Argentinien/Chile 22/23 Teil 3

January - February 2023
A 34-day adventure by Martin & Regine Read more
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  • Day 34

    Fussmarsch zum Glaciar Los Exploradores

    February 18, 2023 in Chile

    Puerto Tranquilo, Samstag, 18. Februar 2023

    Die Grosszahl der Touristen hier in Puerto Tranquilo lassen sich entweder zur Laguna San Rafael oder zur Begehung der Gletscherzunge des „Los Exploradores“ fahren/führen; wir hingegen haben anderes im Sinn.
    Da wir herausgefunden haben, dass es eine 5-Stunden-Wanderung entlang des Exploradores-Gletschers gibt, die man - nach Begleichung der Eintrittsgebühr - auch alleine machen kann, bringt uns nichts mehr von dieser Idee ab.
    Durch Vermittlung von Ximena (der Dame von der Marmor-Kapelle) haben wir Kontakt zu ihrer Kollegin Kimberley (Kim) aufgenommen und handeln den Transport hin zum 50 km entfernten Eingang des Nationalparks und zurück aus. Das kostet uns zwar fast 100 Euro, aber schon eine kurze Begehung des geröllübersäten Gletschers (mit Gruppenführung) wäre auf das Doppelte gekommen und dies ohne schöne Wanderung.
    Und zur Laguna San Rafael fährt man drei Stunden im Auto und dreieinhalb Stunden im Schiff hin und dasselbe wieder zurück nach Puerto Tranquilo, nur um die Gletscherzunge am Ende der Lagune zu sehen und hoffentlich einen Eisabbruch. Dafür scheinen uns 200 Euro pro Person übertrieben (und die Fahrt zu lang), und einen grossen Gletscher aus der Nähe werden wir (hoffentlich) mit dem Perito Moreno sehen…
    Kim holt uns wie vereinbart um 9 Uhr im Hostal ab und wir fahren gut zwei Stunden über eine ganz üble Schotterstrasse „weit nach hinten“ zum Nationalpark, der erst vor wenigen Jahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Mit insgesamt 4400 Quadratkilometern zählt dieser Park zum nördlichen Eisfeld (Campo de Hielo Norte), in dem sich unzählige Gletscher befinden, unter anderem San Rafael, Leones und Exploradores.
    Unterwegs halten wir noch am Lago Tranquilo (der dem Ort seinen Namen gegeben hat) sowie an einem tosenden Wasserfall, dem „Cascada de la Nutria“ (Biber), damit Regine ein paar Fotos machen kann.
    Am Parkeingang registrieren wir uns (wie gewohnt) und entrichten den Eintritt (10 Euro pro Person). Besucher ab 60 Jahren zahlen nichts; allerdings nur chilenische. Für ausländische Naturliebhaber gibt es wie üblich keine Ermässigung.
    Da unsere Chauffeurin die Dame am Empfang kennt und somit keinen Eintritt bezahlen muss, kommt Kim heute ausnahmeweise als unser privater Guide mit:-)

    Zu dritt wandern wir los, gut eine Stunde dem Tosen des Rio Exploradores entlang und durch einen immergrünen Märchenurwald. Es geht rauf und runter, und an schwierigen Passagen hat die Parkverwaltung Brücken und Treppen aus Holz angebracht, was den Eintrittspreis rechtfertigen soll. Martin erklärt Kim, dass es in der Schweiz 25000 km gut unterhaltene Wanderwege gibt, deren Benutzung nichts kostet; sie kann es kaum glauben…
    Immer wieder eröffnen sich prächtige Ausblicke auf die Gletscherzunge und die hoch aufragenden Berge. Aber der Monte San Valentin (mit 4056 m der höchste Berg Patagoniens) und der eigentliche Gletscher „Los Exploradores“ bleiben uns vorläufig verborgen.
    Der Berg versteckt sich verschämt hinter Wolken, der Gletscher hinter einer Biegung des Tales. Aber nach einer guten Stunde können wir den ganzen Gletscher sehen: Eindrucksvoll, bis 2 km breit und bis zu 400 m dick zieht er sich das Tal und dann die Flanke des San Valentin-Massivs hoch. Davon sind wir aber noch mindestens 8 km entfernt. Wenn wir schon bei den Zahlen sind: Die Gletscherzunge (wie auf den Fotos sichtbar) liegt nur zweihundert (ja, richtig gelesen!) Meter über dem Meeresspiegel. Für uns Europäer - mit dem Blick auf die Alpen - ist das kaum vorstellbar. Der Pazifik ist Luftlinie allerdings auch nur circa 200 km entfernt…
    Weiter geht es bis zur Abzweigung zu den zwei Miradores (Aussichtsplattformen), wo wir uns - vorläufig - von Kim trennen, die nur die tiefer gelegene besuchen will, wir aber beide.
    Ein kurzer Aufstieg bringt uns zur höher gelegenen Plattform 1, von wo sich sowohl der San Valentin (immer noch etwas in den Wolken) sowie der Gletscher gut überblicken lassen. Lange können wir aber nicht verweilen, denn wir wollen ja noch zu Kim und der Park schliesst um 17 Uhr.
    Schon auf dem Hinweg haben wir Grüppchen von Touristen gesehen, die Ameisen gleich - geschützt mit blauen Helmen (Man könnte ja in eine Gletscherspalte fallen!) - im Gänsemarsch über die braune Gletscherzunge wandern. Auch Kim kann als Guide nicht wirklich verstehen, was sie antreibt: Man geht auf braunem Geröll, erahnt unter sich das Eis, sieht vom Gletscher selber gar nichts und nur wenig vom Gebirgsmassiv weiter hinten im Tal.
    Auf der unteren Plattform gibt uns Kim noch Daten zum Exploradores-Gletscher (Er verliert jeden Tag im Schnitt 5 cm an Dicke.) und benennt die umliegenden Berge; die meisten Gipfel haben - da bisher unbestiegen - keinen Namen…
    Der Rückweg zum Eingang gestaltet sich einfach (Es geht vorwiegend runter :-), aber wir drehen uns oft um, um noch letzte Eindrücke der wahrhaft prächtigen Landschaft zu erhaschen. Und als ob es uns verabschieden wollte, zieht ein Condor-Paar seine Kreise über uns, immer weiter sich mit den grossen Schwingen in die Höhe tragen lassend. Wir schauen so lange fasziniert zu, dass es leider nur zu einem kurzen Video gereicht hat.
    Um 17:15 Uhr erreichen wir den Eingang, aber die Verwaltung hat bereits geschlossen; kein Problem, denn Kim kennt ja die Damen hier und wir verabschieden uns durch das Tor auf Distanz.
    Auf dem Rückweg plaudert Martin (auf dem Vordersitz) über dies und das mit Kim, während Regine auf dem Rücksitz so gut wie nichts mitbekommt, weil der Wagen - auf dem Schotter durchgerüttelt - einen enormen Lärm macht.
    Wir sind ganz berauscht von dem tollen Tag und brauchen nur noch Brot aus der nahegelegenen Panadería für das Abendessen: ein kleiner Rest Linseneintopf von gestern und als Hauptgang Pastel de Choclo (Maisbrei mit Fleisch). Beides haben wir gestern bei einem lokalen Food Truck gekauft - frisch zubereitet.
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  • Day 33

    Kapelle und Kathedrale aus Marmor

    February 17, 2023 in Chile

    Puerto Tranquilo, Freitag, 17. Februar 2023

    Wir haben beide nicht gut geschlafen, wobei wir nicht wissen warum: An den Hunden kann es nicht liegen, denn die wenigen hier im Ort schlafen in der Nacht seelenruhig :-)
    Zum Glück können wir heute etwas liegen bleiben, denn unser nächstes Rendezvous ist erst um 10:30 Uhr am Hafen.
    Dort haben wir die „kleine Tour“ zur Marmorkapelle und -kathedrale gebucht. Beide sind das Wahrzeichen von Puerto Tranquilo und nur per Boot erreichbar. Es handelt sich um riesige Marmor-Formationen, die als Inseln aus dem See ragen und durch den Gletscher in der letzten Eiszeit vor circa 20000 Jahren und durch das Seewasser geformt wurden. Dabei sind auf der Höhe des Wasserspiegels Kavernen und Höhlen entstanden, die man zum Teil befahren kann.
    Mit zehn anderen Passagieren führen uns Franco am Steuer und Gualdo als Guide im Schnellboot hin. Gualdo entpuppt sich als wahrer Schelm, der gern einmal ein Scherzchen macht und zudem ganz passabel Englisch spricht.
    Obwohl wir einen der hier seltenen Hochsommertage mit eitel Sonne und heissen (!) 16 Grad erwischt haben, bläst uns der Südwind bei der rasanten Hinfahrt mächtig um die Ohren. Regine hat vorsichtshalber mit Mütze und Schal gut vorgesorgt, Martin hingegen mimt den starken Mann.
    Dank der schnellen Fahrt sind wir knapp 15 Minuten bei den circa 5 km entfernten Inseln und Franco steuert das Fiberglasboot mit unglaublicher Präzision in eine enge Kaverne; nicht auszudenken, was passieren würde, wenn er auf einen spitzen Fels fahren würde! Es wurden zwar Schwimmwesten verteilt, sie machen uns aber nicht den besten Eindruck und das Wasser ist - laut Regine - nur etwa 12 Grad „warm“!

    Eifrig werden Hunderte von Fotos geschossen, obwohl die Optik trotz schönen Wetters nicht die beste ist und die Marmorkavernen zwar eindrucksvoll, aber (zumindest für Martin) keineswegs spektakulär sind. Regine hingegen ist „hin und weg“ … Wir sind eben nicht immer derselben Auffassung.
    Martin ist mehr beeindruckt von der helltürkisen Farbe des Wassers. Gualdo erklärt ihm, dass sich die Färbung durch Iridium (ein chemisches metallenes Element) ergibt, das mit dem Schmelzwasser des Gletschereises im Sommer in grosser Menge in den See gelangt. Im Winter sei der See eher blau bis dunkelblau, weil es dann wenig Schmelzwasser gebe. Und Martin dachte - dank seiner seiner Wandererfahrung in der Schweiz -, der Grund für die helle Farbe von Gebirgsflüssen sei die niedrige Wassertemperatur…

    Jetzt geht es zu den zwei Highlights, der „Kapelle“ und der „Kathedrale“ und jemand fragt nach dem Grund für die beiden Namen. Gualdo antwortet scherzhaft, man wisse es nicht genau, aber es kursiere die Legende, dass sich hier schon Paare das Jawort gegeben hätten.
    Beide Formationen weisen mehrere befahrbare Höhlen auf, die Kathedrale sogar einen Tunnel mit Ein- und Ausgang, der aber seit Jahren nicht mehr befahren werden darf, weil Touristen (chilenische, wie Gualdo frotzelt) die Wände bekritzelt haben. Wir umrunden daher nur das Monument und preschen in rasanter Fahrt zurück nach Puerto Tranquilo.

    Das ganze Spektakel hat insgesamt nur zwei Stunden gedauert und so haben wir Zeit, den Ausflug am Samstag zum Gletscher „Los Exploradores“ genauer zu planen. Wie im gestrigen Footprint erwähnt, wollen wir diese Tour auf eigene Faust durchziehen, finden aber niemanden, der uns zu einem vernünftigen Preis die 40 km hin- und nach 6 Stunden wieder zurückfährt.
    Erneut hilft uns Ximena (sprich: Chimena) weiter, die freundliche junge Dame vom „Marmorstand“, und vermittelt uns Kimberley, die uns morgen in einer Privatsession den ganzen Tag begleiten wird. Und weil wir auf die angebotene „Lunchbox“ dankend verzichten, kommt uns das Ganze sogar noch etwas günstiger zu stehen als gedacht.

    Da wir diesen Ausflug jetzt „festgemacht“ haben, spazieren wir noch etwas herum und kaufen bei der älteren Marktfrau (eine fliegende Händlerin) einen grossen Pfirsich und eine „Essgurke“ (fruta de pepino); ihr Geschmack liegt irgendwo zwischen Gurke, Melone und Birne.
    Dann geht es zurück ins Hostel, wo Martin ein längeres Nickerchen macht und Regine fleissig am Blog arbeitet: Die Gerechtigkeit ist halt nicht immer gleichmässig verteilt :-)
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  • Day 32

    Puerto Tranquilo, Donnerstag, 16. Februar 2023

    Es hat draussen 0 Grad (und im über Nacht ausgekühlten Schlafzimmer des kaum isolierten Holzhauses nicht viel mehr!!), als wir um 8 Uhr aufstehen, um unsere Habseligkeiten in die Rucksäcke zu packen.
    Ein schneller Kaffee und wir marschieren ins Dorf, wo der Bus um 10 Uhr abfährt. Aber (wie so oft) wissen wir nicht genau, wo…
    Zum Glück sind wir etwas früher unterwegs und sehen, dass der Bus an uns vorbeifährt und hält - nur einfach nicht dort, wo wir ihn erwartet hätten :-)
    Alle Sitzplätze sind belegt und wir sind froh, dass wir in Coyhaique rechtzeitig reserviert haben. Andere Touristen, die spontan mitfahren möchten (wie Marin und Clémence aus der Ardèche, die wir nun schon zum dritten Mal auf unserer Strecke treffen), haben hingegen Pech und müssen vermutlich per Anhalter reisen. Wenn man etwas Geduld mitbringt, ist das hier kein Problem: Die Chilenen sind es gewohnt, Fahrgäste mitzunehmen - manchmal aber nur hinten auf der Ladefläche des Pick-ups. Nur gelenkig und etwas sportlich sollte man sein, denn zum Hochkommen fehlt die Leiter!

    Noch vor 10 Uhr geht es schon los: Der Fahrer hat mit einem Blick gesehen, dass alle Plätze besetzt sind, folglich müssten auch alle Fahrgäste eingestiegen sind. Wieso sollte er noch länger warten…? Auch auf die namentliche Kontrolle verzichtet er - ganz im Gegensatz zu den Chauffeuren in Argentinien. Andere Länder, andere Sitten!
    Zuerst fahren wir auf der breiten, asphaltierten Carretera Austral (die offiziell „Ruta 7 Sur“ heisst), dem Rio Ibañez entlang Richtung Südosten. Nach knapp 20 Kilometern Fahrt ist aber Schluss mit lustig und mit gemütlicher Fahrt: Hier beginnt einer der berüchtigten Abschnitte, welche die Chilenen „ripio“ nennen, also Schotterstrasse. Und die hat es in sich!
    Meistens hat es mehr Schlaglöcher als unversehrten Belag, was unseren Fahrer aber nicht dazu veranlasst, das Tempo zu drosseln.
    Er jongliert den Bus in wildem Zickzack zwischen den Löchern hindurch und benutzt dazu - falls nötig - auch die linke Fahrbahn. Nur bei ganz grossen Lücken, die nicht umfahren werden können, tritt er abrupt auf die Bremse - wohl damit das Fahrzeug keinen Achsbruch erleidet!
    Der Wagen ist ohnehin schon gehörig malträtiert und auch die Windschutzscheibe ist von zig Rissen durchzogen, vermutlich eine Folge des Steinschlags durch andere Fahrzeuge.
    So geht es die restlichen 100 km weiter und nur die prächtige Landschaft mit wild reissenden Flüssen, grossen Sumpfgebieten, Wäldern, die sich die Steilhänge hochziehen und immer wieder Ausblicke auf majestätisch wirkende Schneeberge entschädigen uns für das Durchgeschütteltwerden.
    Unser Gepäck haben wir oben auf der Ablage gut verstaut, denn alles, was nicht niet- und nagelfest ist, fällt früher oder später herunter.
    Die Carretera Austral ist eine 1240 km lange Strasse, die durch den nördlichen Teil des chilenischen Patagonien führt und bis 1982 vollkommen unbefestigt war. Heute fehlen noch etwa 180 km Asphalt. Sie gilt als die schönste Fernstrasse der Welt und verbindet ihren nördlichsten Punkt, Puerto Montt (im chilenischen Seendistrikt), und ihren südlichsten Punkt, Villa O*Higgins (in der Region Aysén). Sie erstreckt sich über ein Gebiet, das im Osten durch die Anden von Argentinien getrennt und im Westen durch die engen Fjorde und Kanäle des Pazifiks begrenzt ist. Die Ruta 7 Sur ist nach wie vor die einzige Strasse, die Puerto Montt mit den abgelegenen Regionen Patagoniens verbindet. Diese Gegend gehört zu den am wenigstes bewohnten in Chile; im Durchschnitt lebt hier weniger als eine Person pro Quadratkilometer.
    Die Carretera Austral ist auch Teil der „Ruta de los Parques“, einer Initiative, die sich über 2735 Kiloeter von Puerto Montt bis zur äussersten Spitze Patagoniens am Kap Horn erstreckt und 17 chilenische Nationalparks zusammenführt.
    Hier sind wir nun also unterwegs und mit Sicherheit können wir beim Thema „Schnelles Fahren auf Schotterstrassen“ nun mitreden!

    Endlich sehen wir an der Mündung des mächtigen Rio Murta den Lago General Carrera, der mit 1850 Quadratkilometer mehr als dreimal so gross ist wie der Bodensee und angeblich der grösste See Chiles sein soll (den argentinischen Anteil des Sees nicht mit eingerechnet.) Er hat eine unglaubliche Farbe zwischen Blau und Türkis. Am Horizont ragen die ersten Gipfel Südpatagoniens auf. Ein umwerfender Eindruck!
    Nach drei Stunden Schüttelbus kommen wir in Puerto Tranquilo an, das seinen Namen vom Flüsschen am Ort hat und nicht von seiner Verschlafenheit - wobei wir später feststellen, dass es trotz der vielen Touristen hier sehr gemächlich zugeht.
    Es ist ein friedlicher Ort, der zwar ganz auf den Tourismus ausgerichtet ist, aber noch keine Zeichen europäischer Exzesse aufweist. Wir frotzeln, dass dies ja nur daran liegt, dass die Chilenen wenig geschäftstüchtig sind. Jede Medaille hat zwei Seiten :-)
    Das kleine Dorf hat viel Charme und mit seiner Lage direkt am See natürlich grosse Anziehungskraft. Das zeigt sich unter anderem an den am Strand aufgereihten Wohnmobilen, die aus allen Herren Ländern (unter anderem auch aus Deutschland) stammen.

    Jetzt machen wir uns daran, die Ausflüge für die kommenden Tage zu organisieren: Ein Muss ist die „Marmorkathedrale“, eine geologische Spezialität ganz in der Nähe, aber im See befindlich und darum nur per Boot erreichbar. Wir buchen für morgen, Freitag.
    Eine weitere Sehenswürdigkeit ist der Nationalpark San Rafael, aber dafür fährt man lange und die Tour kostet gegen 200 Euro pro Person (den Eintritt in den Park nicht mitgerechnet). Das erscheint uns dann doch ein wenig viel und wir planen folgende Variante: mit dem Auto nur bis zum Eingang des näher liegenden „Glaciar Exploradores“ zu fahren und dort auf eigene Faust den Weg bis zur Gletscherzunge zu wandern. Aber wir haben ja kein Auto!
    Die hilfsbereite junge Frau, bei welcher wir die Fahrt zur Marmorkathedrale buchen, gibt uns verschiedene Kontakte an und wir versuchen alles, um auf eigene Faust etwas zu organisieren, kommen aber auf keinen grünen Zweig. Ein einziges Angebot über 80000 Peso (95 Euro) nur für die Fahrt schlagen wir aus.

    Wir machen noch einen Spaziergang dem Rio Tranquilo entlang und kaufen Lebensmittel ein. Dann geht es zurück ins Hostal „La Gilberta“, wo wir ein Zimmer mit drei Betten, jedoch mit gemeinsamem Bad mit einem Nachbarzimmer belegen. Wir sind aber angesichts der immer weiter steigenden Preise schon froh, überhaupt eine Bleibe zu einem vernünftigen Preis gefunden zu haben…
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  • Day 31

    Der Berg ruft! Wir gehen hoch…

    February 15, 2023 in Chile

    Villa Cerro Castillo, Mittwoch, 15. Februar 2023

    Die Hauptattraktion von Villa Cerro Castillo ist der gleichnamige Nationalpark. Im Park selbst dominiert der Cerro (Berg) Castillo, der 2600 m hoch über dem Dorf thront.
    Die eigentliche „Perle“ ist aber die Laguna Cerro Castillo, die sich etwas schüchtern hinter einer Art „Vorberg“ und direkt vor der senkrechten Steilwand des Cerro auf 1400 m präsentiert. Alle wollen sie selbstverständlich sehen! Wir auch!

    Wir brechen um 8 Uhr auf und müssen zuerst die 5 km Schotterpiste bis zum offiziellen Parkeingang hinter uns bringen. Das Gehen ist mühsam, zumal wir von den vielen (sehr zügig!!) vorbeifahrenden Autos mit nicht gerade wenig Staub eingedeckt werden. Denn nur zwei Autofahrer reduzieren ihre Geschwindigkeit mit Rücksicht auf uns.
    Wir benötigen gut eine Stunde bis zum Eingang.
    Dort angekommen, sehen wir vor uns eine Traube von meist jungen Leuten, die auf Einlass warten. Wir sind ja schon einiges an Formalitäten und Kosten gewohnt, aber hier legen sie noch einen drauf: Obwohl drei Damen bei der Registrierung arbeiten, gibt es nur eine einzige Warteschlange. Alle Besucher müssen zwingend ein Formular der privaten Betreibergesellschaft ausfüllen (mit den üblichen überflüssigen Angaben) und dann noch ein Formular der staatlichen Parkverwaltung mit denselben Angaben. Da nur ein Kugelschreiber vorhanden ist, dauert das Ganze entsprechend lange. Martin lässt seinen Kugelschreiber zirkulieren, was das Verfahren schon mal etwas beschleunigt.
    Der Gipfel ist aber der Eintrittspreis: 18000 chilenische Pesos (21,35 Euro) pro Person! Und was wird dafür geboten? Eine fein säuberliche Kontrolle und Information zu allen Verboten am Eingang des Parks und Stunden später - etwa 45 Minuten vor dem Steilaufstieg - beim Zugang zur Lagune eine erneute Kontrolle der Tickets. Man hätte ja einen anderen Weg nehmen, sich den Eintritt sparen und somit den Zugang „erschleichen“ können. Verkauft wird diese zweite Kontrolle jedoch unter dem Thema „Verantwortung für den Parkbesucher“,

    Martin „is not amused at all“ und lässt es die diensthabende Dame spüren. Natürlich nur verbal! Sie pariert den Angriff geschickt, indem sie Martin auf Französisch antwortet :-)
    Nun kann es losgehen: Zuerst klettern wir mit einer Holzbrücke über den Elektrozaun (der natürlich der Parksicherung (!) dient, beziehungsweise der Sicherung der Einnahmequelle.
    Dann geht es bald steil hoch und wir schalten in den „Entengang“, immer eingedenk unserer bergwanderischen Erfahrungen: Der Weg ist noch weit und wir haben es nicht eilig…

    Wir werden von immer mehr gestresst wirkenden Wanderern überholt, lassen uns aber nicht aus unserem gemächlichen Rhythmus bringen.
    Zuerst geht es durch lichten Wald, später folgen Wiesen und heideartige Felder. Immer wieder schauen wir zum Cerro hoch. Imposant und mächtig thront er über allem und Regine knipst ihn sicher 100 Mal.
    Nach gut dreieinhalb Stunden kommen wir beim Zwischenhalt auf 1000 m an und werden - wie beschrieben - kontrolliert. Hier gibt es sogar Toiletten und das vorletzte fliessende Wasser. Wir haben allerdings genug dabei, aber viele Jugendliche führen zu wenig oder gar keines mit sich. So werden wir von zwei Frauen gefragt, ob sie Wasser aus einem Bach schöpfen können und Martin prahlt mit seinem Wandererlatein: Man sollte immer nur oberhalb der letzten Kuh (kann auch ein Schaf sein) einem Bach Wasser entnehmen; es könnte sonst kontaminiert sein. Sie bedanken sich herzlich, entnehmen jedoch schon dem nächsten, nicht kuh-sicheren Bächlein goldenes Nass. Na ja…! Oben haben wir sie wieder gesehen, relativ müde, aber ansonsten recht fidel.

    Der Aufstieg fällt uns schwerer als gedacht, aber wir finden keine gute Ausrede, warum das so ist: Wir liegen nicht hoch, das Terrain ist normal, der Weg nicht zu steil… Es muss also am Alter liegen!
    Wir lassen uns jedoch nicht unterkriegen und schnaufen auch noch die zweiten 500 m Höhendistanz hoch und brauchen mit fast fünf Stunden einfach ewig! Martin nennt unser Tempo „Schneckenpost“ :-)
    Etwa ab 1200 m (Hier ist ungefähr die Baumgrenze.) wird es immer kälter: Ein eisiger Wind aus Süden bläst uns ins Gesicht. Regine rüstet mächtig auf und zieht sogar die lange Merino-Unterhose wieder an, die sie weiter unten vor lauter „Aufstiegshitze“ schon ausgezogen hatte.
    Wir sind aber - ganz im Gegensatz zu vielen anderen - hervorragend ausgerüstet. Die meisten haben weder Mütze noch Handschuhe, nur leichte Jacken und keine Stöcke. Wir können notfalls sechs Schichten anziehen und unsere Ausrüstung ist (zumindest was die Kälte und den Wind betrifft) durchaus patagonien-tauglich.

    Endlich kommen wir auf dem Grat des Vorbergs an und können erste Blicke auf die Laguna Cerro Castillo erhaschen: ein fast absurd wirkendes, fantastisches Türkis, beinahe so, als hätte jemand Badesalz hineingeschüttet!
    Noch atemberaubender sind die Gletscher, welche direkt vor uns bis auf 1400 m herunter in einem Abstand von nur einem Kilometer aufscheinen. Auf uns wirken sie stabiler als die Gletscher in Europa.
    Ein eisiger Sturmwind peitscht uns um die Ohren und wir suchen ein windgeschütztes Plätzchen, wo wir unseren mitgebrachten Kaffee trinken und uns mit ein paar Keksen stärken können.
    Wir könnten stundenlang die türkisblaue Lagune mit den dahinter aufragenden Steilwänden bestaunen, aber die Zeit drängt: Laut Parkregel müssen wir den Abstieg spätestens um 16 Uhr beginnen.
    Da wir ja lahme Enten sind, starten wir schon um 15:50 Uhr und sind froh um unsere Ausrüstung, denn der Südpolarwind hat nochmals einen Zacken zugelegt. Eilig geht es hinunter zur „Mittelstation“ (Kontrollpunkt), wo Regine die Toilette aufsucht und Martin mit einem jungen Ranger darüber verhandelt, für den Abstieg einen anderen als den vorgeschriebenen Weg zu nehmen.
    Unsere Variante würde uns nämlich die 5 km Fussmarsch auf Schotter ersparen. Der Ranger erklärt uns freundlich, aber bestimmt, dass das leider nicht möglich sei, weil alle Besucher sich bei ihrem Austritt erneut registrieren müssten - aus Sicherheitsgründen und damit niemand verloren gehe…
    Martin lässt sich aber nicht überzeugen und gibt nicht klein bei. Ja, und sehr gut Spanisch muss man halt auch noch können! Schlussendlich hat der Ranger einen Vorschlag: Wenn er unser Ticket fotografieren dürfe und wir ihm eine WhatsApp-Nachricht schickten, sobald wir unten ankämen, dann lasse er uns ziehen.
    Gesagt, getan: Während bei der entsprechenden Abzweigung alle anderen Wanderer den Weg zum Eingang nehmen (müssen :-), biegen wir links ab. Hier sind wir mutterseelenallein und manchmal ist es fast ein wenig unheimlich, so ganz einsam und verlassen in der wilden Natur zu sein! Auf jeden Fall sind wir dies von daheim nicht gewohnt.
    Aber der Weg ist wunderbar, nicht so steil wie der Aufstieg und es ergeben sich immer wieder neue, ungeahnte Ausblicke auf das Tal des Rio Ibañez und die vielen umliegenden Berge.
    Wir benötigen allerdings auch für den Abstieg im Schneckentempo vier Stunden und kommen erst um 20 Uhr in unserer Unterkunft an. Hier überrascht uns die Tatsache, dass (entgegen der anderslautenden Information von Isabel, der Verwalterin) weitere Gäste eingezogen sind: eine junge Weltreisende aus Zürich mit ihrer chilenischen Freundin und drei Israeli, die kein Wort Spanisch und nicht viel mehr Englisch (!) sprechen. „Wie kommt ihr denn damit durch?“, fragt Martin. Später, als sich einer der drei von Martin ein iPhone-Ladekabel leiht, wird es uns klar: Sie machen alles über eine Google-Live-Übersetzung. Wir sind halt informationstechnisch etwas zurückgeblieben:-), denn wer spricht heute noch selber eine Fremdsprache?!

    Und weil wir in zwölf Stunden Wanderung so viele Kalorien verbraucht haben, kocht Martin heute all das, was wir im fast leergefegten Dorfladen noch ergattern konnten: Nudeln mit Champignons an gebratener Zwiebel mit Philadelphia, dazu noch einen kleinen Salat. Mmmh! :-)
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  • Day 30

    Weiter nach Villa Cerro Castillo

    February 14, 2023 in Chile ⋅ ☁️ 8 °C

    Villa Cerro Castillo, Dienstag, 14. Februar 2023

    Das Taxi, mit dem wir gestern bei Eiseskälte und Regen vom Busterminal zur Airbnb-Unterkunft gefahren sind, holt uns heute Morgen um 7:15 Uhr ab.
    Unseren Gastgeber Daniel bekommen wir leider nicht mehr zu Gesicht: Er ist auf der Rückreise von Cochrane (350 km weiter südlich) aufgrund einer Strassensperrung der Carretera Austral stecken geblieben. (Es gibt nur diese eine Strecke bis in den Süden.) Von Fabiola, seiner Partnerin, die bis Mitternacht im Krankenhaus arbeitet, nehmen wir per WhatsApp Abschied. Uns hat es bei ihnen trotz des widrigen Wetters sehr gut gefallen.

    Am Busbahnhof staunen wir etwas, wie viele Leute - vorwiegend junge Backpacker - unterwegs sind und hoffen, dass alle irgendwo in den Bussen Platz finden.
    Unser Bus erweist sich dann als „richtiger“ Reisebus (während die anderen eher grössere Minibusse sind) und wir können unbesorgt sein, denn wir haben ja reservierte Plätze. Kurz vor der Abfahrt steigen aber tatsächlich noch vier Jugendliche mit grossen Rucksäcken in den voll besetzten Bus ein. Sie müssen mindestens bis Villa Cerro Castillo - wo wir und andere Gäste aussteigen - im Mittelgang stehen.

    Regine hat heute ausnahmsweise keinen Fensterplatz, den sie sonst als „Hausfotografin“ immer einnehmen darf: Wir sind nämlich getrennt sitzend unterwegs, laut der Dame am Ticketschalter „auf den zwei letzten Plätzen“, die sie noch zu vergeben hatte.
    Da es draussen eisig kalt ist (Martins Smartphone meldet 4 Grad!) und der Bus randvoll, sind die Scheiben so beschlagen, dass man die vorbeiziehende Landschaft nur ahnen kann.
    Was Martin sieht, erinnert ihn stark an Hochtäler in der Schweiz mit mageren Wiesen, kleinen Bauernhütten und verschneiten Berggipfeln. Erst als wir in das Tal des Rio Ibañez hinunterfahren, erscheint rechts das mächtige Massiv des Cerro Castillo, der dem Ort und dem hiesigen Nationalpark seinen Namen gegeben hat.

    Wir steigen mit circa einem Drittel der Fahrgäste aus und suchen nach der genauen Adresse unserer Unterkunft (erneut Airbnb). Aber oh weh! Regine sieht, dass der Gastgeber trotz seiner ursprünglichen schriftlichen Zusage unsere Anfrage abgelehnt hat! (Einschub für Airbnb-Unkundige: Man sieht dort die Adresse erst nach erfolgter Bestätigung.)
    Das muss dann ein Irrtum oder ein Missverständnis sein!? Und wir haben doch auch noch mit ihm kommuniziert. Wie wir später herausfinden, über eine falsche WhatsApp-Nummer - die er uns so über Airbnb mitgeteilt hatte!
    Mit Hilfe von freundlichen Einheimischen finden wir die Adresse dann doch noch. Es ist aber niemand da und das Haus macht einen verlassenen Eindruck; unsere Stimmung sinkt stetig…
    Martin ruft eine am Haus angeschlagene Nummer an und es meldet sich eine Frau. Sie - die Verwalterin - ist erstaunt über unsere Ankunft. Sie konnte auch nichts wissen, denn es gab ja keine Reservation!
    Isabel lässt uns dennoch ins kalte Haus, bietet uns gleich einen Kaffee an, „füttert“ den Kaminofen, damit wir nicht länger frieren müssen und bringt Regine eine Wolldecke.
    Es stellt sich heraus, dass der Vermieter nicht definierbare Probleme mit der Airbnb-Plattform hatte und uns aus diesem Grunde die Buchung nicht zugesagt hat.
    Wir hingegen haben nicht mehr nachgehakt! Unser Fehler!! Obwohl der Preis jetzt höher ist als beim Airbnb-Angebot, bezahlen wir Isabel den geforderten Betrag in bar. Schliesslich wollen wir nicht im Ort nach einer anderen Bleibe suchen.
    Nun stellt sich auch heraus, dass wir die einzigen Gäste sind und so kommen wir in den Genuss, ein relativ neues Holzhaus mit 12 Betten und sehr guter Ausstattung allein nutzen zu können. Vor allen Dingen ist der Ofen heute Gold wert.

    Bevor wir uns richtig eingerichtet haben, beschliessen wir, dem Hinweis von Isabel zu folgen und einen Spaziergang zum 4 km entfernten Museum „Paradón de las Manos“ zu machen. Dieses ist in einer ehemaligen Schule untergebracht und zeigt - didaktisch wenig durchdacht - das Schulleben und die Geschichte der Umgebung. Das eigentliche Thema (auf das sich auch der Name des Museums bezieht), der Fund von jahrtausendealten farbigen Handabdrücken auf einer Felswand, wird nur nebenbei erwähnt.

    Wir „trösten“ uns mit der herrlichen Landschaft (vor allem mit dem Blick hinauf auf den Cerro Castillo und hinunter auf den natürlichen Flusslauf des Rio Ibañez) sowie damit, dass jetzt die Sonne wieder scheint und unserer morgigen Bergtour sicherlich nichts mehr im Wege steht.
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  • Day 29

    Schnee bis in die Niederungen!

    February 13, 2023 in Chile ⋅ 🌧 7 °C

    Coyhaique, Montag, 13. Februar 2023

    Am frühen Morgen ist es draussen sehr kalt (6 Grad!), aber wir sehen etwas blauen Himmel. Besserung in Sicht!
    Wir stehen gemütlich auf und nach dem Kaffee reserviert Martin telefonisch die Busfahrt für morgen nach Villa Cerro Castillo. Während wir noch mit Fabiola plaudern, verdüstert sich der Horizont erneut und es gehen heftige Regengüsse nieder, abwechselnd mit kurzen Pausen.
    Eine solche wollen wir ausnützen und hoffen, trockenen Fusses ins Zentrum zu gelangen (2,5 km), um dort a) Geld abzuheben, b) für Martin ein Imprägnierspray für seine undichten Wanderschuhe und c) die reservierten Bustickets zu bezahlen.
    Bei leichtem Schauer starten wir mit unseren Daunen- und Regenjacken, müssen aber bald „nachlegen“, weil Regen und Wind unaufhörlich zunehmen. Wir öffnen unsere Regenschirme, Regine wirft zusätzlich den Regenponcho über und zieht Mütze und Handschuhe an. Mehr geht nicht…

    Es wird ungemütlich, aber wir kämpfen uns im Gegenwind ins Zentrum, betrachten die umliegenden und mit Neuschnee bedeckten Berge und finden den Bankraum, der zum Glück sogar geheizt ist.
    Anschliessend geht es weiter zu einem Outdoor-Laden, wo Martin zum horrenden Preis von 18 Euro (!) das Spray kauft. Zuletzt spazieren wir - jetzt bei heiter Sonnenschein - weitere 2 km zum Busbahnhof am Stadtrand um unsere Tickets zu bezahlen.
    Aber am Schalter herrscht gähnende Leere! Martin erkundigt sich bei der Konkurrenz, was da los ist. „Die sind jetzt beim Mittagessen“. Es ist jetzt 13:25 Uhr und hier isst man ja früh. Wie lange wird wohl geschlossen sein? „Sicher bis 16 Uhr“, lautet die Antwort.
    So lange wollen wir aber nicht in der Schalterhalle warten (auch wenn wir geduldige Leute sind :-)
    Weil erneute Niederschläge eingesetzt haben, nehmen wir ein Taxi und fahren für 2500 Pesos wieder nach Hause - nur 500 Pesos mehr als gestern im Sammeltaxi-Bus.
    Da heute mit Sicherheit an keine Wanderung mehr zu denken ist (Wir hätten gerne den Berg bestiegen, der auf den Fotos abgebildet ist) :-), verwenden wir die „freie“ Zeit für die Organisation unserer Weiterreise. Telefonate, Internetrecherche und mal wieder ein kleineres Problem mit der Kreditkarte (die wir ja ständig im Einsatz haben!) beschäftigen uns während des Nachmittags.
    Obwohl es immer noch leicht regnet, machen wir uns auf zum Busbahnhof, um unsere reservierten Tickets zu bezahlen. Denn ohne Bezahlung kommen wir morgen nicht mit! Wir haben Glück, erwischen eine Regenpause, können die Bezahlung tätigen und erhalten mit Hilfe eines engagierten Mitarbeiters des Touristenbüros sogar noch wichtige Bus-Informationen für weitere Teilstrecken Richtung Süden.
    Es ist eben nicht so wie in Deutschland oder der Schweiz, wo man mit der DB - oder SBB-App alle Verbindungen erfassen kann. Hier übernehmen private Firmen den Bustransport und diese Firmen muss man kennen; eine Recherche im Internet führt leider meist nicht ans Ziel.
    Kaum verlassen wir das Busterminal und schauen gen Himmel, öffnet dieser wieder seine Schleusen, so dass wir kurzerhand auf eines der vielen wartenden Taxis zurückgreifen. Der Chauffeur lässt uns nahe unserer Unterkunft an einem kleinen Supermarkt heraus, in dem wir uns mit Ess- und Trinkbarem eindecken. Der Abend ist gerettet!
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  • Day 28

    In 5 Stunden nach Coyhaique

    February 12, 2023 in Chile ⋅ ⛅ 11 °C

    Coyhaique, Sonntag, 12. Februar 2023

    Heute passt einfach alles! :-) Als wir aufstehen, hat es glücklicherweise aufgehört zu regnen und mit ganz viel Phantasie können wir schon den blauen Himmels erahnen.
    Um 10 Uhr ist im Hostal Check-Out, aber der Bus fährt erst um 15 Uhr von Puyuhuapi ab. Draussen herumzuspazieren, das ist unter „normalen“ Umständen kein Problem - wenn nur heute die Temperaturen etwas höher wären. Bei 12 Grad zieht es uns nicht hinaus. So fragen wir die Vermieterin, ob wir uns im Hostal noch bis zur Abfahrt des Busses aufhalten dürfen. Kein Problem! Die Vermieterin lässt uns in der grossen Küche verweilen und wir dürfen sogar die Heizung einschalten. Unser Gepäck stellen wir „abreisebereit“ gleich daneben.
    Nach gut zwei Stunden WhatsApp (Regine) und Lektüre (Martin) wagen wir uns nach draussen, weil jetzt tatsächlich die Sonne scheint!
    Unser Gepäck lassen wir zurück und spazieren zum nahegelegenen Strand. An der Bushaltestelle warten schon einige Jugendliche und wir fragen ein englisches Paar, ob sie auch nach Coyhaique fahren. Wir möchten nämlich wissen, ob es vielleicht eine frühere Verbindung gibt. Nein, sie wollen nach Chaitén - gerade in die entgegengesetzte Richtung -, haben aber im Tourist Office den Fahrplan kopiert und glauben, dass es noch einen zweiten Bus gibt, der zu unserem heutigen Ziel führt.
    Wir gehen also auch in die (hier am Sonntag geöffnete!) „Oficina de Turismo“ und fragen dort nach. Der andere Bus fährt hier fahrplanmässig um 13 Uhr los… und jetzt ist es 12:45 Uhr!
    Wir sausen ins Hostal, um unsere Siebensachen zu holen, eilen zurück zur Haltestelle und setzen uns auf eine Bank in die Sonne. Wer hätte gedacht, dass wir heute noch ein paar Sonnenstrahlen erwischen!
    Wir sind pünktlich, aber der Bus nicht. Nun bedrängt uns auch noch die Notdurft und wir wechseln uns bei der Bewachung des Gepäcks ab. Als Martin schon etwas weiter weg auf der Suche nach einem geeigneten Baum ist, sieht er den Bus heranfahren und legt einen olympiareifen Spurt zurück hin: Es gibt keine Reservationen und wir möchten die ersten sein und nicht zurückbleiben. Der Fahrer nickt beruhigend: Alle Wartenden haben Platz.
    Wir verstauen im Gepäckfach unsere grossen Rucksäcke und bald geht es los auf eine landschaftlich spannende Reise ins 235 km entfernte Coyhaique, die Hauptstadt der Region Aysén. Vorbei an Fjorden, Seen, Wildwasser, Sümpfen, Schneebergen und imposanten Gletschern geht es im Affentempo gen Süden.
    Immer wieder eröffnen sich trotz der waghalsigen Fahrweise des Busfahrers schöne Anblicke und die Fotoreporterin Regine wird nicht müde, auf den Auslöser zu drücken. (siehe heutige Fotogalerie). Auch das Wetter spielt mit und es fällt kein einziger Regentropfen.

    Martin ist - wie immer - erpicht darauf, in Coyhaique den öffentlichen Verkehr zu erproben. Google Maps sowie auch die Google-Suche bringen keine verlässlichen Resultate, aber unser Airbnb-Host Daniel weiss Rat: Die Linie 2 führt uns ab der dem Busbahnhof nahegelegenen Tankstelle direkt zum Ziel. Wir finden die Haltestelle und beratschlagen noch über die Richtung, in die wir fahren sollten. Wir fragen ein junges Paar und sie bestätigen uns, dass wir richtig sind… nur ob und wann hier einer kommt…!? Zudem ist es Sonntagabend!
    „Da kommt ja schon ein Bus“, ruft die Frau; wir schauen, sehen aber weit und breit keinen Bus. Die Auflösung lautet: Die öffentlichen Busse in Coyhaique sind eigentlich Taxis.

    Wir steigen zu den weiteren Fahrgästen und geben dem Taxifahrer die Adresse. Es ist nicht weit, aber er scheint nicht besonders ortskundig zu sein und Regine hilft ihm mit dem Navi, den genauen Ort zu finden. Trotzdem fährt er etwas zu weit und muss wenden. Wir steigen aus, bezahlen den für Chile hohen Fahrpreis von 1, 30 Euro pro Person (Es ist halt doch eine Art Taxi :-) und suchen gemäss den Airbnb-Angaben unsere Unterkunft.
    Da es die genannte Hausnummer nicht gibt, stehen wir etwas ratlos auf dem Gehweg. Martin macht sich ohne Gepäck auf, das „himmelblaue“ Haus in einem Innenhof zu suchen. Mit „Daumen nach unten“ kommt er zurück: Er hat nur ein hellgraues Haus gefunden. Noch während wir beratschlagen, winkt uns eine Frau aus besagtem grauen Haus zu: „Hallo, hier seid ihr richtig!“
    Freudestrahlend begrüsst uns Fabiola, die im Gesundheitswesen arbeitet, und zusammen mit ihrem Freund Daniel - offenbar ein professioneller Kameramann - ein Zimmer ihrer schönen Wohnung vermietet.
    Diese ist gross und hell und wir dürfen das Erdgeschoss bewohnen, wo sich auch Bad und Küche befinden, die wir mit den Besitzern teilen. Alles ist sehr sauber und Fabiola äusserst zuvorkommend und hilfsbereit. Aber sie hat keine Zeit, ist extra von der Arbeit hierher geeilt, um uns zu empfangen und muss schnell wieder zurück. Und Daniel filmt an einem Festival in Cochrane und wird erst am nächsten Morgen zurück sein.
    So haben wir die ganze Wohnung für uns allein, bereiten das Abendessen zu (Wir haben gestern extra noch einiges im Supermarkt eingekauft.) und machen uns einen gemütlichen Abend.
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  • Day 27

    Hochsommer in Patagonien

    February 11, 2023 in Chile ⋅ 🌧 13 °C

    Puyuhuapi, Samstag, 11. Februar 2023

    Es hat gestern schon geregnet, aber für heute - und leider auch für die folgenden Tage - ist noch mehr Regen angesagt. Als ob wir eine Ahnung gehabt hätten, haben wir schon vor einigen Tagen den Eintritt bei den „Termas del Ventisquero“ gebucht. Und dies hat sich gelohnt, denn schon in der Nacht nehmen die Niederschläge zu und die Tendenz zeigt nach oben: Es gibt noch mehr Regen!
    Da wir erst für 14 Uhr gebucht haben, geniessen wir den Morgen im komfortablen Doppelbett und machen uns erst gegen Mittag auf den Weg. Der Besitzer des Hostals wird uns für 10’000 Pesos (13 Euro) im Auto die etwa 8 km hinbringen und um 17:15 Uhr dort wieder abholen.
    Martin versucht noch mehrmals, bei den Thermen anzurufen; sie nehmen aber das Telefon nie ab. Wir wollen wissen, ob die Reservation aufrecht erhalten wurde (Man kann ja nie wissen….) und ob es Schliessfächer für unsere Wertsachen gäbe…

    Um 13:45 Uhr fahren wir los und kommen pünktlich um 14 Uhr an. Eine ganze Schlange von Leuten wartet schon auf den Einlass und noch mehr folgen hinter uns. Als wir endlich vor dem Schalter stehen, wird den Wartenden beschieden, dass es leider ein technisches Problem gebe und nicht alle eingelassen werden könnten: Es gebe heute nicht genug Druck beim heissen Wasser, weshalb nicht alle Becken gefüllt werden könnten.
    Aber wir haben doch eine Reservation und haben sogar mehrfach versucht anzurufen!
    Keine Chance: Zuerst werden nur die Personen mit bezahlter Reservation durchgewunken; das sind aber (zu unserem Glück) nur wenige. Dann kommen jene mit noch nicht bezahlter Reservation an die Reihe, wir an dritter Stelle.
    Nachdem wir den horrenden Eintrittspreis von 39 Euro (!) pro Person entrichtet haben, dürfen auch wir hinein und bekommen einen Schlüssel für ein Schliessfach. Badetücher gibt es keine, aber wir haben vorsorglich unsere eigenen (aus dem Hostal :-) mitgenommen.
    Die gesamte Anlage ist sehr klein und schon ziemlich heruntergekommen. Es gibt insgesamt drei kleine Becken von circa 2x3m und 1 „grosses“ von 3x5m, das aber infolge Wassermangels geschlossen ist.
    In diesen drei „Wannen“ sitzen wir nun für drei Stunden zusammen mit ungefähr weiteren 25 Personen, was sowohl zu viel (unfreiwilligem) Körperkontakt wie auch zu (freiwilliger) Konversation mit den chilenischen und argentinischen Gästen führt.
    Die wirkliche Attraktion ist hier die Nähe des Meeres, das tatsächlich nur 3 Meter entfernt und über eine Treppe zu erreichen ist. Auch die prächtige Aussicht aus den Becken auf Meer und Berge ist trotz des Regenwetters beeindruckend. Bei schönem Wetter bestimmt ein wahrer Genuss!
    Regine und Martin tauchen je zweimal in die kalten Fluten (geschätzte Temperatur: 15 Grad!), kommen aber schnell wieder heraus, um sich im warmen Wasser (38 Grad) wieder aufzuwärmen.
    Mit Geplauder und Geplansche sind die drei Stunden schnell vorbei. Wir ziehen uns an, betrachten von der Terrasse aus nochmals die Gegend und warten dann vor dem Eingang im Trockenen auf das Taxi.
    In der Zwischenzeit hat der Regen erneut zugenommen und als wir in Puyuhuapi einkaufen und später essen gehen, brauchen wir schon die Regenschirme, um trotz Regenjacken und Stiefeln nicht total durchnässt zu werden. Wenn es schon im Hochsommer wie aus Kübeln giesst, wie ist es dann hier in den anderen Jahreszeiten?!

    Essen wollen wir im Restaurant „Scarlett“ gleich um die Ecke. Es wurde uns als gut und günstig empfohlen. Wir kommen um 18:30 Uhr dort an und müssen hören, dass die Küche schon Feierabend hat, weil das Lokal bald schliesse. Um diese Zeit!?
    Zum Glück finden wir gleich nebenan eine Cafeteria, welche auch Pizza, Hamburger und Sandwiches anbietet. Etwas zweifelnd treten wir ein und bestellen eine Familienpizza „4 Estaciones“ (Quattro Stagioni) und lokales dunkles Bier.
    Pizza und Bier sind hervorragend, erstere sogar richtig „selber gemacht“ und die Köchin freut sich riesig über unser Kompliment. Als Nachtisch isst Regine noch ein Softeis :-)

    Zurückgekehrt ins Hostal, plaudern wir noch eine Weile bei Kaffee und Keksen mit einem jungen französischen Paar aus der Ardèche (Marin und Clémence, einer Winzerin) und machen uns anschliessend ans Packen: Morgen geht es 222 km weiter nach Coyhaique. Wir hoffen, dass der Regen bis dann aufhört (oder wenigstens nachlässt), denn der Bus fährt erst um 15 Uhr und das Hostal müssen wir schon um 10 Uhr verlassen.
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  • Day 26

    Auf der Carretera Austral nach Puyuhuapi

    February 10, 2023 in Chile ⋅ ☁️ 14 °C

    Puyuhuapi, Freitag, 10. Februar 2023

    Gestern war es noch eine Frage, ob wir heute den Bus um 10 Uhr nehmen sollen oder lieber jenen um 16:30 Uhr. Wir haben die Wahl, denn eine Reservierung und damit fixe Buchung (und Bezahlung) ist hier in Patagonien nicht üblich. Die meisten Touristen reisen mit dem Auto an; ganz Verwegene mit dem Fahrrad und die wenigen (meist jungen) Rucksacktouristen passen auch ohne Reservierung in den Bus.
    Wir machen die Entscheidung bezüglich der Abfahrtszeit vom Wetter abhängig und stellen zur Sicherheit den Wecker.
    Nachdem es in der Nacht mehrfach wie aus Kübeln geschüttet hat, scheint die Wahl klar: Hier bleiben wir nicht länger! Aber dann zeigt sich das Wetter mit viel blauem Himmel und lauer Temperatur wieder von seiner besten Seite. Wer die Wahl hat…! Wir beschliessen jedoch - vor allem aus logistischen Gründen - den früheren Bus zu nehmen. Zum einen sieht man tagsüber mehr (Die Reise dauert 4 Stunden.), zum anderen haben wir am neuen Ort dann mehr Zeit, um unsere Körper und die Wäsche in einer etwas komfortableren Unterkunft als in Chaitén auf Vordermann und -frau zu bringen.

    Die Fahrt führt zuerst durch hügelige Landschaft mit lichtem Waldbestand, links die Berge der südlichen Prekordillere. Bald kommen wir aber etwas mehr von der Küste weg und links und rechts erheben sich Schneeberge, zum Teil mit mächtigen Gletschern. An vielen Orten gibt es ausgeschilderte Aussichtspunkte (miradores), aber wir brausen im Bus leider vorbei und müssen uns mit den kurzen Blicken, die wir erhaschen können, begnügen.

    Ungefähr in der Mitte der Strecke, bei einem sogenannten „Food Truck“ (auf Deutsch: bei einer Imbissbude) an der Landstrasse, gibt es den einzigen Zwischenhalt. Einige Fahrgäste und der Busfahren kaufen sich etwas zu essen und zu trinken und Regine ist sooooo froh, dass endlich eine Pinkelpause möglich ist. Jedem das Seine:-)
    Die Bedienung musste allerdings zuerst aus dem naheliegenden Bauernhof hergerufen werden. So viel, dass es sich lohnen würde, immer in der Imbissbude zu stehen, ist hier also doch nicht los.
    Martin fragt die Frau, die „Mote con Huesillo“ und Sandwiches hervorzaubert, ob so eine Ladung Buspassagiere das Tagesgeschäft ausmachen würde. Die Frau bejaht lachend, fragt nach unseren Reisezielen und wünscht uns alles Gute: „Que le vaya bien!“, wie der standardmässige Abschiedsgruss in Chile lautet. „Lassen Sie es sich gut gehen!“ oder „Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit!“

    Nachdem dann in La Junta, einem Kaff mit viel Tourismus, noch eine kurze Pause mit offizieller Einladung zu Erleichterung der Blase auf Spanisch und Englisch (!) eingeschoben wird, geht es flott die letzten 45 km nach Puerto Puyuhuapi, das - wie der Name sagt - zwar gut versteckt in einer langgezogenen Bucht, aber doch am Pazifik liegt.
    In diesem Touristenort haben wir im Hostal „Ventisquero“ (Das heisst „Gletscher“ auf Chilenisch.) zwei Nächte gebucht, weil wir auf Regines eindringlichen Wunsch hier die nahegelegenen Thermen besuchen wollen. Die anderen (viel gerühmten) bei Temuco haben wir zu Regines Leidwesen ja versäumt (was sie noch immer bedauert).
    Martin wäscht in unserer komfortablen Bleibe (grosses Zimmer mit Bad) seinen gesamten Vorrat an Kleidung und Regine freut sich über die Dusche mit heissem Wasser! Bis auf die (hier wie wohl überall in Chile auf dem Lande) bellenden Hunde werden wir es sicher schön haben.
    Uns ist aufgefallen, dass es auch hier viele deutsche Namen hat. Die Hauptstrasse heisst „Avenida Otto Uebel“, die Schule „Hamburgo“ und eine Wollteppichfabrik „Hopperdietzel“, die Helmut Bernhard Hopperdietzel Flack, der Neffe des Gründers, leitet.
    Der Grund für so viel Deutsch liegt darin, dass vier junge Sudetendeutsche 1935 aus Angst vor einem Zweiten Weltkrieg nach Chile kamen, um zu klären, ob man hier - wie versprochen - Einwanderern tatsächlich Land schenken würde. Die Suche nach einem geeigneten Ort dauerte drei Jahre und 1938 war Böhmen bereits besetzt, so dass die anderen Personen, die nachreisen wollten, nicht mehr weg konnten.
    Die vier jungen Männer blieben in Puyuhuapi und bauten mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung Häuser und eine kleine Industrie auf. Das Haus von Otto Übel war zudem mit drei Stockwerken über lange Zeit das höchste Gebäude in der ganzen Region von Aysén.

    Wir machen bei stark bedecktem Himmel und teilweise leichtem Regen einen Spaziergang durch das Nest, bevor wir im Anschluss daran das Abendessen vorbereiten. In der Küche lernen wir Hans und Erika aus Holland kennen, die mit ihren Motorrädern seit April 2022 auf der Panamericana von Alaska aus unterwegs nach Ushuaia sind; ein nettes Paar, das viel zu erzählen hat.
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  • Day 25

    Herzliche G(r)üsse aus Patagonien!

    February 9, 2023 in Chile ⋅ 🌧 15 °C

    Chaitén, Donnerstag, 9. Februar 2023

    Haben wir gestern bei der Ankunft in Quellón noch tüchtig geschwitzt, so werden wir heute darüber belehrt, dass sich das Wetter in Patagonien auch von einer ganz anderen Seite zeigen kann!
    Schon beim Aufstehen um 05:20 Uhr (!) regnet es und wir machen uns schnell bereit, denn laut dem Betreiber der Fähre müssen wir um 06:00 Uhr vor Ort sein, also genau zwei Stunden vor der Abfahrt.
    Martin meldet optimistisch, dass der Regen etwas nachgelassen habe, aber als wir das Haus verlassen, wird der Regen stärker und nach nur wenigen Metern beginnt es richtig zu schütten. Wir sind zwar gut eingepackt und schützen unsere Rucksäcke auch durch spezielle Regenhüllen, aber das nützt heute wenig, so dass wir nach 30 Minuten Fussmarsch um 06:15 Uhr wind- und regengepeitscht an der Fähre eintreffen.
    Es hat nicht viele Passagiere und die meisten unter ihnen sind junge, gut ausgerüstete Europäer und Chilenen. Wieder einmal stellen wir fest, dass niemand in unserem Alter mit einem Rucksack unterwegs ist.
    Wir können unsere grossen Rucksäcke in einem speziellen Gepäckraum abgeben, bekommen - wie bei den Busfahrten - ein entsprechendes Kontroll-Ticket und suchen unsere reservierten Plätzen auf - ganz vorne links, in der zweiten Reihe.
    Beim Ausziehen der Jacken merken wir schnell, dass wir im Grunde bis auf die Haut durchnässt sind! In der Unterkunft haben wir noch darüber gesprochen, ob wir unsere Regenhose und Pelerine (Regenumhang) drüberziehen sollen, haben es aber angesichts des leichten Regens dann doch sein lassen. Dies müssen wir jetzt bitter büssen!
    Später merkt Martin, dass er auch nasse Füsse hat - und dies, obwohl er die Wanderschuhe (mit denen er sonst, ohne nass zu werden, ins Wasser treten kann) vor der Abreise nochmals imprägniert hat. Socken wechseln geht nicht, da all unsere Kleidungsstücke in den grossen Rucksäcken in der Gepäckablage zuunterst unter vielen anderen Gepäckstücken liegen…

    Zur Beruhigung unserer Nerven trinken wir den mitgebrachten Kaffee und verzehren dazu eine Packung Kekse, später noch einen Pfirsich und Chips. Irgendwie müssen wir uns bei Laune halten, weil man draussen nichts anderes sieht als Wasser, Wolken und Regen. Zum Glück dauert die Überfahrt, auf die wir uns so gefreut hatten, eine Stunde weniger als von der Agentur angegeben und wir kommen nach 5 Stunden im Hafen von Chaitén an, der etwa einen Kilometer ausserhalb des Städtchens liegt.

    Mit der neuen Navigations-App (Mapy.cz) suchen wir die Adresse des AirBnB und Martin glaubt auch, fündig geworden zu sein. Also legen wir - in nur leicht schwächerem Regen als vor 5 Stunden - los und balancieren zwischen Regenpfützen die menschenleeren Strassen entlang zur (vermeintlich) richtigen Adresse.
    Hier tragen die Häuser keine Hausnummern und so verpassen wir es, auf die hölzernen Strassenschilder an den Kreuzungen zu achten. An der richtigen Strasse wählen wir die verkehrte Richtung und merken erst bei Nummer 668 (!), dass wir falsch liegen.
    Eine Ladenbesitzerin klärt uns über unseren Irrtum auf.
    Also marschieren wir dieselbe Strasse durch Regen und Pfützen wieder 500 m zurück. Unsere Laune tendiert stark gegen den Tiefpunkt, aber endlich entdecken wir das Schild „CorreosChile“, das uns unser Airbnb ankündigt. Der Besitzer betreibt nämlich gleichzeitig die Poststelle des Ortes.

    Gabriel ist sehr entgegenkommend, sieht unsere Not und setzt sofort den Holzherd für uns in Betrieb, damit wir unsere Schuhe, die Kleidung und auch die geleerten Rucksäcke trocknen können.
    Die Einrichtung des Hauses ist sehr einfach und geradezu spartanisch: Unser Bett ist nur 1,20 m breit (In der Anzeige war von einem Bett für eineinhalb - 1,5 geschrieben - Personen die Rede:-), Bettwäsche gibt es keine und wir benützen zum ersten Mal unsere Seidenschlafsäcke und auch unsere schnelltrocknenden Handtücher. Um diese Umstände wussten wir allerdings bei der Buchung, so dass wir nicht die Katze im Sack gekauft haben. Aber davon abgesehen ist alles vorhanden, was wir brauchen: heisses Wasser, eine grosse Gemeinschaftsküche und schnelles Internet. Und vor allem sind wir froh, endlich im Trockenen zu sein.
    Und um es vorwegzunehmen: Das 1,5 Personen-Bett hat uns nicht an den Rand der Verzweiflung gebracht - eher an die Zimmerwand:-)

    Nachdem wir unsere Siebensachen zum Trocknen aufgehängt haben, gibt es einen heissen Kaffee - mit Chips und Pfirsich :-)
    Dann brechen wir zu einem Dorfrundgang auf, denn es hat (vorläufig) aufgehört zu regnen :-)
    Martin möchte aufgrund seiner Nässe-Erfahrung dringend einen anständigen Regen-Poncho kaufen, denn seiner ist nichts anderes als eine grosse Plastiktüte.
    Wir gehen in einen Outdoor-Laden in der Nähe, wo man uns aber mitteilt, dass sie so etwas nicht führen. Aber wo könnten wir einen solchen erstehen? In der Eisenwarenhandlung! La ferreteria! Wir sind baff, aber der nächste Schraubenladen hat tatsächlich einen im Sortiment! Martin kauft für etwa 20 Euro einen übergrossen Regenumhang, damit ganz sicher zwei Rucksäcke darunter passen (einer hinten, einer vorne) und ist überglücklich. :-) Auch in der Schweiz wird dieser künftig bei seinen Wanderungen ein ständiger Begleiter sein.

    Jetzt müssen wir nur noch ein paar Essensvorräte einkaufen, denn von Luft und Liebe können und wollen wir nicht leben.
    Zuerst spazieren wir aber zum Rio Blanco, der den Ort seit dem Vulkanausbruch 2017 in zwei Teile teilt (Nord und Süd). Dort treffen wir auf einen gesprächigen Chilenen mit Sohn aus Puerto Montt, der uns durch die Aussage verunsichert, die (einzige) Brücke auf der Carretera Austral am Dorfeingang sei durch Demonstranten blockiert! Wenig später sehen wir zu unserer Beruhigung, dass sich die Manifestation - falls es eine solche gegeben haben sollte - bereits wieder aufgelöst hat.
    Auf dem Rückweg schauen wir noch, wo morgen unser Bus nach Puyuhuapi abfährt und erkundigen uns im Tourismus-Büro, ob es eine (zeitlich) alternative Verbindung gäbe. Sie haben dort aber ebenso wenig Ahnung wie wir!
    Martin sieht dann einen Bus der Firma „TerraAustral“ mit dem Schild „Chaitén“ stehen und fragt den Fahrer, ob und wann es morgen eine Verbindung gebe. Um 10:15 Uhr meint dieser. Später bestätigt uns die Firma per Telefon, dass er um 10:00 Uhr losfährt. Na ja, fast dasselbe :-)

    Wir machen nun die üblichen Einkäufe für Salat, Brot und Käse mit einer Dose Bier und schlendern nun doch zufrieden mit dem Tag zu unserer Unterkunft, die gleichzeitig Postamt, kleine Getränkehandlung und noch kleinere Papeterie ist. Entgegen den europäischen Gepflogenheiten wird hier im Ort keine Post ausgetragen. „Postlagernd“ ist das Motto und jeder, der Post erwartet, kann sie hier abholen. Woher der Empfänger weiss, dass etwas für ihn gekommen ist? Wir vermuten, dass Gabriel ihn per WhatsApp informiert. Aber genau wissen wir es nicht!
    Obwohl es seit unserer Ankunft nicht mehr geregnet hat, ist uns kalt. Zum Glück ziert ein alter Holzherd die grosse Küche! Wir befeuern ihn und beschliessen den Abend bei Kaffee und Keksen.
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