gedanke daran ist gerade alles andere als einfach. Warum? Ich will nicht festgefahren irgendwo festsitzen. Ich fühle mich überhaupt nicht dazu bereit nach Deutschland zurück zu fliegen. Gerade habe ich mich so daran gewöhnt unterwegs und jeden Tag wo anders zu sein. Weil sich Deutschland nicht wie ein zu Hause anfühlt, sondern die Welt, weil ich noch nicht meinen Ort zum Bleiben gefunden habe.

    „Wenn dein Herz wandert oder leidet, bring es bahutsam an seinen Platz zurück und versetzte es sanft in die Gegenwart Deines Herrn. Und selbst wenn du in deinem Leben eben nichts getan hast, außer dein Herz zurück zu bringen und wieder in die Gegenwart unseres Gottes zu versetzen, obwohl es jedes Mal wieder fortlief, nachdem du es zurückgeholt hattest, dann hast du dein Leben wohl erfüllt.“ (Franz von Sales)

    - Wenn (m)ein Herz wandert … -

    Zum Tag:

    Während die ersten Fischer mit ihren Booten den Hafen verlassen, verabschiedete ich mich, am dunklen Hafen stehend, von Finisterre und fragte mich, warum ich nicht noch einen Tag länger am Strand bleibe. Naja was soll’s. Vor Tagen hatte ich meine Rückfahrt gebucht. Dann verbringe ich jetzt einfach noch zwei schöne Tage in Santiago. Meine BlaBlaCar fahrt mit Luis und drei anderen Mitfahrern aus Italien, Neuseeland und der Ukraine war sehr entspannt. Wieder zurück in Santiago lief ich 2 km in die Stadt rein, bin ein paar Mal die 2 km zu meiner Herberge und wieder zurück in die Stadt gelaufen aber trotzdem war ich innerlich kurz beleidigt und traurig nicht „richtig“ laufen und auf dem Camiño unterwegs sein zu dürfen. Um 9 Uhr heute morgen staute sich in Santiago alles, rushhour eben, da war ich zu Fuß sogar schneller. Der Morgen war trüb, kalt und neblig, die Stadt wachte langsam auf. In der Stadt angekommen suchte ich mir ein Café, um die Zeit bis zum Check-In in meiner Herberge zu überbrücken. Ich verkroch mich in‘s letzte Eck und konnte von dort aus das gesamte Geschehen um mich herum beobachten. Außerdem brauchte ich und nutze ich die Zeit dazu, Eindrücke zu verarbeiten und aufzuschreiben. Irgendwann saß am Nachbartisch einer, der das Selbe tat - auch fast drei Stunden aufschreiben, formulieren und dabei nur nichts vergessen. Im selben Café machte ich ein Bild von einem Ehepaar, dass das mit dem Selfie machen nicht so ganz drauf hatten (was sie sehr sympathisch machte) und ich unterhielt mich kurz mit ihnen. Sie fragten, ob ich gerade in Santiago angekommen bin. Als ich ihnen erzählte, dass ich gerade aus Finisterre zurück komme sind sie begeistert und sie fragen mich, ob es sich lohnt, dort hinzu gehen bzw. dorthin zu fahren, denn sie möchten mit dem Bus dorthin. Am Nachmittag war ich wieder auf dem Platz vor der Kathedrale zu finden - einer meiner Lieblingsplätze. Dort schrieb ich meine einzige Postkarte der Reise und die ging an die Kinder und Jugendlichen in der Inobhutnahme, in der ich vor meinem Abflug sechs Wochen arbeitete. Zwischenzeitlich erreichte mich die Nachricht, dass mich die Kinder vermissen und auch ich habe in den letzen drei Wochen immer wieder gerne an sie gedacht und mich gefragt, wie es ihnen geht und wie ihr Lebenscamiño wohl gerade aussieht und in Zukunft aussehen mag. Manchmal dachte ich auch in den Momenten an sie, in denen ich mich fragte, warum ich hunderte Kilometer durch die Gegend laufe und hatte dabei ihre fragenden Gesichtet vor meinem inneren Auge und ihre Stimmen im Ohr, wie sie irritiert und ungläubig fragen, ob ich das wirklich tue - es sei ja schließlich auch irgendwie verrückt und gleichzeitig ein cooles Abenteuer. Gegen Abend war ich mit Lucie verabredet. Seit einer Woche hatten wir uns nicht mehr gesehen und bevor sie morgen abfliegt, wollten wir uns noch von den vergangenen Tagen erzählen, da wir sonst auch immer Bescheid wussten, was beim Anderen gerade los ist. Auf dem Weg zum Essen, wohlgemerkt zum Besten Döner in Santiago (auch, wenn ich keinen Vergleich habe), treffe ich auf meine liebenswerte Rentnercrew, mit denen ich vor ein paar Tagen noch zu Abend gegessen hatte. Einer von ihnen ist jetzt in drei Etappen über 3000 km nach Santiago gelaufen. Gestartet war er vor seiner Haustüre in Deutschland. Bewunderns- und beneidenswert. Ich kenne ihn kaum aber ich bin stolz auf ihn. Ein Gefühl, dass ich hier immer wieder spüre - jeder ist irgendwie auf jeden stolz und gemeinsam freuen sich alle über jeden Schritt den der andere und den man selbst geschafft hat.
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  • Day 21

    Finisterre - Picknick & Sonnenuntergang

    September 26, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 18 °C

    Am Abend in Finisterre machten Toni und ich uns auf den Weg zum Praia De Mar De Fora. Ein wunderschöner, fast versteckter, an diesem Abend einsamer Strandabschnitt, der uns empfohlen wurde, um den Sonnenuntergang anzusehen. Wir picknickten, hörten Worship passend zum Moment, sahen der Sonne dabei zu, wie sie alles in goldenem Licht erscheinen lies und dann langsam am Horizont verschwand, um auf der anderen Seite der Erdkugel wieder aufzutauchen.Read more

  • Day 21

    Kap Finisterre - Das Ende der Welt

    September 26, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 17 °C

    - Finally arrived at the end of the world. - Und das soll es jetzt gewesen sein? -

    Ich weiß nicht ob die Freude oder ob die Traurigkeit überwiegt.
    Ich sitze am Kap. Irgendwann spüre ich, dass es Zeit ist zu gehen. Entweder stehe ich genau jetzt auf oder ich bleibe für immer dort sitzen.
    Zwischenzeitlich erreichten wir unsere letzte Wegmarkierung: 0,00 km - Ziel erreicht. Kurz fühlt sich der Stein wie ein Grabstein an, der die letzten Wochen besiegelt. Meine Lebensgrundlage, die bisher das Laufen war und die ganz besonderen Begegnungen sind einfach so vorbei. Aber wie vor ein paar Tagen schon festgestellt. Es wird anders weitergehen, es wird weitergehen und ich werde aus meinen Erlebnissen die ganze Kraft zum “anders weitergehen” ziehen.

    - Den Camiño zu gehen bedeutet bewusst einen Weg zu laufen und nicht wegzulaufen. -

    Angekommen:

    370 km - 19 Lauftage - das war‘s jetzt.
    Wir erreichen unsere Wegmarkierung. 0,00 km, wir stehen auf dem Kap. Wir haben „das Ende der Welt“ erreicht, zumindest dachte man früher, dass die Welt dort zu Ende wäre. Nicht verwunderlich, wenn man vor sich ausschließlich Wasser, die Weite des Ozeans, sieht. Wir stehen oben auf der Klippe und langsam wird der Gedanke immer bewusster, dass der Weg der vergangenen Wochen endgültig zu Ende ist. Ich sitze lange alleine, später mit Toni auf dem in das Meer ragende Felsvorsprung. Wir reden ein bisschen über die vergangene Zeit und darüber, ob wir, wie viele oft denken, mit einer bestimmten Frage oder bestimmten Fragen auf den Weg gegangen sind. Wir stellen fest, dass es vermutlich drei Lauftypen gibt. Die Sportler, die lasse ich jetzt mal außen vor. Und dann gibt es die, die ihre Frage(n) und Anliegen mit auf den Weg nehmen, klären und verarbeiten können. Zu guter letzt gibt es dann noch die und zu denen zähle definitiv ich, die hören einfach mal damit auf zu denken.
    Woran mich Toni am Ende auf dem Kap erinnert? An Beppo den Straßenkehrer aus dem Buch Momo und dass das gesamte Leben daraus besteht, step by step zu gehen. Auch wenn wir nicht mehr auf dem Camiño Portugues unterwegs sind, sondern auf dem Camiño unseres gesamten Lebensweges.

    “Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wußte, es war eine sehr notwendige Arbeit.
    Wenn er so die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: Bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter: Schritt - Atemzug - Besenstrich.
    Während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige Straße und hinter sich die saubere, kamen ihm oft große Gedanken. Aber es waren Gedanken ohne Worte, Gedanken, die sich so schwer mitteilen ließen wie ein bestimmter Duft, an den man sich nur gerade eben noch erinnert, oder wie eine Farbe, von der man geträumt hat. Nach der Arbeit, wenn er bei Momo saß, erklärte er ihr seine großen Gedanken. Und da sie auf ihre besondere Art zuhörte, löste sich seine Zunge, und er fand die richtigen Worte. "Siehst du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."
    Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: "Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedesmal, wenn man aufblickt, sieht man, daß es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluß ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."
    Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: "Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muß nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten." Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: "Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."
    Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: "Auf einmal merkt man, daß man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste." Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: "Das ist wichtig."
    (Michael Ende)
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  • Day 21

    Corcubión - Kap Finisterre (ca. 13 km)

    September 26, 2022 in Spain ⋅ ☀️ 19 °C

    - Der Camiño ~ das Anti-Aging-Programm -

    Der Weg hält dich fit - körperlich und geistig. Körperlich gleicht er jeden Tag einem Sportprogramm, geistig lässt er dich jeden Tag bewusst und präsent das Leben wahrnehmen. Die Zeit, die Erlebnisse, die Begegnungen sind intensiv und werden unvergesslich. Der Alltagsstress, der dich alt und kaputt fühlen lässt, wird in gewisser Weise abgeschüttelt und du fühlst dich befreiter, lebendiger, ruhiger, ausgeglichen - jünger. Der Weg lässt dich einen inneren Frieden spüren, der zu einer unendlichen Dankbarkeit führt, wodurch alleine das Gehen des Weges zum Gebet wird.

    „Die Frucht der Stille
    Die Frucht der Stille ist das Gebet.
    Die Frucht des Gebets ist der Glaube.
    Die Frucht des Glaubens ist die Liebe.
    Die Frucht der Liebe ist das Dienen.
    Die Frucht des Dienens ist der Friede.“
    (Mutter Teresa)

    Zur Route:
    Corcubión - Fisterra - Kap Finisterre

    Der Tag startete um 8 Uhr ruhig und gemütlich. In der Herberge fühlte ich mich wie zu Hause. Santiago und Viktoria sind wie Ersatzeltern. Der Frühstückstisch war gedeckt, als wir in den Wohn-/Essbereich kommen. Nach dem Frühstück bekommen wir zur Verabschiedung eine unendlich herzliche Umarmung und wunderschöne Abschiedsgeschenke, von ihnen selbst gebastelt. Am Liebsten würde ich bleiben. Dennoch ist es Zeit weiterzugehen. Die letzte Etappe, dann geht es nicht mehr weiter. Ein wunderschöner Waldweg endete irgendwann am Strand. Ich wanderte am letzten Tag mit Toni. Am Strand verbrachten wir ganz viel Zeit damit, jede Muschel zu begutachten und wir ließen unsere Blicke in die unendliche Weite des Ozeans schweifen. Am Strand fanden wir unsere eigenen Jakobsmuscheln, worauf wir sehr stolz sind. Irgendwann liefen wir weiter in die Straßen des Städtchens Fisterra - wunderschön, klein, gemütlich, strahlender Sonnenschein, keine Wolken am Himmel. In der Herberge stellten wir nur schnell unsere Rucksäcke ab, um dann die letzten zwei Kilometer zum Kap ohne Gepäck und mit gesichertem Schlafplatz laufen zu können. Zwischenzeitlich holten wir unsere Urkunden ab, die nachweisen, dass wir die 90 km von Santiago nach Finisterre gelaufen sind. Auf dem Rückweg ging es dann noch für das Picknick abends am Strand einkaufen.
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  • Day 20

    Ausflug mit Santiago und Viktoria

    September 25, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 18 °C

    Spontan schlugen uns unsere Gastgeber Santiago und Viktoria vor, den Sonnenuntergang in der Nähe unserer Herberge anzusehen. Da wir heute nur drei Übernachtungsgäste sind, passten wir alle ins Auto. Nach der kurzen Autofahrt und weil wir ja kein passendes Schuhwerk dabei haben ging es in Socken und Flipflops den Waldweg zur Klippe hinunter. Der spontane Ausflug hat sich sehr gelohnt. Der Sonnenuntergang sah toll aus und soll wohl nur ein Vorgeschmack darauf sein, was wir morgen zu sehen bekommen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht konnten wir schon unser morgiges Etappenziel sehen.Read more

  • Day 20

    Logoso - Corcubión (ca. 18 km)

    September 25, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 18 °C

    - be amazed -

    Ich laufe und ich staune. Die Aussichten, unendliche Weite, die Natur, Ruhe, Luft zum Atmen. Made by GOD. Alles wirkt und alles ist friedlich - keine Selbstzerstörung. Ich frage mich, was mich in ein paar Tagen wieder im Alltag erwarten wird.
    Ein paar Gedanken…
    “Kommt, lasst uns aufhören unsere Meinung zu sagen. Lasst uns alles und doch gar nichts hinterfragen. Lasst uns nicht mehr austauschen, Gedanken kreisen und in die Gedankenwelt der anderen reisen. Alles wäre einfacher. Einfach aus dem Grund, um Konflikten aus dem Weg zu gehen, auf der Stelle zu stehen und schon gar nicht um einen Schritt nach vorne oder auf den anderen zuzugehen. Kommt, lasst uns versuchen den anderen erst gar nicht zu verstehen und lass die Welt nur um dich selber drehen.”
    Die Option?! Setze den Fokus deines Lebens auf Frieden und Liebe - setze ihn auf Gott!

    “Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht.” (Edith Stein)

    - peaceful -

    Zur Route:
    Hospital de Logoso - Cée - Corcubión

    15 km nur durch den Wald. Damit und mit einem kurzen, kräftigen Regenschauer begann mein vorletzter Wandertag. Bis es richtig hell ist, brauchte es seine Zeit. Der Wind war heute kräftiger, die Sonne ließ sich nur hin und wieder erblicken, wenn die Wolkendecke durchbrochen wurde. Es war wesentlich kühler als die Tage zuvor. Bereits nach den ersten drei Kilometern konnte ich von den Bergen aus auf den 15 km entfernten Meeresarm, die Ría de Corcubión schauen. Durch eine Mischung aus Wald und heideartiger Landschaft ging es durch das bergige Gebiet Galiciens. Immer wieder gab es kurze Regenschauer, wodurch ein paar Mal Regenbögen zu sehen waren. Links von mir war die Sonne, rechts von mir der Regenbogen und in der Mitte lief ich auf meinem Weg durch den Regen. Auf meinem Weg genoss ich wunderschöne Ausblicke und ein tolles Licht- und Wolkenspiel. Irgendwann machte ich eine Pause, da kam das um die Welt reisende Pärchen von gestern Abend vorbei und setzte sich zu mir. Ich fragte sie nach ihren Reiseplänen und sie erzählten mir, dass sie bereits die schottische, irische und französische Küste entlang gesegelt sind, jetzt Spanien und Portugal an der Reihe sind und dass sie im Dezember in der Karibik sein wollen. Irgendwie beeindruckend, gleichzeitig stellte ich fest, dass ich dann doch eher der „Einmal zu Fuß um die Welt-Typ, der „Einmal mit dem Zug um die Welt-Typ“ oder der „Einmal mit dem Truck um die Welt-Typ“ bin. Die Zwei liefen dann weiter, da kommt Antonia vorbei. Gemeinsam liefen wir unsere letzen zwei Kilometer bis zur Herberge und stellten etwas traurig fest, dass seit dem Weg nach Finisterre das Camiñofeeling etwas verloren gegangen ist. Für viele scheinen die letzten 90 km nur noch ein Sportevent oder eine Touristenattraktion zu sein, auch der Wunsch „Bon Camiño“ ist kaum noch zu hören, gegrüßt wird seltener. Dafür ist unsere Herberge heute Nachmittag richtig toll. Bis zu ihrer Öffnung mussten wir noch drei Stunden warten - wir waren wieder viel zu früh und die Herberge öffnete verhältnismäßig spät. Also lagen wir auf der riesigen Wiese in der Sonne, wenn sie dann mal da war, da uns der Wind ziemlich auskühlte. Der Nieselregen machte die Sache auch nicht besser. Geleitet wird unsere Albergue „San Roque“ liebevoll und freiwillig von Pilgern, die immer für ein paar Wochen da sind, um andere Pilger zu beherbergen. Abends gab es ein gemeinsames Abendessen und am Morgen soll es sogar auch ein gemeinsames Frühstück geben. Vorbereitet von Santiago und Viktoria gab es Salat und eine richtig leckere Gemüsesuppe. Die zwei sind für zwei Wochen hier und heute hatten wir die Ehre mit Viktoria Ihren Geburtstag feiern zu dürfen.
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  • Day 19

    Santa Mariña - Logoso (ca. 17 km)

    September 24, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 17 °C

    - trust -

    Gott lässt niemand im Stich, der ihm vertraut. (1 Mak 2,61) Wer auf ihn vertraut, wird nicht zugrunde gehen. (Röm 9,33) Durch Stillsein und Vertrauen würdet ihr stark sein. (Jesaja 30,15) Euer Glaube sollte sich nicht auf Menschenweisheit gründen, sondern auf die Kraft Gottes. (1 Kor 2,5)

    - believe -

    Zur Route:
    Santa Mariña - Ponte Olveira - Olveiroa - Logoso/Hospital de Logoso

    Zwischen 6:00 Uhr und 7:30 Uhr schaute ich den Leuten im halbdunklen dabei zu, wie sie ihre Sachen packten und sich für den Tag fertig machten. Die ganze Zeit fragte ich mich, warum sie alle so lange brauchen. Ich brauche morgens 30 Minuten für Zähneputzen, Schlafsack einpacken und Rucksack packen. Als ich mich morgens noch großartig um meine Füße kümmerte, kamen allerhöchstens noch 15 Minuten dazu. Naja, hätte ich gewusst, dass das alles so lange dauert, hätte ich meine Sachen doch schneller gepackt und wäre losgezogen. So dachte ich mir, wenn ich warte bis alle weg sind, habe ich später meine Ruhe. Was soll’s, ich lag dann erst mal bis kurz vor 8 Uhr im Bett - solange hatte ich das in den letzten Tagen nie ausgehalten. Vor dem endgültigen Loslaufen sang ich heute gemeinsam mit drei Pilgern, mit denen ich gestern gemeinsam zu Abend gegessen hatte, das Pilgerlied “Utreia”, dann waren wir in Schwung. Der Weg führte heute hauptsächlich durch die Berge Spaniens und durch Wald. Höhenmeter werden es Tag für Tag mehr. Landschaftlich war der Tag heute einer der allerschönsten und beeindruckendsten. Nach wenigen Kilometern erreichte ich den höchsten Punkt des Monte Aro mit einem unendlich weiten Blick auf den See Encoro da Fervenza und die gerade aufgegangene Sonne. Durch Feld und Wald führte der Weg weiter bis in die vom Fluss Encoro da Ponte Olveira geprägte Berglandschaft. Um 12:00 Uhr erreichte ich die Bar, die zu meiner heutigen Herberge gehörte. Von hier aus fuhr man uns später überraschenderweise mit dem Auto zur Herberge. Hier lernte ich Gustavo kennen, ein junger Spanier, der den Jakobsweg vor seiner eigenen Haustüre zu laufen begann. In der Herberge merkte ich, dass ich überhaupt nicht ausgelastet bin, ich könnte gerade einfach noch einmal die Straße hoch und runter joggen um ausgepowert zu sein aber ich ließ es bleiben und ging stattdessen warm duschen. Den ganzen Tag heute war mir noch nicht richtig warm. Es ist windig und wolkig, da bringt mir auch das steile Bergauf- und Bergablaufen wenig. Am Abend genieße ich mein Pilgermenü mit Menschen, die ich vorher alle noch nie gesehen habe. Ich kam mir das einzige Mal auf dem Weg etwas fehl am Platz vor, da es bei den Gesprächen meist um das Vergleichen von gelaufenen und noch zu laufenden bzw. zu rennenden Kilometern ging. Manche von ihnen sind auf dem Weg, da gerade Jobwechsel oder Urlaub anstehen, ein deutsches Pärchen läuft von Santiago nach Finisterre und segelt dann für vier Jahre weiter um die Welt.
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  • Day 18

    Negreira - Santa Mariña (ca. 21 km)

    September 23, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 20 °C

    - Take it easy. -

    Heute morgen rennt fast jeder an mir vorbei. Und ich bin auch mal wieder alles andere als langsam unterwegs. Eine Italienerin, die heute noch 42 km Wegstrecke vor sich hat (der ich heute noch drei weitere Male begegne) und ich übersehen im halbdunkeln unseren Wegweiser. Das bedeutete für uns, dass wir den Hügel, den wir gerade runter gelaufen waren, wieder hoch laufen durften. Eigentlich geht’s beim Laufen auf dem Jakobsweg nicht um Zeitdruck und Stress, dennoch wirken einige nicht unbedingt entspannt. Ich lasse mich auch erst einmal unbewusst unter Druck setzen und übe heute wieder, mich nicht davon anstecken zu lassen.
    Zeit, Druck, Stress, Wünsche, Hoffnung, der richtige Moment - ich dachte heute noch einmal an den 87-jährigen Joseph. Er hat sein Leben lang darauf gewartet, in Santiago zu sein und der richtige Moment war bei ihm wohl in hohem Alter. Ich überlege, wie geduldig er gewesen sein muss, um sagen zu können, dass er sein Lebensziel erreicht hat. Eigentlich ist er ein Vorbild was das Warten, Langsammachen und Ungeduld aushalten angeht - bewundernswert. Gleichzeitig zeigt es auch, dass es sich lohnt, an seinen Träumen und Wünschen festzuhalten, sie zu verfolgen und dabei vor allem auch an sich selbst zu glauben - dazu gehört viel und meistens trauen andere einem selbst so viel mehr zu als man sich selbst.

    Lektion 15: Denkzettel für mich.
    Du musst…
    … Sicherheit aufgeben, um in Neuem Halt finden zu können.
    … mutig sein, um dich selbst besser kennen zu lernen.
    … an dich glauben, um so viele deiner Begabungen wie möglich ausleben zu können.
    … dir zutrauen, Neues auszuprobieren, um dann entscheiden zu können, wie es weiter gehen soll.
    … an dich glauben, weil du stark bist.
    … dir selbst zeigen wollen, wer du sein kannst, wenn du es willst.

    - Don’t stop until you are proud. -

    Zur Route:
    Negreira - Piaxe (A Pena) - Vilaserío - Santa Mariña

    Heute führte der Weg an meist wenig befahrenen Straßen entlang durch Wälder, Feld, ländliches Gebiet und vorbei an Gärten. Der Himmel war lange grau, es war etwas windig und trüb bis sich die Sonne nachmittags doch noch für uns entscheidet. Höhenmeter zählte ich heute lieber nicht. Meine eigentlich langsam verheilenden Blasen haben heute keine Chance weiter zu heilen, beim Abwärtslaufen tut mein rechtes Knie wieder weh und meine Arillisverse macht sich auch bemerkbar. Dafür schwillt mein Knöchel langsam wieder ab (warum auch immer er angeschwollen war, das Problem hatten andere aber auch). Während mir auf meinem Weg nach Santiago das Ziel gar nicht mehr so wichtig war und stattdessen der Weg zählte, musste ich heute ständig daran denken, dass ich in 50 km, also in drei Tagen, wieder am Meer stehen werde. Dann schließt sich ein Kreis, ich bin am Meer losgelaufen und mein Weg wird bei Kilometer 0,00 am Meer enden. Den gesamten Nachmittag war ich müde, warum keine Ahnung. Heute genoss ich es wieder richtig alleine unterwegs zu sein. In meinem Tempo lief ich, blieb stehen wann ich wollte, um mir die wundervollen Aussichten anzusehen, die sich mir boten. Die Strecke zog sich gefühlt heute dennoch gewaltig in die Länge, obwohl sie abwechslungsreich und schön war. Irgendwann kam mir heute der Gedanke, dass ich seit fast drei Wochen weder Laptop noch Waschmaschine genutzt habe. Dafür schaute ich seit zweieinhalb Wochen das erste Mal auf meinem Weg für zwei Sekunden auf den Wetterbericht. Ich merkte dann, dass es mir irgendwie nichts bringt und dass mir nichts anderes übrig bleiben wird, als zu nehme was kommt, also lasse ich alles auf mich zukommen. In meiner Herberge lernte ich Antonia kennen, richtig spannend, sie studiert Sonderpädagogik und unter anderem das Fach evangelische Religion. Wir haben den gleichen Etappen- und Zeitplan. Das bedeutet, dass wir uns in den nächsten Tagen wortwörtlich noch öfter über den Weg laufen werden. Am Abend saß ich beim Abendessen mit einem Tschechen und drei Rentnern aus Deutschland zusammen. Wir genossen das wirklich sehr leckere Pilgermenü mit typisch galicischer Suppe zur Vorspeise bei ein paar Flaschen Rotwein. Eigentlich mag ich Rotwein ja gar nicht so aber der war wirklich sehr lecker. Ich bemerkte mal wieder wie gerne ich auf dem Camiño Zeit mit älteren Menschen verbringe. Es ist interessant, Erlebnisse aus ihrem Leben erzählt zu bekommen und ich bin auch einfach wieder zu neugierig - Menschen sind auch einfach spannend. Irgendwann ging ich schlafen. Heute sah ich das erste Mal eine Familie mit ihrer kleinen Tochter auf dem Jakobsweg. Die Tochter wirkte richtig glücklich. Total süß, im großen Schlafsaal kuschelte sie sich oben im Hochbett zu ihrem Papa, dass sie nicht so alleine ist. Dabei strahlte sie so sehr, dass ich selbst auch lächeln muss. Alles scheint gerade so friedlich (bis der erste anfängt zu schnarchen).
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