• Rebecca C
  • Elias Huland
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  • Elias Huland

Cold nights, warm showers

Von Oktober 2022 bis Dezember 2023 sind wir, Rebecca und Elias, insgesamt 20.000 Kilometer durch den Balkan, Australien und Neuseeland und von Osttimor durch Südostasien bis Japan geradelt. Читать далее
  • Per Anhalter zur Mondlandschaft

    20 апреля 2023 г., Новая Зеландия ⋅ ☁️ 15 °C

    Einer der Gründe der Nordinsel noch einen zweiten Besuch abzustatten, war die Überquerung des Tongariro-Vulkans. Diese Tageswanderung ist eine der beliebtesten Wanderungen Neuseelands; jährlich schieben sich über 120.000 Menschen, teils im Gänsemarsch, durch die Lavafelder.

    In diesem Fall irren die Massen nicht: Der Weg ist spektakulär. Er windet sich zwischen Vulkankegeln und Kraterlandschaften, entlang bunter Mondlandschaften und türkisfarbener Seen. Untermalt wird die Atmosphäre von Wolkenschwaden, welche die Naturmonumente geheimnisvoll verhüllen - nur um sie im nächsten Moment umso wirkungsvoller freizugeben. So ändern sich die Panoramen ständig; kein Moment gleicht dem anderen. An einigen Stellen steigen Schwefeldämpfe aus dem Boden und lassen auch die Nase an der dramatischen Szenerie teilhaben.

    Auch das Wetter ist uns wohl gesonnen. Mitten in einem großen Tiefdruckgebiet, das einige Regentage bringt, erwischen wir den einzigen guten Tag. Bei der Anfahrt am Vortag regnet es noch, doch während unserer Wanderung bis zum Gipfel klart es auf. Für den spektakulärsten Abschnitt oben wird es sogar sonnig. Erst beim Abstieg schließt sich der Vorhang wieder. Der für den Vulkan typische Nebel zieht auf und hüllt die Landschaft in weiße, feuchte Watte. Den letzten und größten der Kraterseen können wir nur noch erahnen, obwohl er nur wenige Meter neben dem Weg liegt.

    Da der Weg ein Streckenwanderweg ist, verstecken wir unsere Räder mit allem Gepäck in der Nähe des Ausgangspunkts im Gebüsch und fahren am Ende per Anhalter wieder dorthin zurück. Das gelingt erstaunlich einfach und wir sparen uns gleichzeitig die exorbitanten Kosten der privaten Shuttle- und Parkplatzanbieter, auf die die meisten anderen Wander:innen angewiesen sind.

    Damit waren wir bei dieser Tour im doppelten Sinne trampen: Das Wort hat in Neuseeland nämlich nichts mit Daumen und Auto zu tun, sondern bedeutet schlicht und einfach wandern.
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  • Kiwi-Fund am falschen Fuji

    26 апреля 2023 г., Новая Зеландия ⋅ ☀️ 15 °C

    Vom ersten Vulkan geht es direkt weiter zum nächsten: Die wegen ihrer Einsamkeit auch "Forgotten World Highway" genannte Straße führt uns in die Region Taranaki rund um den gleichnamigen Berg. Der Berg ist ein solitärer stehender, perfekt geformter Vulkankegel, der unter anderem im Film "The Last Samurai" als Ersatz für den Fuji diente. Just an dem Tag, als wir ankommen, hat es auf der Kegelspitze leicht geschneit - das Fuji-Double ist perfekt.

    In der Nacht zuvor zelten wir in einem kleinen Naturschutzgebiet. Beim Betreten kommen wir uns ein bisschen vor, wie in einem Videospiel: Das gesamte Areal ist von einem zwei Meter hohen, engmaschigen Zaun umgeben. Um es zu betreten, muss man zunächst eine Zaunschleuse passieren. Auf Knopfdruck öffnet sich ein Tor im ersten Zaun und erst, als dieses wieder hinter einem geschlossen ist, öffnet sich das zweite Tor. Währenddessen soll man aufpassen, dass keine Possums, Ratten, Mäuse oder Igel mit einem durch das Tor kommen. Zusätzlich sind in der Schleuse mehrere Fallen aufgestellt, um mögliche Eindringlinge direkt wieder abzufangen.

    Der Schutz lohnt sich: Als wir nach der Schleuse durch den Wald hinab zum See fahren, beginnt schlagartig ein lebendig-lautes Vogelkonzert. Im gesamten Naturschutzgebiet leben einige Arten, die auf dem neuseeländischen Festland ansonsten ausgestorben sind. Außerdem gibt es hier eine recht hohe Anzahl an Kiwis. Schon mit Anbruch der Dunkelheit schallen die schrillen Rufe des nachtaktiven Nationalvogels durch den windigen Wald. Ausgerüstet mit den obligatorischen - und den aufmerksamen Leser:innen von der Pinguinsuche bekannten - roten Taschenlampen machen wir einen ersten Ausflug in den nächtlichen Wald. Das rote Licht wird von den Tieren weniger stark wahrgenommen und soll sie so weniger verschrecken - dennoch gehen wir leer aus.

    Als wir wieder in unseren Schlafsäcken liegen, hören wir die nächsten Rufe ganz in der Nähe des Zeltes. Wir sehen nochmal nach und haben Glück: Direkt am Parkplatz ist ein Kiwi auf Futtersuche und lässt sich von uns kaum stören. Mit seinem 20 cm langen Schnabel, stochert er am Straßenrand nach Würmern und Insekten. Erst nach einigen Minuten raschelt er zurück ins Unterholz.

    Wie viele der einheimischen Vögel sind die Kiwis nach Ankunft der Menschen stark dezimiert worden, viele Arten sind sogar ausgestorben oder haben nur auf abgelegenen Nachbarinseln überlebt. Da es bis zur Ankunft der Maori vor etwa 800 Jahren keine Säugetiere (abgesehen von Robben und Fledermäusen) gab, waren die neuseeländischen Vögel fast komplett schutz- und wehrlos gegenüber eingeschleppten Raubtieren. Neuseeland betreibt daher aufwendige Zucht- und Auswilderungsprogramme und hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 "Predator Free" zu sein: Alle als "pests" bezeichneten Tiere, die die heimische Vogelwelt bedrohen, sollen bis dahin ausgerottet werden. Hierfür wurden landesweit unzählige Fallen und Köder ausgelegt, um die Ausbreitung einzudämmen. Uns scheint dieses Ziel allein schon auf Grund der trotz der vielen Fallen sehr hohen Anzahl Possums, die wir unterwegs gesehen haben, sehr optimistisch gewählt. Der Campingplatzbetreiber am Taranaki berichtet hingegen, dass er bereits in den letzten 10 Jahren verfolgt hat, wie sich die Vogelwelt nach und nach wieder ausbreitet und die Vogelstimmen von Tui, Kereru und Tomtit wieder erklingen.
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  • Heimspiel mit Pavlova und Feijoa

    29 апреля 2023 г., Новая Зеландия ⋅ ☁️ 17 °C

    Zum Schluss der Neuseeland-Rundfahrt kommen wir noch einmal durch die Region Waikato, die uns mit den vertrauten grünen Hügeln, Kühen und Schafen begrüßt. Es wird Zeit, uns vom Land der langen weißen Wolken zu verabschieden. In Aotearoa Neuseeland haben wir bislang die meiste Zeit verbracht und viel über das Land und die Leute gelernt. Umso passender ist es, dass wir am Ende durch die Kiwiana-Hauptstadt Otorohanga radeln. Kiwiana bezeichnet identitätsstiftende Gegenstände und Symbole der Neuseeländer:innen. Hierzu gehören etwa die Kiwi-Frucht und der gleichnamige Vogel, die grünen und silbernen Farne, die Limonade L&P, Frühstücks-Weet-Bix, der Stolz auf Edmund Hillary, Gummistiefel für das allzeit nasse Wetter oder der Bungy-Jump.

    In Hamilton, dem letzten Stopp in Neuseeland, kommen noch ein paar persönliche Kiwiana-Momente hinzu: Wir übernachten bei Rebeccas früherer Gastfamilie und werden gleich in das Familienleben aufgenommen. Gastmutter Virginia bekocht uns fleißig und als Desert gibt es den National-Nachtisch Pavlova, eine Art sehr süßer, mehrstöckiger Baiser-Boden, der mit reichlich Sahne und Obst serviert wird. Das Obst der Saison sind derzeit Feijoas, die gerade landesweit geerntet werden. Die Feijoa ist eine Art Mini-Guave, die in gefühlt jedem Garten wächst und dann sehr schnell geerntet und verarbeitet werden muss. Roh löffelt man sie wie eine Kiwi aus, ansonsten wird sie gerne zu Speiseeis verarbeitet oder eingefroren, weil es schlichtweg zu viele gibt. Die Konsistenz erinnert an eine weiche Birne mit einem essbaren, khakihaft-geligen Kern. Geschmacklich ist das Gel in der Mitte süß, während das Fruchtfleisch zur Schale hin immer saurer wird. Über allem liegt der leichte Geschmack eines künstlich-fruchtigen Kaugummis.

    Mit Feijoa-Pavlova und Bier gucken wir am letzten Abend zusammen das Rugby-Heimspiel der Hamilton Chiefs gegen die Christchurch Crusaders. Dank einer guten Verteidigung und des sicheren und schelmisch grinsenden Penalty-Schützen Damian McKenzie gewinnen die Chiefs mit 34 zu 24 und bescheren uns einen letzten Kiwiana-Moment, bevor es am nächsten Morgen zum Flughafen weitergeht.
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  • Kurzer Stop-Oper

    1 мая 2023 г., Австралия ⋅ ☀️ 20 °C

    Nach nur knappen 3 Flugstunden sind wir zurück auf dem australischen Festland und machen einen kleinen Stop-Over in Sydney. Die Stadt ist voller Menschen, Hochhäuser, Verkehr und strahlt eine enorm metropole Atmosphäre aus, die uns an New York erinnert. Während wir früh am Morgen ein paar Leckereien aus einer chinesischen Bäckerei genießen, beobachten wir die mit Coffee-to-go Bechern ausgestatteten, tadellos gekleideten und stets im Eiltempo laufenden Großstädter:innen auf dem Weg in die Bürotürme.

    Selbst die Touristenströme um die wahrhaft ikonische Oper tun zur Abwechslung gut. Bevor das Wahrzeichen Sydneys 1973 eröffnet werden konnte, waren die Baukosten explodiert und der Architekt nach einem Streit mit der Regierung abgereist. Und nicht nur die Silhouette ist beeindruckend, auch die Details haben es in sich: So wurde in Schweden erst drei Jahre lang die perfekte Lasur für die Kacheln entwickelt, bevor mehr als eine Millionen dieser Kacheln nach Australien verschifft wurden.

    Nachmittags flanieren wir an der Küste von einem Vorstadtstrand zum nächsten, bis wir den Bondi Beach, den vermutlich bekanntesten Strand des Landes, vielleicht sogar der Welt, erreichen. Er ist, wie man ihn sich vorstellt: Voller Surfer:innen, einem Bademeister mit Strandmobil und für den Notfall bereit gelegtem Surfbrett sowie einem hippen Strandhaus mit Umkleidekabinen.

    Von Sydney aus nehmen wir zum zweiten Mal auf der gesamten Reise den Zug in das etwa 1000 Kilometer nördlich gelegene Brisbane. Die einzige durchgängige Zugverbindung verlässt Sydney um 15 Uhr und erreicht Brisbane um kurz vor 5 Uhr Morgens. Seltsam, dass die Mehrheit der Menschen lieber einen der täglich etwa 30 direkten Flüge bevorzugt...

    Überhaupt wirkt die Zugfahrt wie aus der Zeit gefallen: Das Gepäck wird eingecheckt, im Gepäckwagen gelagert und zum Zug gefahren, die Schaffnerin begrüßt alle Fahrgäste mit Vornamen und ändert auf Gastwunsch die Sitzplatzeinteilung, W-LAN und Handyempfang sind nicht bzw. kaum vorhanden und das Abendessen kann im Bordbistro vorbestellt werden. Brisbane, wir kommen.
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  • Kunst, Karten- und Kanisterkauf

    3 мая 2023 г., Австралия ⋅ ☀️ 26 °C

    In Brisbane angekommen fahren wir zum Flughafen, um - man ahnt es bereits - ein Auto abzuholen. Dieses sollen wir für eine Campervan-Vermietung nach Darwin überführen. Dieses Mal ist die Reise etwas länger, sind es doch etwa 3.500 Kilometer bis in die größte Stadt des tropischen Nordens Australiens. Auf der Karte sieht es gar nicht so weit aus, aber um die Distanz etwas einzuordnen, muss man sich vorstellen, dass das etwa der Strecke von Malmö nach Malaga, Dublin nach Dubrovnik (oder sogar Durrës) oder auch München nach Murmansk entspricht.

    Anders als in Europa erwartet uns zwischen den beiden Städten viel Landschaft und wenig Zivilisation. Die größten Städte unterwegs sind Mt Isa und Katherine, die jeweils weniger als 20.000 Einwohner:innen haben. Wir bereiten uns also auf eine knapp zweiwöchige Autofahrt vor und decken uns mit Essen sowie Papier-Straßenkarten, Wasser- und Benzinkanistern für den Notfall ein.

    Natürlich statten wir auch der schicken Großstadt Brisbane, Stadt der Expo '88 und von Olympia 2032, noch einen kurzen Besuch ab. Wir genießen es, in der Wärme am Fluss zu spazieren und durch die Gallery of Modern Art zu schlendern - bevor das Kulturprogramm in den nächsten Wochen wieder vorrangig aus Infoschildern, Podcasts und Hörbüchern besteht.
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  • Outback IV: Roadtrip mit Matilda

    8 мая 2023 г., Австралия ⋅ 🌬 22 °C

    Die erste Hälfte der Fahrt nach Darwin führt durch den Bundesstaat Queensland. Hier ist es auf den Straßen weniger einsam, als wir erwartet hatten. Pro Stunde begegnen uns 10 bis 20 Fahrzeuge. Hierzu gehören jede Menge überlanger LKW, sogenannter Road Trains. Auf 3 bis 4 Anhängern ziehen diese 53 Meter langen Riesenfahrzeuge Waren, Kühe, Baustellenmaterial und mehr quer durch Australien.

    Auf der Strecke sind außerdem besonders viele Grey Nomads unterwegs. Diese oft frisch gebackenen (Un)Ruheständler:innen erkennt man an ihrem Allrad-PKW, hinter dem sie ihren oft überlangen Outback-Caravan ziehen. Viele Senior:innen verkaufen ihr Haus, investieren den Erlös in luxuriöse Campingausstattung und verbringen ihre Zeit damit in Australien immer dem guten Wetter hinterherzufahren.

    Genau für solche Australien-Touren sind Themenrouten entlang der Highways ausgezeichnet - man hat etwa die Wahl zwischen dem Great Inland Way, dem Savannah Way oder dem Adventure Way. Durch Queensland folgen wir dem "Matilda Way". Dieser ist benannt nach dem Volkslied "Waltzing Matilda", das als geheime Nationalhymne Australiens gehandelt wird - und sogar schon bei olympischen Spielen statt der Nationalhymne gespielt wurde. Im Örtchen Winton ist ihm ein eigenes Museum gewidmet. Für uns wird das Lied zum täglichen Begleiter und Soundtrack der Fahrt.

    Jeder Ort bewirbt in Hochglanzbroschüren seine Sehenswürdigkeiten, die natürlich überregional bekannt sind. Überhaupt kann man die Sehenswürdigkeiten kaum verpassen, da sie sich in jedem Ort entlang der Hauptstraße aufreihen und der Highway praktischerweise jeweils über eben jene Hauptstraßen führt. Wir kommen also automatisch an der Riesenameise von Augathella, dem Geburtsort der Fluglinie Qantas sowie der Royal Flying Doctors, die die medizinische Versorgung der entlegenen Gebiete sicherstellen, vorbei. Die einzige große Stadt, die sogar ein Kino hat, ist die Minenstadt Mount Isa. Die Stadt beherbergt eines der größten Bergwerke der Welt, das Silber, Kupfer, Zink und Blei an die Erdoberfläche bringt. Durch die vielen Bergmänner (!) und die Abgeschiedenheit hält sich hier das eiserne Gerücht, dass es in Mt. Isa einen erheblichen Frauenmangel gäbe. Außerdem ist interessant, dass die Mine sich nicht irgendwo in der Nähe der Stadt befindet, sondern mitten in der Stadt. Oder die Stadt mitten in der Mine bzw. mitten in der Tagebau-Grube.

    Ansonsten geht es auf flacher Strecke geradeaus durch die mal mehr mal weniger rote Landschaft. Während wir immer weiter in Richtung Westen fahren, werden auch die Abstände zwischen den Örtchen größer. Anfangs sind es weniger als 100 Kilometer, später eher 200 Kilometer. Ausnahmsweise darf man hier statt der üblichen 100 km/h sogar 110 km/h fahren.

    Damit es nicht zu langweilig wird, haben einige Städte Schilder mit Quizfragen zu ihrer Stadt aufgestellt - nicht, dass man das Highlight unterwegs doch verpasst ;-)
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  • Outback V: Viel Fahrt durch nichts

    12 мая 2023 г., Австралия ⋅ 🌬 27 °C

    Mitten im Nirgendwo erreichen wir das Northern Territory und die Abstände zwischen den Orten bzw. Tankstellen werden nun erst richtig groß. Etwa alle 50 Kilometer gibt es einen kleinen Parkplatz, an dem man sich die Füße vertreten und im Notfall schlafen kann. Tankstellen dienen alle 200 Kilometer als kleine Lebenszeichen in den schier endlos erscheinenden Outback-Weiten und sind zugleich auch Hotel, Pub, manchmal Schwimmgelegenheit und Notfall-Werkstatt. Diese Roadhouses sind teilweise durchaus kultig und verkaufen sogar eigenes Fanmaterial.

    Im Gegensatz zu den anderen Regionen Australiens ist das Northern Territory kein Bundesstaat, sondern nur ein Territorium und damit de jure etwas weniger autonom; de facto ist der Unterschied aber kaum relevant. Anfangs war man mit dem eher einfallslosen Namen selber auch nicht so richtig zufrieden und Alternativen wie Alexandraland, Centralia und Kingsland machten die Runde. Der Name blieb und mittlerweile ist man ganz stolz auf sein "NT".

    Und obwohl wir mitten im Nirgendwo des australischen Outbacks sind, ist die Landschaft nicht so karg, rot und sandig, wie erwartet. Dieser Teil des Outbacks liegt klimatisch schon in den Tropen. Durch die gerade beendete Regenzeit ist es daher sogar sehr grün, und wir fahren über breite Flüsse und durch saisonale Feuchtgebiete. Zudem warnen dutzende Schilder vor potentiell überfluteten Straßen: Wenn hier im Sommer der Regen kommt, kommt er heftig.
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  • Raus aus Australien

    13 мая 2023 г., Австралия ⋅ ☀️ 31 °C

    Vor Darwin kehrt langsam die Zivilisation zurück und die Abstände zwischen den Örtchen werden wieder kleiner. Zugleich wird es mit jedem Kilometer in Richtung Norden wärmer, sogar in den Nächten sinken die Temperaturen kaum unter 20 Grad. Das ist das schöne an dieser Route: Wir können uns langsam an das Klima des nächsten Reiseabschnitts gewöhnen.

    Auf den letzten Kilometern machen wir noch einige Abstecher in die Nationalparks der Region. Der bekannteste und größte ist der Kakadu Nationalpark mit seinem vielfältigen Angebot aus der Tier- und Pflanzenwelt. Eine Hauptattraktion sind die Salzwasserkrokodile, die als größte ihrer Art bis zu 6 Meter lang und eine Tonne schwer werden können. Leider kommt es immer wieder zu tragischen Unfällen mit diesen Krokodilen, weshalb große Warnschildern strengstens davon abraten, auch nur den kleinen Zeh in einen Fluss zu stecken. Wir können zweimal einen kurzen Blick auf eines der Tiere erhaschen, bevor sie wieder lautlos unter die Wasseroberfläche gleiten.

    Ein weiteres Highlight sind die von Aboriginies angefertigten Felsenmalereien, die man im Nationalpark bestaunen kann. Sie sind z.T. mehrere Tausend Jahre alt und erzählen von mittlerweile ausgestorbenem Tieren, traditionellen Riten und Normen oder ersten Begegnungen mit den Europäer:innen. Die Malereien dienten auch zur Ausbildung, weshalb sich auch anatomische Strukturen von Fischen oder Kängurus finden lassen.

    Nach alter Aboriginie-Tradition werden in der Gegend um diese Jahreszeit die noch feuchten Gräser gezielt angezündet. Dies unterstützt die Regeneration der Ökosysteme und soll spätere Großbrände in der Trockenzeit vorbeugen. Oft lodern die Flammen nur wenige Meter von der Straße entfernt und hohe Rauchsäulen verdunkeln den Himmel.

    Kurz vor Darwin kommen wir dann schnell wieder in der Gegenwart und Betriebsamkeit der Großstadt an: Hier gibt es Shoppingmalls, einen Wasserpark mit riesiger Gratis-Wasserrutsche und einen berühmten Strandmarkt, an dem am Sonntagabend die halbe Stadt flaniert. Im Lichte des letzten Sonnenuntergang verabschieden wir uns vor dieser Kulisse erneut von Australien. Nach einer Nacht auf dem Parkplatz der Autovermietung geht es Morgens zum Flug in das nur einen Katzensprung entfernte Timor-Leste.
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  • Radlos in Leste

    15 мая 2023 г., Восточный Тимор ⋅ ☀️ 28 °C

    Der nächste Abschnitt unserer Reise beginnt mit Warterei. Nach dem 60-minütigen Flug von Darwin landen wir in Timor-Lestes Hauptstadt Dili.

    Am Flughafen müssen drei Formulare ausgefüllt werden: Das Gesundheits-Formular hatte es schon im Flugzeug gegeben, und ist schnell ausgefüllt und abgegeben. Das Einreiseformular ist leider aus - nur die Beamtin an Schalter 1 hat noch einen Stapel. Das ganze Flugzeug stellt sich also an Schalter 1 an, um das Formular zu erhalten, auszufüllen und sich anschließend erneut anzustellen, um es abzugeben. Mit einem Stempel im Pass sind wir dann immerhin schon eingereist. Das dritte Formular ist das Zollformular, dass seit Neustem digital ausgefüllt werden muss. Für alle, die gerade keinen Internetzugang mit ihrem Smartphone haben, heißt es also, sich an einen der drei aufgestellten PCs setzen, die Zoll-Webseite aufrufen, mit der Unterstützung des neugierig-freundlichen Personals das simple Formular (Drogen: nein, Waffen: nein, mehr als 50.000 USD in bar: nein) ausfüllen und am Ende den QR-Code abfotografieren, damit man ihn am Ausgang zeigen kann.

    Bevor wir allerdings zum Ausgang gehen, müssen wir feststellen, dass das Gepäck aus unserem Flug zwar schnell auf dem einzigen Gepäckband des Flughafens angekommen ist, dass es aber einige Teile offenbar nicht ins Flugzeug geschafft haben - unter anderem unsere Fahrräder. Mit der ebenfalls gepäcklosen Felicia, die gerade von 6 Monaten Gastarbeit in Tasmanien zurückkommt, fragen wir uns durch den Flughafen und bekommen die Auskunft, dass fehlendes Gepäck entweder zwei Stunden, 24 Stunden oder zwei Tage später mit einem der nächsten Flüge ankommen sollte. Je nach Airline, Größe der Flugzeuge und Platz im Gepäckfach. Wir stellen uns also darauf ein, einige Tage in Dili zu bleiben und hoffen, dass die Fahrräder es auch irgendwann hierher schaffen.

    Dili hat ähnlich viele Einwohner wie Bonn, liegt an der Küste und verstrahlt einen chaotisch-lebendigen Charme. Da in wenigen Tagen das Parlament gewählt wird, ist die Stadt voller junger Menschen, die den Wahlkampf friedlich und mit viel positiver Energie anheizen. In langen Straßenzügen fahren sie beflaggt und bemalt auf Rollern, Kleinwagen, Pick-Ups und LKW durch die Stadt. Der Ausgang der Wahl ist noch unklar - es wird ein knappes Rennen der Spitzenparteien FRETILIN und CNRT erwartet.

    Ohne Fahrräder nutzen wir die örtlichen Minibusse, sogenannte Mikrolets, als Fortbewegungsmittel. Das System ist einfach: die in unterschiedlichen Farben angemalten, mit Nummer markierten und nach dem persönlichen Geschmack des Besitzers dekorierten Busse fahren immer eine bestimmte Route entlang. Zum Einsteigen winkt man den Minibus heran (der dann einfach an der nächstmöglichen Stelle hält) und zum Aussteigen klopft man mit einer Münze gegen eine Alu-Leiste im Bus. Jede Fahrt kostet dabei unabhängig von der Distanz genau 25 Cent. Bezahlt wird in Timor-Leste mit US Dollarn, wobei es lokale Münzen bis zum Wert von $2 gibt.

    Am folgenden Tag hält auf dem Rückweg zum Hostel plötzlich ein Rollerfahrer am Straßenrand an: Er arbeitet am Flughafen, hat uns offensichtlich erkannt und überbringt uns die freudige Botschaft, dass wir morgen das Gepäck abholen können. Als wir am Flughafen ankommen, dauert es etwas, bis der richtige (wichtige) Zollbeamte mit dem richtigen Schlüssel aufgefunden werden kann. Anschließend können uns endlich die Räder ausgehändigt werden.

    Im einzigen Fahrradladen Dilis lassen wir einige kleine Reparaturen machen und besorgen ein paar Ersatzteile. Es kann weitergehen.
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  • Im Lesten was Neues

    18 мая 2023 г., Восточный Тимор ⋅ ⛅ 30 °C

    Wir sind nun bereits seit 7 Monaten unterwegs und haben gerade den dritten Kontinent erreicht. Wir haben uns zwar räumlich wieder etwas nach Westen bewegt, sind aber gleichzeitig im Osten angekommen: Wörtlich, weil "Leste" auf Portugiesisch Osten bedeutet und kulturell, weil wir den (süd-ost) asiatischen Kontinent bzw. Kulturraum erreichen.

    Mit dem neuen Kontinent ändert sich schlagartig der Charakter unserer Reise. Plötzlich ist alles dicht besiedelt, die Planung der Einkaufsmöglichkeiten und die Suche nach günstigen Lebensmittel oder Trinkwasser ist nicht mehr notwendig, da es überall und zu jeder Tageszeit Essensstände, Obststände und Kiosks gibt. Dafür gibt es keine öffentlichen WCs und Mülleimer mehr und für die Trinkwasserversorgung müssen wir leider auf Wasserflaschen umsteigen.

    Auch die Schlafmöglichkeiten ändern sich: Zeltplätze und WarmShowers-Hosts gibt es weniger, dafür aber günstige Unterkünfte und flexible, gastfreundliche Locals. Wir haben dennoch ein Zelt dabei, das wir im Zweifelsfall aufstellen können.

    Eine gute Küstenstraße führt uns aus Dili heraus und durch viele kleine Küstenörtchen. Waren wir vorher nur schlichte, etwas ungewöhnliche Verkehrsteilnehmer:innen, sind wir in den ländlichen Regionen nun ein absolutes Tageshighlight. Viele Kinder entdecken uns viel schneller, als wir sie, rennen zur Straße, rufen "Malay!" (= Weiße) und "Bom Dia" (= Guten Tag) und sind ganz aus dem Häuschen.

    Timor Leste ist mit gerade einmal 24 Jahren eine der jüngsten Demokratien der Welt. Wir treffen unterwegs viele stolze Menschen, die uns von dem harten Weg aus der portugiesischen Kolonialzeit und der darauffolgenden indonesischen Unterdrückung erzählen. Nur wenige Tourist:innen verirren sich in die ländlichen Gebiete, umso interesssierter und aufgeschlossener sind die Menschen: Am zweiten Fahrtag werden wir mittags von zwei älteren Herren der FRETILIN Partei zu einem Kaffee eingeladen. Zwei Kilometer weiter fragen wir in einem Restaurant am Meer, ob wir dort zelten können. Das ist umstandslos möglich und wir dürfen unser Zelt sogar auf der Restaurant-Terrasse, direkt neben dem angeleinten Haustier-Äffchen, aufstellen.

    Am nächsten Tag heißt es mal wieder "Im Westen was Neues": Wir verlassen Timor-Leste und erreichen die indonesische Westhälfte Timors.
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  • Viele neue Freunde (und Fotos mit ihnen)

    21 мая 2023 г., Индонезия ⋅ ☁️ 27 °C

    Nach einer knappen Woche in Timor-Leste erreichen wir die Grenze zu Indonesien. Beide Länder teilen sich eine Insel - im Nordosten liegt Timor-Leste, die süd-westliche Hälfte gehört zu Indonesien.

    Indonesien hat mit einem neuen, klimatisierten und top-modernen Grenzterminal groß aufgefahren: Das Visum konnten wir bereits online beantragen und bezahlen und vor Ort füllen viele routinierte Beamte die Gesundheits- und Zollerklärung ebenfalls digital aus. Wir sind die einzigen Reisenden weit und breit, wodurch die breiten Straßen und die riesigen Baumonumente noch imposanter wirken.

    Wir kalibrieren unseren Wechselkurs-Kopfrechner auf indonesische Rupiah (16.000 : 1) und begrüßen die Menschen nun mit "Selamat siang". Ansonsten ist auf dieser Seite der Insel vieles sehr ähnlich. Die erste große Stadt Atambua ist trubelig und rund um den zentralen Sportplatz reihen sich gemütliche Cafés und Street-Food Stände aneinander. Grundvokabeln wie "Nasi" (= Reis) oder "Air" (= Wasser) lernen wir schnell, da hier kaum jemand Englisch spricht.

    Wir überqueren die grüne Mitte Timors und radeln an der einsamen Südküste entlang. Auch hier gibt es viele kleine Örtchen, die fließend ineinander übergehen und in denen neben einfachen, aber modernen Steinhäusern auch viele traditionelle schilfgedeckte Pfahlbauten stehen. Die einzige Touristen-Unterkunft der Gegend ist inselweit bekannt. Das Meer sieht unglaublich türkis aus, doch die starke Strömung und die Krokodilgefahr halten uns vom Schwimmen ab. Wir müssen uns noch eine Insel lang gedulden.

    Ähnlich wie in Timor-Leste sind wir auch hier ein echtes Highlight. Die Menschen rufen "Hello, Mister, Mister!", das wahlweise von "How are you?" oder "I love you!" gefolgt wird. Wenn wir anhalten, zücken immer gleich einige Menschen ihr Smartphone und wollen eifrig Fotos mit uns machen. Während uns die meisten erst schüchtern nach einem gemeinsamen Foto fragen, wenn wir ein paar Worte gewechselt haben oder in ihrem Laden etwas gekauft haben, begrüßen uns manche auch direkt mit einem lauten "Foto! Foto!". Nach dem ersten Foto wird dann oft noch ein Freund, der Großvater oder ein zunächst schüchternes Kind für weitere Aufnahmen herbeigerufen.

    Die Kunde von Besuch aus der Ferne verbreitet sich schnell und so spricht uns der lokale Journalist Wilfrid in einem Restaurant an. Er lädt uns zu sich und seiner Familie nach Hause ein. Dort folgt ein traditioneller Empfang, bei dem wir in Sarongs gekleidet werden, Tee trinken und Betelnüsse kauen. (Wir erfahren erst danach, dass es sich dabei um ein leichtes, in ganz Südostasien beliebtes Rauschmittel handelt, das bei hohem Konsum erhebliche Gesundheitsprobleme mit sich bringen kann).

    Zum traditionellen Dorfleben gehört hier an vielen Stellen auch noch eine für uns ungewohnte Rollenverteilung: Den ganzen Abend sitzen wir (immerhin wir beide) mit den Männern zusammen, von denen außer dem Journalisten allerdings keiner Englisch spricht, und die sich auch nicht weiter am Gespräch beteiligen. Währenddessen wird von den Frauen fleißig gekocht und der "Tisch" gedeckt. Gegessen wird nämlich auf dem Holzboden einer der Pfahlbauten. Auch beim Essen sitzen die einheimischen Frauen leider in der zweiten Reihe.

    Für eine besonders steile Passage am nächsten Tag verladen wir unsere Räder in einen Bananenlaster. Bereits der erste LKW hält an und nimmt uns bereitwillig mit. Der Fahrer Pita ist gerade auf dem Rückweg seiner zwei-täglichen Inselrunde. Auf dem Hinweg verteilt er Waren aus der Inselhauptstadt Kupang auf der ganzen Insel, auf dem Rückweg bringt er Bananen vom Land nach Kupang zurück. Für unseren Transport Geld anzunehmen kommt für ihn nicht in Frage, stattdessen trinken wir zum Abschied noch einen Tee und knipsen natürlich ein paar Fotos.

    Der letzte Zwischenstopp vor Kupang ist wieder eine besondere Begegnung: Wir fragen an einer Kirche, ob wir dort zelten können. Eine junge Frau, die zufällig vorbeikommt, lädt uns zu sich nach Hause ein. Nita und ihr Mann Pato sind so alt wie wir und kommen von einer kleinen Nachbarinsel. Sie haben zwei Kinder und erzählen uns, dass sie bereits 10 Jahre zusammen waren, bevor sie vor kurzem geheiratet haben.

    Anders als vor zwei Tagen fühlen wir uns hier wieder mehr auf Augenhöhe - während Nita kurz noch mit dem Roller wegfährt, kocht er schon das Abendessen. Beide haben in Kupang studiert, anschließend aber keine Jobs gefunden. Nun gehört ihnen ein kleiner Betrieb mit einem angestellten Fahrer, der mit einem LKW Sand nach Kupang bringt und dort verkauft. Obwohl wir nur mittels Google Translate kommunizieren können, verbringen wir einen sehr schönen gemeinsamen Abend
    auf der Terrasse vor ihrem Haus. Dabei erfahren wir viel über ihre Heimatinsel Sawu (Begrüßungsritual: Nasenkuss, Hochzeitskleidung: aufwendige Sarongs, beliebte Süßigkeit: Sawu-Zucker aus Palmharz) und lassen den Abend mit einer Dose Bier ausklingen.
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  • Eine Schifffahrt, die ist lustig

    26 мая 2023 г., Savu Sea ⋅ 🌬 28 °C

    Indonesien besteht aus mehr als 17.000 Inseln, die durch ein dichtes Netz günstiger Personenfähren miteinander verbunden sind. Die einzelnen Fähren durchqueren das Land in bis zu zwei Wochen auf unterschiedlichen Routen. Durch die unvorhersehbaren Bedingungen auf See wird der Fahrplan immer erst wenige Tage bzw. Stunden im Voraus angekündigt.

    Um auf die nächste Insel Flores zu kommen, fahren wir von Kupang nur eine Nacht mit der Fähre. Die Tickets haben wir am Morgen in der Stadt gekauft. Am Hafen müssen diese noch aufwendig und händisch in Bordkarten getauscht werden. Als wir dort vier Stunden vor Abfahrt eintreffen, herrscht bereits ein reges Gewusel. Großfamilien sortieren ihr Gepäck (das oft aus schweren Pappkartons und Reissäcken besteht), sammeln und verabschieden sich. Für die etwa 1000 Passagiere stehen zwei Check-In Schalter zur Verfügung. Zum Glück ist die Schlange gut sortiert und verläuft größtenteils im Schatten. Dutzende Straßenverkäufer:innen bieten derweil Mittagessen, Reiseproviant und Wasser an. Sie laufen von Grüppchen zu Grüppchen und fragen nicht besonders aufdringlich, dafür aber sehr häufig, ob man nun eine Flasche Wasser oder eine Tüte Chips kaufen wolle.

    Da es sich um eine reine Personenfähre handelt, nehmen wir die Fahrräder einfach als Gepäck mit an Bord. Wir dürfen sie neben der Eingangsklappe im Fluchtweg abstellen. Es gibt keine Haken oder Ösen, um sie zu befestigen. Wir bauen unsere Packtasche drumherum auf und hoffen, dass die See nicht zu rau wird. Uns beruhigt dabei ein wenig, dass die Schiffe seit den 80ern zuverlässig ihren Dienst tun. Sie wurden (mit Unterstützung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit) in Papenburg gebaut und bisher ist noch keines der 24 Schiffe gesunken.

    Auf den verschiedenen Decks gibt es jeweils riesige Schlafsäle, in denen sich eine Matratze an die nächste reiht. Unser Wunsch nach einem Schlafplatz ist beim Ticketkauf wohl untergegangen, denn auf unserem Ticket steht an der betreffenden Stelle bloß "n/a". Stattdessen suchen wir uns einen ruhigen Platz auf dem Außendeck, wo wir unsere Isomatten ausrollen. Die Stelle ist etwas ruhiger, weil das Deck weiter hinten abgesperrt ist: Einige Dielen sind herausgerissen und neben einem ungesicherten Haufen Bretter schleift jemand noch schnell den Boden ab.

    Links und rechts neben uns haben sich ebenfalls Menschen niedergelassen und sich - meist mit einer Plastikplane - einen Schlafplatz gesichert. Überhaupt sitzt in jeder Nische, in jedem Gang und sogar im Treppenhaus ein Mensch neben dem nächsten. Die Familie neben uns ist auf dem Weg nach Kalimantan und wird die nächsten sechs Tage auf dem Außendeck verbringen. Wir hoffen für sie, dass es nicht regnet. Angenehm warm ist es jedenfalls.

    Im Minutentakt kommen eifrige Verkäufer:innen vorbei und schieben sich vollbepackt durch die engen Gänge zwischen den Schlaflagern. Sie verkaufen noch einmal alle für eine Reise möglicherweise notwendigen Artikel: Reispakete ("Nasi, Nasi"), Eistee, Matten, Plastikplanen, Uhren, Brillen, Popcorn, Sitzunterlagen, Umhängetaschen... Unterbrochen wird das Treiben zwischenzeitlich vom Ruf des Muezzins, der die Muslime zum Abendgebet in die Bordmoschee ruft.

    Nach einigen Durchsagen und rund 90 Minuten später als geplant verlassen die Verkäufer:innen das Schiff, die Treppe wird eingeholt, die Leinen gelöst. Es ist bereits dunkel, als wir mit einem letzten Hupen in See stechen.

    Die Fahrt verläuft dann erfreulich ruhig. Kurz nach der Fahrt gibt es für alle Abendessen, welches im Ticketpreis (von 6€ pP) inbegriffen ist. Alle Passagiere stellen sich auf dem vierten Deck vor der Kantine an und holen sich ihre Ration Reis und Fisch ab. Im Innenraum ist es stickig und drinnen wie draußen wird geraucht, weshalb wir gerne wieder auf das Außendeck zurückkehren und dort eine verhältnismäßig ruhige Nacht verbringen. Bei Sonnenaufgang ruft der Muezzin wieder zum Gebet - da sind wir schon in der Hafeneinfahrt und bereit, die Rampe hinab nach Flores zu rollen.
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  • Avenidas in Flores (y dos admiradores)

    30 мая 2023 г., Индонезия ⋅ ⛅ 24 °C

    Wir beginnen unsere Tour über die Straßen und Alleen der Insel Flores in der Hafenstadt Ende - diesem Ende wohnt also ein Anfang inne.

    Zunächst geht es zügig entlang der recht flachen und wunderschönen Küste, die hier von Stränden voller blauer Steine gesäumt wird, bis zu dem kleinen Ort Nangaroro. Als wir schon auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz sind, spricht uns ein Kioskbesitzer an und bietet uns an, dass wir vor seinem Haus zelten können. Später bittet er uns sogar, das Zelt doch in seinen geschützten Innenhof umzustellen und mit seiner Familie zu Abend zu essen.

    Am nächsten Tag zeigt sich das wahre Gesicht von Flores: Die Insel ist voller Berge und die Hauptstraße scheint sie alle zu verbinden. Die Straße wurde kürzlich modernisiert und ist in einem super Zustand, der Verkehr, der größtenteils aus Rollern besteht, ist moderat und langsam, aber es geht immer hoch und runter, hoch und runter. Und hier heißt hoch wirklich hoch: Mehrmals steigt die Straße vom Meeresspiegel auf etwa 1500 Meter, um anschließend in wunderbaren Abfahrten wieder zum Meer hinab zu führen. Glücklicherweise sind die Steigungen nicht zu steil und die Anstiege werden gleich doppelt belohnt: Zum einen bieten sich immer wieder tolle Ausblicke auf Reisterrassen, Vulkane und das Meer, zum anderen ist die Luft oben merklich kühler und spätestens ab 1000 Höhenmetern ist das Klima zum Radeln wunderbar angenehm.

    Der große Höhenunterschied zeigt sich auch in der Vegetation: Am Meer wachsen Kokosnüsse, Bananen und Papayas, in den Bergen Kaffee, Kakao, und bunte Blüten (aus diesem Grund nannten die Portugiesen die Insel "Flores"). Hinzu kommt unglaublich viel, unglaublich hoher Bambus. Die Rohre sind sicher zehn und mehr Meter hoch und biegen sich zur Straße hin - wir fahren also zum ersten Mal im Leben durch Bambusalleen.

    Während uns die Städte auf Flores immer wieder positiv und mit neuen Geschmäckern überraschen, ist die indonesische Küche auf den Dörfern wenig abwechslungsreich: Die Optionen in den kleinen Garküchen ("Warungs") beschränken sich in der Regel auf Reis mit Fisch, Hühnchen oder Ei, Fleischklößchensuppe oder Instantnudeln. Fisch, Fleisch und Eier liegen dabei schon fertig zubereitet in der Auslage, und zwar so lange bis sie jemand kauft. Oft geht das gut, manchmal erwischt man aber die Niete, auf der eine Fliege schon ihre Eier abgelegt hat oder sich sonstige Keime angesiedelt haben. Rebecca ist die Unglückliche und steigt für einige Tage auf Bananen und Reis pur um. Die fehlende Energie macht die Anstiege nicht leichter.

    Im Vergleich zu Timor ist Flores schon leicht touristischer und wir kommen an einigen schönen, aber scheinbar verlassenen oder zumindest vernachlässigten Ökostourismus-Anlagen vorbei. Je weiter wir nach Westen kommen, desto mehr Weiße sehen wir, vornehmlich auf geliehenen Rollern. Vielleicht häufen sich auch deswegen nette Cafés, die über Kiosks mit Instant-Kaffees und fertigen Kaffee-Zuckermischung zum Aufgießen hinausgehen und teilweise sogar den lokalen Kaffee anbieten: Auf dem Anstieg nach Ruteng entdecken wir ein Café namens "Edelweiß". Als wir eintreten, stellt sich heraus, dass der indonesische Besitzer Andree fließend deutsch spricht und Deutschlehrer am lokalen Gymnasium ist. Vor einigen Jahren hat er über das Goethe Institut einen Monat in Bonn verbracht und eine Fortbildung besucht. Neben dem Lehrer-Job ist das Café ein Hobby, um seine Leidenschaft für guten Kaffee auszuleben. Zur Abwechslung trinken wir daher frisch gerösteten Kaffee aus lokalem Anbau und genießen die Straßen und Blumen und das Treiben der Menschen.
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  • In der Waran-Karawane

    2 июня 2023 г., Индонезия ⋅ ☁️ 29 °C

    Nach einer knappen Woche im ländlichen, wenig touristischen Hinterland von Flores erreichen wir die Küstenstadt Labuan Badjo. Die Stadt ist herausgeputzt und hat ein etwas mondänes Flair. Es gibt plötzlich wieder eine Hauptstraße mit Bürgersteig, vielen Cafés und einer internationalen Essensauswahl. Einzelne Plakate verraten noch, dass hier vor wenigen Wochen die Staats- und Regierungschefs der ASEAN-Staaten getagt haben. Der Grund, weshalb es viele Tourist:innen nach Labuan Badjo zieht, ist der angrenzende Komodo Nationalpark, denn vor hier aus starten täglich dutzende Bootsausflüge in die Insellandschaft und zu dem berühmten Komodo-Waranen.

    Wir schließen uns dem Waran-Karawanen-Wahnsinn für einen Tag an und machen uns auf die Suche nach einer Tour. Man braucht eine gebuchte Tour, um die Inseln des Nationalparks zu erreichen und die Komodowarane in der Natur zu sehen. Für normale Gäste stehen drei Standard-Pakete zur Wahl: Langsames Boot, schnelles Boot und die 2-Tagestour mit Übernachtung an Bord. In Labuan Badjo reihen sich bestimmt 30 private Verkaufsstellen aneinander, die alle das selbe Angebot zum gleichen (Kartell-)Preis anbieten. Das Angebot ist sogar wortwörtlich das selbe, denn egal, wo man sein Ticket kauft, am Ende landet man auf dem selben Boot. Wir kämpfen uns durch das Dickicht der Verkäufer:innen und bekommen die Tour für einen akzeptablen, aber für indonesische Verhältnisse horrenden Preis. Zusätzlich muss noch der ebenfalls beachtliche Eintritt für den Nationalpark bezahlt werden, der sich aus vielen Einzelposten zusammensetzt und so kompliziert und intransparent ist, dass uns keine der Verkaufsstellen vorab den korrekten Eintrittspreis nennen konnte. Die indonesische Regierung wollte die Eintrittspreise zuletzt drastisch erhöhen (auf über 200€ pro Person!), ist jedoch auf Protest der lokalen Tourenanbieter zurückgerudert.

    Am nächsten Tag geht es um 6 Uhr morgens los. Wir fahren mit dem langsamen Boot, einem alten, schmalen Fischerboot mit ohrenbetäubend lautem Motor. Mit diesem fährt man morgens drei Stunden zum Nationalpark und legt dort verschiedene Stopps ein, bevor es abends wieder auf den ebenso langen Rückweg geht. Neben einem schönen Aussichtspunkt und zwei Schnorchelstellen ist das Highlight der Tour der Stopp auf der Insel Komodo mit Beobachtung der Komodowarane.

    Die Tiere sind beeindruckend, immerhin sind sie eine Art drei Meter lange Eidechse. Ihr Gang ist etwas behäbig und so könnte man sich die Tiere auch gut in der Gegenwart von Dinosauriern vorstellen. Erwachsene Komodo-Warane sind giftig, jagen u.a. Hirsche und können ein ganzes Wildschwein am Stück verspeisen.

    Die Zustände auf der Insel sind allerdings bedenklich: Mit jeweils zwei "Rangern" machen sich reihenweise Bootsgruppen auf in den Wald, um die Tiere aufzuspüren und "in der Wildnis" zu beobachten. Die Ranger wissen genau, wo sie die Tiere finden und mit welchen Tricks sie diese anlocken können. Dabei geht es allem Anschein nach vor allem darum, die Tiere in möglichst gute Fotoposen zu treiben, damit die Tourist:innen mit ihnen posieren können. Ehe wir verstehen, was hier passiert, hat der Ranger schon unsere Handys eingesammelt und lotst die Tourist:innen der Reihe nach hinter den gestressten Waran, um mit dem jeweils passenden der eingesammelten Handys ein Foto zu machen.

    Abends verlässt unser Boot langsam wieder die Inselwelt des Komodo Nationalparks. Mit dem letzten Sonnenstrahlen erreichen wir wieder das belebte Labuan Badjo und lassen den Tag mit Nasi Goreng ausklingen.
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  • Staub, Sonne, Schweiß - Sumbawa ist heiß

    8 июня 2023 г., Индонезия ⋅ ⛅ 32 °C

    Nach einer weiteren Fährfahrt erreichen wir die Insel Sumbawa. Hier ist es deutlich trockener, als noch auf Flores. Statt Bananen, Kokosnüssen und Kaffee gibt es Mais- und Zwiebelanbau und viele Menschen haben ihre Terrassen mit Blumentöpfen dekoriert. Entlang der Straße reihen sich einander ähnelnde Örtchen, die meist nahtlos ineinander übergehen, außer aufwendig dekorierten Kreisverkehren keine äußeren Besonderheiten aufweisen und nun deutlich häufiger von größeren Städten unterbrochen werden.

    Die Straße verläuft flach oder über kleinere Hügel, der Verkehr nimmt langsam zu und wir kommen zügig und entspannt voran - bis wir zu einer Unterbrechung gezwungen werden. Rebecca fühlt sich schlapp und hat leichtes Fieber. Im Krankenhaus wird Malaria ausgeschlossen und Rebecca zu Antibiotika und Bettruhe verdonnert. Nach zwei Tagen in einem kleinen Hotel im Ort Dompu ist sie aber wieder soweit hergestellt, dass wir weiterfahren können.

    Die Bevölkerung ist hier mehrheitlich muslimisch. Gab es bereits auf Flores zwischen den Kirchen einzelne Moscheen, prägen diese hier nun das Stadtbild und sind meist größer und prunkvoller. Der Muezzin ruft (dank großer Stereoanlage kaum überhörbar) fünfmal täglich zum Gebet - und die Predigten werden auch über die Lautsprecher übertragen. Uns fällt auf, wie tief die Religion im Alltag der Menschen verankert ist: Händler:innen unterbrechen ihre Tätigkeiten, um mit Gebetsteppichen auf dem Kopf oder unterm Arm zur nächsten Moschee zu laufen, Hotelbesitzer:innen sind freundlich, aber kurz angebunden und erklären uns, dass sie nun schnell zum Gebet müssten und an der Zimmerdecke vieler Hotels kennzeichnet ein Pfeil nicht den Notausgang, sondern die Gebetsrichtung nach Mekka.

    Sonst gibt es nicht viel Abwechslung. Am Straßenrand grasen weiterhin viele Kühe und Ziegen und an einigen Ecken lauern Affenbanden auf essbare Abfälle. Autos und Mopeds gegenüber reagieren die meisten Tiere erstaunlich entspannt, harren am Straßenrand aus oder mühen sich erst in letzter Sekunde gemächlich von der Straße; wenn sie jedoch zu spät unsere lautlosen Fahrräder bemerken, wittern sie Gefahr und rennen panisch los. Eine Kuh reißt sich von ihrem Besitzer los und flieht mehrere Hundert Meter die Straße entlang, bevor sie in den Straßengraben springt und in einem Gebüsch Richtung Meer verschwindet. Als daraufhin der Besitzer mit dem Moped ankommt, können wir ihm immerhin das Gebüsch zeigen - hoffentlich hat er sie noch gefunden und sie sich bei der Aktion nicht verletzt.

    Sumbawa beschert uns viele Sonnenstunden, zum Teil ist die Mittagshitze ohne Schatten auf dem aufgeheiztem Asphalt kaum zu ertragen. Nur an einem Nachmittag meldet sich die gerade abklingende Regenzeit mit einem kurzen Gruß und Guss. Durch Sonne, Schweiß, Staub, Luftfeuchtigkeit und Sonnenmilch pendelt sich der Zustand unserer Kleidung irgendwo zwischen nass zu klebrig ein. Abends freuen wir uns dann auf die Abkühlung durch ein Mandi. Dies ist die gängige Art, sich hier zu duschen: Neben der Hocktoilette steht ein Eimer oder ein gemauertes Bassin mit Wasser und einer Schöpfkelle, mit der man sich das Wasser über den Körper spült.
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  • Walhai zum Frühstück

    9 июня 2023 г., Flores Sea ⋅ 🌙 24 °C

    In der Bucht von Saleh gibt es eine Walhai-Kolonie. Die Tiere folgen den lokalen Fischern, wenn diese ihre Netze heben und lassen sich daher besonders morgens recht zuverlässig aufspüren.

    Für uns geht es um 3 Uhr in der Nacht los - wir laufen mit unseren Mitreisenden, einem britisch-maledivischen Influencerpärchen, zum Bootsanleger gegenüber vom Hotel. Während an Land schon die ersten Fänge der Nacht sortiert und verladen werden, besteigen wir ein Fischerboot und fahren mit knatterndem Motor hinaus in die Nacht. Zum Glück gibt es Matten und Kissen an Bord, so dass wir noch etwas schlafen und die Sterne beobachten können.

    Nach etwa zwei Stunden erreichen wir ein Bagan - eine schwimmende Plattform der lokalen Fischer. Im letzten Mondschein werden gerade die Netze eingezogen, als plötzlich ein riesiger dunkler Schatten unter unserem Boot auftaucht. Kurz darauf taucht neben dem Bagan eine große schwarze Flosse aus dem Wasser. Waren wir gerade noch schläfrig, schnellt der Puls jetzt in die Höhe. Bei dem Gedanken, gleich zu schnorcheln, wird uns doch ein bisschen mulmig.

    Langsam deutet sich ein heller Streif am Horizont an und kurz darauf steigen wir aus dem Boot auf das Bagan. Dort können wir uns freier bewegen und mit etwas Abstand von oben ins Wasser schauen. Wir zählen 6 Walhaie, die in Schleifen um das Bagan herum schwimmen und sich immer wieder der Stelle nähern, an der vorhin die Netze gehoben wurden und nun besonders viel Plankton im Wasser schwimmt.

    Zwar haben die Tiere 3600 Zähne, doch gefährlich sind sie nicht: Mit weit geöffnetem Maul durchkämmen sie das Wasser rund um das Bagan, saugen Meerwasser an und filtern es mit ihren Zähnchen.

    Als die Sonne aufgeht, springen wir mit Schnorchelausrüstung ins Meer. Rund um unser Boot schwimmen mittlerweile 8 Walhaie, die zwischen 4 und 10 Metern lang sind. Sie durchkämmen das Wasser und lassen sich von uns kaum stören. Hatten wir vorher noch gelesen, dass man einen Abstand von ca. 4 Metern einhalten soll, ist das im Wasser schwer einzuhalten und die Tiere selber machen es uns gar unmöglich: Einige Walhaie schwimmen mit geöffnetem Maul direkt auf uns zu und wenn wir nicht schnell genug aus dem Weg geschwommen sind, stupsen sie uns bloß sanft zur Seite. Die anfängliche Ehrfurcht weicht einer großen Bewunderung für die sanften Riesen. Nach 2 Stunden im Meer verabschieden wir uns von den Walhaien und lassen uns in der Morgensonne wieder zurück zum Hafen fahren.
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  • Eat, Pray, Love - Bali entschleunigt

    16 июня 2023 г., Индонезия ⋅ ☁️ 24 °C

    Bali is calling: Nach einer eintägigen Stippvisite auf Lombok bringt uns die nächste Fähre auf die wohl bekannteste und touristischste Insel Indonesiens, wo wir uns in die Stadt Ubud aufmachen.

    Entschleunigende Wirkung hat zunächst nur der Straßenverkehr. Er scheint hier zu jeder Tageszeit zu stehen. Autos, Busse, LKW und buchstäblich Millionen von Motorrollern quetschen sich über enge und verwinkelte Straßen und werden auch an größeren Kreuzungen nur selten von Ampeln und manchmal von überforderten Polizist:innen geordnet. Da besonders die Motorroller jede sich bietende Lücke nutzen, um sie gleich wieder zu verstopfen, beschleunigt sich im Gegensatz zum Verkehrsfluss nur der Puls aller Beteiligten.

    Doch nur zwei Abbiegungen von der Verkehrshölle entfernt landen wir im Paradies: Kleine ruhige Gassen, die von tropischen Pflanzen, hinduistischen Tierstatuen und Tempelanlagen gesäumt sind und durch die der sanfte Duft von Räucherstäbchen weht, verschlucken den Lärm und strahlen eine tiefe Ruhe aus. Über der Stadt schweben Dutzende Lenkdrachen, mit denen traditionell der Beginn der Trockenzeit gefeiert wird.

    Bali und besonders die Stadt Ubud ist bekannt für ihre hippen Yoga-Studios, Selbstfindung, veganes Essen aus allen Regionen der Welt und frisch gepresste Säfte an jeder Ecke. Ganz natürlich fügt sich dieser Lebebsstil in den Hinduismus ein, der die Insel prägt: Überall gibt es kleine Tempelanlagen - jedes Wohnhaus verfügt über bis zu drei Tempel -, an denen fast stündlich kleine Opfergaben ausgelegt und Räucherstäbchen entzündet werden. Immer wieder sind Straßen für religiöse Zeremonien gesperrt. Menschengruppen sitzen zusammen, um Bambuskörbchen für Opfergaben zu flechten oder Lenkdrachen und Ähnliches zu basteln.

    Gleichzeitig fallen wir unter all den Weißen nicht mehr auf. Nach drei Wochen, in denen jede und jeder uns euphorisch gegrüßt hat und viele Menschen Fotos von und mit uns machen wollten, fühlen wir uns hier geradezu ignoriert. So müssen sich alternde Popsternchen fühlen, die von der Jugend nicht mehr erkannt werden. Zur Abwechslung ist das aber sehr entspannend.

    Das erste Mal seit langem nehmen wir uns bewusst einige Tage Auszeit. Wir lassen uns von Fruchtsaftstand zu Fruchtsaftstand treiben und die Seele bei Spaziergängen durch die vielen verwinkelten Gassen baumeln. Elias findet ein Frisbee-Team, mit dem er eine Runde trainiert und Rebecca streckt lange un- und einseitig benutzte Muskeln in einer Outdoor-Yoga-Session. Nach vielen Tagen mit Reis zu jeder Tageszeit, gönnen wir uns zur Abwechslung Pizza - zuletzt gab es die vor 4 Monaten in Neuseeland.

    Kurz vor der Weiterreise hüpft unser Fahrrad-Herz noch einmal höher.
    Für Falschparker:innen gibt es hier nämlich noch mehr Entschleunigung: Statt falsch geparkte Motorroller abzuschleppen, geht die Polizei durch die Stadt und lässt ganz sanft die Luft aus den Reifen. Statt Ooooooom also Tssssssssssssssss.
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  • Balis Berge

    18 июня 2023 г., Индонезия ⋅ ⛅ 20 °C

    Während im Nordatlantik ein U-Boot gesucht wird, verlassen wir Ubud in Richtung Balis bergigem Hinterland. Auf anderthalb Tausend Metern lockt dort ein beliebtes Naherholungsgebiet mit richtigen Campingplätzen.

    Am Stadtrand ist die Straße noch flach, doch wir kommen nur langsam voran, denn auch am Samstag ist sie wieder komplett verstopft. Auf einer Nebenstraße können wir die Hälfte des Anstiegs einigermaßen ruhig zurücklegen. Doch für die letzten 10 Kilometer müssen wir wieder auf die Hauptstraße und auf dieser ist selbst oben in den Bergen viel los. Besonders die großen Reisebusse fahren kompromisslos wenige Zentimeter an den Motorrollern und an uns vorbei. Überholmanöver in Kurven und bei nahendem Gegenverkehr sind hier nicht unüblich und so manches Auto zwingt uns beim Wiedereinscheren zum Ausweichen. Das ganze ist wie immer gepaart mit dem ohnehin schon lauten Grundrauschen des Verkehrs, einem Hupkonzert und dem lauten Motorkreischen der oft überladenen Fahrzeuge. Zwanzig Minuten lang halten wir bei jeder Überholung (und bei jeder schwarzen Auspuffwolke) die Luft an.

    Dann haben wir Glück: Ein schwer beladener LKW schafft den Berg ebenfalls nur im ersten Gang und bremst die gesamte Autoschlange aus. Die Autos sind nun im Stop-and-Go gefangen und auch nicht mehr schneller als wir. So ernten wir neben einer sicheren Fahrt auch die bewundernden Blicke der Autoinsassen, denen wir immer wieder begegnen.

    Oben erreichen wir die Stadt Bedugul, die mit Tempeln, kühlen Temperaturen, Erdbeerfeldern und drei Seen lockt. Noch etwas außer Atem lassen wir die Tempel und Erdbeerfelder links liegen, begnügen uns mit einem frischen Erbeersaft und steuern einen Campingplatz am dritten See an. Es ist der erste offizielle Campingplatz, den wir in Indonesien sehen, und abgesehen von den leidigen Müllbergen, die es auch sonst überall gibt, ist nichts an ihm auszusetzen - im Gegenteil, man kann hier sogar Schlafsäcke ausleihen. Wir nutzen dieses Angebot, denn unsere Schlafsäcke hatten wir aus Australien zurückgeschickt und hier auf etwa 1400 Metern wird es nachts doch ziemlich kühl.

    Am nächsten Tag geht es die gestern erklommenen Höhenmeter wieder herunter an die Nordküste Balis. Nach einer zügigen Abfahrt, natürlich durch Reisfelder, probieren wir das traditionell balinesische Gericht Babi Guling. Hinter dem schönen Namen verbirgt sich, wer hätte das gedacht: ein ordentlich gewürztes Spanferkel. Während der Verzehr von Schweinefleisch auf den meisten (muslimischen) Inseln Indonesiens nicht üblich ist, ist Babi Guling unter den Hindus auf Bali eine beliebte Mahlzeit.

    Bevor es zur Fähre nach Java geht, stoppen wir im Tauchort Pemuteran, um einen Vormittag mit Schnorcheln die künstlichen Riffe am Strand zu erkunden. Nachdem das natürliche Riff dort immer weiter zerstört wurde, wurden künstliche Strukturen im Meer versenkt, die permanent mit leichtem Strom versetzt werden, um das Korallenwachstum zu stimulieren. Das scheint gut zu klappen: Den bunten Fischen in allen erdenklichen Größen, Formen und Farben scheint es jedenfalls zu gefallen.
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  • Java Java: Hati-Hati

    22 июня 2023 г., Индонезия ⋅ ☀️ 26 °C

    Auf Java angekommen verlassen wir mit einem Schlag wieder das touristische Indonesien. Statt Tourist:innen gibt es auf der am dichtesten besiedelten Insel Indonesiens dafür umso mehr Menschen, Dörfer, Motorräder, Kiosks, Warungs, Eistee-Verkaufsstände und Muezzine. Wir wurden bereits gewarnt, dass auch der Straßenverkehr auf Java entsprechend noch einmal intensiver ist. Zur Abfahrt wünschen uns daher alle Hotel- und Kioskbetreiber:innen mit dem Ausdruck "Hati-Hati" Hals- und Beinbruch.

    Der Ausdruck bedeutet so viel wie "Vorsicht" oder "Passt auf euch auf". Das können wir hier gut gebrauchen: Im Gegensatz zu den vorherigen Inseln, wo es meist kaum Abzweigungen und Nebenstraßen gab, ist der Verkehr hier mit vielen Kreuzungen und Kreisverkehren deutlich komplexer. In den Ortskernen helfen mit Trillerpfeifen und Leuchtstäben ausgestattete Ordner dabei, Autos aus den Nebenstraßen zu lotsen. Sie sind Freiberufler und wenn sie einem Auto im dichten Verkehr zu einer schnellen Abbiegung verholfen haben, freuen sie sich über ein Scheinchen im Schweinchen. So richtig fließen tut der Verkehr dadurch natürlich nicht.

    Wir fahren also wieder in einer großen, zähen Masse unterschiedlichster Verkehrsteilnehmer:innen, die ständig versuchen, sich gegenseitig zu überholen, in das 100 Kilometer entfernte Jember. Richtig erholsam ist das Radeln unter diesen Umständen nicht. In Jember streichen wir daher unseren bisherigen Plan und nehmen einen Bus in das 600 Kilometer entfernte Yogyakarta.

    Der große, viel zu stark klimatisierte Reisebus fährt pünktlich ab und braucht ungefähr 12 Stunden für die Strecke. Und das, obwohl der Fahrer wirklich jede kleine Lücke für einen Überholvorgang nutzt. Mal fahren wir lange viel zu schnell und mit viel Gehupe auf der Gegenspur - gerne auch in Kurven - dann ziehen wir auch mal links (Linksverkehr!) zwischen Abwasserkanal und Mopeds an den langsameren LKW vorbei. Ein bisschen mehr "Hati Hati" täte dem Busfahrer (und allen anderen) ganz gut.

    Nachts wird der Verkehr nicht weniger und zu den unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Verkehrsmittel kommen nun unterschiedlichste Beleuchtungsarten erschwerend hinzu. Gänzlich unbeleuchtete Motorroller, LKW in Festtagsbeleuchtung, Autos mit bunt animierten Rücklichtern oder auch blauen Scheinwerfern machen den Verkehr nicht übersichtlicher, schaffen es aber auch nicht, unseren Busfahrer irgendwie zu beeindrucken. Geblinkt wird dabei übrigens fleißig in alle Richtungen, nur nicht in die eigentliche Fahrt- oder Abbiegerichtung.

    Irgendwie schaffen wir es, ein paar Stunden zu schlafen, sind dann aber ganz froh, am frühen Morgen in Yogyakarta ausgespuckt zu werden. Die Straßen rund um den Busbahnhof sind fast leer und es ist für einen Moment ruhig, als wir die letzten Kilometer zur Unterkunft rollen.
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  • Cycling++ in Java: Yogyakarta

    24 июня 2023 г., Индонезия ⋅ ☀️ 30 °C

    Am frühen Morgen erreichen wir den nächsten Programmpunkt auf unserem JavaScript: Yogyakarta, die Fahrradhauptstadt Indonesiens. Tatsächlich gibt es ein paar Radwege und Beschilderungen für verkehrsarme Routen durch die Stadt. Die Stadt liegt am Fuße des aktiven Vulkans Merapi und ist bei indonesischen Tourist:innen beliebt. Es wimmelt von Motorrad-Rikschas und Pferdewägen, es gibt Fußgängerzonen und Viertel, durch die man gemütlich schlendern kann. Mit einem Sultanspalast und einigen Kunstmuseen gibt es sogar einige Sehenswürdigkeiten.

    Erstmals in Indonesien finden wir hier wieder einen Gastgeber über WarmShowers. Radit nimmt uns am zweiten Tag auf eine Radtour in die umliegenden Hügel mit. Hier trifft sich die Radler-Szene an mehreren Straßenständen, wo es eine bunte Auswahl leckerer Häppchen und für jeden eine Tasse Tee gibt. Die Szene ist erstaunlich divers und umfasst Menschen jeden Alters auf Fahrgestellen von uralten Holland-Rädern über mittelalte Mountainbikes bis hin zu modernen, teueren Rennrädern. Zu Rs Freude ist sie für einen Moment endlich nicht mehr die einzige Frau auf einem Fahrrad.

    Auch wenn es hier einen Hauch von Fahrradkultur gibt, sind die motorisierten Zweiräder weiter deutlich in der Überzahl. In Indonesien wird selbst in den Städten wirklich jeder halbe Kilometer mit dem Moped zurückgelegt - ein kurzer Spaziergang zum nahegelegenen Kiosk scheint undenkbar. Sobald man das Stadtzentrum von Yogyakarta verlässt, schrumpfen die Bürgersteige schnell auf 30 Zentimeter Breite, bevor sie dann ganz verschwinden.

    In Yogyakarta gibt es für uns neben der kleinen Fahrradkultur noch einen Grund zu feiern. Unser imaginärer Tacho wird um eine Ziffer reicher: Wir sind nun fünfstellig und erreichen Kilometer 10.000 . Das klingt schon ganz schön viel und würde, am Stück gefahren, fast für die Strecke von Berlin nach Bangkok reichen.

    Mit Alkohol können wir nicht anstoßen (dieser wird auf Java kaum verkauft), dafür bringt Yogyakarta uns kulinarisch in Feierlaune: Hier gibt es ein breites Angebot an vielfältigem Streetfood. Zum ersten Mal in den fünf Wochen Indonesien landen gut gewürzte Jackfruit und leckere Frühlingsrollen auf unseren Tellern. Wir hatten uns schon gewundert, wo die ganzen Gewürze, die hier wachsen, verwendet werden.
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  • Das Nirwana und andere Ziele am Horizont

    25 июня 2023 г., Индонезия ⋅ ⛅ 29 °C

    Bei einer langen Fahrradreise erlebt man die meisten Highlights im Vorüberfahren. Einerseits lässt man viele "offizielle" Sehenswürdigkeiten links liegen, da die Abstecher zu weit oder zu viele Höhenmeter zu bewältigen wären, andererseits erlebt man so viele Alltags-Highlights, dass das Bedürfnis nach weiteren "echten Highlights" gar nicht mehr so groß ist.

    Wenn wir in Bali auf 100 Kilometern an mindestens 100 kleinen und großen Tempeln vorbeifahren, müssen wir den größten nicht extra besuchen und wenn wir auf Timor durch lauter Dörfer mit einigen Pfahlbauten fahren, lohnt der Abstecher in die besonders schönen touristischeren traditionellen Dörfer nicht. Ähnliches gilt für spektakuläre Landschaften: Der Wasserfall, den man "unbedingt gesehen haben muss", ist oftmals für Autos und Reisebusse gar nicht so weit entfernt, gleicht aber den Dutzenden Wasserfällen, die wir in Tasmanien und Neuseeland gesehen haben und die wir auf einsamen Nebenstraßen passieren.

    Zumal eines in Indonesien nicht gastfreundlich ist: Die Eintrittspreise für sämtliche Sehenswürdigkeiten haben einen Ausländer-Eintrittspreis, der oft beim zehn- bis zwanzigfachen des lokalen Preises und damit über dem Eintrittspreis entsprechender Sehenswürdigkeit in Deutschland liegt.

    Ein Highlight, das wir uns dennoch nicht entgehen lassen können, ist der buddhistische Tempel Borobudur. Er ist die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Indonesiens und spielt in einer Liga mit den Pyramiden von Gizeh und Machu Picchu. Der Tempel ist zehn Stockwerke hoch, mit Buddha-Figuren in verschiedenen Gebetshaltungen gespickt und gipfelt in einer Stupa, die das Nirvana repräsentiert. Er wurde vor über 1.000 Jahren erbaut und stammt aus einer Zeit, in der die Bevölkerung Javas noch überwiegend buddhistisch war. Als die Bevölkerung mehrheitlich zum Islam konvertierte, wurde der Tempel vergessen, vom Dschungel überwuchert, erst von den Eng- und Holländern wiederentdeckt und später aufwändig freigelegt und restauriert.

    Während der Tempel wahrlich beeindruckend ist, erstaunt uns die Infrastruktur, die entgegen der Preisgestaltung eben nicht europäischen Standards entspricht: Infoschilder sind Mangelware, den einzigen Flyer gibt es nicht ausgedruckt, sondern nur per Zufallsfund als Datei auf der Webseite (#zerowaste?) und die Öffnungszeiten findet man dort nur versteckt unter den Corona-Infos. Einige Gebäude auf dem Areal stehen leer und der ebenfalls nicht ausgeschilderte Aussichtspunkt in unmittelbarer Nähe des Tempels ist trotz bestem Blick auf den Tempel verwaist und wirkt verlassen. Und das Tempelmuseum, das über die Restaurierung der Anlage berichtet, stößt besonders bei den indonesischen Tourist:innen nicht auf allzu großes Interesse. Als wir hineinkommen, sind wir für die wenigen Anwesenden jedenfalls deutlich spannender, als die Ausstellungsstücke und werden für gemeinsame Fotos von Gruppe zu Gruppe gereicht.

    Nach einem Nasi Goreng zum Mittag geht die Reise weiter: Radit aus Yogyakarta hat uns in der nächsten Stadt einen Freund vermittelt, bei dem wir in der folgenden Nacht bleiben können. Er betreibt eine kleine private Englischschule ("Horizon") und nutzt unseren Besuch als Praxisübung für einige seiner Schüler:innen. Sie bringen kleine Snacks mit und so haben wir bei englischen Konversationen einen gemütlichen und unterhaltsamen Abend mit Einblicken in ihre Lebenswelten:

    👩🏻 Nita, 42, möchte als Zusatzqualifikation Wassermanagement studieren und braucht für das Stipendium ein Englisch-Zertifikat.

    🧕🏽 Heddi, 18, braucht das Englischzertifikat ebenfalls für ein Stipendium, um an einer guten Uni Psychologie studieren zu können.

    🧑🏾 Tama, 17, wird im nächsten Jahr in Marokko oder Ägypten Islamwissenschaften studieren und braucht dafür ein Grundniveau an Englisch.

    👨🏻 Zulfi, 38, hat die letzten Jahre als Matrose auf Öltankern rund um Indonesien gearbeitet und möchte sich für den nächsten Karriereschritt nun bei einer deutschen Reederei bewerben.

    👨🏿‍💻 Kizik, 21, liest gerne internationale Medien und schaut gerne amerikanische Filme, die er noch besser verstehen möchte.

    Während wir uns über die Ausländer-Preise für Sehenswürdigkeiten beschweren, haben die Schüler:innen ein viel größeres Problem: Für ein TOEFL-Zertifikat, das für die meisten Stipendien verlangt wird, müssen Indonesier:innen mit ca. 200 € das Gleiche wie wir bezahlen. Bei den Lebenshaltungskosten ist das in Indonesien ein Vermögen.

    So unterschiedlich wie die Motivation der Schüler:innen ist, so unterschiedlich nehmen sie an dem Gespräch teil: Einige löchern uns mit Fragen über unser Studium oder wie man in Deutschland den kalten Winter überlebt, während andere neugierig-schüchtern zuhören oder auch mal vom Smartphone abgelenkt werden. Ein Schüler fragt, wie viel Whitening-Cream wir für unseren hellen Hautton verwenden würden. Und dann geht es noch um Fußball, den Krieg in der Ukraine, den Unterschied zwischen Bundeskanzler und -präsident und die neusten Hollywood-Actionfilme.

    Die Stunden mit der Englischklasse vergehen schnell und Dank gemeinsamer Internetkultur fühlen wir uns in vielen Punkten verbunden. In anderen bleiben unsere Lebenswelten und -horizonte weit voneinander entfernt - Urlaub im Ausland wird für die meisten hier wohl ein Traum bleiben. Es sei denn, sie schaffen einen guten Englischtest und haben Glück, ein Stipendium zu bekommen. Wir drücken die Daumen.
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  • Schlaf-Opferfest

    29 июня 2023 г., Индонезия ⋅ ☁️ 28 °C

    Wir radeln weiter in Richtung Jakarta, entlang der Küste, irgendwo zwischen den Provinzen Zentral-Java und West-Java. Seit wir den Großraum Yogyakarta verlassen haben, haben wir wieder das Gefühl, die einzigen Weißen weit und breit zu sein. Und noch eine Sache hat sich geändert: Statt saisonaler Regen- und Trockenzeit gibt es hier ganzjährig Niederschläge. Nach einem Monat ohne Regen müssen wir uns nun wieder auf Nässe einstellen: Es nieselt viel, manchmal folgt dazwischen auch ein einstündiger Regenguss.

    Die Strecke ist etwas flacher, die Bevölkerungsdichte nicht ganz so hoch, der Verkehr ruhiger und wir finden immer wieder nette Orte zum Zelten. Doch so schön die Orte auch sind, so groß ist diese Woche die Herausforderung, durchzuschlafen.

    Episode 1: Am ersten Tag kommen wir abends an einen Strand mit dutzenden Kiosks und dürfen unter dem Vordach eines dieser Kiosks das Zelt aufstellen. Im Hintergrund rauscht das Meer, das uns sanft in den Schlaf begleitet. Um zwei Uhr Nachts werden wir allerdings von einem feucht-nassen Gefühl aufgeweckt. Durch den Wind und einige Risse im Kioskdach schafft es der Regen zu uns ins Zelt hinein. Wir springen aus dem Zelt, rücken es an einen trockeneren Ort, befestigen zur Sicherheit die Regenplane und legen uns zur zweiten Nachthälfte wieder ins Bett, um weiterzuschlafen, während die Tropfen auf das Wellblechdach prasseln.

    Episode 2: Am nächsten Tag, dem Vorabend des islamischen Opferfestes (Idul Adha), finden wir abends ein ruhiges Café mit großem Grundstück. Nach einigem hin und her und der obligatorischen Anmeldung beim Ortsvorsteher erlauben uns die Eigentümer, dort zu zelten, wir müssten nur am Morgen früh aufbrechen, da das Café wegen des Opferfestes geschlossen bleiben wird. Als wir um 19 Uhr etwas zu Abend essen, ruft der Muezzin gerade wie jeden Abend zum Abendgebet. Während wir uns noch über das Opferfest informieren, ahnen wir noch nicht, dass er heute länger rufen wird als gewohnt.

    Da Beschwerden über religiöse Praktiken in Indonesien bei Gefängnisstrafe (bis zu 5 Jahre) verboten sind, greifen wir an dieser Stelle auf eine Beschreibung zweier Zeug:innen zurück, die lieber anonym bleiben wollen:

    Eine Stunde später liegen R. (29) und E. (30) bei weiterhin ohrenbetäubendem Gesang aus mindestens vier Moscheen im Zelt. Neben dem Gebetsruf des Muezzins seien über die Lautsprecher auch Gebete und Koranlesungen von Gemeindemitgliedern abgespielt worden. Diese seien nicht besonders melodisch gewesen. Die Qualität der Lautsprecher habe dabei für zusätzliche Verzerrung gesorgt. R. und E. bezeichnen sich selbst als gute Schläfer:innen, tolerant, hart im Nehmen und freuen sich laut eigener Aussage über besondere kulturelle Erfahrungen. Sie beschreiben den sich überlangernden Sing-Sang aber als eine Mischung aus Feuerwehrsirene, Schlachthaus und kindlichem Gebrabbel, garniert mit einer Spur Hallenbad - und das Ganze in Konzertlautstärke.

    An Schlaf sei bei dieser Beschallung wirklich nicht zu denken gewesen. Mit Hörbüchern aus Noise-Cancelling-Kopfhörern schaffen sie es immer mal wieder wegzudösen, nur um beim nächsten Aufheulen der Klagelieder wieder aus dem Schlaf gerissen zu werden. Bis auf einen halbminütigen Stromausfall gegen halb drei Nachts sei die Beschallung bis um sieben Uhr Morgens ununterbrochen und in voller Lautstärke zu hören gewesen. Sie haben Tränen in den müde wirkenden Augen, als sie diese Ereignisse schildern.

    Wir verzichten auf weitere Kommentare zu dieser Ausführung und fahren am nächsten Morgen selber übermüdet weiter. Dabei passieren wir mehrere Moscheen, an denen Menschengruppen Hammel und Rinder zur Schächtung vorbereiten (Morgens), diese bereits durchführen (Mittags) oder sich mit einzelnen Körperteilen der Opfertiere unterm Arm auf den Heimweg machen (Nachmittags).

    Episode 3: In der übernächsten Nacht liegen wir an einem wunderschönen Platz direkt am Strand. Der Muezzin hat, heute angenehm melodisch und nur mit kurzer Liveübertragung des Kinder-Freitagsgebetes, die Nachtruhe eingeleitet. Kaum liegen wir im Zelt, werden wir schon wieder wachgerüttelt - im wahrsten Sinne des Wortes. Der Boden wackelt, als lägen wir auf dem Boden einer Hüpfburg, während andere Kinder weiter darauf herumhüpfen - das riecht nach Erdbeben.

    Da wir seit Tagen regelmäßig an Tsunamiwarnschildern vorbeifahren und bei Indonesien, Küste, Erdbeben und Tsunami traurige Assoziationen geweckt werden, ist auch jetzt an Schlaf nicht zu denken. Wir klettern also aus dem Zelt, blicken fragend aufs Meer und checken erstmal alle umliegenden Bäume auf Stabilität und Kletterbarkeit aus. In der Nähe sitzt eine Gruppe Anwohner, sie wirken entspannt. Wir fragen nach, sie diskutieren kurz, haben aber keine Warnung erhalten. Online finden wir schnell einige Infos: Ein Seebeben vor der Küste Yogyakartas, etwa 200 Kilometer von uns entfernt, hat uns aus dem Schlaf geholt. Nach einer Viertelstunde hat einer der Anwohner genauere Informationen und versichert uns "aman, aman" - alles sicher. Das Beben war zwar im Meer, aber seine Stärke von 5,8 reiche nicht, um einen Tsunami auszulösen. Wir klettern trotzdem mit einem leicht mulmigen Gefühl zurück ins Zelt.

    Episode 4: In der nächsten Nacht stellen wir das Zelt wieder neben einem Strandlokal auf. Es ist keine laute Straße oder Moschee in der Nähe, wir wissen, wo der Tsunamifluchtweg ist und haben die Regenplane auf das Zelt gespannt. Was kann da noch schiefgehen? Gegen 21 Uhr beschließt der Lokalbetreiber, dass es nun noch Zeit für eine Karaoke-Einlage wäre, obwohl kein einziger Gast mehr zugegen ist. Nach so vielen Schlafunterbrechungen ist uns das egal - wir lassen uns von der indonesischen Hitparade in den Schlaf singen und schlafen endlich durch.
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  • Radeln, wo Indos Urlaub machen

    2 июля 2023 г., Индонезия ⋅ ⛅ 28 °C

    Weiter entlang der Südküste Javas bleibt es im Wesentlichen flach, ländlicher und verkehrsärmer, so dass wir entspannt von Strand zu Strand radeln. Am Nachmittag sitzen die Männer rauchend auf den Terrassen, Frauen treffen sich in den Hinterhöfen, schmeißen die Haudhalte und Läden oder tanzen bei lauter Musik Aerobic-Fitness-Choreografien. Auf den Straßen fahren neben den irrsinnig vielen Mopeds sogar vereinzelt Fahrräder und Fahrrad-Rikschas, die wir ermutigend grüßen.

    Da Elias' Hinterrad-Mantel langsam heruntergefahren ist und das grüne Innenmaterial durchscheint, suchen wir in den kleinen Fahrradwerkstätten am Straßenrand nach Ersatz. Das ist nicht ganz einfach, da hier überwiegend 26-Zoll-Fahrräder gefahren werden, wir aber mit 28 Zoll unterwegs sind. Als wir wenig hoffnungsvoll in einem kleinen Dorf bei einer Fahrradwerkstatt anhalten, taucht nach kurzer Zeit der Besitzer auf: Michael kommt ursprünglich aus der Schweiz, hat sich mit Anfang 20 in eine Indonesierin verliebt und lebt nun seit 30 Jahren mit seiner Frau auf Java. Er hat tatsächlich einen passenden Mantel für uns und wir freuen uns darüber, unsere Eindrücke von Indonesien mit ihm zu teilen. Nach zwei Stunden Pause, Kaffee und einem leckeren Mittagessen radeln wir, mit neuem Reifen, weiter zu einem Zeltplatz, den er uns empfohlen hat.

    Es ist Ferienzeit und dazu noch ein langes Wochenende: Die Strandorte an der Südküste sind voller indonesischer Tourist:innen. An den Stränden und im Meer spielen Kinder; Großfamilien haben Strandvillen gemietet oder zelten gemeinsam an der Küste. Wir stellen unser Zelt einfach dazu, beobachten das bunte Treiben und freuen uns, wenn wir einige Zeit unentdeckt bleiben, um nicht zu viele Fotos machen zu müssen.

    Am letzten Abend wollen wir für den nächsten Tag einen Minibus in den Großraum Jakarta organisieren. Einen Busbahnhof gibt es in diesem Ort allerdings nicht. Wir sehen einen geparkten Bus und fragen in der Nähe herum. Herr Dahlan betreibt nebenan einen kleinen Laden für Cappys und Gürtel und spricht ein wenig Englisch. Nach zwei Telefonaten hat er uns für den nächsten Morgen um 6 Uhr einen Minibus bei einem "besonders sicheren Fahrer" organisiert. Auch mit einem Schlafplatz kann er uns helfen: Sein Bruder betreibt ein Restaurant am Strand, vor dem wir zelten dürfen. Kurz vor der Verabschiedung finden wir zum Glück noch heraus, dass er die Zahlen 6 und 7 verwechselt hat, wir können also eine Stunde länger schlafen.

    Am Strand treiben sich zum Anbruch der Dunkelheit einige Jugendliche herum. Ein Grund zur Sorge? In Indonesien sicher nicht: Wir bemerken zunächst die verstohlenen Blicke, dann nähern sie sich scheinbar zufällig. Als sie kichernd bei uns angekommen sind, fragen sie erst schüchtern und aufgeregt nach den obligatorischen Fotos mit uns. Besonders Rebecca tut es dem weiblichen Teil der Gruppe an und wird später in jeglicher Konstellation abgelichtet und sofort auf Instagram, TikTok und co. geteilt.

    Am nächsten Morgen sind die Fahrräder schnell mit Paketschnur auf dem Dach des Busses befestigt, das letzte Selfie mit der Tochter von Herrn Dahlan geknipst und dann geht es auch schon los: Um ins 200 Kilometer entfernte Bogor, einen Vorort Jakartas, zu kommen, müssen wir umsteigen und brauchen insgesamt einen ganzen Tag. Teils in vielen engen Kurven, teils einfach steil geradeaus geht es über drei kleine Bergrücken, durch die Teeplantagen des Hochlands und schließlich hinab in die Ebene von Jakarta. Zum Glück sind die Straßen gerade frisch geteert - das liegt wohl daran, dass im Frühjahr Wahlen anstehen.

    Doch auch die beste Straße ändert nichts am Verkehr, der stetig zunimmt und 40 Kilometer vor dem Ziel komplett zum Erliegen kommt. Es ist der Montag nach einem langen Wochenende und halb Jakarta scheint auf dem Rückweg von einem Naherholungsgebiet zu sein. Für die letzten 25 Kilometer nach Bogor berechnet Google Maps eine Fahrtzeit von über zwei Stunden. Unser Minibusfahrer ist klug und holt sicher 5 Minuten heraus, indem er vermeintliche Abkürzungen über enge, steile und löchrige Straßen umliegender Bergdörfer Orte nimmt. An besonders engen Stellen sammeln die Dorfbewohner eine kleine Gebühr für den Verkehr im Ort ein.

    Die Bremsscheiben des Busses halten durch und auch die Paketschnur um die Fahrräder bleibt fest. So erreichen wir nach einem langen Tag im Bus Bogor und damit den Ballungsraum Jakarta.
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  • 75 Kilometer föderale Fahrradeskorte

    6 июля 2023 г., Индонезия ⋅ 🌧 31 °C

    Wir erreichen Jakarta, die Hauptstadt Indonesiens. Auf dem Papier hat die Stadt mit 10 Millionen Einwohner:innen schon eine stattliche Größe, doch die gesamte Metropolregion Jabodetabek ist mit insgesamt 34 Millionen Menschen noch beachtlicher.

    Wir übernachten im Garten von Hendro und Hanni, die wir über WarmShowers kontaktiert haben. Sie wohnen am Stadtrand der Satellitenstadt Tangerang in einem ruhigen Wohnviertel. Hanni umsorgt uns mit frisch gekochtem Essen, es gibt einen Schlafplatz im Garten, eine Dusche und eine Waschmaschine - mehr brauchen wir nicht, um uns wohl zu fühlen. Eine kleine Anekdote am Rande: Bei Hendro hat vor 7 Jahren auch Dennis Kailing übernachtet, dessen Reisefilm "Besser Welt als Nie" uns zu der Tour durch Indonesien inspiriert hat.

    Am nächsten Tag steigen wir mit den Fahrrädern in die Metro, die uns in das Stadtzentrum Jakartas bringt. Hier sehen wir monumentale Gebäude und seit langem wieder glänzende Hochhäuser, ein geregeltes ÖPNV System und Shoppingmalls.

    Doch Jakarta bleibt Indonesien. Die Autos und Motorräder strömen bzw. stehen in der ganzen Stadt. Hatten wir eigentlich geplant den Verkehr so weit es geht zu meiden, werden wir am Ende 75 Kilometer durch die Straßen Jakartas gefahren sein - unter anderem dank Hendro. Er ist passionierter Fahrradfahrer und pendelt seit Jahren täglich 25 Kilometer (pro Richtung!) mit dem Fahrrad in die Innenstadt Jakartas. Auf dem Rückweg zeigt er uns sein Jakarta und wie er sich mit dem Rad durch den Verkehr schlängelt. Es gibt zwar ruhige Nebenstraßen, diese sind aber nur ruhig, weil dort alle zehn Meter Bodenschwellen liegen, die man auch mit dem Fahrrad nur in Schrittgeschwindigkeit überqueren kann - also bleiben nur die verstopften Hauptstraßen.

    In einem Café neben dem Nationalstadion treffen wir seine Fahrrad-Gang, die regelmäßig nach der Arbeit gemeinsam zurückradelt. Nach dem gemeinsamen Feierabendgetränk (hier: Kaffee) stürzen wir uns zu zehnt in den abenteuerlichen Verkehr. Wir schlängeln uns an den Autos vorbei und nutzen unsere Arme so deutlich als Handzeichen (Anwendungsfall der Lehrinhalte aus Footprint Nr. 15, Albanische Äpfel), dass jede:r Berliner Kampfradler:in einpacken könnte.

    In der Gruppe fühlen wir uns trotz Dunkelheit im dichten Verkehr sicher. Es ist zwar chaotisch, aber insgesamt sind alle Verkehrsteilnehmer:innen erstaunlich ruhig. Es wird gehupt, doch mehr freundlich als aggressiv. In ganz Indonesien haben wir noch keine:n Moped- oder Autofahrer:in Fluchen gehört.

    Die letzte Nacht in Indonesien verbringen wir bei den Federalisten - einem Fahrrad-Klub, der in ganz Indonesien aktiv ist. Hier werden alle unsere Erlebnisse indonesischer Gastfreundschaft auf eine fast schon unangenehme Weise potenziert. Morgens werden wir von einer Eskorte aus 10 in Trikots uniformierten Federalisten abgeholt und für die nächsten 30 Stunden nicht mehr alleine gelassen. Zunächst werden wir zum Clubhaus gebracht. Dort werden uns im Halbstundentakt neue Mitglieder der Federalisten vorgestellt. Die meisten können kein Englisch und so übersetzt der Anführer Rai die immer ähnlichen Fragen. Die meisten Gäste bringen lokale Spezialitäten mit, die uns mit sanfter Gewalt und dem Kommentar "Must Try!" in die längst übervollen Mägen gestopft werden (Nach dieser Erfahrung wollen wir uns in Zukunft gegen Foie Gras engagieren). Wie immer werden wir anschließend in sämtlichen Konstellationen fotografiert und dieses Mal auch gefilmt, wobei unser immer gequälter werdendes Lächeln nicht weiter negativ auffällt. Das geht bis in die späten Abendstunden so weiter und wir müssen hart verhandeln, damit das Programm am nächsten Morgen erst um acht und nicht schon um sieben weitergeht.

    Wir übernachten im Gebetsraum des Clubhauses, der immer für indonesische sowie ausländische Gäste zur Verfügung steht. Zur Sicherheit werden nachts zwei Federalisten abgestellt, die im Vorraum des Clubhauses auf dem Sofa schlafen. Es ist alles sicher nett gemeint, auch wenn wir wiederholt betonen, dass es nicht notwendig sei und wir statt dem ganzen Programm auch einfach mit einem Schlafplatz zufrieden wären.

    Am nächsten Morgen geht das Programm weiter, bis wir, wiederum nach harter Verhandlung, um 14 Uhr aufbrechen dürfen. Nur noch von zwei Federalisten begleitet, erreichen wir die Altstadt Jakartas, wo wir ein paar letzte Fotos knipsen, bevor wir von dort aus endlich unbeaufsichtigt weiter zum Hafen fahren können. Um 23 Uhr legt die KM Kelud ab. Auf ihr werden wir anderthalb Tage bis kurz vor Singapur fahren.
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  • Barfuß nach Singapur

    9 июля 2023 г., Индонезия ⋅ ☁️ 28 °C

    Aus Jakarta nehmen wir die Langstreckenfähre, die uns bis Batam, einer indonesischen Insel kurz vor Singapur, bringt. Die Fähre hat eine Kapazität von mindestens 2000 Personen und im Gegensatz zur ersten Langstreckenfährfahrt nach Flores, haben wir dieses Mal sogar Betten mit Gummimatten im 70-Personen-Schlafsaal auf dem Unterdeck bekommen.

    Die Fähre braucht knapp anderthalb Tage, um die Strecke von 1000 Kilometern zu überwinden. Trotzdem geht die Zeit schnell vorbei. Wir lassen die Eindrücke aus Indonesien Revue passieren, schlafen, trinken Kaffee auf dem Außendeck und freunden uns mit unseren Bettnachbar:innen an, die regelmäßig zur Bordmoschee, zur Essensausgabe oder mit Instantnudeln zum Samowar pilgern.

    Die Fahrräder haben wir ein Deck weiter oben geparkt und am nächsten Tag kommen wir sicher und mit unserer Ausrüstung an. Mit der ganzen Ausrüstung? Nicht ganz, Rebeccas Flip-Flops haben es nicht geschafft: Sie hatte diese nur kurz verliehen und dann sind sie von Fuß zu Fuß weitergewandert und wohl in den ewigen Weiterverleihzyklus übergegangen, den wir bisher nur von Kugelschreibern kannten. Wer weiß, an welchen Füßen und auf welcher Insel sie die KM Kelud verlassen haben...

    In Batam geben wir unsere letzten Rupiah aus und steigen auf das Schnellboot nach Singapur um. Waren wir schon im November kurz in Singapur, haben wir dieses Mal etwas mehr Zeit für die Hochglanz-Metropole mitgebracht. Wir übernachten, wieder über WarmShowers, bei Heiko und Hannah, die ab 2018 von Hamburg nach Singapur geradelt und nun dort geblieben sind. Sie wohnen in einer Hochhaussiedlung am Stadtrand. An ihrer Wohnzimmerwand hängt eine riesige Weltkarte, anhand derer wir uns gegenseitig von unseren Fahrradreisen erzählen und von zukünftigen träumen.

    Hier bekommen wir einen Einblick in das Alltagsleben der Stadt: Besonders an Singapur ist, dass die Hochhaussiedlungen sehr belebt sind; alle paar Blocks gibt es Hawker-Center, die aus einer Menge günstiger Essensstände und einer großen Fläche mit Tischen und Stühlen bestehen. Die Atmosphäre in Mitten der 10 bis 15-stöckigen Hochhäuser ist entspannt und fühlt sich fast nachbarschaftlich an.

    Außerdem macht Hedda, eine Freundin von Rebecca, gerade Urlaub in Südostasien. Gemeinsam erkunden wir den botanischen Garten und schlendern durch die Stadt. Auch mit Arin und Wasil, die wir bereits im November getroffen haben (vgl. Footprint 20: Zwischenhalt in Singapur), schaffen wir ein kurzes Wiedersehen. Es tut gut, zwischen den vielen neuen Begegnungen und dem Smalltalk wieder bekannte Gesichter zu sehen.

    Am dritten Tag radeln wir über eine alte Bahntrasse zum Nordende des Stadtstaats. In Singapur ist eigentlich alles genauestens reguliert und beschildert, aber der offizielle Grenzübergang für Fahrräder wirkt äußerst improvisiert: Zunächst muss man über eine bestimmte Nebenstraße Richtung Grenzübergang fahren, dann zwischen den Autos zum Terminal - vor dem man die Fahrräder aber durch eine Barriere auf die Moped-Spur manövrieren muss - diese kommt direkt von der Autobahn und ist für Fahrräder daher nur auf diesem Schleichweg zu erreichen. Dort werden wir zwischen Hunderten von Motorrollern in die falsche Schlange gelotst und müssen die bepackten Räder über eine weitere Barriere heben.

    Kurz darauf bekommen wir einen neuen Stempel in den Pass und der Motorradfahrer neben uns ruft "Welcome to Malaysia", bevor er weiterdüst. Am Ende der Brücke nach Malaysia erreichen wir wieder das eurasische Festland.
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