Planlos durch die Welt

September 2018 - May 2024
Reisen macht dich erst sprachlos und dann zu einem Geschichtenerzähler. Read more
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  • Day 91

    Hogsback

    December 4, 2018 in South Africa

    Nach einer gelungenen Zeit in Knysna, traten wir mit Zander, Sam und Sharmwarris den Rückweg an. Im Gegensatz zur Hinreise wollten wir dieses Mal einen Zwischenstopp in Hogsback einlegen. Das inmitten des Amatola-Gebirges gelegene Dorf erreichten wir bei Einbruch der Dunkelheit. Wir checkten im gemütlichen Backpackers "Away with the Fairies" ein, wo uns ein großes knisterndes Lagerfeuer und Livemusik empfingen. 

    Der Legende nach habe sich J.R.R. Tolkien, der Autor der Triologie "Der Herr der Ringe", von Hogsbacks wunderschönen Wäldern, Flussläufen, Blumen und Bergen inspirieren lassen, um Mittelerde zu kreiren. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es mehr Wasserfälle pro Quadratkilometer als im Amatola-Gebirge. Wenigstens ein paar davon wollten wir am nächsten Tag entdecken und machten uns, mit einer mehr als ungenauen Wanderkarte bewaffnet, auf den Weg. Bergauf und -ab legten wir eine Strecke von 20 km zurück, auf der wir zum ersten Mal in Südafrika auf Weißkehlmeerkatzen trafen, die uns sketpisch aus Baumwipfeln beäugten und unsere Wanderung mit ihren lauten Rufen begleiteten. Wenn der Schweiß die Nasenspitze herrunterperlte bot uns immer wieder der Fuß eines Wasserfalles eine angenehme Erfrischung. Die Flussläufe und Gefälle tauchten in den verschiedensten Größen und Formen auf: Kleinere fanden wir versteckt in Höhlen, andere stürzten imposant von Bergklippen hinab und waren bereits aus weiter Ferne zu sehen und zu hören. Die spärlich skizzierte Wanderkarte sorgte dafür, dass wir auch schonmal vom Weg abkamen. So gerieten wir gelegentlich auf Privatgelände, wo wir uns in geduckter Haltung an Wohnhäusern vorbeischlichen, um nicht entdeckt zu werden. Manchmal verloren wir auch vollkommen die Orientierung, was uns aber nichts ausmachte, da wir auf diese Weise Orte entdeckten, die manch anderem Reisenden verborgen blieben. Die Wanderung zählen wir zu den schönsten, die wir in unserem Leben je unternommen haben.

    Zurück im Hostel konnte man den Abend entspannt bei einem Klippenbad mit fantastischer Aussicht ausklingen lassen.

    Früh am nächsten Morgen setzten wir unsere Heimreise fort. Auf den letzten Metern, kurz vor Johannesburg, gerieten wir wieder einmal in eine Verkehrskontrolle. Ziemlich schnell war klar, dass der Polizist sich so kurz vor den anstehenden Festlichkeiten ein kleines Weihnachtsgeld dazuverdienen wollte. Da Zander weder Alkohol konsumiert hatte noch zu schnell gefahren war, konzentrierte sich der Uniformierte auf des Fahrers nackte Füße. Zander, der wusste, dass der Polizist die Angelegenheit nicht auf offiziellem Wege klären wollte, bat beharrlich um einen völlig regulären Strafzettel. So ging die Diskussion zwischen den beiden hin und her, bis sich das Wetter auf unsere Seite schlug. Ein plötzlicher Regenguss bewegte den völlig entnervten Officer uns ohne Knöllchen und ohne Bestechungsgeld weiterfahren zu lassen. 

    Unsere letzten zwei Tage in Südafrika verbrachten wir wiedervereint mit Sams Familie. Als Dankeschön luden wir am Abend vor unserer Abreise zu einem gemeinsamen Kinobesuch ein. Nach all den Abenteuern in der Natur, hatten wir nichts gegen ein wenig Stadtleben einzuwenden. Der Abend hätte nicht schöner werden können - wurde er auch nicht. Ganz im Gegenteil: Als Christina noch schnell vorm Schlafengehen ihren Kontostand überprüfte, fiel mit Schrecken auf, dass ihre Kreditkarte missbraucht wurde. Die Karte sperren zu lassen, war das einzige, was zu dieser späten Stunde noch möglich war. An dieser Stelle möchten wir einen herzlichen Dank an Christinas Papa aussprechen, der die darauffolgenden Wochen damit beschäftigt sein sollte, die Angelegenheit mit einer im Vorfeld ausgestellten Vollmacht zu klären.

    Um das unrechtmäßig abgebuchte Geld erstattet zu bekommen, musste eine Anzeige gestellt werden. So blieb uns nichts anderes übrig als an unserem letzten Tag in Südafrika früh morgens zur Polizeistation zu hetzen. Die Zeit war knapp: Für den Nachmittag hatten wir ein Busticket nach Botswana gebucht, weil unser Visum am Folgetag auslief. Eine verspätete Ausreise wollten wir um jeden Preis vermeiden, da diese ein fünfjähriges Einreiseverbot zur Folge haben kann.

    Mit sehr viel Gemütlichkeit und wenig Interesse für unser Dilemma, nahm ein Polizeibeamter unseren Fall auf. Wir fühlten uns absolut nicht ernst genommen. Nur widerwillig lauschte man unserer Beschreibung auf Englisch. Erst als Zander begann, den Sachverhalt auf Afrikaans zu schildern, schien die Polizei aufmerksamer zu werden. Die Uhr tickte und wir wurden immer nervöser, während der Polizist in Zeitlupentempo per Hand die Anzeige protokollierte.

    Nach einer schier endlos erscheinenden Weile, konnten wir die Wache verlassen und rasten ins Stadtzentrum Johannesburgs. Der Motor des Reisebusses lief bereits, als wir knapp zehn Minuten vor Abfahrt fix und fertig ankamen. Saßen wir einmal auf unseren reservierten, äußerst gemütlichen Plätzen, konnten wir durchatmen und für die nächsten acht Stunden eine ausgesprochen komfortable Fahrt genießen. Adieu Südafrika, salut Botswana!
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  • Day 101

    Botswana

    December 14, 2018 in Botswana ⋅ ☀️ 35 °C

    Während wir im Bus nach Botswana saßen, wurde uns einmal mehr bewusst, dass das Reisen neben aller Freuden den Nachteil mit sich bringt, immer wieder Abschied nehmen zu müssen. All unsere neu gewonnenen Freundschaften hinter uns zu lassen, fühlte sich so an als würden wir ganz von vorne beginnen. Wir konnten uns kaum vorstellen in einem anderen Land auch so eine tolle Zeit erleben zu können.

    Aus dem Fenster des Reisebusses blickend, stellten wir fest, dass nicht nur die Grenze Südafrika von seinem Nachbarland im Norden zu trennen schien. Der Verkehr wirkte relaxter, die Fauna schien sich leicht zu verändern und auch die Häuser der Einheimischen unterschieden sich in Baumaterialien und Architektur.

    In Gaborone, der Hauptstadt Botswanas, angekommen, machten wir uns zum einzigen Backpackerhostel auf, das die Stadt zu bieten hatte. Allein dadurch wurde klar, dass zumindest der südliche Teil des Landes weit weniger bereist wird als wir es von Südafrika gewohnt waren. In der Unterkunft selbst wurde dies dadurch, dass wir zunächst die einzigen Gäste waren, noch einmal untermauert.

    In Botswana war es noch heißer als in Südafrika, weshalb wir unseren ersten Tag entspannt am Pool verbrachten, den wir ganz für uns alleine hatten. Lediglich ein Minischweinchen, verschiedene farbenprächtige Vogelarten, Katzen und eine Bullterrierdame leisteten uns hin und wieder Gesellschaft.

    Die Idylle wurde durch ein lautes Knattern unterbrochen, als zwei Backpacker auf ihrem Motorrad die Tore passierten. Mit dem aus Mexiko stammenden Roberto und dem Kanadier Vincent verstanden wir uns auf Anhieb so gut, dass wir uns mit ihnen zu einem abendlichen Grillen verabredeten. Kurzerhand düste Lisa mit Vincent auf dem Motorrad davon, um die dafür nötigen Einkäufe zu erledigen und Feuerholz einzusammeln.

    Die Lebensmittel aufgeladen, eröffnete Vincent, dass er noch eine kleine "Mission" zu erledigen habe. Ehe sie sich's versah, befand sich Lisa inmitten Gaborones Vororten auf der Suche nach holländischer Minze. Zielstrebig näherte sich Vincent der ersten Gruppe Jugendlicher, die am Straßenrand herumlungerte. Es brauchte nur wenige Worte, schon sprang ein Junge mit auf's Motorrad und dirigierte stolz wie Oskar den Weg zum Dorfdealer. Witzig an dieser Anekdote ist, dass uns unsere südafrikanischen Freunde erst tags zuvor dringend vom Umgang mit Cannabis in Botswana abgeraten hatten, da dies sehr schnell in einem längeren Gefängnisaufenthalt enden könne. Wieder einmal ist aber alles gut gegangen und wir konnten wie geplant gemeinsam zu Abend essen.

    Gesättigt und zufrieden wünschten wir den Jungs nach einem gelungenen Grillen eine gute Nacht. Barfuß bewegten wir uns durch den weichen Sand, der sich auf dem gesamten Gelände befand, in Richtung unserer Betten. Bevor wir diese jedoch erreichten, plötzlich der Schreck: ein handgroßer Skorpion krabbelte aus dem Nichts in den Lichtkegel einer Laterne! Im Gegensatz zu unserer Schlangenbegegnung in Südafrika behielten wir dieses Mal die Ruhe und beobachteten interessiert, wie das Insekt mit dem riesigen Stachel seines Weges ging.

    Am nächsten Tag machten wir uns mit Roberto und zwei brasilianischen Neuankömmlingen auf den Weg zu einem nahegelegenen Nationalpark. Da wir uns mittlerweile an das afrikanischen Tempo angepasst hatten, schafften wir es erst am Nachmittag aufzubrechen. Dort angekommen wurde uns der Eintritt zu Fuß aus Sicherheitsgründen verwehrt. Mit dem Fahrrad hingegen dürften wir die Tore passieren. Den Sinn dahinter haben wir nicht so ganz verstanden. Schließlich würden wir einem wütenden Nashorn auch auf dem Drahtesel nicht schnell genug entkommen können. 35 € pro Mountainbike wollten wir für die paar verbliebenen Stunden bis zur Dämmerung jedoch nicht ausgeben. Also erkundigten wir uns nach den anderen Angeboten, die auf den Schildern der Rezeption angepriesen wurden. Von Jeepsafari bis hin zum Besuch eines Reptilienhauses stand zu diesem Zeitpunkt allerdings nichts zur Verfügung. Letzten Endes gingen wir unverrichteter Dinge wieder zurück in unsere Unterkunft.

    Selbstverständlich hatten wir uns im Vorfeld unserer Einreise nach Botswana nicht darüber informiert, was das Land zu bieten hatte. Dies war auch gar nicht nötig: Nach einem regem Austausch mit den anderen Backpackern, weckte das kleine Städtchen Nata, das für seine angrenzenden gigantischen Salzpfannen berühmt ist, unser Interesse. Also fragten wir an der Rezeption nach, wie wir am nächsten Tag am besten dort hinkämen. Freundlich wurde uns mitgeteilt, dass es jeden Morgen und jeden Abend eine Direktverbindung dorthin gebe. Wir entschieden uns für ersteres und bestellten ein Taxi vor.

    In aller Herrgottsfrühe standen wir am nächsten Tag am Busbahnhof, wo wir mit Überraschung feststellen mussten, dass der Rezeptionist falsch gelegen hatte. Es gab am Morgen keinen Bus nach Nata! Da wir keine Lust hatten den Tag in Gaborone zu verbringen, geschweige denn zurück ins Hostel zu fahren, setzten wir uns ohne groß darüber nachzudenken in einen Bus in Richtung Maun. Den Namen der Stadt hatten wir zumindest schonmal gehört und wussten, dass sie irgendwo im Norden liegen musste, wo wir ja schließlich auch hin wollten.

    Bei einem Toilettenstopp kamen wir schnell mit den einzigen anderen weißen Mitreisenden ins Gespräch. Anna-Maria und David hatten sich während ihres Auslandssemesters in Südafrika kennengelernt und reisten nun für einen Monat durch Botswana und Sambia, bevor es für sie zurück nach Schweden und Norwegen ging. Das Pärchen hatte sich bereits um eine Unterkunft am Zielort gekümmert. Da wir uns auf Anhieb gut mit den beiden verstanden, schlossen wir uns ihnen kurzum an und landeten im 'The Old Bridge Backpackers', das uns mit seinem afrikanischen Flair sofort begeisterte. Glücklicherweise ergatterten wir die letzten zwei verfügbaren Betten, die sich in einem kuscheligen Zelt befanden. Die Duschanlagen waren unter freiem Himmel installiert, so dass man bei der Körperreinigung stets die warmen Sonnenstrahlen genießen konnte. Auch der Barbereich war zum Großteil unbedacht und grenzte an einen von Krokodilen und Nilpferden besiedelten Fluss.

    Auf diesem haben wir am zweiten Abend gemeinsam mit unseren neuen skandinavischen Freunden eine Sunset Cruise gemacht. Während dieser herrschte eine fröhliche Stimmung und wir verstanden uns auf Anhieb mit dem Kapitän des Bootes, der Lisa sogar kurz das Steuer überließ. Neben einem wunderschönen Sonnenuntergang, konnten wir seltene Vogelarten, wie den Riesenfischer erspähen, spielende Paviane am Ufer beobachten und eine Nilpferdkuh mit ihrem Kalb vor unserer Nase auftauchen sehen. Als wir letztere passierten, zog der Steuermann das Tempo deutlich an, um die territorialen Riesen, die bekanntlich die gefährlichsten Großtiere Afrikas sind, schnell hinter uns zu lassen. Ein Mitarbeiter, der aus Spaß mitgekommen war, wollte uns imponieren und bot uns mit einem schelmischen Grinsen an, ihn auf eine nächtliche Tour mit seinem eigenem Boot zu begleiten - vorausgesetzt wir hätten keine Angst. Herausforderung angenommen!

    Einige Stunden nach Einbruch der Dunkelheit, kletterten wir mit Anna-Maria und David in ein wesentlich kleineres Boot als noch am Nachmittag. Erst nach einigen Versuchen sprang der Motor an. Wir wunderten uns nicht weiter. Los ging es durch pechschwarzes Gewässer, das gespenstig den Mondschein widerspiegelte. Die Luft roch nach Abenteuer. Hier und da vernahmen unsere Ohren die kräftigen Schwanzschläge von Krokodilen. Plötzlich trafen wir erneut auf das Mutter-Kind-Gespann, die mit einem lauten Schnauben auf sich aufmerksam machten. Abermals passierten wir die beiden Nilpferde mit erhöhter Geschwindigkeit. Ungünstigerweise soff der Motor nur wenige Meter später ab. Mit den Flusspferden im Nacken und Schweißperlen auf der Stirn stehend, gelang es dem Mitarbeiter nach etlichen Versuchen das Boot wieder ans Laufen zu bringen. Die Erleichterung hielt leider nicht lange an. Schon wieder versiegte das beruhigende Motorengeräusch und wir wurden von einer unheimlichen Stille umhüllt. Diese wurde mit einem Mal durch das laute Schmatzen eines Nilpferdes durchbrochen, das keine 15 Meter von uns entfernt genüsslich einen Mitternachtssnack einnahm. Zudem schienen sich die Mutter und das Kind von hinten zu nähern. Wir waren umzingelt. Spätestens als der letzte Funken Hoffnung verschwand, dass der Motor ein weiteres Mal anspringen würde, war uns allen der Ernst der Lage bewusst. Es war stockduster um uns herum. Anna-Maria ergriff eine Panikattacke. Während wir beruhigend auf das weinende Mädchen einredeten, nahm der Bootsführer einen langen Stock zur Hand, der sich an Deck befunden hatte. Damit schlug er zunächst auf die harte Wasseroberfläche, was zu einem lauten Knall führte, jedoch nicht zu dem gewünschten Effekt, die Flusspferde zu vertreiben. Stattdessen schürte er ungewollt Anna-Marias Angst, die mittlerweile wie ein Häufchen Elend auf dem Bootsboden saß. Klar war, dass wir schnellstmöglichst ans rettende Ufer gelangen mussten. Um das Boot fortzubewegen, stieß der Besitzer den langen Stock in den Grund des Flusses. Der Plan schien zunächst aufzugehen, doch nach nicht einmal der Hälfte der Strecke der nächste Schreck: der Stock brach entzwei und war nicht mehr zu gebrauchen. Spätestens jetzt stand auch dem Kapitän deutlich die Nervosität ins Gesicht geschrieben. Trotzdessen wagte er sich mutig ins dunkle Gewässer und zog das Boot durch das unwegsame Schilf bis an den Rand des Flusses. Schnell sprangen Anna-Maria und David an Land, während wir ins Wasser glitten, um dabei zu helfen das Boot an einem nahegelegenen Steg zu befestigen. Als auch wir endlich festen Boden unter den Füßen hatten, waren wir nicht nur wahnsinnig erleichtert darüber, dass die Flusspferde nicht auf die Idee gekommen waren, ihr Territorium zu verteidigen. Auch freuten wir uns über ausgebliebene Krokodilangriffe. Zu Fuß machten wir uns auf den Weg zurück ins Hostel. Ständig bahnten sich dicke Dornen ihren Weg tief in unsere Haut. Mit einem dieser Biester in der Ferse stolperte Lisa in einen Elektrozaun, der dem Schutze eines Privathauses diente. Während unseres Marsches, eröffnete uns der Mitarbeiter, dass das Boot eigentlich gar nicht seines war und wir es uns unrechtmäßig 'ausgeborgt' hatten. Zum Glück ist unser nächtlicher Ausflug nie aufgeflogen, da es gelang, den Motor am frühen Morgen bei Tageslicht zu reparieren und somit das Boot unbemerkt zurückzubringen.

    Dank der familiären und offenen Atmosphäre des Backpackers schloss man schnell neue Bekanntschaften, wie die mit der Niederländerin Delia. Bei einem gemeinsamen Frühstück mit ihr, Anna-Maria und David entschieden wir uns zu einer mehrtägigen Camping-Safari.

    Ausgestattet mit Proviant für die nächsten drei Tage ging es in einem offenen Jeep, in dem noch ein deutsches Pärchen dazu stieß, zum Okavango Delta. Am Fluss angekommen, stiegen wir in kleine Boote, die sogenannten Mokoros, um. Unter strahlend blauem Himmel glitten wir nahezu geräuschlos durch die unberührte Natur. Es dauerte keine fünf Minuten, bis wir die ersten Nilpferde erspähen konnten. Zudem tauchten immer wieder Elefanten am Flussufer auf, die friedlich im Schilf grasten. Niemals hätten wir uns zu diesem Zeitpunkt vorstellen können, dass uns diese in naher Zukunft gefährlich werden würden.

    Nach etwa zwei Stunden erreichten wir unser Lager, wo wir alle gemeinsam unsere geräumigen Zelte aufbauten, einen gemütlichen Feuerplatz einrichteten und ein Plumpsklo aushoben. Den Spaten steckten wir einige Meter entfernt in die Erde und führten folgende Regel ein: Spaten weg, Toilette besetzt.

    Die kommenden Tage verbrachten wir neben Flusssafaris mit langen geführten Wanderungen über die verschiedenen Inseln des Deltas. Dort begegneten uns unzählige Giraffen, Zebras, verschiedene Antilopen, Landschildkröten, Vögel, Affen, Flusspferde, Büffel und Elefanten. Zu den letzten drei der genannten Tiere versuchten wir aus Respekt und Sicherheitsgründen stets gebührenden Abstand zu halten. Leider ist uns dies nicht immer gelungen. Als wir uns an einem Tag vor der heißen Mittagssonne schützend in einer kleinen Formation aus Büschen und Bäumen im Schatten niederließen, hörte Christina plötzlich ein Geräusch. Auch einer der beiden Guides nahm das schwere Fußstampfen wahr. Alle waren alarmiert, doch der zweite Führer winkte ab und sagte, es seien nur die Palmblätter, die im Wind gegeneinander schlügen. Gerade, als sich die Aufregung wieder legte, trat ein riesiger Elefant direkt vor uns aus dem Dickicht hervor. Die Guides riefen nur panisch: "Elephant, elephant!" und rannten uns einfach der offenen Steppe entgegen davon. Wir waren uns sicher, dass es klüger sei, sich entlang der Bäume zu bewegen, um uns hinter den dicken Stämmen verbergen zu können. Glücklicherweise hatte sich der Elefant genauso erschreckt wie wir und entfernte sich in die entgegengesetzte Richtung. Kurz darauf fand sich unsere Gruppe wieder zusammen und die Tour konnte weitergehen.

    Nach den Wanderungen ging es für uns auf Grund der sengenden Hitze in eine lange Mittagspause. Diese nutzten wir zum Beispiel, um uns im Fluss abzukühlen, während die Guides wachsam nach Krokodilen Ausschau hielten. Auch lernten wir, die schmalen Mokoros zu steuern, was bisweilen eine sehr wackelige Angelegenheit war. Einmal wurden wir mittags in unserem Camp von einer Horde testosterongeladener Elefantenbullen überrascht, die auf der Suche nach einem paarungswilligen Weibchen ihr Gemächt in voller Pracht zur Schau stellten. Wir trauten uns kaum uns zu bewegen, da die Männchen in diesem Stadium besonders aggressiv sein können. Mit angehaltenem Atem beobachteten wir, wie die Horde nur wenige Meter entfernt an uns vorbeizog.

    Die Abende verbrachten wir mit Rätseln, Spielen und spannenden Reisegeschichten um das wärmende Lagerfeuer, auf welchem wir auch unsere Abendessen zubereiteten. Immer wieder hielten wir inne, um Flügelschlägen, Fußstampfen, Wasserplatschen oder einem Rascheln im Gebüsch zu lauschen und versuchten die nächtlichen Geräusche den Tieren zuzuordnen. Der strahlende Nachthimmel mit seinen Tausend und Abertausenden von Sternen bot hier, fernab jeglicher Elektrizität, einen noch atemberaubenderen Anblick als wir es vom afrikanischen Himmel bis dahin schon gewohnt waren.

    Vollkommen beglückt von dem gelungenen Safariausflug, machten wir uns am dritten Tag auf den Rückweg. Als wir einen großen Elefanten am Ufer grasend vor uns auftauchen sahen, reduzierten wir unsere Geschwindigkeit und kamen in einiger Entfernung zum Stehen. Unser Guide teilte mit uns die Meinung, dass es sicherer sei zu warten und den Elefanten erstmal seine Mahlzeit einnehmen zu lassen. Als sich zwei von Einheimischen besetzte Boote näherten, die keine Anstalten machten sich von dem Elefanten aufhalten zu lassen, fühlte sich auch unser Guide im Zugzwang, so dass er das Mokoro wieder in Bewegung setzte. Herzklopfend näherten wir uns dem grauen Riesen in Schrittgeschwindigkeit. Als wir gerade auf einer Höhe mit dem Elefanten waren - es lagen keine 15 Meter zwischen uns - passierte, was wir versucht hatten zu vermeiden: der Elefant fixierte uns mit seinem Blick, stellte die großen Ohren auf, die er kräftig nach vorne und hinten schlug, trompetete laut, riss seinen Rüssel von links nach rechts und begann auf uns zu zu rennen. In unserer kleinen Nussschale von Boot, keinen Meter vom Flussgrund entfernt, kamen wir uns absolut winzig, hilflos und vor allem ausgeliefert vor. Glücklicherweise schien der Elefant uns nur warnen zu wollen, da er nach wie vor mit den Ohren schlackernd zum stehen kam, während unser Guide hektisch den Stock in den Boden rammte, um so schnell wie möglich das Weite zu gewinnen. Nach diesem Benjamin Blümchen-Ausraster hatten wir für diesen Tag genug von Abenteuern und kehrten erleichtert wieder im 'The Old Bridge Backpackers' ein.

    Nach einer erholsamen Nacht wollten wir ein erneutes Mal versuchen, unser ursprüngliches Ziel Nata zu erreichen. Abermals informierten wir uns an der Rezeption unserer Unterkunft, nach den örtlichen Busfahrplänen. Man sicherte uns zu, dass es am Nachmittag eine Direktverbindung geben würde. Am zentralen Omnibusbahnhof angekommen, mussten wir laut lachen, als wir herausfanden, dass wir einmal mehr fehlgeleitet wurden. Der letzte Bus nach Nata war bereits Stunden zuvor abgefahren. Plan B war schnell gefasst: Da wir uns ohnehin nicht gerne von Anna-Maria und David verabschieden wollten, schlossen wir uns ihnen auf ihrem Weg nach Kasane an. Mit dem Nachtbus ging es noch am selben Abend los.

    Früh am nächsten Morgen kamen wir in dem kurz vor der sambianischen Grenze gelegenen Ort an. Mit dem Taxi ging es zu unserer neuen Unterkunft, dem 'Bananyana Backpackers'. Da keine Rezeption zu finden war, fragten wir uns bei den ausnahmslos afrikanischen Gästen durch. Keiner konnte uns so richtig weiterhelfen, so dass wir einfach eine Weile warteten, bis endlich ein ziemlich verschlafener, aber freundlicher Mitarbeiter auftauchte. Dieser zeigte uns die vom Komfort her vollkommen unterschiedlichen Zimmer, die anders als im Internet angegeben, alle dasselbe kosten sollten. Ganz ohne Vorurteile schüren zu wollen, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es schnell festzustellen ist, ob ein Backpackers von Einheimischen oder westlichen Personen geleitet wird. Es wunderte uns nicht, als wir gefragt wurden, wie viel wir denn über das Internet schon angezahlt hätten und wie viel wir dem Hostel noch schuldig seien. Trotz solcher und anderer Unorganisiertheiten, hatten wir einen wunderbaren Aufenthalt und fühlten uns sehr wohl.

    Noch geschlaucht von der Übernachtfahrt, gönnten wir uns zunächst ein ausgiebiges Schläfchen, bevor wir am Nachmittag an einem Game Drive durch den nahegelegenen Chobe Nationalpark teilnahmen. Als wir ziemlich zu Beginn einen Elefanten in einer Matschpfütze spielend erblickten, freuten wir uns zwar, aber so richtig aus dem Häuschen waren wir nicht. Schließlich waren wir ja bereits im Okavango Delta einigen Dickhäutern begegnet. Die Safari nahm ihren Lauf. Bereits nach der ersten Kurve erfuhren wir, dass die Rüsseltiere uns nach wie vor aus den Socken hauen konnten. Vor uns tauchten riesige Elefantenherden auf, wovon jede einzelne dutzende Tiere zählte. Eine riesige Fläche, die über Kilometer nur von den grauen Riesen besiedelt zu sein schien. Es war atemberaubend! Im Gegensatz zu den Elefanten im Okavango Delta, waren diese an den Menschen gewöhnt, sodass sie teilweise ohne sich weiter an uns zu stören unmittelbar an unserem Jeep vorbei trotteten. Ein krönender Abschluss unserer Reise durch Botswana.
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  • Day 105

    Sambia / Simbabwe

    December 18, 2018 in Zambia ⋅ ⛅ 29 °C

    Nach einer kurzen Taxifahrt erreichten wir die sambianische Grenze, die wir mit unseren großen Backpacks aufgeschultert erst zu Fuß, dann mit der Fähre überquerten.

    Unser erster Stopp sollte ein Hotel in Livingstone sein, das wir zuvor im Internet herausgesucht hatten. Dort angekommen erkundigten wir uns nach dem günstigsten Doppelzimmer und erschreckten uns, als uns die dafür geforderte Summe genannt wurde. War es im Internet nicht wesentlich günstiger angepriesen worden? Doch da hatten wir uns wohl verguckt: Der Preis, den wir im Kopf hatten, hatte sich auf einen Zeltplatz bezogen. Mit ein wenig Verhandlungsgeschick, bei dem wir womöglich auch ein bisschen auf die Tränendrüse drückten, überzeugten wir den freundlichen Rezeptionisten davon, uns das Zimmer 10 $ günstiger zu überlassen.

    Erleichtert ließ sich vor allem Christina kurz darauf im Bett nieder, weil sie das erste Mal seit Beginn unseres Abenteuers mit den berühmt-berüchtigten Magen-Darm-Beschwerden zu kämpfen hatte, die auf keiner Reise fehlen dürfen. Wie gut, dass wir uns ausnahmsweise den Luxus eines Doppelzimmers gegönnt hatten und nicht das sonst übliche Mehrbettzimmer.

    Während Christina über der Kloschüssel hing, machte sich Lisa auf den Weg zum Supermarkt, um leicht bekömmliche Kost zu besorgen. Nach all den Sicherheitsvorkehrungen, die wir in Südafrika aufgrund der hohen Kriminalitätsrate hatten treffen müssen, war es ein Genuss, vollkommenen bedenkenlos alleine durch die Straßen laufen zu können. Überall traf man auf freundliche Menschen, die einen mit einem breiten Lächeln unaufdringlich grüßten. Getoppt wurde der Spaziergang von farbenprächtigen, köstlichen Mangos, die einem von gigantischen Bäumen direkt vor die Füße fielen.

    Den Krankheitssymptomen trotzend, ging es am nächsten Tag auch für Christina zu den Victoriafällen. Den weltweit breitesten durchgehenden Wasserfall der Erde, der dem Weltnaturerbe der UNESCO angehört, wollte sie sich nämlich unter keinen Umständen entgehen lassen. Da die Victoriafälle auf der sambianischen Seite während der Trockenheit generell nur wenig Wasser führen, beschlossen wir einen kurzen Abstecher nach Simbabwe zu machen. Mittlerweile routiniert, brachten wir die Visumsformalitäten an der Grenze schnell hinter uns, so dass wir nicht lange auf den benötigten Stempel im Reisepass warten mussten.

    Zwar gefallen uns persönlich kleine, in versteckten Oasen gelegene Wasserfälle besser, dennoch beeindruckten uns die imposanten Wassermassen, die man von 15 verschiedenen Aussichtspunkten die Klippen herunterstürzen sehen konnte. Durch die weitläufige Anlage verteilten sich die Besucher. Dadurch konnten wir uns immer wieder gemütlich hinsetzen und pausieren. Dies bot vor allem Christina die Möglichkeit, regelmäßig genug Kraft zu tanken, um die nächsten Meter zu bewältigen.

    Tags darauf ging es für uns mit dem Bus in die Hauptstadt des Landes. Doch wie den meisten großen Städten Afrikas, konnten wir auch Lusaka nicht viel abgewinnen. Graue Hochhausbauten und asphaltierte, von Müll bedeckte Straßen zierten das Stadtbild. Überall herrschte hektisches Treiben und der permantente Geruch von stinkendem Abwasser lag in der Luft. Lange hatten wir ohnehin nicht vor hier zu verweilen. Unser eigentliches Ziel war das drei Stunden Busfahrt entfernte Kapiri Mposhi, von wo aus wir den Tazara-Zug nach Dar es Salaam in Tansania nehmen wollten. Für die Zugfahrt am Folgetag (wieder einmal waren wir früh dran mit unseren Vorbereitungen) mussten wir nur noch kurz ein Ticket erstehen, weshalb wir uns zum dafür zuständigen Office begaben. Im Internet konnte man die Fahrkarte für die Bahn, die nur einmal die Woche fuhr, nämlich nicht reservieren.

    Bei der Verkaufsstelle angekommen, stellte die nette Dame hinterm Schreibtisch mit Bedauern fest, dass die Tickets der ersten und zweiten Klasse bereits ausverkauft seien. Da der Zug mindestens zwei, aber je nach anfallenden Reparaturen auch gerne schonmal fünf Tage unterwegs sein konnte, wären uns die mit Schlafkojen ausgestatteten Klassen am liebsten gewesen. So begannen wir uns seufzend mit dem Gedanken an die dritte Klasse anzufreunden, die nur Sitzplätze auf engem Raum bereitstellte. In diesem Moment tauchte ein kleiner Hoffnungsschimmer auf. Rhonda, die Ticketverkäuferin, bot uns an, sie vor ihrem Feierabend um 17:00 Uhr noch einmal via WhatsApp zu kontaktieren. Gelegentlich würden nämlich bereits reservierte Fahrkarten wieder abbestellt werden, sodass es doch noch Aussicht auf gemütliche Liegeplätze gab.

    Auf dem Weg zurück ins Backpackers, machten wir einen Abstecher in ein Shoppingcenter. Eigentlich wollten wir nur ein paar Lebensmittel besorgen, als unser Blick auf ein verführerisches Angebot in einem Sportgeschäft fiel. Adidas Sneaker in verschiedenen Farben zu einem einmaligen Preis. Da Christina seit Wochen ohne ihre Reeboks auskommen musste, weil sie diese in einem Kofferraum in Südafrika liegen gelassen hatte und Lisas Turnschuhe, die sie in jeder Lebenslage trug, durchgelaufen waren, kam der Sale wie gerufen. Schnell war die Entscheidung getroffen. Mit den neuen Schuhen unterm Arm sowie einem Shirt, einem Paar Flip-Flops und einem 3er-Pack passender Adidas-Socken, stellten wir uns an der Kasse an. Während wir warteten, fiel uns ein großer Fleck auf den schnieken Strümpfen auf. Im Geschäft war leider kein anderes Paar in der Größe zu finden, so dass sich ein Mitarbeiter gemächlich ins Lager begab, um dort danach zu stöbern. Schließlich war laut Computer noch eines vorhanden. Nach endlosem Warten, kam der junge Mann in Zeitlupe mit einem neuen Pack in der Hand auf die Geschäftsfläche zurück. Leider handelte es sich dabei um die falsche Größe. Die passenden Socken befänden sich in einem Karton, den die Mitarbeiter ohne die Erlaubnis des Managers nicht öffnen dürften. Eine Kollegin des sich im Faultiertempomodus befindenen Mitarbeiters bot an, den Flecken händisch zu entfernen. Während sie für diese Mission verschwand, tauchte der Manager auf und versprach die Angelegenheit zu klären. Da der Tag schon weit fortgeschritten war und wir Rhonda nur vom WLAN des Hostels aus kontaktieren konnten, saß uns die Zeit im Nacken. Weil auch der Manager keine Anstalten machte, sich außerhalb seiner Komfortgeschwindigkeit zu bewegen, schoben wir unseren geplanten Lebensmitteleinkauf im nebenan gelegenen Supermarkt zwischen, um unnötiges Warten zu vermeiden. Zurück im Sportgeschäft - es waren mittlerweile zwei Stunden vergangen, seit wir uns zum Schuhkauf entschieden hatten - offenbarte uns der Manager, dass er die Socken noch nicht gefunden habe. Nach aller Geduld nun doch leicht gereizt und gestresst, fragten wir, ob wir die notdürftig gereinigten Socken (der Fleck war nun nicht mehr braun, sondern gelb) zumindest günstiger erhalten könnten. Der Manager willigte ein. Nachdem die Kassiererin in aller Seelenruhe unseren Einkauf eingetütet hatte, begaben wir uns vollbepackt in größter Eile auf den Weg zurück in unsere Unterkunft .

    Nach einem 15-minütigen Sprint (die Taxifahrer verlangten einfach zuviel Geld) erreichten wir um 16:54 Uhr schweißgebadet unser Hostel.

    16:56 Uhr: Im WLAN eingeloggt mussten wir feststellen, dass Rhondas Nummer nicht mit WhatsApp synchronisierte - Mist, über den normalen Wege anrufen war uns ohne tansanianische Simkarte und ohne Guthaben nicht möglich.

    16:59 Uhr: Mit dem vom Rezeptionisten geborgten Handy versuchten wir verzweifelt eine Verbindung herzustellen, doch die Nummer der Ticketverkäuferin war besetzt.

    17:03 Uhr: Rhonda nahm zu unserer Erleichterung nach Feierabend den Hörer ab. Tiefenentspannt teilte sie uns mit, dass zwei Tickets der ersten Klasse freigeworden seien, die sie für uns reserviert habe. Da hatten wir mal wieder mehr Glück als Verstand!

    Warum wir etwas weiter oben so ausführlich über unser Shoppingerlebnis berichtet haben? Es ist einfach ein typischen Beispiel für TiA - This is Africa!
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  • Day 107

    Tazara-Express

    December 20, 2018 in Zambia

    Die dreistündige Busfahrt von Lusaka nach Kapiri Mposhi verlief ohne besondere Vorkommnisse. Im Bahnhof, der irgendwo im Nirgendwo gelegen war, erhielten wir nach nur zwei Stunden Wartezeit am Schalter unsere reservierten Tickets. Wir waren überrascht, als der Tazara-Express pünktlich um 16:00 Uhr abfuhr.

    Von unserem komfortablen Abteil, welches wir mit zwei netten sambianischen Damen teilten, waren wir auf Anhieb begeistert. Jedes der erstaunlich bequemen Betten war mit einem eigenen Nachtlämpchen ausgestattet. Im Gegensatz zu den Schlafkojen der zweiten Klasse, konnte man in unseren sogar aufrecht sitzen. Das war bei einer Reise auf unbestimmte Zeit ein echter Gewinn. Eine Toilette, einen Raum mit Spiegeln und Waschbecken und sogar eine Dusche teilten wir uns mit dem Rest des Waggons. Das war super, bis nach nicht einmal 24 Stunden das Wasser ausfiel. Zwar hatte man uns im Vorfeld über insbesondere diese Tücke des Zuges gewarnt, so schnell hatten wir damit aber nicht gerechnet. Am Bordrestaurant, wo man für kleines Geld leckere lokale Gerichte erstehen konnte, war man jedoch auf die Situation vorbereitet. Vor und nach dem Essen stellte man uns Schüssel, Gießkanne und Seife parat, um das Essen, was wir traditionell ohne Besteck aßen, mit sauberen Fingern genießen konnten.

    An der tansanianischen Grenze legte der Tazara-Express einen langen Stopp ein. Abteil für Abteil wurden die Passkontrollen durchgeführt, bis auch wir an der Reihe waren. Unorganisiert wie so oft, hatte wir dummerweise die benötigten US-Dollar für die Visumsgebühren nicht parat. Unsere Euros wollte der Beamte leider partout nicht annehmen. Stattdessen schickte er uns jemanden zum Geldwechseln vorbei. Beim angebotenen Wechselkurs sind wir dann mal kurz aus den Latschen gekippt: 10 Euro Verlust würde uns der Handel einbringen. Nein, danke! Der knallharte Geschäftsmann ließ kein bisschen mit sich diskutieren und war auch im Nu unverrichteter Dinge wieder verschwunden. Nach einer Lösung für unser Dilemma suchend, kam der Passkontrolleur zurück in unser Abteil gestürmt und raunzte, dass wir den Zug sofort an dieser Stelle verlassen könnten, wenn wir die Zahlung verweigern wollten. Etwas baff erklärten wir dem aufgebrachten Mann, dass wir sehr wohl gewillt waren zu zahlen, uns aber nicht übers Ohr hauen lassen wollten. Mit einem Blick auf unsere bewährte Währungsumrechnungsapp nahm der Kontrolleur mit verdrehten Augen und einem Seufzen unsere Euros letztlich doch an und verließ das Abteil. Wenig später kam er mit unseren Pässen und dem ersehnten Stempel zurück.

    Während die Passkontrollen im Rest des Zuges ihren Lauf nahmen, klopfte ein Herr im weißen Kittel an die Waggontür und erkundigte sich freundlich nach unseren Gelbfieberimpfnachweisen. Während wir wie gewünscht unsere Impfausweise zückten, druckste eine unserer sambianischen Reisebegleiterinnen herum. Sie führe das gewünschte Dokument nicht mit sich, das Bedingung für die Einreise war. Der Arzt erklärte, dass sie in diesem Falle entweder aussteigen müsse oder er ihr vor Ort eine Nadel in den Oberarm setzen könne. Die Dame beteuerte, dass die sich daraus ergebenden Impfkosten für sie nicht zu tragen seien und sie ohnehin nur wenige Tage in Tansania bleiben wolle. Der empathische Doktor zeigte Erbarmen, drückte beide Augen zu und führte seine inkonsequente Kontrolle fort.

    Immer wieder hielt der Zug ohne ersichtlichen Grund mitten in der Pampa an. Sobald er stand, strömten von allen Seiten Einheimische den Waggons entgegen und boten den Fahrgästen durch die Fenster ihre Ware feil. Obst, Nüsse, Gebäck, Hosen oder Powerbanks wurden lauthals auf Suaheli angepriesen. Wir liebäugelten mit saftigen Mangos und konnten schließlich nicht widerstehen. Da eine Verständigung auf Englisch nicht möglich war und wir deshalb nicht wussten, wie viel die ovale Frucht kosten sollte, streckten wir dem Verkäufer einfach 1000 tansanianische Schilling entgegen, was etwa € 0,40 entsprach. Das Geld schien auszureichen, denn kurz darauf hielt man uns eine köstlich duftendende Mango unter die Nase. Sich vom Händler verabschiedend, wollten wir uns zwecks Verköstigung in unser Abteil zurückziehen, als uns aufgeregt zugerufen wurde. Die Köpfe wieder aus dem Fenster gestreckt, wurden uns zwei weitere Früchte hochgereicht. Mehr als begeistert, bedankten wir uns vielmals. Doch damit war noch immer nicht genug: Erneut beugte sich der Verkäufer zu seiner Schale herunter. Letzten Endes hielten wir fünf farbenprächtige Mangos in unseren Händen - die wahrscheinlich leckersten und definitiv günstigsten, die wir je gegessen haben.

    Je weiter wir uns von Sambia entfernten und je tiefer wir ins nordöstlich gelegene Nachbarland eindrangen, desto mehr wurden landschaftliche Unterschiede sichtbar. Dies war hauptsächlich der in Tansania bereits begonnenen Regenzeit geschuldet. Ein sattes Grün so weit das Auge reichte. Besonders, als der Express einen Nationalpark durchquerte, kamen wir aus dem Staunen über das Dickicht aus Sträuchern und Bäumen nicht mehr heraus. Außerdem beeindruckten uns auf der Zugfahrt die von Bananenstauden und Palmen umgebenen rostroten erdigen Straßen, die sich ihren Weg durch beschauliche aus Lehmhäusern bestehenden Dörfer bahnten.

    Nach nur rund sechsundfünfzig Stunden und somit einer kaum nennenswerten Verspätung, kamen wir mitten in der Nacht in Dar es Salaam an. Wie sollten wir um diese Zeit noch eine Unterkunft ausfindig machen? Da wir nicht wussten, wohin mit uns, schlossen wir uns unserer dem Gelfieberrisiko ausgesetzten Bekannten an. Diese wisse von einem günstigen Hotel, wo sicher noch Zimmer frei seien. Noch etwas schlaftrunken stolperten wir der Frau durch das Bahnhofsgelände hinterher, bis wir am Haupteingang ankamen. Dort versuchten unzählige registrierte und inoffizielle Taxifahrer lauthals uns und andere Ankömmlinge in ihre Autos zu locken. Vor den nicht registrierten Taxis waren wir bereits im Zug durch die Lautsprecheranlagen explizit gewarnt worden - sie seien nicht sicher.

    Um die Fahrt zur geplanten Unterkunft möglichst günstig zu halten, organisierte unsere sambianische Freundin drei weitere Mitfahrende, sodass wir uns letzten Endes zu siebt in einen Fünfsitzer quetschten. Wir beide nahmen auf dem Beifahrersitz platz, wo wir uns am Armaturenbrett festkrallten, während unser Fahrer mit weit überhöhter Geschwindigkeit und rote Ampeln ignorierend durch die lebendige Großstadt bretterte. Von einer breiten Hauptstraße ging es weiter durch schmale Seitengassen, in denen ebenfalls noch reges Treiben herrschte. In einem besonders dubiosen Viertel - wir mutmaßten, dass die Damen am Straßenrand dem horizontalen Gewerbe angehörten - kam das Taxi zum Stehen. Wir kletterten aus dem Wagen und betraten ein heruntergekommenes in einem Hinterhof gelegenes Gebäude, bei welchem es sich um das empfohlene Hotel handelte. Unser Blick fiel auf die an der Rezeption ausgehängten Hausregeln. Da wir ohnehin die Vermutung hatten, uns im Rotlichtdistrikt aufzuhalten, waren wir von Regel Nr. 3: 'Prostitution ist nicht gestattet.', nicht sehr überrascht. Obgleich wir uns nicht vorstellen konnten, dass außer uns irgendwer dort nächtigen wollte, wurde uns zu unserer Überraschung mitgeteilt, dass alles ausgebucht sei. Die Sambianerin ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und erklärte uns, wir würden schon noch eine Unterkunft finden. Wohl fühlten wir uns nicht, als wir mit all unserem Gepäck durch die ominösen, dunklen Straßen liefen. Die Tatsache, dass vor jedem Hotel ein schwer bewaffneter Sicherheitsdienst aufgestellt war, bestärkte unser Gefühl, dass wir auf einem gefährlichen Pflaster unterwegs waren. Nach einer längeren Suche fanden wir endlich eine erschwingliche Unterkunft, die noch freie Betten zur Verfügung hatte. Wir checkten ein und verabschiedeten uns von unserer Reisebekanntschaft. Als wir die Türe unseres Zimmers öffneten, stieg uns ein beißender Modergeruch in die Nase. Eine Kakerlake krabbelte vor uns Schutz suchend unters Bett. Der enge Raum war feucht und dreckig, riesige Schimmelflecken zierten die Wände. Keines der Elektrogeräte funktionierte, was an herausgerissen Steckdosen und zerfransten Kabeln lag. Im Badezimmer war alles unddicht, was undicht sein konnte. Auch der Duschkopf tropfte stetig, doch lief wider Erwarten klares Wasser heraus. Nach dem Wassermangel im Tazara-Express, genossen wir die kühle Brause umso mehr und fielen anschließend vollkommen erschöpft in die Kissen.
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  • Day 121

    Sansibar

    January 3, 2019 in Tanzania ⋅ ☀️ 29 °C

    Völlig erschlagen von der vorangegangen Reise mit dem Tazara-Express, schliefen wir erstaunlich gut in unserem abgeranzten Hotelzimmer in Dar es Salaam. Dennoch waren wir froh, am nächsten Morgen auszuchecken und die Fähre nach Sansibar zu nehmen.

    Im Touristenviertel Stonetown angekommen, wurden uns auf dem Weg zum Hostel ununterbrochen diverse Touren, allerhand Waren sowie Taxifahrten angeboten. In dieser Häufigkeit irgendetwas dankend ablehnen zu müssen, war ausgesprochen anstrengend und vor allem nervig. Zwar hatten wir nicht einmal zwei Kilometer zu laufen, doch kamen wir aufgrund der extremen Hitze und hohen Luftfeuchtigkeit ganz schön ins Schwitzen. Erschwerend kam hinzu, dass wir uns aus Respekt vor der dort vorherrschenden muslimischen Kultur bedeckt gekleidet hatten. 95 Prozent der Inselbewohner vertreten den Glauben des Islams. Als wir schweißgebadet das Backpackers 'Lost and Found' betraten, erfreuten wir uns sehr an der klimatisierten Luft.

    Ein Mädchen in unserem 17-Betten-Zimmer empfahl uns eine Tour zur nahegelegenen Gefängnisinsel zu machen, auf welcher man unter anderem gigantische Landschildkröten bestaunen könne. Auf ihr Urteil vertrauend saßen wir am Folgetag in einem hölzernen Motorboot und fuhren auf das türkisblaue Meer hinaus. Mitten auf dem Ozean warf der Kapitän den Anker aus und wir erhielten die Möglichkeit die Unterwasserwelt mit ihren vielen bunten Fischen, Quallen und Pflanzen durch die Taucherbrille zu erkunden.

    Nachdem wir genug geschnorchelt hatten, brachte uns das Boot zur kleinen Insel, wo wir zunächst das ehemalige Gefängnis besichtigten. Viel zu sehen gab es dort nicht. Nach einer nur fünfminütigen Führung durch die einstige Strafanstalt war schon alles entdeckt, was es zu entdecken gab.

    Die nächste Enttäuschung ließ nicht lange auf sich warten: Entgegen unserer Annahme, dass die Schildkröten sich frei auf der gesamten Insel bewegen konnten, lebten diese eingepfercht in einem überschaulichen Gehege. Am Eingangstor wurden uns Salatblätter zum Verfüttern in die Hand gedrückt. Ein Schild wies darauf hin, dass es nicht erlaubt sei, sich auf die Tiere zu setzten. Schade, dass man darauf überhaupt aufmerksam machen musste. Dutzende der teilweise über hundert Jahre alten imposanten Reptilien wurden von ebenso vielen Touristen bestaunt, gefüttert und fotografiert. Vollkommen überfressen von dem ganzen Grün, übergab sich eine der Riesenschildkröten. Wir schämten uns, dass wir uns im Vorfeld nicht besser informiert hatten und das Ganze mit unserem Besuch unterstützten.

    Begeistern konnte uns auch der kleine Sandstrand der Gefängnisinsel nicht. Übersät mit Plastik bot er ein tristes Bild. In mehreren Gängen zum Abfalleimer sagten wir dem Müll so gut es ging den Kampf an, bevor wir uns zwecks Abkühlung ins Meer begaben und anschließend zurück zur Hauptinsel aufbrachen.

    Überall in Stonetown wurde einem das Schwimmen mit Delfinen angeboten und zugegebenermaßen waren wir zu Beginn sehr angetan von der Idee. Die intelligenten Säugetiere für nur 25 US $ in ihrem natürlichen Lebensraum hautnah erleben zu können, klang verlockend. Weil wir jedoch lernfähig sind, betrieben wir nach unsere Pleite auf der Gefängnisinsel erst einmal intensive Internetrecherche. Wirklich überrascht waren wir nicht, als wir auf verschiedenen Seiten lasen, dass Wissenschaftler und Umweltschützer zum Wohle der Tiere von dieser Aktivität dringend abrieten. Wider der zum Schutze der Delfine eingeführten Gesetze, würden die Tümmler von unseriösen Anbietern mit Motorbooten umzingelt. Die Touristen würden daraufhin hektisch dazu bewegt, ins Wasser zu springen, nur um nach wenigen Minuten wieder an Bord zu klettern und den davon schwimmenden Tieren weiter hinterherzujagen. Traurig, das wollten wir nicht.

    Weil wir den Eindruck hatten, dass die muslimischen Bewohner Stonetowns es nicht gerne sahen, wenn sich urlaubende Damen in einen knappen Bikini gekleidet an die dortigen Strände legten, verbrachten wir die restliche Zeit damit, durch die Straßen zu schlendern und in den unzähligen kleinen Geschäften zu stöbern. Das touristische Viertel der berühmten tansanischen Insel umgab wegen seiner Architektur und der vielen engen Gassen ein südeuropäisches Flair.

    Immer wieder wurde uns beim Bummeln fröhlich ein 'Hakuna matata!' oder 'rafiki' zugerufen, was auf Suhaeli 'Keine Sorgen!' und 'Freund' bedeutet. Diese Worte sind vermutlich nicht nur Disney-Fans geläufig. Uns war im Vorfeld bereits zu Ohren gekommen, dass die in Tansania gesprochene Sprache im Zeichentrickfilm 'Der König der Löwen' verankert ist. Da man überall mit einfachen suhaelischen Vokabeln konfrontiert wurde, nahmen wir diese schnell in unseren Wortschatz auf.

    Um unseren Hunger zu stillen, probierten wir liebend gerne lokales Essen aus. Dafür begaben wir uns nach Einbruch der Dunkelheit oft auf den Nachtmarkt. Von Knollengewächsen, über Kochbananen bis hin zu diversen Fisch- und Fleischsorten konnte man dort alles probieren. Unser absoluter Geheimtipp auf Sansibar war außerdem das Restaurant Lukmaan, in dem es neben wechselnden lokalen Gerichten auch köstliche frisch gepresste Smoothis für kleines Geld gab.

    Bei einem Mittagessen im Lukmaan lernten wir den Sansibari Abdi kennen. Wir erzählten ihm, dass wir uns bei der mosambikanischen Botschaft um ein Visum kümmern wollten. Da wir nicht wussten, wo sich diese befand, ließen wir uns auf Abdis Angebot hin von ihm den Weg zeigen. Leider war die Behörde auf Grund der anstehenden Festtage bis Anfang Januar geschlossen, weshalb wir unsere Reiseplanung noch einmal verschieben mussten.

    Als Abdi auch noch vorschlug, unseren anschließenden Stadtbummel zu begleiten, um uns die besten Geschäfte der Umgebung zeigen zu können, wurden wir skeptisch. In uns keimte der Verdacht, dass er letzten Endes ein dickes Trinkgeld für seine Dienste erwartete. Schließlich versuchte fast jeder auf dieser Inseln an den 'mzungus' (Weißen) zu verdienen. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: Abdi hatte einfach nur Lust seinen freien Tag mit uns zu verbringen, den wir mit einer leckeren Kugel Eis gemütlich ausklingen ließen.

    Plötzlich stand Weihnachten vor der Tür. Gemeinsam mit der Britin Beccah, die wir einige Tage zuvor in unserer Unterkunft kennengelernt hatten, gönnten wir uns ein Fünf-Gänge-Menü in einem gemütlich eingerichteten persischen Restaurant. Auf der Dachterrasse genossen wir anschließend bei einem wunderschönen Ausblick über die Stadt ein paar Cocktails.

    Am 25.12.2018 kam der Grund dafür an, wieso wir so schnell wie möglich von Botswana nach Sansibar gereist waren: Sarah. Sarah, die verrückte Nudel, hatte sich recht spontan dazu entschlossen, uns während unserer Reise zu besuchen und es einfach durchgezogen. Christinas CrossFit-Freundin aus Mönchengladbach kam pünktlicher an als wir es erwartet hätten, sodass die Arme uns völlig verkatert vom Heiligen Vorabend in unserem Hostel vorfand. Schnell packten wir unsere Sachen zusammen und machten uns - Knie und Schultern anständig bedeckt - auf den Weg zu unserem gebuchten Bungalow in Michamvi.

    Um uns eine teure Taxifahrt zu sparen, widmeten wir uns zum ersten Mal in Afrika dem Abenteuer Minibus. Ein paar Mädels aus dem Backpackers hatten uns zuvor grob erklärt, wie wir zur Haltestelle gelangen würden. Unterwegs bestand ein Einheimischer darauf, uns dorthin zu führen, obwohl wir ihm eindringlich versuchten zu vermitteln, dass wir nicht auf seine Hilfe angewiesen waren. Er hörte nicht auf uns und wiederholte mehrfach die Worte: 'Don't worry, no money!' Zwar ahnten wir, dass der Mann sich trotzdem eine satte Belohnung ausrechnete, weil er sich jedoch nicht abwimmeln ließ und wir ihm schließlich nicht verbieten konnten, vor uns her zu laufen, sahen wir uns vollkommen entnervt gezwungen, ihm zu folgen.

    Kurz hielten wir an einem Straßenstand an, um ein paar Flaschen Wasser zu kaufen. Den vierfachen Preis als sonst üblich verlangte der dreiste Verkäufer. Wir zeigten ihm einen Vogel und bekamen die kühle Erfrischung letztlich zwar immer noch etwas überteuert, aber wesentlich günstiger als das Ursprungsangebot ausgehändigt.

    Am Busbahnhof angekommen, wurde es plötzlich sehr hektisch. Ehe wir uns versahen, hatte sich irgendwer unsere Rucksäcke geschnappt und diese ungefragt auf das Dach eines Minibusses gepackt. Sarah und Christina waren bereits in das Dalladalla (der tansanische Ausdruck für das öffentliche Verkehrsmittel) hineingedrängt worden, während Lisa draußen noch den Preis für die Fahrkarten verhandelte. 7500 Schilling pro Person verlangte man. Das war absolut unverschämt, selbst die Hälfte des genannten Preises wäre noch zu hoch gewesen. Der Bus rollte los, Lisa wollte schnell einsteigen und sich zu Sarah und Christina setzen, doch der Ticketverkäufer hielt sie am Rucksack fest - erst solle sie zahlen! Der Bus nahm Fahrt auf und Lisa überkam ein Anflug von Panik, da sie befürchten musste zurückgelassen zu werden. Aus Verzweiflung hielt sie dem groben Mann 10000 Schilling hin. Diese nahm er zwar an, doch ließ er nicht von Lisas Handgepäck ab. Der Bus rollte immer weiter. Lisa saß noch immer nicht an Bord. Der Fahrkartenmafioso zeigte auf Lisas linke Hand, die noch einen weiteren großen roten Schein umklammerte. Da sich Lisa nicht anders zu helfen wusste, übergab sie auch diese 10000 Schilling. Endlich durfte sie sich neben ihre Freundinnen quetschen. Eine einheimische Frau flüsterte uns zu, dass sie nur 2000 Schilling gezahlt habe. Das Geld würden wir uns wiederholen, nahmen wir uns vor. Übrigens hatte unser Führer, den wir zu keinem Zeitpunkt engagiert hatten, ebenfalls im Dalladalla Platz genommen. Er versuchte uns davon zu überzeugen, dem Minibuskontrolleur weitere 10000 Schilling auszuhändigen, also 10000 pro Person zu zahlen. Zudem teilte er uns mit, dass der Bus nicht durchfahren würde und er uns vollkommen selbstlos und ohne Hintergedanken zeigen wolle, wo wir umsteigen müssten. Wir waren uns sicher, dass es eine Direktverbindung gab, aber nun war es zu spät.

    Nach wenigen Minuten Fahrtzeit und noch weit entfernt vom eigentlichen Ziel, wurde uns signalisiert, dass wir aussteigen müssten. Wieder Asphalt unter den Füßen stellte erst Lisa den betrügerischen Ticketverkäufer zur Rede, dann stimmte Christina mit ein. Scharf forderten wir die Hälfte des Geldes zurück. Unser Gegenüber begründete den lächerlich hohen Preis mit einem Festtagszuschlag, der natürlich nur uns reichen Weißen berechnet würde. Hätten wir beide nicht so eine gute Kinderstube genossen, wäre uns mit Sicherheit die Hand ausgerutscht, so sauer waren wir! Unser Auflehnen zeigte leider keinerlei Wirkung. Nach einem kurzen hitzigen Austausch sprang der Mann auf ein fahrendes Dalladalla auf und verschwand mitsamt unserem Geld im Staub, den der Minibus aufgewirbelt hatte.

    Während wir uns lauthals über die Flucht des Halsabschneiders aufregten, wurde ein Rastamann auf uns aufmerksam, der gerade damit beschäftigt war, ein paar Einkäufe in sein Auto zu laden. Er habe unser Gespräch nicht überhören können und es täte ihm Leid, dass wir so über den Tisch gezogen worden waren. Mit einem Lächeln offerierte er uns eine kostenlose Mitfahrgelegenheit, die uns ein deutliches Stück näher an unsere Unterkunft bringen würde. Dankend nahmen wir das Angebot an und unsere Verärgerung wich der Freude über die uns entgegengebrachte Gastfreundschaft. Für einen Moment wurden wir noch einmal in Wut versetzt, als plötzlich unser selbsternannter Führer neben uns stand und tatsächlich um Trinkgeld bat. Mit einem fassunglosen: "Danke für nichts!", verabschiedeten wir uns natürlich ohne etwas zu zahlen kopfschüttelnd von ihm.

    Nach ein paar Kilometern gerieten wir mal wieder in eine Polizeikontrolle. Ein Polizist bat um Vorlage des Führerscheins, welcher ihm umgehend ausgehändigt wurde. Anstatt diesen nach der Überprüfung an den Fahrer zurück zu geben, forderte der Mann in der beigen Uniform eine kleine, inoffizielle Bezahlung ein. Da der Fahrer auf seinen Lichtbildausweis angewiesen war, erhielt der korrupte Polizist das gewünschte Bestechungsgeld und die Tour konnte weitergehen.

    An einer Bushaltestelle, die wir niemals als eine solche ausgemacht hätten, da es keinerlei Kennzeichnung gab, wurden wir vom hilfsbereiten Rastamann abgesetzt. Bevor er uns verließ, erklärte er uns noch kurz, wie viele Schilling der Dalladallafahrer für den Rest der Strecke maximal einfordern dürfe. Der Minibus ließ nicht lange auf sich warten. Klüger als beim Male zuvor, handelten wir nun erst den Fahrpreis aus, bevor wir jemanden unser Gepäck aufladen ließen und alle gemeinsam einstiegen. Dieses Mal wurden die Ticketkosten von vorne herein nicht zu hoch angesetzt und es gelang uns ohne Diskussion den Preis auf den gewünschten Betrag zu drücken.

    In Michamvi angekommen liefen wir im Schatten der Palmen über weiße Sandpfade zu unserem kleinen Bungalowpark, in dem wir die einzigen Gäste waren. Sofort machten wir uns auf den Weg, um endlich den lang ersehnten paradiesischen Strand zu entdecken. Nach nur fünf Minuten Fußweg erblickten wir den indischen Ozean. Der meilenweite weiße Sandstrand war zu unserer großen Enttäuschung allerdings über und über mit Algen bedeckt. Dies sei durch die derzeitigen Wetterverhältnisse bedingt, erklärten uns die Einheimischen. Auch bei einem mehrstündige Strandsparziergang war nichts als das Algenmeer zu sehen. Ernüchtert klagten wir Beccah über WhatsApp unser Leid, die sich mittlerweile im 20 km entfernten Paje befand. Dort sehe der Strand tatsächlich wie im Werbeprospekt aus, versicherte sie. Einen Ausflug dorthin, mussten wir jedoch noch etwas aufschieben, weil Christina erneut mit Magen-Darm-Beschwerden ans Bett gefesselt war.

    Da es weit und breit keinen Supermarkt gab, machten sich Sarah und Lisa auf zur Nachbarlodge, um etwas trocken Brot für Christinas leeren Magen zu besorgen. Ein Laib war zwar nicht aufzutreiben, dafür aber ein paar Kekse und ein Medizinmann, der auf die Heilkraft von Aloe Vera schwor. Dieser ließ sich nicht davon abbringen persönlich mit zu unserem Bungalow zu kommen, um vor Ort einen Zaubertrunk herzustellen - schließlich war nur er alleine durch seine Zertifizierung dazu befugt die "Medizin" zu verabreichen. In einer halbstündigen Prozedur schnitt der Aloe Vera Meister immer wieder ein Stück der Pflanze ab und tunkte diese geduldig in ein Glas Wasser. Nach diesen liebevollen Bemühungen konnte Christina natürlich nicht anders als den halben Liter bitterste Flüssigkeit auch bis auf den letzten Tropfen hinunterzuwürgen.

    Ob es nun der Kraft der Natur zu verdanken war oder der Darm einfach nichts mehr auszuscheiden hatte, bleibt dahin gestellt; jedenfalls ging es Christina am Folgetag wieder gut genug, um einen Ausflug zu unternehmen. Mit neuer Hoffnung, das Paradies zu finden, machten wir uns mit dem Dalladalla - diesmal sogar fast zum ortsüblichen Preis - auf nach Paje. Dort angekommen wurden wir nicht enttäuscht: vor dem himmlischen blauen Meer erstreckte sich strahlend weißer Sandstrand soweit das Auge reichte - und das alles ohne Algen.

    Am Strand lernten wir den argentinischen José kennen, mit dem wir so einige frische Kokosnüsse teilten, von denen er fast immer eine bei sich trug. Ansonsten tankten wir viel Sonne, planschten im Meer und beobachteten, was so um uns herum geschah. Einmal fiel unser Blick auf eine Kuhherde - der perfekte Hintergrund für ein Freundschaftsbild. Das Foto war schnell im Kasten und die Kühe zogen weiter bis auf ein Kalb, das auf Tuchfühlung mit Lisa ging. Anfänglich tauschten die beiden ein paar Kuscheleinheiten aus. Das war süß anzusehen, bis das Tier in den Spielmodus überging und versuchte Lisa mit seinem dicken Schädel umzustoßen. Es verstand wohl nicht, dass sein Gegenüber nicht einmal die Hälfte von ihm wog. Anfangs lachten wir noch, doch das Kalb wurde immer wilder und ließ nicht von Lisa ab. Als die Situation anfing richtig ungemütlich zu werden, stürzte sich Beccah, die das Freundschaftsfoto geschossen hatte, heldenhaft zwischen Kuh und Lisa und klatschte laut in die Hände. Irritiert sprang das Kalb davon und stieß weit entfernt von uns eine andere Frau in den Sand, bevor es sich beruhigte und sich wieder seiner Herde anschloss.

    Der wunderschöne Blick auf den Ozean wurde von kunterbunten Lenkdrachen geprägt, die hoch oben im azurblauen Himmel schwirrten. Es war beeindruckend zu sehen, wie unzählige Kitesurfer mit dem Wind im Nacken über die Wasseroberfläche düsten ohne sich dabei umzufahren. Wir mussten das Spektakel nicht lange verfolgen, um zu dem Entschluss zu kommen, dass wir das auch ausprobieren wollten! Gesagt, getan: Am nächsten Morgen starteten wir unter Anleitung eines Fachmannes mit Trockenübungen am Strand, um zunächst ein Gefühl für das Lenken eines Drachens zu bekommen. Nach etwa einer Stunde ging es dann mit dem 15 Meter breiten Schirm ins Nass. Das Board nahmen wir erst einmal nicht mit und das war auch gut so: Wahnsinn, wie viel Kraft dahintersteckt, wenn der Drache von einer Böe erfasst wird. Um ein größeres Gegengewicht zu bilden und zu vermeiden dem Horizont entgegen davonzufliegen, hingen wir zu zweit an den Schnüren des Sportgerätes und sind Freudenschreie ausstoßend nur so über das Wasser gepeitscht. Herrlich, das war ein Spaß! Als unser Kitesurflehrer nach drei Stunden in der prallen Mittagssonne endlich das Board holte, waren unsere Konzentration und Kraft schon ziemlich ausgeschöpft. Es brauchte ein paar kümmerliche Versuchen das Board zu erklimmen, bis wir entschieden das Werk am nächsten Tag mit neuer Energie zu vollenden. Soweit sollte es jedoch nicht kommen.

    Am darauffolgenden Morgen wachten wir mit einem unglaublichen Druck auf den Lippen auf, der so groß war, dass wir Angst hatten, sie würden jeden Moment aufplatzen. Ein Blick in den Spiegel löste einen kurzen Lachkrampf aus. Wir sahen aus, wie nach einer misslungenen Botoxbehandlung. Sonnenbrand auf der Lippe ist schon eine fiese Angelegenheit. Generell noch etwas geschlaucht von der Überdosis Sonneneinstrahlung vom Vortag, entschieden wir uns dafür, einen Tag Pause vom Surfen einzulegen. Wie der Zufall es so will, war es an diesem Tag auf Grund mangelnden Windes sowieso nicht möglich den Wassersport auszuüben. Doof nur, dass auch an unserem letzten Tag im Osten der Insel kein Lüftchen mehr wehte, so dass wir unsere neu erlernten Künste leider nicht weiter ausbauen konnten. Naja, wir werden schon noch einmal während unserer Reise die Möglichkeit erhalten, uns mit Drachen und Brett ins Meer zu stürzen.

    Als schattige Alternative zur Aktivität im Wasser beschlossen wir, gemeinsam mit Beccah und José den Jozani Chwaka Bay Nationalpark zu besuchen. Dieser ist unter anderem für seine roten Sansibar-Stummelaffen berühmt, die es nur auf diesem einen Flecken Erde zu bestaunen gibt. Tatsächlich mussten wir nicht lange unserem Guide durch dichtes Grün folgen, bis uns die Affen das erste Mal begegneten. Sie kamen uns erstaunlich nahe und schienen sich überhaupt nicht an uns zu stören. Die Tiere aus nächster Nähe beobachten zu können markiert definitiv eines der Highlights unserer Zeit auf der tansanischen Insel. Als dann noch aus dem Nichts eine winzig kleine Baby-Kobra vor uns her schlängelte, war unser Dschungelabenteuer perfekt.

    Da wir durchschnittlich mehr Tage in Paje als in Michamvi verbrachten, stiegen wir am Abend nach unserer Nationalparkbesichtigung ausgesprochen routiniert ins Dalladalla, welches uns zu unserer Unterkunft bringen sollte. Nach nicht einmal der halben Strecke blieb der Kleinbus jedoch mitten in der Pampa stehen und erklärte, dass dies die Endstation sei. Wann oder ob ein nächster Bus kommen würde, konnte man uns nicht sagen. Etwas verdattert begannen wir die letzten zehn Kilometer zu Fuß zu bestreiten. Die Sonne stand bereits tief am Himmel und war dabei sich langsam zu verabschieden. Weil wir keine großartige Lust hatten, nach Einbruch der Dunkelheit mitten im Nirgendwo an der Straße entlang zu spazieren, winkten wir in der Hoffnung auf eine Mitfahrgelegenheit dem nächsten heranfahrenden Pickup zu. Dieser kam tatsächlich zum Stehen und deutete uns an auf die Ladefläche aufzuspringen. Dort fanden wir zwischen etwa zehn weiteren Personen noch ein kuscheliges Plätzchen und genossen den aufkommenden kühlen Fahrtwind. Es stellte sich heraus, dass wir auf eine Artistengruppe gestoßen waren, die sich auf dem Weg zu einer Aufführung befand. Gerne nahmen wir die herzliche Einladung an, der Show beizuwohnen, die nicht allzu fern von unserem Bungalow stattfinden würde. In einem am Strand gelegenen Restaurant unterhielt die muntere Truppe das Publikum mit einer akrobatischen Darbietung zu afrikanischer Musik. Welch ein schöner Tagesabschluss.

    Da Sarah früh am Morgen des ersten Januars die Heimreise antreten musste, kehrten wir Ende Dezember zurück in das uns vertraute Backpackers in Stonetown, von wo aus der Flughafen leicht zu erreichen war. Im 'Lost and Found' trafen wir zwei Französinnen wieder, die wir bei unserem ersten Aufenthalt flüchtig kennengelernt hatten. Spontan entschlossen wir uns dazu, den Silvesterabend gemeinsam zu verbringen. Die beiden hatten ein Tapasrestaurant ausgesucht, in dem wir uns wieder einmal kulinarisch verwöhnen ließen. Begleitet wurde der Abend von spanischer Livemusik, bei welcher Sarah nach dem Abendessen ihre grandiosen Tanzkünste zum Besten gab. Wow!

    Anschließend zogen wir weiter, um eine Bar zu finden, in der wir das Jahr gebührend ausklingen lassen wollten. Leider war die Auswahl nicht sehr groß und die Eintrittspreise teilweise recht hoch, so dass wir noch immer durch die Straßen irrten, als die Uhr plötzlich Mitternacht anzeigte. Wirklich spürbar war der Jahreswechsel nicht - kaum einer fiel sich um den Hals und ein Feuerwerk gab es auf der Insel auch keines. Unser Rutsch verlief also ziemlich unspektakulär. Wir kehrten wieder in die Tapasbar ein, in der wir gerade noch ein Bier ergatterten, bevor das Lokal zumachte. Immerhin konnten wir so ohne Kater und einigermaßen ausgeschlafen in das Jahr 2019 starten, welches mit der Verabschiedung von Sarah begann. Ruckzuck war die Woche mit Sarah vergangen - auf Wiedersehen, wir haben uns sehr über deinen Besuch gefreut!

    Auch wir wollten die Insel verlassen - und zwar bald. Irgendwie hatten wir genug von Sansibar, vor allem von Stonetown. Warum das so war, konnten wir gar nicht so genau auf den Punkt bringen. Auf eine Art waren wir genervt. Es war heiß, es war schwitzig. Die langen Klamotten waren permanent durchnässt von der schwülen Luft und da wir nicht so viele lange Sachen zum Anziehen dabei hatten, blieb uns nichts anderes übrig als ständig in dieselben schmandigen Flatterhosen zu steigen. Das ewige 'Hakuna matata' und die aufdringlichen Verkäufer gingen uns auch auf den Keks. Hinzu kam, dass wir nach langer Zeit des einfachen Herumreisens wieder das Bedürfnis verspürten, einer sinnvollen und vor allem routinierten Beschäftigung nachzugehen. Wie auch immer, wir wollten schleunigst weg von diesem Ort, weshalb wir uns am Morgen des zweiten Januars auf den Weg zur Fährticketverkaufsstelle begaben.

    Nach zwei Stunden Wartezeit auf sehr beengtem Raum erfuhren wir, dass uns gerade das letzte Ticket nach Dar Es Salaam für diesen Tag vor der Nase wegeschnappt worden war. Nicht noch eine Nacht auf der Insel...aber was blieb uns anderes übrig?! Schwimmen wollten wir nicht. Uns wurde eine Fährverbindung für den Nachmittag des Folgetages angeboten. Die Fahrkarten sollten 10 US Dollar mehr pro Person kosten als auf der Hinfahrt und waren das Vierfache von dem was die Einheimischen zahlten. Natürlich sind wir als Besucher eines Landes bereit auch mal tiefer in die Tasche zu greifen und mehr auszugeben als es von den Ortsansässigen verlangt wird, aber unserer Meinung nach nahm das Ganze in dieser Touristengegend überhand. Der Preis für die Fahrkarten war schon unverschämt. Mit dutzenden ungeduldig drängelden Menschen im Rücken, wollten wir jedoch nicht lange diskutieren und legten geschlaucht das geforderte Geld auf den Tresen.

    Endlich an Bord des Schiffes, überkam uns schon nach kurzer Zeit auf Grund des starken Wellenganges die Übelkeit. Dass sich die anderen Fahrgäste überall um einen herum übergaben, war für unsere Situation nicht gerade förderlich. Heilfroh betraten wir zwei Stunden später das ersehnte tansanische Festland.
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  • Day 127

    Human Dreams Children's Village

    January 9, 2019 in Tanzania ⋅ ⛅ 31 °C

    Wir waren des gewöhnlichen Reisens etwas überdrüssig und sehnten uns nach einer sinnvollen Tätigkeit und einem routinierten Tagesablauf. Deshalb meldeten wir uns an unserem letzten Abend auf Sansibar bei Workaway an, einer App, über die man sich weltweit auf Stellen als Volontäre in den verschiedensten Bereichen bewerben kann. Dieses Mal wollten wir gerne mit Kindern arbeiten. Ein Profil war schnell erstellt und die ersten vielversprechenden Jobs gefunden. Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, so kurzfristig einen Freiwilligendienst zu ergattern, bewarben wir uns direkt auf zwei Stellen. Wir hatten Glück: Das Human Dreams Children's Village meldete sich nahezu postwendend zurück und bot uns an, direkt am nächsten Tag dort anzufangen. Leider konnte man uns aus organisatorischen Gründen nur maximal sechs Tage Arbeit in dem Heim für mehrfachachwerstbehinderte Kinder anbieten, aber das machte uns nicht viel aus. Wir waren froh, dass es überhaupt so spontan klappte.

    Voller Vorfreude machten wir uns auf nach Kigamboni, einem eigenständigen Distrikt in der Nähe von Dar Es Salaam. Nicole, die Gründerin des Kinderheims, hatte uns netterweise vorab eine ausführliche Anreisebeschreibung zugemailt inklusive der angemessenen Preise für die verschiedenen öffentlichen Verkehrsmittel. Zunächst überquerten wir per zehnminütiger Fährfahrt ein Stück Meer, dann marschierten wir bei sengender Hitze durch das Zentrum Kigambonis, bis wir einen Busbahnhof erreichten. Von dort nahmen wir ein Dalladalla. Hier wurde uns nach dem Bezahlen der Tickets sogar Wechselgeld ausgehändigt, was nach unserer Erfahrung auf Sansibar eine angenehme Überraschung war. Zu guter Letzt schwangen wir uns zum ersten Mal während dieser Reise auf ein Motorradtaxi. Allerdings quetschen wir uns im Gegensatz zu unserem Abenteuer in Vietnam Anfang 2017 nicht samt unserem Gepäck zu dritt auf ein Motorrad, sondern verteilten uns brav auf zwei Gefährte. So ging es lehmige, unebene Straßen entlang, Kinder liefen hinter uns her und winkten uns aufgeregt zu. Hier und da überquerten Ziegen, Kühe, Hühner oder streunende Hunde die Fahrbahn. Links und rechts von uns war alles saftig grün. Bananenstauden und andere tropische Gewächse erhoben sich überall aus der roten Erde. Wir waren fast ein wenig traurig, als wir kurz vor Sonnenuntergang am großen Eingangstor des Human Dreams Children's Village ankamen und die Tour somit endete.

    Häufig werden in Tansania schwerkranke oder behinderte Kinder von ihren Angehörigen aufgrund von Aberglauben und Scham vor der Gesellschaft versteckt. Teils werden sie in Kartons gehalten ohne ein einziges Mal das Tageslicht zu erblicken. Das im Juli 2015 eröffnete Human Dreams Children's Village bietet eben diesen kleinen Menschen ein besseres und vor allem liebevolles Zuhause. Auch nimmt es vollpflegebedürftige Kinder auf, die wegen finanzieller Nöte von ihren Familien nicht ausreichend versorgt werden können. Zudem finden dort jene Zuflucht, auf deren spezielle Bedürfnisse in gewöhnlichen, oftmals überfüllten Kinderheimen nicht eingegangen werden kann und sie deshalb grobe Vernachlässigung erfahren müssen. Das Human Dreams Children's Village besteht aus fünf Häusern, die jeweils Platz für bis zu sechs Kinder bieten. Außerdem befindet sich auf dem Gelände ein Rehazentrum, welches die nötige therapeutische und medizinische Behandlung für die kleinen Bewohner des Dorfes gewährleistet. Auch gibt es eine Sonderschulklasse, die auf die besonderen schulischen Ansprüche der Kinder eingeht.

    Mit breitem Lächeln auf den Gesichtern wurden wir von den Mitarbeitern des Kinderheims willkommen geheißen. Freundlich wies man uns den Weg zu unserer Unterkunft, wo wir von Nicole und einer Langzeitvoluntärin namens Tatjana ebenso lieb begrüßt wurden. Tatjana war uns mit ihrer quirligen und vor allem witzigen Art sofort sympathisch. Sie erklärte uns die Regeln des Dorfes und skizzierte uns den groben Tagesablauf.

    Um 7:15 Uhr begann unsere Arbeit. Es waren nur drei Kinderhäuser belegt, auf die Tatjana und wir beide uns aufteilten. Am frühen Morgen unterstützten wir die Pflegekräfte dabei, die Kinder aus ihren Pyjamas zu schälen und sie für den Tag anzukleiden. Das Windeln wechseln war uns aus hygienischen Gründen untersagt und den ausgebildeten Festangestellten vorbehalten.

    Waren alle Kinder angezogen, halfen wir sie zu füttern. Das wurde teilweise zu einer großen mentalen Herausforderung. Einige der kleinen Bewohner hatten aufgrund ihrer Behinderungen Schwierigkeiten den feinen Brei zu schlucken. Deshalb würgten sie oft, übergaben sich manchmal, weinten und wimmerten gelegentlich. Es war herzzerreißend und ging einem ganz schön an die Substanz. Zu wissen, dass die Kost lebensnotwendig war, half uns jedoch geduldig einen Löffel nach dem anderen in die Münder zu befördern, auch wenn es einem hin und wieder wie eine halbe Ewigkeit vorkam, bis die Teller leer waren. Wenn die Kinder satt waren, frühstückten wir gemeinsam mit den Erzieherinnen und Pflegerinnen in den uns zugeteilten Häusern. Meistens gab es Chapati und Tee. Das frischgebackene in Ostafrika weit verbreitete Brot, welches seinen Ursprung in Pakistan hat, schmeckte uns ausgezeichnet.

    Anschließend setzten wir uns zu den Kleinen, sangen ihnen Lieder vor, tanzten für sie, spielten mit ihnen oder nahmen sie einfach in den Arm und übersäten sie mit Küsschen. Oft wurde das mit Freudenschreien und lautem Kinderlachen belohnt. Um 10:00 Uhr gab es für die Zwerge je einen Becher Milch, bevor wir uns gegen 10:30 Uhr in die erste Pause verabschiedeten.

    Um 12:30 Uhr begaben wir uns zum Mittagessen, das wir in der Regel mit Nicole, Tatjana und gegebenenfalls Besuchern des Kinderdorfs gemeinsam einnahmen. Die Küche war abwechslungsreich und versorgte uns unter anderem mit typisch tansanischen Gerichten wie zum Beispiel Ugali (Maisbrei) oder Chipsi Mayai (in Spiegeleiern gebratene Pommes).

    Gesättigt gingen wir im Anschluss in unsere Häuser, wo wir den Kindern ihr Mittagessen servierten und sie danach für ein ausgiebiges Schläfchen in ihre Betten legten. Ruckzuck war es Zeit für Pause Nummer zwei, welche erst um 16:00 Uhr endete. Dann war es unsere Aufgabe, hungrige Mäuler mit leckerem Fruchtbrei zu stopfen. War das vollbracht, trugen wir alle Kinder aus den Häusern heraus und ließen die Sonnenstrahlen ihre Näschen kitzeln. Es war schön, gemeinsam mit den Bewohnern und dem Personal draußen auf einer gemütlichen Wiese im Innenhof zu sitzen, sich zu unterhalten und zu sehen, wie die Kinder sich an der frischen Luft erfreuten.

    Im Austausch mit unseren Kollegen, erfuhren wir viel über die traurigen Einzelschicksale der Kinder. Ein Massai-Mädchen war beispielsweise aufgrund seiner körperlichen und geistigen Einschränkungen von seinem Stamm verstoßen worden. Wann immer seine Mutter das Dorf verließ um zu arbeiten, war die Kleine kaum oder gar nicht gefüttert worden. Nachdem der Mama des Kleinkinder zudem von Familienangehörigen mehrfach nahegelegt worden war, das Mädchen zu vergiften, hatte die Mutter ihre Tochter schweren Herzens ins Kinderdorf gebracht. Diese und andere Geschichten machen deutlich, wie wichtig das Human Dreams Children's Village ist.

    Zwischen 18:00 Uhr und 20:00 Uhr gab es sowohl für uns als auch für die Kinder Abendessen. Ging es mit dem Füttern schnell voran, halfen wir anschließend dabei, den Kleinen die Schlafanzüge anzuziehen und sie ins Bett zu bringen.

    So manch einen Feierabend verbrachten wir mit Tatjana, die gerne witzige Anekdoten aus ihrem Leben zum Besten gab und uns somit lauthals zum Lachen brachte. In der kurzen Zeit, in der wir dort waren, haben wir sie sehr in unser Herz geschlossen und freuen uns nach wie vor in Kontakt mit ihr zu stehen.

    Unser Höhepunkt der knappen Woche, die wir im Kinderdorf verbrachten, war ein Ausflug zum Strand von Dar Es Salaam mit Tatjana und zwei Kindern. Die Kleinen in einem Tragesack vor unsere Brust geschnallt und mit Proviant im Gepäck, machten wir uns in einem Bajaji (Dreiradfahrzeug) auf den Weg ans Meer. Dort war es wunderbar: Die Kinder quietschten vor Vergnügen, als wir ihre Füße durch das Wasser streifen ließen. Zwar konnten sie wegen ihrer stark eingeschränkten Motorik weder schwimmen noch durch den Sand krabbeln, jedoch strahlten beide von einem Ohr zum anderen. Sie spürten, dass es ein besonderer Tag war und das machte auch uns sehr glücklich.

    Mehr Informationen über das Kinderdorf in Tansania oder Nicoles andere Projekte findet ihr unter www.humandreams.org.

    Wer gerne etwas spenden möchte:
    Human Dreams e. V.
    IBAN: DE15 6145 0050 1000 5347 33
    BIC: OASPDE6AXX
    Kreissparkasse Ostalb
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  • Day 134

    Brightserian Kindergarten

    January 16, 2019 in Tanzania ⋅ ⛅ 30 °C

    Das zweite Projekt, auf das wir uns an unserem letzten Abend auf Sansibar via Workaway beworben hatten, befand sich ebenfalls in Kigamboni. Samuel und seine Frau Lightness würden für ihren Kindergarten jede Unterstützung gebrauchen können, stand in der Beschreibung. Für vier bis fünf Stunden Arbeit pro Tag könne man bei dem tansanischen Ehepaar und deren zwei Söhnen wohnen und würde mit traditionellem Essen verköstigt. Während unserer Zeit im Human Dreams Children's Village hatten wir auf Samuels Zusage hin vereinbart dort im direkten Anschluss hinzufahren.

    Die öffentlichen Verkehrsmittel mittlerweile sehr lieben gelernt, machten wir uns mit dem Dalladalla auf den Weg. Da wir ohne tansanische Simkarte von unterwegs nicht aufs Internet zugreifen konnten, verließen wir uns wie schon oft zuvor auf die bewährte App MAPS.ME, einem offline Routenplaner. So würden wir mit Hilfe des GPS genau wissen, wo wir aus dem Kleinbus aussteigen müssten. Bestens vorbereitet also - denkste! Nur ca. 400 Meter von der gekennzeichneten Adresse entfernt, hüpften wir aus dem Transportmittel und näherten uns dem gesetzten Fähnchen auf unserer Offlinekarte. Ein Kindergarten oder irgendetwas was darauf hindeuten könnte kam jedoch nicht in Sicht. Die wenigen Menschen, die uns begegneten, konnten so gut wie kein Englisch sprechen. Mit Händen und Füßen versuchten wir zu verdeutlichen, was wir suchten. Ein Mann schien uns schließlich helfen zu können. Er bedeutete uns ihm zu folgen. Eine ganze Weile lang führte er uns zielstrebig über die staubigen Straßen des Dorfes. Nebenbei sei erwähnt, dass wir uns ausgerechnet zur heißesten Zeit des Tages auf die Suche gemacht hatten, es auf dem Festland natürlich genauso schwülwarm war, wie auf Sansibar und wir weiterhin knie- und schulterbedeckte Kleidung trugen. Endlich wies der freundliche Fremde auf ein Haus, zu dem er uns die letzten Meter alleine laufen ließ. Vollkommen enttäuscht stellte sich kurz darauf heraus, dass es sich dabei nur um ein leerstehendes Gebäude handelte. Wo war nur der Kindergarten? Unsere Energie neigte sich dem Ende zu. Die pralle Mittagshitze und unsere schweren Backpacks auf den Rücken hatten uns ganz schön zugesetzt. Schweißgebadet und mit schmerzenden Schultern kehrten wir zur Hauptstraße zurück und ließen uns erschöpft im Schatten eines Strauches auf sandigem Boden nieder. Kaum hatten wir die Rucksäcke abgeschnallt, hielt ein Motorradfahrer neben uns an und erkundigte sich in verständlichem Englisch, ob er uns behilflich sein könne. Und tatsächlich, das konnte er. Er selbst war nämlich kein anderer als Samuel - unser Gastvater für die kommende Woche. Nur durch Zufall sei er die Straße entlang gekommen, da er noch Erledigungen zu tun hatte. Welch' ein Glück! Erleichtert folgten wir ihm zu seinem Haus, das nur fünf Gehminuten entfernt war.

    Während Samuel in seiner Art zwar sehr freundlich aber etwas reserviert war, begrüßte uns seine Ehefrau Lightness mit viel Herzlichkeit. Die beiden Söhne Bee und Laisse (drei und sechs Jahre alt) verzückten uns sofort mit ihrer lebhaften Art.

    Nachdem uns das durchaus geräumige Haus und der auf dem Grundstück gelegene Kindergarten gezeigt wurde, musste Christina erstmal das stille Örtchen aufsuchen. Schon über dem Loch im Boden hockend, registrierte sie gerade noch rechtzeitig, dass nichts zum Abwischen vorhanden war. Die Hose wieder hochgezogen fragte sie den Gastvater vorsichtig, ob die Familie Toilettenpapier benutzen würde. "Yessss... we do.... but not so much.", war die Antwort. Der Gebrauch schien tatsächlich ausgesprochen selten vorzukommen, da im ganzen Haus kein einziges Blatt aufzutreiben war.

    Flott begaben wir uns zu einem nahegelegenen Straßenlädchen. Erneut wurden wir damit konfrontiert, dass Englisch zwar Amtssprache in Tansania ist, es aber in den Dörfern von der Bevölkerung weder gesprochen noch verstanden wird. Auf die Frage nach der heiligen weißen Rolle wurden uns erst verschiedene Getränke, dann diverses zu Essen entgegengehalten. Eine Gruppe Jugendlicher, die am Laden versammelt stand, amüsiert sich köstlich darüber, wie wir immer wieder verzweifelt den Kopf schüttelten. Um nicht Gesprächsthema des gesamten Dorfes zu werden, verzichteten wir erstmal auf eine pantomimische Darstellung des gesuchten Produktes und versuchten unser Glück in weiteren Läden, was letztendlich zum Erfolg führte.

    Im Kindergarten waren wir unter der Woche von 08:00 Uhr bis 12:30 Uhr beschäftigt. Während wir vor Arbeitsbeginn noch unser Frühstück verspeisten, trudelten die ersten Kinder bereits ein. Insgesamt kamen täglich rund 30 Jungs und Mädchen im Alter von drei bis sechs Jahren aus der Nachbarschaft dorthin. Orlando und Mary waren zur Beaufsichtigung der Kinder fest angestellt.

    Zum Einstieg in den Tag wurden meist Lieder gesungen, zu denen sich rhythmisch bewegt wurde. Anschließend fand eine Unterrichtseinheit statt, wofür die Gruppe in zwei geteilt wurde. Die Älteren wurden im Klassenraum beschult, der neben Tischen und Stühlen auch mit einem Lehrerpult und einer Tafel ausgestattet war. Die Wände waren liebevoll mit verschiedenen Lernmotiven bemalt. Für die jüngeren Kinder gab es draußen Plastikstühle im Miniaturformat, so dass sich der Garten im Nu in ein Klassenzimmer verwandeln ließ. Nach etwa eineinhalb Stunden durfte sich ausgetobt werden. Zwei Schaukeln, eine Wippe und zwei kaputte Fußbälle war alles, was das Grundstück zum Spielen bereithielt. Kein Wunder, dass wir als Klettergrüst sehr willkommen waren. Die Hälfte der Kinder tummelte sich auf und um uns herum. Die Rabauken wollten hochgehoben werden, uns einfach nur anfassen oder unsere Haare frisieren. Bevor es für die Kleinen nach Hause ging, gab es für jeden noch einen Becher gefüllt mit leckerem Maisbrei.

    Die ersten Tage assistierten wir beim Unterrichten, wurden aber schnell gefragt, ob wir auch selber etwas vorbereiten möchten. Natürlich wollten wir, aber die große Frage war was und vor allem wie! Sämtliche Unterrichtsinhalte mussten nämlich sehr anschaulich dargestellt werden und ohne viele Worte verständlich sein, da weder die Kinder noch die beiden "Lehrer" der englischen Sprache besonders mächtig waren. Wir überlegten uns, mit Hilfe von Bildern englische Begriffe zu vermitteln.

    Fleißig erstellten wir selbstbemalte Plakate, die verschiedene Früchte zeigten. Neben den Lernbildern, bereiteten wir auch Malvorlagen vor. Da wir keinen Kopierer zur Verfügung hatten, wurde jedes Stück per Hand angefertigt. Nach dutzenden gezeichneten Umrissen von Papayas, Bananen, Wassermelonen und co. lernten wir den uns gewohnten Zugang zu technischen Geräten richtig zu schätzen. Während des Malens studierten wir einen Fruchtsong ein, den wir mit den Kindern singen wollten, damit die gelernten Vokabeln besser verinnerlicht werden. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, kauften wir das aufgemalte Obst in natura, das wir gemeinsam mit den Kindern verspeisen wollten. Mit dieser in der Theorie für uns sehr abgerundeten Unterrichtseinheit, waren wir auf den nächsten Tag sehr gespannt.

    Um nicht zu viel Veränderung auf einmal einzubringen, behielten wir die Methode des vorherrschenden Frontalunterrichts bei. Mit viel Enthusiasmus der Schüler waren die Vokabeln schnell gelernt. Auch das Ausmalen und das Vernaschen der Früchte stieß auf große Begeisterung. Die Tatsache, dass wir viele Fragen der Kinder nicht verstehen konnten und bei Streitereien untereinander auf Grund der Sprachbarriere nur schlecht vermitteln konnten, empfanden wir allerdings als unbefriedigend. Alles in allem konnten wir nach Kindergartenschluss aber erschöpft auf einen gelungenen Vormittag zurückblicken.

    Außerhalb der Kindergartenzeiten erhielten wir die Gelegenheit, in den Alltag der tansanischen Familie einzutauchen. Gerne halfen wir bei der Zubereitung der traditionellen Gerichte und lernten dabei zum Beispiel Kokosmilch selber herzustellen.

    Viel Zeit verbrachten wir mit den Söhnen. An einem Wochenende machten wir mit ihnen und dem Nachbarsmädchen Cersei einen Tagesausflug zu unserem bekannten Strandabschnitt, da Tatjana an diesem Tag auch dort sein würde.

    Im Meer dauerte es nicht lange, bis die Kinder ihre anfängliche Vorsicht über Bord warfen und sich dann immer wieder voller Übermut in die Wellen stürzten. Stundenlang plantschten wir glücklich lachend im erfrischenden Nass oder tauschten im Schatten des Sonnenschirms Geschichten mit unserer Freundin Tatjana vom Human Dreams Children's Village aus. Als sich der sehr gelungene Strandtag dem Ende zuneigte, ging es vor der Heimreise noch schnell unter die Dusche. Im Waschraum angekommen, teilte uns Cersei mit auf Toilette zu müssen. Da wir in Tansania bereits viel mit Kindern zu tun gehabt hatten, war uns diese Vokabel mittlerweile schon sehr geläufig. Da wir beide nicht vollständig angekleidet waren, schlug Christina der Kleinen der Einfachheit halber vor, in die Dusche zu pieseln. Cersei schien nicht direkt zu verstehen, weshalb Christina ihre Aussage veranschaulichte, indem sie sich (selbstverständlich ohne zu pinkeln) über den Abfluss hockte. Etwas verdattert tat Cersei es ihr nach. Als sie sich wieder aufrichtete und dabei ein riesiger Kackhaufen zum Vorschein kam, war uns klar, warum das dreijährige Mädchen anfänglich etwas gezögert hatte. Unsere Suhaelikenntnisse waren wohl doch noch etwas ausbaufähig. Lachend beseitigten wir das kleine Malheur.

    Als wir am Abend nach Hause kamen, erzählte uns Samuel, dass in der Nachbarschaft eine Hochzeit gefeiert wurde, zu der wir - wie auch jeder andere Dorfbewohner - herzlich eingeladen seien. Anstatt ins Bett zu schlüpfen, warfen wir uns in unser schickstes Outfit und wohnten der Feierlichkeit bei. Als einzige weißen Gäste, waren wir die Attraktion schlechthin. Es dauerte keine 15 Minuten bis wir in den Armen des Brautpaares gemeinsam das Tanzbein schwungen und damit sehr zum Amusement der Gesellschaft beitrugen.
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  • Day 137

    Dar Es Salaam und Mbeya

    January 19, 2019 in Tanzania ⋅ 🌧 19 °C

    Kurz bevor wir den Brightserian Kindergarten verließen, lernten wir noch flüchtig das Mädchen kennen, das dort nach uns den Freiwilligendienst antreten würde. Unsere ehrenamtliche Nachfolgerin empfahl uns ein günstiges Hotel im Zentrum Dar Es Salaams. Da wir nicht noch einmal in dieselbe ominöse Unterkunft wie in unserer ersten Nacht in der tansanischen Großstadt einkehren wollten, folgten wir ihrem Vorschlag. 

    Wenig später, im WLAN der uns nahegelegten Herberge eingelogged, nahmen wir Kontakt zu Tatjana auf und verabredeten uns für den nächsten Tag zu einem Bummel über einen großen Markt im Stadtviertel Kariakoo. Voller Vorfreude fieberten wir diesem Ereignis entgegen und merkten dabei, wie uns auf unserer Reise manchmal ganz alltägliche Dinge fehlten. Mit einer Freundin ein Treffen zu vereinbaren, fühlte sich ein bisschen wie Zuhause an und das war schön.

    Der Markt war bunt, lebendig und brechend voll. Jeder pries lauthals seine Ware an. Schwer beladene Karren und Fahrräder wurden mitunter durch die Menschenmassen hindurch manövriert. Unser kleines Trio genoss aufgrund der offensichtlich europäischen Herkunft mal wieder ganz besondere Aufmerksamkeit. Während wir an Ständen mit Kleidung, Schuhen und Stoffen vorbeischlenderten, wurden wir von den Händlern oft nicht einfach nur herangerufen. An uns wurde gezerrt und gezogen, teils folgte man uns über kurze Strecken in dem Versuch, uns doch noch von einem Kauf zu überzeugen. All das machte unseren Ausflug zwischendurch etwas anstrengend und nervenaufreibend. Die geforderten Preise waren oft unverschämt hoch, sodass gutes Verhandlungsgeschick geboten war. Dabei kamen uns unsere Suahelikenntnisse sehr gelegen, die wir nach dem kleinen Malheur in der Dusche noch etwas weiter ausgebaut hatten. 'Bei gani?' - Die Frage, wie teuer das Objekt der Begierde sein sollte, gekoppelt an ein freundliches Lächeln, verhalf uns so letztendlich doch noch zu manch einem guten Deal. 

    Nach einer erfolgreichen Shoppingtour und einem kurzen Snack in einem gemütlichen Café, verließen wir am Nachmittag bepackt mit neuen Röcken, Flatterhosen, einem Paar Schuhe und einem schicken Oberteil das Stadtzentrum. Per Fähre und Dalladalla machten wir uns dann zu unserem Lieblingsstrandabschnitt auf, wo wir die restlichen Sonnenstunden bei einem ausführlichen Bad im Meer genossen. Nur Christinas Erfrischung fiel leider etwas kürzer aus. Aufgrund eines hinterhältigen Quallenangriffs, musste diese nach nur etwa drei Minuten die Wellen wieder verlassen. Zum Glück waren die Verbrennungen kaum der Rede wert und die dadurch entstandenen Schwellungen schnell abgeklungen.

    An unserer Hotelzimmertür war ein Schreiben befestigt, das insbesondere Frauen zu hoher Vorsicht außerhalb der Unterkunft riet. Taschen sollten in den Straßen Dar Es Salaams wenn möglich in der Hand und nicht um die Schulter getragen werden. Diebe, die nach diesen aus fahrenden Autos griffen, könnten sonst die an die Taschen gefesselten Besitzer über den Asphalt schleifen. Zudem wurde davor gewarnt, nicht in Taxis einzusteigen, in denen außer des Berufsfahrers noch eine weitere Person säße. Solche Fahrten endeten, so hieß es, in der Regel an einem Geldautomaten, wo der Fahrgast gewaltsam veranlasst würde, Bares abzuheben. Wir nahmen die Worte des Hotelmanagements zwar ernst, fühlten uns dadurch aber nicht eingeschüchtert. Schließlich hatten wir noch nie direkten Kontakt mit einem solchen kriminellen Ereignis gehabt. Damit, dass uns nur wenig später aus erster Hand eine dramatische Entführungsgeschichte geschildert werden würde, hätten wir nicht gerechnet. 

    An unserem letzten Abend in Dar Es Salaam saß Christina mit Lisas Laptop beschäftigt in einem Gemeinschaftsraum des Hotels, als auf einmal ein sichtbar aufgeregter, in etwa gleichaltriger Mann neben ihr stand. Mit Schweißperlen auf der Stirn und am ganzen Körper zitternd fragte dieser, ob er vielleicht kurz den Computer benutzen könne, da er dringend sein Konto sperren lassen müsse. Christina überließ ihm das Gerät und besorgte ihm eine kühle Cola, weil sie befürchtete, dass er sonst einen totalen Kollaps erleiden würde. Nach und nach erfuhren sie und Lisa, die mittlerweile dazugestoßen war, was sich ereignet hatte: Der Mann sei mit seiner Ehefrau in ein Taxi gestiegen, nachdem ihnen ein unschlagbar günstiges Angebot für die Fahrt unterbreitet worden wäre. Eigentlich hätten er und seine Frau bei dem Preis stutzig werden müssen, aber nach vielen Wochen in Tansania, in denen ihnen nichts widerfahren war, hätten sie sich einfach keine Gedanken gemacht, erzählte er uns. Auf einmal habe das Taxi unerwartet angehalten und ein bewaffneter Mann sei eingestiegen. Dieser habe umgehend mit seinem Gewehr auf das Paar gezielt und ihnen befohlen, die Köpfe zu senken und die Blicke auf ihre Schöße gerichtet zu lassen. Ununterbrochen habe der Gesetzeswidrige sie angeschrien und eingeschüchtert.  Die Autotüren seien verriegelt worden. Die aus Tschechien stammenden Touristen seien dann zu einem Geldautomaten gebracht worden, wo weitere Verbrecher bereitgestanden hätten. Der Mann sei von dem als Taxifahrer getarnten Entführer und seinen Komplizen gezwungen worden Geld abzuheben. Nach mehreren Stunden in der Enge des Taxis eingesperrt, sei er von den Gangstern entlassen worden, seine Frau befände sich aber nach wie vor in deren Gewalt und er mache sich große Sorgen um sie. 

    Wir hatten noch nicht gänzlich alle Zusammenhänge der Geschichte verstanden, als im Empfangsbereich des Hotels in zivil gekleidete Polizisten erschienen, die das Opfer baten, ihnen auf das Revier zu folgen, wo seine Frau angeblich auf ihn wartete. Nach den erschreckenden Erlebnissen des Tages, vertraute der Mann kaum einem mehr und bat uns, ein Foto von ihm und den Ordnungshütern zu machen. Zudem notierte er in aller Eile seinen Namen auf ein Stück Papier mit der Bitte an uns, die tschechische Botschaft zu kontaktieren, sollte er nicht wiederkehren. 

    Ein paar Stunden später kam der Mann gemeinsam mit seiner Ehefrau ins Hotel zurück. Sichtlich erschöpft schilderten sie uns den Rest ihres traumatischen Erlebnisses: Nachdem die Verbrecher den Mann dazu genötigt hatten Geld abzuheben, habe ihnen die Ehefrau mitgeteilt, dass sie ihre Kreditkarte nicht bei sich trüge. Anstatt es darauf beruhen zu lassen, seien die Täter ein hohes Risiko eingegangen, indem sie ihre Geiseln separierten. Während sie den Mann weiter in ihrem Gefährt gefangen hielten, sei die Frau in einem offiziellen Taxi zurück zum Hotel geschickt worden, um ihre Kreditkarte zu besorgen. Ihr sei als Warnung mit auf den Weg gegeben worden, dass sie unter permanenter Beobachtung stünde und sie ja keine Dummheiten machen solle. Da sie befürchtete, man könne ihrem Ehemann etwas antun, habe sie sich nicht getraut mit irgendwem zu sprechen. Dann habe sie jedoch einen Hilferuf auf einen Zettel geschrieben und diesen dem Rezeptionisten des Hotels unauffällig zukommen lassen. Dieser habe sie daraufhin in einen Sicherheitsraum geführt und die Polizei kontaktiert. Die Frau sei kurz darauf in demselben Taxi in welchem sie gekommen war, unauffällig gefolgt von Zivilpolizisten, zurück zu den Gangstern gefahren. Dort angekommen habe sich die Polizei zu erkennen gegeben und es sei eine kurze Schießerei zwischen Gesetzeshütern und - brechern entfacht. Mehrere Kriminelle seien festgenommen worden, aber ihr Ehemann sei nirgendwo zu sehen gewesen. Wie sich später herausstellte, hatte man ihn an einen anderen Ort verschleppt. Zu seinem Glück seien seine Entführer von ihren Komplizen über das Polizeiaufgebot informiert worden und anstatt die verbleibende Geisel zu töten, habe man den Mann einfach laufen lassen. Dieser habe natürlich nicht gewusst, was geschehen war und habe sich als erstes auf den Weg zum Hotel gemacht, in der Annahme, seine Frau befände sich noch in Gefahr. 

    Da nicht alle Täter dingfest gemacht wurden und die Gangster um die Unterkunft der beiden Touristen wussten, wechselten diese noch an demselben Abend ihre Herberge und flogen am nächsten Tag zurück in ihre Heimat. Das sei sogar schon vor dem schrecklichen Ereignis geplant gewesen. 

    Um sicher zu unserem nächsten Ziel, Mbeya, zu gelangen, hatten wir uns von einem Mitarbeiter unseres Hotels in Dar es Salaam ein offizielles Taxi rufen lassen, das uns ohne Probleme zum dortigen Busbahnhof beförderte. Eingedeckt mit ausreichend Proviant für die circa 13-stündige Fahrt, kletterten wir noch vor Morgengrauen in den Bus. Während unserer Tour ins westliche Tansania, kamen wir mit unserem Vordermann ins Gespräch. Der Afrikaner wohne in Mbeya und riet uns nicht bis zur Endstation durchzufahren, sondern gemeinsam mit ihm eine Haltestelle zuvor auszusteigen. Diese sei näher zu unserem gebuchten Hotel gelegen. Ein kurzer Blick auf die Karte bestätigte seine Aussage. 

    Bei Ankunft am empfohlenen Busstop war die Sonne längst untergegangen. Wie so oft wurden wir bereits beim Aussteigen von diversen Taxifahrern umzingelt, wovon uns am liebsten jeder einzelne zum gewünschten Zielort fahren wollte. Noch etwas geprägt von der  Entführungsgeschichte unserer Hotelnachbarn, waren wir dankbar, als uns unsere Busbekanntschaft helfend zur Seite eilte. Er bestätigte unsere Sorge, dass es sich bei diesen Männern nicht um offizielle Personenbeförderer handele. Er kenne aber einen zuverlässigen, vertrauenswürdigen Taxifahrer, den er nur kurz anrufen müsse. Unsere Backpacks entladen, fuhr der Bus davon und sowohl die mit uns ausgestiegenen Fahrgäste als auch die ominösen Taxifahrer gingen ihrer Wege. Wir waren so gut wie allein. Erst jetzt fiel uns auf, wie dunkel es war, da der Platz keinerlei Straßenlaternen aufwies. Sein Telefonat beendet, erklärte uns der Tansanier, dass sein Bekannter jeden Moment hier sein werde. Um auch ganz sicher zu gehen, dass wir gut in unserer Unterkunft ankämen, habe er vor, uns auf der Taxifahrt zu begleiten. Im Anschluss würde er dieselbe Strecke wieder zurückfahren, da er selbst nämlich in fußläufiger Entfernung zum Bahnhof wohne. Das kam uns mehr als spanisch vor: wenn er doch extra einen vertrauenswürdigen Fahrer, den er sogar als Freund bezeichnete, kommen ließ, warum wollte er dann noch zusätzlich ins Taxi steigen? Wir hakten nach. Schließlich hatten wir erst kürzlich gelernt, dass eine der obersten Sicherheitsregeln im südlichen Afrika lautet, nicht mit zwei Männern in ein Taxi zu steigen. Unser überbesorgter Helfer ließ sich von unserer Skepsis nicht beirren. Je mehr er beteuerte, dass dies der sicherste Weg zu unserer Herberge sei, desto misstrauischer wurden wir. Da uns die Situation letzten Endes ganz und gar nicht mehr geheuer war, lehnten wir sein freundliches Angebot dankend ab und wollten uns schleunigst vom Acker machen. Der Bahnhof war mittlerweile wie ausgestorben. Etwas hilflos machten wir uns zielstrebig zum einzig sichtbaren Lichtschein auf den Weg. Dort trafen wir auf eine Gruppe Einheimischer, die sich an einem hölzernen Marktstand um ein in einer rostigen Tonne entfachtes Feuer versammelt hatte. Zwar wirkte auch dieser Treff nicht allzu einladend, doch wussten wir uns nicht anders zu helfen. Auf unsere Nachfrage hin, gab einer der Männer an, ein Taxifahrer zu sein und signalisierte uns ihm zu folgen. Während wir etwas zweifelnd hinter dem Unbekannten durch die Finsternis tappten, kam wie aus dem Nichts ein weiterer Mann angerannt. Wild gestikulierend warnte er uns, nicht in das Auto des Fremden zu steigen. Der Mann sei kein Berufsfahrer und wolle uns ausrauben. Unserem Bauchgefühl vertrauend, wechselten wir kurzum die Richtung und folgten dem herbeigeeilten Herrn. Doch die andere Person ließ nicht von uns ab. Immer aufgebrachter wütete er und diskutierte lauthals in Suhaeli mit seinem plötzlich aufgetauchten Konkurrenten. Dieser ließ sich zu unserer Erleichterung  ganz und gar nicht einschüchtern und führte uns in Seelenruhe zu seinem Vehikel. Erneut handelte es sich um kein offizielles Taxi - die gebe es hier in Mbeya auch gar nicht, erklärte uns der Fahrer. Vollkommen verunsichert stiegen wir aus Mangel an Alternativen schließlich in das Auto ein. Während sich Lisa auf der Rückbank mit ihrem Schweizer Taschenmesser bewaffnete, informierte Christina via WhatsApp einen guten Freund über die Situation und verschickte unseren aktuellen Standort - für alle Fälle. 15 angespannte Minuten später erblickten wir heilfroh unser Hotel und versanken nur kurz darauf erleichtert in unseren ersehnten Betten. 

    Am nächsten Morgen informierten wir uns online, was es in und um Mbeya zu entdecken gab. Nicht viel, stellte sich heraus. Das kleine Städtchen wird von Touristen in der Regel nur als Übernachtungsstopp auf ihrem Weg nach Malawi genutzt. Eine Sehenswürdigkeit ließ sich bei der Googlesuche aber doch finden: der Ngozi Crater Lake, circa 30 km außerhalb Mbeyas. Eine Wanderung in die Poroto-Berge zu einem erloschenen Vulkan, von dem heute nur ein riesiger Krater übrig ist, hörte sich doch perfekt an. 

    Bei der Rezeption unseres Hotels nachgefragt, wurde uns empfohlen, ein Taxi zum Krater zu nehmen, da dorthin angeblich keine öffentlichen Verkehrsmittel führen. Der Empfangsmitarbeiter wolle sich 'kurz' nach einem Taxipreis erkundigen und verschwand. Eine halbe Stunde später kam er endlich wieder und eröffnete uns, dass die Beförderung 150.000 tansanische Schilling kosten sollte. Knapp 60 Euro für eine 20-minütige Fahrt? Das war ja wohl ein schlechter Scherz! Wir verließen das Hotel, welches direkt an der Hauptstraße gelegen war. Kaum vorstellbar, dass uns keiner der unzähligen Kleinbusse, die an uns vorbeiratterten, in die Nähe des Kraters befördern konnte. Wir stiegen in das nächste Dalladalla ein und fuhren erstmal zu dem uns bekannten Busbahnhof. Dieser sah am helllichten Tag auch gar nicht mehr so angsteinflößend aus. Die erste Person, die wir anquatschten, konnte uns direkt weiterhelfen und führte uns zu einem Dalladalla, das uns in fußläufiger Entfernung zum gewünschten Zielort rauslassen würde. Wir verhandelten den Fahrticketpreis auf eine uns fair erscheinende Summe. Glücklich darüber, nur etwa ein Hundertstel des Taxipreises gezahlt zu haben, stiegen wir in das motorisierte Gefährt ein. Von den einheimischen Insassen erfuhren wir, dass wir umgerechnet immer noch etwa 30 Cent mehr als den üblichen Preis bezahlt hatten, was der Sache keinen Abbruch tat. Auf halber Strecke gerieten wir wieder einmal in eine Polizeikontrolle. Als einzige Weiße im Fahrzeug lag das Hauptaugenmerk des Polizisten auf uns. Neben den üblichen Smalltalkphrasen wie: 'How are you?' und 'How do you like Tansania?' wollte er zum Schluss noch wissen: 'How much did you pay for the ticket?'. Etwas verdattert beantworteten wir auch die letzte Frage und fügten hinzu, dass uns bewusst sei, dass wir etwas zu viel gezahlt hatten. Lachend antwortete dieser: 'Not too much for you.' Auch wir fingen an zu lachen. Allzu übel konnten wir ihm seine Legitimation nicht nehmen, uns aufgrund unserer Hautfarbe ein wenig teurere Tickets zu verkaufen. 

    Mitten auf einer Landstraße, an der sich ein paar Dutzend Häuschen zu einer winzigen Ortschaft zusammenschlossen, kam der Fahrer zum Stehen und bedeutete uns auszusteigen. Noch nicht ganz überzeugt davon, ob wir richtig waren und da wir auf die Schnelle auch kein Schild sahen, fragten wir noch kurz, wo es zu dem Krater ginge. Der Fahrzeugführer winkte drei Jugendliche herbei, die im Dorf herumschlenderten, und beauftragte diese uns dorthin zu leiten. Gesagt, getan. Nach nur wenigen Metern entdeckten wir auch schon einen kleinen Wegweiser, der die Richtung zum Ngozi Crater Lake anzeigte. Da eine Verständigung mit den Jugendlichen ohnehin nicht möglich war und wir die Wanderung lieber auf eigene Faust machen wollten, drückte wir ihnen etwas Kleingeld in die Hand und verabschiedeten uns dankbar. 

    Voller Vorfreude endlich wieder eine Wanderung zu machen schritten wir motiviert die zum Krater führende Schotterstraße entlang. Doch das Vergnügen hielt nicht lange an - bereits nach wenigen hundert Metern kamen uns drei mit Macheten bewaffnete Ranger entgegen und versperrten uns den Weg. Zwar in mehr als gebrochenem Englisch, aber dennoch unmissverständlich wurde uns vermittelt, dass wir ohne ein im Vorfeld erworbenes Eintrittsticket nicht passieren dürften. Damit konnten wir nicht dienen. Nirgends im Dorf war auf eine Verkaufsstelle hingewiesen worden und auch die Jugendlichen hatten keine Andeutungen gemacht, dass man dort bereits hätte Eintritt zahlen sollen. Uns blieb keine andere Wahl als den Männern zurück zur Hauptstraße zu folgen. Nein, wir hatten nichts übersehen: es gab keinen Hinweis auf einen Ticketerwerb. Wir wurden durch kleinste Gassen, vorbei an Hühnern und Kälbern, zu einer kleinen unscheinbaren Lehmhütte eskortiert. Dort behieß man uns zu warten. Wie wir dieses Office alleine hätten finden sollen, blieb uns ein Rätsel. Endlich kam das Oberhaupt des Dorfes herbeigeeilt. Allerdings war auch er der englischen Sprache nicht mächtig. 30.000 TZS wolle er von uns haben, so viel verstanden wir. Wir hatten zufällig zuvor im Internet gelesen, dass man sich auf jeden Fall ein Ticket aushändigen lassen soll, da man sonst trotz Bezahlung am Fuße des Kraters wieder weggeschickt werden würde. Irgendwie versuchten wir also dem Chief zu vermitteln, dass wir nur gegen einen Beleg bezahlen würden. Doch dem wurde nur mit vehementen Kopfschütteln begegnet. Da sowohl das Büro als auch unser Gegenüber alles andere als offiziell aussahen, behielten wir unser Geld letzten Endes lieber für uns. Das war uns etwas zu blöde und undurchsichtig. 

    Wir gingen zurück zur Hauptstraße, versuchten noch ein paar andere kleine Feldwege entlangzuwandern, die sich jedoch alle als Sackgassen entpuppten. Etwas resigniert entschieden wir uns dazu einfach an der Straße zurück zu laufen. Mit den an uns vorbeibretternden Autos war das allerdings alles andere als ein idyllischer Spaziergang und das noch weitere 25 Kilometer? Beim nächsten näherkommenden Fahrzeug streckten wir spontan unseren Arm aus, worauf dieses auch tatsächlich zum Stehen kam. Wir tauschten ein paar Worte mit den vier sympathisch erscheinenden Männern aus, vertrauten auf unseren Instinkt und stiegen zu ihnen in den Van. Wir hatten eine sehr unterhaltsame Fahrt, wurden mit Proviant versorgt, lernten noch etwas über das Land und die Kultur und wurden tatsächlich bis kurz vor unser Hotel mitgenommen. Wieder einmal hatte uns unser Bauchgefühl nicht im Stich gelassen. 

    Nach zwei Nächten in Mbeya zog es uns weiter. Bis nach Malawi waren es nur noch etwa 120 km. Wieder einmal bestiegen wir ein Dalladalla, das uns bis kurz vor die Grenze bringen sollte. Im vollgestopften Kleinbus herrschte eine ausgelassene Stimmung. Fröhlich plapperten queerbeet alle um uns herum miteinander. Immer wieder schnappten wir vereinzelte Wortfetzen auf. Unter anderem das suhaelisches Wort  'Muzungu' für 'Weiße Person'. Da wurden wir doch neugierig und fragten in die Menge, was so über uns gequatscht wurde? Dies stieß sofort auf freudiges Gelächter und entfachte einen unterhaltsamen Austausch, in dem wir unsere bisherigen Suhalikenntnisse preisgaben und diese noch etwas erweiterten. 

    Drei Stunden später stiegen wir etwas wehmütig aus dem Fahrzeug. All unsere Sprachfortschritte waren in wenigen Minuten nicht mehr gefragt, wieder musste man sich an eine neue Währung gewöhnen und aufs Neue herausfinden, was ein angemessener Betrag für Nahrungsmittel, Transport etc. war. Auf der anderen Seite waren wir natürlich gespannt wie ein Flitzebogen, welche Abenteuer uns im nächsten Land erwarten würden. So passierten wir die Passkontrolle mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
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  • Day 138

    Malawi Part I

    January 20, 2019 in Malawi ⋅ 🌧 24 °C

    Eine unserer wichtigsten Devisen auf Reisen lautet: Plane und buche so wenig wie möglich im Voraus. Dadurch steht es einem offen, unterwegs spontan auf Tipps von Einheimischen und anderen Reisenden einzugehen. So hatte uns der Manager eines Hostels in Botswana, den wir mittlerweile unseren Freund nennen durften, die Mushroom Farm im Norden Malawis empfohlen. Seinem Rat folgend, steuerten wir also die solarbetriebene Öko-Lodge an, welche Permakultur und moderne Komposttoiletten betreibt. Sie sollte unsere erste Station im warmen Herzen Afrikas werden.

    Erst am späten Nachmittag erreichten wir den Fuß des Berges, auf dem sich hoch oben die Mushroom Farm befand.  An einer kleinen strohbedeckten Holzhütte meldeten wir uns als Gäste an. Leider war die günstige Variante, die etwa zehn Kilometer entfernte Unterkunft auf der Ladefläche eines Pick-Ups zu erreichen, an diesem Tag nicht mehr verfügbar. Als Alternative wurde uns eine Taxifahrt angeboten, die uns aber viel zu teuer war. Wir fragten, wie lange es in etwa dauern würde, den Weg zu Fuß zurückzulegen. ‚Zweieinhalb bis drei Stunden.‘, hieß es. Allerdings müssten wir uns beeilen, um noch vor Sonnuntergang ans Ziel zu gelangen. Es gebe ein paar Abkürzungen, die jedoch ohne die Hilfe von Einheimischen schwer zu finden seien. Deshalb wurde uns geraten, zwei Träger zu engagieren, die uns den Weg weisen und uns gleichzeitig mit dem Gepäck behilflich sein würden, um schneller voran zu kommen. Es kostete einige Überzeugungsversuche, bis Christina Lisa von der Idee abbringen konnte, die schweren Backpacks selber die steile Schotterpiste hoch zu manövrieren. Dann ging es endlich los.

    Motiviert und von der schönen Natur verzückt stiegen wir in Begleitung unserer zwei gut gelaunten Helfer bergauf. Immer wieder raschelte es im Gebüsch und die lauten Rufe von Pavianen schallten durch das Geäst der Bäume. Wir waren überrascht, als wir etwas außer Atem in nur einer Stunde und fünfundvierzig Minuten die Mushroom Farm betraten.

    Freundlich wurden wir an der Rezeption empfangen und anschließend durch eine bunte Pflanzenwelt zu unserem Zimmer geleitet, das direkt an einer Klippe gelegen war. Innen war genügend Platz für drei mit Moskitonetzen ausgestattete Betten. Möbel, Decken, Wände – alles bestand aus naturbelassenem Holz. Es war urig. Sofort umhüllte uns eine gemütliche Atmosphäre wie eine weiche, kuschelige Decke. Ein türloser Rahmen führte auf einen Balkon. Dort eröffnete sich uns ein überragender Ausblick auf ein dicht bewaldetes Tal und den wunderschönen Malawisee, der im Licht der bald untergehenden Sonne glitzerte.

    Da es in der Nähe keinen Supermarkt gab, verzichteten wir ausnahmsweise auf Selbstverpflegung und genossen anstelle dessen die vom Backpackers angebotenen köstlichen Gerichte. Das täglich wechselnde Abendessen musste im Vorfeld bestellt werden und wurde für jeden um Punkt 19:00 Uhr serviert. Durch die gemeinsame Einnahme der Mahlzeit, lernten wir schnell die wenigen anderen Gäste kennen. Unter anderem machten wir Bekanntschaft mit dem israelischen Mädchen Dana, ohne zu ahnen, dass wir mit ihr im späteren Verlauf unserer Reise noch einige Zeit verbringen würden.

    Nach einer angenehmen ersten Nacht in unserer behaglichen Schlafstätte, machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum nächstgelegenen Ort Livingstonia. Unter anderem wollten wir uns dort eine malawische SIM-Karte besorgen. Rotbraune lehmige Wege führten durch kräftig leuchtendes Grün und an plätschernden Flussläufen entlang. Zwischendurch stärkten wir uns mit kleinen Speisen, die an Straßenständen verkauft wurden. Wir sind uns ziemlich sicher, dass wir uns an der ein oder anderen Stelle verlaufen haben müssen, da wir erst zweieinhalb Stunden nach Aufbruch die sechs Kilometer entfernte Kleinstadt erreichten.

    Nachdem wir den Ort ausreichend erkundet hatten, betraten wir einen kleinen Laden. Jeweils baten wir um eine SIM-Karte. Diese waren zwar vorrätig, allerdings nicht in der für unsere Smartphones passenden Micro-Form. Einen Ausstanzer gab es nicht. Deshalb setzte sich der junge Verkäufer mit einem Taschenmesser ausgerüstet neben uns auf eine Bank und machte sich geduldig daran das erste Stück Plastik zu schnitzen. Ganz ohne Eile arbeitete er um den Chip herum und ließ kleine Kunststoff-Späne regnen. Es war faszinierend, mit welch einer Ruhe und Gelassenheit der Mann vorging. Er ließ sich so viel Zeit, dass sich nach weit über einer Stunde unsere Blasen meldeten. Auf die Frage nach einem stillen Örtchen wurden wir zu einem kleinen Toilettenhaus geführt. Im Boden war ein Loch eingelassen, das mit einem alten Holzbrett notdürftig abgedeckt war. Den provisorischen Klodeckel zur Seite geschoben, flogen einem tausende Fliegen entgegen. Der Geruch der Latrine war beißend, ein Waschbecken gab es nicht. Nach dem Benutzen der einfachen Sanitäranlage schätzten wir einmal mehr die Dinge, die uns in unserem gewöhnlichen Alltag in Deutschland so selbstverständlich vorkommen. 

    Als unsere SIM-Karten endlich die richtige Passform hatten, bedankten wir uns und machten uns auf den Heimweg. Auf der Straße begegneten wir einigen Schulkindern, die uns aufgeregt umringten. Alle quasselten wild durcheinander. Ein Mädchen richtete sich mit den Worten: ‚I am hungry.‘, an Christina. Diese verstand akustisch nicht richtig und antwortete höflich: ‚And I am Christina. Nice to meet you!‘. Lisa löste das unangenehme Missverständnis schnell auf, während Christina am liebsten im Erdboden versunken wäre.

    Zwei Kilometer von der Mushroom Farm entfernt, befindet sich mit einer Höhe von 300 Metern Malawis höchster Wasserfall. Den wollten wir natürlich gerne erkunden. Da eine hinter dem Manchewe Wasserfall verborgene Höhle nur durch versteckte Pfade zu erreichen war, wurde uns geraten, die Tour mit einem lokalen Führer zu machen. Happy wurde seinem Namen gerecht und wies uns und einem deutschen Pärchen fröhlich die Route. Bereits nach einem kurzen Fußmarsch bergauf, wurden wir mit einer eindrucksvollen Aussicht auf den perfekt in die Flora eingebetteten Wasserfall belohnt. Von dort stiegen wir ab, bis wir die hinter dem Wasserfall gelegene Grotte erreichten. Während wir es uns zwecks einer kleinen Pause in der Höhle gemütlich machten, fing es kaum merklich an zu nieseln und die schwüle Luft nahm diesen einzigartigen Duft an, den es nur gibt, wenn der Himmel etwas Großes zusammenbraut. Was mit vereinzelten Tröpfchen begann, entwickelte sich ruckzuck zu einem gewaltigen Niederschlag. Dies war der Grund, wieso außer uns so wenige andere Touristen in Malawi unterwegs waren: Es herrschte Regenzeit. In der Hoffnung, das starke Prasseln würde etwas abklingen, verweilten wir zunächst in unserem felsigen Unterschlupf, doch die dicken Wolken blieben dunkel und das kräftige Prasseln versiegte nicht. Die Wassermassen sorgten dafür, dass sich der Lehm im Boden löste und den vorher klaren Wasserfall innerhalb von Sekunden in eine braune Schlammlawine verwandelte. Happy erkundigte sich besorgt, ob wir unter diesen Umständen die Wanderung fortführen wollten. Der steile Abstieg sei bei Nässe sehr tückisch. Wir waren natürlich Feuer und Flamme, doch die anderen beiden schienen gar nicht mehr so begeistert zu sein. Dennoch folgten sie uns hinaus in den Regen, weiter durch ein Dickicht aus Schlingpflanzen die glitschigen erdigen Pfade entlang, die nach und nach die Gestalt eines Sturzbaches annahmen. Innerhalb weniger Minuten waren wir komplett durchnässt. Von Endorphinen durchflutet, rutschten wir immer tiefer in den Dschungel hinein, bis wir den Fuß des Wasserfalls erreichten. Das Tosen der herabschießenden braunen Suppe war ohrenbetäubend. Happy stoppte vor der reißenden Strömung des Flusses und erklärte, dass der Weg geradewegs hindurchführte. Unsere Augen leuchteten bei der Vorstellung dieser Herausforderung. Das Mädchen, das sich bis dorthin tapfer durchgekämpft hatte, passte. Ihr war das Unterfangen nicht mehr geheuer und sie bevorzugte es auf uns warten. Abenteuerlustig stürzte sich der Rest der kleinen Truppe barfuß einer nach dem anderen in die Fluten. Happy leitete uns nun ein kleines Stück das Gefälle herauf. Dabei ging es teilweise so steil und rutschig zu, dass uns gelegentlich etwas mulmig zumute wurde. Nach einem letzten spannenden Klettermanöver war das Ziel erreicht.

    Der Abwechslung halber wollten wir nicht denselben Weg zurücknehmen, den wir gekommen waren. Das geduldig auf uns wartende Mädchen wieder eingesammelt, schlugen wir also eine andere Richtung ein. Dabei stand uns erneut eine Flussüberquerung bevor. Christina und Lisa glitten gemeinsam mit Happy in den Strom. Das deutsche Paar hatte Bedenken, blieb stehen und schaute sich unser Wagnis mit festem Boden unter den Füßen an. Die Strömung war auch nah am Ufer schon stark zu spüren. Festgekrallt an langen Grasbüscheln, die - so hofften wir - fest im Boden verwurzelt waren, setzten wir vorsichtig einen Fuß vor den anderen. In der Mitte des Flusses angekommen, gab es leider keine rettenden Pflanzen mehr und die Macht der Natur schien unüberwindbar. Jeder weitere Schritt wirkte lebensmüde. Wir gaben uns geschlagen und kehrten um. Ein wenig weiter flussabwärts fanden wir eine schmalere und seichtere Möglichkeit auf die andere Seite zu gelangen. In Form einer Menschenkette manövrierten wir uns alle sicher durch das Gewässer. Überglücklich kehrten wir kurz darauf in unsere Unterkunft zurück und konnten gar nicht aufhören uns gegenseitig von dieser unvergesslichen Wanderung vorzuschwärmen.

    Die nächsten 24 Stunden ließen wir im Backpackers die Seele baumeln. Bei einer Tasse Tee lernten wir unseren neuen Nachbarn Lukas kennen, der sein kleines Ein-Mann-Zelt neben unserer Hütte aufgeschlagen hatte. Er war von seiner Heimat, der Schweiz, mit dem Fahrrad gekommen und hatte spannende Geschichten im Gepäck, denen wir aufmerksam lauschten.

    Mit noch etwas schweren Beinen von der letzten Erkundungstour, stand dann auch schon die nächste Wanderung auf dem Programm. Diesmal sollte es gemeinsam mit Lukas auf das Chombe Plateau gehen. Wieder war es Happy, der uns den Weg zeigte. Strammen Schrittes ging er voran. Mit gefühlt 10 km/h hechtete er den steilen Berg hoch. Obwohl wir uns für recht fit hielten, hatten wir Schwierigkeiten den Anschluss nicht zu verlieren. Schweißgebadet und vollkommen außer Puste erreichten wir nach nur etwa der Hälfte der angesetzten Zeit das Ziel. Alle Anstrengung wurde mit einer 360° Sicht auf den Malawi-See, den Nyika Nationalpark und umliegende Bergketten belohnt. Wir machten es uns an einer Klippe gemütlich, um neue Kräfte zu tanken und erfreuten uns an den Sonnenstrahlen, die den Regen für eine kurze Weile ablösten. Den schönen Ausblick konnten wir jedoch nicht lange genießen. Wieder schlug das Wetter um. Binnen Sekunden war alles um uns herum in Nebel gehüllt, keinen Steinwurf weit konnte man sehen. Schon im Begriff den Abstieg anzutreten lichtete sich der Dunst so schnell wie er gekommen war. Ein absolut verrücktes Naturschauspiel, welches wir in der Form noch nie erlebt hatten.

    Die Mushroom Farm gefiel uns so gut, dass wir eine ganze Woche dort verweilten. Wenn wir nicht gerade die Umgebung erkundeten, versanken wir in Büchern, arbeiteten an unserem Blog, genossen frisch gerösteten Kaffee oder beobachteten umhertollende Affen. Zudem probierten wir lokale Delikatessen, wie zum Beispiel fliegende Termiten. Als diese eines Abends kurz nach Sonnenuntergang aus ihren unterirdischen Gängen krabbelten, griffen wir wie die Einheimischen herzhaft zu. Um die zappelnden Insekten nicht unnötig lange leiden zu lassen, erledigten wir sie mit einem kräftigen Biss. Geschmacklich haben sie uns nicht überzeugt, sodass uns die Tierchen nach diesem Ereignis nie mehr fürchten mussten.

     
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