Te Araroa Trail Neuseeland

November 2023 - April 2024
“Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut.” (Pippi Langstrumpf)
- 3030 Kilometer
- 5 Monate
- 0 Erfahrung 🙈
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  • 81footprints
  • 1countries
  • 150days
  • 861photos
  • 81videos
  • 5.9kkilometers
  • 4.7kkilometers
  • 1.0kkilometers
  • Day 15

    Auf abenteuerlichen Pfaden

    December 4, 2023 in New Zealand ⋅ ☁️ 19 °C

    Gerädert wachen wir auf. Immerhin, die Opossums, die hier eine richtige Plage sind, haben uns in Ruhe gelassen. Der befürchtete Überfall auf unsere Vorräte ist ausgeblieben. Es nieselt noch ein bisschen und wir schlagen uns in nassen Sachen weiter durch den Wald. Der Weg führt steil hinab und unsere Schuhe versinken schmatzend im Schlamm. Völlig verdreckt erreichen wir den Fluss. Hier werden wir reingewaschen, denn ab jetzt geht’s 4 Kilometer durchs Wasser. Wir waten von Ufer zu Ufer. Es geht nur langsam voran, doch wir genießen den Ausblick. Die Schlucht ist mit riesigen Farnen, Palmen und Kauri-Bäumen bewachsen. Unter ihren Blättern folgen wir dem Strom.

    Plötzlich mündet er in einen zweiten, größeren Fluss - und wir müssen aufs andere Ufer. Das Wasser steht uns gefühlt bis zum Hals und die Strömung ist stark. Danny geht zuerst vor und schafft es gut bis ans andere Ufer. Als ich loslaufen will, zieht es mir fast die Beine weg und ich breche ab. Das ist einfach zu gefährlich und ich will nicht mit der Strömung weggetrieben werden. Außerdem habe ich Sorge um mein Handy. Denn wenn das ins Wasser fällt, tut es dieser Reiseblog ebenfalls. Das würde euch doch alle sehr traurig machen, oder😉?

    Aber wie immer, wenn es nicht mehr weitergeht, hat Danny DIE ultimative Idee. Er holt erst meinen Rucksack rüber und dann mich selbst.

    Da wir nicht wieder auf einem Campingplatz übernachten wollen, entschließen wir uns, etwas von der vorgegebenen Route abzuweichen und abzukürzen. Auf der Karte wird ein kleiner Weg parallel zum Fluss angezeigt. Wir finden einen zugewucherten Trampelpfad und tatsächlich auch eine alte Markierung. Es scheint der Weg auf der Karte zu sein, doch offenbar ist ihn schon lange niemand mehr gegangen. Es geht permanent auf und ab, durch Schlamm, über umgestürzte Bäume und erodierte Pfade, die extrem schmal und rutschig sind. Mehrfach müssen wir steil hinuntersteigen, um Flussarme zu überqueren. Die Brücken, die einst hier waren, sind durch starke Unwetter weggespült worden. Das ist mit unseren schweren Rucksäcken ein absoluter Kraft- und Balanceakt. Immer wieder rutsche ich aus, strauchele oder falle hin. Und wieder versinken wir knietief im Matsch. An Fotografieren ist nicht mehr zu denken.

    Inzwischen habe ich richtig Angst, dass der Weg irgendwann aufhört und wir alles wieder zurückgehen müssen. Aber Stehenbleiben ist keine Option. Ich will raus. Ins Trockene. Ins Helle.

    Zwischendurch checken wir immer wieder über GPS, wie weit es noch ist. Der blaue Punkt bewegt sich nur langsam vorwärts. Und dann nach einer gefühlten Ewigkeit ist es soweit: Licht am Ende des Waldtunnels!

    Verdreckt wie zwei kleine Schweinchen kriechen wir aus dem Wald. Dort steht ein älteres Ehepaar und liest sich auf einem Orientierungsplan etwas durch. Sie grüßen uns freundlich und fragen, wo wir herkommen. Wir fassen unsere krassen Erlebnisse kurz zusammen und sagen, dass wir weiter nach Kerikeri müssen. Sie bieten uns sofort an, uns mitzunehmen, denn sie sind aus Kerikeri hierher gekommen, um im Fluss zu schwimmen. Wieder können wir unser Glück nicht fassen. Das Universum hat uns zwei Engel geschickt, die uns zurück in die Zivilisation bringen 🙏🏻.

    Jackie und Philipp fahren uns ins Colonial House Motel, von wo aus wir zum Cape Reinga gestartet sind. Es hat fast etwas von „nach Hause kommen“. Ein Bett, eine heiße Dusche, ein Zimmer: Wir sind einfach nur glücklich und dankbar über diese Dinge, die für uns in Deutschland alltäglich sind. Dazu passt der Spruch von Tahi, dem Mãori-Busfahrer: „Happiness is wishing what you have“ - Glück ist, sich zu wünschen, was man hat.“

    PS: Am nächsten Tag erfahren wir, dass noch nie ein Te Araroa-Wanderer diesen Weg genommen hat. Wir sind die Ersten.
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  • Day 17

    Verliebt in Kerikeri ❤️

    December 6, 2023 in New Zealand ⋅ ⛅ 22 °C

    Nach den Strapazen und Abenteuern der letzten Tage verbringen wir zwei sogenannte „Rest Days“, also Ausruhtage, in Kerikeri. Wir sind einfach nur verliebt in dieses kleine Städtchen, das ein ganz besonderes Flair hat. Hier haben übrigens die ersten Begegnungen zwischen Mãori und Europäern stattgefunden mit weitreichenden Konsequenzen für alle, die Neuseeland ihre Heimat nennen. Von hier aus begann die Christianisierung des Landes. Heute wirkt Kerikeri sehr friedlich, einladend und entspannend. Alles ist nah beieinander und fußläufig zu erreichen. Wenn man Ruhe will, geht man einfach in den nahegelegenen Kororipo Heritage Park und schaut am Flußufer den Enten, Schwänen und Gänsen zu. Oder man beobachtet die Cricket-Spieler auf den Wiesen der Stadt und versucht (erfolglos), hinter die Regeln dieses Spiels zu kommen.
    Wir nutzen unsere Ausruhtage und waschen Wäsche, kaufen ein und sortieren unsere Rucksäcke aus, denn jedes Gramm zählt und wir wollen nicht (mehr) mit unnötigem Ballast durch die Gegend laufen. Vor allem aber tun wir eins: Richtig reinhauen, denn bald geht es wieder auf den Trail und das Essen muss mühsam mitgeschleppt werden und die kulinarischen Möglichkeiten sind begrenzt. Aber wir haben einen Geheimtipp bekommen: Gefriergetrocknete Fertignahrung. Morgen werden sie testen🤤.
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  • Day 18

    Von Kerikeri nach Waitangi

    December 7, 2023 in New Zealand ⋅ ⛅ 21 °C

    Nach 2 Tagen „Nix-Tun“ fällt es uns heute Morgen schwer, wieder in die Gänge zu kommen und uns auf den Weg zu begeben. Bis zum Ausgangspunkt der Etappe von Kerikeri nach Waitangi müssen wir ein Stück Straße laufen. Es zieht sich und ist ziemlich öde. Aber das gehört auch dazu. Danach geht’s endlich in den Wald, oder dem, was davon übrig ist. Statt durch einen schattigen Waldweg laufen wir kilometerweit an abgeholzten Baumfeldern vorbei. Neuseelands Holzverbrauch ist groß, viele Häuser sind hier aus Balken, Planken und Brettern gearbeitet. Brettern tut es übrigens auch mächtig von oben: Die Sonne gibt richtig Gas und Schatten ist nicht in Sicht. So geht es über viele Kilometer auf staubigen Schotterstraßen bergauf und bergab.

    Wir machen noch einen kurzen Abstecher und laufen 500 Meter auf eine kleine Anhöhe. Dort wurde vor gut 10 Jahren das erste Teilstück des Te Araroa Trails eröffnet. Von hier oben genießen wir einen tollen Ausblick.

    Die letzten Kilometer nach Waitangi sind nochmal zäh. Die Stadt ist berühmt für die Waitangi Treaty Grounds. Am 6. Februar 1840 wurde hier das Gründungsdokument Neuseelands zwischen Leutnant-Gouverneur Hobson als Vertreter der britischen Krone und den Häuptlingen der Māori unterzeichnet. Eigentlich hätten die Mãori den Vertrag nicht unterzeichnen dürfen. Eine Fehl-Übersetzung im Vertragstext ließ sie glauben, dass sie ihre Macht über das Land behalten können. Doch das war nicht der Fall und damit der Anfang vom Ende der Herrschaft über ihr Heimatland. Geblieben ist die schöne Lage von Waitangi direkt an einer ruhigen Meeresbucht mit vorgelagerten Inseln.

    Unser Zeltplatz liegt direkt am Wasser mit Blick auf die Mangroven, welche sehr salztolerant sind. Das müssen wir heute Abend auch sein, denn es gibt gefriergetrocknetes Abendessen. Lammbraten mit Kartoffelbrei steht auf der Speisekarte. Wir kochen Wasser, reißen die Tüten auf und gießen es hinein. Einmal kräftig umrühren und fertig ist unser Gourmet-Essen. Fazit: Kann man mal essen, aber es geht nichts über ein Steak vom Grill 🥩.
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  • Day 19

    Road Walking

    December 8, 2023 in New Zealand ⋅ ⛅ 19 °C

    Der Tag fängt irgendwie nicht gut an. Unser Zelt ist mal wieder von innen und außen klatschnass. Dabei hat es nachts gar nicht geregnet. Vermutlich liegt es an unserem Liegeplatz direkt am Wasser. Oder wir schwitzen einfach zu stark. Fakt ist, wir müssen für mehr Belüftung sorgen.

    Nach dem Frühstück - immerhin an einem Tisch mit Holzbank - packen wir unsere Sachen zusammen. Wir brauchen dafür immer noch mindestens 2 Stunden. Heute werden wir zusätzlich aufgehalten, denn die Langzeitcamper sind auf uns aufmerksam geworden und wir wecken ihr Interesse. Neugierig fragen sie uns aus. Als wir ihnen erzählen, was wir vorhaben, sie sind sehr beeindruckt. Wir werden in Gespräche verwickelt und ehe wir uns versehen, ist es schon 10 Uhr. Eigentlich viel zu spät für einen Aufbruch in eine neue Etappe. Die ist heute jedoch mit 9km sehr kurz. Wir erhöhen freiwillig auf 14 km😉.

    Beim Loslaufen stellen wir fest, dass meine Falt-Wanderstöcke kurz vor dem Zusammenbruch sind. Das Abstützen in den Wäldern haben sie anscheinend nicht gut verkraftet. Traurig werfe ich sie in den Mülleimer in Pahia. Wann und wo es neue Stöcke gibt, soll heute unser kleinstes Problem werden.

    Von Waitangi laufen wir einen wirklich malerischen und pittoresken Küstenweg, der uns bis nach Opua bringen soll. Danny hält es nicht lange aus, nur AM Wasser statt IM Wasser zu sein und entschließt sich kurzerhand zu einem Bad im Pazifik. Erfrischt geht’s über ausgespülte Felsen weiter an der Küste entlang. Über eine Brücke durch den Mangrovenwald sollen wir direkt zum Hafen in Opua kommen. Dumm nur, dass genau in der Mitte ein Gitter angebracht ist und es wegen Wartungsarbeiten nicht weiter geht. Es bleibt uns nur der Weg zurück und das Laufen an der Straße entlang.

    Wir versuchen es kurz mit Trampen. Anhalten will heute niemand. Alle rauschen an uns vorbei. Dabei sind es doch nur 3 Kilometer bis zum Hafen in Opua. Und so setzen wir am Straßenrand einen Fuß vor den anderen und kommen ein bisschen genervt und entkräftet am Hafen an. „Road walking“ schlaucht ungemein. Zum Glück gibt’s einen kleinen Supermarkt, wo wir überteuert Cola, Eis und ein paar Dinge fürs Abendessen einkaufen. Danny will heute unbedingt Burger grillen.

    Am Hafen in Opua ist die Fähre gerade am Einlaufen, so dass wir direkt draufspringen können. Anscheinend sehen wir mit unseren großen Rucksäcken so bemitleidenswert aus, dass wir die kurze Überfahrt nicht bezahlen müssen. Wir legen ab, die Fahrt ist kurz und schon sind wir in Okatio. Der Ort war von 1840 bis 1841 die erste Hauptstadt Neuseelands und bestand damals aus ein paar Häusern und einem Gefängnis. Von hier aus geht’s ein Stück an der Straße entlang und dann durch einen kleinen Dschungel. Ich habe ein Déjà-vu und in meinem Kopf läuft der Film von unserem letzten „Waldspaziergang“ ab. Aber sooo gefährlich und abenteuerlich ist es heute zum Glück nicht.

    Die letzten Kilometer zum Russel-Orongo Bay Holidaypark ziehen sich. Wieder müssen wir am Straßenrand laufen. Plötzlich fährt ein Fahrzeug langsam an uns vorbei und hält an. Eine Frau fragt, ob sie uns ein Stück mitnehmen kann. Wir steigen dankbar ein. Es sind nur noch 2 Kilometer, aber alles ist besser als die Straße. Innerhalb von Minuten sind wir da, verabschieden uns und beziehen unsere Cabin. Was bin ich froh, heute Abend nicht das Zelt aufbauen zu müssen. Die Etappe hat uns beide ganz schön geschlaucht 🤪.

    Zum Abendessen machen wir uns Burger und sitzen in der schönen, aber schon etwas heruntergekommenen Gartenanlage. Es gibt auch Zaungäste und wir sehen und füttern das erste Mal in unserem Leben einen schwarzen Hahn, der auch ein Huhn sein könnte.
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  • Day 20

    The Farm

    December 9, 2023 in New Zealand ⋅ ☀️ 20 °C

    Heute geht es laut Trail-App wieder 6 Kilometer nur an der Straße entlang. Noch ein bisschen traumatisiert von den gestrigen Strecken, beschließen wir zu trampen. Wir heben den Arm und ein paar Fahrzeuge rauschen vorbei. Kurze Zeit später haben wir Glück und ein Auto hält an. Es ist - mal wieder - eine Frau. Sie heißt Tui. Schnell sortiert sie ihre Einkaufstüten um, damit wir und unsere Rucksäcke Platz im Auto finden.

    Es entsteht ein lockeres Gespräch und wir erfahren, dass sie - tada 🎉 - Schriftstellerin ist! Ihr erster und einziger Besuch der nördlichen Hemisphäre war in Deutschland - 2012, als Neuseeland Ehrengast der Frankfurter Buchmesse war. Dort stellt sie ihren Roman über einen Delphin vor. Als sie von Danny erfährt, dass auch er Schriftsteller ist, gibt es plötzlich so viel an Gesprächsstoff, dass die Fahrstrecke dafür leider nicht ausreicht. Sie setzt uns ab und es werden noch schnell Kontakte ausgetauscht. Ich halte diesen Moment fest und mache ein Foto. Was für ein schöner Start in den Tag.

    Die nächsten 14 Kilometer laufen wir auf einer „gravel road“, einer Schotterstraße. Aber sie läuft sich gut und je höher wir kommen, desto schattiger und luftiger wird es. Ab und zu gibt der Wald den Blick frei und wir haben eine wunderschöne Sicht in die Ferne. Danny ist mir bergauf immer ein gutes Stück voraus. Sein Körper scheint mit einem V8 Bi-Turbo Motor ausgestattet zu sein, während meiner nur auf zwei Zylindern läuft. Das merkt Frau, besonders wenn es nach oben geht. Ich greife dann immer in meine „Energie-Tüte“ und mampfe mich nach oben. Essen lenkt ungemein ab. Vom schweren Rucksack, Muskelkater in den Waden oder den Gedanken, die sich um die Frage kreisen, wann wir endlich da sind.

    Nach 3,5 Stunden sind wir an unserem Etappenziel „The Farm“ angekommen. Was jetzt folgt, wäre genug Stoff für einen neuen David Lynch Film. Der US-amerikanische Regisseur ist vor allem durch seine albtraumhaften und surrealen Filme bekannt. Die Farm ist grundsätzlich sehr schön gelegen und eingebettet in eine malerische Kulisse aus Berglandschaft, Pferdekoppel und sattgrüne Wiesen. Aber selbst nach einer Nacht wissen wir immer noch nicht, wer und wieviele Personen wohnen hier genau, wer gehört zu wem oder ist zuständig wofür auch immer. Neben einem großen Haupthaus gibt es auf dem Grundstück noch unzählige Hütten, Unterstände, Caravans, Zelte und Busse. Alles schon ziemlich in die Jahre gekommen und irgendwie schmuddelig. Genau darf man hier nicht hinschauen, sonst entstehen unterbewusst tatsächlich kleine Albträume. Sei es der Putzlappen, der langsam mit dem Zaunspfahl verwächst oder die Mülldeponie hinterm Haus, wo kaputte Kinderwagen, ausgediente Gartengeräte und sämtlicher Schrott lagern. Das Wort „Gemeinschaftsküche“ nimmt man hier wörtlich. Hier teilt man sich mit der ganzen (Hippie?)Gemeinschaft inklusive unzähligen Hunden und Katzen das Essen. Dieser Platz löst sehr ambivalente Gefühle in uns aus. Auf der einen Seite hat er unglaubliches Potenzial, ist schön gelegen und bietet viel Platz. Auf der anderen Seite fehlt hier jemand, der den Hut aufhat und mal „ein bisschen aufräumt“.

    Wir verbringen die Nacht hier an diesem surrealen Ort. Diesmal sorgen wir im Zelt für mehr Belüftung und lassen so unsere Albträume wegfliegen.
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  • Day 21

    Caravan Camping

    December 10, 2023 in New Zealand ⋅ ☁️ 20 °C

    Da einige Strecken des Te Araroa Trails auf der Nordinsel gesperrt sind, laufen wir heute wieder, na, wer errät es? Genau: Straße 🤪! Als Motivation lassen wir die Etappe bereits nach 14 Kilometern enden, und das in Oakura, am wunderschönen Whangaruru Beach. Dort haben wir uns einen stillgelegten Caravan für eine Nacht gemietet.

    Die 14 Kilometer Straße fühlen sich leider an wie 30 Kilometer. Teilweise gibt es keinen Straßenrand und so hüpfen wir von Kurve zu Kurve mal auf die eine und mal auf die andere Seite. Um besser gesehen und wahrgenommen zu werden, stülpen wir unsere aus Deutschland mitgebrachten Warnwesten über die Rucksäcke. Fast hätten wir sie schon entsorgt. Jetzt sind wir aber doch froh, dass wir sie dabei haben.

    Unterwegs fallen uns besondere Hinweisschilder auf. Man soll Wanderstöcke melden oder sich vor ihnen in Acht nehmen. Hm, sind Wanderstöcke wirklich so gefährlich🤔? Im Internet finden wir dazu folgenden Text:

    „Wer Wanderstöcke sehr häufig einsetzt, vernachlässigt sein Gleichgewichtsgefühl. Auch die Koordinationsfähigkeit leidet.“

    Anscheinend sind schon viele Te Araroa- Wanderer unkoordiniert und torkelnd irgendwo aufgegabelt worden. Schuld sind also die Wanderstöcke. Da kann ich ja froh sein, dass ich keine mehr habe 😉.

    Am frühen Nachmittag kommen wir in Oakura an. Es gibt einen kleinen Mini-Laden und wir sind soooo froh, uns eine kalte Cola und ein Eis kaufen zu können. Das ist fast schon zum Ritual geworden. Nach einer kleinen Pause beziehen wir unseren kleinen Caravan, der auf einer steilen Anhöhe liegt. Die Aussicht ist der Hammer, direkter Blick aufs Meer. Wir entspannen uns noch ein bisschen bei Kaffee und Chips und gehen anschließend im Pazifik baden. Herrlich, selbst für mich als Nicht-Wasserratte. Danach essen wir Fish 'n' Chips im „Skips“, dem einzigen Schnellimbis des Ortes. Das Leben kann so schön einfach sein 😍.
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  • Day 22

    Helenas Folter-Track

    December 11, 2023 in New Zealand ⋅ ☁️ 19 °C

    Die heutige Etappe ist ziemlich zerstückelt und wir müssen das erste Stück wieder trampen. Nach kurzer Wartezeit hält ein Fahrzeug an. Ein Mann mittleren Alters steigt aus und begrüßt uns freundlich. Er hat eine alte Strickmütze auf und ihm fehlen zwei Schneidezähne. Für den Bruchteil einer Sekunde bin ich mir unsicher, ob wir zu ihm einsteigen sollen. Sofort schäme ich mich für meine Gedanken, weil es nur Äußerlichkeiten sind, von denen ich mich irritieren lasse. Unser Fahrer heißt Andrew und ist auf dem Rückweg von einem Freund. Er setzt uns am Startpunkt der heutigen Etappe ab.

    Es ist der Helena Ridge Track, den wir heute laufen wollen. 9 Kilometer werden in der Trail App mit 4 Stunden angegeben. Das verheißt nichts Gutes. Aber ich bleibe hoffnungsvoll, denn die ersten Meter laufen sich noch sehr entspannt. Mal gehen wir unter einem umgestürzten Baum hindurch, mal steigen wir drüber. Alles noch machbar. Auch der Weg ist gut und deutlich erkennbar. Während ich noch dabei bin, mich zu freuen, beginnt es merklich, unfreundlicher zu werden. Der Weg geht steil nach oben und ich keuche vor Anstrengung. Als ich endlich ankomme, ist Danny - natürlich - schon längst da. Ich bin ein bisschen neidisch auf ihn, weil er durch mein Schneckentempo, in dem ich nach oben krieche, mehr Zeit zum Ausruhen hat. Aber was soll’s, jetzt wird’s einfacher, denn es geht bergab. Aber auch das hat es in sich und ich frage mich oft, was gleich zuerst brechen wird: Mein Bein, die Hüfte oder das Bäumchen, an dem ich mich festhalte. Der schwere Rucksack schubst mich zusätzlich nach vorn. Jedes Mal, wenn ich denke, jetzt ist das schwierigste Stück geschafft, geht es wieder von vorn los. Die vertikalen Auf- und Abstiege wollen einfach nicht enden.

    Nach 4,5 Stunden haben wir es dann geschafft. Die Wege werden wieder breiter, heller, grüner und wo wir auch hinschauen, liegt uns das Paradies zu Füßen. Die Anstrengung hat sich gelohnt, denn wir sehen hier fern von touristischen Orten das „wahre“ Neuseeland mit all seinen unterschiedlichen landschaftlichen Facetten.

    Es ist schon spät am Nachmittag und wir haben noch keinen Schlafplatz für die Nacht. Über Facebook stößt Danny auf einen Trail-Angel, der Te Araroa Wanderer kostenlos auf seinem Grundstück zelten lässt. So kommen wir wieder über eine Schotterstraße zu Jim und Susi, die uns sehr herzlich begrüßen. Wir bekommen eisgekühltes Wasser und ein schönes Fleckchen Wiese, wo ein alter Bauwagen steht. Daneben schlagen wir unser Zelt auf und bereiten unser Abendessen vor. Es gibt Couscous mit Gemüse, den wir in der Abendsonne direkt mit zwei Löffeln aus dem Topf essen. Ein anstrengender und gleichzeitig sehr schöner Tag geht zu Ende.
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  • Day 23

    Eine Pause am Meer

    December 12, 2023 in New Zealand ⋅ 🌬 19 °C

    Bei stürmischem Wind wachen wir heute Morgen im Zelt auf. Es ist so frisch, dass ich am liebsten in meinem Mumienschlafsack bleiben möchte. Außerdem tun mir nach 5 Tagen wandern und Helenas Folter sämtliche Knochen und Muskeln weh, der Körper schreit nach einer Pause. Heißen Kaffee gibt’s leider noch nicht, unser einziger Topf ist noch „besetzt“ vom restlichen Couscous. Danach ist mir jetzt überhaupt nicht, aber Danny lässt nichts umkommen und schlingt ihn rein. Immerhin ist der Topf jetzt frei fürs Kaffeewasser.

    Da ich so erschöpft und kraftlos bin, beschließen wir, im Whananaki-Holidaypark einen Ausruh-Tag einzulegen. Er ist nur 15 Kilometer entfernt. Wir laufen ein Stück bis zur nächsten Hauptstraße und versuchen ab dort, zu trampen. Dummerweise fahren fast alle Autos in die andere Richtung. Na toll! Bevor wir sinnlos rumstehen, laufen wir los und hoffen auf eine liebe Seele, die uns aufgabelt. Es dauert ein bisschen, aber dann bringt uns Floyd, ein Taubstummenlehrer, bis Whananaki. Leider sieht der Holiday-Park dort alles andere als einladend aus und hat darüber hinaus gerade einen Stromausfall. Und damit ich keinen Totalausfall bekomme, recherchiert Danny, welche Alternativen es gibt.

    Es ist gar nicht so leicht, eine Unterkunft zu finden, die in der Nähe des Trails liegt und zudem noch bezahlbar ist. Aber Recherche-König Danny gibt alles und weil sein Handy mal wieder nicht funktioniert, nimmt er meins und schlürft mein Datenvolumen fast leer. Dafür findet er wirklich eine Perle von Unterkunft, am Whangaumu Bay Reserve gelegen. Bis dahin sind es allerdings 24 Kilometer und ich kann mir keinen einzigen davon heute vorstellen, zu laufen. Aber es nützt nichts. Wat mut, dat mut.

    Unser Fußmarsch führt uns zuerst über die längste Fußgängerbücke der südlichen Hemisphäre. Der Wind ist so stark, das Geländer so niedrig und der Maschendrahtzaun hat an einigen Stellen schon Löcher. Die Prüfung nach DIN 1076 hätte diese Brücke in Deutschland definitiv nicht bestanden. Aber was macht's. No risk - no fun 🤩. Am anderen Ufer angekommen, laufen wir an einsamen Buchten vorbei und Blumenwiesen, auf denen Kühe stehen. Manchmal verirrt sich eine und steht plötzlich vor uns auf dem Weg.

    Als mir mein Rucksack zu schwer wird, schnappt ihn Danny sich kurzerhand und setzt ihn sich auf. Eine Duracell Batterie ist nichts gegen ihn, er hat immer so viel Energie und Kraft. Die letzten Kilometer trampen wir wieder, so dass wir bereits 17 Uhr im wunderschönen „The Sands Motel“ einchecken können. Das Appartement ist der Hammer, jetzt heißt es einfach nur: Beine hoch und entspannen.
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  • Day 24

    Ngunguru, Pizza & Pazifik

    December 13, 2023 in New Zealand ⋅ 🌬 19 °C

    Ihr Lieben, heute ist unser Ausruh-Tag, deshalb gibt’s auch nicht so viel Text. So habt ihr mehr Zeit, euch um vorweihnachtliche Erledigungen zu kümmern🎄😉.

    Weil unglücklicherweise Ebbe im Kühlschrank war, aber glücklicherweise Ebbe am Strand , sind wir 5 Kilometer nach Ngunguru gelaufen, haben dort Pizza und Bier gekauft und auf einem Aussichtspunkt gepicknickt. Danach gab's ein Bad in den Fluten des Pazifik 🌊.. Beautiful life.Read more

  • Day 25

    Mangroven-Mordor-Modder

    December 14, 2023 in New Zealand ⋅ 🌬 21 °C

    Es fällt mir schwer, aus dem schönen „The Sands Motel“ auszuchecken und diesen paradiesischen Ort zu verlassen. Doch die neue Etappe ruft und die geht am Bootssteg in Ngunguru los. Zusammen mit 3 anderen Wanderern warten wir auf James, der uns gegen 13 Uhr mit dem Motorboot abholt und über den Ngunguru River fährt. Anschließend erhalten wir von ihm genaue Instruktionen fürs Weiterlaufen. Wie im Schulunterricht sitzen wir vor ihm und er erklärt mithilfe einer Tafel und selbstgezeichneten geographischen Karten den weiteren Weg.
    Der führt unter anderem über privates Mãori Land, wo er sich extra eine Genehmigung eingeholt hat, dass wir dies betreten dürfen. Ganz wichtig: Großes Geschäft machen ist dort strengstens verboten, kleines Geschäft ist erlaubt, aber kein Klopapier 🧻 .

    2 Flüsse und ein Sumpfweg müssen durchquert werden und wegen der Gezeiten gibt er uns Uhrzeiten vor, wann wir spätestens bei den Flüssen sein müssen, damit wir nicht von der Flut weggeschwemmt werden. Das allein erzeugt schon immensen Druck in mir, rumbummeln und entspannt mit unseren immer noch sauschweren Rucksäcken wandern, ist heute leider nicht.

    Pünktlich zur vereinbarten Zeit sind wir am ersten Fluss, dem Horahora River und gehen mit Sack und Pack da rein. Das Wasser steht mir zum Glück nicht bis zum Hals sondern nur bis zur Hüfte. Ich bin heilfroh, dass mein Rucksack halbwegs trocken bleibt. Wir sind schon fast durch, als es nochmal richtig tief wird. Doch Danny findet schnell eine andere Stelle, die flacher ist und schon sind wir am anderen Ufer.

    Aber jetzt beginnt der wirklich „interessante“ Teil, denn wir laufen ein Stück durch sehr übel riechenden Mangroven-Sumpf. Weil wir unsere Schuhe nicht ramponieren wollen, entscheiden wir uns, barfuß dadurch zu laufen. Und so sinken wir Schritt für Schritt in den warmen Schlamm, das hat fast schon was von einer Wellness-Behandlung.

    Nach endlosen Kilometern an der Straße entlang, erreichen wir den Taiharuru River. Durch die Ebbe ist er noch weitgehend flach und wir folgen seinem Verlauf parallel zum Ufer. Leider liegen hier sehr viele Muscheln und sogar Austern, an denen ich mir meine Füße aufschlitze. Wir sind so mit dem Weg beschäftigt, dass wir den Ausgang zum Zeltplatz verpassen und einfach weiterlaufen. Die Flut kommt allmählich zurück und das Wasser in den Sandlöchern füllt sich zunehmend. Wir stampfen wieder durch einen Mangroven-Sumpf und ich bin heilfroh, als wir einen endlich einen Ausgang aus dem Wasser, dem Schlamm und dem Mangrovendickicht entdecken. Der ist zwar illegal, denn wir öffnen das Tor zu Privatland und einer Kuhweide. Aber Hauptsache, draußen, denn das Wasser steigt.

    Jetzt erst checken wir, dass wir viel zu weit gegangen sind. Der angesteuerte Zeltplatz liegt kilometerweit hinter uns und der nächste ist für heute Abend unerreichbar. Und wieder haben wir Glück. Wir treffen auf Evy mit ihrem Vater, er hat sie gerade von der Reitstunde abgeholt. Sie fahren uns zum Jagger‘s Camp, einem wunderschönen Campingplatz, der allerdings ganz schön in die Jahre gekommen ist, da sich niemand mehr um diesen Platz kümmert. Trotz des starken Windes schaffen wir es das erste Mal innerhalb von ein paar Minuten unser Zelt aufzubauen. Wir freuen uns riesig!

    Wir trinken warmen Tee und schwatzen mit zwei anderen Campern. Ein Junge namens Kayden und sein Vater sind hier, um besondere Vogelarten in diesem Gebiet zu fotografieren. Wir sind beeindruckt von dem Wissen des 12 jährigen. Es ist schon lange dunkel, als wir müde in unsere Schlafsäcke kriechen. Wir haben zwar versucht, uns den stinkenden Mangroven-Modder von den Beinen zu waschen, aber Reste kleben noch immer an uns. Der Gestank wiegt uns in den Schlaf.
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