Südamerika 2023/2024.

December 2023 - March 2024
A 83-day adventure by Tom Read more
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  • Day 6

    Mototaxis und ein bisserl mehr...

    December 29, 2023 in Peru ⋅ ☁️ 26 °C

    Man gebe dem Peruaner ein Mototaxi und er dreht durch. Vermutlich hat jeder männliche Einwohner hier in Pisco eines dieser Teile. Nein, vermutlich zwei. Und hupt damit an einem Tag mehr, als ein durchschnittlicher Deutscher in seinem ganzen Leben. Asia Streetlife hat ja wenigstens seinen Reiz, aber das hier ist schon hart an der Grenze des Erträglichen. Immerhin wird für das weit und breit einzige Touripärchen im Ort gebremst - wollen ja auch unsere Kohle.

    Das Frühstück fällt mager aus. Das einzige nach Lissys Auffassung brauchbare Cafe mit Siebträgermaschine greift zu südamerikanischen Öffnungszeiten und bleibt... geschlossen. Dann halt nur eine Fruchtbowl vom Straßenkiosk, aber zuviel Kohlenhydrate machen eh fett.

    Danach geht es ab nach Paracas. Wieder mal Schnellboot, wieder mal Sealions und Penguins, diesmal garniert mit ein paar Flamingos. Schnell wird klar dass hier diesmal Massenabfertigung angesagt ist, also Sonnenbrille auf die Augen, Bandana auf den Kopf und ab durch die Mitte. Am Ende ist die Tour nach zwei Stunden überraschend gut, Wildlife sticht nerviges Drumherum einfach (fast) immer.

    Weil der Hunger nervt, muss was Essbares her. Nicht so einfach in Tourivierteln mit aneinandergereihten Butzen, vor denen kleine Nervensägen mit bebilderten Speisekarten nach Opfern für ihre 3,5 Google-Sterne Kaschemmen suchen. Dann halt auch hier mitten auf die Zwölf und einen Tiefkühl-Kichererbsen Vegetarianburger reingepfiffen. Klingt scheiße, war es auch - kann ich ja gleich bei Do&Co die vegane Currywurst als Wegzerrung einpacken. Immerhin der Mango-Ananas Shake ist gut, aber auch nur weil hier frische Früchte günstiger sind, als Convenience. Wehe ich bekomme Scheißerei...

    Lissys Magnetsuche wird wider erwarten diesmal kein großes Drama, auch das Jalajala mit der Taxi-Mafia nicht. Das praktische an Südamerika ist ja, dass hier eh jeder alles macht und jeden kennt - also organisiert der Tourenguide auch das Taxi - Uber und Cabify haben zwischenzeitlich nämlich regional die Segel gestrichen. Für 20 Sol ist dann aber auch noch ein kurzer Fotostopp bei den Flamingos drin, nur Sonny und Ricardo von Miami Vice lassen sich nicht blicken. Memo an mich selbst - mal googeln ob die überhaupt noch leben!

    Am Abend wird Pizzeria 2/2 des Ortes beehrt. Hat zwar eigentlich bei unserer Ankunft geschlossen, macht aber freilich sofort auf, als der europäische Geldbeutel vor der Tür steht. Geliefert wird anschließend eine solide Pizzanote 3, nur das mit dem Vegetarisch müssen wir noch üben - die Generation Z hätte ihm Salami und Schinken wahrscheinlich um die Ohren gehauen.

    Danach darf es dann gerne mal etwas Hotelzimmerruhe sein, der brave Thomas hat nämlich Kopfschmerzen vom anderen Stern. Nix gesoffen, nix geraucht, aber wohl a bisserl zuviel Sonne. Auch deshalb (und vor allem wegen Lissys klarer Ansage 🫣) verzichte ich auf ein Durchqueren des angrenzenden Viertels mit sichtlich engagiertem Personal aus dem horizontalen Gewerbe, wobei die leichtzügigen Damen freilich nur an meinen inneren Werten interessiert gewesen wären. Latinas in Love.

    Zu nächtlicher Stunde gibt es als Goodbye an Pisco noch ein Stünderl Streetlife. Immer wieder bewundernswert, wie hier vermeintliche Käffer zum Leben erwachen.

    Ich glaube wenn mich irgendwann mal jemand fragt, was der ursprünglichste Grund für Reisen ist, dann exakt diese Momente. Wenigstens kurz und oberflächlich in das Leben fremder Menschen, Länder und Regionen eintauchen. Momente sammeln. Oder wie ein weiser alter Mann aus dem Paulaner Fantreff mal gesagt hat: der Leichenwagen hat keine Anhängekupplung.

    Genau. Lebe! Du stirbst.
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  • Day 7

    Mühsam ernährt sich das Eichhörchen.

    December 30, 2023 in Peru ⋅ ☁️ 26 °C

    Mini-Reisetag.

    Eineinhalb Stunden Peru-Bus bis Ica. Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich Busreisen in Südamerika liebe? Eigentlich völlig unlogisch, aber hier funktioniert alles das, was in Deutschland unvorstellbar wäre. Die Busse sind pünktlich, sauber und günstig. Die Menschen nett , labern Dir ein Ohr ab, völlig egal ob Du auch nur ein Wort verstehst und überall ballert irgendeine Latino-Musik aus blechernen Boxen. Quasi wie Flixbus nur in gut. Und - wichtig - es gibt Süßkartoffelchips für 3 Soles.

    Leider hat uns das Frühstück heute ein wenig das Genick gebrochen, denn wenn die kleinen dicken (!) Peruaner irgendetwas können, dann eigentlich normales Essen mit Kalorien und Süßkram zerstören. Da wird die blanke Eierwaffel mit 200ml zusätzlicher Schokosauße serviert und der bestellte Mango-Smoothie enthält nicht 100% Frucht, sondern 98% Sahne und Kondensmilch. Wow. Ich gebäre also einen Alien um 9.30 Uhr am frühen Morgen. Der heutige Vokabeltipp des Tages: Klopapier = Papel higiénico

    Back to Busbahnhof. Als normaler Mensch hätte man freilich einfach ein Busticket am Schalter gekauft und wäre in den nächsten Bus Richtung Ica eingestiegen. Hab ich natürlich nicht, sondern bereits per busbud-App für sagenhafte 1,65 Euro pro Person ein Online-Ticket gebucht. Idee perfekt, Umsetzung mangelhaft - denn natürlich sorgt dieser Umstand dafür, daß wir aber sowas von exakt den einzig richtigen Bus besteigen müssen. Kein Problem, fährt ja nur alle fünf Minuten irgendein halbleerer Bus eh exakt in die korrekte Richtung - es lebe das System.

    Nun ist es so, dass Peruaner nach Mototaxis und süßem Essen auch Bürokram, Notizen und Zettel sehr gerne mögen. Läuft halt jetzt die halbe Belegschaft des Busbahnhofes mit irgendeinem Wisch auf dem unsere Namen notiert sind herum. Jeder BWL Student würde das enorme Einsparpotenzial erkennen.

    "Angekommen im Bayern-Land, nahmen wir das erste Bier zur Hand". Dieses Broilers-Motto kann in Ica nicht aufrechterhalten werden, denn es ist unfassbar heiß und wenn wir etwas zur Hand nehmen, dann Sonnencreme Faktor 50 und Aqua sin Gas. Kein Wunder, eigentlich stehen wir mitten in den Ausläufern der Atacama-Wüste, die sich quer durch Chile und Peru räkelt. Der Vorteil liegt auf der Hand, Du kannst auch dauerhaft mit dem gleichen T-Shirt rumlaufen, weil Du eh nach zehn Minuten schwitzt wie ein Schwein. Bleiben drei-vier Duschen am Tag als Ausgleich, aber Körperhygiene auf langen Reisen wird eh überbewertet und die frischen T-Shirts sind limitiert.

    Im Schlagabtausch Warmwasser/Kaltwasser steht es aktuell übrigens 2:0 nach zwei Unterkünften - Peru überrascht ein weiteres Mal.

    Nett step Wüste bzw. Huacachina Wüstenoase. Komplett overhyped, aber diesmal wenigstens auf eigene Faust. Mototaxi für 8 Schekel hin, Aussteigen, kurz verhandeln und für umgerechnet 12 Euro fahren wir zwei eine Stunde Buggy durch die Gegend - was ein Spaß. Für Touritrottel und Co. kostet die identische Tour inkl. Gruppenzwang bei GetyourGuide und Co. übrigens ziemlich exakt 400% mehr, soviel zum Thema schöne neue Internetwelt.

    Trotz Überrollbügel darf der liebe Thomas leider nicht ans Steuer, wohl auch besser so. Sand-Boarding und Co. stehen freilich auch auf dem Programm, jede Disziplin wird gekonnt gemeistert, allerdings wirft uns der Sand in allen Ritzen der Klamotten waschtechnisch um Wochen in der Planung zurück.

    Der grüne Haken hinter dem Sunset folgt zwei Stunden später, dazwischen verhagelt nur kurz der Erstkontakt zur Inka Cola (made by Coca Cola) die Stimmung. Bäh, was eine Plörre.

    Damit genug für heute. Mototaxi zurück ins Stadtzentrum, Pizza auf die Hand, brav beim Herbergsvater klingeln und um Einlass bitten, mitgebrachten Sandkasten in der Dusche entleeren und die letzte Nacht im Jahr 2023 ausklingen lassen.

    Und... ein weiterer Treffer im Topspirl Warmwasser vs. Kaltwasser. 3:0 für den heißblütigen Titelanwärter, das sieht doch gut aus - ein Segen nach so einem Tag.
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  • Day 8

    Feliz año nuevo - Happy New Year!

    December 31, 2023 in Peru ⋅ ⛅ 20 °C

    Bevor wir uns dem ganzen Jahreswechselquatsch widmen, News und Neuigkeiten aus dem peruanischen Alltag.

    Man sollte sich schnell daran gewöhnen, dass Hotels und Co. nicht einfach zugänglich sind. Nein, die Türen sind versperrt und werden erst geöffnet, wenn Herbergsmama und Papa sich davon überzeugt haben, dass vor den heiligen Toren der Unterkunft auch brave Mädels und Jungs stehen. Das gleiche Prozedere auch umgekehrt wenn man raus will. Safety First und harte Türen. Grundlos? Sicher nicht. Zumindest in den einschlägigen Foren für Backpacker und Co. sind Einträge und Warnungen vor Überfällen und Ripp-Offs leider immer noch relativ häufig - selbst am hellichten Tag und in stark frequentierten und eigentlich sicheren Touri-Spaces. Hoffen wir für uns zwei einfach mal das Beste.

    Das Frühstück im Hotel ist mager, südamerikanischer Standard. Da wir eh nur die Zeit bis zum Abend überbrücken und uns planerisch um die nächsten Tage kümmern, ist es egal.

    Ica selbst erweist sich bei der Stadtbesichtigung als ziemlicher Moloch. So sehr die Gegend um den unvermeidbaren Plaza de Armas auch gefällt, so düster wird es schnell rund einen Kilometer weiter in allen Himmelsrichtungen.

    Widmen wir uns also dem Beobachten der Silvestervorbereitungen, denn Stadt und Mensch hüllt sich hierbei recht euphorisch in gelb. Das sieht nicht nur komisch aus, sondern ist es auch - spätestens dann wenn die kleinen Peruaner besonderen Wert auf gelbe Unterwäsche legen.

    Wir flüchten uns derweil zur Abwechslung zum Asiaten und sterben wenig später fast an Völlerei. Natürlich hätte uns der Kellner freundlich daraufhinweisen können, dass jedes Essen auf zwei Personmengen ausgelegt ist - hat er aber nicht und wir blicken auf einen Tisch, der Futter bis Ende Januar enthält. Drecksack. Hätten wir zu seiner Entschuldigung aber mit Touris auf der Wiesn auch nicht anders gemacht.

    Vokabel(n) des Tages:

    Zum mitnehmen bitte: por favor llévate
    Plastikggabel: Tenedor de plástico

    Weil eh schon Alles egal ist, greifen wir im Anschluss bereits zum zweiten Mal seit Reisebeginn auf den rettenden Anker Alkohol zurück. Langsam gewöhne ich mich daran, zumal die 2für1 Promos perfekt und gleichzeitig günstig die Zeit bis 0 Uhr überbrücken. Während sich in Deutschland nämlich bereits die großen Straßenschlachten zwischen Scum und Polizei dem Ende nähern, hinken wir hier ja glatte sechs Stunden hinterher.

    Am Ende wird der Silvesterabend dann trotzdem nicht ganz so, wie gedacht. Entgegen aller (meiner) Logik versammelt sich die Stadtbevölkerung nicht im Zentrum, sondern zieht kolonneweise in die Vororte. Nachdem wir uns dieser Pilgerreise anfänglich noch anschließen, wird die Angelegenheit irgendwann undurchsichtig und risikoreich. Spätestens als uns dann der erste Ladenbesitzer recht eindringlich dazu auffordert, besser den Rückwärtsgang einzulegen, siegt dann auch wieder die Vernunft. Mit Verlust von Handy, Geldbeutel und mehr sollte 2024 nicht eingeläutet werden.

    So stehen wir pünktlich zum Korkenknall ohne Korken auf der Dachterasse unseres Hostals. Zu zweit, leicht angepisst und trotzdem glücklich. Kann vermutlich auch nicht jedes Ehepaar nach 15 Jahren Ehe von sich behaupten. Und während alle Peruaner um uns 12 Weintrauben für zwölf gesunde und erfolgreiche Monate im Jahr 2024 futtern, ziehen wir uns einfach die Decke über den Kopf.
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  • Day 9

    Botschaften an den Himmel.

    January 1 in Peru ⋅ ☀️ 26 °C

    Nö, die christliche Kirche hat mich nicht wieder in ihrer Knechtschaft, aber rituell und gläubig wird es die nächsten zwei Tage vermutlich trotzdem - die Nazca-Linien warten auf unseren Überflug.

    Bevor wir also in einen rostigen alten peruanischen Propeller-Seelenflieger steigen können, folgt der Reisestep Ica - Nazca. Natürlich wieder per Bus, natürlich wieder Vorab-gebucht, nur diesmal nicht mit Peru-Bus, sondern mit Cruz del Sur - bereits als gut empfunden bei unserem "vor-Corona" Sabbatical in Chile und holy Argentina.

    In Absprache mit der emotionslosen Herbergsmama wird der CheckOut um ein paar Stunden verlängert, ist hier nicht wie in Deutschland ein mittleres Drama. Wozu auch, wenn von der 15-Zimmer Butze eh 2/3 dauerhaft leer stehen. Hektisch wird es eigentlich nur kurz beim Bezahlen, denn das mobile Kartenlesegerät will nicht so, wie es die Chefin gerne hätte. Und ich will meine Bargeldreserven und schon gar keinen Dollar-Notbestand anknabbern. Also gib mal her das Ding, kann ja nicht so schwer sein.

    Ist es natürlich auch nicht und die Norwegian liefert wie immer sauber ab. Tatsächlich aktuell eine der besten Reisekreditkarten der Welt - kostenlos, kein Auslandsentgelt, weltweit gebührenfreies Abheben und jeder noch so kleine Umsatz ist sofort in der App abrufbar. War da mal was mit DKB und Miles&More? Kein Sex mit der Ex.

    Seat 1 und 2 Obergeschoss im Cruz del Sur Bomber nimmt uns wenig später in Empfang, Lissy verpennt die paar Stunden bis Nazcar professionell wie immer, ich scheitere am spanischen Cinema-Angebot und futtere zwei Packungen Zwieback. Warum? Kann man sich ja denken. Ein Hoch auf Trockenfutter und Kohletabletten, dann haben wir dieses Thema für diese Reise hoffentlich bald abgearbeitet.

    Vokabel des Tages: Baño (Toilette).

    Am Busbahnhof Nazca holt uns der Herbergspapa der nächsten drei Nächte wie vereinbart ab. Sein Auto hat keine Türgriffe mehr, aber irgendeine Lösung findet sich hier immer. Danach kurzer Fußritt durch die Stadt zum... Hurra... Plaza de Armas. Auf Abwechslung stehen die hier nicht.

    Wegen Neujahr haben die meisten Kneipen geschlossen, gegenüber vom Busbahnhof findet sich noch eine Restobar, die optisch überzeugt. Die Pizza schmeckt dann auch ganz ordentlich, aber nur bis zu dem Zeitpunkt als Lissy dem Chillispender am Tisch etwas mehr Aufmerksamkeit schenkt. Bewundernswert wie viel Kleingetier in so einem kleinen Glas herumkrabbeln kann - da haben sich ganze Generationen von Filzläusen und Co. erfolgreich fortgepflanzt. Richtig erkannt, das ist exakt der Moment, sehr schnell das Weite zu suchen.

    Vokabel des Abends: ¡Qué asco! = Pfui Deifel!
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  • Day 10

    Über den Wolken...

    January 2 in Peru ⋅ ☀️ 24 °C

    ... muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.

    Davor steht eine Nacht. Und was für eine. Nun könnte ich schreiben, dass ich mit Lissy das dicke goldene Buch des Kamasutra vollständig abgearbeitet habe, aber - nope, krasser Szenenwechsel.

    Wenn streunende Hunde in Südamerika ein grundsätzliches Problem sind, dann dürfte hier in Nazca sowas wie der Köter-Urknall des Universums stattgefunden haben. Das ist tagsüber vielleicht noch witzig und erträglich, zu nachtschlafender Stunde erinnert das Szenario aber eher an eine Episode "Verstehen sie Spaß?".

    Tatsächlich haben wir die erste Unterkunft unserer Reise in einem Safe Space und versuchen sogar mit offenem Fenster im first floor zu schlafen, aber ich fühle mich wie im Hundezwinger des örtlichen (eh nicht existenten) Tierheims. Da bellt groß, klein, dick, dünn, alt, jung und wahrscheinlich noch der kürzlich verstorbene Geist des örtlichen Straßenköters durch die dunkle Nacht, bevor ohne Unterbrechung fucking Hähne zum Morgenrot das Kommando übernehmen. Boah, ein Königreich für eine Schrottflinte.

    Vokabel des Tages: Alboroto (Amoklauf)

    Eher mies gelaunt geht es also zum Regional-Airport 5km außerhalb. Online bei den Touranbietern pendelt die Rate für den Überflug der Nazca-Lines bei ungefähr 110 Euro, der Herbergspapa macht es für 80 Dollar each. Dazu noch Touristfee und Flughafensteuer und man geht mit einem glatten Hunni an Board.

    Lonely Planet meint dazu: "bitte wählen Sie nicht den günstigsten Anbieter, sondern eine renommierte Fluggesellschaft", als würde das hier tatsächlich einen erkennbaren Vorteil mit sich bringen. Die +30 Minuten wird der Vogel schon noch durchhalten.

    Lustiger Funfact - am Airport wird man tatsächlich ganz altbacken gewogen. Ab 100kg/Person wird es dann langsam ungemütlich oder es bleiben entsprechende Plätze im Vogel frei. Adipositas ist auf jeden Fall eher Feind als Freund.

    Warum auch immer, oder vielleicht weil wir wirklich eine Company unter aller Sau gewählt haben - wir ziehen den Schell'n-König und dürfen in 'nen zwei Passagiere Bomber. Also mal wieder Private-Tour in der (vom Piloten) liebevoll benannten Mini-Cessna. Fliegender Sarg klingt ja auch eher suboptimal.

    Ab in die holprige Luft. Lissy wechselt innerhalb von zwei Minuten die Farbe von rot auf weiß, genießt den wackeligen Flug also sichtlich uneingeschränkt. Direkt gut geht es mir auch nicht, aber ich arbeite mich durch die insgesamt vierzehn Figuren und so eine sprachlose Ehefrau hat ja auchmal was. Immerhin atmet sie noch, die Überlebenschancen könnten angesichts der Gesamtsituation deutlich schlechter sein.

    Zurück auf festem Boden gibt es Wasser, Schatten und ein Klo. Und die zufriedenstellende Erkenntnis der perfekten Planung und Durchführung.
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  • Day 11

    Steuerproblematiken

    January 3 in Peru ⋅ ☁️ 23 °C

    Die Thematik kennt Uli H. in Deutschland sehr gut, ist indirekt aber auch hier in Südamerika ein Thema. Also nicht in der Form, dass ich ein kleiner dicker Drecksack vom Tegernsee bin, sondern weil die peruanische Regierung hier Steuergeschenke an Touristen verteilt, die gar nicht so einfach in Anspruch zu nehmen sind.

    Um den Tourismus nach Covid wieder anzukurbeln, sind wir als Reisende aus dem Ausland bei Hotelübernachtungen und Co. aktuell nämlich von 18% Mehrwertsteuer befreit. Aber sag das mal Booking, wenn Du im peruanischen Wlan oder mit einer peruanischen Sim-Card Deine Buchungen tätigst. So geht es per VPN auf dem Handy zurück auf einen europäischen Server, nur um dann eine Fake-Buchung aus dem Ausland zu simulieren. Der ganz normale Wahnsinn im Reisezeitalter 2023/2024 nach Christus. Aber man nimmt, was man kriegt - macht der arme am Hungertuch nagende Bauer in Deutschland ja auch.

    Vokabel bzw. Satz des Tages:
    El mundo es injusto - Die Welt ist ungerecht.

    Wie auch immer, solche Tage gibt es auf längeren Spontanreisen - Du musst Dich um Dein weiteres Vorankommen kümmern, Touren, Guides und Co. für die nächsten Tage klarmachen und... zwei neue Sonnenbrillen kaufen, weil ich meine natürlich erfolgreich irgendwo versenkt habe und die von Lissy zerbrochen ist. Das Problem ist schnell gefixt und der erste Straßenhändler verkauft originale Ray-Ban, Esprit und Adidas für umgerechnet 'nen glatten 5'er. Zuschlag und HighFive. Mit etwas Mühe finde ich hier sicher auch so Casual-Dreck wie Stone Island oder Unfair Athletics.

    Sightseeing gibt es heute nur Im Miniformat, ein kleines Aquädukt etwas außerhalb der Stadt. Natürlich gibt es dafür angebotene Touritouren in Großgruppen, will ich aber nicht - also irgendwo für eine Stunde einen Fahrer mit entsprechender Wartezeit klarmachen. Virtueller Fußtritt an mich selbst - Du Arschloch hättest mal früh genug etwas spanisch lernen können.

    Etwas später hat man seinen kulturellen Hintergrund erweitert und stapft wieder durch die Innenstadt. Lissy schenkt beim Nachladen der Claro Sim irgendeinem Peruaner 20 Sol, weil eine 0 in der Handynummer leider keine 8 ist oder wird. Aber gerne doch. Nicht.

    Viel stressiger wird es zeitgleich mit Cruz del Sur, denn Murphy's law schlägt unweigerlich und treffsicher zu. Während des gesamten Peru-Aufenthaltes haben wir eine einzige lange Nachtbusfahrt über +10 Stunden und natürlich wird exakt diese vom Busunternehmen lapidar per Mail gecancelt. Na danke, knapp 600km zwischen Nazca und Arequipa in der kommenden Nacht ohne Transportmöglichkeit.

    Per Pedes mit leichter Aggression also zum Busterminal, wo sich das Jalala überraschenderweise aber arg in Grenzen hält. Fixe und problemlose Umbuchung auf einen früheren Bus ab Mitternacht, keine weiteren Zusatzkosten. Die deutsche Beamtenseele atmet einmal tief durch, auch wenn mich der Verlust der ersten Sitzreihe im OG wirklich schmerzt.

    An dieser Stelle endet der Tag eigentlich mit dem gemütlichen Zustieg in den Nachtbus. Davor überrascht Unterkunft Nummero 4 aber mit einem Umstand, den ich so nicht erwartet hätte - ich stehe eingeseift unter der Dusche und es gibt nur noch... heißes Wasser. Hallo? Kalt duschen ist unangenehm, okay. Aber wenn aus dem Duschkopf nur noch brühwarmes Wasserkocherwasser rauscht, hat man tatsächlich ein Problem. Sieht der Herbergspapa übrigens auch so und ich darf kurzerhand im bewohnten Nachbarzimmer weiterduschen, das sieht man hier in Peru nicht ganz so eng. Dort besteht zwar exakt das gleiche Problem, aber ich habe einen strategischen Wissensvorteil und nutze das bisserl erträgliche Restwasser in der Leitung. Wow, das war knapp.

    Wenig später beim Auschecken erklärt uns der Chef dann den Hergang. Wasser ist hier in dieser Wüstengegend ein rares Hab und Gut, es gibt quasi keine Regentage. Die örtliche Wasserversorgung wird daher minimiert und auf eine Stunde pro Tag begrenzt. In dieser Zeit werden die Tanks bestmöglich gefüllt und ggf. Wasser zugekauft. Ist dann Schicht im Schacht, in meinem Fall vom Kaltwassertank, brennt es Dir eben alle Hautfetzen weg. Wir sind hier ja nicht bei "Wünsch-Dir-was", sondern bei "ist-so".

    Die Köter der Straße hinterlassen mir ebenfalls noch ein nettes Abschiedsgeschenk und ich knalle kurz vor Mitternacht in den größten Hundehaufen der Stadt. So richtig schön in die letzte Sohlenritze der Trekkingschuhe quillt der Baz'. Was für eine Freude, mit einem Plastiklöffel bewaffnet auf dem öffentlichen Scheißhaus von Cruz del Sur den Mist sprichwörtlich wieder auszulöffeln und rauszukratzen.

    Vokabeln / Satz des Abends:

    cocina de huevos - Eierkocher

    tienes mierda en tu zapato, tienes mierda en tu zapato - haste Scheiße am Schuh, haste Scheiße am Schuh

    Guten Schlaf im 1/2 stündig-verspäteten Nachtbus.
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  • Day 12

    Atemlos durch die peruanische Nacht...

    January 4 in Peru ⋅ ☁️ 15 °C

    ... bis man in Arequipa erwacht. Das ist dann wie fliegen in der Business, wenn man die paar Schekel Aufpreis in Kauf nimmt und von der Holzklasse (Semi Cama) in die Salon Cama bzw. Cama Suite wechselt. Liegesitz, Fußablage, Klima, Ruhe, beleuchteter Sternenhimmel, Entertainment, USB und insgesamt nur 11 weitere Mitreisende im abgeschotteten Abteil. Für Menschenhasser wie mich ideal - i love it.

    Südamerikanische Großstädte sind ja meist nicht so der Burner, Arequipa ist die erste Ausnahme unserer Tour. Die Innenstadt zählt zum UNESCO Weltkulturerbe, die Stadt ist zu großen Teilen aus weißem Vulkanstein gebaut (Sillar), Drumherum gibt es massenhaft lohnenswerte Tagestouren. Dann mal los.

    Zuerst allerdings stehen wir vor einer verriegelten Casa. Die Tür öffnet sich erst nach WhatsApp-Kontakt, aber nicht weil wir vergessen wurden, sondern weil kein Mensch die Klingel hört - das Gebäude ist gerade ohne Strom. Pffff. Es gibt Schlimmeres. Schon mal mit heißem Wasser geduscht?

    Dafür ist die Wahl der Casa diesmal ein Volltreffer. Grüner Innenhof, eigene Obstplantage, ruhiges Zimmer, erstmals brauchbares Wlan und blitzblankes Umfeld. So interessant das "echte" Peru auch immer ist, nach der ersten diesbezüglich etwas holprigen Woche tut das auch mal gut.

    Ab zur Nahrungsaufnahme, ich könnte mich in das umfangreiche Angebot von vegetarischem Zeug langsam reinlegen und werde zum größten Avocado-Freund der Welt. Der Currywurstgott im Himmel eines österreichischen Gastronomieunternehmens mit türkischen Wurzeln möge es mir verzeihen.

    Unsere ungezwungene Teilnahme an einer Free Walking Tour durch Arequipa beenden wir nach nicht einmal zwei Minuten, weil der Guide noch schlechteres Englisch spricht, als ich Spanisch. Kein Wunder, dass der nur von freiwilligen Spenden lebt und nicht im Voraus Geld für seinen Schmarrn und sein Genuschle verlangen kann. Aber keine Angst, den Innenstadtbereich schaffen wir auch alleine.

    Bewaffnet mit Coca-Candys zur Vorbeugung gegen Höhenkrankheit geht es back to homebase. Arequipa dient bei 2335 Meter zur Akklimatisierung, in ein paar Tagen wird am Colca Canyon zumindest kurzfristig ein Punkt von 4900 Metern gerissen. Da wird es dann schon sportlich für den durchschnittlichen deutschen Bundesbürgerschädel und das Zeug soll helfen, wenngleich auch grausam schmecken. Ich werde berichten.

    Turnschuhe will ich mir eigentlich seit Tagen auch kaufen, aber Größe 45 stellt die kleinen dicken Indios hier vor unüberwindbare Probleme. Aber T-Shirts bis Größe XXL können sie verkaufen, daran scheitert es nicht. Beschissene verfettete Zwergenwelt.

    Vokabel des Tages: entfällt. Für heute genug gelernt.
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  • Day 13

    Bob der Baumeister

    January 5 in Peru ⋅ ☁️ 15 °C

    Ja, der gute Bob hätte hier in Südamerika tatsächlich Spaß und eine Menge Arbeit. Er müsste allerdings auf Klempner umschulen, denn diesmal ist es die Klospülung, die ihren Dienst versagt. Man lernt mit solchen Kleinigkeiten mittlerweile entspannt umzugehen.

    Nicht ganz so entspannt ist nach wie vor das Thema Machu Picchu Tickets. Im Regelfall Monate vorher bereits ausverkauft, gibt es aktuell für die kommenden Tage im Januar schlichtweg keinen regulären Kartenvorverkauf. Die Direktorin des Kultusmisteriums ist von ihrem Amt zurückgetreten und deshalb wurde der Verkauf vorübergehend gestoppt. Die Tourimeute vor Ort kotzt ab, Team Schuster hat bei einem Ticketprovider reserviert und dafür zusätzliche Kosten in Höhe von 15 Dollar pro Person investiert. Selten haben mich anfänglich unnötige Mehrausgaben besser entspannt.

    Ab in den Tag. Der Herbergspapa fährt gegen sieben die Geräte der Outdoorküche im Garten hoch und kocht, als gäbe es kein Morgen. Die große Suppenschüssel mit Einlage können wir noch abwehren, die Arepa mit venezualischem Hintergrund nicht. Da sitzt er also der arme Europäer und stopft sich zum Frühstück deftige Maismehlfladen mit Käse, Chicken und Gemüse in den Mund. Kombiniert mit dem folgenden Obstteller und dem gemixten Erdbeersmoothie wird das zur gefährlichen Mischung, eigentlich sprechen wir von einem darmtechnischen Mordanschlag.

    Vokabel des Tages:
    laxante natural - natürliches Abführmittel

    Mit etwas Zeitverzögerung geht es danach nochmal zum Busterminal. Mein nervöses und grundsätzlich skeptisches inneres Ich signalisiert mir Probleme mit der nächsten Busbuchung von Arequipa nach Puno, zumindest lassen die Internetbewertungen der Buscompany Schlimmes erahnen, die Fahrt ist Online nicht mehr buchbar und ich weiß eigentlich selber nicht mehr, wie und wo ich auf Pacifico del Sur überhaupt gestoßen bin. Viel mehr als ein kleines Klappstuhl-Büro findet sich dann im Terminal auch nicht, aber zumindest wird uns die planmäßige Fahrt kommenden Dienstag erneut bestätigt. Glaube ich zwar immer noch nicht, aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

    Am Nachmittag gibt es dann das, was man grundsätzlich immer verhindern sollte. Touri-Gruppendebakel zum örtlichen Naturschauspiel der Sillar-Abbaugebiete und Steinbrüche. Kostet natürlich nur den berühmten Appel und Ei (7,50 Euro pro Person), aber nervt im Rahmen einer vierstündigen Selfie- und Influencertour trotzdem kolossial. Aber dafür umgekehrt eine private Tour bzw. einen eigenen Mietwagen steht in keinem Verhältnis. Nun gut, verbringen wir die Zeit halt damit, immer möglichst weit weg von der Gruppe zu sein - gelingt auch ganz gut, denn wir sind die einzigen Teilnehmer ohne südamerikanischen Hintergrund. So oder so - gebt mir in solchen Stunden eine Kalaschnikow und ich werde sie benutzen. Teambuildung und Empathie? Können wir.

    Der Abend endet so, wie praktisch jeder Tag seit Reisebeginn - mit kulinarischen Köstlichkeiten der Extraklasse. Peru beheimatet übrigens das beste Restaurant der Welt 2023. Nicht von ungefähr.

    Buenas Noches.
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  • Day 14

    Alle guten Dinge sind Drei.

    January 6 in Peru ⋅ ☁️ 15 °C

    So, genug gefaulenzt. Um 4 klingelt der Wecker, um 5 steht ein anfänglich eher miesgelaunter Fahrer/Guide vor der Tür, der selbst nicht versteht, wieso er um diese ungewöhnliche Uhrzeit die Halbtagestour zur Las Salinas Lagune starten soll. Kann ich ihm sagen, jetzt schalten wir nämlich mal einen Gang hoch und genehmigen uns heute/morgen zwei Privattouren durch ein erstmals kaltes Peru.

    "Wer zoihd, schafft o!" und deshalb ballern wir endlich mal im Thomas-Reisetempo durch die Gegend. Wohlgemerkt bei 6°C und erstmals mit langer Hose. Das mir das bitte nicht zur Regel wird.

    Eine einfache Aufgabenstellung. Wir sind die Ersten am Ort des Geschehens und ein paar Stunden später ebenfalls die Ersten, die die Gegend wieder verlassen, bevor die Kleinbus-Affen um die Ecke biegen.

    Let's go - das zumindest könnte mal jemand unserem Casa-Chef sagen. Wir erinnern uns. Peru + Hotel = Prison und Du kommst nur raus, wenn Dir jemand die Tür aufsperrt. So trennt und ein fieses Gitter von der Abfahrt und ein nachtschlafendes Umfeld, ist ja nicht so als hätten wir am Abend zuvor nicht rechtzeitig Bescheid gegeben.

    Also Klingeln und Anrufen abwechselnd im Sekundentakt und als dann endgültig alle anderen Gäste der Casa hellwach gewesen sein dürften, dackelt auch der Hausherr im Schlafanzug um die Ecke. Wenn die Generalprobe misslingt, ist die Premiere eine Bombe - die morgige Tour startet um 2 Uhr Früh. Wir sollten über elektronische Fußfesseln mit Elektroschocker nachdenken.

    Vokabel / Satz des Tages:

    mantén la calma - ruhig bleiben

    Immerhin, die anfänglich angespannte Situation lockert sich nach dem Start recht schnell, der Guide entpuppt sich als fähiger Wegbegleiter und fährt zeitgleich auch noch wie die Sau. Letzters ist dabei, vom Zeitgewinn abgesehen, gar nicht unbedingt ein riesiger Vorteil, denn - Scheiß auf Akklimatisierung - wir ballern in den nächsten Zwei Stunden mal schnell um 2,5km Höhe auf 4.800 Meter über dem Meeresspiegel hoch. Also rein mit Coca-Candys und Coca-Tee in den debilen Schädel, wird schon gutgehen.

    Tut es auch und passend zu den Klängen von "Heaven is a Place on Earth" von Belinda Carlisle cruisen wir durch den Sonnenaufgang in Richtung Salzsee und das Naturwunder der drei Vulkanprotagonisten von El Chachani, el Pichu Pichu und el Misti.

    Es gibt so Tage, da passt Arsch einfach auf Eimer. Das ist heute der Fall - wir sind bei Ankunft die einzigen beiden Touristen im gesamten Lagunen- Bereich, haben also über Stunden das komplette Areal, Naturschauspiel und die Tierwelt für uns, bevor wir exakt in dem Moment wieder in den Jeep steigen, als der erste reguläre Touribus am Horizont erstrahlt. Vorher werden natürlich noch alle anwesenden Vögel, Flamingos und Vikunjas vertrieben. You get, what you paid for.

    Ein mehr oder weniger perfekter Urlaubstag endet so bereits am frühen Nachmittag. Auch wenn's ohne Schädelweh funktioniert, so ein Hin- und Her zwischen den Höhen schlaucht tatsächlich. Vermutlich würde sich mein Laufpace hier annähernd verdoppeln. Wie auch immer - Team Schuster lässt die Arbeit ruh'n und freut sich auf den Afternoon. Bisserl Kraft tanken bei Netflix und Vorschlafen für den Folgetag. Da wird es mit roundabout 12 bis 14 Stunden nämlich doppelt so lang.
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  • Day 15

    Kondor, grüß mir die Sonne.

    January 7 in Peru ⋅ ☁️ 15 °C

    Kaum dreht man sich ein paar mal um, schon sind zwei Wochen Urlaub vorbei. Bleiben noch ca. zehn, damit kann man arbeiten.

    2 Uhr ist tatsächlich eine fiese Abfahrtszeit. Aber hilft nix, wenn man zu einer vernünftigen Zeit am Colca Canyon sein will und zusätzlich Andenkondore knipsen will. Einerseits schlägt die One Way Anreise schon mit vier Stunden zu Buche, andererseits nutzen die Kondore nur die Vormittagswinde um an der Aussichtsplattform anzudocken.

    Trotzdem übertreiben wir es mit unserem Eifer, denn wir stehen um 5.30 Uhr am Colca. Da fahren die typischen Kleingruppen in 200km Entfernung gerade erst los. Gut für die aufgehende Sonne und den Emerit in einem selbst, schlecht deshalb, weil sogar der Andenkondor zu dieser Zeit noch schläft. Entsprechend mies ist meine Laune, so sehr ich Tierfotografie mag, so wenig mag ich warten auf das Ungewisse. Schlappe zwei Stunden später ist das blöde Vieh dann endlich im Kasten. Die erste Sichtung habe ich verpasst, weil ich für kleine Jungs war. Ich Depp. Aber wenn auch mit leichter Verspätung - Tagesaufgabe erfüllt, wir können dann wieder fahren.

    Machen wir natürlich nicht, denn der Colca ist die erwartete Naturbombe. Und tief. So tief, dass selbst der olle Onkel aus Amerika (Grand Canyon) von Rang zwei der Weltliga verdrängt wird. An Nepal und dem Kali Gandaki führt aber kein Weg vorbei. Hurra, Vizemeister. Interessiert mich freilich nicht die Bohne, aber ein bisserl Wikipedia-Klugscheißerei erweitert den Horizont.

    Kann und muss man nicht beschreiben, muss man selber sehen - alleine der Panoramablick am Mirador De Los Volcanes auf die umliegenden Vulkane der Arequipagegend, bei denen der Ubinas seit Mitte 2023 auch noch Aktiv ist und Staubwolken aufsteigen ist famos.

    Leider liegt das famose Erlebnis allerdings auf einer Höhe von 4.910 Metern und damit nicht wirklich im kopfverträglichen Bereich eines bayerischen Besuchers. So viel Coca-Tee kann man gar nicht saufen, dass einem hier nicht gehörig der Schädel dröhnt und Lissy streicht so innerhalb von wenigen Minuten restlos die Segel. Da steht also meine kleine bessere Hälfte und kotzt die Pampa voll. Was uns nicht umbringt, macht uns hart. Davon abgesehen war meine bessere Hälfte heute aber überhaupt ein Problembär, der sich auch noch beim Fotografieren eines Kaktus die Tatze akupunktiert. Wer sich fragt, warum wir keine Kinder haben. Darum!

    Am Ende stehen satte 15 Stunden Ausflugszeit im Notizbuch. Wovon sich jede Minute gelohnt hat. Ganz nebenbei habe ich an diesem Ende der Welt tatsächlich die ersten beiden Cola-Dosen in Peru gefunden. Also natürlich nicht im Colca, sondern am sprichwörtlichen Arsch der Welt in einer Verkaufsbutze. Was eine Wohltat gegenüber dem Gesöff aus lauwarmen Plastikflaschen. Kosten zwar das Doppelte uns sind vermutlich aus dem Jahre 1987, aber... siehe oben - was uns nicht umbringt, macht uns hart.

    Vokabel des Tages:

    dolor de cabeza - Kopfschmerzen
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