traveled in 7 countries Read more Potsdam, Deutschland
  • Höhlenwunderland - Episode 1

    January 11, 2020 in Vietnam ⋅ ⛅ 27 °C

    Die Fahrt von Hanoi nach Ninh Binh dauerte nicht ganz drei Stunden. Der Zug war ganz schön klapprig und schaukelte uns so durch die Landschaft. Am Bahnhof mussten wir noch in ein Grab-Taxi wechseln, weil wir uns wieder für ein Homestay in ländlicher Gegend entschieden hatten, etwas außerhalb von Tam Coc, dem nächsten kleineren Ort von Ninh Binh aus. Nach 15 min Fahrt waren wir aber schon da. Unser Gastgeber gab uns per Google Übersetzer noch eine kleine Einführung zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, wobei wir schon merkten, dass wir auch locker 5 Tage mit Aktivitäten hätten füllen können. Dann gab es noch Abendessen im Homestay und wir verbrachten den Abend noch etwas mit Planen.
    Wir hatten schon vorher bei unserer Recherche gelesen, dass man sich für die Region am Besten ein Motorroller ausleiht, da alle sehenswerten Dinge in Ninh Binh sehr ländlich gelegen sind. Wie überall in Vietnam gibt es eigentlich keinen öffentlichen Nahverkehr (Buslinien sind seltene Ausnahmen) und die Motos sind auch für die Einheimischen Fortbewegungsmittel Nummer Eins. Auch hier auf dem Land fahren die Roller haufenweise überall rum, Verkehrsregeln gibt es nicht. Abseits der größeren Straßen haben wir uns dann aber auch mal getraut (in Sapa und Hanoi wäre das für uns undenkbar gewesen), besser gesagt hat Jonas sich getraut, Judith wollte erstmal nur Beifahrerin sein, weil sie auch das noch nie gemacht hatte. Unser Homestay hatte ein paar Motos zum Verleih da und so konnten wir für 120k Dong pro Tag (ca. 5€), plus Tanken für 50k (2€), die nächsten Tage damit rumfahren. Nach ein bisschen Eingewöhnung ging das sehr gut und hat uns beiden viel Spaß gemacht. Und die Unabhängigkeit die man damit bekommt, ist einfach grandios.

    Am ersten Tag hatten wir uns gleich das erste Highlight der Region rausgepickt. Zwischen gefluteten Reisfeldern und den für die Region typischen kleinen, aber hohen, steilen, hügelartigen Sandsteinformationen düsten wir auf unserem Moto nach Trang An. Der Landschaftskomplex besteht aus vielen vielen Sandsteinfelsen - und Formationen, umgeben und unterspült von Wasser. Meist ragen diese Berge steil nach oben, nur wenige sind begehbar. Das Gebiet ist Unesco - Weltkultur - und Naturerbe. Gegen den unfassbaren Preis von 200k Dong (ca. 8€) kommt man rein und kann dann zwischen drei verschiedenen Routen von Bootstouren wählen, die alle 3 (!) Stunden gehen, wobei man immer zu fünft in einen kleinen Ruderboot sitzt - vier Besucher*innen und eine Ruderin oder ein Ruderer. Man bekommt also fast eine Privattour geboten. 😳 Wir mussten uns also nur noch eine Route aussuchen, was gar nicht so einfach war. Verschiedene Tunnel-Höhlen und Inseln mit Pagoden waren eingezeichnet und wir haben uns dann einfach für die Tour mit den meisten Höhlen entschieden. Übrigens ist der Wasserweg der Einzige, auf dem man in das Gebiet kommt.
    Wir kamen gegen Mittag an, was anscheinend eine gute Zeit war. Denn trotz der unzähligen Ruderboote an der Anlegestelle, war auf dem Wasser fast nichts los. Wir warteten kurz, bis sich zwei andere Menschen gefunden hatten, die die gleiche Tour machen wollten, wie wir. Dann ging es los. Schon nach kurzer Zeit schipperte unser Boot um eine größer Felsformation und eine Kurve weiter war von der Straße und der Anlegestelle nichts mehr zu sehen und zu hören. Das Wasser war klar und ruhig, sodass man einige Unterwasserpflanzen und kleine Vögelchen, die nach Futter tauchten, beobachten konnte. Vermutlich waren es Zwergtaucher, wir sind uns nicht sicher.
    Und dann steuerten wir auch schon auf die erste Felswand zu. Erst als wir näher kamen, konnten wir die Lücke zwischen Wasseroberfläche und Gestein erkennen - der Eingang zur ersten Höhle. Auf das dann Folgende waren wir nicht vorbereitet. Unser Ruderer steuerte das Boot vorsichtig in den Eingang. Schon nach einigen Metern wurde der Tunnel flach und schmal, wir mussten die Köpfe einziehen und die Ruder hatten neben dem Boot kaum noch Platz. Das Tageslicht vom Eingang verschwand hinter uns, dann fuhren wir um eine Kurve und es war komplett verschwunden. Nur alle paar Meter war eine Lampe an der Decke angebracht, die die Felswände schwach mit warmen, gelben Licht beleuchteten. Immer tiefer und tiefer arbeitete sich unser kleines Boot in den Felstunnel. Die Wände waren unregelmäßig und uneben, von der sowieso schon flachen Decke hingen dicke Stalaktiten, denen wir mit den Köpfen ausweichen mussten, gleichzeitig mussten wir aufpassen, uns nicht die Schultern an den Wänden aufzuschlagen. Ab irgendeinem Punkt saßen wir so geduckt, dass wir gerade noch so die Köpfe heben konnten, um die Höhle zu bestaunen. Keine Ahnung, wie der Ruderer hinter uns es schaffte, dabei auch noch das Boot zu steuern und es nicht irgendwo zu verkeilen.
    Wir waren völlig allein in dem Tunnel und niemand sprach ein Wort, nur unser Ruderer wieß uns hin und wieder an, uns noch mehr zu ducken. Die Wasserbewegungen, die unser Boot verursachte, waren zu hören und die Ruder, die ab und zu gegen die Felswände schlugen.
    Vor allem Judith fand das Gefühl in diesem engen, dunklen Tunnel irgendwann sehr beklemmend. Wir kamen nur langsam voran und waren schon ewig weit vom Eingang entfernt. Wann würde wohl der Ausgang kommen? Gleichzeitig waren wir völlig erschlagen davon, was für ein einzigartiges Erlebnis das gerade war. Was für ein faszinierendes Schauspiel die Natur hier erschaffen hatte. Und, dass man dieses auf diese Art für Besucher*innen zugänglich gemacht hatte. Was für Glückspilze wir waren, dass wir das erleben durften! Einfach fantastisch.
    Nach vielen weiteren Kurven und Windungen wurde es plötzlich heller. Tageslicht! Wir waren am Ausgang angekommen. Erst hinterher traute sich Judith, Jonas zu fragen, wie lang der Tunnel war. Am Eingang war ein Schild gewesen, auf das sie nicht geachtet hatte. Beachtliche 350m Tunnel hatte das Wasser hier aus dem Fels gehöhlt.
    Insgesamt fuhren wir durch 9 solcher Tunnel an diesem Tag, die Folgenden waren aber nicht mehr ganz so eng, einige waren sogar ein paar Meter hoch und breit und die meisten davon waren 200-250m lang. Es war aber natürlich immer wieder eine Überraschung am Eingang, wie die Höhle wohl aussehen würde. Immer gab es interessante Formen zu entdecken. Wir waren völlig fasziniert. Außerdem hielten wir drei Mal an kleinen Inseln, wo wir kurz an Land gehen und die dort erbauten Pagoden anschauen konnten.
    Als hätte das noch nicht gereicht an krassen Erlebnissen für einen Tag, haben wir uns nach der Bootstour noch auf unser rotes Moto (wir haben sie Emma getauft) geschwungen und sind zur Bai Dinh Pagode gefahren, der größten Pagode in ganz Südostasien. Unüberraschenderweise ist das Gelände riesig und wir sind auch schön erstmal zum falschen Eingang gefahren. Wir hatten auch nicht mehr genug Zeit, um jeden Tempel und jede Ecke anzuschauen, bevor es gegen 18 Uhr dunkel wurde, aber das war in Ordnung für uns. Unser persönliches Highlight haben wir nämlich früh gefunden. Schon von Weitem konnte man eine riesige Stupa auf einem Berg auf dem Gelände sehen. Dort sind wir dann auch als erstes hingelaufen. Es war total leer überall, wir sind nur ein paar wenigen anderen Touris begegnet, was wirklich angenehm war. Bei der Stupa angekommen, stellten wir fest, dass man diese auch betreten konnte. Und nur weil zufällig gerade jemand rauskam erfuhren wir, dass man sogar hoch konnte! Wir bezahlten 50k Dong für ein Ticket und fuhren mit einem Fahrstuhl die 12 Stockwerke hoch, das 13. musste man laufen. Dann standen wir oben und hatten eine fantastische Aussicht. Und noch dazu hatten wir sie komplett für uns! Niemand sonst hatte sich auf den Turm verirrt. Im Kreis konnten wir den Turm einmal komplett von außen umrunden und hatten so einen 360°-Blick auf die Umgebung. Und es war niemand da, dem oder der man hätte ausweichen müssen, wir mussten nicht aufpassen, nicht in Fotos reinzurennen und selbst Jonas fühlte sich, trotz Höhenangst, ganz wohl.
    Danach schauten wir uns noch drei der Tempel mit unfassbar riesigen goldenen Buddhastatuen an und liefen in der Dämmerung zurück zum Parkplatz. Wir mussten noch ein gutes Stück zurückfahren und gingen dann in Tam Coc noch etwas essen. Selbst in diesem winzig kleinen Örtchen gab es wieder mehrere rein vegane und vegetarische Lokale, wir wundern uns über nichts mehr 🤣. Und auch in den anderen Restaurants oder Imbissen findet man immer etwas. Wir haben selbst nicht damit gerechnet, dass es es *so* einfach wird.
    Dann fuhren wir völlig fertig, aber sehr glücklich über den schönen Tag zurück ins Homestay.

    Aus den Höhlen haben wir leider nicht so viele gute Fotos hinbekommen - durch das schwache Licht und die Bewegung war das schwierig. Daher bekommt ihr noch ein kleines Video, aber wir empfehlen, dass ihr mal selber hinfahrt, falls es euch nach Vietnam verschlägt 😛.
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  • Chinesische Gedanken Teil 3

    January 10, 2020 in Vietnam ⋅ ⛅ 25 °C

    Teil 3 unserer Rückblicks zu unserer Zeit in China umfasst nochmal ein paar lustige Dinge im Schnelldurchlauf. Natürlich ist das nur unser subjektives Empfinden/ unsere Beobachtungen:

    Kommunikation

    In einem Gespräch oder auch im Restaurant sagen die Menschen ständig Hallo, auch wenn sie uns bereits begrüßt hatten. So wurden wir im Restaurant ganz normal begrüßt, dann gab es aber nochmal ein Hallo beim Menü bringen, beim Bestellung aufnehmen, beim Essen bringen usw. 👋🙂
    Auf unsere Busfahrt nach Jiuzhaigou hatten wir einen interessanten Busfahrer. Er war sehr stimmgewaltig und brüllte häufig durch den halben Bus. Wir dachten, dass er wegen irgendetwas sehr sauer oder wütend wäre. Dann lachten aber alle, also hatten wir seine Mimik, Gestik und Stimme wohl völlig falsch interpretiert. 😅
    Denn das Problem ist, dass unsere Betonung /Nutzung von Tonlagen sich sehr von der chinesischen Form des Sprechens unterscheidet. Auf-und Abwärtsbewegungen mit der Stimme sind Teil der Wörter, nicht wie bei uns Ausdruck für das Ende eines Satzes oder für die Stimmung, die mit dem Satz rübergebracht werden soll. Gleiches gilt für die Lautstärke des Sprechens.
    Lustig war in dem Zusammenhang auch, dass niemand den erhobenen Daumen als Zeichen für "Ok" versteht, das wird durch ein mit Daumen und Zeigefinger geformtes O symbolisiert - O wie ok.

    Kinder

    Teilweise war in unseren Augen auch der Umgang mit Kindern mindestens schwierig. Nicht so tragisch fanden wir, dass sie von ihren Eltern überall mit hingenommen werden. Auch beim Ausgehen abends waren noch Kleinkinder dabei. Die Kinderbetreuung wird auch einfach am Arbeitsplatz gemacht, es war nicht ungewöhnlich ein Kinderbett in einem Geschäft zu sehen oder Schulkinder, die am Tresen Hausaufgaben machten. Gewöhnungsbedürftig war aber die Umgang mit Gewalt gegenüber Kindern. Mehrere Male waren wir Zeug*innen wie Eltern ihre Kinder schlugen. So bspw. in dem Massagesalon, wo wir uns unsere Füße haben machen lassen. Es war kein krasses Verhauen, eher ein kleiner Klaps, aber die Nutzung von Gewalt als Erziehungsmittel ist gefühlt verbreiteter.

    Auf den Boden spucken

    Wer etwas Probleme mit Körperflüssigkeiten und Körpergeräuschen anderer Menschen hat, muss sich in China auf einige eklige Momente einstellen. Es wird ziemlich häufig sehr laut auf den Boden gerotzt/gespuckt. Auch war es nicht Unnormales bei bezahlen an der Kasse einem*r Kassierer*in gegenüber zustehen, die oder der erstmal kräftig in innen Eimer spuckte. Da wir es aber vorher schon häufig gelesen hatten, waren wir drauf wir vorbereitet, schlossen uns dieser Spuckkultur aber nicht an. 😅

    Das Drängeln

    Eine Warteschlange ist eher so ein Vorschlag und sich mitten rein drängeln vollkommen legitim. Wir sind wohl dazu manchmal auch zu deutsch gewesen, aber wenn man lange für ein Ticket ansteht, ist es halt nervig, wenn sich immer wieder jemand vordrängelt. Am extremsten war es in der Metro, dort wurde überhaupt keine Rücksicht auf die Aussteigenden genommen, sondern einfach reingedrängt was das Zeug hielt. Wir hielten dann immer die ganze Reihe hinter uns auf, weil wir uns weigerten, mitzudrängeln und erstmal die Menschen aussteigen ließen (Jonas und Judith die scheiß Allmans). Die Schweizerin, die wir auf der chin. Mauer getroffen hatten, kam sogar einmal nicht aus der Bahn, weil alle reindrängelten und teilweise sogar um sich schlugen.

    Verkauf

    Lief man die Straße entlang, musste man jedoch nicht nur Motorrollern ausweichen, sondern auch Menschen vor den vollkommen menschenleeren Geschäften, die durch ein Mikro laut die Sonderangebote schrieen oder auf den Laden aufmerksam machten. Dadurch, und durch die vielen Musikboxen vor den Geschäften, war der Lärmpegel immer relativ hoch in Shoppingstraßen. Die "Marktschreier*innen" hatten aber wirklich ein echten Scheißjob, vor allem weil sie quasi von allen ignoriert wurden...
    Gleiches galt für die unzähligen Produktberater*innen in den Supermärkten. Gefühlt waren manchmal mehr Angestellte, als Einkaufende in den Läden. 😅Besonders in der Beauty Abteilung gab es unglaublich viele Mitarbeitende, die zu einzelnen Marken etwas erzählten. Teilweise waren auch ganze Läden im Supermarkt aufgebaut. Judith wurde in der Teeabteilung einmal in ein angeregtes Gespräch (na gut es war ein Monolog) auf chinesisch verstrickt, obwohl sie die Dame gar nicht angesprochen hatte. Mindestens 10 min versuchte sie uns verschiedenen Tee anzudrehen. Am Ende kauften wir dann dort doch keinen Tee, sondern gingen lieber in ein kleineres Geschäft im Green Lake Park (Kunming) 🍵
    Auch fürs Gemüse und Obst abwiegen und Einpacken gab es Angestellte. Für uns war das manchmal ganz sinnvoll, weil wir bei den komplexen Wagen nicht durchblickten. Danach musste aber jedes einzelne Obst in eine separate Tüte gepackt und anschließend mit einem Stück Metall verschlossen werden.
    An sich war die Menge an Verpackung manchmal schon krass. Wir kauften bspw. mehrmals extra größere Packungen von etwas um nicht ganz viele kleine verpackte Dinge zu haben. Nach dem Öffnen der großen Tüte purzelten dann aber ganz viele nochmal einzeln verpackte Snacks heraus. Der Höhepunkt des Verpackungswahns waren wohl die einzeln in Unmengen Plastikfolie eingepackten Sneaker 🤦‍♀️🤦‍♂️.

    Besen 🌴

    Wie wir ja schon erwähnt hatten sind die Straßen in China extrem sauber. Das liegt ach an den Straßenreiniger*innen, die mit ihren lustigen Besen putzen. Diese Besen bestehen aus verschieden langen Ästen und kommen so in viele kleine Ritzen herein. Manchmal sah es aber so aus, als würden sie mit einem halben Baum die Straße fegen. Die andere Art der Straßenreinigung war es mit Unmengen an Wasser die Straße sauberzusprühen.

    Wasser 💦

    Was wirklich cool ist: In fast jedem Restaurant gab es Tee oder meistens mindestens heißes Wasser als Gratisgetränk, was immer ganz angenehm war. Außerdem wurde man nicht schief angeguckt, wenn man kein Getränk bestellte, sondern sich mit dem Wasser begnügte.
    Apropo Wasser: die Flaschen in Russland waren ja schon echt voll, aber in China wurde das ganze auf die Spitze getrieben. Nicht selten waren die Flaschen wirklich randvoll gefüllt, nicht mit etwas Spielraum und genormt wie bei uns - nein bis oben voll. Manchmal wussten wir gar nicht wie man das jetzt öffnen sollte, ohne sich nass zu machen. Gleiches war übrigens auch bei den Kanistern der Fall, wodurch es noch schwieriger war unsere Flaschen nachzufüllen.

    🚄

    Und noch ein Schmankerl aus dem Zug. An vielen kleinen Bahnhöfen gab es mindestens eine*n Bahnmitarbeiter*in. Wenn der Zug vorbeifuhr, wurde von diesen immer brav salutiert. Auch marschierten die Bahnmitarbeitenden an den großen Bahnhöfen immer aufgereiht in Dreierreihen über die Bahnsteige (sah wirklich lustig aus). 😁👨‍✈️👩‍✈️

    Das war es an Eindrücken. Nun wo wir das alles "verarbeitet" haben, können wir uns noch viel besser ins Abenteuer Vietnam stürzen.
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  • Chinesische Gedanken Teil 2

    January 10, 2020 in Vietnam ⋅ ☁️ 28 °C

    Wie angekündigt, gibt es noch ein paar abschließende Gedanken zu China. Hier also der zweite Teil:

    Fotos

    Unsere ersten Schritte in Peking sind nicht nur durch Überwachungskameras aufgezeichnet. Irgendwo im Netz findet ihr wahrscheinlich Fotos von uns auf dem Profil eines alten chinesischen Mannes, der uns vollkommen schamlos filmte. Wir liefen zum Metro-Ticketschalter und es wurde bereits ungefragt Fotos von uns gemacht. Und das sollte kein Einzelfall bleiben. Persönlichkeitsrechte sind auch im privaten Umgang nicht soooo wichtig, denn wir wurden ungefragt fotografiert was das Zeug hielt. Ein paar trauten sich dann immerhin auch mal zu fragen und ein richtiges Foto zu machen, aber die meisten hielten einfach drauf. Natürlich waren wir auch eine Rarität in China, trotzdem war es merkwürdig und nervig ständig einfach so fotografiert zu werden. Irgendwann gewöhnten wir uns an, wenn wir es mitkriegten, entweder Grimmassen zu schneiden (Jonas), grimmig/böse/genervt zu gucken (Jonas) oder sich demonstrativ wegzudrehen (Judith). Trotzdem wurden wir wie eine der vielen Sehenswürdigkeiten behandelt...
    An denen mangelte es in China ja auch nicht. Ob in der verbotenen Stadt oder im Jiuzhaigou Nationalpark, überall musste man aufpassen nicht auch noch zufälligauf 20.000 Selfies zu sein. Wir berichteten ja schon über den Wahnsinn im Nationalpark. Hinzu kommt noch eine etwas absurde Verkleidungsindustrie. Auf der Mauer in Xi'an trafen wir extrem viele Frauen in traditionellen Gewändern, die dort Fotoshootings machten. In Jiuzhaigou wurden vor Ort sogar Kostüme verliehen. An jedem Aussichtspunkt gab es Stände mit "traditionellen" Kostümen, Fotograf*innen und Computern zum direkt die Fotos auswählen und drucken. Was für uns wie überteuerter Tourikram daherkam, wurde von den Einheimischen begeistert angenommen. Überall liefen sie in ihren Kostümen herum und wurden abgelichtet. Ein Punkt mehr, der dafür spricht, dass einige Orte scheinbar nur besichtigt werden, damit man später ein tolles Foto davon hat.

    Präsenz des polit. Systems/ des Kapitalismus

    Nachdem wir in Russland ja nicht an Lenin vorbeigekommen waren und diese krasse Darstellung von autoritären/faschistischen/diktatorischen Systemen ja auch aus Deutschland kennen, hatten wir erwartet dem "sozialistischen" China auch an jeder Ecke über den Weg zu laufen. Doch Pustekuchen. Interessanterweise ist die Propaganda und die Zurschaustellung des Sozialismus in China nicht so verbreitet. So zumindest unsere bescheidene Einschätzung (ohne Chinesischkenntnisse). Es gab schon einige Orte, an denen die Grundpfeiler des Staates beschworen wurden (die aber eher moralische Grundsätze wie Freundschaft waren oder so etwas wie Patriotismus). Aber außerhalb des roten Platzes oder einigen Staatsgebäuden gab es auffallend wenig Prunk, auffallend selten sah man überhaupt ein Bild des aktuellen Machthabers oder auch von Mao. Einzig die chinesische Fahne war überall zu sehen und auch die Zeichen zum 70-jährigen Staatsjubiläum.
    Viel präsenter war der Kapitalismus in all seinen Auswucherungen. Werbung überall (hatten wir ja schon berichtet), Konsummöglichkeiten in unvorstellbaren Dimensionen und überall Shoppingmalls. Irgendwie passte das so gar nicht im Kopf zusammen und beschreibt sehr gut was für einen krassen Wandel der chinesische Staat und die Gesellschaft in den 70 Jahren durchgemacht haben.

    Bauboom

    Nichts nur die Konsummöglichkeiten nehmen immer mehr zu, auch die Städte sind am wachsen und wachsen und wachsen. Überall sprießen Hochhäuser aus dem Boden und man kann quasi das Wachstum spüren, dass das Land seit Jahrzehnten durchmacht. Das endet dann aber teilweise auch in halb fertigen Malls, direkt neben drei anderen Malls, die kaum besucht werden oder etwas heruntergekommen sind. Besonders auf dem Weg nach Jiuzhaigou sahen wir aber auch, wie erbahmungslos mit der Natur umgegangen wird, wenn es um den Ausbau von Infrastruktur geht. Kein Berg ist zu dick oder Fluss zu verschlungen um nicht noch eine Autobahn oder eine Highspeedzugstrecke dadurch oder darüber zu bauen. Was vor dem Nationalpark an Hotels aus dem Boden sproß war auch ziemlich heftig und teilweise war dieser ganze Baumboom auch beängstigend. Wir können nicht einschätzen, wie krass in die Umwelt und auch in das Leben der ländlichen Bevölkerung für solche Projekte eingegriffen wird, aber anhand unserer Beobachtungen können wir uns vorstellen, wie es vielleicht auch in anderen Teilen Chinas aussieht.

    Buffets

    Die Essensbeschaffung in China war meist kein Problem. An Auswahl mangelte es nie, meist eher an der Qualität (siehe Essensposts). Eine Besonderheit war aber noch, dass es viele günstige Möglichkeiten gab unbegrenzt zu essen, sprich all-you-can-eat Buffetts. Egal ob in Peking, Xi'an, Chengdu oder Kunming, überall gab es kleinere oder größere Buffetts. Meist hatten diese einen buddhistischen Einschlag (wahrscheinlich eher wegen der veganen Küche). Ab 15 Yuan (knapp 2€) konnte man sich nach Lust und Laune durchfressen. Oft war das Essen dann nicht ganz soooo gut, aber man wurde satt. Positiv herausgestochen hat das in Peking (hat dann aber auch 68 Yuan - knapp 9€ gekostet).
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  • Der erste Tag am Meer

    January 10, 2020 in Vietnam ⋅ ⛅ 28 °C

    Am 9.1. ging es dann los - auf zur Ha Long Bay. Ohne Judiths Eltern hätten wir es uns wahrscheinlich zweimal überlegt, ob wir so viel Geld für eine geführte Tour ausgeben, aber zum Glück haben sie uns eingeladen (danke @Tilo und @ Claudia). Mit knapp 20 Mitreisenden fuhren wir 2 Stunden bis zum Anlegepunkt. Bereits am Hafen merkten wir, in was für Dimensionen die touristische Nutzung der Bucht angesiedelt war. Über 10 Millionen Menschen besuchen sie jährlich. Wir wurden durch den Shoppingbereich und zu unserem Boot gelotst. Es gab ein okayes Mittagessen, während draußen schon die wunderschönen Inseln an uns vorbeizogen. Dementsprechend schnell waren wir wieder an Deck und genossen die Aussicht.
    Die Bucht erstreckt sich über tausende von Quadratkilometer. Die steil aus dem Meer ragenden Sandsteininseln lagen noch vor wenigen hunderttausend Jahren komplett im Wasser. Sie wurden durch die Strömung und später durch Ebbe und Flut geformt und erinnern immer noch an Formationen unter Wasser. Wäre da nicht das satte Grün der vielen Pflanzen, die sich die Felsen erobert haben. Nachdem es zu Beginn noch leicht diesig war, kam bald die Sonne raus und wir hatten perfektes Wetter für die Tour. Teil der Tour war eine Bergbesteigung, von dem wir einen guten Ausblick auf die anderen Inseln hatten. Am Fuße des Berges kamen wir dann auch das erste Mal auf der Reise mit dem Meer in Berührung (fürs Schwimmen war leider keine Zeit). Nach exakt 45 Minuten wurden wir wieder aufs Boot gescheucht und weiter ging es zu den „amazing caves“
    Dabei handelt es sich um riesige zusammenhängende Tropfsteinhöhlen. Wir streiften gute 30 Minuten hindurch und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus (noch schöner wäre es mit ein paar weniger Menschen gewesen).
    Auch der letzte Stop der Tour hatte noch eine Überraschung im petto. Mit zwei Kayaks erkundeten wir vier eine Bucht und siehe da: mindestens 10 Affen sprangen über die Felsen und fraßen unbeeindruckt von den vielen Booten direkt am Wasser ihre Futter. Für Judith war es das erste Mal, dass sie freilaufende Affen sah und wir waren restlos begeistert. Nach dem kurzen Abstecher mit dem Kayak ging es mit dem Boot zurück ans Festland. Wir sahen noch unglaublich schöne Inseln und erschöpft von den vielen Eindrücken und dem Tempo der geführten Tour fuhren wir am späten Nachmittag zurück. Der Tag war zwar sehr schön, aber wir haben auch alle vier gemerkt, dass solche Touren nicht so richtig etwas für uns sind. Ständig in einer großen Gruppe rumrennen und sich an den Zeitplan halten müssen, ist einfach nicht so unser Ding. Aber anders hätten wir es in der kurzen Zeit nicht geschafft, die Bucht zu besuchen.

    Am 10.01. hieß es dann wieder Abschied nehmen. Nachdem wir gepackt und unsere Winterklamotten in Claudias und Tilos Koffer abgeladen hatten, ging es zu einem leckeren Mittagessen und zum Bahnhof. Judiths Eltern verabschiedeten sich wieder nach Deutschland und zum Arbeiten ab Montag (die Armen). Wir beide stiegen, mit angenehm leichten Rucksäcken, in den Zug nach Ninh Binh, um nach der Großstadt wieder etwas frischere Landluft zu schnuppern.
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  • Zu Hause bei Onkel Ho

    January 8, 2020 in Vietnam ⋅ ⛅ 20 °C

    Kleiner Disclaimer vorweg: wir schreiben diesen Text natürlich nicht live aus Hanoi. Wir sitzen gerade im Zug von Ninh Binh nach Hué und haben endlich Zeit, mal ein paar Texte nachzuholen. Die Tage in Vietnam sind echt vollgestopft und die erste Priorität der letzten Tage war es in der wenigen freien Zeit am Abend erstmal alle Bus-/Zugfahrten bis nach Ho Chi Minh City (HCMC) zu buchen. Unsere Reise wird uns wahrscheinlich nach Hué, Hoi An, Tuy Hoa, HCMC und Ha Tien verschlagen. Von dort geht es dann nach Kambodscha. Bevor es soweit ist, hatten wir aber wundervolle Tage in Hanoi und Ninh Binh, von denen wir euch in diesem und den nächsten Posts berichten wollen.

    Unsere Reise nach Hanoi begann etwas holprig, wir warteten in Sa Pa einige Zeit länger als erwartet auf den Bus. Jedes Mal, wenn einer ankam wurde uns versichert, der nächste Bus sei dann wirklich unserer. Mit einiger Verspätung kam dann unser Bus und damit auch die erste Überraschung: „Schuhe aus“, ein Bus ohne Schuhe betreten? Ja, wir bekamen kleine Tüten dafür und sollten sie mit hineinnehmen. Dann die nächste Überraschung: der Bus hatte keine Sitze, sondern Liegen. Wir hatten also eine 6-stündige Sleeperbus-Fahrt vor uns. In zwei Ebenen übereinander sind schon angeklappte Sitze, die man extrem weit nach hinten stellen kann. Wir richteten uns also ein und lagen halb, halb saßen wir. Es war eine sehr lustige Erfahrung, welche uns auf die Nachtbusfahrt von Tuy Hoa nach HCMC vorbereitete. Früher als erwartet und viel zentraler als gedacht kamen wir in Hanoi an und stürzten uns direkt in den wuseligsten Teil der Stadt. Wir mussten einmal das „Old Quarter“ durchqueren, um zu unserem Hotel zu kommen.
    Und siehe da, auf halben Weg laufen uns zwei bekannte Menschen über den Weg: Judiths Eltern 😳. Was für ein Zufall, das Hallo war natürlich groß. Lustigerweise hatten wir auch noch im gleichen Hotel gebucht und unsere Zimmer lagen übereinander 🙊🤔.
    Das Ganze war natürlich vorher geplant gewesen, die beiden hatten ihren 4-wöchigen Südostasienurlaub extra in Hanoi beendet, um mit uns nochmal ein paar Tage zu verbringen. Dass wir uns aber auf der Straße trafen und nicht erst im Hotel, war wirklich Zufall 😅.
    Wir hatten uns natürlich unglaublich viel zu erzählen, die beiden hatten nach dreieinhalb Wochen in Thailand, Angkor Wat und Vietnam einiges zu berichten und auch wir sprudelten nur so über mit Geschichten. Ein paar davon tauschten wir bei einem gemütlichen Bier in der Innenstadt aus und gingen erst spät zu Bett 🍻.
    An den nächsten Tagen war das volle Touriprogramm angesagt. Am 07.01. ging es erstmal das Old Quarter angucken, das alte Stadtzentrum, wo es nur so von Touris und Geschäften wimmelt. Kleine Straßenküchen reihen sich an Touriläden, Restaurants und Straßenstände. Es ist ein buntes Treiben. Und dazwischen brausen Motorroller und Autos herum, Fußwege gibt es meist nicht oder sie werden von sitzenden Menschen, Läden und Straßenimbissen blockiert. Die erste Lektion: wenn du die Straße überqueren möchtest, musst du einfach zielstrebig loslaufen und darauf vertrauen, dass man dir ausweicht - sonst kommst du nie auf die andere Seite. Manchmal war es für die drei anderen wirklich schwierig Jonas zu folgen, der das Ganze noch aus Kambodscha kannte und etwas mutiger war. Mehrere Male fanden wir uns auf verschiedenen Straßenseiten wieder. Vor allem die Überquerung von größeren Straßen kann manchmal ganz schön schwierig sein 😂.
    Auf unserem Weg machten wir an einem kleinen Tempel im See Hồ Hoàn Kiếm Halt, der an die Verteidigung Vietnams vor einer chinesischen Invasion erinnert. Der Legende zu Folge hatte der damalige vietnamesische Kaiser von einer goldenen Schildkröte ein magisches Schwert geschenkt bekommen, mit welchem er dann die Chinesen besiegte. Danach kam die Schildkröte zurück und nahm das Schwert mit sich an den Grund des Sees, der mitten in der Stadt liegt. Diese Geschichte trug sich vor mehr als 400 Jahre zu und lustigerweise lebte im See wirklich eine extrem alte, riesige Schildkröte, die in den 1970er Jahren starb und danach geborgen wurde. Für sie wurde ein kleiner Schrein auf einer separaten Insel errichtet. Sie wurde über 400 Jahre alt. Diese Schildkröte konnten wir auch im Tempel begutachten, bevor wir uns wieder ins Getümmel der Hauptstadt stürzten.
    Nach ein paar Straßen führte Jonas, der HappyCow vor der Nase hatte, uns zu einem Eisladen, der veganes Schoko-, Passionfruit- und Salzkaramelleis bereithielt. Gut gestärkt ging es weiter zu einer riesigen Markthalle (Dong Xuan Market, Berliner*innen kennen unter diesem Namen vielleicht die große vietnamesische Markthalle in Lichtenberg), die aber nicht allzu spannend war.
    Spannender war das erste mal „Grab-en“, Grab ist eine Taxiapp (wie Uber), mit der man für wenig Geld von (privaten) Motos oder Autos abgeholt und durch die Stadt gefahren werden kann. Da es feste und vorher klar kommunizierte Preise gibt, ist diese App super für Touris. So muss man keine langen Verhandlungen führen, bei denen man eh nicht weiß, was der angemessene Preis für den Weg wäre. Außerdem ist Grab deutlich sicherer, da man dauerhaft geortet wird. In Hanoi haben wir das viel genutzt, weil es keinen öffentlichen Nahverkehr gibt.
    Wir Grab-ten uns also zum Mittagessen an den großen West Lake, an dem auch eine schöne Pagode (Tran Quoc-Pagode) lag. Beim Mittag hatte Jonas endlich wieder einer vernünftige Pho (trad. Nudelsuppe aus Vietnam, die eigentlich zum Frühstück gegessen wird). Nachdem wir die nahegelegenen Pagode besucht hatten, ging es noch in den Literaturtempel. Dort wurde die konfuzianistische Lehre weitergetragen. Die Anlage war sehr groß und wirklich beeindruckend.
    Von so vielen Eindrücken erschöpft, retteten wir uns in ein kleines Café und von dort zum Abendessen.
    Auf dem Nachhauseweg versuchte Jonas noch ein paar Bananen zu erstehen. Da die Frau aber immer nur „Two“ für zwei Bananen haben wollte und sich immer wieder wegdrehte, holte Jonas einen 2.000 Dong Schein heraus. Sie schien immer noch nicht wirklich an uns und unseren zwei Bananen interessiert zu sein. Nach mehrmaligen Nachfragen schüttelte sie heftig den Kopf. Wir verstanden sie wollte 20.000 Dong, für zwei Banenen ... (Kilopreis im Laden übrigens 10k Dong). Nachdem sie immernoch lieber mit anderen kommunizierte, als mit uns zu verhandeln, legte Jonas die Bananen wieder zurück. Das interessierte sie dann plötzlich doch! Jonas kassierte von ihr beim Weggehen einen Schlag auf den Arm und lautes Gemäckere 👊😂. Es war zwar nicht hart, aber trotzdem erstmal DAS Gesprächsthema des Abends 😂.
    Den restlichen Abend verbrachten wir mit Uns-ärgern, da der Reiseanbieter für unsere Ha-Long-Bay Tour uns weniger als 12 Stunden vor Beginn mitgeteilt hatte, dass die Tour ausgebucht sei (und das obwohl wir schon bezahlt hatten und eine Bestätigung zugesendet bekommen hatten). Etwas missmutig planten wir alles um und blieben dann am 8.1. noch in Hanoi. Dort liefen wir durch das französische Viertel und besuchten eine große Anlage, die Ho Chi Minh (Onkel Ho im Volksmund) gewidmet ist. Auf dem Gelände befindet sich ein Museum, sein Mausoleum und sein altes, sehr spartanisches Wohnhaus. Dieses ist eine kleine Holzhütte mit wenig Einrichtung, aber einem schönen Blick auf einen kleinen Teich. Die ganze Anlage ist sehr ruhig und friedlich. Wie in Moskau und Peking gibt es aber eben auch ein riesiges Mausoleum des großen Befreiers, das auf der einen Seite eines riesigen Platzes liegt. Anders als in den anderen beiden Hauptstädten ist dieser Platz aber nicht direkt in der Innenstadt und abgesehen von ein paar Touris menschenleer. Der Platz erzeugte einen ganz anderen Eindruck als der Tianmenplatz oder der rote Platz.
    Von dort ging es in ein lustiges kleines Café (wo wir super leckeren Coconutcoffee ☕️/ Caramellcoffee tranken) und nach dem Abendessen noch zum Wasserpupentheater. Diese traditionelle Form des Theaters wird schon seit Jahrhunderten in Vietnam praktiziert und wurde 1010 vom damaligen Kaiser auch am Hof etabliert. Die Geschichten, die wir sahen, stammten aus dieser Zeit und zeigten Szenen aus dem Alltag der Landbevölkerung, als auch mystische Erzählungen. Zwar verstanden wir nicht alles, aber trotzdem war die Gestaltung und musikalische Untermalung wirklich beeindruckend. Die Puppen schweben an Stäben über das Wasser, im Hintergrund war ein großer Tempel aufgebaut aus dem die Puppen hervorkamen und an der Seite saßen die Musiker*innen auf zwei Podesten. Die Vorstellung gefiel uns wirklich gut, nur leider haben viele andere Besucher*innen das ganze nicht so ernst genommen wie wir. Einige kamen bei der einstündigen Vorstellung eine halbe Stunde zu spät. Ständig ging die Tür auf und zu, weil noch ein Zuspätgekommender hereingelassen wurde. Handys waren an und klingelten und hinter uns wurde viel getuschelt (Jaja Judith und Jonas die Allmans/Spießer) Dafür, dass wir ein vietnamesisches Kulturgut präsentiert bekamen, verhielten sich einige aber auf jeden Fall nicht angemessen. 🤬
    Den Frust darüber ertränkten wir dann in der „Beerstreet“, einer engen Gasse, die vollgestopft ist mit kleinen Plastikhockern. Überall saßen biertrinkende Touris und genossen das günstige vietnamesische Bier (hier gab es das ab 15.000 Dong ~60ct). Wir tranken ein paar Bier in der lärmigen Gasse und gingen früh heim, da wir am nächsten Tag endlich in die Ha Long Bucht fahren würden.

    Wir haben übrigens keine eigenen Fotos gemacht, sondern uns ganz auf Judiths Papa verlassen, weswegen wir bisher nur eine kleine Auswahl aus Hanoi haben. Seid also nicht enttäuscht, dass es nur ein paar wenige Fotos gibt.
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  • Immer noch mehr Öl

    January 7, 2020 in Vietnam ⋅ ⛅ 20 °C

    Essen in China Teil 2 Chengdu, Jiuzhaigu, Kunming

    Wenn es einen ersten Teil gibt, muss es natürlich auch einen zweiten Teil geben (Jonas verspricht euch immer so viele Dinge, die wir einhalten müssen). Dementsprechend hier unser kulinarisches Fazit zu unserem zweiten Teil der China-Reise.

    Wir hatten ja erwartet, noch einmal durch eine vollkommen neue Küche überrascht zu werden. Wir wurden aber eher davon überrascht, dass sich nicht so viel änderte. Die Gerichte waren immer noch in zu viel Öl ertränkt, meist blieb eine Lache Chiliöl übrig und wir vermissten oft ein bisschen knackiges frisches Gemüse. Hinzu kam, dass wir nach unserer Lebensmittelvergiftung auch erstmal die Schnauze voll von chinesischem Essen hatten. Also ging es in den letzten zwei Wochen Burritos 🌯, Pizza 🍕, Falafel🥙 und Sushi 🍣 essen. Zudem gab es auch mal westliche Getränke wie einen Cappuccino mit echter Barrista-Hafermilch 😍.
    Jonas kennt diesen Heißhunger nach westlichem Essen bereits aus seiner Zeit in Kambodscha (Ende 2015/Anfang 2016). Damals hatten er zumindest zum Frühstück meist "Brot" mit Wurst und Marmelade, trotzdem überkam es ihn ab und zu. Das häufigste Verlangen war damals das nach weißen Brötchen mit Salami und nach Burgern. Zumindest letzteres konnte er damals bei Burger King um die Ecken stillen (eins, zwei Mal im Monat musste leider gesündigt werden 😅). Auch wir haben momentan immer wieder Verlangen nach bestimmten Dingen, Judith vor allem nach Schokomüsli, Gemüse ohne Öl und Hummus, bei Jonas ist es vor allem alles mit Brot (weswegen er sich auch so auf die vietnamesischen Baguettes 🥖 freut) und ein frischer Salat wäre auch mal toll.

    Viel Neues haben wir nicht entdeckt. In Chengdu (Provinzhauptstadt von Sechuan) fanden wir endlich mal richtig leckere Dumplings, allerdings mit so viel Chilis, dass Judith es nicht aufessen konnte. Dazu hatten wir süße Nudeln bestellt, die sich als Nudeln mit einer süßen Kardamon-Paste herausstellten und für uns echt zu extrem waren 😶. In Kunming fanden wir dann noch eins, zwei Highlights. Wir haben uns in eine kleine buddhistische Bäckerei verliebt, in der wir verschiedene Schleckereien probierten und uns mit super leckeren Crackern für die Weiterreise eindeckten. In einer kleinen Einkaufsstraße probierten wir außerdem einen Reiscrepe, der mit Kraut und Gemüse gefüllt war (normalerweise kommt da dann noch Fleisch oder Ei mit ran). Dazu gab es dann noch Chilli- und Pfeffersauce, was das ganze wieder zu einer sehr scharfen Mahlzeit machte. Ein paar Mal waren wir noch chinesisch essen, was sich aber meist als eher mittelmäßig (wegen des vielen Öls) oder grausig (siehe Beitrag zu Jiuzhaigou) herausstellte. Wir glauben, dass wir in Peking und Xi'an etwas zu doll verwöhnt wurden, denn an die beiden Städte kam das Essen nicht ran.

    Insgesamt sind wir kulinarisch mit China trotzdem echt zufrieden. Wir haben viele Erfahrungen gemacht und einige Anregungen für unsere eigenen Kochkünste mitgenommen. Und die Chips mit Gurkengeschmack wird Jonas auf jeden Fall vermissen 😋.
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  • Chinesische Gedanken Teil 1

    January 6, 2020 in Vietnam ⋅ ⛅ 25 °C

    Nachdem wir nun schon einige Tage in Vietnam sind, gibt es trotzdem noch eine paar letzte Beiträge zu China. Denn es gibt noch Einiges zu verarbeiten und zu erzählen und wie auch in Russland, sind uns in China ein paar Dinge aufgefallen, die wir bisher noch in keinem Eintrag festgehalten haben. Wegen der Fülle an Eindrücken (und weil unsere App mit dem zu langen Text nicht klarkommt) haben wir diesen Beitrag in mehrere Teil aufgeteilt.

    Stadtbild:

    Erstmal zum ersten Vorurteil: nichts als Hochhäuser. Überraschenderweise fühlten sich vor allem Kunming und Xi'an nicht wie die Millionenstädte an, die sie sind. Auch hatte jede Stadt, in der wir waren, irgendwie einen eigenen Charakter und Orte, an denen wir uns wohlfühlten. Ob das muslimische Viertel in Xi'an, was Jonas schon sehr an Südostasien erinnerte, oder das grüne Kunming mit all den Parks und dem angrenzenden See.

    Nahverkehr:

    Auch der Smog war kein merkliches Problem, ein paar Menschen tragen Mundschutz, die meisten aber nicht und gemerkt haben wir von der Luftverschmutzung nichts (was natürlich nicht heißt, dass sie nicht trotzdem da und kein Problem wäre). Vielmehr waren wir von der Qualität und dem Ausbau des Nahverkehrs begeistert. Wir hatten zum Glück über unsere Karten-App auch die Möglichkeit, Busverbindungen rauszusuchen, sodass wir nach Lust und Laune den super günstigen Bus nutzen konnten. Noch haben wir das Bussystem nicht ganz verstanden, aber wir konnten eigentlich immer von A nach B ohne Umsteigen fahren, es gibt einfach so viele Buslinien, dass es quasi überall hin eine Direktverbindung gibt (wir glauben, das ist die Grundidee dahinter). So erklären sich auch die Preise: man zahlt nicht für eine bestimmte Zeit, sondern für eine Busfahrt (beim Umsteigen müsste man also nochmal zahlen). Nachdem wir einmal das Bezahlsystem verstanden hatten, war das alles gar kein Problem mehr (man wirft beim Einsteigen das Geld in eine große Büchse). Nur musste man zum Bezahlen das Geld passend haben, weswegen wir immer auf der Jagd nach 1-Yuan Scheinen waren. Die Einheimisch bezahlen übrigens fast immer mit WeChat oder mit einer aufladbaren Karte, die sie beim Einsteigen scannen. Einziges "Problem" beim Busfahren ist der Fahrplan, es gib keine genauen Abfahrtzeiten nur eine angegebene Periode. Der Bus von unserem Hostel zum Bahnhof in Kunming fuhr bspw. alle 20 min. Meistens warteten wir zwar nur wenige Sekunden, bei unserem Weg zum Bahnhof kam aber erst nach 30 Min der Bus (weswegen wir etwas nervös wurden). Wir fuhren dann immer mit App vor der Nase, da alle Ansagen und Anzeigen in Chinesisch sind. Dementsprechend verfolgten wir den Fahrtverlauf einfach auf der Karte und stiegen aus, sobald die App dies anzeigte. Das alles wäre nicht möglich gewesen hätten wir keine SIM Karte gehabt und hätten wir 20 Jahre früher China besucht. Die App hat uns das Leben so sehr erleichtert und wir konnten auch mal spontan umplanen.

    Bahnhöfe und Züge

    Genauso wie von dem gut funktionierenden Nahverkehrsnetz, waren wir auch von dem Bahnnetz begeistert. In China werden wortwörtlich Berge versetzt für einen funktionierenden und schnellen Zugverkehr, der sich von der Geschwindigkeit her mit den Flugverbindungen messen kann. Auch die Bahnhöfe erinnern mehr an Flughäfen, als an unsere Bahnhöfe. Diese riesigen Gebäude können ganz schön unübersichtlich werden und wir haben teilweise 15-20 Min gebraucht um vom Metro-Ausgang zur Sicherheitskontrolle zu kommen. Die Bahnhöfe sind immer in einen Ankunfts- und einen Abfahrtsbereich getrennt. Meist ist der eine oberhalb und der anderen unterhalb der Gleise. Die Tickets werden mehrere Mal gecheckt (am Eingang des Bahnhofs und direkt beim Boarding). Es erinnert auch beim Einsteigen sehr an einen Flughafen. Jeder abfahrende Zug hat ein eigenes Gate mit Boarding (meist 20-30 Min vor Abfahrt). Die Chines*innen hielten dafür nur ihren Ausweis an ein Gerät um durchzukommen, wir zeigten in einer separaten Schlange einem*r Bahnmitarbeiter*in unseren Pass. Da die Daten bereits am Eingang des Bahnhofs kontrolliert wurden, wurde unseren Pässen aber meist kein allzu großes Interesse entgegengebracht. Für diese ganze Prozedur bilden sich übrigens immer lange Schlangen in denen nach Lust und Laune gedrängelt wird, um auch ja 20 Min vor Abfahrt im Zug zu sein... An manchen Morgenden haben wir uns da ganz schön drüber geärgert.
    Endlich im Zug angekommen, erinnert vieles an einen ICE. Nur hat man ungefähr doppelt so viel Beinfreiheit, es wird ständig geputzt (eine Putzkraft für 1-2 Waggons) und häufig schaut irgendwer auf seinem oder ihrem Handy laut ein Video oder spielt Musik ab. Eine Reihe besteht aus 5 Sitzen (eine Seite 2, die andere 3) und jeder Zug hat heißes Wasser zum Zubereiten der etlichen verschiedenen Tütengerichte, die praktischerweise auch alle 15 Min von der Stewardess verkauft werden. Das Wort benutzen wir mit Absicht, da es sich quasi genau wie im Flugzeug anfühlt. Nur sieht man halt keine Wolken an sich vorbeiziehen, sondern die chinesischen Landschaften oder oftmals das Dunkel der vielen Tunnel.

    Sicherheit und Überwachung

    Nicht nur in Bahnhöfen, sondern auch in den Zügen, ist Videoüberwachung omnipräsent. Jede*r Angestellte im Zug trägt eine kleine Kamera an der Kleidung und überall hängen auch noch welche. Man kann quasi nicht von Stadt A nach Stadt B fahren, ohne auf Schritt und Tritt überwacht zu werden. Das ist schon ganz schön krass. Gepaart mit den krassen Investitionen in Gesichtserkennungssoftware bastelt die Regierung an einer umfassenden Überwachung der Bevölkerung (also von 1,3 Milliarden Menschen 😟). Denn nicht nur im Fernverkehr, nein überall sind Kameras. Ob im Park, im Bus oder Restaurant. Mit der geeigneten Software hätte man jeden unserer Schritte nachverfolgen können. Das führt dann soweit, dass an großen digitalen Werbetafeln Straßenverkehrsverstöße der Bevölkerung inkl. Nummernschild abgebildet werden oder momentan ein Punktesystem für Verstöße erprobt wird. Sinkt man auf dieser Socialscore-Skala zu weit kann man bspw. keine Zugtickets mehr kaufen. Die Regierung rechtfertigt dies alles mit mehr Sicherheit, aber gleichzeitig ist es auch ein machtvolles Mittel eine Gesellschaft nach den Moralvorstellungen der Regierung zu formen und immer weniger Freiheiten zu gewähren.
    Krasserweise haben wir nach kurzer Zeit die Präsenz und Überwachung komplett ausgeblendet. Die andauernden Sicherheitskontrollen haben wir anstandslos über uns ergehen lassen und auch das ständige Scannen unserer Sachen waren wir ja schon aus Russland gewohnt. Uns hat das alles nicht groß eingeschränkt, aber gegen Andersdenkende und Oppositionelle ist die massive Überwachung in China natürlich extrem wirkungsvoll und abschreckend.
    Bei uns hat die Überwachung dann übrigens in Kunming zugeschlagen und uns eins unserer zwei Taschenmesser gekostet. Nachdem wir in Russland und China zusammen durch an die 100 Sicherheitskontrollen mussten, inkl. Scannen der Rucksäcke, fiel es dann ausgerechnet bei der allerletzten Kontrolle auf. Zum Glück hat Jonas schnell geschaltet und auf die frage "Do you have a Knife?" nur das eine der beiden Taschenmesser hervorgezogen. Es ist etwas schade, dass es leider das schöne Schweizer Taschenmesser erwischt hat 🙈😵
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  • Endlich raus

    January 6, 2020 in Vietnam ⋅ ⛅ 23 °C

    Wie der Titel verrät, haben wir die Tage in Sa Pa wirklich gebraucht. Schon während der Fahrt von der chinesisch-vietnamesischen Grenze nach Sa Pa, kamen wir in den Genuss des tollen Bergpanoramas der nordvietnamesischen Berge. Von Sa Pa ging es mit dem Taxi in ein kleines Tal, in dem unser Homestay lag. Wir hatten uns gegen ein Hostel in der Stadt und für eine Unterkunft weiter draußen entschieden. Erst waren wir uns noch unsicher gewesen, weil wir immer einen Berg bis zu Stadt hochlaufen mussten (ca. 1,5 km steil bergauf), aber im Nachhinein war es die beste Entscheidung, die wir hätten treffen können. Sa Pa ist keine schöne Stadt, die Schönheit kommt durch die Umgebung (wunderschöne Berge, Reisfelder, kleine Wasserfällle etc.). Die Stadt ist extrem touristisch, gefühlt besteht die ganze Stadt nur wegen des Tourismus. Für uns war alleine die Menge an westlichen Touris schon etwas schwierig. Die Westler*innen, die wir auf dem bisherigen Teil unserer Reise trafen, können wir an einer Hand abzählen. Wir haben uns in Sa Pa häufig als wandelnder Geldbeutel gefühlt, als Personen, für die ein „traditionelles“ Leben inszeniert wurde und für die die Einheimischen ihre eigentliche Lebensweise aufgegeben hatten. Kleinkinder in traditionellen Kostümen versuchten ständig uns Dinge zu verkaufen, während sie ihre noch kleineren Geschwister auf dem Rücken trugen, von allen Seiten wurde man ständig angesprochen , ob man nicht etwas kaufen, eine Massage wolle oder ob wir nicht lieber mit dem Motobike fahren würden. Dabei waren wir doch zum Wandern gekommen, nicht zum Shoppen oder Moto fahren.

    Und das machten wir dann auch am ersten vollen Tag (2.1.). Die Vorbereitung für unsere Wandertour war erst mal etwas schwierig, da es kaum Informationen über selbstorganisierte Touren gibt. Auch der Lonely Planet empfahl, sich einen Guide zu nehmen. Da wir aber nicht 30-40€ pro Person für eine Tagestour ausgeben wollten, recherchierten wir fleißig und wurden fündig. Auf einem Blog hatte ein Mann zwei Touren hochgeladen, die genau das versprachen, was wir machen wollten: ein bisschen durch die Berge und Reisfelder streifen ohne ständig angequatscht zu werden. Also bogen wir nach einiger Zeit von dem normalen Weg Richtung Sa Pa ab und folgten einem ausgetretenen kleinen Pfad, der sich an den Bergen entlangschlängelte. Schon nach wenigen Minuten hatten wir einen tollen Blick auf die Reisfelder und die gegenüberliegenden Berge. Das schöne, sonnige Wetter trug ebenfalls zu einem unglaublichen Naturschauspiel bei. Normalerweise ist es in und um Sa Pa sehr sehr diesig. Innerhalb von Minuten zog manchmal das ganze Tal zu und alles wurde in dichte Nebelschwaden eingehüllt. Zum Teil konnte man dann keine 20m mehr weit gucken (kein Witz) und die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass es schwer zu sagen war, ob das noch Nebel oder schon Nieselregen war. Doch an diesem Tag präsentierte sich Sa Pa von seiner schönsten Seite. Für uns beide war es auf jeden Fall der Höhepunkt unserer bisherigen Reise. Vollkommen alleine und weit ab vom Touri-Trubel streiften wir durch die Bambushaine, trafen ein paar Wasserbüffel und überquerten einen Fluss über ein „Brücke“ aus ein paar Bambusrohren. Nach einiger Zeit senkte sich der Weg zum unteren Teil des Tals und dann in Richtung des Cat Cat Dorfs. In den Nordvietnamesischen Bergen gibt es noch viele kleine Bergvölker. Rund um Sa Pa gibt es einige Dörfer, die von diesen Minderheiten bewohnt werden, so auch das Cat Cat Dorf. Einige dieser Dörfer sind einfach nur normale Dörfer, andere sind extrem touristisch aufbereitet. Wir erwischten letzteres. Für 70.000 Dong (~3€) Eintritt erhielten wir Einblick in ein „traditionelles Dorf“. Na ja oder was halt davon übrig geblieben ist. Es reihte sich ein Geschäft an das andere. Überall wurden traditionelle Stoffe verkauft oder wie in China Kostüme zum Fotografieren verliehen (in welchen sogar überraschend viele Leute herumliefen, die eindeutig nicht einheimisch aussahen). Das Dorf selbst ist in einem winzigen Tal gelegen, ein Wasserfall rauscht herunter und der Fluss schlängelt sich gemächlich zwischen den Holzhütten entlang. Der Rest ist komplett absurd - jede Sitzgelegenheit ist irgendwie fancy aufbereitet um dort das perfekte Foto zu schießen. Jede Stunde tanzen junge Einheimische der H‘Mong Minderheit für die Touris und alles wirkt eher wie eine Freizeitpark, nicht wie ein traditionelles Dorf. Wir waren etwas erschlagen von all diesem Eindrücken. Trotzdem hatte das Dorf auch Charm und war wunderschön anzugucken, genießen konnte man es aber erst, wenn man all die äußeren Umstände ausblendete. Nachdem wir etwas durch das Dorf gestreift waren und uns häufig verstohlen angegrinst hatten, weil sich wieder irgendein Touri zum Eumel gemacht hatte, ging es entlang eines kleinen Flusses in einen nahegelegen Wald. Bereits nach wenigen Schritten war es wunderbar ruhig und wir hatten den Wald wieder für uns alleine. Auf dem ganzen Weg begegneten uns nur vier Leute. Wir streiften auf einem kleinen Weg entlang des Flusses und dann einen kleinen Hügel hinaus. Auf der entgegengesetzten Seite eines kleinen Hügels kehrten wir dann wieder zurück ins Dorf. Von dort aus ging es ziemlich geschafft nach Hause und bereits um 21 Uhr fielen Jonas die Augen zu (Judith ließ sich noch ne Stunde länger Zeit).

    Auch der nächste Tag (3.1.) versprach gutes Wetter und so nutzten wir dies für eine 22 km Hardcore-Wandertour auf die andere Seite von Sa Pa. Auch dies wieder ohne Guide und nur mit einer App (Komoot) bewaffnet. Es lief alles super, der Weg war einfach zu finden und wieder waren wir die einzigen Westler*innen. Diesmal gab es weniger Panorama zu sehen, dafür ging es aber durch mehrere wirklich authentische Dörfer. Häufig war das auch sehr bedrückend, weil wir die Armut der Menschen ziemlich direkt um die Ohren gehauen bekamen. In einem Dorf hatten fast alle Frauen blaue Hände vom Färben der traditionellen dunkelblauen Stoffe mit Indigopflanzen. Diese hatten wir am vorherigen Tag schon in den Tourishops gesehen. Es herrschten sehr sehr einfache Bedingungen, hier schien sehr wenig von dem vielen Geld anzukommen, was die Touris nach Sa Pa bringen. Wir können uns gut vorstellen, dass es dort auch kein fließend Wasser oder Strom gibt. Es war natürlich interessant, aber wir fühlten uns auch schuldig und sehr komisch als reiche weiße Westler*innen quasi Armutstourismus zu betreiben (wenn man es hart ausdrücken will). Die Menschen in dem Dorf beachteten uns nicht groß, halfen uns dann aber freundlicherweise den Weg zu finden. Dieser endete jedoch mitten in einem Reisfeld an einem Zaun. Anscheinend hatte der dortige Bauer sein Land etwas vergrößert, denn auf unserer Karte sollte der Wanderweg auch dort weitergehen. So liefen wir das erste Mal an diesem Tag über winzige Pfade queer durch die Felder und durch einen seichten Bach. Unser Ziel das Mat Cha Dorf erreichten wir nach Zahlung des Eintrittsgeldes (40.000 Dong ~1,5€). Anders als im Cat Cat Dorf gab es hier aber eigentlich nichts touristisch Interessantes. Es war halt ein Dorf. Die Menschen gingen ihrem Tagewerk nach, knatterten mit Motos an uns vorbei und Kinder spielten auf der Straße. Eigentlich genau das was wir sehen wollten. Wir entdeckten riesige Felder einer nicht zu identifizierenden Heilpflanze (Schild mit „medizinischer Pflanzenanbau“ stand daneben). Später stellte sich beim Gespräch mit unserem Host heraus, dass all die vielen gleichen Felder Artischokenfelder waren und die Blätter für einen Tee und Medizin genutzt werden. Diese helfen bei Magenbeschwerden und unterstützen die Verdauung.
    Nach einem kurzen Kaffestopp ging es über eine andere Route zurück. Diese führte uns bis zur Schnellstraße (zweispurig) Richtung Sa Pa. In der Hoffnung diese zu umgehen, liefen wir auf Verdacht in ein paar Felder hinein und fragten uns bei den Bäuer*innen durch. Sie halfen uns auch etwas, schlussendlich liefen wir aber nur ein kurzes Stück im Tal zwischen den Feldern weiter und begaben uns dann wieder hoch zur Straße. Es war schon relativ spät geworden und wir wollten nicht im Dunkeln zwischen den Feldern herumirren. Deswegen liefen wir noch knapp 5 km an einer vielbefahrenen Serpentinenstraße entlang (wir waren fast die einzigen Fußgänger*innen) und kamen sehr erschöpft in Sa Pa an.
    Anstatt früh schlafen zu gehen gerieten wir aber noch in ein sehr langes und angeregtes Gespräch mit unserem Host Dinh, der in Hanoi studiert hatte und nun in dem Homestay arbeitete um sich Geld zum Reisen zu verdienen. Nachdem er etwas aufgetaut war, wurde das Gespräch noch wirklich interessant und wir quatschten über dies und das. Als dann später das andere Pärchen im Homestay nach Hause kam und sich auch noch dazugesellte wurde es dann noch ein wirklich schöner und langer Abend. Das japanisch-chinesische Pärchen reist ebenfalls durch Südostasien, und betreibt dabei einen kleinen Visarun zwischen China, Laos und Vietnam (da sie immer 15 Tage visafrei nach Laos und Vietnam kommen und das alle 30 Tag). So pendeln sie gerade etwas hin und her. Er kann mit Internet von überall arbeiten und sie macht Übersetzungsarbeiten. Während sie am Nachbartisch noch arbeitete tischte Naoto uns seine Lebensgeschichte auf - und was für eine. Er hatte schon in mehr Ländern gelebt als wir hätten aufzählen können und spricht 10 Sprachen. Eine davon ist Deutsch und wir hatten uns auch schon etwas auf Deutsch unterhalten (er hat für einige Monate in Baden Württemberg in einer anthroposophischen Gemeinschaft gelebt). Noch interessanter war sein Studienfach, er hatte traditionelle indische Musik studiert und dafür 7 Jahre in Indien gelebt. Als Beweis gab es eine kleine Kostprobe (Gesang mit Ukulele) und eine kleine theoretische Unterweisung in die Komplexität indischer Musik (bspw. nutzen sie viel mehr Zwischentöne, nicht wie wir nur Halbtöne). Nach einem langem Abend ging es dann ins Bett.

    Und beim Thema Bett sind wir bei den Schlafbedingungen im Homestay. Wir hatten uns auf Lautstärke durch Tiere und Menschen draußen eingestellt, aber was in der ersten Nacht los war war nicht mehr feierlich. Um 23 Uhr begann ein heftiger Streit zwischen der Betreiberin vom Homestay und dem Hausbesitzer. Fast eine Stunde hielt uns das wach und auch die anderen Tage war der Hausbesitzer, der unten wohnte, sehr laut. Auch lag die Feuerstelle der Besitzer-Familie direkt unter unserem Zimmer und unser ganzer Raum stank nach Rauch. Am dritten Abend wurden wir dann aufgeklärt, wieso es zum Streit gekommen war. Die Betreiberin hatte schon länger geplant aus Sa Pa nach Bac Ha zu ziehen (einem noch nicht so touristischen Bergort). Dort baute sie auch schon seit einiger Zeit ein eigenes Haus. Das hatte sie bisher aber noch nicht dem Hausbesitzer mitgeteilt, der ziemlich sauer darüber war. Er schmiss sie kurzerhand raus und wir konnten dadurch auch nur bis Samstag bleiben.
    Für die restlichen zwei Tage hieß es am 4.1. also eine neue Bleibe suchen. Diese fanden wir ein paar Meter weiter in einem anderen Homestay, was aber nicht ganz so schön war, weil die sehr nette Betreiberin verreist war und ihre beiden Angestellten sich nicht groß um uns scherten. Für die restlichen zwei Tage war schlechtes Wetter angesagt worden und wir hatten uns eigentlich schon gefreut, in unserem ersten Homestay im Aufenthaltsraum mit den großen Fenstern zu sitzen, zu lesen und den Rest unserer Vietnamreise zu planen.
    Denn Planung ist momentan wirklich wichtig. Wir hatten ja schon über das vietnamesische Neujahrsfest berichtet (25.Januar). Die Tage drum rum herrscht Ausnahmezustand in Vietnam. Vor allem am 25. bis 27. sind Hotels teurer, die meisten Restaurants und Sehenswürdigkeiten geschlossen und Züge ausgebucht (weil alle Einheimischen zu ihren Familien reisen). Dinh empfahl uns schnellstmöglich alles zu buchen und so müssen wir momentan einen Monat Vietnam vorbereiten. Anders als bisher, wo wir immer nur den nächsten Stopp gebucht hatten, heißt es jetzt mindestens 5 Unterkünfte und Züge zu finden und zu schauen, was wir wahrscheinlich in Ninh Binh, Hué, Hoi An, Da Lat und Ho Chi Minh City (inkl. Mekongdelta) machen wollen (um abzuschätzen wie lange wir bleiben). Das stresst uns gerade etwas und wir brauchten die beiden freien Tage in Sa Pa wirklich dringend um wenigstens schon ein bisschen was vorzubereiten.
    Dementsprechend passierte Samstag und Sonntag gar nicht mehr so viel in Sa Pa. Das Wetter war auch nicht mehr so gut und wir saßen viel mit einem ultrasüßen Welpen und unseren Reiseführern/IPad/Handys im Homestay und in unserem Stammcafé in SaPa um zu planen.

    Die nächste Station ist dann Hanoi (die Hauptstadt), wo wir Judiths Eltern treffen, die eine vierwöchige Südostasienreise machen und am 10. von Hanoi aus zurückfliegen.
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  • Einmal von Berlin nach Vietnam bitte!

    January 5, 2020 in Vietnam ⋅ 🌙 15 °C

    Heute beim Reisebüro Hase-Eckert (noch im Aufbau) im Angebot: eine Low-Budget-Reise Berlin -> Sa Pa. Unser Zahlen-Freak Jonas hat extra für euch eine kleine Zusammenfassung der Kosten erstellt, also worauf ihr euch einstellen müsst, wenn ihr auch mal von Berlin nach Vietnam mit dem Zug reisen wollt.

    Vor allem aber hat es uns selbst interessiert, wie sich unsere bisherigen Kosten aufschlüsseln.Wir haben alle Kosten pro Person angeben und es sind ungefähre Preise, die abhängig vom jeweiligen Umrechnungskurs sind, nagelt uns also nicht auf die genauen Zahlen fest. Wir haben in Russland immer einen Kurs von ca. 1€ = 70 Rubel angenommen, in der Mongolei 1€ = 3.000 Tögrög und in China 1€ = 7,7 Yuan. Nun sind wir übrigens bei 1€ = 25.000 vietnamesische Dong 😅 .

    Eine Zugreise von Berlin->Sa Pa ist also mit folgenden Kosten verbunden:

    Zuallererst ein Kostenpunkt, den wir etwas unterschätzt haben: Visakosten. In die Mongolei durften wir ganze 30 Tage kostenlos rein und auch nach Vietnam hätten wir für 15 Tage kein Visum gebraucht (wir wollen aber mindestens 30 bleiben). Die Visa für Weißrussland (Transitvisum), Russland und China haben wir im Vorhinein in Deutschland arrangiert. Um Stress zu vermeiden, sollten man für Russland und China eine Agentur bemühen, auch wenn es etwas teurer ist.

    Weißrussland 60€
    Russland 99€
    China 155€
    Vietnam 45€
    __________________
    Gesamt 359€

    Nun die Unterkünfte: wir haben eine Nacht von Berlin nach Moskau, 18 Nächte in Russland, eine Nacht in der Mongolei, eine auf dem Weg nach Peking und 23 Nächte in China verbracht. In Russland waren wir 13 Nächte in Städten und 5 Nächte in Zügen, in China waren wir immer in Unterkünften, da wir nicht Nachtzug gefahren sind. Wahrscheinlich waren die Unterkünfte auch etwas günstiger, da Nebensaison ist und sie kaum ausgebucht waren. Auch haben wir in China Booking.com und Airbnb verglichen, was sich in Peking und Kunming deutlich gelohnt hat. Außerdem haben wir bisher immer in einem Doppelzimmer geschlafen, in einem Dorm/Bettenlager wäre das ganze noch günstiger gewesen. Hier aufgeführt sind die Preise für ein Doppelzimmer pro Person (also quasi ein halbes DZ😁)

    Russland 121€ Ø 9,30€ pro Nacht
    Mongolei 10€
    China 187€ Ø 8,10€ pro Nacht
    _____________________________
    Gesamt 308€ Ø 8,32€ pro Nacht

    Für Freizeitaktivitäten haben wir dagegen in Russland deutlich weniger ausgegeben. Dazu zählen sowohl Nahverkehr, Eintritte, Führungen und weitere Ausgaben, wie eine SIM Karte. Die Kosten für Nahverkehr haben wir überschlagen. Sowohl in Russland als auch in China war das extrem billig. In China haben wir bspw. für die Metro 2 bis 5 Yuan (35 bis 65 Cent) und für Busse 1 bis 2 Yuan bezahlt.

    Russland 45€ Ø 2,50€ pro Tag
    Mongolei 8€
    China 115€ Ø 5,00€ pro Tag
    __________________________
    Gesamt 168€ Ø 3,73€ pro Tag

    Nun ein großer und wichtiger Punkt: das Essen. Wir gehen ja mindesten ein- bis zweimal am Tag essen, was aber häufig ähnlich viel kostet, wie Selbstkochen. In unsere Essenpreise fallen natürlich auch Ausgaben für Snacks, für Obst zum Frühstück und Lunchpakete für die Fahrten rein. Leider mussten wir außerdem extrem viel Wasser kaufen, da das aus dem Wasserhahn nirgendwo trinkbar war. An dem einen Tag in der Mongolei waren wir etwas "verschwenderisch", da hatten wir uns aber auch für die 31h Fahrt nach Peking gut eingedeckt.

    Russland 144€ Ø 8,00€ pro Tag
    Mongolei 20€
    China 176€ Ø 7,65€ pro Tag
    _________________________
    Gesamt 340€ Ø 7,90€ pro Tag

    Das Spannendste zum Schluss: die Züge:
    Da wir unter 27 sind kostete der Zug nach Moskau 30% weniger für uns, also nur 125€. Auf keinen Fall bei der Deutschen Bahn buchen, die hätten das Doppelte verlangt 😱😡! In Russland variieren die Ticketpreise immer um einen gewissen Wert +- 5€ , je nach Nachfrage. Auch haben wir leider erst zu spät erfahren, dass die Tickets von Ulan Bator nach Peking deutlich günstiger hätten sein können. Zahlt man in Russland dafür 174€, sind es in der Mongolei einen Tag vor Abreise nur noch 90€. Man riskiert dabei halt, keinen Platz mehr zu bekommen (unser Zug war extrem leer, also ein sehr geringes Risiko im Winter). Auch hätten wir in China ähnlich günstig reisen können wie in Russland. Wir haben uns hier aber gegen Sparsamkeit und für Schnelligkeit entschieden, bzw. gab es nach Kunming und nach Hekou nur Schnellzüge. Die meisten anderen Routen werden aber sowohl von alten, langsamen, als auch von Schnellzügen befahren. Die Highspeed-Züge in China kosten durchschnittlich 50% mehr (manchmal fast gleich viel, manchmal fast das Doppelte), sind dafür aber extrem viel schneller (bis zu 310km/h).

    Berlin -> Moskau 125€ 6,78€ pro 100km
    Moskau -> Ulan Bator 174€ 2,78€ pro 100km
    Ulan Bator -> Peking 174€ 26,15€ pro 100km
    Peking -> Hekou 178€ 4,25€ pro 100 km
    _____________________________________
    Berlin -> Hekou 551€

    Zum Vergleich, ein durchschnittlicher Flug von Berlin nach Hanoi kostet momentan 599€, ohne Aufgabegepäck. Natürlich entfallen die Visakosten für die Transitländer, man sieht aber halt auch nichts von diesen 😉.

    Natürlich kommen noch einige individuelle Ausgaben im Vorhinein der Reise hinzu (einige Anschaffungen, Medizin, Essen etc.), was wir aber nicht mehr genau beziffern können.

    Die Kosten der Reise belaufen sich folglich bisher auf folgende Beträge pro Person:

    Unterkunft: 308€
    Freizeit: 168€
    Essen: 340€
    Züge: 551€
    Visa: 359€
    ______________________________
    All inclusive Paket Gesamtpreis: 1.726€

    Ab 2.500 € organisieren wir euch also eine schicke, 45-tägige Reise von Berlin bis Vietnam und machen damit noch ordentlich Gewinn 🤑
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  • Zu Fuß von China nach Vietnam

    January 1, 2020 in Vietnam ⋅ ⛅ 13 °C

    Nun haben wir es also geschafft. Wir sind an unserem ersten Etappenziel angekommen - wir sind endlich in Vietnam. Zufrieden mit uns und der Welt sitzen wir in Sa Pa, einem kleinen Örtchen in den Bergen, ganz in Norden von Vietnam und planen unsere nächsten Tage. Hier gibt es einige Berge und kleine Dörfer zu erwandern und endlich haben wir einen Kontrast zum Großstadttourismus. In einem kleinen Homestay (Wohnen bei einer einheimischen Familie) berichten wir euch nun von unserer Grenzüberquerung von 🇨🇳 nach 🇻🇳.

    Die Geschichte beginnt mit sehr viel Recherche, so wie viele Dinge auf unserer Reise. Wenn man nämlich nach dem vietnamesischen Visum sucht, findet man zu 90 Prozent Informationen über die Einreise via Flugzeug, zu 7 Prozent Infos über die 15-tägige visafreie Einreise und zu 2,9 Prozent etwas darüber, wie man ein Visum in Deutschland beantragt. Kaum eine Seite berichtet, wie man ein Visum in China für den Landweg bekommt, geschweige denn, wie wir am günstigsten in Kunming eins kriegen. Der lonely planet hatte sich auch nicht als hilfreich erwiesen. Deswegen mussten wir etwas improvisieren und uns auf ein paar wenige Informationen verlassen. Unser Plan sah vor, erstmal ein paar Reiseagenturen auszuchecken, bevor wir zum Konsulat fahren, denn Jonas hatte bei seine Einreise aus Kambodscha nach Vietnam vor 4 Jahren über eine Agentur weniger bezahlt, als er bei der Botschaft bezahlt hätte.
    Und so machten wir uns auf die Suche nach einer Reiseagentur in der Nähe unseres Apartments und wurde um die Ecke fündig. Ein kleiner unscheinbarer Laden, der aber immerhin Kunming International Travel Agency hieß, war unser erster Anlaufpunkt. Trotz des englischen Namens sprach niemand Englisch, was natürlich ein super Start war. Eigentlich wollten wir erstmal nur den Preis pro Person wissen, doch nach unserer Einstiegsfrage (per Google Übersetzter), begann die wirklich nette Mitarbeiterin bereits wie wild in ihr Handy zu tippen und zu telefonieren. Wir wurden gebeten Platz zu nehmen und schauten ihr eine ganze Weile beim telefonieren und WeChatten zu. Unklare Frage lösten wir über Übersetzerapps, was manchmal zu sehr witzigen Übersetzungen führte. Dadurch verzögerte sich das Ganze aber auch enorm. Der Ablauf: telefonieren, tippen, Dinge von ihr übersetzen, wir beraten, Jonas übersetzt unsere Antwort, sie lächelt nickt und telefoniert wieder und schreibt anscheinend mit jemandem aus dem Konsulat bei WeChat. Insgesamt dauerte das dann schon über eine Stunde. Ab einem gewissen Zeitpunkt wollten und konnten wir dann auch nicht mehr gehen, hatten dann aber wirklich Glück. Ihr erstes Angebot von 380 Yuan (knapp 50€) senkte sie auf 350 Yuan p.p. ab, was genauso teuer war, wie im Konsulat. Für uns hieß das weniger Aufwand zum gleichen Preis, also sagten wir zu. Zwischendurch mussten noch Fotos von uns gemacht werden, da unsere biometrische Fotos ja nur in gedruckter und nicht in digitaler Form vorlagen 📷. Deswegen mussten wir uns an ein kleines Stück weiße Außenwand hocken und Fotos für das Visum mit einer Handykamera schießen lassen. Das ganze war wirklich skurril, aber sie schien wirklich mit dem Konsulat direkt zu telefonieren und abzuklären, ob die Fotos ok wären. Jonas musste nämlich noch ein zweites Mal zum Fototermin und konnte vor lauter Absurdität nicht anders, als lange und laut zu lachen. Da hocken wir mitten in China vor einer weißen Wand an einer Straße mit tausenden kleinen Lädchen und Ständen und lassen "biometrische" Fotos von uns machen. 😄
    Als wir ihr unsere Pässe geben wollten, passierte das nächste Unvorhergesehene: Sie meinte, es ginge ohne auf dem Konsulat. Etwas, wovon wir noch nie gehört hatten - ein Visum bekommen ohne den Pass abzugeben? Ja, es sei ein E-Visum, wir sollten einfach am 31.12. zurückkommen und sie würde uns ein Papier geben. Vorher müssten wir aber noch 500 Yuan anzahlen.
    Da wir uns eigentlich erst informieren wollten, hatten wir noch nicht so viel Bargeld dabei. Es folgte eine weitere Odyssee von Übersetzungen, bei der wir ihr erklären wollten, dass wir schnell Geld holen gehen würden, sie aber mit uns fahren wollte. Wir lehnten dies erst dankend ab, da wir ihr keine Umstände machen wollten. Wie es schien, wollte sie aber gerne Feierabend machen und fuhr deswegen mit dem Roller hinter uns her. Es war ein weiterer Teil dieser absurden Visumsbeantragung, dass wir ihr dann noch 10 Min hinterherliefen, nachdem sie uns überholt hatte. Sie wartete an jeder Ecke auf uns und fuhr dann ganz langsam bis zur nächsten und zur nächsten und zur nächsten Ecke, bis endlich der Bankautomat zu sehen war.
    Ein bisschen Bedenken hatten wir schon, ob das alles so seriös war. Aber es gab kein Zurück mehr und so drückten wir uns beiden einfach mal die Daumen.
    Von Judith's Eltern kam dann am gleichen Tag auch noch eine Hiobsbotschaft. Die sind nämlich auch gerade in Südostasien unterwegs und hatten ein E-Visum für Kambodscha gebucht, was sich aber als Betrug herausgestellt hatte. So hatten wir dann auch Angst, ob wir nicht einem Betrug aufgesessen wären und 90 € in den Sand gesetzt hätten.
    Nachdem wir am 31. dann einen offiziell aussehenden Wisch vom Konsulat ausgehändigt bekommen hatten, machten wir uns heute (1.1.) auf den Weg nach Hekou. Dort aus dem Zug gestiegen, war es gleich viel wärmer und die Luft drückend von der hohen Luftfeuchtigkeit. Die Stadt liegt an einem Fluss, der sie in eine chinesische und eine vietnamesische Seite teilt - Hekou 🇨🇳 und Lao Cai 🇻🇳. Dazwischen gibt es eine große Brücke, die neutrales Gebiet ist. Mit dem Bus fuhren wir vom Bahnhof bis an die Grenze. Jonas hatte vorher in einem Blog ein Foto von dem Grenzgebäude gefunden, was sich als sehr hilfreich herausstellte. Dort sieht nämlich nix nach offizieller Grenze aus. Man fährt einfach einen Aufgang mit einer Rolltreppe hoch, über dem schlicht "Exit" auf einem großen Schild steht 😂 - wir fanden das ziemlich lustig. Diese führte uns zur Ausreisekontrolle, die fast ohne Probleme (wir hatten vergessen die Ausreisekarte auszufüllen) vonstatten ging. Danach war es soweit - unsere erste Grenzüberqueerung zu Fuß über die Brücke über den Roten Fluss. Kleiner Apoiler, es fühlt sich einfach so an, als ob man eine Brücke überquert 😱. Auf der anderen Seite angekommen erhöhte sich der Puls. Waren wir einem Betrug aufgesessen? Könnten wir nur die 15 visafreien Tage in 🇻🇳 bleiben? Würden wir uns auf Ewigkeiten für unsere Dummheit verfluchen, nicht zum Konsulat gegangen zu sein?

    Nein.

    Es geschah nichts. Der Mann an der Passkontrolle schaute etwas länger auf seinen PC, lächelte dann Jonas an: "Ah your second time in Vietnam", stempelte das Papier, was wir von der Agentur bekommen hatten und ließ uns durch. Das war es. Ein weiteres Mal zeigte sich also, dass wir uns zu viel Stress mit den Grenzkontrollen machen. Als Europäer*in kommt man halt fast überall rein...

    Nach einer wackeligen 1,5h-Busfahrt von Lao Cai nach Sa Pa, mit grandioser Aussicht auf Berge und Täler mit Reisterrassen und einem lustigen Stau auf einer engen Straße (zwei LKWs hatten sich ineinander verkantet, passiert hier auf den engen Serpentinen wohl dauernd) sind wir in einem kleinen Häuschen mitten in den Reisfeldern angekommen und glücklich endlich in Vietnam zu sein.
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