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  • Day 210

    Von Schmiergeld und Parkbekanntschaften

    November 26, 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 21 °C

    Nach meinem Retreat in den Hügeln ausserhalb von Cuenca, kehre ich zurück in die hübsche Altstadt und quartiere mich in der „Perla Cuencana“ ein. Die Übernachtung kostet 7 Dollar, es hat eine Küche, viel Raum, eine Dachterrasse mit Sicht auf die Kathedrale und die Gassen. Die jungen Brüder, die es betreiben, sind freundlich und unkompliziert.
    Cuenca wird immer mehr zu meinem Zuhause. Ich kenne die Märkte, einige Restaurants, die Schleichwege, die Wandmalereien und die hübschen Cafés.
    Eckanard aka. José meldet sich bei mir und kündigt an, dass er für ein paar Tage nach Cuenca kommt. Er hat Arbeit in einem argentinischen Fleischrestaurant, als Vegetarier. Ich empfehle ihm mein Hotel.
    Wir streifen zusammen durch die Stadt, er zeigt mir vegetarische Restaurants und ich lade ihn und seine 4 Kinder (die mit der Mutter in Cuenca wohnen) ins Kino ein. Wir diskutieren über die Schweiz und die Arbeitsmöglichkeiten dort. Er würde sehr gerne in die Schweiz arbeiten kommen.

    An einem sonnigen Nachmittag packe ich spontan mein Buch und setze mich zum lesen in den lauschigen und gut besuchten„Parque Calderon“ (der zentrale Hauptplatz in Cuenca). Menschen der Hilfsorganisation Unicef sind auf der Jagd nach neuen Spender:innen, ältere Männer diskutieren neben mir über die schönen und weniger schönen Aspekte des Lebens, fliegende Händler verkaufen süsses und salziges, ein junges Mädchen bittet mich um Münz: a little mony pliiis!
    Ich lese.. beobachte das bunte Treiben und versuche, wie so oft, das gelesene aus meinem spirituellen Buch, hier draussen im Leben zu verstehen und zu spüren.. immer wieder berührende Momente.
    Ob ich spanisch spreche und verstehe fragt mich eine junge Frau der Hilfsorganisation Unicef plötzlich. Sie hatte mich davor von weitem gemustert. Wir kommen ins Gespräch. Schnell komme ich zu meinem zentralen Thema: meiner Passgeschichte. Sie hört mir aufmerksam zu und sagt dazu: es tue ihr leid dies zu hören, sie würde am liebsten den ganzen Nachmittag mit mir sprechen.. Ich spüre eine spannende Verbindung zwischen uns, wir tauschen Energien aus, als würden wir uns beschnüffeln ;). Sie müsse wieder arbeiten gehen, es sei ihr nicht erlaubt, sich zu lange mit Leuten auszutauschen, die nicht spenden wollen. Also frage ich sie für ihre Nummer. Sie speichert ihre Nummer in meinem Handy mit dem Namen: Vanessa Calle.
    Ich lese noch eine Weile weiter und beobachte Vanessa flüchtig aus der Ferne. Mein Herz klopft..

    Wir beginnen zu Schreiben. Wir verabreden uns ein paar Tage später im selben Park bei Einbruch der Nacht. Die unzähligen Weihnachtslichter in den Bäumen verzaubern alles und alle. Wir sprechen lange auf der Bank, gehen Pizza und Eis essen und lernen uns besser kennen. Wir fühlen uns sofort wohl beim Andern, alles was uns in dieser kurzen Zeit widerfährt fühlt sich „von einer höheren Macht“ gesteuert an.. Da sind sich zwei wohl gerade am verlieben..

    Die nächsten Tage habe ich vor allem eins im Kopf: Vanessa.

    Wir unternehmen Stadtbummel zusammen, ich besuche sie in ihrer Wohnung, helfe ihr beim Umzug aus dieser Wohnung zurück zu ihrer Mutter und ihrem Bruder, wir essen in verschiedenen Restaurants oder bestellen auch Mal Pizza zu ihr nach Hause oder in mein Hotel.
    Wir sprechen viel, haben von Anfang an tiefgründige Unterhaltungen und kommen uns emotional dadurch sehr schnell nah.

    Ich beschliesse eine Sammelaktion für José zu starten. Er würde so gerne wieder seine einzigartigen Popcorn (in verschiedenen Geschmäckern) in den Strassen von Cuenca verkaufen. Also gestalte ich einen Bettelbrief und verschicke ihn Freunden und Familie. Wir bitten darin um Spenden für den Popcorn Wagen und die Arbeitsgeräte. Innerhalb weniger Tage kommt viel Geld zusammen. Ich teile den Erfolg José mit. Freudig sagt er mir, er komme so schnell wie möglich nach Cuenca zurück.

    Kurz vor Weihnachten kann ich noch nach Guayaquil fahren (4.5 Std.), wo ich endlich, mit einem meiner Anwälte, meinen Pass bei der Gerichtspolizei abholen kann. Dieser „Deal“ mit der Staatsanwalt kostet mich weitere 400 Dollar und ist der Arbeit meiner Anwälte zu verdanken. Wer schlussendlich dieses Geld bekommt ist mir unklar. Wenn ich es nicht bezahlt hätte, hätte die Polizei meinen Pass zurück zur Grenze geschickt um weitere Inwestigationen zu machen und das ganze wäre noch Monate gegangen.
    Der Moment als die Polizei mir, in einem staubigen Lagerbüro, (wo haufenweise beschlagnahmte Gegenstände wie Pistolen, Handys und Geldbeutel in Plasticksäcken herumliegen) meinen roten Pass zurück gibt, fühlt sich sehr gut an, ich fühle mich siegreich! Nach einer monate andauernden „Behördenschlacht“ mit vielen schwierigen Momenten, viel Unsicherheit und dem „ausgesetzt sein“ der korrupten und undurchsichtigen Polizei Guayaquils.
    Zum Gerichtsfall ist es glücklicherweise gar nicht gekommen. Der Fall sei somit abgeschlossen erklärt mir mein Anwalt in seinem Autio im ermüdenden Stau Guayaquils.
    Glücklich, müde und hungrig fahre ich noch in der selben Nacht zurück nach Cuenca.
    Nun muss ich mich mit der Hilfe meines Anwalts noch bei der Migration um die rechtmässigen Stempel kümmern, damit ich wieder ausreisen kann.
    Ich hoffe sehr, dass dies problemlos und schnell gehen wird. So richtig entspannt bin ich in dieser Passgeschichte erst, wenn ich im Flugzeug in die Schweiz sitze. Nunca sabes..

    Zu Weihnachten bin ich bei ihrer Familie eingeladen. Wir essen ein Festmal um Mitternacht und packen danach im ecutorianischen Stil (das Geschenkpapier muss möglichst schnell und wild aufgerissen werden) die vielen Geschenke aus. Ihre Mutter und ihr jüngerer Bruder sind auch sehr herzlich und offen zu mir. Es ist schön, als Reisender, der auch oft alleine ist, dieses Fest der Liebe in einer Familie verbringen zu können.
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  • Day 202

    Somos todos hijos del Sol!

    November 18, 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 18 °C

    Etwas ausserhalb von Cuenca gibt es ein spirituelles Retreatzentrum. Das Hauptaugenmerk liegt auf den „Plantas Sagradas“ Ayahuasca und San Pedro (ein Kaktus).
    Ich nehme hier an einem sieben tägigen Retreat teil.
    Mit mir sind Menschen aus der ganzen Welt dort. Neben den vielen Amerikanern und Kanadiern sind auch Menschen aus Schottland, Estland, Taiwan, Deutschland, Frankreich, Hawaii und Ecuador in unserer Gruppe.
    Wir sind eine Gruppe von 30 Menschen.

    Gleich nach dem ankommen gibt es eine Atemmeditation (Breathwork) in der grossen Halle. Wir atmen 40 Minuten sehr intensiv, aus dem Bauch in die Brust und beim Ausatmen gilt es laute Atemgeräusche zu erzeugen.
    Etwa in der Hälfte der Zeit beginnt sich mein Körper zu verändern: ich spüre wie sich meine Finger taub anfühlen, wie das Blut im Körper zirkuliert und ich immer Energie geladener werde.
    Als wir durch sind und der Leiter uns auffordert still zu sitzen und wieder normal zu atmen, empfinde ich ein tiefes Glücksgefühl. Ich fühle mich lebendig. Natural High! Zudem ist mein halbes Gesicht gelähmt, doch dies hindert mich nicht über das ganze Gesicht zu grinsen.
    Ich laufe mit einem natürlichen Hochgefühl zurück in mein Zimmer und nehme meine Umgebung viel bewusster und gedankenloser wahr.
    Ich schaue in den Spiegel und bin froh hier zu sein. Mein Gesicht löst sich allmälich von der Lähmung. Krass was intensives Atmen bewirken kann!

    Wir machen eine Ayahuascazeremonie mit dem brasilianischen Shamanen Titi. Was ich dabei erleben darf, berührt mich tief.
    Ich schreibe am nächsten Tag darüber in mein Tagebuch:

    Vergangene Nacht durfte ich eine kraftvolle Verbindung mit Ayahuasca eingehen. Ich durfte der Energie des Jungels beiwohnen. Alle Tiere des Jungels waren da, sie tauchten als sich verändernde Tiergestalten auf und teilten mit mir auf feinste Art ihre Liebe und Energie. Diese Welt dort ist farbig und feinfühlig, wild und lebendig. Es herrschte absolute Einheit unter den Tieren. Es tauchten dynamische, sich ständig verändernde Muster auf, die sich in strahlenden Farben vor meinen geschlossenen Augen abspielten.
    Als ich auf der Toilette sitze (Ayahuasca führt nicht nur zu Erbrechen ;), kommt mir vor meinem inneren Auge ein fliegender Tiger entgegen. Er schlägt seine grossen Flügel wie ein Adler und wird begleitet von wärmendem, weissen Licht. Ich nehme alles wahr ohne es mit dem Verstand zu beurteilen oder zu interpretieren. Dafür ist es viel zu schön. Und sowieso würde der analysierende Verstand nur die Visuals vertreiben.
    Draussen regnet, blitzt und donnert es, das Feuer züngelt kräftig in der Mitte der Maloca.
    Fernando und sein Freund spielen wunderschöne Lieder aus den Anden. Sie besingen die Stärke des Kondors, der Wille der Kriegerinnen - somos todos hijos del Sol!
    Ich bin berührt, ergriffen. Der Stamm ist spürbar. Die teilenden Gedanken des Ego-Geistes weichen dem Gefühl und der Energie der spirituellen Einheit - verbunden durch den Geist und unsere Herzen.
    Der Ego-Geist, der dauernd plappernde Verstand ist nicht verschwunden, nicht aufgelöst. Ich nehme ihn jedoch viel bewusster wahr und kann mich durch Hingabe wieder von ihm lösen, ihn beobachten und glasklar erkennen, dass er nicht meine Essenz ist. Im Gegenteil: oft besteht er aus meinen konditionierten Ängsten, meiner Scham und vor allem aus meinem mangelhaften Selbstwertgefühl, meinem fehlenden Selbstvertrauen.
    In der Meditation am Feuer, erinnere ich mich, wer ich wirklich bin. Ein Krieger! Ein Krieger der Liebe und des Friedens. Ich kämpfe mit Musik und der Ruhe der Erde. Ich bin immer verbunden mit den Wurzeln, meinem Ursprung.
    Das Schauspiel des Universums ist während meines Trips sehr berührend, es bringt mich zum Staunen und zu einem noch tieferen Vertrauen, dass ich nur loslassen muss und mich ganz in die Liebe und Fürsorge des lebendigen Universums hingeben kann.
    Diese Worte mögen hier vielleicht leer, abgedroschen oder pathetisch klingen.. Der Mensch muss eine solche Erfahrung mit eigenem Geist und Körper erfahren, erspüren und beobachten, um es zu verstehen.
    Wenn du dies erlebst, verstehst du, dass Worte dem heiligen Universum gar nicht gerecht werden können.
    Wer das lodernde Feuer in absoluter Stille sieht, der weiss!

    Die Woche ist unglaublich intensiv, anstrengend, herausfordernd und bewirkt eine schöne Veränderung in mir.

    Wir haben noch eine 12 Stündige San Pedro Zeremonie gemacht und eine sehr lange Schwitzhütten-Zeremonie (Temascal) mit San Pedro und Ayahuasca. Bei Interesse erzähle ich dir gerne persönlich von diesen berührenden und kraftvollen Erlebnissen.
    An den freien Tagen nach den Zeremonien haben wir immer eine Nachbesprechung durchgeführt und wir durften an den freiwilligen Angeboten wie Yoga, Tanz, Wechselbäder usw. teilnehmen.
    Das Essen war sehr fein und gesund, beim Abwaschen oder im Garten konnten wir Karma-Yoga machen.

    Die Gründerin des Zentrums (ein Hippiechic, so nennt sie sich selbst) zahlt sich selbst einen Monatslohn von 500 Dollar aus, dies entspricht dem Durchschnittslohn der Ecuadorianer). Ihre Mission sei es nicht, reich zu werden, sie wolle mit diesem Ort möglichst vielen Menschen zur spirituellen Weiterentwicklung und Heilung verhelfen. Schliesslich könne das Bewusstsein der Masse erst erwachen, wenn genügend Menschen ihre spirituellen Hausaufgaben machen würden. Christine ist eine charismathische Personlichkeit mit einem tiefen Glauben an die Utopie. Sie meinte einmal nebensächlich: dies sei ihr letztes Leben, dann komme sie nicht mehr zurück ;)

    Ich bin begeistert mit welcher Liebe und Hingabe die Menschen dort arbeiten. (Auch die Volontär*innen).
    Die Traditionen stehen bei den Zeremonien stets im Zentrum und werden mit sehr viel Respekt und Dankbarkeit ausgeführt und weitergegeben.
    Es war schön zu beobachten und miterleben, in welch kurzer Zeit wir alle zu einer Familie zusammenwuchsen.
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  • Day 187

    Olas grandes y mucha agua de coco

    November 3, 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 26 °C

    Nach weiterem Ausharren in Guayaquil und (nicht zielführenden) Behördengängen und Treffen mit meinem Anwalt (ich verliere allmählich das Vertrauen in ihn), beschliesse ich wieder ans Meer zu fahren.

    In Ayampe treffe ich Katy. Sie lebt in Quito, wir haben uns über’s Internet kennengelernt. Wir mieten ein schönes Bambushaus und lernen uns über’s Wochenende näher kennen.
    Ayampe ist ein verträumtes Surferdorf mit vielen Angeboten für westliche Touristen. Dementsprechend teuer ist das Essen, Trinken und Wohnen.
    Wir sammeln schöne Steine am Strand (es hat wunderschöne Grüne) und geniessen das süsse Nichtstun.
    Ich finde es spannend (und anstrengend) einen Menschen, den man vorher noch nie gesehen hat, plötzlich an seiner Seite zu haben und kennenlernen zu dürfen. Katy und ich unterscheiden uns, von der Art, wie wir über das Leben denken und es leben sehr. Dennoch oder gerade desshalb führen wir spannende Gespräche und erleben lustige Momente.
    Am Sonntag Abend trennen sich unsere Wege wieder: Katy nimmt den Nachtbus zurück nach Quito (12h) und ich fahre in die gegengesetzte Richtung ins Nachbarsdorf Olón.

    Eigentlich will ich nur eine Nacht bleiben und zurück nach Guayaquil fahren. Aus einer Nacht wird schlussendlich eine Woche. Ich habe unterdessen neue Anwälte (Ein bekannter von Katy) und kann sowieso nichts anderes tun als Abwarten. Warum also nicht am wilden Meer bleiben?!

    Olón gefällt mir sehr gut. Es ist weniger Touristisch wie Ayampe, dennoch kann ich einen feinen Cappuccino (mit Mandelmilch) trinken gehen, mich im südindischen Restaurant kulinarisch verwöhnen lassen und mich in der Massage etwas vom mentalen Stress befreien.
    Das Surfen lasse ich jedoch sein, mich macht es schon zufrieden am Strand zu sitzen und den grossen Wellen zuzusehen, zu meditieren oder an meinen Songs zu schreiben.
    In den schönen Strassen von Olón (es hat überall farbige Wandmalereien) mache ich noch letzte Videoaufnahmen für das Musikvideo „Natural High“ und vollende mit letzten Schnitten das Kunstwerk.
    Falls du mal in Olón landest, empfehle ich dir das Hostel „La Española“. Es ist preiswert, schön, sauber und hat eine gut ausgerüstete Küche. Zudem ist Maria, die es führt sehr angenehm und freundlich.

    Dann breche ich doch noch auf. Ich fahre zurück in die Millionenstadt Guayaquil. Ich quertiere mich für eine Nacht wieder bei „Mama Maria“ ein (ich lande immer wieder bei den Marias ;)).
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  • Day 183

    im Behördenlabyrinth

    October 30, 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 27 °C

    Ich halte mich kurz.. seit 2 Wochen bin ich nun hier in Guayaquil und versuche den Fall zu klären. Es ist echt ein Behördenmarathon. Ich durchquere dafür X mal die ganze Millionenstadt (meist mit dem öffentlichen Bus, stundenlanges im Stau stehen inbegriffen) und versuche an meinen verschollenen Pass und die Unterlagen zu meinem Fall zu kommen. Hier läuft alles langsam und die Behörden geben die Verantwortung gerne weiter.. man schickt mich zu einer anderen Polizeistation, dort teilen sie mir mit, ich müsse auf die Migration usw..
    Es ist sehr anstrengend und ich muss mich echt in Geduld und Selbstfürsorge üben. Nun habe ich einen Anwalt dazugezogen.

    Damit ich nicht die Hoffnung verliere und mich nicht nur mit dieser, psychisch anstrengenden Sache beschäftige, besuche ich die schönen Orte der Stadt.
    So habe ich z.B eine Insel vor Guayaquil besucht, auf der Indigene in Häusern auf Stelzen wohnen und (sehr nahe der lauten Stadt) einen ruhigen Lebensstil führen. Dort konnte ich auch das erste Mal in meinem Leben Krokodile beobachten.

    Über das Wochenende bin ich raus aus der Stadt ans Meer gefahren. Ich habe die Fischerdörfer Guayas, San Pablo und Palmar besucht.
    Das Baden im Meer und das am Strand entlang spazieren sind bereichernde Aktivitäten, die mich auf andere Gedanken bringen.

    Nun bin ich zurück im Stadtjungel und treffe morgen um 9 Uhr meinen Anwalt in der Polizeistation im Zentrum.

    Wir haben nun endlich die ersten Unterlagen zu meinem Fall bekommen und versuchen damit den Prozess vor dem Staatsanwalt(der eigentlich sofort gemacht hätte werden müssen) einzufädeln.

    Schon paradox; ich muss mich darum kümmern, dass ein Prozess gegen mich gestartet wird.. die Dinge laufen hier definitiv anders als in der Schweiz.
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  • Day 171

    gestrandet in Guayaquil

    October 18, 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 34 °C

    Ein Freund hat mir einmal ein gutes Sprichwort gesagt: when you’re planing -god is laughing..

    Dieses passt gut zu meinen Erlebnissen hier.

    Was ist der Plan?

    Ich will am 18.10 mit dem Flugzeug nach Santo Domingo (Hauptstadt der Dominikanischen Republik) fliegen, wo ich nach zweit Tagen weiter Nach Kingston (Haupstadt von Jamaika) fliege. In Jamaika möchte ich den Wurzeln der Reggae Musik auf die Spur gehen und die Rastafari Kultur vor Ort kennenlernen.

    Was ist passiert?

    Als ich in Guayaquil am Flughafen durch die Passkontrolle gehe, wird mir mitgeteilt, dass ich nicht im ecuadorianischen Migrationssystem bin, das mein Stempel gefälscht sei und ich mit in ein Kontrollraum mitkommen müsse. Sofort ist mir klar, wesshalb sie mich nicht ausreisen lassen: Die Typen, die mir dazumal beim Ausreisen aus Kolumbien „geholfen“ haben, hatten mich total verarscht. Sie haben mir für teures Geld gefälschte Stempel verkauft ohne mich im Computersystem zu registrieren. 
Was darauf folgt ist wieder filmreif: Mein Gepäck wird sehr genau kontrolliert, die Frau schaut sich meine WhatsApp Chats und Fotos/Videos auf dem Laptop an und stellt mir zu allem Fragen. Darauf kommen drei weitere Polizisten, mein grosser Rucksack wird aus dem Flugzeug zurückgeholt und vor anderen Reisenden am Boden geöffnet und minuziös kontrolliert. Sie nehmen mir meinen geliebten Eukalyptusharz aus Marokko und mein Rapé aus Kolumbien/Peru weg - sie kennen es nicht und denken wohl, es könnten Drogen sein. Sie teilen mir mit: „No puedes viajar“! Du wirst nicht reisen.. Diese Worte sind hart zum nehmen. Ich habe mich sehr auf Jamaika gefreut und für die Flüge habe ich keine Reiseversicherung abgeschlossen..
    Dann bringen mich zwei Polizisten mit all meinem Gepäck auf den Polizeiposten Cuartel Modelo. Im Auto ist es unglaublich heiss, die Polizisten sprechen sehr schnell und für mich schwer verständlich. Ich habe ein ungutes Gefühl. Was wird jetzt mit mir passieren, was soll ich ihnen sagen? 
In diesen Momenten fühle ich eine intensive Lebendigkeit, jedoch auch eine Angst, die von der Ungewissheit kommt.
    Guayaquil ist im Moment die gefährlichste Stadt in Ecuador, Touristen meiden sie und die Gefängnisse hier sind für interne Bandenkriege bekannt und voll mit Mördern und Drogenhändlern.
    Ich denke mir: Simon, wo hast du dich hier wieder reingeritten..?!
    Auf dem Polizeiposten fragen die Polizisten mich, wie viel Geld ich dabei habe. In dem Moment habe ich tatsächlich kein Bargeld dabei und auf meiner Karte nur noch 50 Dollar. Sie fragen mich, ob ich nicht mehr Geld organisieren könne, worauf ich Ihnen antworte, dass mir Geld aus der Schweiz überwiesen werde, dies aber erst morgen auf meiner Karte sei. Ich verstehe, auf was sie herauswollen: Sie wollen mir den Pass für Geld zurückgeben. Sie teilen mir mit, dass ich normalerweise nun in Untersuchungshaft kommen würde und einem Staatsanwalt vorgeführt würde - da ich aber kein Geld -und viel zu viel Gepaäck dabei habe, können sie mich nicht einsperren, sie hätten keinen Platz für das Gepäck. Auch einen Anwalt könne ich ja nicht zahlen. Sie konfiszieren also meinen Pass und fahren mich zum nächsten Geldautomaten, wo sie mich laufen lassen mit den Worten: geh auf deine Botschaft und lasse dir einen neuen Pass ausstellen.. 
In diesem Moment bin ich zuerts einmal erleichtert, dass ich schon wieder frei bin. Was ich jedoch in dem Augenblick noch nicht realisiere: Die Polizei hat mich nicht Verfahrensgetreu behandelt, dies wird mich noch viel Zeit, Geduld und Geld kosten!

    Voller Adrenalin stehe ich nun mit meinem Gepäck und den letzten 50 Dollar auf der Strasse in der heissen Abendsonne von Guayaquil. Eine Strassenverkäuferin sieht mir wohl eine gewisse Verzweiflung an und organisiert mir ein Taxi (ihr Sohn). Dieser fährt mich zuerst zum Schweizer Generalkonsultat (das schon zu ist) und danach zu einem günstigen Hotel - dem Hotel Maria (das nun für längere Zeit mein Zuhause werden würde, davon ahnte ich zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nichts).

    Mit meinen letzten Dollars kaufe ich mir im Quartier bei einem Pizzaverkäufer auf dem Velo, eine Pizza und esse sie bei untergehender Sonne im Park in der Nähe meines Hotels.

    Zurück im Hotel rufe ich Clemens an und erzähle ihm per Videochat, was mir passiert ist.

    Voller Emotionen und intensivem Gedankendrehen gehe ich ins Bett und versuche zu schlafen. Ich denke mir nur noch: Erst mal eine Nacht darüber schlafen!
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  • Day 170

    Cuenca

    October 17, 2023 in Ecuador ⋅ ⛅ 17 °C

    Cuenca - La ciudad mas linda del Ecuador - das ist, was dir viele Menschen sagen, wenn du erzählst du gehst nach Cuenca.

    Und, kann ich es bestätigen? Ja, voll und ganz, zumindest ist es die schönste Stadt in Ecuador, die ich bis jetzt gesehen habe.

    Ecuador's Städte sind normalerweise laut, staubig, voller Verkehr und schon eher dreckig. Nicht so Cuenca. Es ist sauber und gepflegt hier, hat ein modernes Tram, wunderschöne Steinhäuser, moderne und (von den Spaniern erbaute) alte Architektur. Beim Planen von Ausflügen muss beachtet werden, dass es auch ein Cuenca in Spanien gibt.. nicht das man auf der falschen Stadtkarte sucht.

    An einem Morgen laufe ich ahnungslos durch die Stadt, als ich von weitem eine laute Menschenmasse höre. Ich folge den Rufen und der euphorischen Musik.
    Ich laufe mitten in die politische Wahlkampagne des Präsidentschaftskandidaten Daniel Noboa hinein. Es ist die letzte Möglichkeit für ihn, die Leute von sich zu überzeugen. Und das sind sie hier: die Strassen sind voll mit Menschen die violette Kleidung tragen (die Farben seiner Partei) und Kartonfiguren von Noboa mit sich tragen.
    Es ist eine ausgelassene Stimmung. Auch viel Polizei und Militär ist anwesend.
    Unter einem Balkon versammeln sich besonders viele Menschen - alle schauen gespannt zum Balkon hoch. Dort sind nur bewaffnete Militärs zu sehen. Genau in dem Moment, wo ich entscheide weiter zu gehen, beginnt die Masse zu kreischen. Daniel Noboa betritt den Balkon. Mit geballter Faust und siegessicherem Lachen zeigt er sich, in kugelsicherer Weste, dem Volk.
    Die Anhänger flippen aus. Sie scheinen viel Hoffnung in ihn zu legen.
    Auch wenn ich mich in der ecuadorianischen Politik nicht auskenne und keine klare Meinung zu den Präsidentschaftskandidaten habe, ergreift mich die euphorische und hoffnungsvolle Stimmung hier. Es fühlt sich historisch an..

    Am nächsten Tag wird Daniel Noboa zum neuen Präsidenten Ecuadors gewählt. Er ist mit seinen 35 Jahren der jüngste Präsident in der Geschichte Ecuadors.

    Ich erkunde die Stadt, finde meine Lieblingsorte zum Essen und Kaffee trinken und empfange, nach drei Tagen alleine, Pam. Sie kommt mich für zwei tage hier besuchen. Ihr Bruder wohnt in Cuenca und für Pam ist es jedesmal ein Highlight, diese Stadt zu besuchen.

    Wir spazieren zusammen einem schönen Fluss entlang, der Cuenca durchquert, ich filme und fotografiere die kreative Streetart, wir besuchen die imposante Kathedrale und den Aussichtspunkt "Turi", von dem wir eine schöne Sicht über das nächtliche Cuenca geniessen.

    Wie schon erwähnt wohnt Pam's älterer Bruder mit seiner Freundin und gemeinsamem Kind in Cuenca. Sie holen uns mit dem Auto in der Altstadt ab und wir gehen zusammen (ganz ecuadorianisch) zum Grillmeister Fleisch essen. Ihr Bruder erzählt mir, dass er in einer Klinik für Drogensüchtige arbeitet. Jeden Samstag Abend treffen sich die Klienten mit den Mitarbeitern ausserhalb der Klinik zum Fussball spielen. Wir fahren also mit fleischig schwerem Magen zur Klinik (die sehr schön gelegen, ausserhalb von Cuenca in ländlichem Gebiet liegt) und holen die Leute dort ab.

    Auf dem Fussballplatz sind wir um die 20 Leute, alle geben wir vollgas. Die Spielweise dieser Menschen mit Suchtproblemen ist jedoch eher egoistisch als das ein schönes, fliessendes Zusammenspiel entsteht. Ich habe daher etwas Mühe, meine Stärken (das schnelle Zusammenspiel) auszuspielen.
    Egal. Es macht Spass und ist schön die letzten Momente (sie reist an diesem Abend wieder ab) mit Pam auf dem Fussballplatz im selben Team zu verbringen.
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  • Day 161

    Riobamba & Chimborazo

    October 8, 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 19 °C

    In Ecuador reise ich lange Distanzen immer mit dem Bus. Ich möchte an dieser Stelle einmal erwähnen, dass ich mit den Bussgesellschaften, dem Personal und der Bequemlichkeit sehr zufrieden bin. Das reisen mit dem Bus ist unkompliziert, sehr billig und ich fühle mich immer sicher. Einziger Kritikpunkt: es laufen immer die brutalsten Filme, diese beschallen den ganzen Bus mit Bild und Ton.

    In Riobamba nehme ich ein Hotel gerade neben dem Busterminal. Das Hupen der Taxis (und die hupen sehr viel) ist stets meine Begleitung in den Schlaf.

    Ich erkunde Riobamba. Eine Stadt nahe der Anden mit grossen Strassen, einer schönen Kathedrale und umgeben von uralten Vulkanen.
    Ich besuche den grössten Vulkan der Welt, den Chimborazo. Einige nennen ihn sogar den grössten Berg der Welt. Denn: Steht man auf seinem Gipfel, hat man mit exakt 6.384,56 Kilometern die geozentrische Maximaldistanz erreicht. Weiter kann man sich vom Erdmittelpunkt auf der Erdoberfläche nicht entfernen. Das macht den Chimborazo zum höchsten Punkt der Welt ;)

    Der Aufstieg zum kleinen See (Condor Cocha 5100m) ist vom Ausgangspunkt zwar nur eine Stunde, doch die Höhenmeter sind in dieser Höhe (auch für mich) körperlich sofort spürbar. Schnaufend und stöhnend kommen die vielen (hauptsächlich einheimischen) Touristen dort an. Es ist neblig und kalt, eine mystische Stimmung. In diesem Moment beginnt zu schneien, sogar leichter Hagel. Vor einigen Tagen war ich noch im feucht heissen Jungel, nun steh ich unter dem Gipfel eines Vulkans und lasse mich von Schneehagel berieseln. Das macht mich glücklich.
    Ich beobachte Menschen, wie sie den Schneehagel in Flaschen abfüllen ;)

    Auf der Rückfahrt nimmt mich ein Ecuadorianer aus Baños mit dem Auto mit. Wir haben interessante Gespräche während er gekonnt den vielen Löchern in der Strasse ausweicht. Eine richtige Slalomfahrt durch die grüne Landschaft, vorbei an kleinen Dörfern, denen anzusehen ist, dass die Menschen hier bescheiden und einfach leben. Es wird hier neben Ackerbau auch viel Viehwirtschaft betrieben.
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  • Day 151

    Jungle Roots

    September 28, 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 29 °C

    Die nächsten Tage verbringe ich in meinem Häuschen mit Hängematte im Jungle Roots, dass, wie der name es verrät, im Jungel ist.
    Diego, ein erfolgreicher Kayakfahrer und gelernter Schreiner hat sich hier seinen Traum, vom nachhaltigen, naturnahen Hostel erbaut.
    Die Stimmung ist familiär, die Preise niedrig (die sonstigen Junglelodges sind für mich hier nicht bezahlbar) und die unterschiedlichsten Tiere allgegenwärtig.
    Mit Meli (aus Chile) und Urku (ein Kitchwa) sind noch zwei Volontäre hier und schmeissen den Laden. Wir freunden uns an und machen zusammen verschiedene Ausflüge in die Natur.

    Am Ende der Woche fahre ich abends nach Ambato, hole um 5 Uhr morgens Pam beim Terminal ab und wir verbringen die nächste Woche zusammen.

    Dieses Mal bin ich ihr Reiseguide. Denn wir besuchen zusammen Baños, fahren zurück nach Tena und schlussendlich zurück ins Jungle Roots (wo ich meinen grossen Rucksack zurückgelassen habe), alles Orte die ich schon kenne und ihr desshalb meine Lieblingsplätze zeigen kann.

    An unsrem letzten gemeinsamen Tag besuchen wir das Dorf Misahualli. Es ist bekannt für seine Affen, die tagsüber teile des Dorfes beleben und sich mit den Besuchern ihre Spässchen erlauben. In der Nacht ziehen sie sich in den umliegenden Jungel zurück.
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  • Day 148

    Ayahuasca Mamacuna

    September 25, 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 18 °C

    Tief im Jungel mache ich mit José, einem 82 jährigen Schamanen eine Ayahuasca Zeremonie.
    Ich habe einen Bericht über die Vorbereitungen, den Ort und José selbst geschrieben. Leider hat es mir diesen auf dumme weise wieder gelöscht. Und ich habe gerade die Nerven nicht, alles nochmals neu zu schreiben.
    Desshalb gebe ich bei Interesse gerne persönlich gerne über dieses einmalige Erlebnis bescheid.
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  • Day 147

    Río Napo

    September 24, 2023 in Ecuador ⋅ ☁️ 30 °C

    Mit 2 Guides mache ich im Rio Napo eine 3 stündige "River Rafting" Tour. Der Fluss ist wild, die Steine verursachen grosse Wellen, diese schwappen in grossen Wassermengen ins unser "Duki". nach 2 Minuten bin ich schon pflotschnass ;)
    Es gibt auch ruhige Abschnitte, wir gleiten über das Wasser, um uns herum dichter Wald und Felsen.
    Immer wieder fahren wir an einheimischen vorbei, die am Flussufer geheimnisvoll um kleine Maschinen herum stehen, diese mit Flussgestein füttern, Teller drehen und den Boden absuchen.. Goldgräber!
    Wenn es regnet spült der Fluss grosse Mengen an Gold das Tal herunter. Das Ursprungsgebiet ist das Vulkangebirge von Riobamba.

    Das Gold zieht auch die Gierigen der Welt an. Weiter unten fahren wir an riesigen Baggern vorbei. Sie lassen Schaufel für Schaufel durch ihre Maschinen. Es sind die Chinesen. Sie haben sich bei der korrupten ecuadorianischen Regierung die Rechte erkauft und beuten nun das Flussufer aus. Es ist ein Bild der Zerstörung, am Flussufer türmen sich riesige Gesteinshügel.
    Es stimmt mich nachdenklich. Es ist auch sehr merkwürdig beides vor Augen zu haben: Die meisten Abschnitte sind noch unberührt (von den Goldkonzernen) und strahlen eine heilige Schönheit und einen riesigen Frieden aus, dann kommen wieder Abschnitte wo ich erleben kann was die Globalisierung mit unserem Planeten macht.
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