Bolivien 2023/24

Dezember 2023 - Januar 2024
Eine Reise mit Nicole, Kolya, Emil und Luzie im Auto nach und durch Bolivien Weiterlesen
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  • Tag 32–35

    Abschluss der Reise

    25. Januar in Argentinien ⋅ ☀️ 32 °C

    Wir starten unsere Rückreise durch Argentinien. Die erste Etappe führt uns von Tilcara nach Termas de Rio Hondo. Den Ortsnamen hatten wir schon am Meer in Cariló durch Flugzeuge promoten gesehen, jetzt haben wir die Gelegenheit, uns den Ort mal anzuschauen. Thermalbad und Hochsommer passt nicht so ideal zusammen, so dass das Hotel recht leer ist, der Ort auch – wir bevorzugen das. Und so planschen die Kinder einen Nachmittag und einen ganzen Tag im warmen Pool, Nicole genießt das Spa (mir ist das Wasser zu heiß), wir gehen einmal in den Ort zum Essen, auf Spaziergänge verzichten wir ansonsten – Ausruhen ist auch mal nicht schlecht.
    Nach anderthalb Tagen geht es weiter nach Rafaela, einer recht beliebigen Landstadt in der Provinz Santa Fe – die Piste wird nun langweilig, alles flach, gleich aussehend, weit. Abends essen wir etwas in der Stadt, die Qualität ist nicht toll, aber der Kellner nett und, sagen wir einmal, kommunikativ.
    Nun sind wir auf der letzten Strecke, 500km noch bis Buenos Aires. Samstags sind die Straßen frei und so kommen wir entspannt durch.
    Was bleibt von der Reise?
    Es gibt sicherlich einfachere Länder, um sie mit Kindern zu bereisen. Sie sind halt doch sensibler auf Magen/Darm - so viel mit Inhalten, die oben und unten rauskommen, hatten wir noch nie zu tun -, und das immer in dem Bewusstsein, dass die Gesundheitsversorgung nicht die ideale ist. Die Hilfsbereitschaft der Bolivianer ist nicht so ausgeprägt, wie man sie in Argentinien findet; das hat sicherlich auch mit der Schüchternheit der Indigenas zu tun, macht es für den ausländischen Reisenden aber auch nicht einfacher. Allerdings darf man auch nicht diejenigen vergessen, die uns wohl geholfen haben – der Herr an der Tankstelle von Potosí, unser Reiseführer Sergio mit Fredy, Ernesto, unserem Hotelier in La Paz – das war schon nett.
    Die Benzinfrage machte das Reisen aber auch unangenehm, nie konnten wir sicher sein, an den Ort zu gelangen, an den wir gelangen wollten – blöd. Schließlich noch die Blockaden, die in Bolivien wohl häufiger vorkommen. Also so eine Grundunsicherheit war latent immer vorhanden, und alleine wäre das wohl zu verkraften, aber mit Kindern im Gepäck nervt das doch ungemein.
    Andererseits hatten wir viele wunderbare Erlebnisse, haben tolle Landschaften bewundern können und nette Menschen kennengelernt. Das Reiten in Tupiza, der Bergbau in Potosí, die Estancia bei Potosí, die schöne Stadt Sucre, die Wanderung am Codo de los Andes, die Fahrt aus dem Dschungel hinter Santa Cruz hinauf nach Cochabamba, die beeindruckende Lage von La Paz und die hochinteressanten Ausflüge nach Tiwanaku und an den Titicaca-See, der Salar von Uyuní und die wunderschöne Fahrt von Uyuní nach Villazón – das waren nur die Highlights, und die haben die Reise für uns absolut wertvoll gemacht.
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  • Tag 30

    Die Pucará von Tilcara

    23. Januar in Argentinien ⋅ ☁️ 16 °C

    Tilcara liegt am südlichen Eingang der Quebrada de Humahuaca. Diese Quebrada bildet einen natürlichen Korridor in Nord-Süd-Richtung mit einer Länge von etwa 155 km auf einer Höhe zwischen 3.000 und 2.000 m, in dem sich das Becken des Río Grande befindet. Dieser Korridor wurde durch die Geschichte hindurch als Transitweg sowie als wirtschaftliche, soziale und kulturelle Verbindung genutzt. Es gibt sichtbare Spuren prähistorischer Jäger/Sammler und früher Ackerbauern (9000 v. Chr. bis 400 n. Chr.), strukturierter landwirtschaftlicher Gesellschaften (400-900 n. Chr.), vorspanischer Siedlungen (900-1430/80), der Herrschaft des Inka-Reiches (1430/80-1535) wie auch der Spanier (1535/93-1810).
    Einen Kilometer von Tilcara entfernt liegt mit Pucará, das uns als eine der wichtigsten archäologischen Anlagen in Argentinien angekündigt wird. Pucará ist Quechua und bedeutet „Festung“. Da die Pucará von Tilcara allerdings im Gegensatz zu anderen keine Verteidigungsanlagen besaß, handelte es sich wohl eher um ein Verwaltungszentrum als um ein militärisches Zentrum der Omaguaca-Indianer, die als Ureinwohner der Gegend gelten.
    Tilcara war ein wichtiger Haltepunkt auf dem Qhapaq Ñan, dem System von Pfaden und Straßen, das Tahuantinsuyo verband. Die Inka bezeichneten ihr Reich als Tawantinsuyu, „die vier Suyu“ (Provinzen), deren Ecken sich in der Hauptstadt Cusco trafen. Der Südteil des Reiches, Qulla Suyu, reichte bis in das heutige Argentinien hinein, wo auch Tilcara liegt. Das Volk von Tilcara gehörte erst seit etwa hundert Jahren zu Tahuantinsuyo, als die Spanier in Südamerika einmarschierten.
    Entdeckt wurde Pucará 1908 vom Ethnografen Juan Bautista Ambrosetti und seinem Schüler Salvador Debenedetti. Debenedetti wollte die Ruinen rekonstruieren, was dann bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts geschah.
    Heute steht also diese Ausgrabung auf dem Programm. Wie es aber zu befürchten stand, ist eine solch rekonstruierte Stätte nicht das, was man sich erhoffen würde. Landschaftlich durchaus nett auf einer Anhöhe über dem Ort des heutigen Tilcara gelegen, inmitten von vielen Kakteen (irgendwo habe ich gelesen, dass diese auch zum Schutz der Anlage gedient haben sollen), sind es am Ende doch nur Steinhäuser und Hütten, bei denen völlig unklar ist, ob sie tatsächlich so ausgesehen haben. Mit kommt das eher spanisch vor …
    Mit der Ausgrabung füllen wir den späten Vormittag, schauen dann durch einige Stoffgeschäfte (Nicole etwas intensiver als andere Familienmitglieder) – da gibt es sehr hübsche Sachen -, machen dann einen Gang durch den netten Ort (dieses Mal auch nicht so überfüllt wie noch im Winter) und runden das Ganze mit einem leckeren Essen mit Lamm, Lama und Forelle und mit einem Sprung der Kinder in den Pool unserer sehr angenehmen, außerhalb des Ortes gelegenen Unterkunft ab.
    Insgesamt also ein ruhiger und schöner Abschluss unseres Aufenthalts in den Bergen – morgen geht es wieder zurück ins Flachland ...
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  • Tag 29

    Lamas & Alpacas auf dem Weg nach Tilcara

    22. Januar in Argentinien ⋅ ☁️ 15 °C

    Heute steht die Fahrt über die Grenze zurück nach Argentinien auf dem Programm. Der Tag geht nicht gut los, Emil und Philipp mit Montezumas Rache, Nicole noch mit den Überresten davon. Aber um kein Risiko einzugehen, dass uns doch eine Straßenblockade erwischen könnte, muss es losgehen.
    Um halb 9 sind wir auf der Straße, zunächst durch das dreckige Straßenkaff Uyuní, dann raus auf die Landstraße nach Tupiza. Die wird wieder ein Erlebnis. Wichtig: Keine Blockade. Aber noch besser: Kaum Verkehr auf der Straße, dafür an deren Rändern – massenhaft Lamas, Alpacas und Vicuñas (also drei der vier hiesigen Kamelsorten, nur die Guanacos leben weiter südlich) -, wunderbar weite Ebenen, enge Schluchten, steile Anstiege noch einmal auf 4200m, dann hinunter ins Flusstal des Rio Tupiza. Grandiose 200 km. In Tupiza dann das Wunder – wir bekommen Benzin, einfach so, bolivianischer Preis, nur die Tankwärterin steckt sich noch 30 Bolivianos ein – die seien ihr gegönnt.
    Mit vollem Tank auf die letzten 90km bis zur Grenze, wo wir erst einmal zu einem Parkplatz geleitet werden, um dann zu Fuß mit unseren Papieren (und zur Sicherheit auch mit unseren Wertgegenständen) zur Grenze zu gehen und die vier Schritte durchzuführen:
    - Der bolivianische Grenzbeamte – kein Problem, das geht schnell.
    - Der bolivianische Zoll (wichtig wegen des Autos) – auch kein Problem, ebenfalls ganz zügig.
    - Die argentinische Grenzbeamtin – unfähig, braucht eine Stunde (und die Hilfe einer Kollegin), bis sie merkt, dass wir nicht nur ein abgelaufenes, sondern auch ein aktuelles Visum im Pass haben (sie hätte auch mal fragen können, hat sie aber nicht).
    - Dann die Aufforderung, uns beim argentinischen Zollbeamten anzustellen: Während wir stehen, kommt die argentinische Grenzbeamtin von eben zu uns, sie hätte vergessen, die Pässe zu stempeln (hat sie eigentlich eine andere Aufgabe?). Nicole rennt zurück, holt sich die Stempel. Kommt zurück, erfolgreich. Nach weiteren 15 Minuten kommt eine andere Grenzbeamtin vorbei, nimmt unsere Pässe wieder mit (sie sagt, "es gäbe Probleme mit unseren Pässen), geht an eine andere Stelle. In der Zwischenzeit bin ich dann endlich an der Reihe beim Zollbeamten. Ich lege ihm unsere Credenciales vor, die reichem ihm nicht. Dann merkt er, dass wir mit unserem Auto nach Argentinien einreisen, nicht ausreisen wollen, meint, dass wir "nur" das Auto holen und uns in die (ebenfalls ewige) Schlange der einreisenden Autofahrer stellen sollen. Dann würden wir auch die Pässe bekommen.
    Da werde ich unleidlich, teile ihm mit, dass wir schon eine 3/4 Stunde bei ihm angestanden haben, weil man uns dies gesagt hätte, zuvor mindestens eine Stunde an dem anderen Schalter, dass ich nicht den Ort ohne unsere Pässe verlassen würde usw. Ich erwähnte auch etwas von Botschaft. Darauf funktioniert das dann doch anders, Nicole soll das Auto holen, ich die Pässe, Nicole darf an den anderen wartenden Autos (die ja nicht in meiner Schlange stehen mussten) vorbei und würde dann abgefertigt. Sie zieht mit Luzie los, ich gehe mit Emil die Pässe suchen. Irgendwann kommt mir dann die Grenzbeamtin entgegen mit derselben Chefin, die uns bei der Hinreise etwas bevorzugt behandelt hatte (vermutlich weil sie wusste, dass ihre Kolleginnen keine Ahnung haben); diese gibt mir die Pässe und fragt mich, wie es mir geht – ich sage „Mal.“, nehme die Pässe, bedanke mich und ziehe ab.
    Nicole kommt mir schon entgegen, hält wieder beim Zollbeamten. Während alle anderen ihr gesamtes Gepäck mit Röntgenstrahlen durchleuchtet bekommen, werden wir gebeten, die Seitentür des Wagens zu öffnen, der Meister wirft einen zweisekündigen Blick hinein und bedeutet uns, dass wir weiterfahren können.
    Puh, eine Farce von vorne bis hinten, dritte Welt, und schlimmerweise auf der argentinischen Seite, nicht auf der bolivianischen (denen war der ganze Mist irgendwie egal).
    Danach fahren wir friedlich die restlichen 200km nach Tilcara, checken in der Unterkunft ein, essen ein paar Empanadas und beschließen den Tag. Was für ein Spaß, aber das gehört eben dazu und lässt einen schätzen, wie reibungslos diese Dinge bei uns in Mitteleuropa funktionieren.
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  • Tag 28

    Ein Tag in der Salzwüste von Uyuní

    21. Januar in Bolivien ⋅ ⛅ 21 °C

    Der „Salar de Uyuni“ ist mit seinen 10582 qkm die größte Salzfläche der Welt. Der Paläosee Tauca, der hier vor Jahrmillionen existiert hat, entstand aus Meerwasser durch die Verschiebung der tektonischen Platten, bei der auch die tausende Kilometer langen und teilweise auch ebenso hohen Gebirgszüge der Anden entstanden sind. Die Salzkruste selbst bildete sich vor über 10.000 Jahren durch das Austrocknen des Sees.
    Der Salar de Uyuni wird auf ein Salzvorkommen von 10 Billionen Tonnen geschätzt, von denen jährlich 25000 Tonnen abgebaut werden. Er beherbergt auch eines der weltweit größten Lithiumvorkommen, mit dessen Abbau bereits begonnen wurde (und von dem Bolivien eigentlich ungeheuer wirtschaftich profitieren sollte, dies aber - zumindest bislang - nicht tut).
    Ursprünglich hatten wir geplant, eine viertägige Tour durch die Gegend des Salar zu unternehmen, haben uns aber dagegen entschieden, nachdem die Kinder immer wieder mit Magen- und Darmgeschichten zu tun hatten. So beschränken wir uns auf eine Tagestour, die allein den Salar zu Ziel hat, wohl wissend, dass wir damit, zumal an einem Sonntag, in einen größeren Menschenauflauf geraten könnten.
    Dass dies so ist, merken wir bereits an der ersten Station der Tour, einem Eisenbahnfriedhof. Als man in Bolivien Anfang des 20. Jahrhunderts von Dampf- auf Elektrolokomotiven umstellte, hatte dies auch Auswirkungen auf Uyuní. Dies lag direkt an der Bahnstrecke, die von La Paz nach Antofogasta (Chile) führte, und so kam es, dass man hier etliche Lokomotiven, die aufgrund des nicht mehr zeitgemäßen Antriebs nicht mehr benötigt wurden, abstellte und sich dann nicht mehr darum kümmerte. Eigentlich ganz interessant, aber leider kümmert sich auch hier niemand um ein geschichtliches Erbe, aus dem man durchaus etwas machen könnte, so dass massenhaft Menschen hergekarrt werden, die dann auf den historischen Gefährten herumklettern, sich in Position werfen, die Lokomotiven besprühen und bemalen etc. Macht keine Freude, dabei zuzuschauen …
    Nächste Station ist das 20km entfernte Colchani. Hier besuchen wir einen (ebenfalls völlig überlaufenen) Markt – ein Besuch, den wir möglichst kurz halten. Immerhin können wir hier sehen, wie das Salz gewonnen wird – abgebaut, erhitzt und getrocknet, gemalen, mit Jod angereichert und dann abgepackt. Hier erkennt man auch, warum lediglich 25000 Tonnen jährlich verarbeitet werden – die antiquarische Technologie gibt einfach nicht mehr her.
    Darauf geht es endlich zum eigentlich Ziel unserer Tour, dem Salar. Das ist dann endlich auch so faszinierend, wie wir uns das erhofft hatten. Die Ziele, die wir im Salar ansteuern, sind nicht alle toll (uns interessieren aus Salzziegeln hergestellte Figuren nicht allzu sehr, auch ein verlassenes, aus den gleichen Salzziegeln hergestelltes Salzhotel nicht, und ebenso wenig ein Monument – aus Salz natürlich –, das an hier durchgeführte Rallye Dakar erinnern soll), aber davon abgesehen ist die weite Fläche des weißen Salzes beeindruckend, die Berge, die im Hintergrund wie Fata Morganas auftauchen, die Wolkenformationen über dieser Weite … Und es ist nicht nur platte Fläche, die da zu sehen ist:
    - Aus großen Löchern sprudelt Wasser hervor, aus der Tiefe des ehemaligen Sees emporgedrückt. (Die gesamte Salzfläche (bis zu 30 Meter dick) schwebt quasi auf einem reichen Salzsee, und kleine Flüsse befördern die Kristalle durch das Wasser an den Rissen in der Kruste nach oben. Und wie tief der See ist, weiß bis heute niemand so genau, man hat nur an zwei Stellen Messungen durchgeführt, die keinerlei Anhaltspunkte geben.)
    - Andere Löcher, „ojos“ (Augen) genannt, öffnen und schließen sich, Wasser befindet sich auch hier unter der Oberfläche, und das darin enthaltene Salz bildet sich zu hübschen Kristallen.
    - Salzkrusten erstrecken sich, in ein bis zwei Meter große Vielecke unterteilt, getrennt durch schmale, lang gestreckte Wülste aus Salz und geben den Blicken eine interessante Struktur, mit der man hier als Laie nicht unbedingt rechnet. (Dieses Phänomen ist wohl gleich für alle Salzwüsten – wer sich für die Entstehung interessiert, kann hier nachlesen: https://www.spektrum.de/news/wie-konvektion-sec…).
    - Wetterleuchten am Rande der Salzwüste, die Unwetter andeuten, die uns aber nie erreichen, da der Wind sie am Salar vorbeiführt, beeindrucken aus der Ferne.
    In seiner Ruhe ist der Tag also alles andere als langweilig, und aufgelockert wird er durch ein ganz apartes Mittagessen, das unser Guide Cristian für uns inkl. Tisch und Stühlen, Tischdecke etc. mitten im Salar aufbaut. Am Nachmittag macht er dann zuerst mit uns vieren, dann mit Emil und Luzie, die mehr Freude daran haben, eine Fotosession, bei der er die besonderen Bedingungen der Salzwüste in Bezug auf die Perspektive nutzt.
    Am Abend dann das Highlight: der Sonnenuntergang. Da wir in der Regenzeit auf dem Salar sind, können wir zwar wegen des Wassers in bestimmten Bereichen Ziele wie eine inmitten des Salars gelegene Insel (Inkahuasi) nicht ansteuern, profitieren dafür aber von derselben Wasserfläche, da sie uns spektakuläre Spiegeleffekte mit den Wolkenformationen in den schönsten Farben erzeugt. Und ein Gläschen Wein zur untergehenden Sonne wurde uns auch noch angeboten.
    Mit vielen Erlebnissen im Gepäck kehren wir im Dunkeln in unser Hotel zurück – ein angemessener Abschluss unseres Aufenthaltes in Bolivien!
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  • Tag 27

    Frühzeitige Abreise aus La Paz

    20. Januar in Bolivien ⋅ ☁️ 20 °C

    Heute also vorzeitig von La Paz nach Uyuní, um möglichen Straßenblockaden aus dem Weg zu gehen. Es wird morgens um 7 Uhr schnell gefrühstückt, das Auto ist schon aus Kanistern vollgetankt, 25 Liter zusätzlich sind im Kofferraum deponiert, und so kann es losgehen. Noch eine nette Verabschiedung von Ernesto, unserem Gastgeber, der unsere verfrühte Abreise gut verstehen konnte, dann geht es steil bergauf von La Paz nach El Alto. Dort durch das Straßenchaos mit Samstagsmarkt, Baustellen, Minibusschlangen, dann hinaus auf den Altiplano, Hunderte von Kilometern durch die Hochebene, bis wir am Nachmittag in Uyuní ankommen.
    An diesem Nest sieht man wieder, dass in Bolivien irgendetwas nicht stimmen kann. Die Stadt, an einer großen Salzwüste (Salar) gelegen, ist Touristenzentrum der Region, es gibt massenhaft Anbieter für Touren in den Salar und darüber hinaus (es gibt Vulkane, Geysire und weitere Naturphänomene zu sehen), aber in der Stadt scheint kein Geld anzukommen: Heruntergekommen und armselig, nicht einmal die Hauptstraße durch den Ort ist asphaltiert, durch einen Regenguss am Nachmittag befinden sich – offensichtlich mangels Abwassersystem – gewaltige Teiche auf sämtlichen Straßen, die uns irgendwie zu unserem Hotel bringen könnten.
    Aber wir schlagen uns durch, erreichen das Hotel, verbringen dort den Abend und freuen uns auf den morgigen Tag.
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  • Tag 26

    Rund um La Paz

    19. Januar in Bolivien ⋅ ☁️ 19 °C

    Der Tag beginnt regnerisch, dass wir nach dem Frühstück erst einmal nichts unternehmen. Außer natürlich: Benzin kaufen. Ich 5 Liter, dann Ernesto, unser Vermieter, 10 Liter, sein Mitarbeiter auch noch einmal 10 Liter. Damit sollten wir auf der sicheren Seite sein, um Bolivien im Notfall ohne Tankstopp passieren zu können.
    Als es dann aufklart, mache ich mich mit Emil und Luzie – Nicole geht es nicht gut – auf, das Seilbahnnetz von La Paz zu erkunden. Mi Teleférico – so heißt das System - ist mit derzeit zehn Linien und 30.431 Kilometern Gesamtlänge das weltweit größte städtische Seilbahnnetz und erschließt La Paz und die Nachbarstadt El Alto für täglich mehr als 300.000 Fahrgäste. Die erste Linie wurde 2014 eröffnet, derzeit befindet sich das Netz weiterhin im Ausbau. Betrieben wird es von der staatlichen Betreibergesellschaft Mi Teleférico, gebaut wurde es von einer österreichischen Firma.
    Wir müssen nur ein paar Minuten von unserem Hotel aus gehen, da erreichen wir schon die für uns nächst gelegene Station der „weißen Linie“. Wir kaufen eine aufladbare Karte und betrete damit die über La Paz (und El Alto) gelegene andere Welt, hochmodern, sauber, still…
    Die weiße Linie führt uns, am Stadion vorbei, in dem schon so manche hochrangige Mannschaft abgefertigt wurde, über den Talkessel von La Paz. Die orangene Linie läuft dann nach Westen an den Rand des Kessels, die rote hinauf nach El Alto. Wie haben die wohl die Masten in diese steilen Hänge bekommen?
    Oben angekommen, nehmen wir – quasi als Abstecher – die blaue Linie, die El Alto überquert. Wir kommen hier am Flughafen vorbei, haben (auf der Hinfahrt) rechterhand die Kordilleren im Blick und unter uns die gefüllten Straßen der wild gewachsenen und wachsenden Stadt. Auf dieser Fahrt sitzen wir mit einem interessanten einheimischen Ehepaar in der Gondel (insgesamt erscheinen die Gondeln eher zu leer, beim Fahrpreis von 3 Bolivianos pro Linie auch verständlich, sind die Minibusse doch um einiges billiger), sie gekleidet wie eine „Cholita“, er ganz modern. Sie sprechen uns auf die Kirchtürme an, auf die uns gestern schon Sergio hingewiesen hatte, die von einem deutschen Pfarrer namens Sebastian Obermaier begründet wurden (70 bis 80 sind das wohl gewesen). Und da dieser aus Rosenheim stammte, haben die alle einen oberbayerischen Touch, mit hohem Zwiebel- und/oder Zwillingsturm. Wer dazu lesen möchte, kann dies hier tun: https://taz.de/Die-Kirchen-des-Padre-Obermaier/….
    Gerade erwähnte ich die Cholita. Als chola (wie Misch- Indigene – manchmal auch abwertend – genannt wurden) oder (verniedlichend) cholita werden indigene Frauen bezeichnet, die sich nach einer in den 1920er Jahren aus Europa nach Südamerika importierten Mode mit ursprünglich für Männer entworfenen Hüten kleiden. Ein italienischer Huthersteller hatte zu dieser Zeit nämlich versehentlich eine große Lieferung von Herrenhüten im Melonestil nach Bolivien exportiert. Bei Männern fanden diese allerdings keinen Anklang, und so begann die Importfirma, sie stattdessen als aktuelle italienische Frauenmode an arme Frauen zu vermarkten.
    Zusätzlich zu den Hüten besteht die Kleidung der Cholitas aus der pollera (einem Überrock), bis zu 10 Unterröcken und dem Schultertuch. Meist erscheinen cholas durch die vielen Lagen an Kleidung rundlich bis übergewichtig. Wenn sie Goldzähne zeigen, ist dies ein Zeichen von Reichtum, der nicht versteckt wird.
    Auf der Tour auf der blauen Linie kommen wir auch an etlichen der sogenannten „Cholets“ vorbei. Das Wort setzt sich aus zwei Wörtern zusammen: Cholo und Chalet. Das sind sehr bunte Gebäude, die man so nur in El Alto und nicht in La Paz findet. Der Trend wurde 2007 von einem Architekten namens Freddy Mamani gestartet, viele andere Architekten haben ihn seither kopiert bzw. verändert. Mittlerweile gibt es mehr als 200 und es werden ständig mehr.
    Ein Cholet ist immer gleich aufgebaut: unten sind kleine Läden, die mittlere Ebene wird für ein Heidengeld für Privatpartys vermietet, darüber kommt manchmal eine Penthouse – Wohnung und auf dem Dach ein komplettes Häuschen, in dem die eigentliche Besitzerfamilie wohnt. Diese 3 Ebenen symbolisieren auch die “Unterwelt/hiesige Welt/Himmel” (hierzu hatte uns Sergio schon in Tiwanaku erklärt, dass diese durch Schlange, Puma und Kondor symbolisiert werden). Sowieso lassen sich überall Symbole der Aymara -Kultur erkennen, und die Cholets zeigen den Stolz und die Macht der aufsteigenden Aymara-Mittel/Oberschicht. Am Anfang haben die Leute nur das erste Stockwerk gebaut. Als sie von dem Handel mit dem Laden genug Geld gespart hatten, konnten sie die nächsten Etagen bauen. Sicherlich sind manche der Cholets durch harte Arbeit entstanden, andere aber auch durch Drogenhandel finanziert.
    Alle Cholets haben ein Motto, nach dem sie gebaut sind. Oft hat dies mit dem Beruf der Familie zu tun (eine Familie, die aus China Feuerwerkskörper importiert, ließ ihr Cholet bspw. im chinesischen Stil erbauen). Mittlerweile gibt es viele “Fantasy-Cholets” mit einer Iron-Man- oder Transformers-Motto. Jedes Cholet ist einzigartig und soll die die Familie charakterisieren. (Noch mehr hierzu findet sich hier: https://www.architektur-online.com/kolumnen/sta….)
    Wir nehmen die blaue Linie wieder zurück und kehren dann zurück zu unserer Rundfahrt, indem wir in die silberne Linie steigen und oben den Rand des Kessels entlangschweben. Dabei sehen wir weitere Kirchen von Obermaier, im Hintergrund den Altiplano, bis wir mit der gelben Linie in den Kessel zurückkehren und im Kessel selbst mit der hellblauen Linie zurück bis fast zur Haustür kommen.
    Wirtschaftlich ist das Ganze wohl ein weiterer Witz der Evo Morales-Epoche, aber toll war die zweieinhalbstündige Fahrt doch, man hat ganz wunderbare Überblicke über La Paz und El Alto erhalten, und selbst ich, der ich immer unter ein wenig Höhenangst leide, habe mich an das leichte Schaukeln gewöhnt, das Rappeln, wenn man einen der Masten passierte, an das Schwanken bei Ein- und Ausstieg, so dass es wirklich ein Genuss war.
    Gerne würden wir noch ein, zwei weitere Tage in La Paz bleiben, um in die Yungas hinunterzufahren oder zum Valle de la Luna, aber die Pro-Morales-Blockaden steigern unsere Unsicherheit, so dass wir uns dazu entscheiden, vorzeitig unseren Aufenthalt in La Paz abzubrechen und morgen nach Uyuní zu fahren. Genügend Benzin haben wir ja nun immerhin ...
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  • Tag 25

    Am Titicaca-See, dem Lago Sagrado

    18. Januar in Bolivien ⋅ ☁️ 17 °C

    Pünktlich um 6 Uhr stehen Sergio und unser heutiger Fahrer Glober vor dem Tor, um uns für unsere Fahrt an den Lago Titicacaeinzuladen, dem höchsten schiffbaren See der Welt. Zuerst laden sie allerdings einen 20l-Kanister gefüllt mit Benzin aus, den Fredy gestern besorgt hat, und ich fülle die 20l in unseren Tank. Fehlen noch 60 Liter, damit wir entspannt bis an die bolvianisch-argentinische Grenze kommen können. Projekt für die kommenden Tage …
    Noch ist nicht so viel los auf den Straßen, und als wir langsam aus El Alto herauskommen, wird es langsam heller, rechterhand sehen wir die Kordillere, und vor uns taucht bald der Titicaca-See auf.
    „Titicaca“ hieß zunächst nur die heute so genannte „Isla del Sol“ (Sonneninsel), eine Bezeichnung, die dann für den gesamten See übernommen worden ist. Titi heißt auf Aymara „Puma“ und kaka „Blei“ oder „bleifarben“. Die Bedeutung „grau gefärbter Puma, bleifarbener Puma“ würde sich auf den heiligen Felsen (Titikala) auf der Sonneninsel beziehen (zu diesem komme ich später).
    Bald kommen wir zu unserer ersten Station. Thor Heyerdahl versuchte ab 1969, den Atlantik in Ost-West-Richtung zu überqueren. Zu diesem Projekt sah sich Heyerdahl durch bemerkenswerte Übereinstimmungen unterschiedlicher Kulturgüter in Ägypten, Südamerika und Polynesien veranlasst. Neben Malereien oder Bauwerken wie etwa Pyramiden gab es auch Boote aus Schilf sowohl am Titicacasee und am Tschadsee als auch auf Darstellungen in Polynesien und in ägyptischen Pyramiden. Mit einem Boot, gebaut wie in den antiken Kulturen, wollte Heyerdahl die Theorie beweisen, dass die Menschen dieser Kulturen durchaus in der Lage waren, den Atlantik zu überqueren (wie er dies mit der berühmten Kon-Tiki für die polynesische See gezeigt hatte). Der erste Versuch mit einem von Bootsbauern vom Tschad-See war schief gegangen, und so ließ er 1970 ein neues Boot, die Ra II, von Bootsbauern des Titicaca-Sees bauen, komplett aus dort gewachsenem Schilf. Dieses Unterfangen gelang dann auch, und Heyerdahl erreiche von Marokko aus die Karibikinsel Barbados.
    Paulino Esteban Cacasaca, der bolivianische Bootsbauer, ist zwar 2016 gestorben, sein Sohn aber führt das Erbe weiter, baut Schiffe aus Schilf und zeigt seine Kunst auch den Touristen und berichtet von dem, was er mit seinem Vater erlebt hat. Am Ufer ist auch eines seiner Schilfboote im Wasser zu sehen. (Hier seine Homepage: https://www.kontiki.bolivia.bo/.)
    Danach überqueren wir auf abenteuerlichen „Fähren“ die „Straße von Tiquiña“ von San Pablo de Tiquiña nach San Pedro de Tiquiña, um so nach Copacabana zu gelangen, dem bolivianischen Hauptort am Titicaca-See (45% des Titicaca-Sees ist bolivianisch, 55% peruanisch). Die erste Frage, die sich uns stellte, als wir von diesem Ort hörten, war die, was dieser Ort wohl mit dem berühmten Strand in Rio de Janeiro zu tun hat. Sergio erklärt es uns: Tatsächlich ist der weltberühmte Strand nach dieser kleinen Stadt benannt, der knapp 3500 Kilometer von Rio entfernt liegt. Der Legende nach erschien die Muttergottes nach der Ankunft der Spanier in der bolivianischen Region Copacabana dem jungen Fischer Francisco Tito Yupanqui, der ihr zu Ehren ein Bildnis der Heiligen schuf, das unter dem Namen „Unsere Liebe Frau von Copacabana“ bekannt wurde. Im 17. Jahrhundert brachten bolivianische und peruanische Silberhändler eine Nachbildung dieses Bildes an den Strand von Rio de Janeiro – um die Heilige zu ehren, die eine kranke Tochter eines dieser Händler geheilt hätte. Auf einem Felsen am Strand errichteten sie eine Kapelle zu Ehren der Heiligen. Im Laufe der Zeit wurde diese Kapelle zum Symbol für den Strand und das Viertel.
    Der Name „Copacabana“ hat wohl etwas mit „Guter Ausblick“ zu tun, und so halten wir einige Male auf dem Weg von San Pedro de Tiquiña nach Copacabana, haben einmal einen wunderbaren Blick über den See bis zum unwirklich nahen Illimani, dann einen in die Bucht von Copacabana.
    Wir fahren dann in die Stadt hinein bis zum Marktplatz. Bei Aussteigen aus dem Minibus sehen wir eine kleine Tanzgruppe, die sich auf eine Filmaufnahme vorbereitent und wir bleiben stehen, um ein wenig zuzuschauen. Ganz in gelb gekleidet, fangen die 10 Personen ganz langsam an zu tanzen, mit seltsamen Masken in den Händen, zu ebenfalls recht langsamer Musik. Soweit wir Sergio verstehen, ist dies ein Tanz zu Ehren der schwarzen Minenarbeiter von Potosí (auch wenn die Tänzer alle weiß sind und, ihren teuren Kostümen nach zu urteilen, auch recht betucht).
    Die wichtigste Sehenswürdigkeit in Copacabana ist die schneeweiße Kathedrale aus dem Jahr 1820, Ziel vieler Pilger in diesem wichtigsten Wallfahrtsort Boliviens. Die Basilika im maurischen Stil ist der oben erwähnten „Virgen de Copacabana“ geweiht, die auch „Virgen Morena“ („dunkle Jungfrau“) genannt wird. Ihre von Francisco Tito Yupanqui aus dunklem Holz geschnitzte Statue ist mit purem Gold gekrönt und soll in der Basilika zu sehen sein – leider findet gerade ein Gottesdienst statt, so dass wir zwar in die Basilika kommen, aber nicht herumlaufen können.
    Draußen zeigt uns Sergio wieder die Verbindung von christlichem und andinem Glauben – auf dem großen Kirchhof (der für den Gottesdienst für die Indigenen gedacht war, denen man keinen Zutritt zur Kirche gewährt hatte), finden sich die Symbole von Sonne und Mond, die als Paar betrachtet werden (El Sol und La Luna!) und die eng mit Leben und Tod verknüpft sind.
    Und noch etwas wenig Christliches im Kontext mit der Basilika: Vor der Basilika stehen eine Reihe PKW und warten darauf, gesegnet zu werden. Die Priester der Basiika haben die Aufgabe, vor die Kirche zu kommen und die Autos, die mit Blumen geschmückt und mit Alkohol begossen sind etc. (man denke an Potosí und die Rolle des Alkohols dort), den göttlichen Segen zu geben. Haben sie auch nötig, wenn wir an die Fahrerei der Bolivianer denken … Ein witziger, etwas ausführlicher Augenzeugenbericht findet sich hier: https://www.reiseversuch.de/CopacabanaBendicion
    Als nächstes besuchen wir mal wieder einen Markt, klein und recht gepflegt, probieren eine leckere Kaktusfrucht, eines von den typischen leckeren Brötchen (die könnten so auch in Deutschland verkauft werden und wären ein Schlager) und eine Art Riesen-Pop-Corn – auch sehr lecker.
    Darauf geht es zum Mittagessen. Dafür fahren wir zu einer der schwimmenden Inseln, für die der Titicaca-See berühmt ist. Auf der bolivianischen Seite gibt es allerdings nur Replika dieser schwimmenden Inseln, da die Urus (die haben nichts mit Uruguay zu tun), ein Stamm, der diese schwimmenden Inseln baut (früher, um sich darauf vor den Inka zu schützen), und zwar aus demselben Schilfrohr, das der alte Paulino Esteban genutzt hatte, um Thor Heyerdahl ein Boot zu konstruieren, da also diese Urus nur auf der peruanischen Seite bei Puna leben. Vom touristischen Wert eines Besuchs bei den Urus habe ich allerdings wenig Positives gehört, so dass es uns nichts ausmacht, nur eine solche Replika zu besuchen (bei der das Schilfrohr auf Holzplanken verlegt ist), aus einem der Fischbassins sechs Forellen zu fischen und diese dann zu verspeisen – lecker.
    Wobei das mit den Forellen auch eine interessante Sache ist. Sie gehören eigentlich gar nicht in den See. Der Fisch gehört seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts zu den bolivianischen Nationalgerichten („trucha“ haben wir tatsächlich überall in Bolivien gefunden, wo wir hingekommen sind), nachdem Nordamerikaner die Forelle im Titicaca-See ausgesetzt hatten und sich diese seitdem schnell vermehrt hatte. Und so findet man heute massenhaft Forellen-Zuchtanlagen im Titicaca-See.
    Nach dem Mittagessen fahren wir noch weiter nach Norden, bis wir zu einem Anlegesteg kommen, von dem aus uns eine Lancha zur Isla del Sol bringen soll. Die “Insel der Sonne” ist mit 11 km Länge die größte Insel im Titicaca-See, und auch die bedeutendste. Hier schickte – der Legende nach – der Sonnengott Inti seine beiden Kinder auf die Erde, die von hier aus das Inka-Imperium gründeten. Manco Cápac, der mythische Herrscher der Inka, soll als Sohn Intis aus dem Schaum des Sees entstanden sein. Zusammen mit seiner Schwester Mama Ocllo wurde er entsandt, um das passende Stückchen Land für die Gründung der ersten Inka-Stadt zu finden. Der goldene Stab, den sie bei sich trugen und der, sobald fruchtbares Land beschritten wurde, zu Boden sinken sollte, um den richtigen Ort aufzuzeigen, ging der Sage nach im heutigen Cusco nieder.
    Wir fahren an der Südspitze der Insel vorbei, sehen die drei Dörfer im Süden, im Zentrum und im Norden der Insel (die waren vor nicht allzu langer Zeit so miteinander verfeindet, dass man die Sonneninsel nicht entspannt besuchen konnte; mehr dazu sogar in einem Weltspiegel-Bericht: https://www.daserste.de/information/politik-wel…) und gehen dann an der Nordspitze der Insel an Land. Auf der Fahrt an der Insel vorbei können wir auch wie überall in den Bergen Boliviens den Terrassenbau bewundern, eine Technik, die wohl noch auf die indigenen Bewohner, die Aymara, zurückgeht und die kontinuierlich angewendet wurde.
    Zunächst müssen wir über Treppenstufen hinaufsteigen, dann betreten wir einen Weg, den wohl schon die Inka (oder waren es die Aymara? Manchmal blicke ich auch nicht mehr durch …) angelegt hatten und über den man alle drei comunidades der Insel erreichen kann. Hier steuern wir den Puma-Felsen an. Dies ist der Ort, an dem Manco Cápac und Mama Ocllo den irdischen Boden betreten haben. Vor dem Felsen ist eine Felsplatte wie ein Tisch aufgestellt. Um diese herum gruppieren sich 12 Steine als Sitze, die wohl die 12 Monate symbolisieren. Auf diesem Tisch wurden wohl Jungfrauen für geopfert.
    Ganz in der Nähe befindet sich dort noch die "Chinkana" (Labyrinth). Es handelt sich um eine halb-unterirdische Konstruktion, mit einer Reihe von Gängen, die zu Sälen führen, die mehrere Zugangstüren besaßen. Aufgrund von Wind und Wetter über die Jahrhunderte hinweg sind Dächer und Gänge verfallen. Die "Chinkana" ist weltweit einzigartige in ihrer eine Konstruktion und wurde wohl zu Meditation- Kultzwecken, wie die Anbetung des Sonnengottes "Inti" oder des nahegelegenen "Heiligen Felsens" genutzt. Die These von Sergio, dass von hier Feinde abgewehrt werden sollten, überzeugt mich nicht – dieses Unterfangen wäre von dieser Stelle aus völlig sinnlos gewesen.
    Anschließend fahren wir wieder zurück, an der Isla de la Luna, der Mondinsel, vorbei, die auch ein hübsches Ziel gewesen wäre, einige witzig anzuschauende auf dem Wasser laufende Vögel kreuzen unseren Weg, wir genießen Wind, Sonne und Wasser auf dem Dach der Lancha.
    Gut drei Stunden dauert die Rückfahrt, dann sind wir wieder in unserem Hotel in La Paz. Schön war´s!
    Ich schließe den Tag mit dem Kauf von 5 Litern Benzin (mit Kopie des Passes geht das bei der Tankstelle, die dem Hotel gegenüber liegt), morgen das gleich nochmal, dann fehlt nicht mehr viel.
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  • Tag 24

    Zurück in der Geschichte nach Tiwanaku

    17. Januar in Bolivien ⋅ ☁️ 20 °C

    Um 8 Uhr holt uns unser Guide Sergio mit Fahrer Fredy ab und wir machen uns auf den Weg nach Tiwanaku (spanisch: Tiahuanaco), eine bedeutende präkolumbische Ruinenstätte westlich von La Paz in der Nähe des Titicaca-Sees. Als eine der wichtigsten archäologischen Stätten Südamerikas (seit 2000 als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt) war Tiwanaku das urbane Zentrum des Tiwanaku-Staats. Das historische Tiwanaku war das religiöse und administrative Zentrum von vorinkaischen Kulturen rund um den Titicacasee in der Zeit von 1500 v. Chr. bis 1200 n. Chr. Erst etwa 7 % der einstigen Stadt, ausschließlich mit sakraler Funktion, wurden bislang freigelegt und untersucht.
    Der Ausflug gestaltet sich hochinteressant. Die Stelen, Architekturen, Techniken der Steinarbeit erscheinen höchst ausgeklügelt (teilweise scheinen sie wie Lego-Steine zusammengesetzt worden zu sein), insbesondere wenn man bedenkt, dass die Indigenas nicht das Rad kannten, bis es von den Spaniern nach Amerika gebracht wurde.
    Ein Jammer ist der Umgang der Bolivianer mit ihrem kulturellen Eigentum. Der Staat kümmert sich überhaupt nicht um die Anlage, archäologische Arbeiten finden kaum statt, es interessiert keinen, wie sich die Besucher dort benehmen ... so sollte man mit seinem kulturellen Erbe nicht umgehen. Nach dem Mittagessen (lecker: Forelle vom Titicaca-See) schauen wir uns die Kirche von Tiwanaku an - diese wurde im 16. Jahrhundert komplett mit Steinen aus der Ausgrabung gebaut. Sieht zwar schön aus, hinterlässt aber dennoch einen fahlen Beigeschmack.
    Das gleiche gilt für das Museo Lítico, in dem die sog. Bennett-Stele untergebracht ist, eine 7,20m hohe Statue von Pachamama. Die Statue ist beeindruckend, der Museumsbau aber ist heruntergekommen, das Dach seines Patios hat schon das Zeitliche gesegnet, und die Museumsaufsicht sitzt eigentlich nur am Handy.
    Sergio führt als dies darauf zurück, dass die Regierung einfach kein Interesse am Tourismus hätte und dass das Gelände, auf dem sich die Ausgrabung mit den Museen (es gibt noch ein zweites mit etlichen kleineren Keramik-Funden) befindet, einer Indigena-Comunidad gehört, die daher auch für den Komplex verantwortlich sei - ohne auch nur irgendeine Ahnung von deren Pflege zu haben. Traurig.
    Am Nachmittag steht die Stätte Pumapunku ("Tor des Puma") auf dem Programm, die auf der anderen Seite der Straße liegt. Pumapunku ist ein vollständig künstlich angelegter, terrassierter Plattformhügel, der ein labyrinthisches System von Monumentalkanälen beherbergt und auf dem sich unter anderem eine – heute in Ruinen liegende – Monumentalstruktur sowie ein abgesenkter Hof befinden. Interessant ist hier die Tatsache, dass die sog. Prä-Astronautik in die hier liegenden Steine das Werk von Außerirdischen hineininterpretiert. Insbesondere die sog. H-Blöcke seien nicht von dieser Welt, es wird das Argument vertreten, dass primitive Völker wie die, die hier gelebt haben, nicht in der Lage gewesen seien, solche Präzisionsarbeiten herzustellen - wenn Däniken und Co. sich hier mal nicht täuschen.
    Auf der Rückfahrt geht es wie schon auf der Hinfahrt wieder durch den Moloch El Alto - der irgendwie auch faszinierend ist. Aber dazu an anderer Stelle.
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  • Tag 23

    Sightseeing in La Paz

    16. Januar in Bolivien ⋅ ☁️ 19 °C

    Um 9 Uhr treffen wir uns mit Denise vor unserem Hotel, die uns die wichtigsten Orte in der CIty von La Paz zeigen wird.
    Als erstes nehmen wir einen der 100 Millionen Minibusse, die es in La Paz zu geben scheint (in El Alto sind es mutmaßlich noch mehr). Dieser bringt uns zur Plaza Sucre (besser bekannt als Plaza San Pedro) - woher Denise weiß, dass der Bus dahin fährt, erschließt sich uns nicht. Hier beginnen wir jedenfalls unsere Stadtführung.
    Das Besondere an der Plaza San Pedro ist nicht die Kirche, sondern das städtische Gefängnis, das direkt an dieser Plaza, im Stadtzentrum von La Paz, liegt. Denise schildert uns etliche Besonderheiten:
    - dass das Gefängnis nur von außen bewacht wird, es aber innen keine Wachen gibt;
    - dass die Gefangenen eine Art Selbstverwaltung aufgezogen haben;
    - dass jeder Gefangene für Unterkunft und Verpflegung bezahlen muss;
    - dass Familien mit ins Gefängnis ziehen dürfen, damit Familien keine zwei Wohnungen bezahlen müssen;
    - dass es eine Art Taxidienst gibt, der Besucher zu den "Zielpersonen" bringt und diese dabei auch beschützt;
    - dass es Besichtigungstouren im Gefängnis gab, die nicht autorisiert waren;
    - dass im Gefängnis Kokain hergestellt wird, dass auf verschiedensten Wegen heraugeschmuggelt wird.
    Sie berichtet noch einiges mehr, das einen die Augen reiben lässt.
    Im Anschluss geht es am Mercado Rodriguez, einem der üblichen Lebensmittelmärkte, vorbei zum Mercado de las Brujas. Hier werden - das hatten wir schon einmal in Tupiza gesehen - allerlei Dinge für den Pachamama-Kult angeboten, wie z.B. wieder die kleinen Lamas, die tatsächlich recht wertvoll sind. Sie werden geopfert, wenn man größere Wünsche hat. In diesem Kontext berichtet Denise auch davon, dass bei größeren Unternehmungen, bei denen ein Lama oder anderes "einfaches" Opfer nicht mehr ausreicht, auch Menschen geopfert wurden. In abgerissenen Häusern aus den 60er Jahren seien wirklich einbetonierte Menschen gefunden worden - mutmaßlich Obdachlose, deren Verschwinden niemanden interessieren würde. Ob diese Praxis heute noch angewendet würde, wisse man nicht genau ...
    Weiter geht es zur imposanten Kirche Basilica Menor de San Francisco. Diese Kirche beeindruckt durch die Arbeiten in der Fassade, die christliche und indigene Elemente miteinander verbindet. Mestizen-Barock nennt man das. Auch berichtet Denise hier, wie die katholische Kirche versucht hat, die indigene Bevölkerung "einzufangen". Nachdem ein normaler Kirchenbau keine "Heiden" bekehrt hatte, auch ein Kirchenneubau nicht, der besagte indigene Elemente mit eingebunden hat, nachdem die Jesuiten sich gescheitert sahen und die Franziskaner die Zügel in die Hand genommen hatten, nachdem auch versucht worden war, Pachamama-Aspekte in den katholischen Glauben einzuführen und nachdem all dies gescheitert war, wurden die Indios unter einem Vorwand in die Kirche gerufen; dort waren überall Spiegel aufgehangen, etwas, was die Indios nicht kannten; auf die Frage, was in den Spiegeln zu sehen sei, hätten sie geantwortet bekommen, dass dies ihre Seelen seien, die sich in der Kirche befänden. So seien die Indios an die katholische Kirche gebunden worden und seien bei der Kirche geblieben, ohne allerdings ihrem ursprünglichen Glauben abzuschwören. Hochinteressant all dies!
    Wir verlassen nun den eher indigenen Teil von La Paz, überqueren die Avenida Marescal Santa Cruz und widmen uns nun dem eher europäischen, kolonialen Teil, der ganz anders, viel ruhiger, aber dennoch auch in Teilen hübsch ist. In der Calle Jaen befinden sich etliche schöne Häuser, in denen heute eine Reihe von Museen untergebracht sind, auch das Familienhaus von Pedro Domingo Murillo, einem Kreolen, der die Unabhängigkeitsbewegung gegen die Spanier anführte, bis er von diesen hingerichtet wurde.
    Von der Calle Jaen geht es am Teatro Municipal vorbei zur Plaza Murillo, dem wohl wichtigsten Platz auf dieser Seite von La Paz. Hier befindet sich das alte Regierungsgebäude sowie die - im Gegensatz zur Basilica San Francisco ganz schlicht neuklassisch gehaltene Kathedrale von La Paz und das Kongressgebäude. Direkt hinter dem alten Regierungsgebäude steht seit 2018 der von Evo Morales initiierte neue Regierungssitz, die Grande Casa del Pueblo. Das 29-stöckige moderne Hochhaus in Mitten der Altstadt ist stark umstritten. Der Bau kostete über 34 Millionen US-Dollar, was angesichts der Armut des Landes nur provozierend wirken kann.
    Hier endet unsere spannende Führung. Wir haben vieles erfahren, was so nicht im Reiseführer steht (ich kann hier nur auf einige Dinge eingehen) und haben nun eine gute Vorstellung von dem Ort, an dem wir unsere Zeit zubringen. La Paz ist definitiv ein sehr lohnendes Reiseziel.
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  • Tag 22

    Unterwegs von Santa Cruz nach La Paz

    15. Januar in Bolivien ⋅ ☁️ 17 °C

    Es steht ein bisschen Fahrerei auf dem Programm. Am Samstag geht es von Santa Cruz de la Sierra nach Cochabamba, d.h. von 400m auf 2400m Höhe. Und so gestaltet sich auch die Fahrt. Zunächst 370km durch die Ebene, Urwald links und rechts, ab und an ein Dorf, ein Ort oder ein dieser recht hässlichen Landstädte, dann beginnt die Straße, durch Täler zu verlaufen, die letzten 100km geht es stramm bergan bis über deutlich über 3000m. Von dort sehen wir wunderbar ins Tal von Cochabamba.
    In Cochabamba werden wir wieder auf das Drama des Benizintankens zurückgeworfen. Man will uns einfach nicht betanken, das System würde es nicht nehmen etc. 5l will man uns geben, wenig hilfreich, wenn der Tank leer ist.
    Letztlich finden wir doch eine, die uns den internationalen Preis anbietet, womit wir kein Problem haben.
    Den Überbrückungstag in Cochabamba gestalten wir dann ruhig, machen einen Gang in die Stadt, wollen zur Christusstatue hinauffahren - geht aber nicht, der Lift ist seit 3 Monaten außer Betrieb (schlecht, wenn das die einzige Attraktion vor Ort ist) -, und machen uns dann den Rest des Tages einen Ruhigen im Hotel.
    Montag fahren wir dann die knapp 400km nach La Paz. Zunächst führt uns die Straße über einen Pass von 4500m, womit wir auf den sog. Altiplano gelangen, die Hochebene zwischen den Ost- und den Westanden. Über Hunderte Kilometer fahren wir, zum Glück nun auf gut ausgebauter Autobahn, bis wir nach El Alto hineinkommen, und damit in das Chaos des Großraums La Paz. Völlige Verstopfung mit Minibussen, Ampeln, die von niemandem beachtet werden, Sperrung der einzigen großen Verbindungsstraße ... das ist kein Spaß. Aber irgendwie kommen wir durch, nehmen weiter die Autobahn quer durch El Alto und dann hinunter nach La Paz (eine grandiose Abfahrt wie in einen Kessel hinein) und gelangen so an unser hübsches Hotel, das wie eine Oase in der Großstadt wirkt und von dem aus man einen netten Blick auf La Paz hat.
    Ach ja, tanken können wir heute nirgends, es gibt kein Benzin zwischen Cochabamba und La Paz. Mal schauen, wie das hier wird, wenn wir weiter müssen. Jedenfalls entscheiden wir, dass wir nicht mit dem eigenen Wagen zum Titicacasee fahren, sondern in La Paz bleiben und von hier aus einen Ausflug machen, um unser Benzin zu sparen.
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