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- Dec 4, 2023, 8:33am
- ☁️ 19 °C
- Altitude: 127 m
- New ZealandAucklandWaikoropupu Stream35°13’45” S 173°39’50” E
Auf abenteuerlichen Pfaden
December 4, 2023 in New Zealand ⋅ ☁️ 19 °C
Gerädert wachen wir auf. Immerhin, die Opossums, die hier eine richtige Plage sind, haben uns in Ruhe gelassen. Der befürchtete Überfall auf unsere Vorräte ist ausgeblieben. Es nieselt noch ein bisschen und wir schlagen uns in nassen Sachen weiter durch den Wald. Der Weg führt steil hinab und unsere Schuhe versinken schmatzend im Schlamm. Völlig verdreckt erreichen wir den Fluss. Hier werden wir reingewaschen, denn ab jetzt geht’s 4 Kilometer durchs Wasser. Wir waten von Ufer zu Ufer. Es geht nur langsam voran, doch wir genießen den Ausblick. Die Schlucht ist mit riesigen Farnen, Palmen und Kauri-Bäumen bewachsen. Unter ihren Blättern folgen wir dem Strom.
Plötzlich mündet er in einen zweiten, größeren Fluss - und wir müssen aufs andere Ufer. Das Wasser steht uns gefühlt bis zum Hals und die Strömung ist stark. Danny geht zuerst vor und schafft es gut bis ans andere Ufer. Als ich loslaufen will, zieht es mir fast die Beine weg und ich breche ab. Das ist einfach zu gefährlich und ich will nicht mit der Strömung weggetrieben werden. Außerdem habe ich Sorge um mein Handy. Denn wenn das ins Wasser fällt, tut es dieser Reiseblog ebenfalls. Das würde euch doch alle sehr traurig machen, oder😉?
Aber wie immer, wenn es nicht mehr weitergeht, hat Danny DIE ultimative Idee. Er holt erst meinen Rucksack rüber und dann mich selbst.
Da wir nicht wieder auf einem Campingplatz übernachten wollen, entschließen wir uns, etwas von der vorgegebenen Route abzuweichen und abzukürzen. Auf der Karte wird ein kleiner Weg parallel zum Fluss angezeigt. Wir finden einen zugewucherten Trampelpfad und tatsächlich auch eine alte Markierung. Es scheint der Weg auf der Karte zu sein, doch offenbar ist ihn schon lange niemand mehr gegangen. Es geht permanent auf und ab, durch Schlamm, über umgestürzte Bäume und erodierte Pfade, die extrem schmal und rutschig sind. Mehrfach müssen wir steil hinuntersteigen, um Flussarme zu überqueren. Die Brücken, die einst hier waren, sind durch starke Unwetter weggespült worden. Das ist mit unseren schweren Rucksäcken ein absoluter Kraft- und Balanceakt. Immer wieder rutsche ich aus, strauchele oder falle hin. Und wieder versinken wir knietief im Matsch. An Fotografieren ist nicht mehr zu denken.
Inzwischen habe ich richtig Angst, dass der Weg irgendwann aufhört und wir alles wieder zurückgehen müssen. Aber Stehenbleiben ist keine Option. Ich will raus. Ins Trockene. Ins Helle.
Zwischendurch checken wir immer wieder über GPS, wie weit es noch ist. Der blaue Punkt bewegt sich nur langsam vorwärts. Und dann nach einer gefühlten Ewigkeit ist es soweit: Licht am Ende des Waldtunnels!
Verdreckt wie zwei kleine Schweinchen kriechen wir aus dem Wald. Dort steht ein älteres Ehepaar und liest sich auf einem Orientierungsplan etwas durch. Sie grüßen uns freundlich und fragen, wo wir herkommen. Wir fassen unsere krassen Erlebnisse kurz zusammen und sagen, dass wir weiter nach Kerikeri müssen. Sie bieten uns sofort an, uns mitzunehmen, denn sie sind aus Kerikeri hierher gekommen, um im Fluss zu schwimmen. Wieder können wir unser Glück nicht fassen. Das Universum hat uns zwei Engel geschickt, die uns zurück in die Zivilisation bringen 🙏🏻.
Jackie und Philipp fahren uns ins Colonial House Motel, von wo aus wir zum Cape Reinga gestartet sind. Es hat fast etwas von „nach Hause kommen“. Ein Bett, eine heiße Dusche, ein Zimmer: Wir sind einfach nur glücklich und dankbar über diese Dinge, die für uns in Deutschland alltäglich sind. Dazu passt der Spruch von Tahi, dem Mãori-Busfahrer: „Happiness is wishing what you have“ - Glück ist, sich zu wünschen, was man hat.“
PS: Am nächsten Tag erfahren wir, dass noch nie ein Te Araroa-Wanderer diesen Weg genommen hat. Wir sind die Ersten.Read more