• Trümmertours

Lateinamerika

Ab ins Sabbathjahr.... Baca lagi
  • Da ist irgendwie der Wurm drin...

    2 Julai 2021, Mexico ⋅ ⛅ 33 °C

    Unsere ersten Tage mit Nola sind: Schön. Und schön anstrengend. Aber zum Glück hat die Natur, dass Kindchenschema eingerichtet, so dass ihr niedliches Welpenaussehen,
    bei uns das Brutpflegeverhalten auslöst. Wir hätscheln und tätscheln sie, obwohl ihr trotz 2-facher Wurmkur weiterhin lebende Würmer aus dem Po fallen, sie uns täglich ins Zimmer macht (mit Würmern drin) , uns nachts nicht schlafen lässt und alles zerbeißt, was sie erreicht bekommt. Um sich dann wieder quitschsüß an einen zu kuscheln und uns haufenweise Oxytocin produzieren zu lassen. Aber leider sind das nicht die echten Probleme, die wir nun haben. Mexico, oder zumindest die Baja California und der Rest von Nordmexiko sind nicht gerade hundefreundlich. Wir haben arge Schwierigkeiten eine Unterkunft zu finden, und müssen ziemlich um ein Zimmer betteln, öffentliche Transportmittel wollen uns auch nicht mehr mitnehmen und viele touristische Ausflugsziele sind mit Hund ebenfalls verboten. Mit dem Boot und vielen geforderten Dokumenten und Anforderungen schaffen wir es wenigstens von der Halbinsel Baja California aufs Festland zu kommen, aber z. B. den spektakulären Copper-Canyon, dürfen wir mit Hund nicht besuchen. Selbst im schnöden Park sind Hunde verboten. Und nun- fragen wir uns? So haben wir uns unsere gemeinsame Reise mit Nola bzw. generell nicht vorgestellt. Nix geht mehr. Stillgelegt. Frust. Tagelang grübeln wir nach Lösungen, aber den gerade lieb gewonnenen Welpen weggeben, wollen wir beide auch nicht mehr. Es wäre einfach sehr gut ein eigenes Auto zu haben, dann wären die Transportwege mit dem Hund zumindest gesichert, und noch besser wäre es, ein Auto zu haben, wo man drin schlafen kann, dann wäre auch die leidige Suche nach einem Zimmer oder irgendein anderer Schlafplatz mit Hund gesichert. Doch leider darf man als Tourist kein Auto in Mexiko, und übrigens in ganz Lateinamerika nicht, auf seinen Namen anmelden. Es gäbe Möglichkeiten, die sich sozusagen in der Grauzone bewegen, aber bei Grenzübergangen noch haarig werden könnten.... Wir grübeln weiter und versuchen den Wurm aus dem Hund zu holen.Baca lagi

  • Ort der Kraft und Community

    6 Julai 2021, Mexico ⋅ ⛅ 32 °C

    Wir haben uns überlegt, dass uns der Norden von Mexiko bisher nicht so viel Glück gebracht hat und uns der Süden auch sonst um Längen besser gefallen hat. Wir brauchen einen Ort, wo wir erstmal eine Weile mit dem Welpen bleiben können um uns neu aufzustellen für die weitere Reise, da es nun leider mit dem Hund nicht mehr so geht, wie vorher. Also ab in den Flieger mit dem Hund (Busse nehmen uns ja nicht mehr mit) und zurück auf Anfang, in das Bundesland Yucatan, Mexiko. Dort stoßen wir durch einen glücklichen Zufall auf die kleine Hippie-Community Ixchel. Der Ort ist perfekt um Ruhe zu finden und irgendwo mal anzukommen und sich zu sortieren. Es ist ein Kraftort im Dschungel, mit einer kleinen, grünen, aber zum Baden geeigneten Cenote direkt vor der Nase. Das Krokodil das darin haust, ist nur ein ganz kleines, sagen die Bewohner und es herrsche eine friedliche Co-Existenz zwischen den Menschen und dem Krokodil. Das Beste ist aber, dass der Hund hier den ganzen Tag und Nacht rumlaufen kann, mit den anderen Hunden spielen kann, oder die Kinder Nola auf Trab halten. Die vorwiegend aus westlichen Ländern stammende Community ist unaufdringlich, wenig kommunikativ und wir kommen kaum miteinander in Kontakt, was aber nicht schlimm ist. Es ist einfach hier Sein zu können und keinerlei Aufgaben zu haben. Dreimal täglich wird veganes Essen für alle zubereitet und jeder kann mit Essen. Tagsüber wird Yoga praktiziert oder man bietet selber einen (esoterischen) Workshop an. Ich schwimme allerdings lieber täglich in der Cenote, hole viel Schlaf, in unserem voll ausgestatteten Glamping-Zelt nach, oder gehe mit Nola spazieren und versuche dem eigensinnigen Tier die ersten Manieren beizubringen. Obwohl ich dann immer noch sehr, sehr viel Zeit übrig habe, ist es leider nicht so, dass ich diese in irgend etwas Kreatives oder zum Lernen nutze, wie ich es mir eigentlich vorgestellt hatte. Umso mehr ich Zeit und Ruhe habe, umso weniger bin ich motiviert zu zeichnen, zu lesen, Spanisch zu lernen, auf Kais Ukulele zu spielen, Yoga mitzumachen, oder sonstiges. Irgendwie ist diese Erkenntniss ein wenig ernüchternd für mich selber. Nun ja,....vielleicht ist es auch einfach die Ruhe und die akute Nutzlosigkeit die ebenfalls wichtig ist zu lernen. Ich weiß es nicht. Fühlt sich ungewohnt an Tag um Tag (mittlerweile 7 Tage) so wenig produktiv zu sein.
    Da hier alles öko-bio-nachhaltig-vegan und gesund ist, gibt es hier weder tierische Produkte, wie Milch oder Eier, noch gibt es Kaffee, noch Produkte mit Zucker oder Gluten, geschweige denn Alkohol oder andere Drogen. Wir detoxen nun nicht nur vom Stress der letzten Tage, sondern ungewollt von Allem. Selbst meine Shampooflasche aus Plastik musste ich ebenfalls gegen eine Glasflasche mit ökologischem Shampoo austauschen-für 9 € eine Flasche. Ja, öko-veganer-bio Hippie zu sein, ist kein günstiges Vergnügen. Aber das ist mir ja schon lange aus meinem eigenen Lebensumfeld bekannt. Wie auch immer, es ist trotzdem sehr erholsam hier und das Sein in der Natur spendet uns wieder positive Energien. Die Natur ist aber leider nicht immer nur schön, sondern auch eklig und manchmal giftig. Und damit meine ich nicht das kleine Krokodil in der Cenote, denn das bleibt bis zu unserer Abreise ungesehen. Ich meine die vielen Fliegen und Ameisen die unsere Komposttoilette bevölkern und die man beim Toilettengang vom A*** fernhalten muss und bei mir eine psychische Verstopfung hervor rufen. Dazu kommt noch das giftige Krabbelgetiers. Denn bereits am zweiten Abend muss Kai zwei Skorpione und eine Tarantel aus unserem Zelt entfernen, denn ich hab zuviel Ekel beim Rausschmiss der ungebetenen Gäste zu helfen. Die abendliche Suche nach Getiers wird zum Ritual und bringt immer wieder weitere eklige, teils giftige Viecher hervor. Um die Hängematte schlängelt sich eine giftgrüne Baumschlange, als sich Kai dort hinein legen will. Spätestens als Nola mit einer kleinen, wahrscheinlich bereits vorher toten Schlange im Maul auftaucht und diese kräftig schüttelt, bin ich mir sicher, dass diese Dschungelidylle nun für uns enden muss, da der Welpe einen Schlangenbiss oder ähnliches nicht überleben würde, zudem Nola sich auch hauptsächlich draußen, sprich außerhalb vom Zelt, aufhält. Aber ich bin nun sowieso erholt genug, wenn auch weiter planlos. Trotzdem ist in meinem Kopf wieder Platz für kreative Lösungen zum Thema Reisen mit Hund. Ich bin wieder zuversichtlich.
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  • Alles wird gut...mit einem Auto

    13 Julai 2021, Mexico ⋅ ⛅ 31 °C

    Der erste Tag in der Stadt und ich lerne ein Mädel aus Berlin an der Kaffeebude kennen. Übrigens der erste Kaffee seit über einer Woche nach unserer ungewollten Detox-Woche in der Dschungel-Community. Ich zelebriere also gerade meine Koffein-Sucht, da lerne ich Steffi kennen. Sie lebt seit 1,5 Jahren in Tulum und bietet Soundhealings an. Am gleichen Abend liege ich also in einem magisch wirkenden Dom und lausche den Klängen, die sie auf ihren Klangschalen aus Kristall hervor zaubert und dem tiefen Klang des Gongs. Mein ganzer Körper vibriert gemeinsam mit den verschieden Klangtönen, der zu einem Klangteppich zusammen schmilzt. Zudem werden verschiedene Gerüche an die Schläfen massiert. Es ist aber vor allem eine Klangreise und je nach gespielten Klang fühle ich unterschiedliche Gefühle in mir aufsteigen. Fröhlichkeit. Gelangweilt. Aufgeregt. Ruhig. Gespannt. Ausgeglichen. Was für eine tief emotionale und wunderschöne Erfahrung. Ich danke Steffi sehr dafür.
    Nach so vielen Tagen und Ereignissen der psychischen Stärkung, ist es nun Zeit geworden, sich wieder unserem "Problem: Reisen mit Hund" zu widmen. Nach vieler Recherche habe ich rausgefunden, dass es als Tourist möglich ist, sich ein Auto mit US-Amerikanischer Zulassung zu kaufen und es in den USA auf den eigenen Namen registrieren zu lassen. Ganz legal. In ganz Lateinamerika und fast allen Ländern in Südamerika (außer Chile, was aber wegen Corona geschlossen ist) ist es als Tourist ansonsten nämlich illegal ein Auto auf seinen Namen zu registrieren. Man kann zwar mit einem mexikanischen Auto rum fahren und Glück haben, aber spätestens bei Grenzübergangen wird es Probleme geben. Also brauchen wir ein Auto/ Van in dem wir schlafen können, mit US-Amerikanischer Zulassung, was auch nicht besonders teuer sein darf und am besten auch 4-Rad-Antrieb hat. Hört sich sehr unwahrscheinlich an, sowas zu finden? Tja, scheinbar stehen wir wieder unter einem richtig guten Stern. Innerhalb von einem Tag habe ich im grenzenlosen Angebot des Internets ein Auto gefunden, was genau diesen Ansprüchen gerecht wird. Zwei argentinische Mädels, die gerade durch Mexiko reisen, wollen uns ihren Ford Explorer, mit Zulassung in Utah, mit 4-Rad-Antrieb für 3000 Dollar verkaufen. Die Sitze haben sie hinten ausgebaut und eine Matratze ist drin. Wir wollen uns am 19.7. in Cancun treffen. Wir sind mega happy, da dies das Reisen so viel leichter und freier machen wird. Es gibt nun nur noch die klitzekleine Sache, dass wir nicht vorhaben, in die USA zu reisen (Kai hat noch weniger für die Amis übrig, als ich) und so ist es notwendig, jemanden zu finden, der die Registrierung des Autos auf unseren Namen, in den USA, für uns stellvertretend übernimmt. Aber auch hier ist das www. mehr als hilfreich. Es gibt tatsächlich eine Firma in Washington, die diesen Dienst für uns übernehmen wird. Bis jetzt hört sich alles so an, als ob wir wieder ganz bald in der Spur laufen und unsere Reise, trotz Hund, ohne große Hindernisse fortführen können. Jetzt ist nur noch ein bisschen ungeduldige Warteschleife angesagt bis es weiter geht...
    Während wir also so tagelang auf unser Auto warten, schaue ich Kinderserien auf spanisch an. Dinge des täglichen Lebens bekomme ich zwar mittlerweile auf spanisch kommuniziert, aber von einer richtigen Konversation bin ich leider noch immer weit entfernt. Ob das diese Reise noch hinhauen wird, wage ich mittlerweile fast zu bezweifeln... Sprachen sind wirklich nicht meine Stärke.
    Es kann leider dann doch nicht alles perfekt sein, aber es ist schon nah dran ;-)
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  • Hop on, hop off: die Krisen-Achterbahn

    18 Julai 2021, Mexico ⋅ ⛅ 30 °C

    Erster Tag in Cancun: Kai verliert seine EC-Karte. Die Kreditkarte ist ja schon seit vielen Wochen verloren. Mit der EC-Karte konnte er wenigstens noch an sehr, sehr wenigen Geldautomaten Geld abheben, aber immerhin. Nun machen wir es so, dass Kai mir Geld mittels Online-Banking überweist und ich es für ihn abhebe.
    Ich hab Kopfschmerzen!
    Zweiter Tag in Cancun: Kai schrottet sein Handy. Damit sind nun sämtliche Wege an sein Konto zu kommen, bzw. Geld mittels Online-Banking an mich zu überweisen ebenfalls zu. Er ist nun komplett mittellos in Mexiko und morgen wollen wir das Auto kaufen.....
    Ich verliere so langsam die Geduld!
    Dritter Tag in Cancun: Die argentinische Autoverkäuferin ist ebenfalls völlig unvorbereitet, trotz meiner ausführlichen Informationen an sie per E-Mail, weiterhin uninformiert (da sie sie scheinbar gar nicht gelesen hat), und misstrauisch obendrauf, so dass sie sich überlegt hat, dass der zuvor abgesprochene und bereits schriftlich vorbereitete Ablauf nach ihrer Ansicht nun doch nicht mehr so laufen kann. Sie weigert sich plötzlich den benötigten "Poder" (eine Art Vollmacht) zu unterschreiben, während wir beim Konsulat sitzen, der diesen beglaubigen muss und eine Apostille dafür erstellen muss. Dies würde mich unter anderem bevollmächtigen die Ummeldung in den USA (durch unseren Vertreter in Washington) durchführen zu lassen. Sie hat Angst, dass wir die Vollmacht missbrauchen könnten und unsere Reise mit dem Auto auf ihren Namen fortsetzen und das Auto gar nicht ummelden werden. Jegliche Versuche ihr zu erklären, dass ich die Vollmacht benötige, um genau dies nicht zu tun, scheitern. Sie hat kein Vertrauen. Jedoch, egal, welchem Touristen sie ihr Auto verkaufen würde, wäre der Vorgang derselbe. Ich sehe ja ein, dass es ein undurchsichtiger, sehr bürokratischer Aufwand ist, aber dieser Sinneswandel kommt doch etwas sehr spät, so während man bereits beim Konsulat sitzt und dort plötzlich die Diskussion beginnt. Zudem sie auch noch in 3 Tragen zurück nach Argentinien fliegt. Denn selbst, wenn sie nun auf die schnelle einen Mexikaner finden würde, der ihr US-amerikanisches Auto abkaufen würde, wäre der bürokratische Aufwand vielleicht ein anderer, aber ebenfalls nicht in 3 Tagen machbar, so dass sie den Vorgang persönlich kontrollieren kann. Sie will sich nun erst bei einem Anwalt beraten lassen. Wir sind weiterhin in Warteschleife.
    Ich werde langsam waaahnsinnig!
    Vierter Tag: Mein Portmaine ist weg. Ich nehme an, dass es aus meinem Rucksack geklaut wurde, als ich diesen dummerweise einige Zeit unbeaufsichtigt gelassen habe. Damit ist nun mein Führerschein, meine EC-Karte und mein Personalausweis weg.
    Ich krieg die verdammte Krise!
    Naja, was Rede ich; eigentlich ist es ja fast wie auf Arbeit, trotz Sabbatjahr......da hilft nur sich weiter kümmern, Galgenhumor, Geduld, und unzerstörbarer Optimismus. Es MUSS alles gut werden.
    Fünfter Tag in Cancun: Ich sitze mit Sofia, unsrer (-ach ich weiß auch nicht was ich will-) Autoverkäuferin beim Notar und sie hat scheinbar Vertrauen gefasst, oder sie ist nach der ganzen Rennerei ebenfalls so resigniert wie ich, dass ihr die ursprünglichen Sorgen nun auch egal sind. Sie unterschreibt den Poder. Gott sei Dank! Und besteht aber auf eine Cash-Zahlung in Dollar. Nochmals Rennerei, aber diesmal wenigstens mit dem direkten Ziel vor Augen.
    Das große Finale: Wir haben das Auto gekauft und es steht stolz vor unserem Appartement in Cancun. Check!
    Jetzt müssen wir es nur noch schaffen, die Kutsche auf unseren Namen anzumelden. Drückt uns mal die Daumen.
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  • Unsicherheitslücken

    22 Julai 2021, Mexico ⋅ ☀️ 32 °C

    Wir sind nun mit dem Auto los Richtung Guatemala. Das ist unser Hoffnungsziel. Die Strecke dorthin wird einige Tage in Anspruch nehmen. Erst einmal schaffen wir es bis zur Grenze von Belize. Doch da versuchen wir es erst gar nicht rüber zu kommen mit unseren halbgaren Dokumenten (für das Auto und den Hund), da diese Grenze noch strenger kontrollieren soll. Auf dem Weg zur guatemaltekischen Grenze treffen wir uns noch auf ein Abschiedsessen mit unseren alten Reisebekannten Justus und Maria. Sie fliegen morgen zurück nach Hause und haben sich ärgerlicherweise in der letzten Woche ihres Trips, trotz Sicherheitsabstand zu anderen Menschen, noch mit Corona infiziert. Ihnen geht es aber wieder gut. Wir werden sie in Deutschland bestimmt wieder sehen.
    Kurz vor Belize steuern wir einen Grenzfluss an, wo wir die Nacht über in unserem neuen Auto (er heißt nun Diego) wildcampen bzw. schlafen wollen. Es soll hier Manatis geben und wir hoffen, welche in dem trüben, etwas müffelnden Fluss sehen zu können -hat aber leider nicht geklappt. Wir sind keine 5 Minuten an dem Ort und,**TROMMELWIRBEL**, Kai verliert seinen Geldbeutel. Nun hat er sich in allen Ehren, den Titel "Meisterverlierer" verdient, auch wenn er diesen Titel nicht gerne hört. Naja, zum Glück kommt er ja an sein anderes Geld ohne EC-Karte, Kreditkarte und ohne Online-Banking nicht mehr ran, so das dieses ganz sicher und unverlierbar auf seinem Bankkonto liegt. **IRONIE*AUS**
    Die erste Nacht in Diego (unserem Auto) ist, nun ja, ehrlich gesagt, nicht zum aushalten. Es ist heiß und stickig. Alle vorherigen Sicherheitsbedenken werden von uns noch in der gleichen Nacht über Bord geworfen und alle Türen und Fenster sperrangelweit aufgerissen und diese bleiben dann auch bis zum Morgen geöffnet. Mit dieser Maßnahme ist dann endlich an ein wenig Schlaf zu denken. Die Invasion an Mosquitos die uns fast blutleer stechen oder die angemahnte hohe Kriminalität in der Gegend, sind auf einmal kein Problem mehr. Uns passiert aber nichts weiter und ehrlich gesagt, hat es sich auch gar nicht so dramatisch angefühlt. In der Baja California haben wir das ja auch schon einige Male gemacht. Wir wollen das nun ein bisschen weiter so testen. Kai hat ja nun eine Machete, womit er ....... Kokosnüsse knacken und Feuerholz zerkleinern kann, was auch direkt Anwendung findet. Wird alles also noch ein bisschen abenteuerlicher. Auf der anderen Seite tauschen wir das sowieso vorgetäuschte Sicherheitsgefühl* gegen soviel Naturschönheit ein. So können wir beim schlafen die Sterne und den Mond sehen und den nachtaktiven, teils sehr lauten Tieren lauschen. Das wirkt beruhigend und ich fühle mich verbunden. Auch Nola fühlt sich an solchen wilden, abgelegenen Orten pudelwohl und pest wie von der Tarantel gestochen und glücklich bellend durch das Unterholz, über Sand, und Wiesen. Sie findet das auch viel spannender als die blöden Hostelzimmer. Vor manchen Wildtieren, wie z. B. den Brüllaffen hat sie aber doch noch Angst und will dann wieder ganz kleinlaut zurück auf den Arm. Auch Kai mutiert wieder zum Peter Pan. Zuletzt beobachte ich ihn wie er in einem Vogelspinnennest mit einem Stock rumstochert und sowohl mir als auch der Vogelspinne Angst einjagt. Die nächsten Nächte schlafen wir also abwechselnd in unseren Hängematten oder im Auto mit offenen Heck- und Seitenfenstern und genießen das Wild-Life.

    P. S. : *Das vorgetäuschte Sicherheitsgefühl: so traurig das ist, aber in unserem vermeintlich sicheren Zuhause in NRW wären wir aktuell möglicherweise in eine Flutkatastrophe hinein geraten.
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  • Zurück im Zuhause light in Mexiko

    26 Julai 2021, Mexico ⋅ ⛅ 18 °C

    Auf dem Weg zur guatemaltekischen Grenze passieren wir wieder San Cristobal und beschließen, weil es hier immer Menschen gab, die auch unsere Freunde sein könnten, ein drittes Mal zu verweilen und die restlichen notwendigen Dokumente zu organisieren. Nola muss noch weitere Impfungen erhalten, für die sie zuvor noch zu jung war und gechipt werden. Und wir bzw. unsere Stellvertreter in den USA müssen noch das Auto auf unseren Namen ummelden. Zudem müssen wir, vor allen Dingen Kai, seine Konto-ran-komm-Angelegenheiten regeln, usw. Also noch einiges zu tun, was nicht sofort alles schaffbar sein wird, aber zumindest von hier angestoßen werden kann.
    Wir finden einen waldigen Platz zum campen, ein bisschen außerhalb von San Cristobal, wo eigentlich regelmäßig Goa-Partys stattfinden. Das Pärchen, was die Location betreibt ist super-symphatisch und wir mögen uns direkt alle miteinander. Sie geben uns völlig vertrauensvoll und gegen einen winzigen Obulus den Schlüssel von der eigentlichen Partylocation, so dass wir die dortige Toilette benutzen können, Strom anzapfen dürfen und bei Gefallen auf dem Chill-Out-Sofa rumhängen und Musik hören dürfen. Wir dürfen sogar ihre Adresse benutzen, um uns zwei EC-Karten und eine Kreditkarte aus Deutschland zukommen zu lassen. Am 6. August wird hier auch wieder eine Goa-Party stattfinden, wo wir auf jeden Fall mitfeiern werden. Wie schon gesagt San Cristobal ist immer ein bisschen wie Zuhause ankommen. In Downtown treffen wir zufällig auch wieder alte Bekannte, mit denen wir ebenfalls kurz abhängen. Jetzt bloß nicht wieder hier festkleben, wie die letzten beiden Male. Deswegen wollen wir die mindestens 7-tägige Wartezeit damit überbrücken, in das absolut wenig besuchte Lacandón-Urwaldgebiet zu fahren, welches man nur mit 4-Rad-Antrieb erreichen kann. Außerdem lebt dort auch das indigene Volk der Lacandonen, welche Nachkommen der alten Mayas sind. Da bin ich mal gespannt, da mich indigene Kulturen immer sehr interessieren.
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  • Zona Lacandona

    30 Julai 2021, Mexico ⋅ ⛅ 29 °C

    Insgesamt haben wir Chiapas jetzt nochmals 1 Woche lang bereist, um die Zeit zu "überbrücken" in welcher wir auf Kai's Kredit- und EC-Karte warten. Es hat sich aber überhaupt nicht wie Zeit totschlagen angefühlt, da Chiapas definitiv und mit Abstand der schönste und interessanteste Bundesstaat ist, und die allernettesten, wenn auch ärmsten Bewohner hat. Wir haben unter anderem vier sehr unterschiedliche Wasserfälle bestaunen dürfen, wovon z. B. der Chiflon-Wasserfall imposante 120m in die Tiefe stürzt. Und das ist nur eine von seinen fünf Kaskaden. Während die brachialen Wassermassen mit lautem Getöse hinabstürzen, komme ich mir sehr klein vor und spüre Ehrfurcht. Die Cascada de Agua Azul (Wasserfall des blauen Wassers) macht ihrem Namen alle Ehren, da die Wasserfallkaskade intensiv leuchtet. Dies ist im hohen Mineraliengehalt des Wassers begründet, aber trotz der wissenschaftlichen Erklärung, mag man kaum glauben, was man da sieht, da es wie Magie aussieht. Insgesamt besteht Agua Azul aus über 500 einzelnen Kaskaden in unterschiedlicher Höhe. Die Farbigkeit der Wasserfälle wandeln sich von Becken zu Becken. Es sind Farben von Azurblau bis hin zu dunklem Smaragdgrün zu sehen. Und so weiter und so fort. Aber ich will ja nicht nur von einzigartigen, in Regenwald eingebetten Wasserfällen schwärmen, denn da gibt es noch so viel mehr zu glorifizieren. Natürlich haben wir auch Wanderungen und Flusstouren im unwegsamen Lacandon-Urwald gemacht, da hier noch viele Wildtiere leben, die überall sonst zurück gedrängt wurden. Tapire haben wir leider nicht gesehen, jedoch die mittlerweile fast ausgerotteteten Ara-Papageien und Tukane und (schon wieder) Klammeraffen, Brüllaffen, Krokodile, Fledermäuse. An einem späten Abend stehen Kai und ich auf einer Uferwiese und wollen unser Nachtlager aufschlagen, da fangen unzählige, es war eigentlich ein ganzes Heer, von Glühwürmchen im Dunkeln an zu blinken. So weit das Auge reicht ein blinkendes Meer an Glühwürmchen. Und das besonders witzige daran war, dass diese Glühwürmchenart ihre Blinksignale synchronisieren, so dass das gesamte Ufer eine blinkende La-Ola-Welle imitierte. Wir haben ziemlich lange in der kühlen Nacht da gestanden und uns amüsieren und faszinieren lassen. Es ist bestimmt keine leichte Aufgabe für ein Glühwürmchenweibchen sich bei so einer grandiosen Auswahl den am schönsten leuchtenden Partner heraus zu suchen.
    Der für mich interessanteste Teil und vielleicht auch die bedeutsamste Erfahrung dieser Reise, war das Kennenlernen einer Lacandonen-Familie. Lacandonen sind ein, aus etwa noch 700 Menschen bestehendes indigenes Volk und direkte Nachfahren der alten Maya. Beide Geschlechter tragen ihre Haare lang, wobei die Männer sich das Pony schneiden. Und beide Geschlechter tragen ein gerade geschnittenes Leinenkleid. Die Leinenkleider der Männer sind weiß und die der Frauen mit Blumenmustern. Sie sprechen Mayathan und lernen Spanisch erst als Fremdsprache in der Schule, insofern sie überhaupt eine besuchen/ besucht haben. Lacandon bedeutet in Mayathan: wahre oder echte Menschen. Bis ins 20 Jahrhundert lebten sie ohne Kontakt zur Zivilisation als Dschungelnomaden. Sie widersetzen sich christlichen Missionierungsversuchen nach ihrer "Entdeckung" und haben so ihre traditionellen Bräuche und Glauben beibehalten können. In diesem Fall kann man sogar fast von einem glücklichen Ausgang für die Lacandonen sprechen (die Lebensbedingungen sind trotzdem extrem schwierig) da die mexikanische Regierung im Jahr 1972 ihnen 614.321 Hektar ihres traditionellen Siedlungsgebiets als Zona Lacandona überließ und sie somit zu rechtlichen Eigentümern ihres Landes machte. Die Holzfällerunternehmen, die hier zuvor gewütet hatten und die großen Mahagonibäume aus dem Urwald rissen, konnten damit (vorübergehend) gestoppt werden. Ja, nun waren wir hier zu Besuch, bei den sogenannten Indianern. Koh und ihre Familie hat uns während der Tage bei denen wir auf ihrem Grundstück gecampt haben, so herzlich und liebevoll behandelt, dass ich fast weinen musste, als sie mir dann als Abschiedsgeschenk auch noch eine selbstgemachte Kette geschenkt hat. Sie hat jeden Abend für uns gekocht (natürlich nicht kostenlos, aber das würde auch niemand von so bitterarmen Menschen annehmen wollen) und so haben wir schmackhafte und mir völlig unbekannte Nahrung aus dem Lacandonen-Urwald bekommen. Sie konnte lediglich Mayathan sprechen, aber trotz nicht vorhandener sprachlicher Kommunikationsmöglichkeiten, hatte ich das Gefühl, dass sie uns unbedingt an ihrem Familienleben teilhaben lassen wollte. So konnte ich ein ganz kleines bisschen von ihren noch praktizierten Maya-Bräuchen miterleben. Nun weiß ich z.B. das der mächtige Kapokbaum, in ihrer mythologischen Vorstellung der Weltenbaum ist, welcher im Zentrum der Kosmogonie steht. Die Achse des Weltenbaumes durchbricht die verschiedenen Ebenen der Realität und bietet so eine Möglichkeit, von einer Existenzform zur anderen vorzudringen. Mithilfe und entlang dieser Weltachse bewegt sich der Schamane, häufig Mithilfe des psychodelischen Peyotekaktus, zu anderen Ebenen des Seins, um im Dienste der Gemeinschaft mit dort über- und unterirdischen Wesen (Ahnen, Geistern) in Verbindung zu treten.
    Ich bin noch immer beseelt von den Eindrücken und Erlebnissen die ich bei den Lacandonen machen durfte. Und, aus obligatorischen Gründen, haben wir die dortigen Mayaruinen Bonampak und Yaxchilan auch noch besucht. Diesmal war es zumindest ein klein wenig interessanter für mich, da die Lacandonen gerade Yaxchilan noch als zeremoniellen Tempel für ihre Ahnengötter nutzten und dort noch (traurigerweise) Tiere geopfert werden.
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  • 1. Kommt es anders 2. als man will

    7 Ogos 2021, Mexico ⋅ 🌧 17 °C

    Wir sind also aus der Zona Lacandona zum vierten Mal zurück in San Cristobal um die angekündigte Goa-Party mitzunehmen. Eigentlich wäre ich gerne noch ein bisschen länger im Lacandonen-Urwald geblieben, aber wir haben Arandza (unserer netten Gastgeberin bevor wir in die Zona Lacandona gefahren sind und Inhaberin der Party-Location) versprochen, dass wir zu ihrer Goa-Party-Veranstaltung zurück sind. Man fühlt sich dann irgendwie leider etwas verpflichtet. Im Nachhinein war es ein großer Fehler. Arandza habe ich die gesamte Party über nicht zu Gesicht bekommen und die Goa-Party war mehr als übel. Die Goa-Szene hier scheint überwiegend aus Bubi-Machos mit Gel-Haaren und Goldketten zu bestehen, die man genauso gut auf den Kölner Ringen am Wochenende treffen könnte. Diese sind nicht älter als 20 J. und ein Keks, fühlen sich aber wie El Chapo persönlich und das von ihnen gerne konsumierte Kokain und die Pulque machen sie auch nicht gerade sympathischer. Da sie ihre Männlichkeit ständig unter Beweis stellen müssen, dauerte es auch nicht lange bis die erste Schlägerei (natürlich wegen einer Frau) los ging, wo sich dann natürlich immer weitere Macho-Bubis angezogen fühlten mitzumischen. Eine Schlägerei habe ich auf einer Goa-Party in Deutschland oder sonstwo noch nie erleben müssen, und ich war wirklich schon auf verdammt vielen Goa-Partys. Für mich ist die Szene die friedfertigste überhaupt. Hier, stimmt dies ganz offensichtlich nicht! Neben dem großen Fehler überhaupt auf diese Goa-Party zu gehen (aber wer konnte das ahnen), war mein nächster Fehler mit zu konsumieren. Da ich mich unter diesen Idioten völlig fehl am Platz fühle und auch sonst ein sehr unwohles Gefühl habe, ziehe ich mich in unser Auto zurück und höre dort stundenlang Hörbucher. Denn an Schlaf ist natürlich nicht zu denken. Irgendwie überkommt mich ein Deja-Vu-Gefühl.... So eine ähnliche äußerst unangenehme und mit Koks verbundene Situation bzw. so ein Negativgefühl hatte ich in Palenque mit den selbsternannten Drogenbaronen bereits gehabt. Ich hoffe jetzt habe ich ein für alle Mal draus gelernt. Das Zeug hier ist der letzte Abfuck und die Menschen, die damit hier in Mexiko hantieren, ebenfalls. Ich wünsche mich in den Lacandonen-Urwald und zu der bezaubernden Koh zurück...
    Was das ganze noch etwas abgefuckter macht: Kai's Kredit- und EC-Karte sind noch nicht in San Cristobal angekommen, da die Absendung per Express Versand in Deutschland problematisch war. Das heißt weiterhin Warteschleife.... Denn das war eigentlich der Hauptgrund, warum wir immer noch in San Cristobal, Mexiko feststecken und nicht schon längst in Guatemala sind. Wir beschließen jetzt einfach trotzdem nach Guatemala zu reisen, mit der lästigen Angelegenheit im Nacken, dass wir dann wohl in wenigen Wochen wieder nach San Cristobal in Mexiko zurück kehren müssen, um die Kredit- und EC-Karte hier abzuholen. Sonst verbringen wir gefühlt noch unser gesamtes Jahr in Mexiko. Wir informieren uns wegen den Visabestimmungen, machen also beide einen Covid-Test, besorgen ein Gesundheitszertifikat für den Hund, und beschließen dann, als wir voll vorbereitet und zur Abreise bereit im Auto sitzen, doch nicht nach Guatemala zu reisen. Der Aufwand in 10- 20 Tagen von Guatemala wieder zurück nach Mexiko zu kommen, um die Kredit- und EC-Karte hier in San Cristobal abzuholen, erscheint uns dann doch irgendwie wieder zu hoch. Die Situation ist eine einzige Krux. Wir machen uns nun erstmal auf den Weg Richtung Mexiko City bzw. in die grobe Richtung, obwohl da ursprünglich keiner von uns beiden hin wollte und die Hauptstadt außerdem echt weit entfernt ist. Aber vielleicht wird die 2. Runde Überbrückungszeit ja genauso schön wie die erste Runde....
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  • Pueblos Màgicos in Corona-Zeiten

    10 Ogos 2021, Mexico ⋅ 🌧 21 °C

    Weit kommen wir nicht bei unserer 2. Runde Überbrückungszeit. Das Auto macht Mucken. In der Nähe von der Stadt Oaxaca de Juarez geben wir die Karre in die Werkstatt. Aber der Bundesstaat Oaxaca, wo wir nun stecken, soll viel zu bieten haben, jedoch sind sie hier auch viel strenger mit Corona. Drei Tage tingeln wir nun also ohne Auto rum und gönnen uns deswegen auch mal wieder ein richtiges Zimmer mit einem richtigen Bett. Mich freut es nicht im Auto schlafen zu "müssen", Kai findet es schade. Aber Kai's Körper ist seltsamerweise nicht mit Insektenstichen übersät, meiner sieht aus wie ein Streuselkuchen. Undefinierbar, welche kleinen blutsaugenden Monster da am Werk waren. Im Dschungel will mich gefühlt alles fressen. Ich liebe den Dschungel, aber der Teil davon ist wirklich anstrengend. Aber ich denke, dass ich nun eine Pause davon habe, denn wir schlafen in einem naturfernen Zimmer komplett ohne Insekten-welch Seltenheit.
    Wir tingeln also ein wenig mit öffentlichen Verkehrsmitteln und nach langer Zeit wieder mit Maskenpflicht in den sogenannten Pueblos Mágicos rum. Das sind besonders sehenswerte (meist kleine) Orte, die eine religiöse oder historische Bedeutung haben und dieses kulturelle Erbe besonders gepflegt wird. Einer dieser Orte ist unter anderem San Pablo Villa de Mitla, wo das indigene Volk der Zapoteken lebt, und welches für seine jahrhundertealte Webetradition berühmt ist, dass bis in die vorspanische Zeiten zurückreicht. Die traditionellen Farbstoffe aus Naturmaterialien wie Indigo, Cochenilleschildläusen und Moos werden noch verwendet und die Designs sind ebenfalls traditionell mit symmetrischen Mustern bis hin zu Zapoteken-Göttern. Ich verfalle einem Shopping-Wahn, da die angebotenen Webwaren und das Kunsthandwerk so sehr meinem Geschmack entsprechen, dass ich mich irgendwann selber zügeln muss. Die Sachen sind einfach zu schön, und ich werde sie per Post nachhause schicken.
    Leider, leider können wir die wirklichen Attraktionen, dieser Pueblos Magicos nicht besuchen, da diese allesamt wegen Covid-19 geschlossen sind. Die antiken, mesoamerikanische Ruinen der Zapoteken nicht, Hierve El Agua, (das sind heiße, natürliche Mineralquellen) nicht, die rustikale Brennerei, in welcher der Mezcal aus Agaven hergestellt wird nicht, und den Arbol del Tule nicht. Der Arbol del Tule (sein Spitzname ist Baum des Lebens) ist eine etwa 1500 Jahre alte Mexikanische Sumpfzypresse. Mit dem Durchmesser seiner Stämme von 15 Metern ist er der dickste Baum der Erde und sogar eines der größten Lebewesen auf unserem Planeten. Zumindest den dicksten Baum der Welt wollte Kai, als Baumpfleger und Gärtner, sich nicht entgehen lassen. Wir sind einfach trotzdem hingefahren, und tatsächlich war es möglich trotz eines riesigen, aufgebauten Sichtschutzes um den Baum, diesen zu erspähen. Irgendwer hat ein Loch in den Sichtschutz geschnitten und dort drängelten sich dann die Menschen davor, um dennoch den Stamm des Baum-Riesens zu sehen. Somit war diese Corona-Schutzmaßnahme irgendwie kontraproduktiv. Auch bei den geschlossenen zapotekischen Ruinen, hatten wir irgendwie Glück. Denn aus dem Fenster unseres Zimmers konnte man genau in die Ausgrabungsstätte reinschauen und hatte somit einen Premium-Blick. Die Brennerei haben wir verpasst, aber dafür haben wir die Felder voller Agaven, aus denen der Mezcal gemacht wird, bewandert. Was aber wirklich ärgerlich ist, ist das die blubbernden Mineralquellen tatsächlich auch nicht annähernd zugänglich waren. Nicht einmal von weitem konnte man sich diese anschauen, denn sie sollen in einer weitläufigen, spektakulären Landschaft an einem Klippenrand liegen. Das Wasser, das seit Tausenden Jahren über den Klippenrand tropft, soll einzigartige weiße Mineralienformationen geschaffen haben, die an riesige gefrorene Wasserfälle erinnern. Aber, die Corona-Schutzmaßnahmen-Verordnung hat es im Bundesstaat Oaxaca tatsächlich bis tief in die Natur geschafft und das gesamte Gebiet ist abgesperrt. Sie wollten uns partout nicht durch die Straßensperre lassen, obwohl wir so lieb gebettelt haben. Einige Tage später haben wir diese widersinnige Maßnahme noch einmal erleben müssen, als wir zu einigen relativ abgelegenen Bergdörfer gefahren sind um dort zu wandern, weil die Natur dort ebenfalls so atemberaubend schön sein soll. Nach stundenlangem Fahren auf haarnadelkurvenreichen, unbefestigten Bergpässen, wurde uns kurz vor dem ersten angesteuerten Bergdorf mitgeteilt, dass Touristen aufgrund von Corona nicht passieren dürfen. Also die gesamte Strecke wieder zurück. So erging es uns noch einige Male, da wir auch nicht wussten was möglich ist und was nicht. Zuletzt wollten wir einen steinernen, gigantischen Olmeken-Kopf (Olmeken waren die ältesten aller mesoamerikanischen Hochkulturen) besichtigen, der auf einem Hauptplatz einer kleinen Stadt steht. Der Olmeken-Kopf selbst war in eine schwarze Plastikfolie gepackt worden, so dass man ihn nicht angucken konnte. Der Markt drumherum, war aber in vollem Gange und mit Menschen vollgestopft die penetrant ihre Waren angepriesen haben. Dies ist für mich kein schlüssiges Konzept, was ich im Kampf gegen die Pandemie verstehen kann. Auch verstößt es scheinbar nicht gegen irgendwelche Corona-Schutzmaßnahmen, dass die öffentlichen Taxi-Collectivos (das sind hier normale Autos, die feste Routen fahren und als öffentliche Transportmittel genutzt werden) mit einer völlig überfüllten Anzahl an Fahrgästen hin und her fahren. Meines Erachtens nach passen maximal 5 Menschen (inklusive Fahrer) in ein Auto. Bei unserer letzten Fahrt waren wir 8 Personen (4 Erwachsene+ 1 Kind auf der Rückbank) und 3 Erwachsene und 1 Hund vorne. Während also die Fahrgäste auf der Rückbank zum Gruppenkuscheln verdonnert waren, haben Kai und ich und unser Hund Nola vorne auf dem engen Beifahrersitz gekuschelt. Scheinbar trägt Zwangs-Gruppenkuscheln im Taxi nicht zu einer Ansteckungsgefahr bei, aber draussen, alleine in der Natur rumlaufen schon.... Verstehe wer wolle.... Wir haben daraufhin beschlossen, dass Reisen in diesem Bundesstaat aktuell keinen Sinn für uns macht und sind deswegen zurück nach San Cristobal um dort ungeduldig auf Kai's Kredit- und EC-Karte zu warten.
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  • Culture Clash 2.0

    16 Ogos 2021, Mexico ⋅ 🌧 18 °C

    Wir sind also wieder in San Cristobal. Tatsächlich wird diese Stadt im Hochland von Mexiko immer mehr zu meiner zweiten Heimat. Man weiß mittlerweile sehr gut was, wo, zu finden ist, grüßt die immer gleichen Leute, wenn man ihnen auf der Straße begegnet und fühlt sich auch langsam heimelig. Da wir nun noch X-Tage mit Warten verbringen müssen, versuche ich die Tage sinnvoll zu füllen und nicht nur so in den Tag hineinzuleben, denn irgendwie strengt mich die damit gefühlte Nutzlosigkeit an. Ich melde mich sogar lieber wieder an einer Sprachschule an um mich weiter mit der spanischen Sprache rumzuschlagen. Kai bevorzugt lieber keine festen Termine zu haben und schlägt sich tagsüber lieber mit Welpe Nola rum- was bestimmt nicht weniger anstrengend ist. Als Ausgleich zum Spanisch lernen, quasi um mir auch was Interessantes zu gönnen, melde ich mich bei einem Kulturkurs an, welcher sich ausschließlich mit der indigenen Kultur von Chiapas befasst. Nach dem Besuch bei den Lacandonen-Indianern und den Zapatisten bin ich noch mehr Feuer und Flamme mehr darüber zu erfahren. Da es aktuell nicht so viele Touristen hier gibt, entsteht es so, dass sowohl der Spanischunterricht am Vormittag und der Kulturkurs am Nachmittag ganz exklusiv für mich abgehalten werden und ich davon sehr profitieren kann, da ich sozusagen die gesamte Gruppe darstelle und es somit harmonisch abläuft ;-) Zum anderen muss ich zugeben, dass mir die zwei Wochen mit einem gut gefüllten und geregelten Tagesplan sehr gut gefallen haben. Eine tägliche Routine hat mir scheinbar doch etwas gefehlt; ich bin selber über diese Erkenntnis erstaunt. Vielleicht bin ich doch eben nur ein Wochenend-Hippie?! Es ist sogar so, dass mir spanisch lernen anfängt ein bisschen Spaß zu machen, da die (Privat-)Lehrer wirklich gut sind und ich erstmalig, seit Lernbeginn, das Gefühl habe, Erfolge zu erzielen. Aber noch viel besser, als die neue Sprachschule, ist der Kulturkurs über die indigenen Menschen in Chiapas. Das ist direkt in mehrfacher Beziehung total spannend für mich: zum einen wie die Gesellschaftsstruktur bei diesen Gruppen aufgebaut sind und wie tief verwurzelt der Schamanismus dort ist und wie er gelebt wird. Ein bisschen ungläubig hab ich aber schon geguckt, als der Workshop-Leiter, der auch gleichzeitig der Inhaber von der Spanischschule ist und selbst keiner indigenen Gruppe angehört, mich über die Rollen der Hexen und ihren Machenschaften in den indigenen Gemeinschaften gewarnt hat und das sie hauptsächlich Kinder mit guten Energien angehen. Dies habe er und und seine Familie viele Jahre miterleben müssen und nur die Medizin vom Schamanen konnte gegen die bösen Zauber der Hexen helfen. Ich starrte ihn an: Er meinte es ernst! Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und bedankte mich für die nützlichen Hinweise, wie ich eine(n) Hexe(r) ausfindig machen kann und wie ich mich bei so einer Begegnung am besten Verhalten sollte. Aber, so schloss er, die Gemeinschaften der indigenen Menschen, wissen meistens auch sowieso, wer die Hexen unter ihnen sind, und so leben diese am Rande der Gemeinschaft. Ich antwortete darauf, dass dies sehr traurig wäre für die Ausgestoßenen, und ob es keinen Weg für diese Menschen zurück in die Gemeinschaft gäbe. Daraufhin starrte mich der Workshop-Leiter fassungslos an, mit den Ausdruck in den Augen, dass ich wohl nichts verstanden habe. Ich hatte trotzdem das Gefühl ganz viel gelernt zu haben, und das es, zumindest für mich, ein gelungener Kulturaustausch war.
    Eine weitere mehr als seltsam anmutende Tradition, hier in Chiapas, ist das regelmäßige abfeuern von Raketen. Die ersten Tage dachte ich, dass es sich um einen Guerillakrieg in den Bergen handeln muss. Aber Nein! Nachdem das gesamte Hostel nachts mit über dem Kopf gezogener Bettdecke dem Wahnsinn da draußen ausgesetzt war, ist ein mutiger spanisch sprechender Tourist zum Ort des Geschehens gefahren. Die Kirche höchstpersönlich feuert tatsächlich Raketen in den Tag - und Nachthimmel um katholische Heilige zu ehren. Die gesamten zwei Wochen hindurch, Tag und Nacht, teilweise alle 20 Minuten und mit ohrenbetäubenden Knallen. Sie müssen richtig Schichten haben, die die Dinger los feuern. Da San Cristobal in den Bergen liegt, hallt es auch im gesamten Tal, so dass ich bisher noch keine einzige Nacht durchschlafen konnte, während ich eine akustische Darbietung von einem Luftangriff bekommen habe. Bis auf die ahnungslos erschrockenen, schlaflosen Touristen, scheint sich daran, aber niemand anderes zu stören. Ganz schön schräg, aber: andere Länder andere Sitten.
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  • Warten bis der Arzt kommt

    27 Ogos 2021, Mexico ⋅ ⛅ 17 °C

    Wir warten also immer noch weiter auf Kai's Kredit- und EC-Karte in San Cristobal um dann endlich nach Guatemala reisen zu können. Die Schule habe ich nicht mehr verlängert, da es jeden Tag soweit sein könnte. Die Wehen sind bereits eingetreten und wir warten auf den großen Wurf. Und tatsächlich am 1. September 2021 kommt die ersehnte Post mit den Bankkarten aus Deutschland. 6 Wochen haben wir nun darauf gewartet. Jetzt, wo es endlich weiter gehen kann, hat es mich nun voll erwischt: ich bin ganz schön krank und liege mit Fieber und völlig erschöpft flach. Ein Corona-Test, den ich für die Grenzüberschreitung nach Guatemala, sowieso machen muss, bestätigt meinen Verdacht. Ich habe mich mit Corona infiziert. Kai's Test ist hingegen (noch) negativ, aber er ist aktuell auch kein bisschen krank. Ich frage die Ärztin, was ich nun machen muss. Sie zuckt die Schultern und fragt mich, was ich die letzten Tage denn genommen hätte? Ich antworte ihr: Paracetamol. Dann solle ich das weiter nehmen. Sie hat keine Quarantäneanordnung für mich, keine weiteren Fragen über Kontaktpersonen und auch kein Aufnehmen von persönlichen Daten wird erforderlich. Ich gehe wieder zurück ins Bett im Hostel und frage mich, ob es jetzt sinnvoll ist, die anderen Gäste zu informieren. Ich gebe mir Mühe es schonend rüber zu bringen, aber es interessiert hier keinen wirklich. Für die liebe Leserschaft in Deutschland mag dieser Umgang damit nun paradiesisch oder fürchterlich klingen, je nachdem, welchem Corona-Lager man nun angehört, aber ich bin einfach nur genervt. Nun verzögert sich die Ausreise nach Guatemala wiederrum, bis ich ein negatives Testergebnis vorweisen kann. Der Tip, der Ärztin umgerechnet 20 Euro für ein Negativergebnis zu geben, beherzige ich nicht, wobei dies hier scheinbar ohne große Umschweife möglich wäre. Dies weiß ich spätestens seitdem Kai beim Fahren ohne Führerschein von den Bullen erwischt wurde, und er sich mit einem 500 Pesos-Schein (das sind umgerechnet ca. 20€ ) problemlos freikaufen konnte. Als wir die Geschichte später reißerisch erzählen wollten, wurden wir müde belächelt und uns wurde erklärt, dass hier fast jeder bestechlich sei: Lehrer, Polizei, Beamte, Ärzte. Nichts sei unkäufllich und dies könne man auch ganz offen anfragen. Im Endeffekt sei es eine Win-Win-Situation. Die Schmiere, die die Gesellschaft zusammen hält. So... So...
    Etwas drüber nachgedacht, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ein klein wenig mehr Alltagskorruption, und dafür ein bisschen weniger Wirtschaftskorruption in Deutschland den Deutschen vielleicht auch ganz gut tun würde ;-)
    Einen Tag später ist Kai ebenfalls krank und hat Fieber. Bei unserem zweiten Test ist Kai nun positiv und ich bin negativ. Ich fühle mich aber auch wieder gesund. Wir müssen warten bis wir aber beide wieder gesund sind und somit beide ein (echtes) negatives Corona-Testergebnis vorweisen können. Über die Ungeduld, wann wir nun endlich nach Guatemala reisen können, legt sich nun das Gefühl von Frust und Traurigkeit, da die ewige Warterei auf die Ausreise uns nun so langsam echt zermürbt hat. Und dann Corona obendrauf, was uns beide -nacheinander- auch ganz schön niedergestreckt hat. Mann, ey. Mit stark gedrückter Stimmung verharren wir also weiterhin in Warteschleife.... Der dritte und der vierte Test schlagen bei Kai wieder positiv an, obwohl er sich laut eigener Aussage wieder fit fühlt..... Es ist zum verzweifeln. Ganz viel Zeit haben wir nicht mehr, denn unser Visa für Mexiko neigt sich auch langsam dem Ende zu.
    Das einzige was man der verkorksten Situation noch Positives abgewinnen kann, ist, dass wir insgesamt 3 Pärchen (aus den USA, Israel, England, Spanien und Deutschland) in dem Hostel sind, die allesamt Langzeitgäste sind und wir so eine Art temporäre WG darstellen. Wir ticken alle ein bisschen ähnlich und kochen zusammen vegan, spielen mit den Hunden, und hängen miteinander auf der Dachterrasse rum, ohne uns gegenseitig auf die Nerven zu fallen. Das ist irgendwie schon viel wert. Auch wenn es ein schwacher Trost ist.
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  • Adiós Mexiko: Ein Rückblick

    12 September 2021, Mexico ⋅ ⛅ 28 °C

    Wir waren nun fast ein halbes Jahr in Mexiko. Ich möchte ein bisschen assoziieren, was ich mit diesem Land in Verbindung bringe und was mir gefallen hat und was ich nicht vermissen werde.

    Me gusta (mir gefällt) :
    indigene Kulturen
    Cenoten
    bunte Sachen
    gepimpte VW-Käfer
    Avocados
    Kakao
    Nackthunde
    Kakteen
    Mais
    Kunsthandwerk
    Dschungel
    Taxi-Collectivos
    Politik
    Schwitzhütten (Temazcal)
    Mexikaner/Innen
    Mezcal
    Limetten
    Graffiti
    bestechliche Bullen
    Brüllaffen
    Blattschneideameisen

    No me gusta (gefällt mir nicht) :
    viel zu laute Musik
    Tortillas
    Insektenstiche
    Chilli
    Straßenverkehrsberuhigungshubbel
    Kinderarbeit
    Chiahauhas
    Cowboystiefel
    Pulque
    Kokain
    Internetverbindung
    Privatstrände
    Tex-Mex
    kirchliche Raketenabschüsse
    Bohnenmus

    Schön war's. Danke für die Eindrücke und Erlebnisse die ich bei dir machen durfte, liebes Mexiko. So nun geht's auf nach Guatemala.
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  • Endlich Guatemala

    13 September 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 28 °C

    Wir haben es geschafft. Wir haben die Grenze nach Guatemala überquert. Eigentlich ein Grund zur Freude, jedoch hat es unser Auto Diego nicht geschafft. Der musste draussen bleiben :-( Die Papiere sind nicht in Ordnung von dem Auto. Nun haben wir es an der Grenze geparkt und sind zu Fuß rüber nach Guatemala. Kai's Stimmung hat, glaube ich, den Tiefpunkt dieser Reise erreicht. Er hadert eh schon seit Wochen mit Allem, da ihn das nicht weiter kommen, ganz schön niedergeschlagen hat. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir das Auto noch nachholen können. Es ist wie schon zuvor beschrieben eigentlich gar nicht möglich in Lateinamerika als Tourist ein Auto zu besitzen, nur über völlig abwegige Optionen, kann es klappen. Wir haben einen dieser schrägen Wege eingeschlagen und die damit einhergehene Gründung meiner GmbH in den USA ist noch nicht abgeschlossen. Ich habe die GmbH übrigens "Trümmertours & Partner" genannt- aber am Namen lag es nicht, dass die Diego nicht reinlassen wollten ;-) Wird halt etwas dauern, bis das geklärt ist, aber, wenn ich etwas diese Reise gelernt habe, dann ist es viel Geduld aufzubringen bis irgendetwas geklärt wird. Außerdem sind wir ja nun endlich drüben. Die Bankkarten sind angekommen, die Corona-Testergebnisse waren beide negativ, wir sind wieder gesund (außer der Geschmacks- und Geruchssinn sind noch verschwunden), der Hund ist dabei, und das Abenteuer, kann weiter gehen. Ich finde es tatsächlich nur ein wenig doof, mit dem Auto, aber den holen wir uns schon noch. Keiner hat gesagt, dass es leicht und stets ein Spaß ist zu Reisen, auch wenn Kai sich das scheinbar alles ganz anders vorgestellt hat. Nun ja. Spätestens wenn er wieder in der Wildnis hockt und seinem Entdeckergeist nachgehen kann, wird er wahrscheinlich vor Lebensfreude wieder sprudeln und kaum zu bändigen sein. So ist zumindest der Plan. Wenn nicht wieder irgendwas dazwischen kommt....Baca lagi

  • Tourihotspot im Paradies

    14 September 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 20 °C

    Der amerikanische Entdeckungsreisende John L. Stephens beschrieb in seinem Buch Incidents of Travel in Central America den Lago de Atitlán im 19. Jh. als „das großartigste Schauspiel, das wie je gesehen haben“ – und er hatte schon viel gesehen! Ich weiß nun was er meint, aber der Ort hat sich aufgrund seiner unglaublichen Schönheit, auch gleichzeitig zum größten Touristenmagneten des Landes entwickelt. Der erste Ort, den wir am Lago Atitlan ansteuern, Panajachel, ist wohl auch der geschäfigste und am meisten zu gebaute. Wenn man das Seeufer mit all seinen Reisebüros, Kunstgewerbehändlern, lauten Restaurants und nervigen Touristenfängern entlangschlendert und dabei immer auch noch versuchen muss, den knatternden Tuk-Tuks aus dem Weg zu springen, kann man schnell den Eindruck gewinnen, dass hier ein Paradies im Trubel versunken ist. Nichtsdestotrotz steht man an diesem aquamarinblauen See, wo rustikale Fischerboote entlang schippern, grüne Hügel die Szenerie schmücken und über allem erheben sich die drei riesigen Vulkane rings um den Lago Atitlan und man denkt sich: Wow! Das ist ein unglaublich magischer Ort. Wir wollen nun ein bisschen in den grössten See von Guatemala mit seinen sehr unterschiedlichen Ortschaften eintauchen. Es heißt Santiago Atitlán wartet mit einer stark ausgeprägten indigenen Identität auf, San Pedro La Laguna gilt als Backpacker-Partyzentrum, San Marcos La Laguna ist ein Magnet für New-Age-Jünger und Santa Cruz La Laguna und Jaibalito, näher an Panajachel gelegen, zählen zu den idyllischsten und malerischsten Orten am See. Wir beginnen natürlich mit dem Hippie-Zentrum: mit San Marcos La Laguna und sind gespannt, was uns da erwartet.Baca lagi

  • Esoterischer Kommerz im Paradies

    16 September 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 19 °C

    Wie auch bereits beim ersten Ort am Lago Atitlan, ist dieser Ort einfach nur spektakulär, bezaubernd und widersprüchlich zugleich. Es ist ein Ort wo Hippies, New-Age-Jünger und Esoteriker aus aller Welt sich treffen und teilweise auch niedergelassen haben, da sie diesem Ort eine besondere Energie zuschreiben. Hier gibt es esoterische Zeremonien jeglicher Art, Yoga, Meditationstempel, Reiki, ganzheitliche Therapien, holotropes Atmen, Estatic-Dance, Mantra-Singkreise, Kambo, und eigentlich die komplette weitere Bandbreite was diese sich überschneidenden Szenen zu bieten haben. Jedoch ist das Seelenheil der westlichen Menschen ja noch nie günstig gewesen und an diesem besonders energetischen Ort ist es noch kostspieliger. Ich wundere mich schon ein bisschen, wie die ganzen Hippies, die sonst nie Kohle für irgendwas haben, für das Erlernen von oben benannten Techniken plötzlich tausende von Dollar investieren können/ wollen. Ich war nämlich z. B. nicht bereit für einen 6-tägigen Workshop zum Thema "Pilzzucht" 1700 Dollar zu bezahlen, obwohl mich das Erlernen davon wirklich interessiert hätte. Naja, wenn die selbsternannten, westlichen Schamanen dann ihr geheimes Wissen über Körper und Geist ihren Padawans dann übermitteln, dann muss der Energieausgleich (so nennt man die Barzahlung in dieser Szene) auch wiederum angemessen sein. Kai und mir ist die kommerzielle Ausbeutung von spirituellen Themen zu flach, und einfach zu wenig authentisch. Das Dorf führt nämlich ein Doppelleben. Während sich die oben beschriebenen Touristen und Expats unten am Seeufer tummeln, leben oben auf den Hügeln die Mayas und gehen dort ihren uralten, traditionellen, spirituellen Ritualen nach. Am Hauptplatz treffen beide Teile unter dem großen matapalo-Baum (Würgefeige) zusammen um Lebensmittel im Laden zu kaufen. Leider mischen sich die beiden Gruppierungen ansonsten nicht wirklich miteinander, so dass trotz einer spirituell ausgerichteten Lebenssuche bzw. -wandel beider Gruppen es den Anschein macht, dass dort einfach kein echtes gegenseitiges Interesse besteht. Für die Mayas ist eine Partizipation an dem Geschehen der westlichen Esoteriker am Seeufer, ohnehin wegen den aufgerufenen Wucherpreisen gar nicht möglich. Und umgekehrt, ist es für eine westliche Reisende, wie ich es bin, nicht möglich gewesen, einen zwischenmenschlichen Kontakt an einen der dort ansässigen Maya zu bekommen und etwas über ihre Kultur zu lernen. Sobald ein erster, oberflächlicher Kontakt stattgefunden hat, schlug das Gespräch schnell um und es wurde versucht in irgendeiner Form Geld aus mir heraus zu pressen. Ich kann es den Mayas noch nicht einmal verdenken. Sie leben in ihrem Dorf an der Armutsgrenze, während die reichen westlichen Touristen sich im gleichen Dorf esoterische Kurse, pseudo-hippieske Unterkünfte und veganes Essen für unendlich viel Geld leisten, wovon die Mayas, trotz ihres eigentlich ebenfalls spirituellen Lebens, nichts abbekommen. Irgendwie finde ich diese Entwicklung am Lago Atitlan ziemlich paradox und traurig zugleich. Irgendwie auch am eigentlichen Sinne des suchenden Reisenden vorbei.
    Kai und ich haben beschlossen uns dann eben mehr auf die herrliche Kulisse mit den Vulkanen zu konzentrieren und sind um 4.00 Uhr morgens auf Indian Nose (einen der Berge um den See) geklettert um dann einen magischen Sonnenaufgang zu bestaunen, welcher uns 7 Vulkane offenbart hat, die man von dort aus dann am Horizont sehen konnte. Dieser Moment war unbezahlbar und magisch und hat mich wahrscheinlich viel näher an das ersehnte Gefühl gebracht, als es jeder dieser angebotenen Anwendungen hätte bei mir tun können.
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  • Der kultige Maya-Gott Maximón

    19 September 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 22 °C

    Santiago Atitlán haben wir bisher nur für einen Tagesausflug besucht. Es ist der größte und untouristischte Ort am See, mit einer ausgeprägten indigenen Identität, was meine Neugier natürlich wieder geweckt hat. Kai findet indigene Kulturen leider übrigens überhaupt nicht spannend., kommt aber irgendwie trotzdem mit. Viele atitecos (wie die Einwohner genannt werden) halten stolz am traditionellen Lebensstil der Tz’utujil-Mayas fest. Die Frauen tragen purpurfarben gestreifte Röcke und mit bunten Blumen und Vögeln bestickte huipiles, die älteren Männer noch immer lavendelfarben oder kastanienbraun gestreifte bestickte Hosen. Die cofradías (religiösen Bruderschaften) der Stadt halten die synkretischen Traditionen und Rituale des Katholizismus der Mayas aufrecht. Denn hier lebt auch der Maya-Gott Maximón, dem sowohl positive (heilende und beschützende) als auch negative (unheilvolle und verfluchende) Kräfte zugesprochen werden. Er erscheint als lebensgroße Puppe mit gebrochenem Bein, Hut, dunklem Anzug, Hemd, Krawatte, Stoffhose und teure Lederschuhe und manchmal trägt er auch Sonnenbrille, umgeben von Kerzen, Blumen und dem Duft von brennendem Weihrauch. Er wechselt alljährlich sein Zuhause in verschiedene private Haushalte und wird dort von vielen Pilgern besucht, während die "Gastfamilie" ihn versorgt. Das coole daran ist, dass Maximón ziemlich viel Alkohol und Zigaretten als Opfergaben bekommt. Der Stuhl, auf dem er sitzt, wird nach hinten gekippt und einige Tropfen Schnaps werden ihm eingeflößt; die Zigarren und Zigaretten werden von den Männern angeraucht und ihm dann glimmend in den Mundwinkel gesteckt. Musik, egal ob vorgesungen oder aus dem Radio, scheint er auch zu mögen. Außerdem wird Zeit mit ihm verbracht und miteinander geklönt. Was ein Leben.... ääh, sorry, was ein Tod. Wenn ich mal tot bin, möchte ich auch eine Maya-Göttin werden und weiterhin auch so gesellige Abende mit Kumpels verbringen können. Ich weiß leider bisher nur noch nicht, wie ich es bis zu diesem Kultstatus schaffen kann, aber ich arbeite daran.Baca lagi

  • Kunterbuntes Markttreiben

    20 September 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 21 °C

    Auch Chichicastenango haben wir nur im Rahmen eines Tagesausflugs besucht. Die masheños (Einwohner von Chichicastenango) sind bekannt dafür, an ihrem vorchristlichen Glauben und seinen Zeremonien festzuhalten. Um die katholischen Kirchen herum veranstalten die verschiedenen cofradías (religiöse Bruderschaften) Prozessionen zu Ehren ihrer Heiligen. Dazu werden unter anderem, wie auch bereits in Mexiko, rund um die Uhr ohrenbetäubende Raketen abgeschossen. Ich bin so froh, dass es diesen ver.....*piep* Brauch nicht im katholischen Köln gibt. Auf dem Friedhof hingegen, geht es eher vorchristlich zu und die Ahnen werden mit Feuerzeremonien und irgendwas leisem vor sich hin murmelend verehrt. Das ist mir tatsächlich direkt viel sympathischer. Aber der Hauptgrund warum ich hier hin wollte, ist eigentlich sowieso ein anderer: nämlich der riesige Markt, der hier einmal wöchentlich statt findet, und viele Mayas aus den umliegenden Dörfern, gehen auch heute noch stundenlang zu Fuß, um ihre Erzeugnisse auf dem Markt von Chichi anzubieten. Der Markt bietet alles an, was man im Alltagsleben braucht. Naja, besser gesagt, was das Alltagsleben in einem guatemaltekischen Dorf benötigt. Kreide, die man zum weichkochen des harten, getrockneten Mais' her nimmt, wird in Deutschland wahrscheinlich nicht soviel Kundschaft anziehen. Oder aber auch die angebotenen Schutzamulette oder Zaubertinkturen hätten womöglich eher wenige Abnehmer. Aber nicht nur die Warenauswahl ist besonders, sondern auch das Aussehen der Waren und der bunt gekleideten Menschen. Für mich sieht alles voll schön aus, da alles, wirklich alles in knallbunten Farben daher kommt. Es ist eine einzige Farbexplosion. Boom! Selbst der von uns besuchte Friedhof ist in bunten Pastellfarben. Aber schaut selbst.....Baca lagi

  • Das Projekt Backpiece-Tattoo

    21 September 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 21 °C

    Wir sind nun wieder an einem weiteren Ort am Lago Atitlan. Direkt am ersten Tag fällt mir ein Tattoo-Studio namens Smoking Papaya auf, welches ich direkt aufsuche und mit dem dortigen Künstler Marley gut in Kontakt komme. Ich schaue mir seine Arbeiten an, und bin beeindruckt. Er hat sich vor allem auf geometrische Tattoos spezialisiert, ist aber davon überzeugt, dass er meine weiteren organischen und realistischen Elemente in meiner Tattoo-Idee leicht umgesetzt bekommt. Ich habe bereits seit vielen Jahren den Wunsch nach einem Back-Piece (Tattoo über den gesamten Rücken) und trage meine Skizzen und Ideen, wie ungeöffnete Schätze bei mir. Leider bin ich bisher noch mit keinem Künstler in Ausgestaltung meines Tattoo-Designs weit gekommen, da es irgendwie nicht gepasst hat. Dieses Mal schaffe ich es tatsächlich ein komplettes Design für meinen Rücken mit ihm zu entwerfen, wo alle von mir gemalten Elemente drin vorkommen. Ich bin zufrieden mit dem Entwurf und er versichert mir, dass er das genau so hinbekommt. Wir sind im Geschäft! Er tätowiert mich und ich merke schnell, dass ich die damit verbundenen Schmerzen doch etwas unterschätzt habe und es wohl doch länger dauern wird, als die von uns angedachten zwei Wochen. Er hatte mir auch vorgeschlagen, direkt 10 Stunden Sitzungen zu machen. Für ihn scheint das eine machbare Dauer zu sein, wovon auch seine eigenen (Gesichts-)Tattoos zeugen. Keine Frage: Er ist ein hartgesottener und gleichzeitig ziemlich netter Kerl. Für mich sind seine Maßstäbe aber völlig unschaffbar. Bei einer einzigen Sitzung schaffe ich 6 Stunden am Stück, aber das werde ich auf keinen Fall ein zweites Mal so machen - denn mein Kreislauf ist später ganz schön abgekackt. 4 Stunden pro Sitzung bekomme ich pro Tag hin. Was ich ebenfalls unterschätzt habe, sind die doch ausgeprägten Mentalitätsunterschiede zwischen uns und damit ist nicht nur das lange Aushalten von Schmerzen gemeint. Seitdem er angefangen hat, mich zu stechen, wohnen wir, Marley, Kai und ich, quasi zusammen, da er uns angeboten hat, kostenlos ein Zimmer in seinem Hostel zu beziehen, wo er quasi auch drin wohnt. Da bekommt man mehr mit als einem vielleicht lieb ist. Zudem kommt, dass mir die Kommunikation miteinander bzw. seine Arbeitsmoral eindeutig zu laissez-faire ist. Seine Kumpels, die alle Nase lang vorbei kommen, um mit ihm einen zu kiffen, andere (teils illegale Geschäfte zu machen) oder was auch immer, während er mir gerade das Tattoo sticht und ich dann immer wieder halbnackt warte, bis er zuende gechillt hat, sind eines meiner Probleme mit ihm. Generell sind Terminabsprachen für ihn eher Optionen, die jederzeit durch andere "wichtigere" Angelegenheiten durchkreuzt werden können. Das andere Problem ist, seine scheinbar doch etwas weniger talentierte Kunst, als er bei mir angegeben hat. Nun bin ich verunsichert, ob er tatsächlich die richtige Wahl für mein Backpiece-Tattoo war, obwohl der Anfang so vielversprechend war und es schien, als wenn es endlich passt. (Ich möchte nochmals betonen, dass seine Präsentation im Internet und persönlich sehr professionell war und das gemeinsam entworfene Tattoo-Design mir immer noch sehr gut gefällt.) Aber was soll ich nun machen? Ich bin nun mitten drin im Prozess und abbrechen ist keine wirkliche Option (oder vielleicht doch?!) , da es dann vielleicht noch komischer wird, mit einem anderen Tattoo-Künstler, der dann in etwas Angebrochenen rum stochert. Ich hoffe, dass es vielleicht auch Teil des Prozesses ist unzufrieden zu sein und dadurch, dass es doch nur ein teilfertiges Bild ist, es sich noch etwas herumreißt. Weil an manchen Tagen, denke ich mir, dass es doch ganz cool ist.... Ich weiß es auch nicht! Bin stark verunsichert und deswegen, mache ich jetzt erstmal eine Pause und fahre mit Kai zu einem anderen ziemlich pittoresken Ort namens Antigua, wo ich mal ein bisschen Abstand bekomme und mir meine Gedanken zu dem Dilemma machen kann...
    P. S. : Das angehängte Bild ist ein am Laptop entworfenes Design, was GROB das Tattoo zeigen soll, wie es eigentlich auf meinem Rücken landen soll.
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  • Europäisches Stadtgefühl

    30 September 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 22 °C

    Wir sind nun in der historischen, kosmopolitischen und ehemaligen Hauptstadt Guatemalas. Eine große Attraktion hier in Antigua ist der feuerspuckende Vulkan Fuego, den man in einer 2-tägigen Wanderung besteigen kann. Kai wird dies zusammen mit Nola in Angriff nehmen, aber ich muss diesen Ausflug auf ein anderes Mal verschieben, da mein angefangenes Rückentattoo dies nicht zulässt. (Ich soll mich nicht körperlich anstrengen.) So klettern meine beiden Gefährten ohne mich auf den Vulkan. Das erste Mal seit unserer gemeinsamen Reise, dass ich 2 Tage ohne Kai bin. Ich genieße es aber alleine zu sein und mache einen ausgedehnten Stadtspaziergang durch das pittoreske Städtchen was zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Es fällt sofort auf, dass es sehr viele europäische Touristen hier gibt und auch viele Europäer sich hier fest niedergelassen haben; die sogenannten Expats. Die keine Stadt wimmelt nur so vor antiken Kirchen und Ruinen, Museen, kolonialer Architektur, internationalen Restaurants und gut besuchten Bars. Ich fühle mich ein wenig wie in einer europäischen Altstadt und ich muss zugeben, dass es mir total gut gefällt, obwohl ich mich sonst mehr zu naturnahen Orten hingezogen fühle. Ich spaziere also alleine rum, besuche ein Museum, fotografiere den prachtvollen Kolonialstil, und verharre in schicken Restaurant und Cafés. Ich habe es vermisst eine Steinofenpizza beim Italiener zu essen, oder einen Café au lait in einem französisch anmutenden Straßencafé zu schlürfen. Am Abend habe ich noch Lust auszugehen, was ich ebenfalls seit vielen Monaten nicht mehr gemacht habe, da es auch nie so richtig ein Angebot gab. (Außer die eine Goa-Party in San Cristobal, die sich für mich als katastrophal entpuppt hat.) Ich entscheide mich für einen Irish Pub, wo es Live-Musik gibt. Es dauert nicht lange, da habe ich zwei voll nette Jungs aus Irland (der Barkeeper) und Schweden (ein Expat) kennen gelernt und wir haben einen feucht-fröhlichen Abend zusammen. Später ziehe ich mit dem Schweden Max noch ein bisschen weiter in eine dänische Kneipe, wo wir seine Freunde aus Europa treffen. Wir betrinken uns alle samt ziemlich übel und ich habe am nächsten Tag einen Kater. Auch das hatte ich schon viele, viele Monate nicht mehr gehabt. Irgendwie hat dieser Tag/ Nacht ein bisschen nostalgische Gefühle in mir ausgelöst, da ich gemerkt habe, dass ich meine eigene Kultur doch mehr vermisse, als ich es jemals geglaubt hätte. Außerdem ist es wirklich einfach ein viel vertrauteres, soziales Miteinander, wenn man mit Europäern zusammen ist. Es ist nicht zu leugnen, dass es mir gefehlt hat. Ich hatte eine wirklich gute Zeit! Als Kai und Nola dann wieder gekommen sind, war es dann noch schöner, denn die habe ich ebenfalls vermisst.Baca lagi

  • Mein Tattoo-Entscheidungs-Findungs-Weg

    4 Oktober 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 22 °C

    Ich habe einen Termin mit meinem Tätowierer Marley am Lago Atitlan, welcher 3 Stunden Autofahrt von meinen jetzigen Standort in Antigua entfernt ist. Ich muss eine Entscheidung treffen, wie es nun mit meinen Backpiece-Tattoo weitergehen soll. Meine Tendenz ist, dass ich ihm sagen werde, dass ich etwas unzufrieden bin und nun verunsichert bin, ob ich mich weiter von ihm stechen lassen möchte. Jedoch habe ich auch Bedenken, wie seine Reaktion darauf sein wird und ob es tatsächlich die richtige Entscheidung für mich ist, das bereits angefangene Rückentattoo von einem anderen Künstler weiter machen zu lassen. So oder so, muss ich zurück zum Lago Atitlan, nicht nur um mit Marley persönlich zu sprechen, sondern auch, weil Kai und ich auch noch fast alle unsere Klamotten, da im von ihm bereit gestellten Zimmer hinterlassen haben. Einer muss sie holen. Ich fahre also allein und einen Tag vorher als zum besagten Tattoo-Termin los. Ich werde noch eine Nacht am Lago Atitlan verbringen, bevor ich wieder mit Sack und Pack und (hoffentlich) geklärter Angelegenheit zurück nach Antigua fahre. Zufällig treffe ich am Lago Atitlan Martin (plus Gefolgschaft), einen Weltreisenden aus England, den Kai und ich bereits in Mexiko kennen gelernt haben und seitdem immer wieder irgendwo zufällig treffen. Ein netter Kerl, der aber irgendwie auch am liebsten sich selbst beim Reden zuhört. Eine lose Verabredung zum gemeinsamen Essen folgt trotzdem. Es kommt dann aber doch "leider" nicht zum gemeinsamen Essen. Ich bin eigentlich schon auf dem Weg zu Martins Hostel, da treffe ich Lyon, einen Künstler mit dem ich bereits bei meinem letzten Aufenthalt schon mal einen Smalltalk hatte. Er sitzt draussen vor seinem Atelier und malt. Ich weiß über ihn, dass er ein kostenloses Projekt anleitet, wo jeder Interessierte kommen kann und er mit der jeweiligen Gruppe Kunst kreiert. Wir kommen wieder ins Gespräch, trotz, und mit vielen Sprachbarrieren. Ich berichte ihm, warum ich wieder am Lago Atitlan bin und von meinem bevorstehenden Gespräch mit meinem Tätowierer Marley. Er scheint meine Zerrissenheit zu merken und ich frage ihn, ob ich mit malen darf, da mich dies vielleicht auf andere Gedanken bringen wird oder besser gesagt mir Mut zum Entschluss gibt. Er hat tatsächlich Lust dazu, obwohl es eigentlich bereits spät abends ist, also gar nicht die Zeit für den angebotenen Workshop und es außer mir keine weitere Gruppe gibt. Es scheint ihn aber trotzdem zu freuen und so setzen wir uns zusammen und beginnen zu überlegen, was ich malen möchte. Irgendwie passiert es dann so, dass wir auch noch einen ganz kleinen Schnipsel LSD zusammen nehmen. Ich bin inspiriert und entscheide mich dafür einen Magier (siehe Anhang) zu malen. Es macht Spaß zu malen, während er auf seiner Handpan musiziert. Ganz schön viele Stunden verbringen wir so. Nun weiß ich auch, dass ich mein Tattoo nicht mit Marley vollenden werde. Mein Bauchgefühl hat eindeutig "Nein, breche es ab" geschrien. Am nächsten Tag checke ich aus dem Hostelzimmer (das Hostel gehört meinem Tätowierer Marley) aus und wie der Zufall so will, treffe ich Marley auch direkt vor der Tür. In kurzen Sätzen erkläre ich ihm, dass wir nicht mehr zusammen an meinem Tattoo arbeiten werden und ich das Projekt abbrechen werde. Er ist schon irgendwie geknickt, aber nun ist es raus. Als ich wieder im Bus nach Antigua sitze, fühle ich mich viel leichter und glücklicher.Baca lagi

  • Zentralamerikanische Kulinarik

    5 Oktober 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 22 °C

    Ich bin wieder zurück im wirklich gemütlichen Hostel in Antigua, wo Kai und Nola auf mich gewartet haben. Wir beschließen noch mindestens eine weitere Woche hier zu bleiben. Und das direkt aus mehreren guten Gründen:
    1. Kai meint, ich muss auch noch Mal auf den knapp 4000 m hohen Vulkan Acatenango hoch um von dort den benachbarten feuerspuckenden Vulkan Fuego zu sehen. Ich bin mir da gar nicht so ganz sicher, aktuell scheue ich noch die lange und harte körperliche Anstrengung die das bedeuten wird. Selbst die Sportlichsten, die von der Vulkanbesteigung wieder gekommen sind, meinten, dass es hart war. Da frage ich mich schon, wie ich als völlig Untrainierte da hoch kommen soll !?!?! Ich sehe schon die Schlagzeile: "Deutsche Touristin muss mit Hubschrauber vom Berg geholt werden."
    2. Wir müssen uns um unsere Papiere vom Auto kümmern und dazu benötigt es unter anderem eine Adresse, die wir hier hätten und eine Infrastruktur einer Stadt, die es hier auch gibt. Wir witzeln beide selbstironisch darüber, dass das Auto vielleicht schon ohne uns über die Grenze gefahren wurde, aber das sind nur flüchtige Gedanken, die nicht weiter verfolgt werden!
    3. Es gibt hier noch so viel mehr zu erleben. Oder aber man kann einfach nichts tun und es sich dabei gut gehen lassen, denn es gibt hier so ungewöhnlich gutes Essen, mit internationaler Küche, da kommt richtig Appetit auf. Nachdem wir nun ein halbes Jahr lang mit zentralamerikanischer Kulinarik Vorzug nehmen mussten, die zu 95% aus Tacos, Nachos, Bohnenmus und Hähnchen besteht und in restlos ALLEN Restaurants serviert wird, schmeckt so eine vegetarische Gemüsepfanne wie das leckerste Mahl der Welt.
    Ich hab wieder gefallen am guten Essen gefunden und belege einen Maya-Kochkurs um mich vielleicht doch noch davon überzeugen zu lassen, dass es in dieser Region der Welt, auch doch noch leckere Gerichte gibt, die man für seine Freunde zuhause nach kochen könnte. Wer sich jetzt schon auf die nächste Essenseinladung bei mir freut, den muss ich leider enttäuschen. Die verwendeten Zutaten für die traditionellen Maya-Rezepte existieren in Deutschland einfach nicht. Teilweise waren es mir völlig fremde Lebensmittel, wovon ich trotz Google-Recherche noch nicht einmal den Namen raus finden konnte. Aber es gibt trotzdem auch eine gute Nachricht: die Zutaten für Tacos, Hühnchen, Nachos und Bohnenmus bekomme ich auch im deutschen Supermarkt. Die Essenseinladung steht. Es wird zwar nicht lecker, aber authentisch.
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  • Kleine Vulkanbesteigung

    6 Oktober 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 22 °C

    Da Guatemala 34 aktive Vulkane hat, komme ich wohl nicht umhin einen von ihnen zu erklimmen. Mit seinen knapp 2600 m ist der Vulkan Pacaya einer der durchaus machbaren Vulkanwanderungen. Der 3 stündige, steile Fußmarsch über gerölligen Boden, der kurz vor dem Gipfel eigentlich nur noch loser Schutt und Asche ist, gestaltet sich doch anstrengender als erwartet. Das scheinen die Einheimischen auch zu wissen, und deswegen wird man auf dem Weg von einem Dutzend nerviger "Tourguides" mit einer Herde ausgemergelter Pferde verfolgt. Diese warten nur auf den Moment, wo man aufgibt und sich doch ein "Pferdetaxi" gönnt. Da sie mich alle 10 Minuten penetrant gefragt haben, ob ich nicht doch umsteigen wolle, wurde ich eigentlich nur motivierter den Weg ohne einen Gaul zu meistern. Als wir es dann geschafft haben, war klar, dass es sich gelohnt hat. Leider gab es bei uns keine Lavaströme mehr zu bestaunen, da diese seit ungefähr einem halben Jahr nicht mehr rot-glühend durch das Geröll fliessen. Aber auch das erkaltete Lavafeld ist vollkommen spannend und es offenbart sich eine unwirklich anmmutende Mondlandschaft vor einem, durch die man spazieren gehen kann. Der Oberlauf weist Lavaformationen auf, die durch die jüngsten Strömungen entstanden sind, während der Gipfel einen spektakulären Blick auf nahegelegene Vulkane wie Agua, Acatenango und Fuego bietet. Das Lavageröll ist schwarz, glitzernd und wenn man Glück hat kann man auch einen Obsidian finden. Es war auch interessant zu sehen wie viel Hitze noch herrschte, teilweise dampfte noch heiße Luft aus dem Boden heraus. Wir konnten ein paar Felsbrocken zur Seite schieben und in dem Loch dann, an Stöcken ein paar Marshmallows grillen. Ein wirklich gelungener Ausflug war das. Irgendwie hat mich diese Vulkanbesteigung für Anfänger nun doch angespornt, mich an die hohen Vulkane zu trauen, auch wenn ich noch immer etwas Angst wegen meiner unzureichenden Kondition habe und die Höhe dabei auch ein nicht zu unterschätzender Faktor ist. Aber ich hab voll Lust bekommen, einmal in meinem Leben echte Lava und einen Asche- und Feuer spuckenden Vulkan zu sehen.Baca lagi

  • Große Vulkanbesteigung

    9 Oktober 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 22 °C

    Ich habe mich nun mental darauf vorbereitet und Kai hat's mir vorgemacht. Er war ja bereits mit Nola oben. Wir besteigen nun noch mal zusammen den 3976m hohen Vulkan Acatenango. Zwei Tage wird der Anstieg dauern und eigentlich ist alles voll gut von der Agency organisiert. Ich brauche nur noch hoch laufen, ohne irgendwas zu organisieren oder gar hoch zu schleppen (außer mehrere Liter Wasser, die ich auf dem Weg nach oben in vielen kleinen Schlücken trinken soll). Was soll ich sagen: ich bin aufgeregt! Der erste Tag wird ungefähr 6 Stunden sehr steil und stetig bergauf gehen, bis wir im sogenannten Basislager angekommen sind. In der Nacht (um 4.00 Uhr) geht es dann nochmals weiter auf den Gipfel um den Sonnenaufgang um ca. 5.30 Uhr zu sehen. So der Plan. Es geht los mit einer Einweisung von der Agency und Ausstattung mit Equipment unserer Wandergruppe. Wir sind ca. 20 Personen, die hauptsächlich aus Israel, USA und Deutschland kommen. Wir werden zum Vulkan Acatenango gekarrt und los geht's. Die ersten Schritte bergauf und ich bin bereits aus der Puste. Ohje... Ich versuche mich daran zu erinnern, was der Instructor gesagt hat: "Das wichtigste ist die Atmung. Nase ein- Mund aus." Ach nee, da ging es um das Verhindern der Höhenkrankheit. Ich gehe, und gehe und eigentlich kann ich (gefühlt) die ganze Zeit schon nicht mehr. Aber irgendwann habe ich das Gefühl, dass es keine Frage meiner physischen Kraft mehr ist- denn die ist schon lange verbraucht- sondern eher meine mentale Kraft gefordert wird. In meinem Kopf macht sich selbständig das Mantra breit: "Atmen, Fuß heben, Atmen, Fuß senken, Atmen, .... " Irgendwie so erreiche ich dann tatsächlich das Camp auf ca. 3500m Höhe. Einige aus der Gruppe sind von der Höhenkrankheit betroffen. Kai und ich sind aber zum Glück verschont geblieben. Wir haben von unserem wirklich schönen Camp aus einen Premium-Blick auf den Nachbar-Vulkan Fuego. Als dieser das erste Mal tagsüber eine riesige Geröll- und Aschewolke in die Luft schleudert, bin ich so überwältigt von dieser brachialen Urgewalt, dass ich feuchte Augen bekomme. Sicherlich spielt die Tatsache, dass ich mich selber an meine persönliche, physische Grenze gebracht habe, auch eine Rolle dabei, dass ich so emotional auf die erste Vulkaneruption in meinem Leben reagiere, aber nicht nur. Als es dann dunkel wird, sehen wir alle das erste Mal in unseren Leben wie der Vulkan Feuer speit und diese dann als Lavaflüsse den Berg hinab fliessen. Ich kann es kaum in Worte fassen was da in meinem Inneren passiert ist: vielleicht trifft es das Wort Ehrfurcht ganz gut. Ich sitze Stunden am Abhang vom Camp und beobachte die häufigen Eruptionen des Vulkan Fuego, die jedesmal mit einer Wucht mehrere hundert Meter hochgeschleuderten glühenden Gesteinsbrocken erzeugen eine Feuerfontäne und eine Aschewolke, die bei Tag den Himmel darüber verdunkelt und bei Nacht den Himmel erleuchtet. Es ist auch jedes Mal eine leichte Druckwelle zu spüren, wenn er wieder ausbricht. Zudem hört man das Gurgeln und Malmen aus den tiefen der Erde. Es ist ein einmaliges Erlebnis und ich könnte den Vulkan noch ewig bestaunen, aber es ist auch arschkalt da oben. Trotz eigentlich guter Ausrüstung, die von der Agency gestellt wurde, muss ich mich ans rauchige Feuer zurück ziehen, wenigstens ein bisschen Wärme erhaschen und dann schnell ins Zelt bzw. in den Schlafsack. Nola und ich frieren um die Wette. Kai ist tatsächlich am späten Abend noch losmaschiert um noch ein Stück näher an den Vulkan Fuego zu gelangen. Er ist schon ein wenig verrückt! Um 4.00 Uhr morgens geht's dann schon wieder los auf den 1,5 Stunden entfernten Gipfel um den Sonnenaufgang zu begrüßen. Weder Kai, noch ich schaffen es, aufzustehen. Wir sind zu fertig, zu durchgefroren, zu wenig geschlafen um diese Option ernsthaft in Betracht zu ziehen. Wir bleiben einfach liegen und schlafen noch ein bisschen, bis der Teil der Gruppe, der sich das antun will, wieder zurück im Basiscamp ist. Für mich ist es nicht schlimm, dass ich nicht ganz oben auf dem Gipfel war, um von dort den Sonnenaufgang zu sehen. Ich habe ihn vom Camp aus gesehen und das war schon spektakulär genug. Aber das wichtigste war für mich sowieso der feuerspuckende Fuego. Der Abstieg war richtig Knie-feindlich, aber das war irgendwie dann auch egal, denn dieses Naturspektakel hat alles jemals von mir gesehene übertroffen!Baca lagi

  • Ein ganz normaler Reisetag in Guatemala

    13 Oktober 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 29 °C

    Unser Auto, was nach wie vor an der mexikanischen/ gualtemaltekischen Grenze, auf Abholung wartet, könnte nun rüber gebracht werden. Die neuen Autopapiere und Nummernschilder sind angekommen. Das Auto ist nun offiziell mein US-amerikanischer Firmenwagen. Wir machen uns mit dem öffentlichen Bussen quer durchs Land auf dem Weg zur Grenze. Leider können wir keinen viel komfortableren Touristen-Van nutzen, da die Fahrer sich weigern unseren Hund mitzunehmen. Die "Chicken-Bus-Fahrt" dauert insgesamt 12 skurrile Stunden, obwohl die Strecke eigentlich nur 304 km beträgt. Es geht los und nach wenigen Minuten fühle ich mich wie auf der Colorado-Achterbahn im Phantasialand, und das nicht nur wegen der Kulisse. Zum Glück gibt es hier, genauso wie auf der Colorado-Achterbahn eine Metallstange an der man sich festkrallen kann, während der wahnsinnige Busfahrer seinen in die Jahre gekommenen alten, amerikanische Schulbus voll ausfährt und dabei ignoriert, dass die Bergpässe kurvig, holprig und mit Schlaglöchern übersät sind und die seitlichen Abhänge tief. Während der Bus röhrt und alles an ihm klappert, läuft zusätzlich laute Volksmusik. Ein Gespräch unmöglich, da man sein eigenes Wort nicht versteht. Trotzdem steigen immer mal wieder, mit einem laut hallenden Mikrofon bewaffnete Kaffeefahrt-Verkäufer ein, um den hilflos ausgesetzten Reisegästen, von den Vorzügen ihrer besonders verjüngenden Pflegeprodukten zu überzeugen. Hinzu kommen dann auch noch die "normalen Straßenverkäufer" die sich bei jedem Stop, in den zumeist sowieso hoffnungslos überfüllten Bus, noch schnell mit reinquetschen um Früchte oder Tortillas zu verkaufen und dann genauso schnell wieder verschwinden, wie sie sich durch den Gang gedrängelt haben. Immer wieder boxt sich der Fahrkartenverkäufer durch die Menge und kassiert den gerade ausgedachten Fahrpreis. Wir für unseren Teil, mussten in manchen Bus für unsere Rücksäcke ein ganzes Ticket lösen, oder aber für den Hund, manchmal auch nichts von alledem. Manchmal bezahlen wir den gleichen Preis und manchmal den doppelten wie die Einheimischen. Einmal habe ich unverschämterweise das Ticket für meinen Sitznachbarn mitbezahlt, habe es aber leider zu spät kapiert. Der Sitznachbar hat nämlich vorgetäuscht, dass ich seine Freundin sei. Wer jetzt glaubt, das, wenn man einen Sitzplatz ergattern konnte, sich in einer halbwegs komfortablen Situation befindet, der irrt. Eine für eigentlich zwei Personen ausgelegte Sitzbank, wird wie selbstverständlich von drei Personen eingenommen und wenn man viel Pech hat, versucht sich noch eine vierte Person rein zu drücken, die dann aber manchmal lautstark von den bereits sitzenden Gästen vertrieben wird. Kinder, Hühner, Reissäcke und anderes unhandliches Gepäck, habe ich ganz vergessen zu erwähnen. Dies wird ebenfalls, wie ganz selbstverständlich, auf einem abgestellt, wenn man einen Sitzplatz hat. Da dies hier alles selbstverständlich zu sein scheint, mache ich mir auch keine Sorgen darüber, dass Nola lang ausgestreckt über meinem Schoß und den von meinem Sitznachbarn liegt und dort zum Glück fast alle Reisestunden verschläft-auf dem Boden wäre nämlich sowieso kein Platz. Zu allem Übel scheint Guatemala gerade von Protesten betroffen zu sein, so dass viele Hauptstraßen (oft die einzigen passierbaren Straßen) von irgendwelchen politisch motivierten Gruppen blockiert werden. Das Militär ist ebenfalls da, aber es ist bisher alles gewaltlos. Teilweise werden die Straßen tagelang blockiert. Warten ist angesagt! Umwege werden in Kauf genommen und mit Passiergeldern bestochen. Immer wieder müssen wir deswegen auch den Bus wechseln, bzw. teilweise mit TukTuks die Blockaden umfahren. Während des Umsteigens wird man von irgendwelchen Angestellten angeschrien, mit dem Ziel das jeder so schnell wie möglich seinen neuen Platz im Bus einnimmt. Selbst 80-Jährige werden nicht verschont und gehetzt. Generell ist schreien, scheinbar die einzige Kommunikationsart die hier Anwendung findet. Geht ja auch kaum anders, irgendwie muss man den ganzen Lärm ja übertönen, um gehört zu werden. Während der ganzen 12-Stündigen Fahrt trinke ich keinen Tropfen, den Pinkelpausen gibt es nicht und das wäre zu aller Anstrengung, noch eine richtige Qual mit voller Blase im holprigen Bus zu sitzen. Kai war leider nicht so vorausschauend und ihm stand das Pipi schon in den Augen, als er es bei einem Umstieg, trotz Hetze, schnell geschafft hat, in einen Busch zu pinkeln. Ich könnte noch von den Kurven berichten, die bei den Reisenden Übelkeit ausgelöst haben, aber ich will zum Abschluss nun noch in ein Lied einstimmen:
    "Eine Busfahrt die ist lustig, eine Busfahrt die ist schön, da kann man die Passagiere aus dem Fenster kotzen sehen.... "
    Was freue ich mich, wenn wir wieder mit unserem eigenen Auto unterwegs sein können.
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  • Vom Glück und Unglück eines Autos

    14 Oktober 2021, Guatemala ⋅ ⛅ 15 °C

    Wir haben nach der langen Busfahrt erstmal eine Nacht in einem schlimm verdreckten Hotel (es gab nur schlimm verdreckte oder hoffnungslos schlimm verdreckte Hotels) an der Grenze geschlafen, mit der großen Hoffnung unser Auto namens Diego am nächsten Morgen über die Grenze zu bringen. Bereits um 7.00 Uhr morgens gehen wir zu dem Parkplatz, im Niemandsland, zwischen Mexiko und Guatemala, wo wir Diego bereits vor einem Monat abgestellt und mutterseelenallein zurück gelassen haben. Kai bereitet uns mental auf die mögliche Katastrophe vor, dass die Karre weg sein könnte, oder zumindest Teile davon. Es ist aber alles noch da, und es bereitet sich eine erste große Erleichterung bei uns aus. Die erste Hürde ist überwinden. Jetzt kommt der zweite Teil: der Grenzübergang! Aber auch das klappt vollkommen reibungslos mit den neuen Dokumenten, die mich als Besitzern dieses US-amerikanischen Firmenfahrzeugs auszeichnen. Trümmertours & Partner GmbH ist wieder on the road! Es ist mein Geburtstag heute und das dies nun geklappt hat, war mein größtes Geschenk. Happy Birthday!
    Leider währt das Glück nur kurz. Bereits ca. 2 km nach der Grenze, gibt es wieder eine Straßenblockade. Es ist laut Aussage, der anderen festsitzenden Auto- und LKW-fahrer, auch die einzige befahrbahre Straße. Im Gespräch mit den anderen wartenden Autofahrern teilen uns diese mit, dass die Blockade bereits seit 3 Tagen bestehe und der Grund Unzufriedenheit mit dem Präsidenten sei. Das ebenfalls anwesende Militär lässt gewähren. Vielleicht sind sie auch unzufrieden, oder stoisch, keine Ahnung, aber es läuft bisher alles zum Glück gewaltfrei. Es geht der Buschfunk um, dass die Straßenblockade wahrscheinlich heute zwischen 16.00 Uhr und 18.00 Uhr aufgelöst werden wird. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Als ich auf die Uhr schaue ist es 10.00 Uhr morgens. Ich halte es nicht aus, so lange zu warten- selbst wenn es stimmt und die Blockade heute Abend aufgelöst wird. Die Sonne bruzelt erbarmungslos auf uns drauf. Ich bettel die Protestierenden an uns durch zu lassen, da heute mein Geburtstag ist und ich den nicht wartend auf der staubigen Straße verbringen möchte. Es nutzt natürlich nichts. War auch nur ein lausiger Versuch. Meine Stimmung sinkt. Es gäbe einen Nebenweg durch die Berge; mehr Ziegenpfade, als eine echte Straße, aber wir haben ja einen 4-Rad-Antrieb, denke ich, und Kai muss nicht lange überredet werden, um sich mit mir in dieses Abenteuer zu stürzen. Die anderen wartenden Autofahrer raten uns ab, da sie meinen es sei gefährlich -inwiefern erfrage ich erst gar nicht. Unsere Entscheidung steht sowieso fest. Außerdem bin ich mir nicht so ganz sicher, ob die Stimmung des Militärs nicht doch noch kippen könnte. Kurze Zeit später fahren wir auf Straßen, nein, Straßen kann man das wohl nicht nennen, eher unwegsames Gelände. Meine Offroad-Skills verbessern sich, innerhalb nur eines Tages, von blutiger Anfänger zu Professionell. Anders wären wir auch kaum durch das guatemaltekische Hochland bzw. den ersten Tag davon durch gekommen. Wir haben bei einem ganzen Tag Fahrtzeit weniger als 100km zurück gelegt, in der durchgehend volle Konzentration nötig war um nicht mit dem Auto abzuschmieren. Obendrein streiten wir uns auch noch richtig bescheuert, weil ich verkündet habe, dass ich enttäuscht von meinem Geburtstag bin, und ich mir den nicht, den ganzen Tag im Auto sitzend, vorgestellt habe. Unsere Nerven liegen aber so blank, dass dies genügt um einen heftigen emotionalen Streit vom Zaun zu brechen. Bevor es dunkel wird, suchen wir eine Unterkunft und werden trotz absoluter Hinterland-Pampa sogar fündig. Denn im Auto zu schlafen erscheint uns irgendwie zu unsicher. Wir vertragen uns am Abend auch wieder, aber der für mich sonst so besonders wichtige Tag (ich liebe es nämlich meinen Geburtstag zu zelebrieren), ist für mich gelaufen. Voll doof. Es hatte so schön begonnen. Am nächsten Tag geht die Abenteuerfahrt durch unwegsames Gelände weiter. Den ganzen Tag steuer ich bangend das Auto durch eigentlich unpassierbare Wege, mit der Hoffnung ganz bald aus diesen Bergen raus zu kommen. Wir queren Landstriche, wo die Menschen hier scheinbar noch nie blonde Menschen gesehen haben. Anders kann ich mir sonst kaum erklären, dass wir bei einem kurzen Stopp auf einem Markt, die völlige Attraktion darstellen. Alle starren uns an. Einige Frauen umzingeln mich und die eine nimmt einfach eine meiner Locken in die Hand, und zupft daran. Alle Frauen drumherum kichern, und sie macht es noch einmal. Ich bin irgendwas zwischen verdutzt und ebenfalls belustigt und weiß nicht was ich sagen soll. Aber das macht nichts, denn spanisch spricht hier sowieso niemand, geschweige denn englisch. Sie sprechen eine der vierzähligen Maya-Sprachen, die sich in jedem Dorf ändert. Ich sage also nix und kaufe stumm weiter ein. Ehrlich gesagt stellen die Leute, besser gesagt die Männer in ihrer traditionellen Kleidung für mich auch eine Attraktion dar, nur versuche ich subtiler zu glotzen. Ich weiß nicht, ob es mir gelingt.
    Nach zwei nervenaufreibenden Tagen im Auto erreichen wir sicher unser eigentliches Ziel. Ich denke, ich fühle mich nun gut vorbereitet für die German Offroad Masters (GORM) mit ihren 24-Stunden-Rennen und werde mich anmelden. ;-)
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