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  • Day 65

    Ich glaub das sind liebe Cottbus Fans.#2

    May 19 in Germany ⋅ ☁️ 20 °C

    Eine Atmosphäre, eine knisternde Spannung, eine Vorfreude und eine Anspannung wie an diesem Tage habe ich selten erlebt. Das Stadion war, für seinen aktuellen Zustand und die damit einhergehende Maximalkapazität, ausverkauft. Mehr als 9'000 Cottbuser begleiteten uns und die Mannschaft mit in die Bundeshauptstadt an der Spree. Von unserer Ankunft auf den Plätzen im Block N bis zum Anpfiff vergingen weniger als fünf Minuten. Ulf zeigte schon vor dem Spiel im Restaurant, dass er ein weiser Mann ist und prophezeite «zeig mir die ersten fünf Minuten und ich sag Dir, ob die das gewinnen oder nicht».

    Energie spielte, nach der Sperre von Sturmtank Timmy Thiele, der im Block mit für Stimmung sorgte, mit einer eher unerwarteten Startelf. Maxim Pronichev stellte die falsche Neun, Tim Heike agierte auf rechts und Maximilian Krauß wirbelte auf links. Das Mittelfeld bestand aus Joshua Putze, Jonas Hofmann und Tobias Hasse. Defensiv für Ordnung sorgten Dennis Slamar, Tim Campulka, Jonas Hildebrandt und Nico Bretschneider. Im Tor, wie meistens in dieser Saison, Elias Bethke.

    Von Beginn weg zeigte Energie eine konzentrierte und überlegte Leistung mit dem Wissen, dass ein 0:0 zum sicheren Aufstieg genügen wird. Bald konnte sich die Mannschaft von Tobias Röder, der den gesperrten Pele Wollitz vertrat, auch erste Torchancen erspielen, zeigte jedoch defensiv immer wieder klitzekleine Fehler. Nach etwa 7 Minuten hatte Energie das erste Mal richtig Glück, als Maximilian Pronichev eine Flanke von Abdullatif im Sechzehner mit der Hand abwehrte. Gäbe es in der Regionalliga den VAR, hätte der Unparteiische sicherlich ein Zeichen aus dem Kölner Keller erhalten und seine berühmte Handbewegung performt. In diesem Fall belassen wir es bei Glück und ausgleichender Gerechtigkeit für so manche Fehlentscheidung zu Ungunsten von Energie in dieser und den vergangenen Saisons.

    Weitere 7 Minuten später brachte Jonas Hofmann mit der Rückennummer 6 einen seiner gefürchteten Eckbälle von der linken Seite in den Strafraum. Wieder ist es Pronichev der im Mittelpunkt steht und die Kugel per Kopfball an die Latte befördert. Den Abpraller kann Joshua Putze in Manier eines Strafraumstürmers zum 1:0 verwerten. Das ganze Stadion – viele Herthaner waren ja nicht da – explodierte in einer Art, die ich so noch nicht erlebt habe. Ekstase pur, ein Jubelschrei, den man bis Bern Bethlehem gehört hätte, Gänsehaut und Glückgefühle durch und durch. Auswärtssieg, Auswärtssieg, Auswärtssieg skandierte die Gegentribüne.

    Der Start war also mehr als geglückt. Ab dann habe ich nur noch gehofft, dass die Jungs das Spiel so weiter gestalten, offensiv präsent sind und auf das 2:0 gehen. Ein paar Zeigerumdrehungen später lief Maxi Krauß nach tollem Aussenristpass von Pronichev alleine auf Hertha-Keeper Kwasigroch zu und scheiterte an selbigem. Dennoch, dass Publikum spürte dass die Mannschaft mehr will und mehr erreichen wird. Die Stimmung und die Lautstärke, die von Publikum ausgingen, waren definitiv mehr als Regionalliga und auch mehr als 3. Liga. Ganz grosses Kino.

    Energie zeigte weiterhin tollen Fussball mit schönen Kombinationen, direkten Pässen über kurz und lang und engte die Hertha-Bubis immer mehr in die eigene Hälfte. In der 24. Minute baute Cottbus das Spiel von hinten auf als Jonas Hildebrandt im Stile von Toni Kroos einen langen Ball auf die rechte Seite zu Jonas Hofmann spielte, der in den Strafraum eindrang und halbhoch auf Maximilian Pronichev spielte, der den Ball zum hochverdienten 2:0 einschob. Ein weiteres Mal grenzenloser Jubel, Erleichterung, Stolz und Freude wie man es sonst ganz selten spürt. Ausser vielleicht beim 1:0. Nach diesen beiden Jubelschreien war meine Stimme stark angeschlagen, was für mich jedoch ein Zeichen von gutem Support war. Nun war allen bewusst, dass Energie sich das Ding heute nicht mehr nehmen liess. Bis zur Halbzeit hatte Energie weitere gute Möglichkeiten zu erhöhen, liess diese aber ungenutzt. Hertha hingegen blieb durch vereinzelte Konter gefährlich, hatte jedoch im Abschluss zu wenig Durchschlagskraft.

    Pause.

    Erst einmal durchatmen. Palomina bot sich an, in der Halbzeit Bier und Wasser zu holen, was ich bei dem Andrang und der Knappheit der verfügbaren Getränkestände für zu riskant hielt. Das Paar zu meiner rechten, er aus Weisswasser, sie aus Franken, fragte uns dann, ob sie uns etwas mitbringen konnten, was wir dann mit einem enthusiastischen «Ja!» beantworteten. Mit ihr hatten wir dann in der Halbzeit ein sehr nettes Gespräch über Fussball, Energie und das Leben. Kurz vor Ende der Halbzeitpause kamen ihr Mann und sein Bruder (zumindest glaube ich, dass er sein Bruder war) zurück – jedoch mit leeren Händen in Sachen Getränke. Egal, sei es drum. Hauptsache Aufstieg.

    In den zweiten 45 Minuten liess sich Energie dann immer mehr zurückfallen und wurde passiver. Die Hertha wurde somit aktiver, wenn auch nur selten wirklich gefährlich. So gut wie jede Aktion der Herthaner wurde von der Mannschaft des FC Energie defensiv stark verteidigt und abgewehrt. Wirklich gefährlich wurde die Hertha nur als Abdullatif, der an diesem Tag der beste Herthaner war, auf halbrechter Position wuchtig aufs Tor schiessen kann. Dieser Schuss wurde jedoch glänzend von Elias Bethke pariert. In der Mitte der zweiten Hälfte konnte Tim Heike nach einem langen Ball auf rechter Seite durchstarten und frei auf Kwasigroch zulaufen, traf aber nur den Aussenpfosten. Das 3:0 hätte dann definitiv alle Fronten geklärt.
    Je näher der Abpfiff nahte, desto häufiger versteckten sich Ultras von Energie unter einer Kurvenfahne, um sich Sturmmasken überzuziehen und ihre Bengalos für den Schlusspfiff fertig zu machen. Die Stimmung war nach wie vor exzellent, die Gesänge rhythmisch herausragend und die Lautstärke ohrenbetäubend. Bis zum Abpfiff passierte nichts mehr und so sollte es sein, dass Energie Cottbus nach fünf Jahren wieder in die 3. Liga aufsteigt. Ich konnte es gar nicht fassen und fange auch jetzt erst langsam an zu realisieren, was das bedeutet. Unter Tränen umarme ich Martin, seine Frau und Palomina. Ein Gefühl wie auf Drogen. Nächste Saison heissen die Gegner nicht mehr Meuselwitz, Luckenwalde, Eilenburg und Hertha BSC II sonder 1860 München, Rot-Weiss Essen, Hansa Rostock, Dynamo Dresden, Alemannia Aachen und FC Saarbrücken. Logischerweise darf bei einem solchen Moment ein Platzsturm nicht fehlen und da die Tore geöffnet wurden - was im Übrigen vor Spielende feierlich angekündigt wurde wie der Fall der Berliner Mauer - war dies für alle in Rot-Weiss möglich. Jubelschrei nach Jubelschrei, ein Moment, der so lange und gleichzeitig so unfassbar kurz war.

    Die Szenerien und Geschichten danach gibt’s aber ein andermal.

    Hebednech Sorg. Immer vorwärts Energie.
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  • Day 65

    Ich glaub das sind liebe Cottbus-Fans.#1

    May 19 in Germany ⋅ ☁️ 20 °C

    Ein Erlebnis, welches sich mit nichts vergleichen lässt. Für meinen Klub sind wir mit dem Flieger bis nach Berlin geflogen, um das finale Ligaspiel der Saison 2023/2024 live mitzuerleben. Austragungsort dieses denkwürdigen Spiels ist der Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark in Berlin Prenzlauer Berg. Der Anpfiff ist auf 1300 angesetzt und es wurden mehr als 9000 Cottbuser in der Bundeshauptstadt. Wie sich später herausstellen sollte, waren das die meisten Auswärtsfahrer in ganz Deutschland an diesem Spieltag.

    Aber zurück zum Anfang.

    Unser Hotel, welches direkt am Alexanderplatz liegt, verlassen wir gegen 0930 um noch genug Zeit zu haben um uns etwas zum Frühstücken holen zu können und stressfrei zum Treffpunkt am Humboldthain nähe Gesundbrunnen zu gelangen. Beim Kaffeeholen direkt der erste Moment, an dem es, zumindest für mich brenzlig wurde. Da unsere guten Freunde und Erben Erich Mielkes, der BFC Dynamo, zur gleichen Zeit im heimischen Sportforum, nur wenige Kilometer von uns entfernt spielen, darf man davon ausgehen, dass zumindest eine von beiden Parteien körperliche Nähe sucht. Nachdem die Anhänger des Stasiklubs bereits vor dem direkten Duell am 04.05 gedroht hatten, die Fangemeinde des FC Energie auszulöschen, dies jedoch gelinde gesagt verfehlt haben, versicherten sie allen, dass sie ihr Vorhaben nach bestem Wissen und Gewissen weiterverfolgen werden. Genau diese Sympathieträger teilen ihre Zuneigung zu diesem Verein durch das Tragen weinroter Kleidung mit allen um sie herum. Brenzlig wurde es dann, als ich im Café zu meiner linken schaue und jemanden sehe, der sowohl vom Kleidungsstil her als auch vom Haarschnitt perfekt zu diesem Klischee passt. Wahrscheinlich war ich etwas übervorsichtig in diesem Moment, aber ich hatte wirklich Bedenken, dass dies für uns später zum Problem werden könnte.

    Nachdem ein paar Stücke Metall gegen einen Pappbecher voll dunklem, aufgebrühtem Wasser getauscht wurden, gings auf die Suche nach etwas essbarem, was sich gegen weitere Exemplare dieser sogenannten Münzen tauschen lies. Der Bahnhof Alexanderplatz war unsere erste und einzige Möglichkeit in der näheren Umgebung, da der Sonntag, wie Gott bereits gepredigt hat, der Ruhetag ist. Die Duftkulisse, die jeden Besucher begrüsst ist wirklich erschreckend. Ein Schweinestall kann in diesem Kontext mit einem beliebigen Parfumfachgeschäft verglichen werden. Nun habe ich aber mein Frühstück gefunden und wir gehen glücklich, mit zwei Käsebrezen bewaffnet zur U-Bahn und auf Richtung Berlin Gesundbrunnen. Dort ausgestiegen waren die ersten Gleichgesinnten nur einen halben Katzensprung entfernt. Die Omnipräsenz der Bullerei deutete an, mit welcher Seriosität dieses Fussballspiel durch Freund und Helfer begleitet wurde. Der angrenzende Humboldthain war bereits eingenommen und besetzt von bestimmt 1'500 bis 2'000 Cottbus Fans. Auch hier konnte wieder schön beobachtet werden, wie der Mensch durch den Einfluss von etwas Alkohol, Euphorie und Gruppenzwang zu seinen ursprünglichsten Trieben zurückkehren kann. In der Menschenmenge erkannte ich zu meiner Freude Ulf von Energie FM, mit dem ich seit längerer Zeit ein Treffen vereinbaren wollte. Meinen geschätzten Fankollegen aus der Zürich-Episode konnte ich im Getümmel leider nicht erspähen. Gemeinsam mit Ulf, Ulf-Junior, Ulfs Herzdame, Thorsten, Palomina und mir bewegte sich der rot-weisse Zug langsam, aber sicher in Richtung Prenzlauer Berg und dem Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark. Die Anwohner der Strassen, durch die Fanmarsch führte standen gefesselt an ihren Fenstern, zückten ihren Weltenempfänger und filmten dieses sporthistorische Ereignis, weil sie solch ein Fanaufkommen von den dort ansässigen Fussballvereinen wohl nicht kennen. Dieses Schauspiel erinnerte an einen Bus voll Touristen, die zum allerersten Mal eine Safari durch den Krüger Nationalpark unternahmen und wilde Tiere erblickten, die sie sonst nur aus Naturdokus von N24 kennen.

    Kurz vor dem Ziel, mit etwa zweieinhalb Stunden Zeit bis zum Anpfiff wurde der Schlachtplan geschmiedet. Der eine Teil der Gruppe wollte sich vor dem Spiel eine Stärkung einverleiben. Palomina und ich hatten jedoch bereits vorgesorgt. Abgesehen davon, liess die ungeheuer grosse Aufregung meinerseits keinen weiteren Bissen Festnahrung zu. Da hilft nur eins, flüssig Brot. Am Sonntag und zu später Stund ist der Späti der beste Freund eines Menschen, so auch hier. Ausgestattet mit zwei Flaschen des Weihwassers aller Fussallfans konnte ich wieder zur Gruppe aufschliessen und wurde bei meiner Ankunft in Kenntnis gesetzt, dass ich soeben Alex Knappe verpasst habe. Bloody hell.

    Als nun die gesamte Gruppe wohl genährt und hydriert war, galt es nur noch eine Hürde zu meistern. Der Rucksack. Trotz alledem, dass ich am vorhergehenden Freitag sowohl bei der Geschäftsstelle der Hertha als auch beim glorreichen DFB telefonisch um Rat gebeten habe, ob eine analoge Kamera legal ins Stadion eingeführt werden kann, entschieden wir uns dafür, den Rucksack abzugeben. Nachdem die Erfahrung beim Letzigrund tiefe Narben hinterliess, konsultierten wir den Restaurantbesitzer, ob er nicht auf unser Gepäckstück Acht geben könnte, bis wir freudetrunken nach dem Spiel zurückkehren würden. Und, er sagte JA! Guter Mann. Zudem war die Toilette ebendieses Restaurants mit für die Region untypischen Stickern dekoriert. Sowohl Anhänger des EHC Kloten, der ZSC Lions aber auch des FC Aarau haben hier bereits ihre Notdurft verrichtet.

    Etwa 30 Minuten vor Anpfiff reihten wir uns also in die Warteschlange vor dem altehrwürdigen DDR-Bau ein und hofften, noch pünktlich unsere Plätze zu einnehmen zu können. Nach einigen pädagogisch wertvollen Durchsagen des Stadionsprechers, der alle Anwesenden zu Besonnenheit und Ruhe aufrief, ging es dann auch zur Sicherheitskontrolle. Endlich waren wir da. Mein erster Blick auf das gut gefüllte Stadion schenkte mir sofort feuchte Augen. Ein Anblick wie ich ihn bisher nur wenige Male in meinem Leben erlebt habe.

    Das Spiel und alles Weitere gibt’s in Teil 2 und 3.

    Hebednech Sorg. Uf e spannende u faire Match.
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  • Day 61

    Sehen und gesehen werden.

    May 15 in Switzerland ⋅ ☁️ 16 °C

    Spontanität ist eine Eigenschaft, die, wenn man sie anwendet, unerwartete Erlebnisse, Momente und Wendungen herbeiführen kann. So in etwa war das auch für mich an jenem 15. Mai 2024. Einen Tag zuvor fragte ich meinen geschätzten Arbeitskollegen und loyalen Anhänger des FC Zürich, Simon, der dem Aargauer Derby und dem Pokalspiel von Winti bereits beiwohnte, ob er nicht Bock hätte am Mittwochabend den FC Zürich live im eigenen Stadion gegen die weinroten (die Farbe mag ich gar nicht) Genfer spielen zu sehen. Er war ebenso überrascht über meinen spontanen Einfall wie ich darüber, dass er dieses Abendprogramm bisher noch nicht in Erwägung gezogen hat.

    Das ist das schöne wenn der eigene Klub in der Stadt spielt, in der man arbeitet. Feierabend, ausstempeln, umziehen, Bierchen und ab auf die Tram. Nachdem wir die Problematik mit unserem doch recht umfangreichen Gepäck und dessen Aufbewahrung während der rund 90 Minuten geklärt hatten, ging es zum Einlass. Für alle, die nun denken, "Ja klar, dass Gepäck kann man doch am Letzi direkt abgeben. Das ist ein grosses Stadion in einem hochentwickelten Land", nein so war es nicht. Am und im gesamten Komplex des Mehrzweckstadions Letzigrund im Zürcher Kreis 9 gibt es keinerlei Möglichkeit sein Hab und Gut sicher zu verstauen. Ich erahne hier eine Marktlücke. Zunächst dachten wir, dass wir die Sachen einfach mit rein nehmen. Darauf erspähte Simon in ähnlich beeindruckender Art und Weise wie sein finnischer Namensvetter und Scharfschütze Simu Häyhä ein Hotel, welches sich direkt gegenüber des Prachtbaus befindet. Ohne grosse Erwartungen gehen wir rein und fragten freundlich ob wir das Gepäck nicht bei ihnen verstauen könnten worauf die Frau, als sei es das Normalste der Welt, antwortete "Ja klar, kein Problem Jungs". Das alles auch noch für umme. Gutes Omen für den Abend.

    Nachdem für flüssig Brot gesorgt wurde ging es zum Einlassbereich. Da die Tore jedoch erst einige Minuten später geöffnet wurden, vertrieben wir uns die Zeit mit Geplauder. Ein paar Gesprächsthemen später erhaschen meine Ohren zu meiner Linken Worte, die nur aus dem Munde eines Deutsches Staatsbürgers kommen können. Hier in Zürich nichts besonderes worauf man sonderlich Acht geben müsste. Als dann wenige Sätze später aber das Wort "Meuselwitz" fiel wusste ich, da steht einer der kennt sich mit Ostfussball aus. Mit einem ruckartigen Reflex, auf den selbst Manuel Neuer neidisch wäre, drehe ich meinen Korpus gen links und frage voller Erwartung welchen Teil Deutschlands der Knabe denn seine Heimat nennt. Als er dann kundtut, dass er aus Cottbus kommt, glaube ich schon nicht recht was ich hier vernehme. Als er auf meine Frage, ob er denn auch Fan des geilsten Klubs der Welt sei, "Ja" sagt, wird mir kurz Schwarz vor Augen. Einen Energiefan aus der aktiven Szene in Zürich zu treffen, was geht?! Eher hätte ich damit gerechnet, dass Deutschland nachträglich zum Sieger des ESC gekürt worden wäre. Der Abend war gelaufen und wir hatten uns bereits für DAS grosse Highlight aus fussballerischer Sicht verabredet. Mehr dazu im nächsten Footprint.

    Im Stadion angekommen lechzten unsere Kehlen nach frischen Hopfensaft. Als ich mich bereit erklärte die nächste Runde auszugeben wie Marco Reus bei seinem letzten Heimspiel für den BVB - Danke Legende an dieser Stelle - gab es erneut ein Wiedersehen. Diesmal mit Arttu, einem finnischen Kumpel der nun hier in Zürich wohnt. Kiitos, mies.

    Mit Simon philosophierte ich bis zum Anpfiff weiter über Fussball, mögliche Taktik, Fanszenen, Energie Cottbus und viel mehr. Einfach nur herrlich.
    Als die Kurvenfahne abgebaut wurde, zeigten alle FCZ ihre Sympahtie für die Nidwaldner Befürworterin von härteren Strafen gegen Fans Karin Kayser-Frutschi in dem sie eine Maske der jungen Damen trugen. Klasse Gag.

    Als der Schiedsrichter das Spiel anpfiff wussten wir beide nicht so recht wie das wohl ausgehen würde. Zürich musste gewinnen um die Chancen auf Europa zu wahren, Genf hingegen musste alles dafür tun um die Saison positiv zu beenden.

    Die ersten Minuten waren die Gäste konzentrierter und kontrollierten das Spiel ohne jedoch gefährlich zu sein. Beim FCZ merkte man sehr schnell, dass ein nomineller Stürmer im Zentrum fehlt. Nach vorne ging durchaus etwas. Am, bzw. im Strafraum, war dann aber immer Schluss. Bei einer gefährlichen Standardsituation konnten die Genfer dann sehenswert das 1:0 erzielen. Allen Beteiligten war klar, dass der FCZ offensiv umstellen muss, um da noch was zählbaren mitnehmen zu können.
    Vor der Pause wurde heftig diskutiert wer diese/r Spiele/r sein soll/en. Der heftig gescholtene Ivan Santini? Naja, mehr oder weniger die einzige sinnvolle Alternative. So kams dann auch. Ricardo Moniz wechselt den Kroaten zur Pause ein und rums ist das Heimteam offensiv direkt präsent. Und so war dann auch der logische Schritt, dass der FCZ in der 54. Minute durch Antonio Marchesano den verdienten Ausgleich erzielt. Die Kurve explodiert und das erste Mal wird gezündet. Eine optische Sternstunde und ein Albtraum für die Atemwege. Der FCZ macht weiter, schnürt die Genfer ein und wird dominanter. Das resultiert in den Führungstreffer von Bledian Krasniqi in der 70. Minute. Eine weitere Eruption der Südkurve war unvermeidbar. Die Stimmung war einfach ausgezeichnet und die Anhänger des Stadtklubs glänzten mit rhythmisch anspruchsvollen und ansprechenden Songs, tollen Fahnen und genialer Pyroshow. Für mich definitiv eine der Top 3 Szenen der Schweiz neben Basel und YB - die Berner stehen auch bald auf dem Programm.

    Als das Spiel abgepfiffen wurde, feierte die Mannschaft mit den Fans und alle gingen glücklich und zufrieden nach Hause. Mit Simon philosophierte ich weiter über Fussball in früheren Zeiten, glorreiche Mannschaften, Spieler und Spiele des FCZ.

    Ein super Abend mit genialen Begegnungen, einem tollen Spiel und geiler Atmosphäre. Danke Simon, Yannick und Arttu.

    Hebednech Sorg u bis zum nöchschte Mau.
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  • Day 55

    Nous sommes les Valaisannes.

    May 9 in Switzerland ⋅ ☀️ 18 °C

    Ein Tag, den ich seit längerem herbeigesehnt habe wie die Toilette nachdem ich zwei Liter Wasser geext habe.

    Feiertag, Auffahrt, Frühling. Passt. Das ein Fussballspiel jenen Donnerstagabend bereichern wird, wurde jedoch erst einen Tag vorher als ich spontan das Sportprogramm der nächsten Tage konsultierte klar. Na, wer spielt denn an Auffahrt um 1800 ganz in meiner Nähe? Ja, der, in letzter Zeit nicht mehr ganz so, glorreiche FC Aarau. Das zwei-Gänge-Menü wurde durch einen trockenen Walliser aus Sitten komplettiert.

    Bevor alldem bin ich jedoch dem Tipp eines geschätzten Arbeitskollegen gefolgt und habe den scheinbar sagenumwobenen Weissenstein oberhalb der schönsten Barockstadt der Schweiz, Solothurn, bestiegen. Das Wetter sollte bereits ein Omen für das Gezeigte auf dem Rasen sein. Wolkig, windig und echt frisch. Dennoch konnte ich erahnen warum Solothurner nur von "üsem Bärg" reden. Ein gleich grosses Highlight stellen die Rösti im Sennehus dar. Die Verkostigung blieb mir allerdings verwehrt da ich selbst für Feldverpflegung gesorgt habe. Ein Mahl, welches so schweizerisch ist, man könnte fast meinen, ich hätte mich damit auf den Schweizer Pass bewerben wollen. Appenzeller Käse, welcher roch, als hätte man ihn während der Sommerferien unter der Heizung im Schulzimmer vergessen, Bündner Salsiz, Blevita. Das I-Tüpfelchen war dann die heisse Schokolade mit einem Kägi Fret als Dessert. Kevino, recht hattest du. Dr Wyssestei, de cha öbbis.

    Zeitsprung von rund vier Stunden.

    Bereits zum vierten, vielleicht auch fünften, Mal gebe ich dem alt ehrwürdigen Brügglifeld die Chance mir 90 sehenswerte Minuten zu präsentieren. Nun ja, sagen wir mal so, dass Bier und die Wurst waren die Highlights.
    Leicht angesäuert wurde so gut wie jede Situation der Adler mit Kommentaren meinerseits begleitet, die dem Freundlichkeitsniveau eines Berliner Taxifahrers kurz vor Ende der Nachtschicht entspricht. In der Retrospektive muss man jedoch sagen, dass Aarau die Sache, vor allem in der zweiten Hälfte, mit einem Mann weniger, wirklich anständig gemacht hat. Das war ja schliesslich nicht Baden auf der anderen Seite.

    Nun ja, das Spiel bot, bis auf den Ausgleich durch Shkelqim Demashaj (ich hoffe ich schreibe Deinen Namen richtig, oida), wenig bis keine Highlights. Ganz für die Tonne war der Abend dennoch nicht. Dass Sion über eine potente Fanszene verfügt, sollte klar sein. Dass der Support unter der Woche in Aarau jedoch so stark sein würde, überraschte jedoch nicht nur mich. Irgendwann wurde den Fans der Romands mehr Beachtung geschenkt als dem Gebolze. Zudem konnten wir von unseren Plätzen die, fairerweise erwähnt, näher an den Gäste- als an den Heimfans waren, Aarauer Ultras nicht hören. Zu hoch möchte ich das jedoch nicht bewerten. Schieben wir es mal auf unsere Plätze.
    Sion hat mehrfach gezündet, rhythmisch wertvolle Songs performt, die Nemo am ESC in den Schatten gestellt hätten und durch eine beachtliche Truppenstärke brilliert. So sehr, dass ich nächste Saison auswärts im Tourbillon dabei sein möchte. Steht nur noch offen gegen welchen Gegner. Naja, sicher mal nicht Yverdon.

    Bisher das mit Abstand schlechteste Spiel von allen. Fussball kann eben wie die Liebe manchmal echt wehtun. Um dem Kontext treu zu bleiben - es wartet bald ein heisses Date auf mich. Mehr dazu beim nächsten Mal.

    Bis zum nögschde Mau, hebednech Sorg.
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  • Day 44

    Genève de merde!

    April 28 in Switzerland ⋅ ☁️ 15 °C

    Sonntag. Fussball. Pokal. Halbfinale. GEIL!

    Besuch aus Frankreich.. Hust hust.. Genf ist da. Das erste Pokalspiel, dass ich live erlebe. Die Vorfreude ist unbeschreiblich und so gross wie meine Lust auf die Stadionwurscht. Gemeinsam mit Simon und Ciril Bebbi machen wir die Schützenwiese unsicher. Fussball mit Kumpels schauen gehen ist einfach geil! Tolle Sitzplätze im Block A, kurz vor der Mittellinie. Danke, Bebbi!

    Schnick schnack vor der Partie, lustig wars.

    Anpfiff.

    Geile Choreo beider Fanszenen. Pyro darf nicht fehlen. Und hat auch nicht gefehlt. Winti bezog sich auf den wahren Slogan "Take that Chance". Es steht der Einzug ins Cupfinale nach Bern auf dem Spiel. Weiss Gott wie lange Winti auf diesen Moment warten musste. Wahrscheinlich seit ihrer Gründung.

    Winti startet gut in die Partie. Mutig, proaktiv und ballsicher ziehen sie das Spiel auf. Remo Arnold und Granit Lekaj bilden die Innenverteidigung und bauen das Spiel gekonnt auf. Auf Aussen sorgen Ltajef und Adrian Gantenbein für Tempo und Gefahr. Randy Schneider und Basil Stillhart sind im Zentrum präsent. 100%-ige Torchancen gibt es jedoch auf beiden Seiten nicht.
    Nach etwa 30 Minuten kommt Genf und Winti lässt nach. Wenig Chancen nach vorne, wenig Mut und viele Fehler. Durch mehrere Eckbälle und individuelle Fehler des Heimteams kamen die, heute in Gold spielenden Genfer, zu Chancen, welche Marvin Keller jedoch nicht ausser Atem bringen konnten.

    Halbzeit.

    Bier und Wurscht stehen auf dem Speiseplan. GEIL!. Auf dem Weg zum WC treffe ich einen Winti-Fan der, sagen wir, schon einiges erlebt hat. Akustisch klingt er fremd. Aus Bern kommt er. Eine fussballerische Doppelehe zwischen Winti und YB führt er. Laut eigener Aussage gibt es selten Konflikte zwischen den Bräuten. Er muss es wissen. Ein Meister aus Bern und ein Pokalsieger aus dem sozialistischen Winterthur wünscht er sich. Zum Teil stimme ich ihm hier zu. Guter Mann.
    Bei Anstehen für die Wurscht treffen wir tatsächlich noch einen Afficheur der APG an. Ein Italiener, wie man unschwer an der Tracht, der Gestik und dem Haarschnitt erkennen konnte. Forza Winti.

    Die Wintiwurscht verdient stattliche 9/10 Punkten. Saftig, aromatisch und gutes Brot. Das Bier, heute scheinbar wirklich Haldengut, performt ebenfalls dem Anlass angemessen.

    Zweite Hälfte.

    Winti startet ansehnlich mit Ballbesitz, Kontrolle im Zentrum, Tempo auf den Flügeln und kollektiver Abgeklärtheit. Teilweise können auch konkrete Chancen herausgespielt werden. Wirklich gefährlich für Jeremy Frick wird es jedoch nicht. Gegen Ende der zweiten Hälfte werden die Froschfresser wieder aktiver und gefährlicher. Winti kann sich jedoch meist befreien. Bis auf einmal in der 88. Minute, als Severin auf der rechten Seite den Ball festmacht, auf Cognat im 11er legt und dieser direkt ins Tor abschliesst. Das tut weh... FUCK!!!! Selbst als neutraler Fan tut das unglaublich weh. Die Vorfreude auf eine Verlängerung, mehr Spass und einen Siegtreffer waren so gross unter allen 8500 Zuschauern in der ausverkauften Schützenwiese. Trotz diverser Angriffe und langer Bälle kann Winti das so dringend benötigte Tor nicht erzielen.

    0:1 nach 94 Minuten. Der Traum vom Finale in Bern ist ausgeträumt. Selbst mir als nicht-Wintifan tut das weh.

    Die Genfer Fans geben nach Abpfiff nochmals ordentlich Gründe, sie zu hassen. Böller werden gezündet, Pyro fliegt in die Winterthurer Stehkurve, vermummte Hools stürmen das Spielfeld. Die Stimmung eskaliert. Nun gesellen sich auch, durch rot-weisse Skimasken, unkenntlich gemachte, Winti-Ultras dazu. Die Polizei ist umgehend präsent und unterbindet eine mögliche Volleskalation.

    Genf feiert, Winti leidet.

    Wie verdaut man das? Na klar, bei ner Trinkpause in der gleichnamigen Winti Fanbar. Gutes Bier, gute Preise, gute Leute. Passt. Merk ich mir!

    Dennoch, ein, vom Erlebnis her, überragender Nachmittag. Danke Bebbi und Simon. Das war spitzenklasse. Am 12.05 sind wir gegen den FCZ wieder am Start. Diesmal jedoch nur Ciril und ich. Simon ist FCZ-Fan. Mein Mitleid.

    Bis bald, haltet die Ohren steif.
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  • Day 42

    Eeey, der hat schon Gelb!

    April 26 in Switzerland ⋅ ☁️ 12 °C

    Trotz einer von Husten, Halsschmerzen und Home Office geprägten Woche bot der Freitag am 26.04 mehrere Gründe zur Freude: Wochenende, Sonnenschein, einen alten Kumpel wiedersehen und Fussball.

    In meiner Zeit bei Fielmann in Rapperswil hatte ich die Freude mit Martin Eichhorn zusammenzuarbeiten. Der bis dahin beste Chef den ich jemals hatte. Einfach ein geiler Typ. Als er auf meine Story zum Aargauer Derby aufmerksam wurde schrieb er umgehen "Was machst du denn im Brügglifeld?!". Als jahrelanger Aarau-Fan und Dauerkartenbesitzer kennt er das Stadion und den Verein wie das Angebot an Gleitsichtgläser beim deutschen Optikriesen.

    Das Spiel gegen die AC Bellinzona bot sich perfekt an für ein Wiedersehen nach fünf oder sechs Jahren. Als ich bereits kurz vor Aarau war, schrieb er, dass er den Ausstieg in Zofingen verpasst hat und nun auf dem Weg in Hauptstadt war... Für ihn bedeutete das Stress. Jede Menge davon. Naja, ich hab unsere Tickets schon mal gekauft und es mir mit Bier im Stadion gemütlich gemacht.
    Dann war er endlich da.. Drei Minuten nach Anpfiff. Erstmal zu seinem Stammplatz und nach seinen alten Bekannten Ausschau gehalten. Die haben jedoch wie Deserteure die Seiten gewechselt. Nein, nicht so. Sie sind immer noch für Schwarz-Weiss-Rot. Einfach am anderen Ende des Grün.

    Zum Spiel gibt es ehrlicherweise nicht viel zu sagen. Ein Kick der nur durch Bier und Kameraden erträglich wurde. Zur Pause 0:0. Daraufhin gibt Martin mir ne Wurscht aus. Endlich! Zu einem echten Stadionbesuch gehört eine Wurscht wie das Amen zur Kirche. Die Adlerwurst bekommt von mir stabile 8/10. Das Brot war jedoch mangelhaft. Hart, etwas trocken..

    In der zweiten Halbzeit reüssierte die AC Bellinzona zweimal innert fünf Minuten. Was ein scheiss Fussballspiel. Zumindest waren die Gespräche unterhaltsam. Gute Jungs waren das an diesem Abend.

    Nach dem Spiel noch zum Bahnhof gesprintet, dass Martin auch seinen Zug schafft. Am Samstag muss er den Laden um 0630 aufsperren. Du armes Schwein. Das vermisse ich aus alten Optikerzeiten überhaupt nicht.

    Wir haben uns auch schon auf das nächste Spiel der Aarauer verabredet. Vorfreude herrscht.

    Bis baud u hebednech Sorg.

    Und ihr, wertes Team vom FC Aarau, reisst euch zusammen. Oder wie Franz Beckenbauer sagen würde: Geht's raus und spielt's Fussball!
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  • Day 37

    Mittel zum Zweck.

    April 21 in Switzerland ⋅ ☁️ 3 °C

    Es gibt ja bekanntlich für alles ein erstes Mal. So erging es mir auch heute. So feierte ich meine Premiere in Winterthur auf der Schützenwiese.

    Durch meinen Arbeitskollegen Ciril wurde ich bereits mental vorbereitet, was mich erwarten wird. Diesmal ist es wirklich anspruchsvoll das Kollektiv FCW in Worte zu fassen. Von Antifa, über sozialistische, teils kommunistische Züge bis hin zu wahnsinnig freundlichen, offenen und super netten, leidenschaftlichen Fans. Die Politik lasse ich hier mal gekonnt aus dem Spiel. Der Sektor B, bei den Einheimischen besser bekannt als Bierkurve ist ein Wohlfühlort für Fussballfans.

    Das Wetter war greislich. Kalt, Schneeregen und eisiger Wind. Die Wettervorhersage war so schlecht, dass ich sogar darüber nachgedacht habe, nach Luzern zum FCB-Match zu gehen und von dem Dach geschützt, meinen liebsten Ballsport zu verfolgen. Gut, habe ich mich anders entschieden. Einen solchen Stadionsprecher habe ich noch nie erlebt. Zuerst begrüsst er die Gästefans aus dem fernen Bärn, als hätte er sie zu Kaffee und Kuchen im trauten Heim eingeladen. Zudem gab er beim Verkünden der Aufstellungen, wo passend, seinen Senf dazu. Bei David von Ballmoos, Kapitän und souveräner Torhüter der Berner, sagte er "im Goal, beschdens bekannt bi üs in Winti, de David von Ballmoos". Beim zweiten Tor der Berner hiess es "Leider erzielt der gerade eingewechselte Lukasz Lakomy das 1:2". Geiler Typ.

    Das Stadion, ähnlich wie das Brügglifeld, alt, klein und charakterstark. Eine tolle Kulisse für das Topspiel des 33. Spieltages. Das Bier war wirklich gut. Zunächst dachte ich, dass Haldengut meinen Gaumen streichelt. Als ich mich dem langjährigen FCW-Fan Gregor über den hier gezapften Hopfensaft gesprochen habe, wies er mich darauf hin, dass es sich hier um ein Gebräu aus dem Hause Chopfab handelt. Er beschrieb es als "chotzgrusig". Nun ja, als ich wusste, was ich hier in meinen Korpus einführte, war meine Euphorie über das flüssige Gold auch etwas gebremst. Ich beschrieb es nur als "Mittel zum Zweck".

    Das Spieltagserlebnis wurde massiv gesteigert durch Dardan, den ich zufällig ansprach da Matteo di Giusto nicht in der Startformation aufzufinden war, was mich dezent erstaunte. Wir führten Gespräche über Fussball, den Kosovo, die kosovarische Küche und Politik. Ein ganz feiner Kerl, der mich darauf auf ein weiteres Bier einlud. Bereits vor Anpfiff zeigte die Bierkurve, das sie viel Pyrotechnik durch die Sicherheitskontrolle bringen konnten und alle voll funktionstüchtig waren.

    Nun zum Spiel.

    Wir wussten, dass es gegen YB wichtig war, die ersten 30 Minuten unbeschadet zu überstehen. Dies gelang. Winti war in den ersten 15 Minuten sogar stärker als der Gegner aus der Hauptstadt. Chance um Chance wurde erspielt mit teils sehr ansehnlichem Fussball. Beide Mannschaften spielten Fussball auf Augenhöhe, ein Unterschied war nur darin zu erkennen, dass die Young Boys mit jeder Aktion gefährlich werden konnten. Um ehrlich zu sein, war die Bierkurve eine der leiseren Fansektionen, die ich erlebt habe. Vor allem im Kontrast zur Muttenzerkurve letztes Wochenende.

    Halbzeit. Dardan lädt mich auf ein Bier ein. Faleminderit & gezuar!

    LFG, zweite Halbzeit. Das Spiel ist ähnlich, wie im ersten Durchgang ausgeglichen. Winterthur erarbeitet sich jedoch immer wieder Chancen, ist jedoch in der Vollendung verschwenderischer als deutsche Supermärkte im Umgang mit Backwaren. Lustigerweise haben Gregor und ich eine uralte, aber nach wie vor wahre Fussballweisheit kundgetan. "Machste se vorne nicht, kriegste se hinten". So wars dann auch. Nach einem Angriff der Berner, bei dem die Abwehr der Winterthurer zu weit weg vom Mann war, fiel das 1:0 durch Monteiro in der 70. Minute , der alles für eine EM-Nominierung tut.

    Scheisse.

    Mund abputzen und weitermachen.

    Winti zeigte sich unbeeindruckt vom Rückschlag und kam elf Minuten später durch den eben eingewechselten Turkes zum Ausgleich. Grenzenloser Jubel und ein Gefühl, dass nur der Fussball einem geben kann. Darum liebe ich diesen Sport. Come on!!

    So schnell wie die Freude aufkam, war sie bereits wieder verflogen. Der gerade eingewechselte Lukasz Lakomy erzielte das 1:2 durch einen abgefälschten Freitoss, der effektiv als Eigentor gewertet wurde. Danach kam nicht mehr viel zwingendes vom Heimteam.

    Aus und vorbei.

    Ein wirklich tolles Erlebnis ist vorbei. Wie schnell sich die Dinge ändern können. Zuerst wollte ich gar nicht nach Winterthur, dann ist es eines der tollsten Fussballerlebnisse, dass ich in der Schweiz erleben durfte. Mit frohem Gemüt, einem dicken Lachen im Gesicht und zwei Bechern als Souvenir begebe ich mich wieder in bekannte Gefilde, nach Aarau. Das Wetter und der Aargau präsentieren sich von seiner besten Seite. Akustisch wird die Szenerie durch Pink Floyd mit Coming back to life untermalt. Weltklasse. Ich fühle mich einfach glücklich und freue mich auf die Person, die mich in Aarau ar Aare erwartet.

    Danke Winti. Danke Dardan, danke Gregor und Andi. Ihr habt das Spiel zu einem denkwürdigen gewandelt. Nun steht mir die grosse Herausforderung bevor, zu entscheiden welche Bilder es in den heutigen Footprint schaffen.

    Ach Fussball, du bist einfach toll.

    Bis nächste Woche, da ist einiges geplant 😏
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  • Day 20

    Sion (2/2)

    April 16 in Switzerland ⋅ ☁️ 8 °C

    Die Valerie und die Kirche auf dem gegenüberliegenden Hügel will ich natürlich auch sehen, und so packe ich meine Siebensachen, und spaziere rüber. Diese Burg ist weniger spektakulär, hat jedoch ein Museum. Da das Wetter so schön ist, spare ich mir die 8 Stutz für meinen nächstem Besuch in Sion, denn diese Stadt hat mich zwar zum ersten, aber definitiv nicht zum letzten Mal gesehen.

    Auf dem Weg zurück in die Stadt blüht überall der Blauregen, der zwar wunderschön aussieht und duftet, allerdings hochgiftig für Mensch und Tier ist. Das Selfie mit der kürzlich zur "Giftpflanze des Jahres 2024" lass ich mir trotzdem nicht nehmen.

    Die restliche Altstadt von Sion ist überaus charmant, kleine Cafés, Bsetzistei, alte Gemäuer. Ich bin froh, dass ich meiner Intuition gefolgt bin und den Ausflug ins Wallis unternommen habe. Sion ist eine schöne Stadt mit netten Leuten und spannenden Orten, die definitiv ein Besuch wert ist.
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  • Day 30

    Zigaretten, Bier, Schweiss und Gras.

    April 14 in Switzerland ⋅ ☁️ 22 °C

    Der Duft der Kurve ist Kult. Genauso wie die Bäckerei, die das Adjektiv als Namen trägt, in der wir uns ein ebenso delikates wie reichhaltiges Frühstück gegönnt haben. Essen wie Gott in Frankreich. Diesmal eben in Basel St. Johann.

    Nachdem wir uns wohl genährt auf die Strassen der Pharma- und Chemiemetropole begeben haben führte uns der Weg via Mittlere Brücke in die tolle Altstadt von Grossbasel zur Martinskirche und zum Basler Münster mit tollem Blick über de Rhyy. Ein wunderschöner, ruhiger und vor allem schattiger Ort, der bei dieser Bullenhitze mehr als gelegen kam.

    So, jetzt drückt die Blase und die fundamentalsten Bedürfnisse eines Menschen rücken in den Vordergrund.
    Wo geht also ein Mann Mitte Zwanzig mit Fussballtrikot hin um freundlich um die Benützung der hauseigenen Toilette zu bitten? Ihr wisst es wahrscheinlich bereits. Ins Café des Kunsthauses der Kulturmetropole am Dreiländereck. Beim Blick auf die Tabellensituation beider Equipen war nicht abzusehen, dass diese Erleichterung nicht das beste Gefühl des Tages werden sollte.

    Palomina hatte in der Zwischenzeit einen Masterplan zur Anreise ausgeheckt. Über den Dreispitz mit anschliessendem Fussmarsch in den Tempel Nordwestschweizerischer Fussballkunst. Wenn man von Fussballkunst spricht, kommt einem beim Gedanken an die Bebbi wohl eher die ferne Vergangenheit in den Sinn. Ja, ich sage es auch nur ungern.

    Bereits mehr als eine Stunde vor Anpfiff war der Vorplatz des St. Jakob-Parks besser besucht als jeder Discounter am Supersamstag zur Rushhour . Die Atmosphäre war elektrisierend. Mein Blick, meine Gestik und meine rhetorischen Fähigkeiten, die aufgrund des mir vorliegenden Anblicks, limitiert waren, belegten dies als ich den ersten Blick der Mehrzweckanlage erhaschen konnte. Einfach nur geil!

    Nachdem wir unsere Plätze in der Muttenzerkurve gefunden haben, machten sich die Ultras auf zu ihren Plätzen. Dies liessen sie alle wissen in dem sie lautstark auf sich aufmerksam machten. Gänsehaut. Während ich diese Impressionen für die Ewigkeit festhalte werde ich von einem Ultra charmant darauf hingewiesen das die Aufnahme jeglicher Bewegbilder aus der Muttenzerkurve in etwa genauso gern gesehen sind wie Erwachsenenfilme in christlichen Klostern.

    Anpfiff.

    Basel begann verhalten wenn auch konzentriert. Genf war die optisch überlegene Mannschaft ohne jedoch zwingend zu werden. Die beste Leistung im mit rund 26500 Zuschauern gut besuchten Joggeli zeigten jedoch die Anhänger beider Teams. Die Grenats-Ultras zündeten Pyrotechnik als erbeten Sie Schiffbruch auf hoher See. Die Muttenzerkurve brillierte mit tollen Gesängen, Rhythmen und Liedern, die im Kopf bleiben.

    Der erste grosse Aufreger auf dem Platz war das vermeintliche 1-0 durch Kevin Rüegg in der 20. Minute welches ausgiebig gefeiert wurde. Jedoch erhielt der Schiedsrichter eine Meldung aus Volketswil. Foul in der Aktion zuvor. Ergo, kein Tor.

    Die Mehrheit der Zuschauer hat sich mit einem torlosen Spielstand nach 45 Minuten abgefunden. Nur Zwei hatten etwas dagegen. Thierno Barry und Toni Kade. Mit zwei Treffern in der 43. und 45+1 erzielten die Beiden Tore, die genau das Spiel manifestierten, nachdem alle Basler gelechzt haben. Kampf, Wille, Durchsetzungsvermögen.

    Pause.

    Die zweite Hälfte war geprägt von Taktik, Standards und diversen Tormöglichkeiten für beide Seiten. Als Steve Roullier in der 58. Minute nach einem Eckball von Miroslav Stevanovic den Anschlusstreffer erzielte stieg die Spannung ins unermessliche. So sehr, dass selbst eingefleischte Bebbi nicht zusehen konnten.

    Nach 90 Minuten tollem, mitreissendem Fussball und einer Kurve die einfach nur Spass macht ist der Sieg perfekt. Basel siegt 2:1 gegen Servette und sorgt für ein bisschen Durchatmen am Rhein.

    Den Tag haben wir mit einer idyllischen Busfahrt von Frick nach Aarau und einem Abendessen im Summertime mit anschliessendem Verweilen am namensgebendem Gewässer Aaraus ausklingen lassen.

    Dangge, Basel. Bis bald 🔴🔵
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  • Day 4

    Ostersonntag und Heimreise

    March 31 in Germany ⋅ ☁️ 13 °C

    Sonntag:
    Am Ostersonntag frühstücken wir auf dem Balkon. Der Sahara-Staub hat sich grössenteils wieder verzogen, deswegen ist das Wetter sehr sonnig und mild. Wir verbringen daher den Tag in Füssen und erkunden unter anderem die Altstadt. Palomina weiss die zahlreichen Fotomotive für die analoge Kamera zu schätzen und knipst was das Zeug hält. Palomina probiert zum ersten Mal das Phänomen "Spaghetti-Eis" uns i(s)st davon positiv begeistert. Zurück in Eisenberg kochen wir einen reichhaltigen Eintopf mit sehr viel Gemüse. Mei isch des schea.

    Montag:
    Den letzten Tag lassen wir langsam angehen. Frühstücken, Packen, erbittertes Rummikub-Turnier. Für ausreichend Hydrierung sorgt das Meckatzer, oder wahlweise Naturradler.
    Gegen den späteren Nachmittag machen wir uns dann mit Annes fahrbarem Ungersatz auf den Weg nach Kempten. Von dort soll uns die DB analog Hinfahrt über Lindau-Reutin zrugg uf Tsüri bringen. Aaron möchte unterwegs noch beim Stechele-Automat vorbei um Käse und Eier zu holen. Statt rohen Eiern kauft er versehentlich 10 Stk. gekochte Ostereier, was sich im Nachgang als glückliche Fügung entpuppen wird. Denn was die Deutsche Bahn Fahrplan schimpft, bedeutet für uns unverbindliche Abfahrtsempfehlung mit Gleisvorschlag. Entsprechend verpassen wir unseren Anschluss in Lindau, und müssen uns den Heimweg somit über Feldkirch, Buchs SG und Sargans erobern. Die grössere Katastrophe (nämlich ein hangry Palömeli) konnte durch die vorgängig erworbenen Eier und einen Abstecher in den Sutterlüty Ländlemarkt am Bhf Feldkirch ebenfalls erfolgreich abgewendet werden. Alles halb so wild, und als wir um 23 Uhr in Altendorf im Bett liegen, träumen wir vom tollen Osterwochenende umd freuen uns schon aufs nächste.
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