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  • Day 1

    Ankommen!

    May 14, 2019 in Portugal ⋅ ⛅ 28 °C

    Irgendwie kam der Tag X dann doch schneller als erwartet. Saß ich morgens noch mit einer guten Freundin bei einem ausgiebigen Frühstück, so saß ich Abends mit einer mir völlig fremden Person beim Abendessen. Fragte ich mich kurz vor dem Flug, ob man mich an meiner Hose als Pilgerin entlarven könne, so war diese Hose doch gleich der Eisbrecher, für ein ausgiebiges Gespräch, mit der Fremden. Wie verrückt das ganze doch einfach war, so verrückt war auch diese Person. Naja, wohl eher etwas verpeilt, hatte sie noch weniger einen Plan vom Weg, als ich. Ob sie überhaupt nach Santiago pilgert oder doch gleich ihren Urlaub in Porto verbringt, diese Entscheidung ließ sie sich offen. Ihr Rucksack war ihrer Meinung nach eh viel zu schwer, was an dem ganzen Proviant lag,     von dem sie mir ausgiebig erzählte. Wer kann schon auf eine selbstgemachte Frikadelle verzichten?! 
     
    Nach einem ausgiebigen Abendessen und einer lieben Umarmung trennten sich unsere Wege im gemeinsamen Hostel. Es war ein aufregender Tag, mit einer netten Begegnung, die ich so schnell nicht vergessen werde.
     
    Wie ihr aus diesen Zeilen heraus lesen könnt, hat mich der Camino mit offenen Armen empfangen und ich bin voller Vorfreude, auf viele weitere Begegnungen mit liebevollen Menschen. 
     
    Danke für all die lieben Worte und Motivationen von meiner Familie, meinen Freunden, Kollegen, und vorallem von meinem Bruder (welcher mich tatsächlich zum ersten mal auf dem Weg, sogar noch in der Heimat zum heulen brachte). Ich bin froh, so tolle Menschen wie euch an meiner Seite zu haben.
     
    Eure Julia
     
    "Wenn man nicht weiß, wohin man will, so kommt man am weitesten" (William Shakesspeare)
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  • Day 2

    O Porto, wie schön du bist!

    May 15, 2019 in Portugal ⋅ ⛅ 16 °C

    Da stand ich nun, vor der Kathedrale in Porto, mit meinem ersten Stempel im Pilgerpass. Dieser Pass ermöglichte es mir, in den Herbergen auf dem Camino die nächsten Nächte zu schlafen. Porto ist wirklich wunderschön und eine Reise wehrt. Die Altstadt, mit ihren engen Gassen und kleinen Bars/Cafes sind sehr einladend. Ich werde auf jeden Fall wieder kommen. 
     
    Da ich mein erstes Etappenziel mit fast 33 km nach Vila do Conde doch recht weit wählte, entschied ich mich mit dem Bus nach Mathosinhos zu fahren, um von da aus meine ersten Schritte auf dem heiligen Weg zu gehen. Ich sollte nicht als einzige diese Idee haben, erwartete mich dort das erste mal eine Schar von Pilgern. 
     
    Der Weg führte direkt am Atlantik entlang, verlaufen konnte man sich unmöglich. Die Sonne im Rücken, die frische Luft in der Nase und das Rauschen des Ozeans  brachten mich schnell voran. Immer wieder hielt ich inne um den riesigen Wellen beim brechen zuzusehen.
     
    Nach fünf Stunden und 23 km erreichte ich erschöpft Vila do Conde. Dass einzige, an was ich denken konnte war eine Dusche, etwas zu essen und ein Bett. Da ich eine der ersten in der Herberge war, ergatterte ich ein Bett in einem Schlafsaal, was nicht selbstverständlich ist. In der letzten Ecke, auf dem Boden schlafen oder auf einer Klappcouch ist ebenfalls keine Seltenheit. 
     
    Nach einer warmen ausgiebigen Dusche und einem Pilgermenü in der der Gaststätte um die Ecke wollte ich nur noch ins Bett. Meine Füße brannten und die ersten Blasen kamen zum Vorschein. Hatte ich mich am ersten Tag bereits übernommen?!
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  • Day 3

    Immer weiter, niemals zurück

    May 16, 2019 in Portugal ⋅ ⛅ 15 °C

    Um sechs Uhr morgens erwachte langsam, aber allmälig die Herberge. Hier ein raschelndelnder Schlafsack, dort ein raschelnder Rucksack. Einen Wecker brauchte man sich nicht stellen, wurde man, dank der anderen Pilger wach. Also fing auch ich an, meine Sachen zu packen, um mich anschließend auf den Weg zu begeben. 

    Das erste Stück führte weiter durch die Stadt Vila do Conde. Bis ich endlich wieder am Atlantik war, verging die Zeit recht schleppend. Nach einer Stunde machte sich bereits meine Uhr bemerkbar, dass ich mein Schritteziel für den heutigen Tag erfüllt hatte. Ha, wenn die wüsste, wie viele noch folgen sollten. Wieder einmal zeigte sich der Atlantik in voller Pracht. Wellen peitschten gegen die Felsen im Wasser. Auch heute ging der Weg wieder etliche Kilometer an Wasser entlang. Nur heute gingen mir die Schritte nicht so leicht von der Hand, wie am gestrigen Tag und so machte ich nach 10 km eine Pause um neue Kraft zu tanken, für die nächsten 15 km nach Esposende. 

    Als ich wieder los lief, taten mir die Füße noch mehr weh. War dies die erste Erkenntnis des Weges, nicht verharren, immer weiter vorwärts. Vorankommen, auch wenn es schwer fällt. 

    Da es sich um eine neuere Variante des Küstenwege handelt, war ein Teil noch nicht fertig gebaut. Somit führte der weitere Weg, vorbei an Gemüsfeldern, Gewächshäusern und kleinen Wäldern. Dies war mindestens genauso schön, nur stellte sich die Straße mit Pflastersteinen als ziemlich unwegsam herraus. Was ein schnelles Vorankommen für mich unmöglich machte. Immer wieder wurde ich von     älteren Herren überholt. Ich fragte mich, was sie wohl anders machen würden? Wahrscheinlich taten sie ihr ganzes Leben nichts anderes, denn so sahen sie aus. Oder hatten sie einfach einen leichteren Rucksack?! Somit stellte ich mir das erste mal auf dem Weg eine wichtige Frage. Hatte ich zu viel eingepackt?! Ich nahm mir vor, am Abend mein Gepäck neu zu "beurteilen" und notfalls am nächsten Tag via Postweg etwas in die Heimat zu schicken. 

    Als ich die Unterkunft erreichte, war die Freude groß. Endlich wieder duschen und in der Waagerechten liegen können. Dieses Mal hatte ich Glück und bekam sogar ein Bett, im unteren Bereich des Hochbett. Das heißt ich musste mich über keine schmale Leiter hoch quälen und auch musste ich mir keine Gedanken machen, wie ich wieder runter komme. Bei dem Muskelkater, den ich bereits in den Beinen verspürte ein tolles Gefühl. 

    Und nun heißt es die nächste Etappe planen. So hoffe ich, dass ich es morgen bis Viana do Castelo schaffe. Dies soll mit eine der Städte- Highlights auf dem Weg sein. Ob sie Porto topen kann, ich bin gespannt. 

    "Du musst gehen, um voran zu kommen"
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  • Day 6

    Hoch hinaus (Teil eins)

    May 19, 2019 in Portugal ⋅ ⛅ 15 °C

    Die letzten beiden Tage waren sehr anstrengend, schmerzhaft und vor allem kräftezerrend. Aber fangen wir ganz vorne an. Meine dritte Etappe nach Viana do Castelo war die bisher härteste Strecke des Weges. Am Morgen entschied ich ein wenig Last los zu werden und ging kurzerhand zur Post. Da mir mein Hüttenschlafsack als ausreichend erschien, entschied ich mich meinen dicken Schlafsack, mein Kissen, sowie ein paar unwichtige Dinge nach Hause zu senden. Gegen neun Uhr machte ich mich dann mit 2,5 Kg weniger im Gepäck auf den Weg. 

    Anfangs verlief der Weg wieder einmal direkt entlang der Küste. Nach etwa einem Kilometer kam ich an eine Gabelung. Dort standen sie wieder, die Italiener, welche ich schon in Porto an der Kathedrale gesehen hatte. Dort standen aber auch noch zwei weitere ältere Herren, die mich an Hand meines Englisch als Deutsche entlarvten. Da mir die Italiener eh viel zu fix unterwegs waren, entschied ich mich gemächlich mit den beiden Herren ein Stück zu gehen und zu plaudern. Dies taten wir ausführlich, kam man auf dem Camino doch recht schnell mit Leuten ins Gespräch, was diesen Weg wohl auch so besonders macht und vor allem für mich, persönlich machen sollte. So gingen wir etwa zwei gemeinsame Stunden zusammen. Sie erzählten über sich, ich erzählte über mich. Hatte der ältere, der beiden Herren sogar Bezug zu meiner alten Heimatstadt Neubrandenburg. So erzählte er mir unter schmunzeln, dass er damals Beziehungen zu Neubrandenburger Sportlerinnen pflegte, ins Detail wollte er jedoch nicht gehen, ich nahm es ebenfalls mit einem schmunzeln zur Kenntnis. Im übrigen war der gute Herr bereits 76 Jahre alt und ging seinen dritten Camino. Respekt an dieser Stelle. Die zwei beschlossen in Belinho einen Kaffee zu trinken. Ich ging alleine weiter. 

    Der Teil des Weges war wiedereinmal wunderschön. Ging durch kleine Dörfer, vorbei an sämtlichen Gemüsefeldern und durch kleine Wälder. Dann kam ich an eine Kirche, ich entschied mich, hinein zu gehen. Was im Anschluss passierte konnte ich so gar nicht deuten. Mir liefen die Tränen, war ich doch überwältigt, von all dem was ich bis dato gesehen und erlebt hatte. Ich fragte mich, was noch kommen mag, war ich doch erst am Anfang des Weges. 

    Nach einer ausgiebigen Pause ging ich weiter. Nun wurde es allmälig steiler, es ging langsam aber sicher in die "Berge", wenn man die kleinen Erhebungen überhaupt als Berge bezeichnen kann. Ich trottete so vor mich her, kam ich mit den beiden Herren doch recht gut voran, so war jeder Schritt allein, ein hart umkämpfter. 

    Der Weg war immer wieder mit den bekannten Pfeilen versehen, doch an einer Gabelung fehlte dieser und es kam wie es kommen musste, ich entschied mich für den falschen Weg. Im Endeffekt hieß dies einen kleinen Umweg von 2 km zu gehen, was vielleicht nicht nach viel klingt, diese zwei km sollten sich am Ende des Tages jedoch bemerkbar machen. 

    Immer wieder kam ich an kleinen Kirchen vorbei und meistens machte ich dort eine kleine Pause, um meine mit Blasen übersähten Füße zu lüften. Ab dem Moment verfluchte ich meine Schuhe, hätte ich sie doch am liebsten irgendwo stehen lassen. Doch hielf dies alles nichts lief ich weiter und endlich sah ich auch mein Ziel, die Stadt Vila do Castelo. Stück für Stück kam sie dichter, konnte mein nächstes Hostel also nicht lange auf sich warten lassen. Doch lag ich mit dieser Vermutung falsch, nachdem ich via Google Maps abscheckte, wo ich denn hin musste. Meine Unterkunft befand sich an der Kirche Santa Luzia. Da ich einen recht guten Blick über die Stadt hatte, sah ich eine Kirche, welche sich hoch oben auf einem Berg befand. Ich dachte mir, nein ich hoffte innerlich, dass es sich sicher nicht um die Kirche handeln würde. War ich wirklich so verrückt und hatte mir dort oben ein Bett reserviert?! 
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  • Day 7

    Hoch hinaus (Teil Zwei)

    May 20, 2019 in Portugal ⋅ ⛅ 16 °C

    Wieder fragte ich meinen besten Freund der letzten Tage - Google. Mit erschrecken musste ich feststellen, dass es sich dabei tatsächlich um die Kirche handelte, welche dort, hoch oben auf dem Berg lag. Ärgerte ich mich über mich selbst, vorher nicht richtig gelesen zu haben, konnte ich dies nun nicht mehr rückgängig machen. Ich fragte mich, wer zur Hölle auf die Idee kam, dort oben eine Pilgerherberge zu erbauen. Also quälte ich mich Schritt für Schritt, immer wieder verschnaufend am Wegesrand den Berg hoch. Hatte ich bereits schon fast 30 km in den Knochen, kroch ich förmlich die enge Straße hoch. Zu allem Übel musste ich den letzten Kilometer nun auch noch Treppen steigen. Diese zogen sich ewig hin, nach gefühlten 200 Treppenstufen erreichte ich endlich die Santa Luzia und mich belohnte ein atemberaubender Ausblick über die Küste Portugals. Hatte ich mich den ganzen Tag über gequält, so wurde ich am Ende doch belohnt, war glücklich und hatte ein breites Grinsen im Gesicht. 
     
    Ich traute mich gar nicht zu schauen, was der Tag mit meinen Füßen angestellt hatte. Doch führte kein Weg drum herum. Ich zog die Socken aus und musste feststellen, dass etliche neue Blasen hinzugekommen waren. Ob ich am nächsten Tag weiter gehen würde oder meine lädierten Füße doch lieber schonte ließ ich mir offen. Hinzu kam, dass sich dort oben auf dem Berg nicht mal ein Restaurant befand, hatte ich doch zuletzt am Morgen etwas gegessen. Hunger verspürte ich eh keinen, also aß ich einen meiner Riegel, die ich mir sicherheitshalber eingepackt hatte. Jedoch muss ich sagen, dass ich auf dem Weg selten hungrig war. So erging es nicht nur mir, sondern auch den anderen Pilgerern, was ich aus Unterhaltungen erfuhr. Die Worte meines Vaters daraufhin waren: "Nicht, dass du als Strich in der Landschaft wieder kommst, aber mit einem Besuch bei uns sollten wir das wieder ändern können". 
     
    Mit mir im Zimmer war eine weitere Deutsche, welche den ganzen Tag dort verbrachte, um eine Pause zu machen. Sie erzählte mir, dass ich einfach mit einer Seilbahn hätte den Berg hoch fahren können. Warum erfuhr ich erst jetzt davon. Am nächsten Morgen fühlte ich mich doch recht fit und beschloss mit ihr wenigstens ein kleines Stück bis nach Paço zu gehen. Ich rief bei einer Unterkunft an und fragte, ob sie zwei Betten für uns frei hätten. Wir hatten Glück, es waren zwei Plätze frei und wir konnten uns ganz entspannt auf den Weg dorthin machen. Auch sie hatte Probleme mit ihren Füßen, wir beschlossen vorher noch in einen Sportladen zu gehen um zu schauen, ob es da Schuhe gab, die ein Weiterwandern angenehmer machen würden. Jedoch ging dieser Plan nicht auf, jedenfalls nicht so richtig. Wir kauften uns beide Flip Flops, sie wanderte damit den Weg weiter und ich konnte diese wenigstens in den Herbergen anziehen, um noch eine andere Alternative zu meinen Sandalen zu haben. Mit den Sandalen beschloss ich auch, typisch deutsch, den Tag über nach Paço zu wandern. 
     
    In Paço angekommen fanden wir schnell unsere Herberge. Und es eine wunderschöne Unterkunft, in die sich wohl alle Pilger sofort verliebten. Es war ein altes Haus Landhaus aus Steinen, welches der Wirt Hugo aufwendig saniert hatte. Von dort aus hatte man einen schönen Blick auf das Meer. Für mich stand fest, hier bleibe ich nicht nur eine Nacht, ich sollte nicht die Einzige mit dieser Idee bleiben, machten sich doch langsam bei allen anderen Pilgern die ersten Wehwehchen bemerkbar. 
     
    Es war die Art Unterkunft, wie ich mir sie auf dem Camino immer vorgestellt hatte. Am Abend saßen alle zusammen, kochten, tranken Wein und plauderten über Gott und die Welt. Es spielte keine Rolle woher man kam, noch wie alt man war. Man verstand sich. 
     
    Am nächsten Morgen lief Marie, welche ich in der vorherigen Herberge kennenlernte weiter. Sie meinte sie will es wenigstens versuchen, wenn nicht, würde ja auch immer noch ein Bus fahren. Wir verabschiedeten uns und hofften auf ein Wiedersehen in Santiago. 
     
    Ich verbrachte einen ruhigen Tag mit den anderen Versehrten. Wir machten uns Gedanken, wie wir am nächsten Tag unserem Ziel näher kommen würden. War der Bus, bzw. die Bahn eine gute Alternative. Das erste Mal war dies eine Option für mich. Ich wollte ohne Zeitdruck weiter reisen, ohne sich abzushetzen und jeden Tag auf die Kilometer achten zu müssen, um ans Ziel zu kommen. Nach und nach kamen die anderen Pilger in die Unterkünfte und erzählten, dass auch sie ein Stück mit dem Bus gefahren sind. Mein schlechtes Gewissen diesbezüglich legte sich allmälig. Ich wollte es mir offen lassen und am nächsten Morgen entscheiden, wie es weiter gehen sollte. 
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  • Day 8

    ¡hola España

    May 21, 2019 in Portugal ⋅ ⛅ 21 °C

    Auch am nächsten Morgen hatte sich nicht so viel an meinen Füßen geändert, hinzu kam, dass mein Knie, beim bergab gehen höllisch schmerzte. Mit zwei weiteren Damen suchte ich den Bahnhof auf, um mit dem Zug nach Valença zu fahren. Typisch deutsch waren wir überpünktlich und warteten auf den Zug. Nur wollte dieser nicht kommen. Wir dachten wir hätten uns in der Zeit  geirrt. Etwa 20 Minuten vergingen, als plötzlich eine der Damen rief: "Da kommt ein Zug". Wir schnappten schnell unsere Sachen und machten uns zum Einsteigen bereit. Hatten wir doch etwas Angst, der Zug würde an uns vorbei brausen. Als wir endlich auf unseren Plätzen saßen, freuten wir uns wie drei kleine Kinder, welche zum ersten mal Schokolade essen würden. Im Zug saßen viele andere Pilger, welche mein gekränktes Ego wieder, wenigstens ein Stück aufbesserte, wollte ich den Camino doch eigentlich komplett laufen. 

    Zusammen mit der Dame aus Stuttgart stieg ich in Valença aus. Über die Europabrücke ging es für uns hinüber nach Spanien. Und nach ca. 8 km erreichten wir unsere Unterkunft und legten uns erstmal ins Bett, für ein kleines Nickerchen. Plötzlich riss jemand die Tür auf. Dort standen die zwei Mädels, welche in der Unterkunft zuvor mit mir verweilten. Es war schön, sie wieder zu sehen. Wir beschlossen am Abend gemeinsam essen zu gehen. Wieder einmal vergaßen wir die Zeit um uns. Es war mittlerweile 23 Uhr und wir beschlossen uns auf den Weg in die Unterkunft zu machen. Es war wieder einmal ein toller Abend, mit tollen Unterhaltungen und vielen Weisheiten, die uns Beate, welche schon gestandene 63 Jahre alt war mit auf den Weg gab. 

    Am nächsten Morgen wollte ich endlich weiter wandern. Nach zwei Tagen wandern in Gesellschaft entschied ich mich dieses mal, den Abschnitt alleine zu gehen. Mit Hape Kerkelings Buch: "Ich bin dann mal weg" in den Ohren lief ich meines Weges. Immer wieder lachte ich, weil ich einige seiner Erfahrungen teilen und gut nachvollziehen konnte. Und ganz nebenbei, war Hape auch einen großen Teil des Weges mit dem Bus gefahren, was wieder einmal Balsam fürs Gewissen war. 

    Die heutige Etappe sollte mich nach O Porino führen. Wieder einmal führte mich eine Weggabelung an der Nase herum. Dachte ich, ich würde einen ganz anderen, viel schöneren Weg gehen, so ging ich am Ende doch den gleichen. Nur stand ich bestimmt 10 Minuten dort und überlegte welchen Weg ich nun gehen würde. Wieder einmal wurde mir bestätigt, dass alle Wege ans Ziel führen würden. In O Porino angekommen musste ich das erste mal meine Unterkunft so richtig suchen. Als ich da so stand hörte ich auf einmal meinen Namen. Es war Beate, welche mich mit offenen Armen in Empfang nahm. Sie erzählte mir, wie sie nach O Porino gekommen war. Sie war kurz davor zu verzweifeln, als eine der "Helferin" welche hier am Weg verteilt waren sie mit dem Auto einsammelte und zur Unterkunft brachte. Sie war überglücklich mich wieder zu sehen, ich war es auch, handelte es sich um eine wunderbare und vor allem witzige Frau, die immer eine Anekdote parat hatte. 

    Die folgende Nacht, war eine der bisher lautesten. Im Hochbett unter mir schlief ein etwa zwei Meter großer Australier. Als er den Raum der Herberge betrat, ahnte ich bereits Schlimmes. Und ich wurde keineswegs enttäuscht. Er gab alles, nicht mal Ohropax  halfen, gegen das laute Schnarchen. So wurde ich die Nacht über immer mal wieder wach. Es war die Hölle. Trotz allem wachte ich am nächsten Morgen recht erholt auf, da immerhin kein Frühaufsteher unter den Pilgern weilte, was doch relativ untypisch war. Somit konnte ich vergnügt in den Tag starten und es sollte ein grandioser Tag werden. 
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  • Day 12

    Gemeinsam ist kein Weg zu weit

    May 25, 2019 in Spain ⋅ ☀️ 19 °C

    Mich hat es erwischt, aber so richtig. Das Camino-Fieber ist in mir ausgebrochen und obwohl ich den jetzigen noch nicht einmal beendet habe, würde ich am liebsten sofort den nächsten planen.
    Die letzten drei Tage, waren Tage, die ich mir so nie hätte vorstellen können. Ich habe hier auf dem Weg eine Art Familie gefunden, meine "Camino-Familie". Waren wir uns auf dem Weg doch schon so oft begegnet. Ich glaube nicht an Schicksale, aber irgendjemand wollte, dass wir den restlichen Weg bis nach Santiago de Compostela gemeinsam bestreiten. Waren die fünf doch schon einige Tage zusammen unterwegs, stieß ich erst in O Porriño dazu. Dort teilten wir uns ein gemeinsames Zimmer im Hostel. Am nächsten Morgen, ging ich noch ganz verschlafen meines Weges. Die fünf Leute hinter mir vertrauten mir anscheinend blind, da sie mir folgten. Plötzlich hupte jemand und verwies mich darauf, dass ich in die falsche Richtung laufen würde.

    Also kehrte ich um und lief der Fünfer Gruppe in die Arme. Sofort war das Eis gebrochen, da man sich ja schon mehrmals mit einem schüchternen "buen camino" begegnet war. Ich beschloss mich der Gruppe für ein paar Stunden anzuschließen, um herauszufinden um wen es sich da handelte und welch schöne Geschichten sie zu erzählen hatten.

    Dabei handelte es sich um so großartige Menschen, jeder einzelne ein wahres Unikat.

    Sabine, unsere Mutti der Gruppe. Eine so tolle Frau, welche mich des öfteren mit ihren lieben Worten zum Weinen brachte. Meist ganz unverhofft und in Momenten, in denen man nicht damit rechnete. Sabine, ich ziehe meinen Hut, vor dem, was du die letzten zwei Wochen erreicht und vor allem an Kilometern zurück gelegt hast. Da habe ich im Anbetracht, dass ich ein paar Kilometer mit dem Zug gefahren bin schon ein schlechtes Gewissen. Aber, wäre ich das Stück nicht gelaufen, wir wären uns wahrscheinlich nie begegnet.

    Hermann, der eher ruhigere in unserer Runde, unser Steppenwolf. War er der erste, dem ich auf dem Weg begegnet bin und mit dem ich ein paar Worte wechselte. Ohne ihn, hätte ich diese Gruppe glaube ich nie kennengelernt, schwärmte er doch bei jedem Gespräch von den Vieren in höchsten Tönen.

    Dann wären da noch Marco und Sören, die Spaßvögel der Runde. Ohne euch wäre ich auf diesem Weg wohl kläglich gescheitert. Anscheinend wurdet ihr bei der Geburt auf mysteriöse Weise getrennt und habt euch erst jetzt gefunden. Es ist ein Geben und Nehmen. Ihr seid eine reine Komedieshow und bei allem Spaß, so Herzensgute Menschen die Acht geben, auf den Rest der Gruppe. Es gibt kein "Meins", geteilt wird immer.

    Und nun kommen wir zu meinem Sabinchen. Du hättest mich ruhig schon eher nach meinem Cap fragen können, als wir uns das erste Mal, vor unserem kleinen Toiletten Tête-à-Tête begegnet sind, wir hätten uns auch ab da schon verstanden. Kommt es mir vor, als kennen wir uns schon über zig Jahre. Waren wir uns von Anfang an sympatisch. Liefen wir zusammen, stand der Mund nicht eine Sekunde still. Jede Geschichte aus unserem Leben wurde bis ins kleinste Detail erzählt, selbst die noch so peinlichste Geschichte. Die Stunden mit dir, auf dem Weg vergingen wie im Flug und trieben mich an, nicht aufzugeben. Danke, dass ich dich als so liebenswerten und wunderbaren Menschen kennenlernen durfte/ darf. Ich hoffe, dass wir als unsere Pläne in die Tat umsetzen können. Wir sehen uns auf jeden Fall wieder.

    Das ist sie, meine Camino Familie, die anscheinend jeder auf dem Jakobsweg hat. Neben diesen fünf Menschen gab es natürlich noch viele andere Menschen, die tief in meinem Herzen sind und an die ich immer mal wieder denke. Wo sie wohl alle gerade sind? Was dieser Weg mit einem anstellt kann man einfach nicht beschreiben, man muss es erlebt haben, um dieses Gefühl zu kennen.

    Wurden Pläne, welche man Tags vorher schmiedete über Board geworfen. Hatte ich mein Hostel in Redondela bereits gebucht, checkte ich am Ende doch bei den anderen in der Unterkunft ein.

    Habe ich den Jakobsweg ganz alleine begonnen, so werde ich ihn definitiv mit tollen Menschen abschließen. Schon alleine dafür hat sich dieser Weg gelohnt und ich habe ihn bis jetzt keine einzige Sekunde bereut.

    "Man kann sich wohl den Weg wählen, aber nicht die Menschen, denen man begegnet"
    Arthur Schnitzler, österreichischer Schriftsteller
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  • Day 17

    Der Weg ist das Ziel

    May 30, 2019 in Spain ⋅ ☀️ 26 °C

    Am Sonntagmorgen ging es dann für uns sechs endlich auf die letzte Etappe, mit rund 10 km. Am Tag zuvor waren wir extra bis O Faramello gelaufen um ein letztes kurzes Stück vor uns zu haben.

    Schon Tage vorher sprachen wir darüber, wie es wohl sein wird auf dem Platz vor der Kathedrale anzukommen. Doch bis wir dort endlich stehen konnten, sollten noch ein paar Stunden vergehen.

    Die meiste Zeit liefen wir zusammen, aber immer wieder setzte man sich von der Gruppe ab, um doch noch einmal für sich allein sein zu können, um den Weg zu reflektieren. Aber es gab auch Momente, Gespräche die wieder einmal zu einem kleinen Umweg führen sollten. Waren wir so vertieft im Reden, merkten wir nicht, dass wir den gelben Pfeilen nicht mehr folgten. Wieder eimal machte uns ein spanischer Autofahrer darauf aufmerksam, dass wir vom Weg abgekommen waren. Da wir nur zu Zweit waren und unsere Gruppe bereits mehrere Kilometer vor uns sein musste, wurde schnell eine Nachricht geschrieben, dass sie doch auf uns warten sollen, wollten wir doch alle gemeinsam in Santiago ankommen. Zu unserem Glück warteten die vier in einem Cafe auf uns, hatten wir bis dato auch noch nichts gefrühstückt, gab es als erstes unsere heiß geliebte Cola Cao- Schokolade mit Churros.

    So langsam, wie wir uns an diesem Tag fortbewegten, hatten wir uns die letzten Tage nicht bewegt. Immer wieder verweilten wir am Wegesrand, um die letzten Camino- Stunden nochmal richtig genießen zu können. Waren die letzten Tage doch wie im Flug vergangen, so verging auch die letzte Etappe viel zu schnell.

    Als wir dann gegen Mittag das erste Mal die Stadt Santiago de Copostela erblickten, brachen das erste Mal alle Dämme. Tränen liefen über mein Gesicht, pure Freude machte sich breit, hatte man doch so viele Kilometer zurück gelegt und war fast am Ziel. In dem Moment, dachte ich an meine Eltern und an meinen Bruder, hätte ich diesen Moment doch gerne mit ihnen zusammen geteilt, so teilte ich diesen Augenblick jetzt mit meiner Camino-Familie.

    Gegen 14:00 Uhr erreichten wir dann endlich den heiligen Platz, die Kathedrale von Santiago de Compostela. Das Gefühl, dort endlich angekommen zu sein, kann ich weder beschreiben, noch in Worte fassen. Gänsehaut, Tränen, Freude, Erleichterung, Wehmut... Alles fiel von mir ab, konnte ich auf einmal wieder laufen, wie ein junges Reh. Das erste was wir uns gönnten waren Unmengen an Wein. und ich gönnte meinen Füßen endlich die Freiheit, die sie verdient hatten. Hatten sie mich 260 km von Porto bis Santiago doch so gequält. Der Platz war voll mit Pilgern, immer wieder kamen neue Leute an und immer wieder wurde laut gejubelt, weil auch sie es geschafft hatten. Der Kathedralplatz war das Ziel aller Pilgerwege. Man tauschte sich mit unterschiedlichen Leuten aus, kamen sie doch von überall her und waren alle von unterschiedlichen Orten aus gestartet.

    Nach sonst wievielen Flaschen Wein machten wir uns auf den Weg, um endlich unsere Compostela abzuholen. War dies doch der Beweis, für die zurückgelegte Strecke.

    Jedes Mal, wenn man zur Kathedrale zurückkehrte, war da das Gefühl vom Ankommen. Wieder Gänsehaut, feuchte Augen, Freude. Wir hatten es geschafft.

    Zwei weitere Tage durfte ich noch in Santiago verbringen. Zwei weitere wunderbare Tage, voller Freude und weiterer Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen. Menschen, mit denen man in der Heimat eventuell nicht reden würde. Der Weg hat mich gelehrt, offener durchs Leben zu gehen. Es ist schön all die vielen Geschichten von so unterschiedlichen Menschen zu hören.

    Plötzlich, am Ende des Weges klappte es sogar mit meinem nicht ganz so perfektem Englisch. Als ich im Waschsalon saß, traute ich mir sogar zu, mit einer Amerikanerin zu sprechen und sie versicherte mir mehrmals, dass sie alles verstand und dabei handelte es sich nicht um einen Smalltalk.

    Und ihr werdet es kaum glauben, die Buletten-Dame vom ersten Tag hatte es auch geschafft. Ich freute mich sehr für sie, haderte sie doch am Anfang mit sich, überhaupt los gehen zu wollen. Vielen Leuten begegnete ich, mit denen ich ein paar Stunden auf dem Weg verbracht hatte.

    Es waren zwei wirklich wunderbare Wochen. Die Erleuchtung habe ich nicht gefunden, aber ich habe dazu gelernt und vor allem habe ich wunderbare Leute und Freunde gefunden, die ich hoffentlich bald wieder sehen werde.

    Bevor es wieder nach Deutschland ging, gönnte ich mir noch zwei Tage in Madrid. Die letzten Tage nochmal Revue passieren lassen. Wirklich alleine und für sich sein. Hatte ich doch auch noch den Brief meines Bruders in der Tasche. Was da drinnen steht ist natürlich so ein Bruder-Schwestern-Ding. Aber so viel kann ich sagen, es rührte mich mal wieder zu Tränen und ich bin froh, dass du ein großer Teil meines Lebens bist. Danke für alles!

    Als ich meine Haustür aufschloss realisierte ich, dass das Abenteuer nun zu Ende war. Doch der Camino ist es noch lange nicht. Ich werde auf jeden Fall wieder kommen, um nochmal dieses wahnsinnige Gefühl, vor der Kathedrale zu erleben, denn dieses Gefühl war/ ist immer noch unbeschreiblich.

    "Ein neuer Weg ist immer ein Wagnis. Aber wenn wir den Mut haben loszugehen, dann ist jedes Stolpern und jeder Fehltritt ein Sieg über unsere Ängste, über unser Zweifel und Bedenken." (Demokrit, griechischer Philosoph)
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